eco.nova spezial Kunst 2011

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eco nova

Ausgabe Nr. 13 / SPEZIAL Oktober 2011, P.b.b. Verlagspostamt 6020 Innsbruck, ZNr. GZ 02Z030672 M, Euro 3,00

Spezial

INVESTITION KUNST

www.econova.at


Wenn’s um Kunst geht, ist nur eine Bank meine Bank. Raiffeisen fördert bekannte Kultureinrichtungen genauso wie junge Talente und Initiativen in der Region. Platz für neue Ideen zu schaffen ist uns dabei ebenso wichtig, wie alte Meisterwerke lebendig zu halten. In einem partnerschaftlichen Miteinander leisten wir einen Beitrag zum Erfolg. www.raiffeisen-tirol.at


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Das Heft als Plädoyer!

eco.nova widmet sich im diesjährigen Kunstmagazin einem Kernthema – der Investition: Worauf Sie beim Kunstkauf achten sollten und welche KünstlerInnen in Österreich hoch gehandelt werden, dass Kunst stets mit allen Sinnen wahrgenommen wird und der Investor auch den Künstler in sich tragen soll – all das finden Sie in kunst.spezial. „Progressionen“ ziehen sich als roter Faden durch das Heft: Von exklusiven, puristischen und raumfüllenden Progressionen in den Galerien Innsbrucks, aber auch von progressiven Statements und ebensolchen Medien und Konzepten ist die Rede. kunst.spezial präsentiert auch die kunstvollen Investitionen von Stadt und Land, gibt Einblicke in die Sammlungen von Banken und macht die Empfehlungen von Experten öffentlich. Progression kommt vom lateinischen progressus und steht für Fortschritt: Die Investition in Kunst als Fortschritt für die persönliche Bildung, weil die eigene Wahrnehmung geschärft und weiterentwickelt wird. Weil Betriebe, die in Kunst investieren, eine

innovative Arbeitsleistung forcieren, weil Kunstvermittlung eine kulturelle Progression bedeutet, die sich im Kollektiv entfaltet und vor allem für junge Menschen eine wichtige Investition ist. Im Heft wird auch darauf hingewiesen, dass Kunst nie als reines Investment gesehen werden soll und immer eine bewusste Entscheidung für das Risiko ist. Die Investition in Kunst kann aber niemals wertlos sein, weil sie uns emotional berührt: Welch sinnliche Freude Kunst bereiten kann, erzählten ein Sammlerpaar, das eco.nova in ihre Wohnung lud, und der 75-jährige Tiroler Künstler Hellmut Bruch, der zeitlebens die Progression in seinem Schaffen zum Thema macht. Kunst polarisiert. Der „Ökonom und der Kunstfreund“ werden sich nie wirklich einig sein, aber sie können sich gegenseitig bereichern und lustvoll anspornen – das sollte doch Progression genug und ausreichend Inhalt für das Heft sein … Viel Freude mit kunst.spezial wünscht Ihre Julia Sparber

eco.inhalt

kunst.spezial

32 Galerie im Taxispalais

04 Kunst des Investierens

34 Galerie Schmidt

06 08 12 15 16 17 20 23 24 26 27

Für Einsteiger in den Kunstmarkt Der Ökonom und der Kunstfreund Warum Kunstinvestoren auch den Künstler in sich tragen sollen Das Ranking, die Trends und die Sammler Die wichtigsten KünstlerInnen Österreichs Empfehlungen & Einblicke Einige der teuersten Kunstwerke der Welt Kunst ist viel mehr als ein Investitionsgut Interview mit Prof. Karlheinz Essl Geordnete Unordnung Besuch beim Sammlerpaar Brigitte Jaufenthaler und Reinhold Oberhofer Mit ubuntu sind wir mehr! Ausstellung von ubuntu – die Kulturinitiative von SOS-Kinderdorf Neue Galerie Tiroler Künstlerschaft in der Hof burg Die Kunstankäufe des Landes Tirol Quartessenz Das Heft für Kultur Tirol in Buchform Werben ist eine Kunst Kampagnen als Kunstform

Kunst im Palais

36 38 40 42 44 46 48 50 51 52 54 56

galerien.künstler 28 Der Künstler in Weiß Hellmut Bruch feiert seinen 75. Geburtstag

30 Galerie im Andechshof Die kunstvolle Investition einer Stadt

58 60 62

Exklusive Progressionen Galerie Thoman Puristische Progressionen Galerie Kugler Progressive Statements Galerie Widauer Raumfüllende Progressionen Galerie Nothburga Die Kunst des Miteinanders RLB-Kunstbrücke Einblick in die Sammlung einer Landesbank FO.KU.S Das junge, progressive Medium Fotografie Investment in die Zeitgeschichte Kunstobjekte zum „Besitzen“: Möbeldesign Galerie Rhomberg Plattform für Kunst in der Designwelt Tiroler Landesmuseen Die Suche nach Identität Galerie Sandhofer Kunstvolle Progressionen aus Polen Galerie 22 a Kunst im Büro Galerie Angerer Art Consulting Kunsthandlung-Rahmenstudio Sailer Das komplette Rahmenprogramm Tirol – perspektiviert Fotograf Klaus Defner im Porträt Kunstvolle Bücher

Julia Sparber eco.nova-Kulturredaktion sparber@econova.at

Impressum Herausgeber & Medieninhaber eco.nova corporate publishing Hunoldstraße 20, 6020 Innsbruck Tel. 0512/290088, Fax: 290088-70 E-Mail: redaktion@econova.at www.econova.at Gesamtkoordination: Julia Sparber Autoren dieser Ausgabe: Julia Sparber, Mag. Ulrike Delacher, Renate Linser-Sachers Grafik: Eva Christl Jahresabo: ¤ 25,- (17 Ausgaben) Druck: Radin print Titelseite: „Konzentrische Doppelprogression“ von Hellmut Bruch Unternehmensgegenstand: Die Herstellung, der Verlag und der Vertrieb von Drucksorten aller Art, insbesondere der Zeitschrift eco.nova. Grundlegende Richtung: Unabhängiges österreichweites Magazin, das sich mit der Berichterstattung über Trends in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Architektur, Gesundheit & Wellness, Steuern, Recht, Kulinarium und Lifestyle beschäftigt. Der Nachdruck, auch auszugsweise, sowie anderwertige Vervielfältigung sind nur mit vorheriger Zustimmung des Herausgebers gestattet. Für die Rücksendung von unverlangt eingesandten Manuskripten und Bildmaterial wird keine Gewähr übernommen. Namentlich gekennzeichnete Beiträge stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. Quellen: • Media Innovation GmbH, Berlin Dipl.-Betriebswirt (FH) Ulrich Schober Beitrag von Violetta Karasek • Mehr Vermögen – Kundenmagazin der Schöllerbank • Recherche über den ökonomischen Sinn des Kunstammelns Autorin: Anne Marie Freybourg • Welt online / Autor: Tim Ackermann • Format – Experten-Ranking Kunstmarkt 2011 • Im Kinsky Kunst Auktionen GmbH • Quittenbaum – Kunstauktionen München • IBA-LABOR Kunst und Stadtentwicklung • www.kunstundstadtentwicklung.de • www.artinvestor.de • www.faz.net • www.zeit.de • www.art-magazin.de • www.format.at • www.artefacti.de • www.wikipedia.at • www.artnet.de

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Die Kunst des Investierens Für den Einsteiger in den Kunstmarkt gilt es Grundsätzliches zu klären: Kunst ist in jedem Fall mehr als nur ein Deko-Gegenstand. Der Käufer muss sich emotional damit identifizieren, muss Freude haben am erworbenen Stück und sich mit der Art des Künstlers anfreunden können. Millionär muss er aber nicht sein. Wer in den Kunstmarkt einsteigen möchte, sollte mit Auflagenkunst beginnen. Das sind jene Werke, die meist auf ein paar hundert Stück limitiert sind. Die originale Signatur und eine Nummerierung dürfen allerdings nicht fehlen. Leider sind Prognosen für den Kunstmarkt unmöglich und es gibt kaum verlässliche Quellen, welche Kunstobjekte künftig an Wert gewinnen werden.

Interesse Neulinge, die keine Leidenschaft für Kunst auf bringen, werden auch kaum erfolgreich sein. Die emotionale Bindung an ein Werk und den dahinterstehenden Künstler sind unerlässlich und sollten allen Investitionsgedanken vorangestellt werden.

Wissen Die Kunstwelt ist wie die Welt der Aktien: Sie lebt von dem, was sich heute ereignet, und jagt dem hinterher, was morgen wichtig sein wird. Was für Sie persönlich Sinn macht, können Sie nur herausfinden, indem Sie Museen und Galerien besuchen. Museen bieten breitgefächerte Infos, Galerien zeigen gegenwärtige Positionen. Letztere sind zumeist sehr gut informiert, aber Sie sollten berücksichtigen, dass auch immer eine Verkaufsabsicht im Vordergrund steht.


Zeitschriften Kunstpublikationen, Feuilletons in Zeitungen und Zeitschriften, die in allen Kunstinstitutionen aufl iegen, sind für grundlegende Infos gut geeignet. Die 6x jährlich erscheinende Zeitschrift „artinvestor“ ist sehr etabliert am Markt. Sie untersucht den Dschungel des Kunst- und Lifestylemarktes in Österreich und Norditalien, aber auch in Deutschland, Luxemburg und der Schweiz, und stellt den Investmentaspekt in den Mittelpunkt. Aber auch das Kunstportal art-magazin.de bietet aktuelle Nachrichten zum Kunstmarkt.

Zuverlässiger Kunstfreund Wer sich für Kunst interessiert und Messen, Galerien und Museen besucht, triff t zumeist auch auf Kunstfreunde, die sich gut auskennen. Einen wirklich zuverlässigen Kunstfreund zu finden, der Sie auch seriös berät und auf Ihre Rahmenbedingungen eingeht, ist jedoch schwieriger. In erster Linie sollten Sie Recherchen im Internet oder in obigen Zeitschriften betreiben, ob die/der angepriesene KünstlerIn wirklich so erfolgreich ist. Unter www.ask.com finden Sie eine Vielzahl an Kunstsachverständigen in Österreich, die Sie zur Beratung heranziehen können.

Programm Wenn Sie eine Sammlung aufbauen und damit auch langfristig Geld anlegen bzw. Gewinne erzielen wollen, braucht Ihre Sammlung ein Programm. Leider kann niemand voraussagen, welcher Stil langfristig Erfolg haben wird. Weder bei zeitgenössischer noch bei alter Kunst kann man einen Vor- bzw. Nachteil ausmachen. Kunst hat wie bei Immobilien viel mit den Veränderungen am Markt zu tun. Ein Erstkäufer wird diese noch kaum verstehen. Deshalb ist es wichtig, sich auf seinen individuellen Geschmack zu verlassen und auf KünstlerInnen zu setzen, die beständig arbeiten. So hat man – auch wenn der Marktwert nicht steigen sollte – zumindest eine Arbeit, die gefällt. Wie man auch in einen Künstler investiert hat, mit dessen Schaffen man sich auseinandersetzen will. Mit stetiger Erfahrung wird jeder Sammler auch am individuellen Gefühl feilen und die Aspekte des Kunstmarktes bei jeder Kaufentscheidung miteinbeziehen. Kurzum: Der eigene Geschmack spielt auch bei ausgeklügelten Investitionen eine große Rolle und die Arbeit, die man mag, hilft immerhin auch die weniger ertragreichen Jahre nicht zu bereuen.

Preise Auch am Kunstmarkt gilt es Preise zu vergleichen und den Markttrend zu beobachten. Wenn Sie Kunstveranstaltungen besuchen und auf immer wiederkehrende Namen stoßen, ist anzunehmen, dass dieser Künstler auch im Trend liegt und bestimmt nicht so schnell an Wert verlieren wird. Natürlich kann man auch mit unbekannten Künstlern Gewinne erzielen, sich aber auch verspekulieren. Wer eine Sammlung auf bauen möchte, sollte sich vorerst nur an bekannten Namen orientieren. Kunst ist in keinem Falle eine Handelsfläche zum „schnellen Geld machen.“ Sie kann jahrelang hoch im Kurs stehen und trotzdem kann man nach weiteren Jahren entdecken, dass man genau diese eine Arbeit zu früh verkauft hat, weil sie eben noch weiter gestiegen wäre. Andersrum geht es aber auch: Man kauft eine Arbeit eines Künstlers, der derzeit angesagt ist, und beobachtet im Laufe der Zeit, dass er am Markt kaum mehr gefragt ist. Die persönliche Lebenswelt spielt dabei eine gewichtige Rolle. Der Kunstmarkt „menschelt“ und deshalb kann niemand sagen, ob genau dieser Künstler beständig an seinem Stil arbeitet oder irgendwann einfach aufhört. Daher gibt es auch keine brauchbaren Prognosen.

Meinung der Kunstwelt KünstlerInnen werden sich zuerst einem Galeristen anvertrauen, mit dem sie gemeinsam Ausstellungen und Veranstaltungen durchführen. In weiterer Folge werden sie immer mehr Presseberichte und Beurteilungen vorweisen können und hoffentlich auch einige ihrer Exponate verkaufen. Wenn ein Künstler all diese Wege geht und im Laufe der Jahre einige Werkgruppen vorweisen kann, sind das lauter Anzeichen für eine solide Investition, aber noch lange kein Garantiebrief. Hierbei wird lediglich die Meinung von Leuten aus der Kunstwelt wiedergegeben, die allerdings den Marktpreis bestimmen. Natürlich können Sie auch einem Künstler ohne Agenten und mit schlechten Kritiken Arbeiten abkaufen. Mit der Meinung der Kunstwelt kann man nur das eigene Risiko verringern, weil eben Angebot und Nachfrage bestimmend sind. Der Preis eines von der Kunstwelt gepriesenen Künstlers wird aber auf jeden Fall höher liegen als der eines unbekannten. Ob Gewinn oder Nullsummenspiel – die Entscheidung liegt also letztlich wieder bei Ihnen und Ihrem Geschmack.

Die Suche nach Kunst GALERIEN In den meisten Städten gibt es Galerien, die von den BesitzerInnen selbst betreut werden. Das garantiert eine gewisse Kontinuität, trotz des oftmaligen Wechsels von Kunst und KünstlerInnen. Die einen bestechen durch extravagante Events und Performances zu Vernissagen und Finissagen. Andere wiederum verstehen sich einfach als Aussteller, die Werke einige Wochen zeigen und auf jedes Brimborium verzichten. Nehmen Sie Kontakt mit den Besitzern der Galerie Ihrer Wahl auf – sie können auf jeden Fall weiterhelfen.

AUKTIONSHÄUSER Diese sind schon seltener und sie verkaufen zumeist nur etablierte KünstlerInnen. Den „Spirit“ des Kunstmarktes kann man aber nirgendwo sonst so intensiv erleben wie bei Auktionen. Auch wenn Sie nichts kaufen wollen, sollten Sie also hingehen – aber beim Handheben vorsichtig sein. Die teuersten Kunstwerke der Welt kann man bei Christie’s oder Sotheby’s erwerben, die in allen größeren Städten der Welt Auktionen durchführen. In Wien ist auch das Kinsky’s eine gute Adresse, um sich ein Bild vom Kunstmarkt zu machen.

WORLD WIDE WEB Die Gefahr bei Online-Galerien ist, dass Sie das Werk erst zu Gesicht bekommen, wenn Sie es bezahlt haben und es bei Ihnen zu Hause eintriff t. Auch wenn Originalwerke angepriesen werden, haben Sie also keine Garantie und die Versandkosten sind zumeist recht teuer. Die meisten Online-Galerien bieten aber ohnehin nur Reproduktionen, die zwar zu Hause recht hübsch aussehen können, doch keine geeignete Investition sind.

GUTACHTEN Betrügereien und Fälschungen sind die Gefahr in der Kunstwelt. Um diese zu vermeiden, sollten Sie sich nur mit Verkäufern einlassen, deren Echtheit hieb- und stichfest ist. Eine Zertifizierung sagt Ihnen, ob Ihre Kunstgegenstände aus der entsprechenden Entstehungszeit stammen, ob es sich um Originale oder Duplikate handelt, ob Übermalungen, Ergänzungen oder Veränderungen von fremder Hand vorgenommen wurden. Ein Gutachten zeigt den Stil, die Zeit, die kunsthistorische Bedeutung und die Bewertung: Ob museal oder lediglich dekorativ, ob volkskundlich oder zeitgeschichtlich – der Marktwert wird mit einem zertifizierten Gutachten bestimmt.

VERSICHERUNG Wenn Sie also einen seriösen Galeristen gefunden haben, der Ihnen die Arbeit Ihrer Wahl zertifiziert verkauft, sollten Sie auch gut versichert sein. Gängige Haushaltsversicherungen beinhalten zumeist einen Teil persönlicher Kunstgegenstände, doch übernehmen diese keine Haftung für höhere Werte. Es empfiehlt sich eine eigene Versicherung für das Werk abzuschließen, die genau auf Ihren Vermögenswert und Ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist.

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INFORMATIONEN ZUR KUNST


Der Ökonom und der Kunstfreund Wer ein Kunstwerk erwirbt, bekommt ein beständiges Luxusgut und vielleicht auch eine gute Verzinsung. Diese ist allerdings wie bei anderen Sammlerstücken, also Teppichen, Wein, Briefmarken, Münzen oder Antiquitäten, sehr ungewiss. Für jene, die Risiken nicht scheuen und Geduld haben, kann die Investition in Kunst eine sehr lohnende sein. Allerdings sollten Kunstinvestoren auch ein wenig den Künstler in sich tragen.

Eines gleich vorweg: Der Kauf von Kunst lässt sich nicht mit exakten Zahlen bewerten und vergleichen, ist immer gewagt und zumeist eine bewusst getroffene Entscheidung für das Risiko. Ökonomen werden raten, „überschüssiges“ Geld in Wertpapiere oder Immobilien zu investieren. Steuerberater schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, weil der Kunstkauf kaum ein Abschreibposten sein kann. Im Steuerberatungsbüro meines Vertrauens erklärt man, dass ein Kunstkauf nur im Falle einer ausgewiesenen Werbewirksamkeit steuerlich absetzbar sei und dies auch nur bei Firmen in Ausnahmefällen zutreffend ist. Natürlich könne man eine steuerlich begünstigte Privatstiftung gründen, dies ist aber erst ab einem Mindestvermögen von € 70.000,- möglich. „Eine seriöse Steuerersparnis durch einen Kunstkauf kann ich leider wirklich nicht anbieten“, hieß es auf dort Anfrage. Kunstfreunde kennen aber den besonderen Reiz, der beim Anblick eines Werkes entsteht: Das Herz erfreut sich so sehr, dass der Kopf keine Chance mehr hat. Vielleicht ist es gerade dieser risikofreudige Reiz, den der Kunstfreund gar nicht minimieren will?

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Wie auch immer, Kunstfreund und Rechner werden sich nie ganz einig sein. Im Essay von Anne Marie Freybourg zum „Ökonomischen Sinn des Kunstsammelns“ kann man dies ausführlich nachlesen: „Die Diskussion des ästhetischen Wertes wird vom ökonomischen Wert des Kunstwerkes anscheinend gezielt losgelöst. Kunst zu kaufen, ist hochriskant, und das wirtschaftliche Risiko liegt jenseits aller statistischen Modellberechnungen. Der Kauf von Kunst ist meist bewusst eine hochindividuelle, gelegentlich gegen den Willen der eigenen Ehefrau/des Ehemannes getroffene Entscheidung“, ist ein Zitat ihres in zwei Teilen ausgeführten Essays auf artnet.com. Der Ökonom richtet sich nach Bilanzen und Unternehmensdaten und findet Zahlen heraus, die zu einer klaren, direkten Kaufentscheidung führen. In der Kunst bedarf es einer ästhetischen Reflexion, die zusätzlich von Prägungen und Vorlieben beeinflusst wird. Natürlich kann man anhand von Rankings ablesen, ob der Künstler auf Ausstellungen und Auktionen präsent ist und wie hoch er gehandelt wird. Aber die subjektive künstlerische Beurteilung fließt dabei nie mit ein.


Da bleibt nur der entscheidende Moment der Lust, der sich beim Kunstkauf mit dem Risiko paart. Kunst hat keinen Gebrauchswert – wie der klassische Steuerberater sagen würde –, aber sie hat einen echten Luxuswert, der für den Kunstfreund durch nichts zu überbieten ist. Aber leider auch mit nichts zu messen. Trotzdem bieten Banken immer wieder Kunstfonds als Anlegerprodukt an und punkten mit einem Argument: Aktien können kurzfristig in den Keller fallen, Ölpreise steigen, Inflationsraten und Arbeitslosenquoten schlecht ausfallen, während der Kunstmarkt auf solche Indikatoren kaum reagiert. Die führende deutsche Wochenzeitung „Die Zeit“ schreibt im Wirtschaftsteil über Kunstfonds: „Globale Schocks können einem van Gogh nichts anhaben.“ Darin wird erklärt, dass mit genau diesen Argumenten den Anlegern Renditen von zehn Prozent und mehr versprochen wurden. Die meisten Kunstfonds sind geschlossene Fonds mit begrenztem Volumen und fester Laufzeit. „Die Zeit“ berichtet beispielsweise von einem Fonds mit einem Mindesteinsatz von 2.500 Euro. Der Anleger beteiligt sich „an einem Portfolio von Kunstwerken international renommierter deutscher und US-amerikanischer Künstler, über deren generellen Stellenwert nicht mehr spekuliert wird“. Bis zur Ausschüttung im Jahr 2021 kann mit einer jährlichen Rendite von zehn Prozent gerechnet werden. Mit den richtigen Künstlern im Portefeuille und bei Fortsetzung des Trends sind solche Gewinne nicht ausgeschlossen. Trotzdem

wird das Geschäft mit der Kunst aber als schwierig beschrieben. Eine kleine Anzahl von Anlegern bedingt mangelnde Liquidität und Transparenz. Wie ein Investor in einem Kunstfonds Mut haben muss, denn die hohen Renditen seien nur mit der Kunst zu erzielen, die noch vor der Berühmtheit des Künstlers eingekauft wird. „Das erfordert eine fast prophetische Gabe“, schreibt „Die Zeit“. Ein Kunstfonds sei bestenfalls nur für jene Anleger geeignet, die den größten Teil ihres Vermögens bereits anderweitig angelegt haben und einen Kunstfonds „beimischen“ wollen. Wer in Kunst investiert, muss demnach mehr ein Enthusiast denn ein Anleger sein. In der „Zeit“ wird der amerikanische Künstler Jackson Pollock zitiert, der vom „Gemälde mit Eigenleben“ spricht. Wenn man diesem glauben kann, bleibt also Kunst die exotische Form der Geldanlage.

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Wer sich für Kunstkäufe interessiert, kommt am Spezialmagazin „artinvestor“ nicht vorbei. Darin wagt man sich weit aus dem Fenster: Kunst hat sich als handelbar erwiesen. Man verweist auf die Zunft der Maler in Antwerpen und Amsterdam des 17. Jahrhunderts. Schon damals gab es gewinnträchtige Auktionen: Schaut man zurück, zeigt sich, dass sich Arbeiten – gerade renommierter Künstler – immer und immer wieder veräußern lassen und das mit Gewinn. Klingt sehr gut. Und nimmt man das BWL-Buch aus der Schule zur Hand, kann man nachlesen, dass Risiko und Vertrauen die entscheidenden Parameter investiven Handelns sind. Banken handeln mit Risiken und haben Mittel und Wege gefunden, diese zu verteilen. Kunstfreunde hinken da noch hinterher. Nicht einmal „artinvestor“ kann von einer gemeinschaftlich organisierten Risikoverteilung berichten. Natürlich kann man sich von einer seriösen Galerie beraten lassen, die auch die Rolle des Vermögensverwalters für den Kunstfreund übernehmen kann. Doch in erster Linie sollten Galerien als Förderer von Künstlerkarrieren auftreten und sind mit einer Bank, die für ihre Kunden den maximalen Gewinn erzielen will, nicht vergleichbar.

Für Art Consultant Stefan Rothleitner aus Wien muss das Sammeln von Kunst vorwiegend mit Lebensanschauung und Leidenschaft verbunden werden. Kunst soll Freude und Inspiration verleihen, wie auch Reflexionsprozesse in Bezug auf gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklungen einleiten: „Das enorme Potential der bildenden Kunst liegt im Auslösen neuer Sichtweisen und der Entwicklung alternativer Wertvorstellungen. In Zeiten wie diesen ist sie als alternatives Investitionsmodell willkommen, jedoch sollte sie nicht zur Spekulation dienen.“ Zum Schluss punktet noch ein Argument im Vergleich zum Wertpapier: Kein Bild der Welt wird für einen Kunstfreund völlig wertlos sein, auch wenn der Name des Künstlers in keinem Ranking mehr aufscheint. Der Sammler kann sich jeden Tag mit all seinen Sinnen daran erfreuen.

Wer in Kunst investieren möchte, wird also in erster Linie mit dem emotionalen Wert entlohnt. Beim Investieren sollte man den Künstler in sich tragen und einkalkulieren, dass sein Geld vielleicht auch wieder verloren geht.

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Das Ranking, die Trends und die Sammler Die Wirtschaftskrise hat auch den Kunstmarkt nicht kalt gelassen, das Spitzensegment des Kunstmarktes hat sich jedoch in den letzten zwei Jahren relativ rasch erholt. Wer das österreichische Ranking anführt, welche Tiroler darin eine große Rolle spielen und was es mit der „Spezies Sammler“ auf sich hat: Auf „artprice“, der internationalen Kunstdatenbank, die rund 450.000 Künstler und 27 Millionen detaillierte Auktionsresultate analysiert, wird von einer „tiefgreifenden Veränderung des Marktes“ gesprochen. Gründer und Chef Th ierry Ehrmann beobachtete früher vermehrt Impulskäufe, nach der Krise ortet er mehr den vorsichtigen Käufer, der auf bekannte Namen setzt. Zeitgenössische Kunst ist die medienwirksamste, die in den vergangenen Jahren an gesellschaftlichem Ansehen gewonnen und so auch eine Vielzahl neuer Sammler angezogen hat. Dieser Trend hat junge Künstler an die Spitze geführt: Der 38-jährige Foto- und Installationskünstler Markus Schinwald aus Salzburg wurde nicht zuletzt aufgrund seines rasanten Aufstiegs ausgewählt, der österreichische Vertreter der 54. Kunstbiennale in Venedig zu sein. Seine Arbeiten liegen derzeit zwischen € 3000,- und € 60.000,-. Für die Preisgestaltung zeichnen im Wesentlichen die zwei Internetdienste „artnet“ und „artprice“ verantwortlich. Dort kann man gegen Gebühr den Marktwert jedes Künstlers nachlesen. ExpertInnen sind sich zwar einig, dass Kunst aus Leidenschaft gekauft werden sollte, doch der Kunsthandel ist ein Wirtschaftszweig, der mit der Börse vergleichbar ist: Es gibt Verkäufer und Käufer,

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die einen handeln schnell und kurzlebig, die anderen warten ab und setzen auf Beständigkeit. Auch mit Fachjargon wird nicht gegeizt: Zu einem der größten „Blue Chips“ zählt Picasso. Unter den zehn teuersten Kunstwerken der Welt sind zwei des großen spanischen Malers, dessen Gesamtwerk auf 50.000 Stück geschätzt wird.

Rangliste der wichtigsten 10 Von Experten erstellte Ranglisten sind am Kunstmarkt wichtige Parameter zur Orientierung. Das österreichische Magazin FORMAT hat 470 österreichische KünstlerInnen von 60 Juroren nach ihrer künstlerischen Bedeutung, ihrem kommerziellen Erfolg und ihrer zukünftigen Entwicklung mittels Punktesystem beurteilt. Die Siegerin 2011 heißt erneut Maria Lassnig. Die 92-jährige Kärntnerin, die sich seit Jahren den Themen Körperlichkeit und Körperempfinden widmet und die weibliche Position in der Gesellschaft drastisch reflektiert, wurde mit 1023 Punkten zur wichtigsten österreichischen Künstlerin gewählt. Gefolgt von Franz West mit 1008 Punkten: Der 64-jährige Wiener machte sich seit den frühen 80er Jahren mit dreidimensionalen Plastiken und Rauminstallationen einen Namen. Seit


Doyenne der Malerei in Österreich: die 91-jährige Maria Lassnig Foto: Sepp Dreissinger

Franz West, der mit verfremdeten und ironisierten Objekten die Grenze zwischen Kunstobjekt und Gebrauchsgegenstand auflöst Foto: Markus Rössle

den 90ern lässt West Sitzmöbel aller Art entstehen, die verfremdet und ironisiert die Grenze zwischen Kunstobjekt und Gebrauchsgegenstand auflösen sollen. Platz 3 teilen sich Günther Brus und Hermann Nitsch. Beide Künstler zählen zu bedeutenden, radikalen Vertretern des Wiener Aktionismus und sind beide gleichen Jahrgangs: 1938, also 73 Jahre. Arnulf Rainer erreichte bei den Juroren mit 910 Punkten Rang 5. In den 50er Jahren gehörte er der „Galerie St. Stephan“ an, der vom Priester Otto Mauer gegründeten Malgruppe. Später überarbeitete er Fotografien und stilisierte Übermalungen zu seiner „Kunst über Kunst“. Der vergangenes Jahr verstorbene Bildhauer Bruno Gironcoli errang mit 880 Punkten Platz 7 im FORMAT-Ranking. Der multimedial inspirierte Skulpteur Erwin Wurm landete mit 866 Punkten auf Platz 8 und die Medienkünstlerin Valie Export errang mit 863 Punkten Platz 9. Auch zur Gruppe der Wiener Aktionisten gehörte der Fotograf Rudolf Schwarzkogler. Er ist bereits 1969 nach einem Sturz aus dem Fenster gestorben und rund um seinen Tod ranken sich viele Mythen. Es konnte bis heute nicht festgestellt werden, ob es sich um einen Unfall oder um Suizid handelte. Seine konzeptuellen Fotografien werden heute hoch geschätzt und brachten mit 859 Punkten Platz 10 ein.

Nitsch und Brus zählen zu den bedeutenden, radikalen Vertretern des Wiener Aktionismus und sind auch beide gleichen Jahrgangs: 1938, also 73 Jahre. Nitsch polarisiert mit seinem Orgien-Mysterien-Theater und seinen „Schüttbildern“. Brus’ Arbeiten zählen zur totalen Körperanalyse, die auch Selbstverletzung und radikale Intimität beinhalten. 1968 wurde er deshalb gerichtlich verfolgt und lebte daraufhin einige Jahre im Exil.

Hermann Nitsch Foto: MZM Mistelbach/Wolfgang Denk

Günter Brus Foto: Marcantonio Marino

Tiroler Künstler Auf der Liste der erfolgreichsten heimischen KünstlerInnen finden sich auch Tiroler: Max Weiler, der vergangenes Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte, liegt mit 782 auf Platz 13. Gefolgt von Oswald Oberhuber, dem in Meran geborenen Maler, Graphiker und Bildhauer, mit 781 Punkten. Der Multimediakünstler Peter Kogler, dessen Ameisen, Röhren und Gehirnstrukturen ganze Gebäude einhüllen, rangiert auf Platz 26. Die in Hall geborene Künstlerin Eva Schlegel, die heuer als Kommissärin für den österreichischen Beitrag zur Biennale in Venedig tätig war, landete mit 722 Punkten auf Platz 27.

Oswald Oberhuber Foto: privat

Eva Schlegel Foto: Udo Titz

Peter Kogler Foto: Axel Martens

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Arnulf Rainer, der Meister stilisierter Übermalungen Foto: Galerie E. & K. Thoman


Die Trends Die angeführten Tiroler KünstlerInnen fi nden in Kunst-Fachkreisen höchste Anerkennung, befi nden sich noch in einem sehr leistbaren Preissegment und „lohnen daher unbedingt zur Investition“.

Der Art-Consultant

Stefan Rothleitner Art Consulting, Wien Foto: Alexander Chitsazan

„Kunst von herausragender Qualität ist preisstabil und wird immer eine Wertsteigerung erfahren.“

Stefan Rothleitner betreibt ein Kunst-Dienstleistungsunternehmen, das beim Auf bau von Kunstsammlungen berät und Sammlungen nach qualitativ hochwertigen Kriterien des internationalen Kunstmarktes betreut. Er beobachtete in den 1990er Jahren eine starke Konzentration der Sammler auf die Fotografie. In den letzten Jahren haben sich die künstlerischen Medien vermischt und malerische Positionen wie auch die Zeichnung konnten sich wieder manifestieren. Wer Kunst als Investition sieht, sollte laut Rothleitner eine Mischung aus jungen Positionen und etablierten Künstlern der mittleren Generation ankaufen. Maler wie Tillmann Kaiser, Martin Schnur und Esther Stocker, aber auch konzeptuelle, zeichnerische Positionen wie Constantin Luser, Moussa Kone und Nick Oberthaler werden seiner Meinung nach in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen. Die Generation der „Neuen Wilden“ wie Anzinger, Bohatsch und Schmalix, aber auch die jüngeren, abstrakten Vertreter wie Brandl, Scheibl und Zitko „haben ein malerisches Werk entwickelt, das in der jüngeren Kunst seinesgleichen sucht und aus diesem Grund hoch gehandelt wird“, so Stefan Rothleitner. Die angeführten Tiroler KünstlerInnen finden in Kunst-Fachkreisen höchste Anerkennung, befinden sich noch in einem sehr leistbaren Preissegment und „lohnen daher unbedingt zur Investition“. Angehende Sammler sollten auch gänzlich unbekannte Namen nicht außer Acht lassen. Jüngere Positionen bieten allerdings kaum Sicherheiten und verlangen vom Käufer Mut und Experimentierfreude. Der Experte spricht von „authentischer und konsequenter Arbeit eines jungen Künstlers, die auf eine künftige Karriere schließen lässt“.

Der Auktionator

Otto Hans Ressler ist Mitbegründer des „Im Kinsky“ in Wien und gilt als einer der anerkanntesten Kunstexperten Österreichs Foto: © Im Kinsky

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Zwei Drittel der 100 österreichischen Künstler im FORMAT-Ranking erzielten ihre höchsten Auktionspreise im Kinsky. Neben dem Dorotheum ist das Kinsky im gleichnamigen Palais in Wien das wichtigste Auktionshaus Österreichs. Zum teuersten je ersteigerten Bild zählt Egon Schieles „Prozession 1911“ um € 4.437.400,-. Bereits im Jahr 1994 ging dort Albin Egger-Lienz’ „Totentanz“ um € 420.000,- an den Bestbieter und im Jahr 2011 war Alfons Waldes „Bauernsonntag“ um € 322.500,- das teuerste Werk. Otto Hans Ressler trat im März 2011 nach 18 Jahren als Geschäftsführer des Auktionshauses zurück. Er fungiert aber weiterhin als Auktionator und ist genauer Beobachter der Entwicklungen am Kunstmarkt. Er erklärt drei langfristige Trends: „Erstens gibt es immer mehr Menschen, die Kunst erwerben. Das ist eine Folge des Wohlstands. Zweitens gibt es immer mehr Sammler in Ländern, die bisher nicht

auf unserer Landkarte waren, das ist eine Folge der Globalisierung.“ China und Russland seien große Märkte, die sich auch für österreichische Kunst interessieren würden. Als dritten Grund für die signifikanten Preissteigerungen nennt Ressler die Konzentration auf die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Hier konnte man den größten Preisanstieg beobachten, vor allem bei Künstlern, die bereits überregional bekannt sind. Bei der klassischen Moderne sind es vor allem Schiele und Klimt, aber auch Kokoschka, Walde und Egger-Lienz. „Die Preise für ihre Arbeiten ziehen überproportional an“, so Otto Hans Ressler. Bei den Zeitgenossen ist es Hundertwasser, der international stark gefragt ist und der bei zehn internationalen Auktionen achtmal Toppreise erzielt hat. Der bekannte Auktionator lässt auch mit oftmals Verpöntem aufhorchen: „Die alten Phantasten schlagen sich phantastisch: Hausner, Brauer und Fuchs konnten in letzter Zeit stark zulegen.“ Die Nachfrage für Malerei des 19. Jahrhunderts und für Antiquitäten hingegen geht seit Jahren zurück. „Barock- und Biedermeiermöbel haben ihre Preise halbiert“, erklärt er. Nicht betroffen sind die alten Meister wie Waldmüller, Rudolf von Alt, Gauermann oder Makart. Insgesamt sei, laut dem Auktionator, der Kunstmarkt viel unberechenbarer geworden.

Die Spezies Sammler 109,6 Millionen Euro. Ein schier unglaublicher Betrag, der von einem privaten Sammler für Jackson Pollocks Werk „No. 5, 1948“ aufgebracht wurde. Wer bezahlt diese Summe? Otto Hans Ressler erklärt, dass man in Österreich kleinere Brötchen backen muss. Allerorts wird aber Kunst in erster Linie von privaten Sammlern erworben. „Sammler sind Einzelkämpfer“, so Ressler. Gibt es eine heimische Sammleridentität? „In Österreich gibt es keinerlei Spekulation. Man sammelt aus Begeisterung und weil es gut fürs Prestige ist. Wertanlage und Wertsteigerungen kommen in zweiter, gar dritter Linie.“ Er charakterisiert den „reinen Sammler“ als frei von materiellen Werten. Dieser würde nie zwischen einem Millionen teuren Ölgemälde und einer kleinen Grafi k unterscheiden. Er orientiere sich ausschließlich an seinem persönlichen Geschmack und dem eigenen Kunstgenuss. Der „Ansammler“ jedoch sei auf die Quantität und Besitzfreude konzentriert: „Die Wohnungen von Ansammlern sind wahre Alpträume, man wagt kaum sich zu bewegen, weil sich überall die Kunstwerke häufen.“ Als dritte Spezies gebe es noch den „Geldsammler“. Dieser sei der reine Spekulant. Ihn interessiert nicht das Kunstwerk an sich, sondern nur die Wertsteigerung. Der „Geldsammler“ würde dauernd über den Preis sprechen, den das Kunstwerk gekostet hat, und verrate damit die verbotene Leidenschaft, die er auf diese Weise rationalisiert. Die Konzentration auf die heimische Kunst sei den Sammlern auf der ganzen Welt eigen und man begehrt, was man sieht: In Österreich in erster Linie österreichische Kunst, während man in Deutschland mit deutschen Künstlern konfrontiert wird.

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2 1 Maria Lassnig: Du oder Ich (You or Me), 2005 Collection Friedrich Christian Fick © 2008 Maria Lassnig, Foto: artmagazine 2 Franz West, „Eidos“, 2009 Aluminium lackiert Installation: 54. Biennale di Venezia, Arsenale – Venedig 2011 Foto: Heiri Häfliger, Atelier Franz West 3 Werk von Hermann Nitsch aus der Duerckheim Collection Foto: MZ Mistelbach 4 „Der Gegenwärter“ von Günter Brus Foto: Galerie Schmidt 5 Übermaltes Selbstporträt von Arnulf Rainer Foto: Galerie E. & K. Thoman

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Wichtigste KünstlerInnen Österreichs: Platz 1: Maria Lassnig; Gesamterfolg: 1023 Punkte; gehandelt zwischen € 6.000,- und € 200.000,Platz 2: Franz West; Gesamterfolg: 1008 Punkte; gehandelt zwischen € 6.500,- und € 600.000,Platz 3 ex aequo: Hermann Nitsch und Günther Brus; Gesamterfolg: 916 Punkte; gehandelt zwischen € 20.000,- und € 250.000,- sowie € 8.000,- und € 200.000,Platz 5: Arnulf Rainer; Gesamterfolg: 910 Punkte; gehandelt zwischen € 8.000,- und € 80.000,-

Walter Pichler Foto: Galerie E. & K. Thoman

Markus Prachensky, der im Juli 2011 verstorben ist Foto: Galerie E. & K. Thoman

Lois Weinberger Foto: Heribert Corn

Heinz Gappmayr (2010 verstorben) Foto: © Galerie Dorothea van der Koelen, Mainz

Esther Stocker Foto: Paul-Julien Robert

Tiroler KünstlerInnen unter den ersten 50 von 100: Platz 13: Max Weiler (†); Gesamterfolg: 782 Punkte Platz 14 ex aequo: Oswald Oberhuber und Walter Pichler; Gesamterfolg: 781 Punkte Platz 26: Peter Kogler; Gesamterfolg: 728 Punkte Platz 27: Eva Schlegel; Gesamterfolg: 722 Punkte Platz 36: Markus Prachensky (†); Gesamterfolg: 669 Punkte Platz 43: L. & F. Weinberger; Gesamterfolg: 646 Punkte Platz 46: Heinz Gappmayr (†); Gesamterfolg: 631 Punkte Platz 49: Esther Stocker; Gesamterfolg: 606 Punkte

Die gesamte Liste auf www.format.at

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Empfehlungen und Einblicke Kreativität in jungen Menschen freisetzen

Lothar Tirala vor dem Kunstraum Innsbruck und ein Bild als Segen: Martin Kippenbergers gekreuzigter Frosch.

Lothar Tirala vor dem Kunstraum Innsbruck und ein Bild als Segen: Martin Kippenbergers gekreuzigter Frosch

Lothar Tirala, Sammler und Obmann Kunstraum Innsbruck Er engagiert sich seit 2001 in leitender Funktion für das freie, zeitgenössische Kunstschaffen. „Ich bin Letztverantwortlicher im Verein. Das heißt notfalls aus eigener Tasche zahlen.“ Der Kunstraum „kämpft“ mit einem stark gekürzten Budget von € 200.000,- auf € 105.000,- pro Jahr. Lothar Tirala hat nach einigen Konfl ikten mit der Stadtpolitik den Kunstraum wieder in „ruhigeres Fahrwasser gebracht“ und sieht im neuen Kurator Veit Loers „einen Kunstschaffenden am Puls der Zeit“. Vor allem die angebotenen Führungen und Kunstvermittlungsprogramme sind eine unschätzbare Bildungsinvestition: „Der Kunstraum ist eine Trainingswiese für Kreative der Gegenwart, denn jede Zeit braucht ihre kreativen Beispiele: Keine Kunst hieße keine Entwicklung zulassen.“ Privat hat der Zahnarzt Lothar Tirala ein kleines Vermögen in Kunst investiert und auch seine Dachgeschosswohnung zu einem Kunstraum umfunktioniert. „Ich bin mehr ein Ansammler, weil ich keine konkrete Strategie verfolge.“ Die Kaufentscheidung habe mit seiner Stimmung zu tun, die sich immer wieder änderte: „Natürlich gibt es Arbeiten, über die ich mich heute wundere: Was hast damals für einen Schrott gekauft?“ Im Herrgottswinkel seiner Wohnung allerdings hängt ein Segen: Martin Kippenbergers gekreuzigter Frosch mit Bierkrug und herausgestreckter Zunge, der 2008 im Museion in Bozen ausgestellt wurde. Dort sorgte er für Empörung und heftige Diskussionen über religiöse Gefühle. Tirala wollte damals den Südtirolern den Blick weiten – abseits vom Ötzi. „Für manche bin ich ein Spinner. Egal, ich bin fasziniert, wie geistig rege Künstler sind, und das will ich fördern.“ Er nennt den zeitgenössischen Maler Jonas Burgert als einen seiner Favoriten. Der Kunstraum arbeitet mit jungen Künstlern, deren Editionen bereits ab € 300,- zu haben und für Einsteiger interessant sind. Nicht nur für jene, die eine Sammlung aufbauen, vor allem für jene, die moderne Kunst verstehen wollen. Für den Obmann wäre ein Idealzustand für den Kunstraum, würde die Kunstvermittlung für junge Menschen stärker verankert. Dazu braucht es natürlich mehr Geld, wäre aber die sicherste Investition: „Kreativität in jungen Menschen freizusetzen ist der wichtigste Bildungsauftrag überhaupt.“

Die Landesbank fördert Kunst – und setzt den Rechenstift an Peter Scoz, Kunstbeirat Hypo Tirol Bank Im Kunstdepot der Tiroler Landesbank befinden sich 959 Werke von 340 Künstlern. „Von Seiten der Bank wurden früher willkürlich Kunstwerke gekauft. Seit

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Peter Scoz im Aufgang der Hypo Tirol Bank mit großformatiger Arbeit seines Bruders „Egone“ im Hintergrund

dem Jahr 2000 gibt es einen Beirat, der den Kunstankauf systematisch angeht“, erzählt Peter Scoz, der die Werke verwaltet. Derzeit wird von Seiten der Bank überlegt, ob der Kunstbeirat in dieser Form weitergeführt werden soll. Bis dato veranschlagt die Hypo Tirol Bank ein jährliches Budget von € 175.000,- für die Kunst. Die Parameter für den Ankauf sind Tiroler Künstler oder Künstler mit Tirol-Bezug. € 100.000,für arrivierte Künstler und € 75.000,- für junge Talente, die auch in Form von Stipendien gefördert werden. Der Ankaufswert der Sammlung beläuft sich auf € 2,15 Mio., der Versicherungswert beträgt € 3,23 Mio. „Eine Landesbank hat die regionale Kunstszene zu fördern, setzt aber natürlich auch den Rechenstift an“, so Peter Scoz. Als ertragreiches Beispiel nennt er den Ankauf eines Weiler-Werkes in den 70er Jahren: „Bäume auf Felsen“ wurde damals um € 14.127,- gekauft und wird aktuell auf € 150.000,- geschätzt. Als Mitarbeiter einer Bank würde er die Investition in ein Werk nie als reines Investment sehen. Wer „nur Geld“ machen will, sollte sich an die Anlageberater wenden. Für jene, die Mut zum Risiko und Enthusiasmus für die Kunst mitbringen, stellt er folgendes Rechenbeispiel an: „€ 12.000,- aus zwei Bausparverträgen auf drei verschiedene Namen setzen. Bei Aktien kauft man auch nicht nur eine“, vergleicht er mit Augenzwinkern. Für Peter Scoz wäre der 1983 geborene Künstler aus Kirchberg, Markus Bacher „daMark“, eine von drei Optionen. Peter Scoz ist Bruder des 2002 verstorbenen Tiroler Künstlers Egone, dessen Nachlass er verwaltet. Deshalb ist er seit jeher mit allen Facetten des Kunstdaseins beschäftigt, als Experte sieht er sich nicht: „Ich bin mehr ein Bilderjongleur“, der seine Affinität zum Bankwesen nicht leugnen kann: Er kaufte sich im Jahr 2008 ein Werk des deutschen Künstlers Jonathan Meese: „Nur zum Beobachten, wie viel es wohl in 10 Jahren wert sein wird.“


kunst.spezial Elisabeth & Klaus Thoman mit der Edition von Thomas Feuerstein: „Collector’s Choice Spagyrik Aperitif Digestive“ inklusive Buch „Poem“

Die Sehfähigkeit und die Begehrlichkeit schärfen Elisabeth und Klaus Thoman, Galeristen Franz West, Walter Pichler, Julia Bornefeld, Florin Kompatscher, Thomas Feuerstein und Erwin Wurm, sind nur einige der 24 etablierten Künstler die von Elisabeth und Klaus Thoman vertreten werden. Sie sind eine Instanz am österreichischen Kunstmarkt und betreiben seit 1977 eine Galerie in Innsbruck. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf zeitgenössischer Malerei, Skulpturen und Installationen von Künstlern aus Österreich mit internationaler Ausrichtung: „Meine Frau und ich orientieren uns ausschließlich an der Kunstäußerung und erst in letzter Instanz am Verkaufswert“, erklärt Klaus Thoman. Die Künstler werden in ihrer Aktivität betreut, indem über mehrere Jahre vorfinanziert – „damit wirklich qualitative Arbeiten zustande kommen“ – oder per Kommission angekauft wird. Einem angehenden Kunstsammler würde Klaus Thoman raten, „ein Jahr lang alle Ausstellungen zu besuchen bzw. alle Publikationen und Tätigkeiten dieses Künstlers zu beobachten.“ Es sei wichtig, seine Sehfähigkeit und die Begehrlichkeit zu schärfen, ehe man sich zum Kauf entschließt. Nach intensiver Recherche erkenne man erst den wahren Wert einer künstlerischen Position. Der Galerist empfiehlt „in die Breite und in die Tiefe sammeln“, das heißt, zu den Arbeiten eines favorisierten Künstlers auch verwandte Einzelpositionen zu erwerben, weil damit die Einzigartigkeit einer Sammlung hervorgehoben wird. In der untersten Preiskategorie sei Antonio Ortega eine interessante Position, Erwin Bohatsch und Herbert Brandl sind ab € 8000,- zu haben. Elisabeth und Klaus Thoman sind Herausgeber zahlreicher Kunstbände und Publikationen, unter ihrer Patronanz entstehen auch exklusive Kunsteditionen. Eine aktuelle ist „Collector’s Choice Spagyrik Aperitif Digestive“, eine Spirituosenflasche des Künstlers Thomas Feuerstein, der nicht nur das Originaletikett gestaltet hat, sondern auch den Inhalt: Teil der Arbeit Feuersteins ist eine biochemische Installation, in der er mittels Destillationsprozess ein Konzentrat herstellt, das durchaus genießbar ist. Mit Eis, Tonic Water und Zitrone vermischt, war es das Begrüßungsgetränk zur Vernissage. Die Galerie Thoman agiert sozusagen als „Laboratorium“ und Begegnungsort für zeitgenössische Kunst und vermittelt etabliertes wie junges Kunstschaffen hierzulande und über die Grenzen hinaus.

Gottfried Schmidt, der „Kopf der Galerien“ mit Köpfen des Künstlers Alfred Haberpointner

Kunst mit Sorgfalt und Jagdinstinkt betrachten Gottfried Schmidt, Galerist Ein begeisterter Techniker, der zeitlebens die Kunst als „phantastische Ergänzung zu physikalischen Gesetzen“ sieht: Gottfried Schmidt war 31 Jahre lang Betriebsleiter der Montanwerke in Brixlegg. Parallel dazu betrieb er einen Antiquitätenhandel in Reith i. A., 1993 eröff nete er die Galerie Schmidt. 1998 kam die Galerie Goldener Engl in Hall dazu und er erweiterte sein Repertoire: Eva Schlegel, Hermann Nitsch, Oswald Oberhuber, Gunter Damisch und Christian L. Attersee, sind nur einige der 36 klingenden Namen, die seine Künstlerliste umfasst. Für Gottfried Schmidt ist Kunst „die bessere Aktie“. Er will dies jedoch nicht generell verstanden wissen, denn „kein Künstler hat eine Lineare und Kunst soll mit Sorgfalt betrachtet werden“. Als kleines Geheimnis der Kunstinvestition gelte es, Künstler zu finden, die während ihrer Schaffenszeit am Markt gut etabliert waren, aber durch einen nicht aufgearbeiteten Nachlass oder zu wenig Dokumentation nach ihrem Tod in Vergessenheit geraten sind. Die Investition in noch wenig bekannte Künstler, die aber stark aufsteigende Tendenzen vorweisen, sei ein guter Parameter zur Orientierung. Wenn sich ein Einsteiger in eine Position verliebt, würde er jedoch von großformatigen Werken abraten und vorerst Gängiges empfehlen. Durch seine jahrelange Erfahrung im Kunsthandel wurde er zu einem scharfen Beobachter des Sammelverhaltens: „Der Tiroler sucht Handfestes. Ölbilder oder Skulpturen aus Bronze zum Beispiel, auf Pappmaché lässt er sich weniger ein.“ Gottfried Schmidt sieht in der Heimat ein großes Potenzial, denn „wo gute Galeristen sind, sind auch gute Sammler zu Hause“. Für den leidenschaftlichen Jäger ist die Jagd eine kulturhistorische, sinnstiftende Metapher und liefert ihm Inspiration für das Erspähen neuen Kunstschaffens.

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Galerist Bernd Kugler. Im Hintergrund eine Arbeit des Künstlers Erwin Gross

Kunst vermitteln und verteidigen Johann Widauer beim „Conveyor Belt“ von Thomas Bayrle bei den Kristallwelten in Wattens

Eine Idee zur Kunst verfolgen Johann Widauer, Galerist Künstler wie Thomas Bayrle, Hubert Schmalix, Peter Kogler, Matt Mullican und der 2010 verstorbene, international erfolgreiche Tiroler Künstler Heinz Gappmayr sind einige, die von der Galerie Widauer vertreten werden. „Ich baue auf Kunst, die eine Ideologie verfolgt, und empfehle jedem Sammler, dass er eine Idee zur Kunst haben muss“, erklärt Johann Widauer. Seit mehr als 40 Jahren ist er selbst Sammler und seit 2005 betreibt er eine Galerie in der Innsbrucker Erlerstraße. Für ihn ist Kunst eine „Antwort der Gesellschaft“ und als Galerist definiert er seine Aufgabe in der Weiterentwicklung. Als aktuelles Beispiel nennt er Thomas Bayrles „Conveyor Belt“ in Wattens. Seit den 80er Jahren beschäftigt sich der Künstler mit dem Motiv der Autobahn in seinen skulpturalen Arbeiten. Unter dem Titel „Looping“ zeigte er im Jahre 2008 eine Ausstellung im Ludwigmuseum in Köln und gemeinsam mit Johann Widauer reifte die Idee weiter: Heuer wurden die Schleifen und Schlaufen in Beton gegossen und erhielten so einen direkten Anschluss an die reale Architektur der Kristallwelten. In Sachen Investition rät Johann Widauer von Editionen ab: „Besser nur eine originale Arbeit als 10 Editionen, die nichts wert sind.“ Wenn man sich für einen Künstler entschieden hat, sollte man Werkgruppen kaufen, die zusammenhängend ein Konzept verfolgen und auch dementsprechend an Wert gewinnen können. Auch für Johann Widauer ist die Leidenschaft die treibende Kraft: „Gute Künstler sind zumeist Getriebene. Gute Sammler und ebensolche Galeristen stehen dem um nichts nach.“

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Bernd Kugler, Galerist Mit dem Kunsthandel des Vaters groß geworden, leitete Bernd Kugler später eine Möbelfi rma. Die „Schule des Sehens“ hat er aber von klein auf mitbekommen. 1996 stieg er in die völlig andere Welt der zeitgenössischen Kunst ein, die für ihn eine Horizonterweiterung bedeutete: „Ich lernte eine neue Wahrnehmung und eine sinnliche Erfahrung kennen, die ein intensives Nachdenken in mir auslöste.“ Bernd Kugler weiß, dass zeitgenössische Kunst polarisiert und die Gesellschaft deshalb ein gespaltenes Verhältnis dazu hat. Doch die intensive, durchwegs kritische Beschäftigung mit gesellschaftsrelevanten Themen ist für ihn „eine sinnvolle Investition, die jeden Menschen in seiner Persönlichkeit weiterbringt“. Angehenden Kunstkäufern stellt er gleich anfangs die Frage, ob die gezeigte Kunst Angst oder Freude auslöst. Er geht aber noch weiter: Global gesehen ist Kunst ein wichtiger Tourismus- und Wirtschaftsfaktor, der leider hierzulande noch sehr unterschätzt wird. Er nennt das Guggenheim-Museum in Bilbao als Beispiel: „Mehr als eine Million Besucher pro Jahr bedeuten enormen wirtschaftlichen Erfolg für die gesamte Region.“ Aber auch Unternehmen würden mit der Investition in Kunst ein positives Image kommunizieren, denn Kunstschaffen im Arbeitsumfeld zu integrieren zeugt von einer innovativen Arbeitsleistung. In der Auswahl seiner KünstlerInnen vertraut Bernd Kugler auf die eigene Wahrnehmung und vertritt durchwegs irritierende Positionen, die „eine intellektuelle Herausforderung bedeuten“. Nicht selten erntet er mit seinen Ausstellungen auch Kritik: „Oftmals muss man den eigenen Künstler verteidigen, nicht nur vermitteln. Auch wenn es zynisch klingen mag, möchte ich behaupten, dass gewisse Verurteilungen auch bedeuten können, dass man am richtigen Weg ist.“

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teuersten Kunstwerke der Welt

Der wahre Wert von Kunst lässt sich nicht mit Geld messen – dennoch stellt eco.nova einige der teuersten Kunstwerke der Welt vor, die exorbitante Preise erzielt haben. Die Zeitschrift „Spiegel“ meinte einst Einzelne Werke sind so teuer wie eine Boeing … Die meisten Kunstkäufer in dieser Dimension möchten anonym bleiben, Steven A. Cohen gehört zu jenen, deren millionenschwere Sammlung sogar auf der Online-Enzyklopädie Wikipedia zu finden ist: Der amerikanische Unternehmer und Hedgefonds-Billionär nennt nicht nur Edvard Munchs Madonnengemälde sein Eigen, das er für 11,5 Millionen Dollar am Beginn seiner Sammlerjahre gekauft hat. Es folgten noch viele andere, darunter das Portrait de femme von Paul Cézanne für weitere 10 Millionen Dollar und das Bild Turquoise Marilyn von Andy Warhol, das er 2007 um 80 Millionen Dollar erwarb – ein neuer Preisrekord für ein Werk von Warhol. Zu den bekanntesten Werken zeitgenössischer Kunst in der Sammlung

Cohen gehört der in Formaldehyd gelegte Hai des britischen Künstlers Damien Hirst. Um 8 Millionen Dollar fast schon ein Schnäppchen für den bekannten Kunstinvestor … 2005 wechselte Steven A. Cohen sogar in dreistellige Millionenhöhe: Das Gemälde Paul Gauguins Tahitianische Familie und das Porträt einer jungen Bäuerin von Vincent van Gogh kamen um 100 Millionen Dollar in die Sammlung Cohen. Der holländische Maler starb 1890 im Alter von nur 37 Jahren. Er hinterließ 864 Gemälde und mehr als 1000 Zeichnungen und war trotzdem bettelarm. Zu Lebzeiten konnte er nur sehr wenige Bilder verkaufen. Hätte er 121 Jahre später gelebt, wäre er Steven A. Cohen wohl um den Hals gefallen.

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1 Jackson Pollock: „No. 5, 1948“, 140 Millionen 2 Gustav Klimt: „Adele Bloch-Bauer I“, 135 Millionen 3 Alberto Giacometti: L´Homme qui marche I, 104,3 Millionen 4 Pablo Picasso: „Junge mit Pfeife”, 104,2 Millionen 5 Pablo Picasso: „Dora Maar mit Katze“, 95,2 Millionen 6 Gustav Klimt: „Adele Bloch-Bauer II“, 87,9 Millionen 7 Francis Bacon: „Triptych, 1976“, 86,3 Millionen 8 Vincent Van Gogh: „Porträt des Dr. Gachet“, 82,5 Millionen 9 Pierre-Auguste Renoir: „Au Moulin de la Galette“, 78,1 Millionen 10 Peter Paul Rubens: „Das Massaker der Unschuldigen“, 76,7 Millionen Alle Preise in US-Dollar

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Einige der


„Kunst ist viel mehr als ein Investitionsgut“ Professor Karlheinz Essl ist Gründer von bauMax und gehört heute zu den größten Baumarktbetreibern Europas. Karlheinz und Agnes Essl sind aber auch Pioniere der heimischen Kunstszene. 1999 eröffneten sie ein Museum in Klosterneuburg und gaben damit ihrer Kunstleidenschaft eine Heimat. Seit Karlheinz Essl den Vorstandsvorsitz an seinen Sohn übergab, widmet er sich umso mehr den jungen KünstlerInnen im eigenen Haus – dem größten Privatmuseum Österreichs.

Prof. Karlheinz Essl Foto: Julia Stix, Wien

Kunsthaus Essl – das größte Privatmuseum Österreichs © 2010 by Frank Garzarolli

Das Sammlerehepaar Agnes und Karlheinz Essl Foto: Franz Hubmann, 2004

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Wie und wo ist Ihre Leidenschaft entstanden? Im Jahr 1959 bin ich nach New York gegangen, um dort ein Praktikum zu machen. Dort habe ich meine Frau kennengelernt und mit ihr auch die Leidenschaft für die Kunst entdeckt, die uns nicht mehr losgelassen hat. Im Laufe der Zeit ist dann unsere Sammlung entstanden. Wir haben natürlich auch einmal klein angefangen. Dass sich daraus eine Sammlung mit 7.000 Werken entwickelt, konnte man am Anfang natürlich nicht wissen. Welche jungen Beispiele sind heute in Ihrer Sammlung besonders wertvoll? Hier gäbe es viele Beispiele zu nennen. Besonders interessant sind etwa jene Künstler, die im Rahmen der Ausstellung „China Now“, die wir im Essl Museum gezeigt haben, in die Sammlung gekommen sind. Die zeitgenössische Kunst ist in China ein extrem junges Phänomen. Erst seit den 90er Jahren und im Zuge politischer und gesellschaftlicher Umbrüche vollziehen chinesische Avantgardekünstler einen langsamen und von zahlreichen Rückschlägen gezeichneten Weg vom „Underground“ zu internationalen Shooting Stars. Die Künstlerinnen und Künstler setzen sich kritisch bis humorvoll mit den Veränderungen der chinesischen Gesellschaft auseinander, mit Kapitalismus, Globalisierung, dem Spannungsfeld zwischen Masse und Individuum, aber auch mit der westlichen Kunst. In Ihrer Sammlung werden Werke von Arnulf Rainer und Herbert Boeckl als Erste angeführt. Gaben Sie zu Beginn den jungen Österreichern den Vorzug? Die Sammlung hat sich ganz natürlich entwickelt. Meine Frau und ich haben Künstler kennen gelernt und von ihnen Werke erworben. Im vergangenen Jahr hat meine Frau im Schömer-Haus, der bauMaxZentrale, wo wir auch permanent Sammlungswerke zeigen, mit der Schau „Weggefährten“ sehr gut aufgearbeitet, was die Anfänge unserer Sammlung waren. Hier sind etwa Künstler wie Kurt Moldovan, Herbert Breiter, Ernst Gradischnig, Giselbert Hoke, Rudolf Hradil, Hans Kruckenhauser, Gottfried Salzmann und Markus Vallazza zu nennen. Wann kam der internationale Einfluss hinzu? Nach den politischen Veränderungen in Europa und als wir mit bauMax auch internationale Wege gingen, haben wir begonnen, die Sammlung zu internationalisieren. Dies war rückblickend ein guter Zeitpunkt, – das Geschäftliche mit unserer Leidenschaft zu verbinden. Hatte Ihre Sammlung eine Idee, die Sie beständig verfolgt haben, oder veränderten sich Ihre Kriterien immer wieder?

Die Sammlung hat sich im Laufe der Zeit entwickelt. Was den österreichischen Anteil betriff t, so kann man sagen, dass sie die wichtigste Sammlung zeitgenössischer Kunst ab 1945 darstellt. Bedeutend sind aber auch internationale Positionen; hier haben wir Schwerpunkte von den USA, Australien, über China und Indien bis Südosteuropa. Bedeutend ist natürlich auch die Fotografie, die einen wesentlichen Anteil der Sammlung darstellt. Welcher Wert Ihrer Sammlung ist höher – der emotionale oder der mit Zahlen erfassbare? Kunst kann man nicht besitzen wie ein Auto oder einen Fernseher. Kunst gehört der Gesellschaft, deshalb ist die Sammlung auch ein Kulturerbe. Der emotionale Wert der Sammlung übersteigt den materiellen bei Weitem. Wir möchten den Menschen die Kunst in unserem Museum öff nen, dies sehe ich auch als Auftrag. Wer zu uns ins Museum kommt, kann einige Stunden hier verbringen, den Kopf vom Alltagsstress befreien. Gibt es Lieblingsstücke in Ihrer Sammlung? Die Frage ließe sich ähnlich beantworten, als würde man mich fragen, welches meiner Kinder ich am liebsten habe. Sie bedeuten mir alle gleich viel. Natürlich beschäftigt man sich aber mit den jüngsten Ankäufen oft mehr. Und Fehlkäufe? Diese Frage haben meine Frau und ich uns selbst auch oft gestellt. Mit der Ausstellung „Weggefährten“, die meine Frau im Vorjahr kuratiert hat und welche die Anfänge der Sammlung zeigt, haben wir dann eine Antwort gefunden, und wir waren selbst überrascht davon, welche Qualität die Arbeiten der ersten Stunde haben. Welche Tipps würden Sie angehenden Kunstsammlern geben? Wichtig für Einsteiger ist, dass man sich informiert. Dies kann man in Museen, Galerien, mithilfe von Kunstmagazinen tun. Ein guter Einstieg ins Sammeln ist, mit Arbeiten auf Papier, Druckgrafi ken zu beginnen. Es gibt viele spannende junge Künstler. Das Essl Museum etwa zeigt abwechselnd jedes Jahr Emerging Artists: einerseits jeweils eine Ausstellung, die eine spannende Region fokussiert, andererseits jedes zweite Jahr die Ausstellung zum Essl Art Award CEE. Hier gibt es spannende junge Positionen zu entdecken. Abschließend: Kann man mit Kunstkäufen reich werden? Auf diese Weise sollte man Kunst nicht betrachten. Kunst ist viel mehr als ein Investitionsgut.

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kunst.spezial Das Paar auf der Couch – dahinter das großformatige Werk von Christian C. Haider und angrenzend das Lieblingsbild des „unterbewerteten, ehemals jungen Wilden“ Peter Robert Keil

Geordnete Unordnung „Seit wir ein Paar sind, ist auch die Leidenschaft für Kunst explodiert“, erzählen die Schauspielerin Brigitte Jaufenthaler und der Jurist Reinhold Oberhofer beim Rundgang durch ihre Wohnung. Ein illustres Kunst-Sammelsurium, das katalogisiert und liebevoll präsentiert wird.

Von bunten Stillleben hat sich Hans Salcher mit der Zeit vollkommen distanziert und auf Striche in Schwarz-Weiß reduziert.

Eine 80-m2-Gartenwohnung in Innsbruck-Allerheiligen. Ein heller Wohnraum, den ein Lesezimmer mit Glas abtrennt. Eine kleine Küche und ein kuscheliges Schlafzimmer. Voll gefüllt mit Kunst an den Wänden, aber auch stehend und liegend auf Kommoden und Tischen. Teils gefundene Gegenstände, die gefällig arrangiert zur Kunst erhoben werden, aber auch Bilder und Objekte von bekannten und weniger bekannten Künstlern mit detailgetreuem Blick gehängt. „Wenn ich ein Werk sehe, das mir gefällt, dann kaufe ich es. Von wem, ist mir egal“, sagt der Jurist. „Ich bin da viel pragmatischer. Wohin damit? Das frage ich mich jedes Mal“, erklärt die Schauspielerin. „Bauchmensch“ ist eigentlich sie, die auf der Bühne und vor der Kamera die vielfältigen Facetten ihres Ichs auslebt. Bekannt geworden als Kellnerin Anna in der „Piefkesaga“ spielt sie seit Anfang der Neunzigerjahre in zahlreichen TV-Filmen und Serien wie „Die Rosenheim Cops“, „Der Bergdoktor“, „Der Bulle von Tölz“, „Tatort“ u.v.a. Reinhold Oberhofer ist der besonnene, analytische Denker und Wissenschaftler, der seit 1986 als Assistenzprofessor für bürgerliches Recht an der Universität tätig ist. In den Kaufentscheidungen tauschen sie ihre Rollen. Bei Cappuccino und Keksen erklärt Brigitte, dass sie von ihm das richtige Hinschauen und das tiefgründige Beobachten eines Bildes abgekupfert hat. Er hält wegen ihrer durchdringenden Argumente oftmals inne, betrachtet und reflektiert aus einem anderen, weiblichen Blickwinkel. Unisono erklären sie: „Wir haben unheimlich viel voneinander gelernt und lernen immer noch.“

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In der Küche hängen frühe, noch bunte Werke von Hans Salcher: Das Paar beobachtet die Entwicklung des Künstlers seit Jahren.

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Ein geglückter Kuppelversuch Vor fünf Jahren entdeckten sie erstmals ihre Sympathie füreinander. Die Tiroler Künstler Isolde Schack und Christian C. Haider luden zum Abendessen. Den beiden Gästen wurde jeweils „ein Überraschungsgast“ angekündigt. „Am Anfang war da gar nichts. Und unsere Freunde waren enttäuscht ob des gescheiterten Kuppelversuchs“, erklärt Brigitte. Erst ein Jahr später, wieder bei einem Fest beim befreundeten Paar, hat es dann gefunkt. „Alle lachten und sagten, wir sollen endlich aufhören zu schmusen, wir wären doch schon zu alt dafür“, verrät Reinhold. „Somit schien der Kuppelversuch geglückt und wir ließen uns nicht abhalten von unserer Leidenschaft“, kontert Brigitte mit einem Schmunzeln. Seither ist auch ihre Leidenschaft für die Kunst beständig gewachsen. Vor allem durch die enge Freundschaft mit Künstlern. Christian C. Haider war ein sehr enger Freund gewesen. Sein plötzlicher Tod im Jahre 2008 traf die beiden schwer. Seine Werke werden in Ehren gehalten und finden sich im Schlaf- und im Wohnzimmer, ganz repräsentativ und großformatig oberhalb der Ledercouch. „Uns ist nicht nur das Werk wichtig, wir wollen auch den Menschen dahinter kennenlernen.“ Auch die Freundschaft mit der Tirolerin Heidi Holleis wuchs aus der Liebe zum Werk. Von ihr stammt Reinholds allererstes Bild – ein buntes Quadrat in Öl, von dem Brigitte nicht mehr lassen konnte. So kam es zur ersten Begegnung, zum ersten Austausch, zum ersten Mal die echte Nähe des

anderen erleben. Seither sind sie freundschaftlich und durch kreative Teamarbeiten verbunden: Derzeit wird an einem neuen Buchprojekt gefeilt, bei dem sich die Schauspielerin und Autorin im Gedichtfach erprobt.

Zwei Kunstfiguren sind entstanden Brigitte und Reinhold verbindet die Freundschaft zu anderen Künstlern, ihre Lust am Sammeln und auch die Leidenschaft, Menschen und Situationen zu beobachten. Als Kunstfiguren namens „Diva & Angelo“ werden diese festgehalten und zum Ausdruck gebracht. Ein gemeinsames, interaktives Projekt ist der japanisch inspirierte „Jodelautomat“. Die „Peepholebox“ von „Diva & Angelo“ ist ein großer Karton mit kleinen Öff nungen, die Gedichte preisgeben und im Rahmen einer ergänzenden Performance von Brigitte und Reinhold vorgetragen werden. Ihre eigene Liebesgeschichte verpacken sie in einem gleichnamigen Krimi, der im November 2011 erscheinen wird. Die beiden kreierten eine Marke, die auch andere Künstler zusammenbringen soll, um gemeinsame Kunstprojekte zu verwirklichen. Das vorerst letzte fand im Jahre 2007 statt: Eine von „Diva & Angelo“ organisierte einwöchige Sammelausstellung von Tiroler Künstlern im Innsbrucker Hofgarten. Brigitte und Reinhold sind überzeugt, dass „kreativ tickende Menschen“ ihre Leidenschaft auch selbst ausleben müssen. Für sie gibt es keine isolierte Kunst, die nur in den eigenen vier Wänden aufgehängt und betrachtet wird.


kunst.spezial Sie leben kunstvoll, indem sie Ausstellungen besuchen, die Künstler kennen lernen, aus gewonnenen Inspirationen eigene Ideen entwickeln und zudem Performances gestalten: „Wir gelten beide als sehr kauzige Menschen. Dieses Kauzige verbindet uns und macht unsere Beziehung so besonders.“

Der Rundgang Reinhold raucht sich eine Zigarette an. Brigitte holt den zweiten Cappuccino und Nachschub an Keksen. „Nimm noch eines mit als Wegzehrung“, geben sich die beiden als gute Gastgeber. Denn der Rundgang durch die Wohnung ist lang und kunstvoll angereichert: Reinhold zeigt auf ein expressives, farbstarkes Bild des deutschen Künstlers Rainer Fetting. Daneben eines von Peter Robert Keil. Einer der jungen Wilden Deutschlands in den 60er Jahren rund um Lüppertz und Baselitz. Seiner Meinung nach ist der Künstler Keil immer noch unterbewertet am Kunstmarkt. „Weil seine düstere Art zu malen nicht leicht konsumierbar ist.“ Er hat ca. 70 Bilder von ihm, eines davon hängt im Lesezimmer, gleich neben dem bunten Erstling von Heidi Holleis und mehreren Masken aus Venedig. „Untypische, weil einfärbig gehaltene Karnevalsmasken. Mich erinnern sie an die Commedia dell’Arte, deshalb mag ich sie.“ Wertvoll sind sie nicht, aber das italienische Wort für die Komödienkunst spielt in der Wohnung des Juristen und der Schauspielerin eine große, doppeldeutige Rolle. Im Regal stehen unzählige Bücher und dicke Ordner mit den Aufschriften Kunst 1–5. Reinhold katalogisiert all seine gekauften Werke sorgfältig, damit der Überblick gewahrt bleibt. „Eine gewisse Buchhalterseele kann ich nicht verleugnen.“ Er lächelt und führt in die kleine Küche: Frühe, noch bunte Werke des Osttiroler Künstlers Hans Salcher, der ebenso zum engen Freundeskreis zählt, zieren die Wand oberhalb des Kühlschranks. „Seine Atelierbesuche sind legendär. Er hat sich ein kindliches Künstlergemüt bewahrt und agiert so uneitel. Wir gehen kaum ohne eine Arbeit von ihm nach Hause.“ Als letzten, unentdeckten Platz in der Sammlerwohnung präsentiert Reinhold das Wohnzimmer: Wieder ein Großformat von Christian C. Haider und von Peter Robert Keil, daneben ein düster wirkender Kopf von Adolf Frohner. Einer der bekanntesten Namen in seiner Sammlung. Den Wert möchte er gar nicht so genau wissen. Er studiert wohl auf diversen Online-Foren, wie viel Bares es einbringen würde, doch „hergeben möchte ich eigentlich gar nix mehr.“ Bei der Schauspielerin Brigitte Jaufenthaler und dem Juristen Reinhold Oberhofer prallen Chaos und Ordnung aufeinander und lassen eine geordnete Unordnung entstehen. Ihre Sammlung hat die Idee des illustren Sammelsuriums. Ganz wie es dem kreativen Sammlerpaar entspricht, das sich selbst inszeniert und dabei herzliche Bodenhaftung bewahrt.

Masken à la Commedia dell’Arte: Das italienische Wort für die Komödienkunst spielt in der Wohnung des Juristen und der Schauspielerin eine doppeldeutige Rolle

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Soe, 27.

Liebe für ihren Sohn …

Blandina, 90.

Verantwortung für andere … Andrea, 54.

Wertschätzung allen Lebensformen gegenüber …

Mit ubuntu sind wir mehr! Fotos, Film, Skulpturen & Radierungen Die einen haben noch vieles vor sich. Die anderen schon vieles erreicht: Werte verbinden Generationen!

Fotos: ubuntu/Gerhard Berger, Florian Schneider

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Unsere Gesellschaft wird von Menschen jeden Alters getragen und funktioniert nach wert(e)vollen Regeln, die in der Lebensphilosophie ubuntu beschrieben werden. Ím Wertesystem nimmt ubuntu einen wichtigen Platz ein und steht für Vertrauen, Verantwortung, Würde, Liebe, Respekt und Gemeinschaft. Damit verbunden sind auch ergänzende Eigenschaften wie Wertschätzung, Freiheit, Mitgefühl, Hoff nung und Toleranz. ubuntu – die Kulturinitiative von SOS-Kinderdorf will aufzeigen, wie sehr wir im Teilen aller ubuntuWerte voneinander und miteinander profitieren. Analog zu Albert Schweitzers Zitat – „Das Glück ist das Einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt“ erhöhen wir unsere Wertschöpfung!

Handlung & Personen In der Ausstellung „Mit ubuntu sind wir mehr“ werden Begegnungen der Generationen dargestellt: Der Fotograf Gerhard Berger porträtierte TirolerInnen unterschiedlichen Alters ohne gestelltes Posieren. Die Menschen zeigten sich vor der Leinwand, wie sie sind. Das Fotoshooting fand an einem Ort statt, an dem die Vergangenheit die Zukunft triff t – im neuen Museum „Tirol Panorama“ am Innsbrucker Bergisel. Handlung & Personen beziehen sich auf Freuden, Leidenschaften und Notwendigkeiten, um das Leben als vielfältigen Werdungsprozess zu meistern. Entstanden ist daraus ein stiller Dialog aus Bildern und Schrift, um sich selbst und das Leben anderer besser kennen zu lernen, um den gleichwertigen, respekt-


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Sebastian, 14.

Toleranz trotz Kritik üben …

Manolya, 5.

Vertrauen zu ihrer Mama …

Lucky, 42.

Achtsamkeit für Mensch und Mutter Erde …

vollen Austausch zwischen den Generationen zu fördern. Das Fotoshooting wurde mit der Filmkamera begleitet und wird als „Making-of “-Kurzfi lm am Eröff nungsabend präsentiert.

Skulpturen & Radierungen Der Tiroler Bildhauer Magnus Pöhacker erweitert die Wertschöpfung der Ausstellung im Sinne der angewandten Kunst: Er präsentiert Skulpturen und Radierungen als Abbilder des Kind-Seins, das in ein Erwachsenenleben gleitet und weiter verdichtet zum abstrakten Bildnis wird. In Pöhackers Arbeiten werden die unterschiedlichen Werte der Generationen spürbar, indem er den BetrachterInnen jeden Alters offen lässt, sich selbst zu sehen, sich im Bildnis zu spiegeln und zu erkennen: Ich bin, weil Du bist. Im Rahmen von „Mit ubuntu sind wir mehr!“ werden via Fotos, Film, Skulpturen und Radierungen die Unterschiede der Lebensphasen aufgezeigt, aber auch die Einigkeit der Generationen demonstriert. Hoffnungsfrohe, phantasievolle Visionen werden ebenso beschrieben, wie leidvolle Erfahrungen nicht verheimlicht werden. „Das Jungsein und das Älterwerden“ sind Erfahrungen, die uns alle einen. Erfahrungen, die sich wechselseitig bereichern und beruhigen. Egal ob im Kindes- oder Jugendalter, im Erwachsenen- oder Seniorenleben: Mit den Werten von ubuntu sind wir Mensch!

Der Künstler Magnus Pöhacker zeigt in seinen Arbeiten kindliche Züge, die von Erfahrungen geprägt in einen erwachsenen Ausdruck übergehen

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Lorenz, 10.

Martin, 45.

Freundschaft, um nie alleine zu sein …

Würde der sozialen Beziehungsarbeit …

Aurelia, 17.

Hoffnung für die Zukunft …

HANDLUNG & PERSONEN Freuden, Leidenschaften und Notwendigkeiten, um das Leben als vielfältigen Werdungsprozess zu meistern.

Mit ubuntu sind wir mehr!

Eine Ausstellung von ubuntu – der Kulturinitiative von SOS-Kinderdorf

Fotos, Film, Skulpturen & Radierungen WANN? Donnerstag, 13. Oktober 2011 / 19.30 Uhr WO? Zentrale der Hypo Tirol Bank / Bozner Platz / 6020 Innsbruck

www.ubuntu-imst.at E-Mail: julia.sparber@sos-kd.org

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Die Ausstellung ist bis einschließlich Montag, 31. 10. 2011 zu sehen. Als Abschlussveranstaltung findet am Weltspartag um 19 Uhr ein Kabarettabend mit dem Innsbrucker Künstler „Koschuh“ statt.


Seit April 2011 befindet sich in der Innsbrucker Hofburg eine Neue Galerie. Wo 1453 Herzog Friedrich der Münzreiche als Bauherr aufschien, werden die historischen, modern adaptierten Gewölberäumlichkeiten heute von der Tiroler Künstlerschaft bespielt.

ge 2011 Premierenta ber 2011

Historie Der „Münzreiche“ errichtete eine Burg im rechten Winkel um das Stadttor, unter Kaiser Maximilian I. wurde die Hof burg ausgebaut und galt als schönstes Bauwerk der Spätgotik, das damals schon Denkmalcharakter besaß. Von 1536–1570 wurde sie zum Renaissanceschloss umgebaut und Wandmalereien schmückten die Innenhöfe. Später diente die Hof burg den Habsburgern als fürstliche Unterkunft auf ihren Reisen. 1754 ließ Kaiserin Maria Theresia die Hofburg zum Barockschloss umbauen. 1805 musste Österreich die Innsbrucker Hof burg an Bayern abtreten. Erst am Wiener Kongress 1815 wurden die Grenzen neu festgelegt und Tirol kam wieder zu Österreich. Die Geschichte der kaiserlichen Repräsentationsräume schließt 1918 mit dem Ende der Habsburgermonarchie. Die Kaiserappartements, heute Museum, wurden schon vor dem 1. Weltkrieg (1914–1918) an bestimmten Tagen zur Besichtigung freigegeben. Die Sanierung und Vitalisierung der gesamten Hof burg und der Neubau des Eingangs zum Museum erfolgten in den Jahren 1995 bis 1999 unter der Leitung des Innsbrucker Architekten Hubert Prachensky. Heute ist es ein modernes, behindertengerechtes Kulturdenkmal mit Museums-, Ausstellungs- und Veranstaltungsbereich im Herzen der Stadt.

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Vom Barockschloss zur Neuen Galerie Sa., 5. Novem tlergespräch 15 Uhr: Küns son mit en Alcuin Stev r ne ig Uli A

Modern adaptierte Galerieräume im historischen Ambiente

Gegenwart Die Neue Galerie wurde im April 2011 eröff net und befindet sich zum Rennweg gelegen im Parterre der Hof burg Innsbruck. Der Name ist (derzeit noch) Programm: Die Gewölberäumlichkeiten wurden von Architekt le_ander adaptiert und es stehen 95 m 2 Ausstellungsfläche auf vier Räume verteilt zur Verfügung. Die Neue Galerie wird von der Tiroler Künstlerschaft betrieben, die auch den Kunstpavillon und das Künstlerhaus Büchsenhausen bespielt. Das Programm für die Neue Galerie und den Kunstpavillon wird durch eine international offene Ausschreibung an die Mitglieder des Vereins und überregional an KünstlerInnen und KuratorInnen generiert. Eine aus Vorstandsmitgliedern des Vereins und externen ExpertInnen bestehende Fachjury wählt die Projekte aus. Das Künstlerhaus Büchsenhausen vereint zwei Förderungsprogramme unter einem Dach. Es ist einerseits Austragungsort des Internationalen Fellow-

ship-Programms für Kunst und Theorie, andererseits ist es Atelierhaus für in Tirol lebende KünstlerInnen, die einen Arbeitsraum in einer künstlerisch interessanten Umgebung suchen. Die Tiroler Künstlerschaft hat sich im vergangenen Jahrzehnt von einer vorwiegend regional agierenden KünstlerInnenvereinigung zu einer auch überregional bedeutenden Plattform zur Präsentation und Diskussion zeitgenössischer Kunst entwickelt. Seit 21. September 2011 wird in der Neuen Galerie die Ausstellung „Uncanny Valley“ des britischen Künstlers Alcuin Stevenson gezeigt. Der 1981 in London geborene Künstler arbeitete in den letzten Jahren in Japan als Videofi lmer und Musiker. Während dieser Zeit begann er Material zu verschiedenen Forschungsgebieten zu sammeln. Stevenson zeigt diese Sammlung in einem Archiv, gemeinsam mit Installationen aus neuen Videos und Zeichnungen.

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TIROLER KÜNSTLERSCHAFT – NEUE GALERIE Rennweg 1, Großes Tor, Hofburg A-6020 Innsbruck Tel. +43(0)512-578154 Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10.00–12.00 und 14.00–18.00 Uhr Samstag 11.00–17.00 Uhr neuegalerie@künstlerschaft.at www.kuenstlerschaft.at

Nächste Ausstellung: „DER BLOCK“ von Johanna Tinzl & Stefan Flunger Eröffnung am Mittwoch, 23. November 2011

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Die Kunstankäufe des Landes Tirol Seit 2001 besteht eine unabhängige Fachjury, die für die Kunstankäufe des Landes zuständig ist, um eine Sammlung der Gegenwartskunst mit einem eigenständigen Profil aufzubauen. Rund € 180.000,- stehen jährlich dafür zur Verfügung.

Dr. Günther Dankl, der in der Ankaufsjury des Landes Tirol vertreten ist Foto: Florian Schneider

Dr.in Beate Palfrader, Landesrätin für Kultur Foto: Florian Schneider

Die zeitgenössische Kunst ist von unterschiedlichen Intentionen gekennzeichnet. „Eine Sammlungspolitik, die im Auftrag eines öffentlichen Trägers handelt, kann nicht flächendeckend oder auch nur ausschnitthaft diese Vielfalt dokumentieren“, erklärt Dr. Günther Dankl, der Kustos des Tiroler Landesmuseums, der in der Ankaufsjury des Landes Tirol vertreten ist. „Vielmehr orientiert sich die Jury an konzeptuellen Richtlinien, die der Auswahl als Plan vorausgehen. Es soll eine Landessammlung entstehen, die internationalen Bestand vorweisen kann.“ Um der Sammlung das eigenständige Profi l zu verleihen, formiert sich die Jury alle zwei Jahre neu. Für die Ankäufe der Jahre 2007 bis 2009 zeichneten Dr.in Susanne Gaensheimer, Direktorin des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt, und Dr.in Romana Schuler, freischaffende Kuratorin aus Wien, gemeinsam mit Günther Dankl verantwortlich. Berücksichtigt wurden vorwiegend Tiroler KünstlerInnen, aber auch internationale Strömungen, die Bezug zum Alpenland haben oder in ihren Werken thematisieren. „Die Tendenzen ändern sich aber bei jedem Jurywechsel“, erklärt Dankl. Ihm selbst liegt die „spröde, harte Konzeptkunst“ und er nennt den Künstler Heinz Gappmayr als einen seiner persönlichen Favoriten. Die Sammlung des Landes orientiert sich an Parametern, die Kunst zum Entstehen bringen und das Bewusstsein kultureller Kompetenz fördern sollen.

Die Werte Seit Gründung der Ankaufsjury gibt es in Sachen Wertsteigerung repräsentative Ergebnisse: Unter anderem wurde vor 10 Jahren eine Styroporarbeit des Südtiroler Malers Rudolf Stingel erworben. Heuer

KUNSTANKÄUFE, DIE IN DER AUSSTELLUNG GEZEIGT WERDEN: Vitrinen mit Inventar von Stephan Huber

Rechte Seite: Werk aus den Hauptsätzen von Claudia Hirtl Herz von Thomas Feuerstein Fell, Kristall auf Aluminium von Thilo Heinzmann

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hat eine ähnliche Arbeit des Künstlers bei Christie’s in New York den Rekordpreis von 1,9 Mio. $ erzielt. Das Ferdinandeum verfügt über eine reichhaltige Sammlung Tiroler und österreichischer Kunst des 20. Jahrhunderts, der substanzielle Bestand gibt dem Museum eine Identität. Als frühes Beispiel einer Wertsteigerung nennt Dankl das 1970 gekaufte Gemälde von Albin Egger-Lienz: um ATS 200.000,- erworben, betrug der Versicherungswert für eine Ausstellung im Leopold Museum in Wien € 440.000,-. Die Werte des Museums sind jedoch nicht zu Geld zu machen, da der Ehrenkodex verletzt werden würde: Die Aufgaben eines Museums sind, bedeutende Gegenstände aufzubewahren, zu erforschen, zu kategorisieren und auszustellen, „aber niemals zu verkaufen“, so Günther Dankl. „Der Ankauf von Kunstwerken lebender KünstlerInnen ist ein zentrales Element der Kunstförderung des Landes. Durch diese Ankäufe hat das Land Tirol eine Kunstsammlung angelegt, die einen repräsentativen Bestand der bildenden Kunst Tirols seit 1945 darstellt“, erklärt die zuständige Landesrätin Beate Palfrader. Verwaltet wird die Sammlung von der Tiroler Landesmuseen Betriebsgesellschaft. Für die Auswahl der Kunstankäufe der Jahre 2010 bis 2012 sind Dr.in Beate Ermacora, Leiterin der Galerie im Taxispalais, Dr. Bernhart Schwenk, Kurator für Gegenwartskunst an der Pinakothek der Moderne in München, und Dr. Günther Dankl betraut. Die ausgewählten Ankäufe der 3. Ankaufsjury werden im Rahmen einer Ausstellung im Tiroler Landesmuseum gezeigt und in das Ferdinandeum integriert, um dessen Bestand durch zeitgenössische Werke systematisch zu erweitern.


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„2013 wird mit dem Bau des neuen Zentraldepots begonnen.“

LR Dr.in Beate Palfrader vor der Landhauskapelle mit den Plastiken von Lois Anvidalfarei Foto: Florian Schneider

Innsbruck ist neben Eisenstadt die einzige Landeshauptstadt, die kein Museum für zeitgenössische Kunst besitzt. Wird in Innsbruck ein „Haus der modernen Kunst“ angedacht? Die Pläne aus den 90er Jahren für ein „Haus der modernen Kunst“ konnten aus verschiedenen Gründen nicht umgesetzt werden und auch aktuell gibt es keine Pläne dazu. Das Land verfügt jedoch mit der Galerie im Taxispalais und mit der modernen Galerie im Landesmuseum Ferdinandeum über Ausstellungsmöglichkeiten für zeitgenössische Kunst. Zudem konnte mit der Klocker-Stiftung vertraglich vereinbart werden, diese auf österreichische und Tiroler Kunst nach 1945 konzentrierte Sammlung in Zukunft auch im Ferdinandeum zu präsentieren. Das Haupthaus in der Museumstraße soll zu einem „Haus der Kunst“ weiterentwickelt werden. Lassen die derzeitigen Depots einen weiteren Ausbau der Sammlung des Landes überhaupt zu? Die Sammlungen der Landesmuseen sind derzeit auf acht Standorte verteilt, die den technischen und organisatorischen Anforderungen eines Museumsdepots nicht mehr gerecht werden. Eine Zusammenführung aller Depots in einem Zentraldepot ist daher die einzig sinnvolle und auch wirtschaftlich vertretbare Maßnahme. Dies belegt auch eine Machbarkeitsstudie, die wir durchgeführt haben. Der Wettbewerb zur Errichtung eines Zentraldepots wird 2012 ausgeschrieben, 2013 wird mit dem Bau begonnen.

TIROLER LANDESMUSEUM FERDINANDEUM Museumstraße 15 6020 Innsbruck www.tiroler-landesmuseum.at Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 9 bis 17 Uhr

Ausstellung:

Ihr persönlicher Favorit der Tiroler Kunstwelt? Ich bin allen Bereichen der Kunst gegenüber offen. Mein Herz schlägt aber vor allem für das Theater! Im Bereich der bildenden Kunst liebe ich die Malerei. Einer meiner Lieblingskünstler ist der vor 10 Jahren verstorbene Siegfried Norbert Amerstorfer, von dem ich selbst drei Bilder zu Hause habe. Welche Bilder hängen in Ihrem Büro? Das wunderbare große Werk „Die Welt und der Mensch“ von Herbert Boeckl. Zudem werden Bilder vom Boeckl-Schüler Franz Grabmayr, von Max Peintner und von Margit Piffer, Anneliese Pichler und Maria Fischbacher-Jaehner in meinem Büro präsentiert. Eine Skulptur von Anne Strobl, die ich von mir zu Hause mitgebracht habe, bereichert auch meinen täglichen Arbeitsplatz.

KUNSTANKÄUFE DES LANDES TIROL 2007–2009 2. Dezember 2011 – 29. Januar 2012

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Das Kulturmagazin als Lesebuch Das progressive Konzept zu „Quart“ brachte den red dot design award und lässt eine neue „Essenz“ erscheinen. Cover des prämierten Quart Nr. 15 mit dem „Faltenwurf“ à la Markus Schinwald

Dieser Essenz gehen aber acht Jahre beständige Kulturarbeit und ein progressives Konzept voraus: Nur Ersterscheinungen, Urauff ührungen und Auftragswerke finden Platz in „Quart“. Alle Bilder und Texte werden exklusiv für das jeweilige Heft produziert, das den Code des Landes Tirol auf vielfältige Weise entschlüsselt. Die Umschlagseiten sind ausgewiesene, ganzseitige Kunstzonen, die Titelzeile ist auf ein Minimum reduziert. Die Inhalte werden nicht einfach illustriert, sondern erscheinen auf den linken Seiten als Resonanz zu den Texten auf den rechten Seiten. Es bleibt daher Platz für freie Assoziationen, Querverbindungen und Gegenreden. Jedes „Quart“ wird mit exklusiven Originalbeilagen versehen, die sich auf den Heftinhalt beziehen: Von KünstlerInnen geschaffene Materialproben, Skizzen, Gebrauchsutensilien, die mittlerweile Kult sind und die Neugier auf das Folgeheft schüren sollen.

Andreas Schett, Kopf von Quart, beim Sortieren des Blätterwaldes

Die Quartessenz entsteht aus 2200 Heftseiten

RED DOT DESIGN AWARD – PREISVERLEIHUNG am Freitag, 7. Oktober 2011 im Konzerthaus in Berlin

PRÄSENTATION VON „QUARTESSENZ“ am Freitag, 14. Oktober 2011 bei der Biennale in Venedig

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Das Wort Essenz kommt vom lateinischen Essentia und bezeichnet „das Wesen einer Sache.“ Die Essenz bei „Quart“, dem Heft für Kultur Tirol, ist ein Band mit fast 900 Seiten, der aus den Heften Nummer 1 bis 16 ausgewählt wird. 2200 bereits erschienene Seiten sind im Circus – dem Büro für Kommunikation und Gestaltung in der Innsbrucker Kochstraße – einfach zu Boden gefallen und ordneten sich auf wundersame Weise zur „Quartessenz“. Klingt recht einfach.

Die Essenz ist aber nicht nur in der Philosophie von Bedeutung, sie kommt auch in der Küche vor. Dort benennt die Essenz einen konzentrierten Fond aus Fleisch, Fisch, Pilzen oder Ähnlichem. Auch bei Quart wird die Essenz lukullisch umschrieben: Stellen Sie sich vor, Sie kochen seit Jahren mit ein paar Hauben vor sich hin und plötzlich geht ein Stern auf und der ist von Michelin. Einen red dot design award gab es insgesamt schon dreimal für das Heft, dieses Mal wurde das Heft Nr. 15 prämiert – aus 6468 eingereichten Arbeiten aus 40 Ländern. Die linken Seiten dieser Ausgabe gestaltete das Zürcher Büro NORM. Der 38-jährige Foto- und Installationskünstler Markus Schinwald, der heuer bei der 54. Kunstbiennale in Venedig unser Land vertritt, steuerte das Cover und die Innenstrecke bei.

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Werben ist eine Kunst

Kampagne zum zarten, goldenen Salzgebäck von Michael Schirner aus dem Jahre 1980/1981

Ein Kommunikationsdesigner, der Werbekampagnen zur Kunstform erhebt „weis raum – Forum für visuelle Gestaltung in Innsbruck“ ist ein eigenständiger Verein, der im aut – Architektur und Tirol in Innsbruck angesiedelt ist. Unter der Leitung von Kurt Höretzeder tritt die Initiative für ein Mehr an Grafi k- und generellem Formbewusstsein ein und lädt seit 2005 GestalterInnen aus aller Welt nach Innsbruck. Es werden Vorträge anerkannter ExpertInnen zum Thema angeboten und auch ein eigener Ausstellungsraum angedacht, in dem Wanderausstellungen und Diskussionsrunden stattfinden können, um die Vielfalt an Darstellungsmöglichkeiten zu dokumentieren und an deren Weiterentwicklung zu arbeiten. Zeitgenössische visuelle Gestaltung ist ein Genre, das zwischen angewandter und freier Kunst angesiedelt ist und unter Einhaltung von Parametern eine Kunstform bedient.

„Beuys der Reklame“ Einer, der Werbung eindeutig zur Kunst erhoben hat, ist der deutsche Kommunikationsdesigner und Künstler Michael Schirner. Zeit seines Lebens versucht er die Grenzen von Kunstklassifizierungen aufzulösen. Seine Kampagnen brachten ihm den Titel „Beuys der Reklame“ ein. Der 1941 geborene Schirner erkannte schon früh die Reduktion von Bild und Text als Möglichkeit, das Unsichtbare sichtbar zu machen. Er leitete die Werbeagentur GGK in Düsseldorf und schrieb mit Kampagnen für IBM, Pfanni, Jägermeister und Tuc Werbegeschichte. Schirner hat Werbung und Kunst gleichermaßen revolutioniert und radikalisiert, indem er dem logischen Detail folgte, um die richtige ästhetische Methode zu finden. In seinem Buch „Werbung ist Kunst“ blickt er zurück auf sein Schaffen der letzten 30 Jahre, in dem er unkonventionelle Wege ging. Ein Beispiel ist die werbetechnische Grundhaltung – wenig Text, klare Botschaft –, die Schirner mit einer 3-seitigen Kampagne widerlegte: Tuc, das salzige Gebäck, wurde so groß wie eine Seite einer Zeitschrift abgedruckt. Er ließ es mehr anknabbern und damit wurde pro Seite mehr Text zum salzigen, köstlichen Geschmack des Crackers freigelegt. Michael Schirner setzt Werbung mit Wirklichkeitsbestätigung gleich und das isolierte, künstlerische Medium genügt ihm nicht. Er bedient sich an Ideen der Konzeptkunst, setzt sie jedoch mit dem öffentlichsten Medium visueller Kommunikation – der Werbung – um und ließ so eine neue Kunstform ent-

stehen. Er fragt sich vor allem: „Was bedeutet heute ein Bild, was das Bild eines Bildes?“ In seiner im vergangenen Jahr gezeigten Ausstellung „BYE BYE“ in Hamburg gibt er Antwort: „Meine Kunst ist nicht mein Werk. Sie sind der Schöpfer Ihres Bildes in Ihrem Kopf. Mich gibt es gar nicht.“ Schirners Kunst kennt kein Ich, er selbst tritt ganz hinter sein Werk zurück und lässt das Publikum imaginieren. Er räumt damit dem Betrachter ein, wichtiger als der Künstler zu sein. Wie er dem Zuschauer mehr Aufmerksamkeit zukommen lässt als dem Schauspieler und den Hörer wichtiger nimmt als den Musiker.

„Jeder Mensch ist ein Werber“ Schirner erwartet sich von der Entwicklung der Werbung mehr als von den traditionellen Künsten und lässt in seinem Buch „Werbung ist Kunst“ aufhorchen: „Jeder sollte, das muss verbrieftes Menschenrecht werden im 21. Jahrhundert, genügend Geld haben, um für sich werben zu lassen.“ Er interpretiert das Zitat des Künstlers Joseph Beuys „Jeder Mensch ist ein Künstler“ als Forderung. Für Schirner sollte es „Jeder Mensch ist ein Werber“ heißen. Werbung erfülle unter anderem einen grundsätzlichen Dienst, der vom Kunstschaffen nicht zu trennen ist: Werbung soll eine Funktion im Miteinander von Menschen als eine Art Scharnier zwischen Wirtschaft und Gesellschaft sein. Im Rahmen seines Vortrages in Innsbruck wird er sich detailliert all seinen Kunstprojekten und den Thesen daraus widmen.

Fibel für Werber: „Werbung ist Kunst“, Verlag Klinkhardt & Biermann

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Vortrag von Michael Schirner: „MICH GIBT ES GAR NICHT“ WO? Dienstag, 18. Oktober 2011, 20 Uhr WO? aut. architektur und tirol Lois-Welzenbacher-Platz 1 6020 Innsbruck

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Der Künstler in Weiß Hellmut Bruch kann eine Lebensleistung präsentieren, in der Zahlen und Technik eine zentrale Rolle spielen: Beständig und unbeirrt verfolgt er Themen wie die offene Form und die Zahlenfolge des Fibonacci und hat sich damit einen starken Platz in der klassischen Bildsprache des 20. Jahrhunderts gesichert. Heuer feiert der Autodidakt, der sich vom Brotberuf emanzipiert hat, seinen 75. Geburtstag.

Bild oben: Anlässlich seines Geburtstages zeigte das Kunstforum Ferdinandeum aktuelle Acrylglas-Arbeiten von Hellmut Bruch

Hellmut Bruch mit 35 Jahren – schon damals ganz in Weiß.

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Heiße Schokolade an einem Vormittag in der „kunstpause“ des Tiroler Landesmuseums. Hellmut Bruch zeigt im Kunstforum Ferdinandeum eine kleine Auswahl seiner Werke und ist noch ganz aufgeladen von den Feierlichkeiten zu seinem Geburtstag: „Es hat mich sehr gefreut, dass so viele jahrelange Begleiter zu meinen Ehren gekommen sind. Haben Sie auch die Torte gesehen? Eine gebackene Progression.“ Hellmut Bruch lacht und ist sofort in seinem Element als sehr kommunikativer Künstler: Er erzählt über „das Licht als unfassbares, permanentes kosmisches Ereignis“ und als „tägliches Geschenk der Sonne an uns“. Hellmut Bruch kennt wenig Pausen und er meint umsichtig: „Sie müssen mich unterbrechen, wenn ich zu viel rede.“ Seine Ausführungen sind faszinierend und seine Gestik ein Zeugnis von seinem beseelten Tun. Aber ganz von Anfang an: Hellmut Bruch absolvierte in den 50er Jahren eine KFZ-Mechaniker-Lehre und übte den Beruf bis ins Jahr 1993 aus. Dieses Ausüben war ihm nie genug: „Ich musste immer etwas tun, etwas mit meinen Händen entstehen lassen. Das lernte ich von meinem Großvater.“ Hellmut Bruch entstammt der Familie Riepenhausen, Buchhändler und Buchbinder aus Hall. Als Bub wollte er Bildhauer werden, denn „in meinem Elternhaus war Kunst selbstverständlich“. Artur Nikodem, Josef Bachlechner, Othmar Costa Vater, unter diesem Einfluss wuchs Hellmut Bruch auf. Das erlernte Gewerbe des Reparierens inspirierte ihn, die Technik philosophisch zu betrachten: „Die Fortbewegung an sich hat mich fasziniert und inspiriert.“ Es folgten Studien mit verschiedensten Materialien und Techniken, die ihn nach Italien, Frankreich, Holland und die USA führten. Erste Objekte aus Stahl und Alu-Gussteilen entstanden. „Früher habe ich in einer Garage geschweißt und zusammengebaut. Die entstandenen Objekte erfüllten mich einfach mit Freude“, so seine

Erklärung der ersten Erfahrungen. Begann Hellmut Bruchs Weg mit der Verarbeitung von dichten, schweren Metallteilen, fand er mit den Jahren immer mehr zu leichteren Materialien wie Edelstahl, der in den letzten Jahren in glasartigen, transparenten, lichtsammelnden Kunststoff überging. Sein früher Weg dominierte die Abwesenheit von Farbe. Heute schöpft er aus der vollen, elementaren Farbigkeit. Der bekannte Kunsthistoriker Peter Weiermair gab gemeinsam mit dem Kustos des Tiroler Landesmuseums, Günther Dankl, eine Monographie zu seinem 75. Geburtstag heraus – als sorgsame Dokumentation zum gesamten Schaffen des Künstlers. Wie ein roter Faden im Werk Hellmut Bruchs ziehen sich durch alle Beschreibungen der Werkphasen die zentralen Themen des Künstlers: Die offene Form, die Progression als Synonym für eine mathematische Folge und die unendlichen Zahlen des Fibonacci – eine Folge, in der jede Zahl die Summe der beiden vorangegangenen bildet. Bei Bruch sind sie allesamt gleichbedeutend ästhetische und moralische Begriffe, „denn Technik, Wissenschaft und Kunst bildeten für mich immer eine Einheit“.

Über die offene Form zum offenen Denken Der Künstler beschäftigt sich in seiner „Konkret Konstruktiven Kunst“ ständig mit der Ordnung der Dinge und mit der Philosophie des Einfachen. Klare Formen würden den Sinn für das Wesentliche schärfen und den Blick weiten, um zu einer inneren Ordnung zu gelangen. Er betrachtet die im 13. Jahrhundert entwickelte Fibonacci-Folge als offene Form, die über einen begrenzten Bereich hinausführen und das Wesen jeglichen Wachsens und Ansteigens sichtbar machen soll. „Das messbare Konkrete ist gleichzeitig auch offen und soll zum Weiterdenken anregen.“ Wie er sich auch am „Goldenen Schnitt“


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Monographie zum Lebenswerk Bruchs, herausgegeben vom Kunsthistoriker Peter Weiermair und vom Kustos des Landesmuseums, Günther Dankl. Das Buch wurde dem verstorbenen Künstler Heinz Gappmayr gewidmet.

bedient, bei dem ein bestimmtes Verhältnis zwischen zwei Zahlen oder zwei Größen entsteht. Seine „Progressionen“, deren Verbindungslinien exakt dem Goldenen Schnitt entsprechen, können als eine einzige Säule in Form eingedrehter Kreisringe oder als Reihe erscheinen. Progression bedeutet Fortschritt und diesen hat Hellmut Bruch zeitlebens forciert – in sich selbst und in seinen Arbeiten. Er fand elementare Prinzipien, denen er treu geblieben ist, aber er versteht es meisterhaft, diese in immer neue Formzusammenhänge zu stellen. Sie erscheinen als Groß- oder Freiplastiken, als Raumkonzepte, als tafelbildartige Wandobjekte in den verschiedensten Formaten. „Ich wollte immer wissen, wie die Natur gemacht ist, und fand in der Natur die besten Werkzeuge. Der Goldene Schnitt ist für mich kein Dogma. Kein Wahrheitsanspruch ist unumstößlich. Aber der Goldene Schnitt ist für mich ein gutes Werkzeug.“ Er möchte mit fast nichts alles sagen und besonders sein Suchen nach dem Unbenennbaren und Unfassbaren darstellen. Günther Dankl schreibt vom spürbaren Bemühen des Künstlers, „mathematisches und philosophisches Denken in Schönheit überzuführen und zum Ausdruck zu bringen“.

Die Summe aller Lichtfarben Der Künstler erzählt beherzt und temperamentvoll von seinem Schaffen. Beim Schluck an der heißen Schokolade landet prompt ein Tropfen auf der weißen Hose. Er kommentiert nicht mit Bedauern, dass Weiß doch so empfindlich wäre, sondern verweist auf die Bedeutung der Nichtfarbe: „Wissen Sie, dass Weiß die Summe aller sichtbaren Lichtfarben ist?“ In seinen Arbeiten spielt Licht eine zentrale Rolle. Seit Ende der 90er Jahre verwendet der Künstler hauptsächlich farbiges, fluoreszierendes Acrylglas, das er nach den genannten Ordnungsgefügen einsetzt und das von vielfältigen Lichtspielen wie Reflexion, Transparenz und Fluoreszenz lebt. Das offene, formale Element in seiner Kunst und die Summe aller Lichtfarben ständig am Leib – warum tragen Sie nur weiße Kleider, Herr Bruch? Diese simple Frage wurde

„Kunst kommt nicht von können, sondern von müssen“, zitiert der Künstler den österreichischen Komponisten Arnold Schönberg: „Ich musste immer etwas tun, etwas mit meinen Händen entstehen lassen … ich wollte immer wissen, wie die Natur gemacht ist, und fand in der Natur die besten Werkzeuge.“

ihm schon oft gestellt und „bisweilen werde ich heute noch damit gehänselt“. Zum Weiß seiner Kleidung gibt es keine Philosophie, sondern eine unprätentiöse Geschichte: „Irgendwann Anfang der 70er Jahre kaufte ich mir eine weiße Schnürlsamthose. Sie war billig und ich brauchte dringend eine neue Hose. Ich musste sie aufstülpen, weil sie zu lang war. Irgendwie ging ich damals wie auf Wolken. Ich fühlte mich derart gut, dass ich beschloss, nichts mehr anderes zu tragen als Weiß. Von Kopf bis Fuß, naja, damals war mein Haar noch nicht ganz so weiß“, lacht er. Seit nunmehr 40 Jahren drücken seine weißen Kleider sein „inneres Programm“ aus: Uneitel, offen, beseelt vom beständigen Schaffen und vom Spiel mit Formen und Materialien. Über Kunst lässt sich Hellmut Bruch gerne stundenlang aus, über sich selbst redet er weniger gern. Wie sieht er sich selbst, wer ist Hellmut Bruch? „Glücklich, dankbar, zufrieden – das bin ich.“ Sprachs und machte nun wirklich eine „kunstpause.“

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Fotos: Florian Schneider / Privat

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Katharina Cibulka: „Überlebende #1: Maria Antonia Deolinda y Correa“, Fotografie aus Zyklus, 2008

Die kunstvolle Investition einer Stadt

Die Stadt Innsbruck bietet mit der Galerie im Andechshof eine Ausstellungsfläche sowie ein umfangreiches Netzwerk für junge KünstlerInnen aus Tirol und erfüllt damit einen Aspekt kreativer Stadtentwicklung.

GALERIE IM ANDECHSHOF Innrain 1/Altstadt 6020 Innsbruck Tel.: +43/512/5360-1654 post.kulturamt@innsbruck.gv.at www.innsbruck.at Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag von 15 bis 19 Uhr, Samstag und Sonntag von 15 bis 18 Uhr

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Die erste Ausstellung im Jahre 1991 im Andechshof wurde von der Tiroler Künstlerin Andrea Holzinger gestaltet. Grund genug, die Jubiläumsausstellung wieder ihr zu widmen. Andrea Holzinger ist eine der 236 KünstlerInnen, deren künstlerische Laufbahn in der Galerie im Andechshof begann und die mittlerweile ein stattliches Œuvre vorweisen können. „Im Laufe der Jahre konnte ich die Entwicklung der KünstlerInnen gut beobachten – einige feiern heute internationale Erfolge, von anderen hört man weniger. Die Galerie im Andechshof ist auf jeden Fall ein gutes Sprungbrett und für mich ist es am schönsten, wenn die KünstlerInnen immer wieder Kontakt zu uns halten“, blickt Galerie- und Kulturamtsleiter Horst Burmann auf 20 Jahre zurück. Kultur-Stadträtin Patrizia Moser sieht vor allem einen kunstvollen Impuls für die Stadtentwicklung: „Die Stadt Innsbruck bietet mit der ‚Galerie im Andechshof ‘ seit 20 Jahren eine wichtige Plattform für junge, aufstrebende Künstlerinnen und Künstler. Wobei wir die junge heimische Kunst- und Kulturszene nicht nur mit dieser einmaligen Ausstellungsmöglichkeit unterstützen, sondern auch aktiv zur Mitgestaltung eines vielfältigen Kulturlebens in der Stadt animieren wollen. Dabei denke ich vor allem an die jährlich stattfindenden ‚stadt_potenziale‘, die mit € 70.000,unterschiedlichste Projekte von Kulturschaffenden fördert und ein wichtiger Impulsgeber ist.“

Ein Preis als Lohn und Ansporn Neben der Kunst- und Kulturinnovationsförderung der Stadt Innsbruck wird seit 2005 auch der JosefFranz-Würlinger-Preis an die „würdigste und qualitätsvollste Arbeit“ in der Galerie im Andechshof vergeben. Der oberösterreichische Kunstmäzen Würlinger ist der Tiroler Landeshauptstadt sehr zugetan und unterstützt junge KünstlerInnen. Heuer ging der mit € 3.500,- dotierte Preis an die 1976 in Innsbruck geborene Künstlerin Ina Hsu. Sie zeigte im September 2010 ihre erste Einzelausstellung unter dem Titel


Überreichung des Würlinger-Preises, Mai 2011 v. l. n. r.: Vizebürgermeister Christoph Kaufmann, Josef Franz Würlinger, Preisträgerin Ina Hsu, Kulturstadträtin Ao. Univ.-Prof.in Dr.in Patrizia Moser und Kulturamtsleiter Horst Burmann

Katharina Cibulka „Found Paradise“, in der sie realistische Porträts von Tieren und Menschen präsentierte. Eine Fachjury, bestehend aus der Kulturjournalistin Edith Schlocker, dem Kustos des Landesmuseums, Günther Dankl, und Horst Burmann wählte die Gewinnerin aus 12 Ausstellungsprojekten aus. „Der Preis ist nicht nur Lohn für die KünstlerInnen, sondern soll auch Ansporn für ihr weiteres Schaffen sein“, so der Galerieleiter. Ein weiteres Augenmerk wird auf das internationale Vermittlungsprogramm gelegt: Alljährlich bekommen KünstlerInnen aus New Orleans die Möglichkeit, im Andechshof auszustellen, wie auch umgekehrt TirolerInnen ihre Werke präsentieren können. „Seit dem Jahre 2000 hat sich dieses Austauschprogramm sehr bewährt und unsere Vision geht weiter in Richtung internationale Netzwerke“, so Horst Burmann.

Ursula Groser Aktuell ist „Loop“, eine Schau von Ursula Groser, im Andechshof zu sehen. Die Künstlerin, die 2009 in New Orleans ausstellte, zeigt heuer eine begehbare Rauminstallation aus ca. 150 Schläuchen, die durch Kabelbinder fi xiert ein zellartiges, organisch anmutendes Konstrukt bilden. Dieser „Loop“ füllt den Großteil der Galeriefläche und das Interesse gilt dem Verhältnis zwischen Individuum und Masse. Sie möchte damit gesellschaftliche Zustände einer kritischen Betrachtung unterziehen.

Im Rahmen der diesjährigen Premierentage (4./5. November) wird Katharina Cibulka das Publikum in der Galerie mit einer 20-minütigen Performance überraschen. Die Grundlage der thematischen Auseinandersetzung von Cibulkas medialen Installationen und Fotografien bilden oftmals Geschichten aus der Vergangenheit, die von der Künstlerin in einen aktuellen Kontext gestellt werden. Für diese Ausstellung wird die tragische Lebensgeschichte der Ehefrau von Tirols ehemaligem Kanzler Biener in den Fokus gerückt.

Kreative Stadtentwicklung Die räumliche, historische und strukturelle Gesamtentwicklung einer Stadt verlangt nach einer interdisziplinären, integrierten und zukunftsgerichteten Herangehensweise. Der Wandel von der Industriezur Wissensgesellschaft stellt alle Städte vor große Herausforderungen. Durch urbane Initiativen gilt es die Lebensqualität zu steigern, um für Menschen und Unternehmen als Standort und Lebensraum attraktiv zu bleiben. Impulsgeber dafür ist eine lebendige, kreative Szene. Auf das kreative Potenzial des Landes aufmerksam zu machen und Räume zu schaffen, die es möglich machen, das variantenreiche Kunstschaffen der Stadt zu präsentieren, ist ein wesentlicher Aspekt kreativer Stadtentwicklung - und die Galerie im Andechshof ein wichtiger Schritt in diesem Prozess.

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Aktuelle Ausstellung LOOP von Ursula Groser bis 23. Oktober 2011 Eröffnung & Performance im Rahmen der Premierentage: Freitag, 4. November 2011, 20 Uhr: „PEEK A CORNER“ Performance mit Katharina Cibulka, Verena Brückner, Almut Mölk, Margarete Straka und Tina Themel KATHARINA CIBULKA: „Überlebende#2: Elisabeth Biener“ vom 5. bis 27. November 2011

Ausstellung „Found Paradise“ von Ina Hsu in der Galerie im Andechshof, September 2010 (Foto: Alex Gretter)

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Foto: Christoph Mergl

Ursula Groser, Rauminstallation „Loop“, 2011


Kunst im Palais Mit der Galerie im Taxispalais investiert das Land in die kulturelle Entwicklung Tirols: Internationales Kunstschaffen wird zeitgemäß präsentiert und Menschen jeden Alters entsprechend vermittelt.

Fotos oben: Lichtkunst von Brigitte Kowanz: „Morsealphabet“, 1998/2010 (Installationsansicht), Foto: Ulrich Ghezzi „Central Idea“, 2010, Foto: Wolfgang Woessner Courtesy Häusler Contemporary, München/Zürich; Galerie Krobath, Wien/Berlin; RUZICSKA, Salzburg

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Fotos unten: VERGANGENES BEGEHREN: Ulla von Brandenburg, „8“, 2007, Sammlung Goetz, München Martin Gostner, „A Thick Aura over Dealey plaza“, 2007 Courtesy Martin Gostner und Galerie Nagel, Köln


Dr.in Beate Ermacora, Direktorin Galerie im Taxispalais

VERGANGENES BEGEHREN: Lorraine O’Grady: „Miscegenated Family Album“, 1980/1994 Courtesy Lorraine O’Grady und Alexander Gray Associates, New York

Die Galerie des Landes Tirol im Taxispalais widmet sich auf einer Ausstellungsfläche von 500 m 2 dem internationalen, zeitgenössischen Kunstschaffen. Beate Ermacora, seit mehr als zwei Jahren Direktorin der Galerie, sieht ihr Programm als „eine Mischung aus internationalen Gruppenausstellungen mit heimischer Beteiligung sowie ausgewählten Einzelausstellungen von internationalen und österreichischen KünstlerInnen zu gesellschaftlich brisanten Themen.“ Zuletzt wurde der Tiroler Bildhauer Peter Sandbichler mit der Schau „Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners“ umfassend vorgestellt. Im Rahmen der neuen Gruppenausstellung wird eine Doppeldeutigkeit hinterfragt: das für die Gesellschaft so prägende Verlangen nach kollektiven, historischen Erzählungen wie auch persönlicher, subjektiver Erinnerung:

Foto: Florian Schneider

Installationscharakter hinzu: Sie möchte die polare Spannung zwischen Materie, Licht und die daraus resultierenden Interaktionen demonstrieren. Weitere Themen ihrer raumgreifenden Installationen im Taxispalais werden Selbstevidenz, Komplementarität und Vernetzung sein. Die Galerieräume werden zum Teil zu imaginären Hallen aus Licht und Schatten. Transparente Schattierungen bilden begehbare Architekturen, Leuchtcodes werden installiert, die elementare Grundformen aus Kreis und Rechteck beinhalten und sich auf das Morsealphabet beziehen. Ein Raum wird zu einem begehbaren Spiegelkabinett, ein anderer mit rhythmischen Licht-Schatten-Projektionen bespielt. Brigitte Kowanz, der 2009 der Große Österreichische Staatspreis verliehen wurde, steht für einen wichtigen Parameter des Programms im Taxipalais: Die Darstellung aller Medien in der Kunst.

Vergangenes Begehren Die Ausstellung stellt innerhalb des Diskurses um die Konstruktion und Entstehung von Geschichte, Erinnerung und kollektivem Gedächtnis die Frage nach dem Unbewussten. Welches Verlangen verbirgt sich in den unterschiedlichen Formen von Erinnerungskultur und Geschichtsbewusstsein? Wie können die unbewussten Anteile, die in diese Bereiche einfl ießen, beleuchtet und beschrieben werden? Die Ausstellung untersucht diesen Themenkreis, indem sie eine Reihe von internationalen Positionen und Arbeiten in Zusammenhang bringt, deren Auseinandersetzung mit Geschichte und Erinnerung psychoanalytische Blickwinkel ermöglichen und nahelegen.

Brigitte Kowanz und die Lichtkunst Die nächste Einzelausstellung stellt die österreichische Künstlerin Brigitte Kowanz vor. Sie studierte an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien und lehrt dort seit 1997 Medienkunst. Kowanz wird auch „Lichtkünstlerin“ genannt, weil das Medium Licht seit den 80er Jahren im Zentrum ihres Schaffens steht. Die Lichtkunst ist heute ein eigenständiges Genre, das in den übergeordneten Kategorien von Skulptur und Installation angesiedelt ist. Zeitgenössische Lichtkünstler arbeiten vor allem mit künstlichem Licht als Lichtquelle, um es ästhetisch zur Entfaltung zu bringen. Bei Kowanz kommt der

Kunstvermittlungsprogramme Beate Ermacora möchte die Vielfältigkeit der Kunst aufzeigen: „Die Galerie ist neben Malerei, Grafik und Skulptur auch neuen Medien gegenüber offen. KünstlerInnen nähern sich neuen Medien experimentell und entwickeln sie weiter“, erklärt die Direktorin, die die Galerie im Taxispalais auch als Bildungseinrichtung versteht. Bildung bedeutet eine tiefgreifende Progression, die sich im Kollektiv entfaltet und bereits in jungen Jahren verankert werden muss. Die Galerie des Landes versucht kulturelle Bildung entsprechend zu vermitteln: In speziellen Programmen werden zu jeder Ausstellung einstündige Führungen in Englisch, Italienisch, Niederländisch sowie in Gebärdensprache angeboten. In den verschiedensten Workshops wird Kunst für Kinder auf bereitet und LehrerInnen wird in eigenen Kunstgesprächen umfassend Einblick in die pädagogischen Programme gewährt. In „Vis-àVis“ werden nach der Besichtigung der Ausstellung im Taxispalais auch die benachbarten Institutionen und Galerien besucht und in „Kunst & Kaffee“ wird neben dem Austausch zur zeitgenössischen Kunstszene auch der kulinarische Zweck bedient. Und wer nach Feierabend noch eine halbe Stunde der Kunst widmen möchte, kann an „Afterwork“-Führungen teilnehmen und sich beim anschließenden Aperitif noch kunstvoll austauschen.

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GALERIE IM TAXISPALAIS Maria-Theresien-Straße 45 6020 Innsbruck Tel.: + 43/512/5 08 31 71 Öffnungszeiten: Di. bis So. 11 – 18 Uhr Do. 11 – 20 Uhr Mo. geschlossen taxis.galerie@tirol.gv.at www.galerieimtaxispalais.at

Nächste Ausstellungen: VERGANGENES BEGEHREN mit Yael Bartana (IL), Ulla von Brandenburg (D), Chen Chieh-Jen (TW), Martin Gostner (AT), Franz Kapfer (AT), Anne-Mie Van Kerckhoven (BE), David Maljkovic (HR), Rosell Meseguer (ES), Lorraine O’Grady (US), Margaret Salmon (US) Eröffnung: Freitag, 14. Oktober 2011, 19 Uhr 15. Oktober – 4. Dezember 2011 BRIGITTE KOWANZ Eröffnung: Freitag, 16. Dezember 2011, 19 Uhr Bis 26. Februar 2012

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„Die Galerie im Taxispalais ist ein nichtkommerzieller Ausstellungsort. Wir präsentieren internationales Kunstschaffen zeitgemäß und möchten Menschen jeden Alters damit erreichen.“


Schwungvoller, heftiger Pinselstrich und kräftige, wuchtige Farben: Eine Arbeit von Hubert Scheibl Unschärfe des Bildes als experimentelle Untersuchung: Frauenporträt von Eva Schlegel Arbeit von Günter Brus im Rahmen des diesjährigen Wissenschaftsforums

Exklusive Progressionen Zwei Galerien mit einer Ausstellungsfläche von rund 800 m2 und ein Antiquitätengeschäft. Ein zeitgenössisches Repertoire, kombiniert mit österreichischen Klassikern aus Malerei, Fotografie und Skulptur. All das bietet Gottfried Schmidt in Reith i. A. und in Hall i. T. an – zum Teil auch exklusiv.

Skulptur von Gunter Damisch

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Gottfried Schmidt kann auf mehr als 30 Jahre Erfahrung im Kunsthandel verweisen. Mit seiner Haltung, „mehr Berater als Verkäufer zu sein“ und „das eigene technische und betriebswirtschaftliche Wissen mit der Kunst zu kombinieren“, erarbeitete er sich persönliches Gespür und auch geschäftlichen Erfolg. Nach dem überraschenden Tod seiner Gattin Brigitte im Jahr 2009 fördert er gemeinsam mit seiner Tochter Nina und vier MitarbeiterInnen junge und etablierte KünstlerInnen aus Österreich. Neben laufend organisierten Ausstellungen in seinen Galerien ist Gottfried Schmidt auch auf internationalen Messen vertreten, auf den „Umschlagplätzen für die Kreativen der Welt“: Alljährlich im Mai auf der Viennafair und der ART Austria. Die Galerie Schmidt präsentiert aber auch österreichisches Kunstschaffen beim bekannten Wissenschaftsforum in Alpbach, dabei standen vergangenes Jahr Arnulf Rainers „Maskeraden“ im Mittelpunkt. Eine Werkgruppe, mit der sich der Künstler – im aktuellen Ranking auf Platz 5 – seit 2004 intensiv auseinandergesetzt hatte, die aber kaum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Gottfried Schmidt hat die Rainer-Masken exklusiv im Repertoire. Für den Galeristen Schmidt ist Kunst kein Mikrokosmos, sondern ein „menschliches Kulturprodukt, über das man endlos diskutieren kann“. Seine Künstlerliste ist lang, sein Depotbestand umfangreich und repräsentativ für die zeitgenössische Kunstszene Österreichs:


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Informelle Malerei von Oswald Oberhuber

Hängung zur Ausstellung von Hermann Nitsch als Rahmenprogramm zum Europäischen Forum Alpbach 2009 Exklusiv im Repertoire: Die Masken von Arnulf Rainer

Hubert Scheibl Der 1952 in Gmunden geborene Maler war Schüler bei Max Weiler und Arnulf Rainer an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Scheibl ist ein bedeutendes Mitglied der Gruppe der „Neuen Wilden“, einer Stilrichtung der 80er Jahre, die ihren Ursprung in der italienischen Transavantgarde hat. Hauptmerkmale dieser Kunstrichtung sind großformatige Bilder mit abstrakter Formlosigkeit, schwungvollen und heftigen Pinselstrichen, kräftigen und wuchtigen Farben. In der Bibliographie Scheibls wird die „raumbeherrschende Dimension seiner Bilder“ beschrieben, als ein Inbegriff physischer Kraft: „Sie enthalten sich kompositorischer Komplexität zugunsten unverhohlener Direktheit, die das Bild manchmal aus der Wand herauszuheben scheint.“

Hermann Nitsch und Günter Brus Im aktuellen Ranking der wichtigsten KünstlerInnen Österreichs teilen sich Hermann Nitsch und Günter Brus den dritten Platz. Beide Künstler zählen zu bedeutenden radikalen Vertretern des Wiener Aktionismus und werden von der Galerie Schmidt vertreten. Als Rahmenprogramm zum Europäischen Forum Alpbach stand Nitsch im Jahre 2009 am Programm und Brus’ „Stillstandreise“ wurde heuer gezeigt.

Oswald Oberhuber Der Maler, Bildhauer und Graphiker war von 1973 bis 1998 Professor an der Akademie der bildenden Künste in Wien, zweimal leitete er die Hochschule als Rektor. Oberhuber gilt als Mitbegründer der österreichischen informellen Malerei und Plastik und formulierte bereits Mitte der 50er Jahre die Theorie der unaufhörlichen Veränderung in der Kunst. Jegliche

Stilbildung sowie einengende Reglements lehnt er zeitlebens strikt ab. Nicht zuletzt deshalb gehört der mittlerweile 80-jährige Künstler zu den vielseitigsten Persönlichkeiten in der österreichischen Kulturlandschaft.

Eva Schlegel Sie absolvierte ihr Studium bei Oswald Oberhuber und lehrte von 1997 bis 2006 als Universitätsprofessorin für Kunst und Fotografie an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Die diesjährige Kommissärin der Biennale in Venedig arbeitet seit Jahrzehnten mit der Unschärfe des Bildes als experimentelle Untersuchung unserer Wahrnehmung. Mit Materialien wie Glas und Spiegel gestaltet sie zahlreiche Installationen, wie verschwommene Textarbeiten als inszenierte Recherchen zu Sprache und Kommunikation. Aber auch die fotografischen Porträtserien von Frauen sind im Œuvre Schlegels eine Konstante: Die gespenstisch erscheinenden Traumbilder sollen das Verhältnis von körperlicher Präsenz und Absenz ausloten.

Gunter Damisch Ein weiteres Beispiel aus Gottfried Schmidts umfassender Künstlerliste ist der österreichische Maler und Skulpteur Gunter Damisch. Er hat sich als bildender Künstler seit Beginn seiner Karriere für die klassischen Medien der Malerei, Skulptur, Zeichnung und Druckgraphik entschieden. Er stellt thematisch und formal enge Beziehungen zwischen den einzelnen Disziplinen her. Die Arbeiten von Gunter Damisch aus Gottfried Schmidts Repertoire zeigen die Entwicklung von der Skizze und der kleinformatigen Studie bis hin zur autonomen Zeichnung und der dreidimensionalen Figur.

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GALERIE SCHMIDT Neudorf 40 6235 Reith im Alpbachtal Tel.: +43 (0)5337 63666 Mobil: +43 (0) 664 352 33 58 Öffnungszeiten: Mo. – Fr.: 10 – 12 und 15 – 18 Uhr Sa.: 10 – 12 Uhr und nach Vereinbarung GALERIE GOLDENER ENGL Unterer Stadtplatz 5 6060 Hall in Tirol Tel.: +43 (0)5223 56841 Öffnungszeiten: Di. - Fr.: 15 – 18.30 Uhr Sa. u. So.: 10 – 12.30 Uhr und nach Vereinbarung info@galerie-schmidt.com www.galerie-schmidt.com

Nächste Ausstellung: „Temperatursprünge“ von Markus Bacher „daMark“. Zu sehen vom 8. Oktober bis 13. November 2011 in der Galerie Goldener Engl in Hall

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Lustgewinnung – Leidvermeidung

Fotos: copyright Patrycja German VG-Bild-Kunst

Performance von Patrycja German im Rahmen der Premierentage am Freitag, 4. November, 19.00 bis 21.00 Uhr

Patrycja German: 1, 2, 3, 4 „Ich stehe in einer offenen, etwas machohaften Pose, eine Hand an der Hüfte abgestützt. Dabei modifiziere ich vier aufeinander folgende Bilder: - schwarzes Kleid, schwarze hohe Schuhe - schwarzes Kleid, schwarze hohe Schuhe, schwarze Schlafmaske - nackter Körper, schwarze hohe Schuhe, schwarze Schlafmaske - nackter Körper Dabei wechsle ich zwischen Subjekt sein, das den Betrachter ansieht, und Objekt, das den Blicken des Betrachters ausgeliefert ist und nicht zurückschauen kann. Das Ergebnis fällt unterschiedlich aus, je nachdem, ob der Körper nackt ist oder nicht.“

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Ausstellungsansicht Erwin Gross in der Galerie Bernd Kugler

Progressive Statements Die Galerie Bernd Kugler bereitet eine Haltung zu den zeitgenössischen Kreativen auf.

„Kunst ist Kultur. Kultur ist Ausdruck einer hoch entwickelten Gesellschaft, die geistigen Werten Platz einräumt … Kunst ist eine Art präzises Nachdenken über die Dinge … “ Patrycja German

tigen Künstler im Repertoire zu haben. Die proklamierte Offenheit für kreative Kunstäußerungen sieht er in sich selbst und in der Positionierung seiner Galerie gefordert. Ein wesentliches Anliegen der zeitgenössischen Kunst ist die Wahrung der Kultur der Gegenwart, die später zur Historie wird. Bernd Kugler versucht progressive Statements der verschiedensten KünstlerInnen zu präsentieren, um seinen Teil zur kulturellen Entwicklung beizutragen.

Emotionale Berührung Bernd Kugler möchte den interessierten Kunstbetrachtern näher bringen, dass zeitgenössisches Kunstschaffen die eigene Wahrnehmung schärft und Irritation, Entfremdung und auch Ablehnung durchaus dazugehören. Mit einem Appell an die eigene Offenheit richtet der Galerist seine Beratung und Begleitung der Kunden aus: „Mit den gewohnten Denk- und Gefühlswelten lässt sich zeitgenössisches Kunstschaffen oft schwer nachvollziehen. Ich versuche das kreative Potenzial, das in der modernen Kunst liegt, für jeden Einzelnen auszuloten.“ Inspiriert von Rundgängen an den Akademien suchte Bernd Kugler anfangs Positionen „nach Bauchgefühl“ aus. Die von ihm vertretenen KünstlerInnen sind mittlerweile in wichtigen Sammlungen zu finden, wie in der Tate Modern in London oder der Sammlung Ingvild Goetz in München. Das macht ihn stolz, doch erhebt er nicht den Anspruch, die einzig rich-

Patrycja German, die in Polen geborene und heute in Berlin lebende Künstlerin, steht in der Galerie Bernd Kugler mit einer Performance am 4.11. im Mittelpunkt. Die 32-Jährige war Meisterschülerin bei Ernst Caramelle, dem in Hall geborenen Künstler, der seit 1994 als Professor an der Kunstakademie in Karlsruhe tätig ist. Patrycja German wurde im Jahre 2009 mit dem HAP-Grieshaber-Preis für ihre herausragende künstlerische Leistung ausgezeichnet. In ihrer Performance ist die Künstlerin selbst Darstellerin als auch ihr eigenes Sujet und löst damit die Distanz zwischen Kunstwerk und Zuschauer auf. Mit ihrem Körper möchte sie eine innere Befragung auslösen: Worauf konzentriert man sich, wenn man einen bekleideten oder nackten Körper sieht? Was bewirkt die Augenbinde? Wagt man es, einer nackten Frau in die Augen zu blicken? Sie geht an die Grenze des emotionalen Berührtseins, indem sie das Publikum mit einer Situation konfrontiert und die Verantwortung in dessen Hände legt.

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GALERIE BERND KUGLER Burggraben 6/II (Hörtnaglpassage) 6020 Innsbruck Tel.: +43 (0) 512/ 561748 Mobil: +43 (0) 664/ 307 63 35 Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10 bis 12 Uhr und 15 bis 18 Uhr Samstag 10 bis 12.30 Uhr info@berndkugler.at www.berndkugler.at

Nächste Ausstellungen: MADELEINE BOSCHAN „kayfabe“ 16. Sept. – 15. Okt. 2011 Thilo Heinzmann 18. Nov. – 22. Dez. 2011

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KÜNSTLERLISTE GALERIE BERND KUGLER: André Butzer Holger Endres Patrycja German Erwin Gross Tobias Hantmann Thilo Heinzmann Anna Kolodziejska René Luckhardt Hans-Peter Thomas Ulrich Wulff


Oben: Arbeit zum „Reich der Mitte“ von Thomas Bayrle Unten: Simulation der Rauminstallation und carpet (Projekt „Lives and Works in Istanbul“) 2010 von Peter Kogler

Raumfüllende Progressionen Hinter rot gerahmten Fenstern in der Innsbrucker Erlerstraße offenbaren sich raumfüllende Inszenierungen progressiver Konzeptkunst. Fotos: Florian Schneider, Manuel Gorkiewicz

GALERIE JOHANN WIDAUER Erlerstraße 13 6020 Innsbruck Tel. +43 (0)512 58 38 48 Mobil: +43 (0)664 43 30 550 Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag 14 bis 18 Uhr Freitag 9 bis 13 Uhr johann.widauer@utanet.at www.widauer.at

Nächste Ausstellung: PETER KOGLER Eröffnung: Freitag, 4. November, 19 Uhr

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Der deutsche Maler und Graphiker Thomas Bayrle ließ Mao Tse-tung durch einen Scheibenwischer blicken und nutzte das „verwischte“ Konterfei des Diktators als Projektionsfl äche für die fernöstliche Massenkultur und die ideologischen Unterschiede kapitalistischer und kommunistischer Elemente. Dieser Auszug aus Thomas Bayrles Konzeptkunst zum Reich der Mitte war zuletzt in der Galerie Widauer zu sehen. Ab 4. November werden die Galerieräume mit einer Inszenierung von Peter Kogler ausgekleidet. Der in Innsbruck geborene und heute in Wien lebende Künstler gehört zu den wichtigsten Multimediakünstlern Europas. Seine repetitiven Mustersysteme, Gehirnstrukturen und vielfältig reproduzierten Ameisen hüllen ganze Gebäudeteile ein. Die anfangs nur flächigen Arbeiten erweiterte Kogler ab 1999 mit Bildern, Videos und Diaprojektionen, die am Computer bearbeitet wurden. Seither gestaltet er illusionistische, begehbare Raumlabyrinthe mittels Animationen und Projektionen. Decken, Wände und Böden werden ausgekleidet und zumeist mit Klangelementen unterlegt, um unserer digitalisierten Welt ein Synonym zu geben. Bisweilen wird der Betrachter in Peter Koglers Raumlabyrinthen auch mit der Erfahrung von Desorientierung konfrontiert.

Premiere der Raumlabyrinthe Die documenta IX im Jahre 1992 widmete sich wie keine andere Ausstellungsreihe zuvor der Medienund Erlebnisgesellschaft und der populären Wahrnehmung von Kunst. Peter Kogler ließ damals den gesamten ersten Raum des Museums Fridericianum von überdimensionalen, schwarz-weißen Ameisen überkrabbeln und erregte damit großes Aufsehen. Für die documenta 10 im Jahre 1997 verwendete er als Motiv ein Röhrensystem, mit dem er Wand- und Deckenflächen der documenta-Halle labyrinthisch überzog. Seither spannt er seine raumfüllenden Progressionen in ganz Europa. Aktuell in einer aufgelassenen Munitionsfabrik in Istanbul, die heute als Museum für zeitgenössische Kunst genutzt wird. Peter Kogler spannt einen enormen roten Teppich am Boden, auf dem in der Mitte ein überdimensionales Gehirn prangt. Um an die Folgen von Krieg und Zerstörung zu erinnern, um an die menschlichen Befindlichkeiten – inmitten von Korruption und ethnischen Konfl ikten – zu denken und zu mahnen. Für die Rauminstallation in der Galerie Widauer werden die Wände mit komplexen Liniensystemen in graphischem Rot und in Schwarz-Weiß ausgekleidet, welche die Architektur des Raumes in Frage stellen, um die BetrachterInnen ganz unmittelbar die Irritation und Labilität von Perspektiven erfahren zu lassen.

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Figura Die Geschichte der Skulptur in Tirol, Südtirol und dem Trentino nach 1945 wird im Südtiroler Franzensfeste – am Eingang des Pustertales – nachgestellt. Mit 31 BildhauerInnen, die eine Anthologie figurativer Skulpturen aus nahezu 70 Jahren entstehen lassen. Kuratoren: Peter Weiermair und Carl Kraus

Die Ausstellung „Figura“ auf der Festung Franzensfeste ist bis 21. Oktober 2011 zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr www.franzensfeste-fortezza.it

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Die Kunst des Miteinanders Das Team der Galerie Nothburga hat sich dem Konzept des kunstvollen Zusammenführens verschrieben.

Das Galerieteam: vordere Reihe (von links): Inge von Reusner, Mag. Elisabeth Melkonyan-Mayr, Mag. Anna Maria Achatz, hintere Reihe (von links): Gabriela Nepo-Stieldorf, Mag. Romana Trägner-Giffinger, Dr. Sibylle Saßmann-Hörmann, Johanna Bair-Hauser

Seit 1979 leistet die Galerie Nothburga einen wichtigen Beitrag in der kulturellen Landschaft Tirols. Geleitet wird die Galerie von sieben Damen, die ihren Erfolg im menschlichen und wertschätzenden Miteinander entdeckt haben, von dem auch die präsentierte Kunst lebt. In den Ausstellungen der Galerie Nothburga werden zumeist Werke von zwei unterschiedlichen, noch wenig bekannten KünstlerInnen gezeigt, die im Dialog ein neues Œuvre entstehen lassen. Die Objekte von Carlo Maglitto und die Malerei von Benno Meliss sind die aktuellen Beispiele des kunstvollen Zusammenführens: Der 1940 geborene Künstler Maglitto aus Italien widmet sich in seinen Objekten dem Thema der Einsamkeit und stellt meditative Situationen dar, die im Kontrast zum Rhythmus einer frenetischen Welt stehen. Der 1956 in Innsbruck geborene Künstler Meliss lässt Grafisches und Surreales in Wechselwirkung treten, indem er in EitemperaHarzöl-Mischtechnik surreale Zusammenhänge auf Faserplatten oder textile Bildträger bannt. Die Ausstellung der beiden Künstler ist noch bis 15. Oktober 2011 zu sehen.

Let it grow!

Nächste Ausstellungen: REINER SCHIESTL: „LITHOGRAPHIEN, EXPERIMENTE UND RESULTATE“ Vernissage am Dienstag, 25. Oktober. Zu sehen bis 19. November 2011 „AUTHENTISCH FREMD“ – MIXED MEDIA Vernissage am Dienstag, 29. November. Zu sehen bis 23. Dezember 2011

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GALERIE NOTHBURGA Innrain 41 A-6020 Innsbruck Tel. +43(0)512 563761 Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 16 bis 19 Uhr, Samstag 10 bis 12.30 Uhr info@galerienothburga.at www.galerienothburga.at

Das kunstvolle Zusammenführen der Galerie Nothburga ist möglich, weil ein aktiver Freundeskreis unterstützend tätig ist. Als Wertschätzung der jahrelangen Treue startete das Team eine Ausschreibung: Alle kreativ tätigen Freunde wurden aufgerufen, ihre Werke einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. „Wir waren glücklich über das positive Echo, das uns wiederum gezeigt hat, dass Kreativität in guten und schlechten Zeiten eine Quelle der Freude ist, die über materiellen Werten steht“, erzählt Sibylle SaßmannHörmann, die als Vorsitzende auch für die Öffentlichkeitsarbeit in der Galerie Nothburga zuständig ist. In der abwechslungsreichen Schau des Freundeskreises waren Zyklen und Serien in verschiedensten Materialien zu sehen, wie auch breit gewählte Motive. Monochrome und farbintensive Werke waren ebenso vertreten wie Tonskulpturen und visuell verarbeitete


Gedichte, die das Gemüt erheiterten. „Let it grow“ war nicht nur Titel, sondern auch Programm der Kreativwoche, die das Team motivierte, „den Dialog mit KünstlerInnen und Kunstinteressierten mit unbegrenztem Enthusiasmus weiterzuführen.“ In den schönen Räumlichkeiten, die sich im ehemaligen Ansitz „Albersheim“ aus dem 16. Jahrhundert am Innrain befinden, wird kreativen Freunden und noch weniger bekannten KünstlerInnen Aufmerksamkeit geschenkt. Aber auch etablierten KünstlerInnen aus Tirol, die das kulturelle Geschehen des Landes maßgeblich beeinflusst haben, Aug’ und Ohr geöff net: Der 1939 in Kufstein geborene Reiner Schiestl, der in Innsbruck und auch im spanischen Medinaceli lebt und arbeitet, experimentiert seit einigen Jahren mit der künstlerischen Lithographie – dem Steindruck. Seine Versuche und Experimente, aber auch seine Resultate feiern in der Nothburga Premiere. Das Leitbild der Galerie – kunstvolles Zusammenführen und menschliches Miteinander – führt auch zur Auseinandersetzung mit sozialen Anliegen. Vom 29. November bis 23. Dezember 2011 steht das Thema der Migration im Mittelpunkt. KünstlerInnen der verschiedensten Kulturen, in Österreich lebend, kehren zu ihren Wurzeln zurück und halten dabei Dialog mit den Einheimischen. Ihre bewusste visualisierte Suche nach Identität zeigt sich in der Ausstellung „Authentisch fremd.“ Eine Mixed-Media-Schau, die eine globale Frage zum Inhalt hat: Die Vielfältigkeit, die Integration bieten kann, wenn man sie zulässt. Ein abschließendes kunstvolles Zusammenführen sei an dieser Stelle noch erwähnt: In erster Linie der Bildenden Kunst verpfl ichtet, lädt das Galerieteam Nothburga auch Literaten und Musiker zu Vorträgen und Performances ein, um Rahmenprogramme zu gestalten. Die Kunst des Miteinanders, das die verschiedensten Genres integriert und als wertvolle Progression gelebt wird, hat im Haus am Innrain mehrfache Berechtigung.

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In der Galerie Nothburga vereint: Die Objekte von Carlo Maglitto (oben) und die Malerei von Benno Meliss (unten)


Einblicke in die Sammlung einer Landesbank Kunst und Wirtschaft – auf den ersten Blick scheinbare Widersprüche, sind sie dennoch vom Anliegen bestimmt, die menschliche Umgebung zu gestalten. Die Raiffeisen-Landesbank Tirol nimmt sich seit Jahrzehnten der kulturellen Gestaltung unserer Region an, um deren Vielfalt zu erhalten und zu fördern. Mit der Galerie Kunstbrücke und dem Kunstpreis will die Raiffeisen-Landesbank das wandlungsfähige System aus Kunst und Wirtschaft beleuchten sowie zur Diskussion und Auseinandersetzung einladen. Über die Jahrzehnte ist auch eine RLB-Kunstsammlung aus 1400 Arbeiten angewachsen, in die hier Einblick gewährt wird.

RLB KUNSTBRÜCKE Künstlerische Leitung: Mag.a Silvia Höller Adamgasse 1–7 6020 Innsbruck Tel. 0512/5305-13566 info@rlb-kunstbruecke.at www.rlb-kunstbruecke.at Öffnungszeiten: Mo. – Do. 8:00 – 16:00 Uhr Fr. 8:00 – 15:00 Uhr

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Kunst ist ein Spiegel der Zeit – sie schaff t Identität und vermittelt zwischen Vergangenheit und Zukunft. „Das Sammeln von Kunst ist ein kapillares Netz der Gegenwartskultur“, schreibt die künstlerische Leiterin der RLB Kunstbrücke, Silvia Höller, die eine Publikation zur Sammlung der Raiffeisen-Landesbank herausgegeben hat. Gemeinsam mit Dr. Christoph Bertsch vom Institut für Kunstgeschichte der Universität Innsbruck und Dr. Gerald Matt, dem Direktor der Kunsthalle Wien, formiert sich eine Jury, die für das Profi l und die Auswahl der Sammlung verantwortlich zeichnet. Da das Unternehmen regional ausgerichtet ist, beschränkte man sich auf KünstlerInnen mit biographischem Zusammenhang zu Tirol von den 50er Jahren bis heute. Wie bei vielen Unternehmenssammlungen handelt es sich vorwiegend um Tafelbilder und Grafi ken, rangiert hohe Qualität und Mittelmaß Seite an Seite. Wenige Nicht-Tiroler Positionen wie Siegfried Anzinger, Erwin Bohatsch, Hans Staudacher oder Franz West wurden von der Sammlung ausgegliedert, sind aber noch im Besitz der Landesbank. Durch die Revision der Jury wurden auch Lücken erkennbar: So fehlten zum Beispiel Raimund Abraham, Heinz Gappmayr und Walter

Pichler. Zentrale Positionen, deren Rezeption weit über Tirol hinaus Bedeutung findet. In der Zwischenzeit wurden Arbeiten dieser Künstler erworben. „Die Aufgabe wird künftig sein, sich verstärkt der mittleren und jüngeren Generation zu widmen, wobei in keiner Weise der Anspruch einer vollständigen Dokumentation der Kunstlandschaft besteht“, erklärt Silvia Höller. Die Raiffeisen-Landesbank möchte die regionale Kunstszene beständig fördern, das bedingt einen weiteren Ausbau der Sammlung. Der Kernbestand der Sammlung konzentriert sich auf das Kunstschaffen in Tirol, von den 50er Jahren bis in die Gegenwart. Als Beispiele können Norbert Drexel, Wilfried Kirschl, Peter Prandstetter und August Stimpfl genannt werden. Der Kunstbegriff der 60er und 70er Jahre wird von der Aufsplitterung in unterschiedlichste Ideen und Praktiken definiert. Das Einbinden von Alltagsmaterialien und das Experimentieren mit Neuen Medien und Performance sind nur einige der neuen Ausdrucksformen dieser Zeit: Mit Anton Christian und Lois Weinberger finden sich Vertreter in der Sammlung, die biologische Verwesungsprozesse mit Alltäglichem und Archaischem verbinden sowie Unkraut im Spannungsfeld von Na-


Bild Mitte: Aus dem Kernbestand der Sammlung: „Mykonos, 1967“ Öl auf Leinwand vom Maler und Kulturpublizisten Wilfried Kirschl (1930 Wörgl – 2010 Innsbruck) Bild rechts: Beispiel der jungen, pluralistischen Kunstäußerung in der Sammlung der RLB: „manchmal denken menschen anders“ Gesso, Acryl auf Leinwand vom 1969 in Innsbruck geborenen und lebenden Künstler Christoph Hinterhuber (© Sammlung RaiffeisenLandesbank Tirol)

tur- und Zivilisationsraum untersuchen. In den letzten Jahrzehnten wurde die Kunstszene formal wie inhaltlich pluralistischer denn je: Digitalisierung, Globalisierung und Transmentalität sind beispielsweise für Peter Kogler, Hans Weigand und Christoph Hinterhuber zu wichtigen Schlagworten avanciert, die sie in komplexen Arbeiten reflektieren und deren Beispiele ebenfalls in der Sammlung der RLB zu finden sind. Für die Publikation „Begegnungen.Dialoge.Einblicke“ wurde eine Auswahl aus 40 KünstlerInnen der Sammlung getroffen, die von unterschiedlichen AutorInnen näher vorgestellt werden. „Der Band ist als vorläufiger Zwischenbericht zu sehen“, so Silvia Höller, die damit einen Auszug aus dem vielgestaltigen Kunstschaffen Tirols bietet.

Kunstpreis Im Jahr 2004 hat die Raiffeisen-Landesbank Tirol den mit einer Gesamtsumme von € 18.000,- dotierten Preis für bildende Kunst ins Leben gerufen. Alle zwei Jahre werden zwei Förderpreise zu jeweils € 4.000,und ein Hauptpreis zu € 10.000,- vergeben. Die Ausschreibung richtet sich an KünstlerInnen, die in Tirol geboren sind oder zumindest seit fünf Jahren ihren ordentlichen Wohnsitz in Tirol haben und nicht älter als 40 Jahre sind. Zugelassen sind jeweils Arbeiten aus den Bereichen Malerei, Grafi k, Fotografie, Skulptur und Objektkunst sowie Neue Medien. Die Preisträger können jeweils im Jahr darauf ihre Arbeiten im Tiroler Landesmuseum präsentieren. 2010 wurde

Die künstlerische Leiterin der RLB Kunstbrücke Mag.a Silvia Höller (Foto: Florian Schneider)

die 1971 in Hall geborene Medienkünstlerin Annja Krautgasser für ihre Arbeit „Le Madison“ mit dem Hauptpreis ausgezeichnet. Ihre Einzelausstellung ist bis 30. Oktober 2011 im Ferdinandeum zu sehen.

Kunstbrücke Mit der Wiedereröff nung des 1998 umgebauten Hauptsitzes der Raiffeisen-Landesbank in der Innsbrucker Adamgasse wurde die Schalterhalle um die neu geschaffene Galerie RLB Kunstbrücke bereichert. In drei Ausstellungen pro Jahr wird Tiroler Kunstschaffen aus der Nachkriegszeit bis hin zu jüngeren, zeitgenössischen Tendenzen gezeigt. Der Blick auf die regionale Kunst wird mit international renommierten Positionen sowie einer jährlichen Themenausstellung durchsetzt. Zu jeder Ausstellung erscheint ein kostenloser Katalog.

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Nächste Ausstellung: MYTHOS BERG Eröffnung am Montag, 14. November 2011

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Bild links: Inzwischen in der Sammlung präsent: „Metropolitan Core, 1963“ Collage, Tusche auf Papier vom Avantgardisten Raimund Abraham (1933 Lienz – 2010 Los Angeles)


FLOWERS der Blumen in ischen ss ö en g it ze e fi ra g Foto mber 2011 bis 5. Nove

Vera Mercer, o.T. , Omaha, 2008

Martin Klimas, o.T (Papaver II), 2009 Courtesy Galerie COSAR, Düsseldorf

Das junge, progressive Medium Fotografie „Fotografie ist eine ungebundene Form des Sehens, für KünsterInnen ist sie das Medium, die Wirklichkeit zu zeigen, wie wir sie noch nie gesehen haben. Und es gibt faszinierend viele Arten der Fotografie.“ Dr.in Barbara Psenner

Wohl eines der vielfältigsten Medien: Wird die Mode-, Werbe- oder Pressefotografie vielfach mit kommerziellen Attributen verbunden, entstand bereits Mitte des 19. Jahrhunderts das Genre der Kunstfotografie. Damals bemühte man sich die Malerei mit der Kamera zu imitieren, indem Bilder unschärfer gemacht oder Menschen in gemalter Umgebung abgebildet wurden. Heute wird die künstlerische Fotografie in zahlreiche Stilrichtungen und Genres aufgegliedert, um aufklärerisch, sozialkritisch, ideologisch oder politisch zu wirken. Aufgrund der technischen Errungenschaften in der digitalen Fotografie und der Computertechnologie sind dem Fotokünstler heute keine Grenzen mehr gesetzt.

5 Jahre im Zeichen internationaler zeitgenössischer Fotokunst Foto: Florian Schneider

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„Fotografien bilden nicht immer die Wahrheit ab. Sie


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Paolo Pellegrin/Contrasto links: „Kosovo 1999“ rechts: „Libanon 2008“

„Alles kann durch das Licht verändert, deformiert oder eliminiert werden. Es ist genauso geschmeidig wie der Pinsel.“ Man Ray (1890 – 1976) Der amerikanische Fotograf, Maler und Objektkünstler gilt als wichtiger Impulsgeber für die moderne Fotografie.

sind Interpretationen des Moments“, erklärt Barbara Psenner, die dem FO.KU.S seit 5 Jahren als künstlerische Leiterin vorsteht. Die ehemalige Organisatorin des Innsbrucker Fotoforums und ausgebildete Museumspädagogin erarbeitete sich ein großes Wissen zur Fotografie. In den vergangenen Jahren bot sie ein umfangreiches Programm auf hohem Niveau: „Wir zeigen viele Personalen von anerkannten zeitgenössischen Fotografen, aber auch Themenausstellungen in Kooperation mit international renommierten Institutionen.“

Flower Power Das Motiv der Blume steht in der aktuellen Übersichtsausstellung im Mittelpunkt. Kein Lebewesen fi ndet in der Symbolik häufiger Verwendung als die Blume. Bereits in den Pionierjahren der Fotografie wurden Blumen abgebildet - zwischen Systematik und Erotik, Naturkontext und Materialstudie. Auch in der zeitgenössischen Fotokunst sind Blumen das perfekte Symbol für Schönheit, Vergänglichkeit, Liebe und Tod. Durch die technischen Progressionen der analogen als auch der digitalen Fotografie können heute Blumenvasen zerschossen und der Moment der Zerstörung exakt dokumentiert werden. Die Fotokünstler stellen das zarte Motiv auch experimentell dar: Blüten werden übermalt, Blütenstängel und Staubblätter als sexuelle Anspielungen verwendet, im Prozess des Verblühens beobachtet und als überbordende Stillleben inszeniert. Kurator der Ausstellung ist Matthias Harder (Newton Foundation Berlin), der den Bildband „Flower Power“ herausgegeben hat. Er bezeichnet die Blume als „zarte Wucht“ und die opulente Vielfalt der bildhaften Inszenierungen besticht durch „Narzissmus und Verletzlichkeit, mit Üppigkeit und Reduktion, mit Millisekunden und einigen Tagen Belichtungszeit. Sie führt uns vor Augen, was wir zu sehen und zu schätzen verlernt haben: Das Naturschöne und seine bildmächtigen Darstellungen.“

Tage des Zorn Die Personale zu Paolo Pellegrin, dem außergewöhnlichen Fotografen aus Rom, wird ab 17. November gezeigt. Er gilt als Zeitzeuge wichtiger Ereignisse der Geschichte und wurde mit zahlreichen Preisen und internationalen Anerkennungen bedacht. Der 44-Jährige verkörpert eine neue Generation von Fotojournalisten, die die Methoden der neuen fotografischen Produktionsmittel und der Verbreitung aktueller Bilder beherrschen. Seine Sichtwiese auf die dokumentierten Ereignisse lässt aber den ethischen, humanistischen Aspekt niemals aus den Augen. Katastrophen, Hungersnöte, Kriege, das Erdbeben in Haiti, der Hurrikan Katrina, der endlose Nahostkonfl ikt um Palästina – Pellegrins Bilder senden grausame Botschaften aus. Wenn TV-Stationen ihre Antennen längst eingefahren haben, bleibt der Fotograf vor Ort: „Meine Rolle, meine Verantwortung ist es, ein Archiv unseres kollektiven Gedächtnisses zu schaffen“, erklärt er. Paolo Pellegrin hat eine neue dokumentarisch-journalistische Bildsprache geschaffen – die des 21. Jahrhunderts. Nächste Ausstellung:

Fotokunst in der Bank Die Bank für Tirol und Vorarlberg AG hat sich seit jeher der Förderung von Kunst verschrieben. Seit der Eröffnung der neuen Zentrale der BTV – das vom Architekten Heinz Tesar entworfene Stadtforum – integriert die Vier-Länder-Bank seit nunmehr 5 Jahren eine Konzerthalle, ein Restaurant und die hauseigene Galerie. Mit der kuratierten Bespielung von FO.KU.S wird „ein Imagebild der Bank transportiert, das im jungen, progressiven Medium Fotografie einen Ausdruck findet“, so Barbara Psenner. Durch die kostenlosen persönlichen Führungen der Kuratorin werden die Ausstellungen für alle Altersstufen entsprechend aufbereitet: „Fotografie ist eine ungebundene Form des Sehens, für KünsterInnen ist sie das Medium, die Wirklichkeit zu zeigen, wie wir sie noch nie gesehen haben. Und es gibt faszinierend viele Arten der Fotografie.“

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PAOLO PELLEGRIN „Dies Irae – Tage des Zorns“ Eröffnung: Mittwoch, 16. November 2011, 19 Uhr Zu sehen bis 15. Jänner 2012

FO.KU.S Foto Kunst Stadtforum 6020 Innsbruck Tel. +43/(0)505 333-1409 Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 11–18 Uhr Samstag 11–15 Uhr Sonn- und Feiertage geschlossen info@btv-fokus.at www.btv-fokus.at

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Linkes Bild: Der BARCELONA HOCKER aus dem Jahre 1929 gehört zu den bekanntesten Bauhaus-Klassikern. Rechtes Bild: PAIMO-Armlehnsessel von Alvar Aalto; ULMER HOCKER – einfach, robust, praktisch zeitlos: Design von Max Bill aus den 50er Jahren

Ein Investment

in die Zeitgeschichte Sie lieben nicht nur moderne Kunst an Ihren Wänden, sondern auch schönes Interior in Ihrer Wohnung? Sie möchten ein Kunstobjekt also nicht nur ansehen, sondern auch „besitzen“? Dann zählen Sie zu den Trendsettern und sind ein Investor. Wenngleich auch am Designmarkt keine Sicherheiten geboten werden können, investiert man mit Möbeldesign in ein Stück Zeitgeschichte. Kunst und Design sind schon längst kompatibel: Die farblich abgestimmte Kaffeemaschine für die Designerküche und die dekorative Vase am Sideboard – alles sollte zusammenpassen. Dass an der Wand ein Kunstwerk hängt – am besten von einer/m KünstlerIn mit bekanntem Namen und dem entsprechenden Duktus – ist da nur logisch. Längst sind alle Bereiche des Alltags durchgestylt. Kunst und Design ist nicht mehr nur einer privilegierten Schicht vorbehalten, sondern steht für eine lifestyleorientierte und markenbewusste Gesellschaft. „Angewandte Kunst, Design und ein Kunstwerk sind oftmals eins und als Genres nicht mehr voneinander zu trennen“, erklärt Clemens Rhomberg. Er betreibt in der Innsbrucker Templstraße eine Galerie und das angeschlossene Einrichtungshaus Kranebitter. Für ihn steht Möbeldesign repräsentativ für die jüngere Geschichte und für ein kulturelles Erbe, das denselben Nachhaltigkeitsgedanken wie Kunst verfolgt: „Wer sich mit Design einrichtet, wird dies niemals wegwerfen. Im Gegenteil, gutes Design ist wertstabil.“ Ein Beispiel ist der „Ulmer Hocker“ aus dem Jahre 1954. Das einfache, robuste Möbel wurde vom Schweizer Architekten, Künstler und Designer Max Bill entwickelt und ist Sitz, Beistelltisch, Rednerpult, Regal, Tablett und Tragehilfe in einem. Das Original entspricht formal dem traditionellen Tapezierhocker aus unlackiertem Fichtenholz. Im Katalog eines Münchener Auktionshauses wurde das unscheinbare Möbel als gebrauchtes Original der 50er Jahre um € 2800,- an-

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gepriesen und fand einen Käufer, dem es ein Vielfaches davon wert war. Die wertvollsten Möbelstücke sind nicht etwa Antiquitäten, teilweise sind französische Möbel aus dem 18. Jahrhundert günstiger zu erwerben als die Schlüsselwerke zeitgenössischer Designer. Prominente Sammler wie der Modeschöpfer Yves Saint Laurent und der Pop-Art-Künstler Andy Warhol lösten in den 80er Jahren einen Boom aus, der die Preise für angewandte, aktuelle Möbelkunst in die Höhe schnellen ließ. Clemens Rhomberg empfiehlt bei Auktionspreisen aber Vorsicht walten zu lassen: „Es ist immer ein Unterschied, ob Designer Werke mit Auflagen kreieren, – dann ist die Auflagenhöhe entscheidend –, ob es sich um ein benutztes Sammlerstück aus frühen Jahren handelt oder eben einfach eine Serie ist, aus der das neu geschaffene Produkt im Möbelgeschäft angeboten wird.“ Ein Beispiel dazu ist Ludwig Mies van der Rohes „Barcelona Hocker“. Der Bauhaus-Klassiker aus dem Jahre 1929 ist allgegenwärtig und es gibt zu viele Kopien davon, dass ein Original auf Auktionen noch hohe Preise erzielen würde. Dies schmälert aber die historische, kunstvolle Bedeutung dieses Möbels nicht. „Es ist und bleibt ein Klassiker, den man auch in Jahrzehnten noch gerne benutzen und anschauen wird“, so Clemens Rhomberg. Demnach ist die Investition in Möbelkunst eine sinnvolle, wenn die Begehrlichkeit da ist, wenn der Sinn nach eigenem ästhetischen Empfinden gegeben und wenn für den Käufer die Philosophie dahinter stimmig ist.


„Collecting Design“ Eine exakte Prognose, ob ein Möbelstück aus Designerhand mit der Zeit an Wert gewinnen wird, kann nicht erstellt werden. Die Zukunft wird zeigen, welche Namen und Arbeiten wirklich ihre Zeit überdauern. Das Buch „Collecting Design“ präsentiert ein Angebot an Möglichkeiten, Meinungen und umfassende Informationen über den Markt, als Ansatz für die eigene Erkundung dieses faszinierenden Gebiets. Autor Adam Lindeman versucht mit seinen Recherchen die Fragen zu beantworten, ob limitierte Editionen ihren Wert behalten werden oder nur Produkte eines überhitzten Hypes sind. Oder ob das historische Design des 20. Jahrhunderts weiter im Wert steigen wird oder die Designwelt das Ende eines Kunstmarktes ist, der seine Magie verloren hat? Die Experten im Buch „Collecting Design“ unterweisen, beraten und zeigen auf, in welche Richtung es gehen kann.

Kunst mit Aussage und Nutzen 248 Sessel „laleggera“ bilden sechs verschiedene Meere, als Symbol für die Integration verschiedener Kulturen. Der italienische Maler, Aktions- und Objektkünstler Michelangelo Pistoletto erzählt in seinem Werk „mezzoterra mezzomare i mediterranei – sedie love difference“ eine Geschichte über das Meer und vereinigt Kunst, Design und den alltäglichen Gebrauchsgegenstand zu einem Gesamtwerk. Jeder Sessel ist ein handbemaltes Einzelstück, mit der Signatur

von Pistoletto an der Unterseite. Auch der österreichische Künstler Peter Kogler ist ein Beispiel für Aussagekraft und Benutzbarkeit: Seine prägenden Bildcodes – wie Ameisen und Röhren – stehen für unsere zunehmend von Datenströmen und elektronischen Wegen bestimmte Welt. Diese Visualisierungen bannt er auch auf Schalen, die sich zum Auf bewahren von Obst eignen und auf Tischen benutzbare Kunstwerke darstellen. Das moderne, angewandte Design findet noch nicht dieselbe Anerkennung, wie es die Kunst durch die seriöse Kunstgeschichte findet. Dennoch ist das Sammeln von Möbeldesign der letzten hundert Jahre heute mehr als nur Hobby einiger Freaks. Seit 2005 präsentieren Galeristen auf der Design Miami in Florida erstmals Werke zeitgenössischer Designer wie Donald Judd oder Ron Arad gleichberechtigt neben moderner Kunst. So etablierte sich neben dem Kunstmarkt auch einer für modernes Design. Wie bei der Investition in Gemälde und Skulpturen soll auch in der angewandten Designkunst nicht das finanzielle Interesse im Vordergrund stehen, sondern „das Investment in die Zeitgeschichte“, so der Innsbrucker Galerist und Fachmann für Möbeldesign, Clemens Rhomberg. Möbel sollen uns fesseln, weil sie ein Lebensgefühl dreidimensional begreif bar machen, wir sie angreifen und „besitzen“ können und weil wir Bewährtes schätzen. Diese Argumente haben Designermöbel über Jahrzehnte zu Klassikern werden lassen. So hängen wir uns Kunstwerke in die Wohnung, deren Betrachtung uns bereichert, deren Philosophie wir nachvollziehen können und die uns persönlich weiterbringen. Wie wir auch mit Möbeln leben wollen, deren beständige, praktische Nutzbarkeit sowie ästhetische Werte ein wichtiger Bestandteil unseres Lebensstils sind, der sich jenseits von Tagestrends gestaltet.

Galerist und Möbelfachmann Clemens Rhomberg mit einem Metallsessel von Ron Arad. Der britische Architekt und Industriedesigner kreierte diesen Sessel, der Potenzial zum Klassiker hat

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Kunstwerke mit Aussage und Nutzen: Stühle als Geschichte über Meer, Kunst und Design von Michelangelo Pistoletto und Schalen von Peter Kogler


Embleme von Greg Bogin aus der Colorland-Periode

Plattform für Kunst in der Designwelt Die Galerie Rhomberg ist die künstlerische Plattform zur Verbindung mit Möbeldesign bei Kranebitter. Die gezeigten Arbeiten finden sich oftmals auch in den Schauräumen des Geschäftes wieder. Aber auch isoliert funktioniert die Galerie als eine Plattform für Kunst: Aktuell werden Fotografien von Paul Albert Leitner gezeigt. Der 1957 in Jenbach geborene Fotograf zeigt in der Galerie Rhomberg Farbfotografien aus den letzten Jahren. Seine Motive entstanden auf Reisen und Wanderungen durch die Peripherie vieler Städte, in denen er brutale, aber auch melancholisch verlorene Situationen vorfand. Er dokumentiert das Gesehene nüchtern und kühl. „Ich bin stark von einer amerikanisch-dokumentarischen Sichtweise beeinflusst worden und davon fasziniert. Orte in einer menschenleeren Zone strahlen eine starke Magie aus. So entstehen neue, sonderbare Geschichten“, so Paul Albert Leitner über seine Fotoarbeiten.

PAUL ALBERT LEITNER bis 22. Oktober 2011

Nächste Ausstellung: GREG BOGIN Eröffnung: Freitag, 4. November, 19 Uhr

GALERIE RHOMBERG Templstraße 2–4 6020 Innsbruck Tel.: +43 512 588080-0 Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9.30 – 18.00 Uhr Samstag 9.30 – 12.30 Uhr rhomberg@galerie-rhomberg.at www.galerie-rhomberg.at

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Fotografien von Paul Albert Leitner sind berührende Zeugnisse für die Kostbarkeit des flüchtigen Augenblicks und die Einzigartigkeit von Konstellationen

Der Fotograf findet immer das Licht der Dämmerung und der Nacht Den Fotografen interessieren Dämmerung und Nacht, Sonnenauf- und -untergang: Faszinierende Settings, die er in das richtige Licht rückt, das in der Nacht „schmutzig, fahl und zerrissen“ sein darf. Tagsüber aber ist Paul Albert Leitner ein „Schönwetterfotograf “, der Sonnenlicht bevorzugt. Seine Fotoarbeiten sind direkt und schnörkellos und drehen sich stets um das Reisen, aber nicht im dokumentarischen Sinne. Vielmehr sind sie eine Metapher für ein permanentes Unterwegsseins, das keinen Stillstand beinhält. Fast immer sind es Szenen in den Städten Europas, der USA oder Lateinamerikas, die Paul Albert Leitner fotografiert hat. Alltägliche Situationen und Momente – keine Inszenierungen. Jedes Bild ist mit einer präzisen Bildlegende verknüpft, damit sie auch gelesen werden können, um persönliche autobiographische oder ganze Weltgeschichten zur Entfaltung zu bringen. Paul Albert Leitner ist ein Reisender durch die Welt und durch die Zeit, die er mit analoger Technik festhält.

Embleme, Logos und Buchstabenformen Im Rahmen der Premierentage wird die neue Ausstellung von Greg Bogin in der Galerie Rhomberg eröffnet. Der Künstler, einst Schüler von Julian Schnabel, erfand ein Alphabet von Symbolen, die endlos reorganisiert werden können und die der Künstler an sich anpasst: „Ich möchte eine einfache Lösung für die Fortsetzung der Themen meiner bisherigen Arbeiten entwickeln, mir selbst mehr Flexibilität ermöglichen, um die Bilder zu ändern und gleichzeitig eine wiederholende Struktur beizubehalten“, erklärt der Künstler. Er arbeitet seine Affinität für Haushaltsgeräte, Formalismen und Farbe heraus, die sich aus der Notwendigkeit ableitet, Objekte im täglichen Leben zu organisieren. Genau wie die Designer der Bauhaus-Zeit, deren Mobiliar maschinell hergestellt aussehen sollte, in Wahrheit aber von Hand gebaut wurde, will Bogin den Eindruck einer Industrie- und Massenproduktion erwecken.

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Werbung anno 1930 – Plakat aus der graphischen Sammlung des Landesmuseums

Die Suche nach Identität Die Sonderausstellung „Ladinia“ im Tiroler Volkskunstmuseum legt eine Spur zum ladinischen Selbstverständnis.

Das Tiroler Volkskunstmuseum besteht seit 1929 und nach den umfangreichen Umbauten in den Jahren 2008/2009 präsentiert es sich in einem neuen Gewand. Seither führt Luzifer durch die Hallen, die Sammlungsstücke aus dem alten Land Tirol mit dem heutigen Trentino sowie den ladinischen Tälern rund um die Dolomiten beherbergen und aus verschiedenen sozialen Schichten stammen: dem Bauernstand, dem Bürgertum und dem Adel. Schwerpunkte sind Kunsthandwerk und Kunstgewerbe, Hausindustrie, Volksfrömmigkeit, Masken und Trachten. Luzifer wird im heutigen Sprachgebrauch oftmals mit dem Namen des Teufels in Verbindung gebracht. Luzifer ist aber auch Namensgeber des Morgensterns und bedeutet „Lichtträger“. Luzifer leuchtet durch das „neue“ Volkskunstmuseum und ist zugleich Verführer. Er ist der Provokateur, das Enfant terrible in der schönen, wohlgeordneten Museumswelt. Er hinterfragt, zweifelt und untergräbt: Was ist Kunst? Was ist Handwerk? Was ist echt? Was scheint nur so? Luzifer stellt sich in den Dienst der Wirklichkeit.

Bis zum 6. November beleuchtet Luzifer den historischen Teil Tirols Im Rahmen der Sonderausstellung „Ladinia“ werden nicht nur Exponate gezeigt, es werden auch die Fragen gestellt, in welche Richtung sich diese Region entwickelt und welcher wirtschaftliche Mehrwert der „Marke Ladinia“ zukommt. Natur und Sprache sind Ausgangspunkte der Suche nach ladinischen Identitäten. Diese erweisen sich als wechselvolles Zusammenspiel von gemeinsamen Entwicklungen, aber auch von regionalen Besonderheiten: Eine Jacke im „Ladins-Style“ hängt neben der ladinischen Fahne

oder einer Ladins-Schokolade und regt in dieser Konstellation zum Reflektieren an. Der Besucher soll sich die Frage stellen: „Wohin geht Ladinien und wohin wollen es seine Protagonisten führen?“ Weitere Themen der Sonderausstellung sind das religiöse Leben im Gadertal, der Altarbau im Grödental, der Karneval im Fassatal sowie die Entdeckung der Dolomiten durch Alpinismus und Tourismus. Auf 200 m 2 Ausstellungsfläche wird so eine Spur zum ladinischen Selbstverständnis gelegt, die in der Dauerausstellung des Tiroler Volkskunstmuseums weiter zu verfolgen ist. Einigen Objekten der Dauerausstellung sind Werke von zeitgenössischen ladinischen Künstlern gegenübergestellt, die neue Blickwinkel eröff nen können. Luzifer beleuchtet sozusagen ein Spannungsfeld zwischen historischen Formen, moderner Interpretation und kommunikativer Deutung, die auch den Facettenreichtum dieser Identitätssuche widerspiegeln.

„LADINIA“ bis 6. November 2012 Tag der offenen Tür: Mittwoch, 26. Oktober 2011, 9–17 Uhr Führung: Sonntag, 30. Oktober, 11 Uhr

TIROLER VOLKSKUNSTMUSEUM Universitätsstraße 2 6020 Innsbruck Tel.: +43 512 594 89 - 510 volkskunstmuseum@ tiroler-landesmuseen.at www.tiroler-landesmuseum.at Öffnungszeiten: Montag – Sonntag 9 bis 17 Uhr

Museumspädagogik SchülerInnen ab der 6. Schulstufe wird am Beispiel „Ladinia“ eine Kultur näher gebracht, deren Sprache sie nicht verstehen, deren Familiennamen und Bräuche ihnen jedoch nicht fremd erscheinen. Die Ausstellung zeigt aktuelle Fragen in einem vereinten Europa auf, die auch die Klassengemeinschaft betreffen: Muss man die gleiche Sprache sprechen, gleicher Herkunft sein, die gleiche Kleidung tragen, um sich gut zu verstehen? Gruppendynamische Impulse regen die Kommunikation in der Klasse an und sind vor allem für die Unterrichtsfächer Soziales Lernen, Geschichte, Sprachen, Geografie, Religion und Ethik geeignet.

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Außenansicht „neues“ Tiroler Volkskunstmuseum

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Fotos: Tiroler Landesmuseen

Triptychon des Todes von Claus Soraperra


Kunstvolle Progressionen aus Polen Polen, das Land im ehemaligen Ostblock, hat noch mit dem Erbe kommunistischer Kulturpolitik zu kämpfen. Seit der Ă–ffnung im Jahre 1989 entstand eine junge, kreative Szene, die heute den Fortschritt des Landes symbolisiert. Kasia Sandhofer holt seit 2005 das aktuelle Kunstschaffen ihrer Heimat Polen nach Innsbruck.

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Linke Seite oben: Die Frau und ihre Emotionen: Arbeiten von Agnieszka Borkowska Linke Seite unten: Das Wasser als Lebensgefühl: Arbeiten von Julita Malinowska Diese Seite: Der Mensch und die Technik: Arbeiten von Aga Migdalek

Polen war lange Jahre getrennt vom Rest der Welt, doch die kulturelle Aktivität der Menschen in Polen ersetzte ihre politische und wirtschaftliche Tätigkeit. Wohl deshalb ist das polnische Kulturschaffen heute so differenziert und nuancenreich. Kasia Sandhofer zeigt in ihrer Galerie im Parterre eines Jahrhundertwendehauses im Innsbrucker Saggen junge und etablierte Positionen zeitgenössischer Kunst und präsentiert Malerei, Zeichnung, Grafi k und Objektkunst aus ihrer Heimat. Für eco.nova kunst.spezial 2011 suchte sie drei junge, aktive Künstlerinnen aus:

Die Quelle des Lebens Wasser wird mit Reinheit und Leichtigkeit verbunden, es ist aber auch ein Element voller Geheimnisse und Gefahren. Die junge Malerin Julita Malinowska schuf den Werkzyklus „At the sea side“ und zeigt darin beispielsweise Strandszenen mit Kindern, die unbekümmert im Meer spielen. Ihre dunkle Hautfarbe erinnert an die polynesischen Frauen Gauguins. Die Nacktheit der Kinder in Malinowskas Bildern ist rein und ursprünglich und soll an die Antike und die Liebe zum eigenen Körper erinnern. Sie widmet sich aber auch der offen gezeigten Liebe von Paaren am Strand, die sich im seichten Wasser umarmen und küssen. Die Künstlerin nimmt auf die erotische Anziehungskraft des Wassers Bezug, das auf natürliche Weise mit körperlicher Liebe verbunden wird.

Menschliche und digitale Beziehungen Die Künstlerin Aga Migdalek legt Wert auf einen durchdachten, schöpferischen Prozess: Sie beginnt mit Fotos, die in einem zweiten Schritt zu Sequenzen geschnitten werden. Anschließend zeichnet sie die Gestalten nach und bearbeitet am Computer. So entstehen die Skizzen für ihre Bilder, die aus der Ferne farbige, pulsierende Fotos sind. In der Nähe erscheinen sie als gemalte Flächen, die Pinselbewegungen

und Acrylschichten freigeben. Aga Migdalek thematisiert unterschiedliche menschliche Beziehungen in ihren Werken. Sie zeigt den Menschen, der ohne neue Technik nicht funktioniert. Die Künstlerin warnt vor der Abhängigkeit von technologischen Hilfsmitteln, sie zeigt aber auch die vielen Vorteile der zeitgemäßen Spielzeuge. Migdalek verbindet die Realität aus Laptop, Computerspielen und iPod mit einer subtilen Welt in Pastellfarben.

Die Facetten der Weiblichkeit Das Thema Emanzipation und Gleichberechtigung zieht sich seit einem Jahrhundert durch die Welt der Kunst. Eine tiefe Auseinandersetzung regte die österreichische Künstlerin Valie Export in den 70er Jahren an. Das Thema der Weiblichkeit ist aber nach wie vor präsent. Agnieszka Borkowska zeigt malerische Notizbücher, die Frauen in banalen Alltagssituationen zeigen, aber versteckte Emotionen offenbaren. Ihre Heldinnen sind junge, selbstbewusste Frauen, die Sicht auf ihre Unterwäsche preisgeben. Sie scheinen in Gedanken versunken und völlig unbefangen zu sein. Die Nacktheit in Borkowskas Bildern erfüllt eine symbolische Funktion: Das mehrfache Vorzeigen derselben Person ist wie ein Spiegelbild, das entweder Rastlosigkeit und Begehren oder Ruhe und Freude ausstrahlt. Die Sexualität der Heldinnen Borkowskas ist dezent, es werden intime Stellen durch zarte Stoffe verhüllt, um surreal im Hintergrund zu bleiben. Die Künstlerin will die inneren Emotionen der Heldinnen zutage fördern und einen Dialog mit den BetrachterInnen aufnehmen. Mehr als 40 verschiedene KünstlerInnen aus Polen werden von der Galerie Sandhofer vertreten und in laufenden Ausstellungen gezeigt. Aber auch angewandte Kunst – wie signierte Schmuck-Unikate – ist in der Galerie im Saggen zu sehen und zu erwerben.

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GALERIE SANDHOFER Claudiastraße 10 6020 Innsbruck Tel.: +43-(0)650-7283828 Öffnungszeiten: Montag, Dienstag, Mittwoch 14.00 bis 18.00 Uhr Donnerstag 17.00 bis 21.00 Uhr Freitag 12.00 bis 17.00 Uhr mail@galerie-sandhofer.com www.galerie-sandhofer.com

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Kunst im Büro Steuerberatungskanzlei, Eventmanagement und Galerie: In der Wilhelm-GreilStraße 15 im ersten Stock verbirgt sich kein gewöhnliches Büro, sondern eines, das in Kunst investiert und sich dadurch laufend optisch verändert. Galerist Dietmar Klimbacher sorgt für die Ausstellungen in den Räumlichkeiten und öffnet damit Kunstfreunden Tür und Tor. GALERIE 22A „Leben mit Kunst“ Dietmar Klimbacher Wilhelm-Greil-Straße 15 6020 Innsbruck Tel.: +43/664/38 26 573 office@galerie22a.at www.galerie22a.at Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10-12 Uhr Montag bis Donnerstag 14-17 Uhr und nach Vereinbarung

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Hier ist der Besuch beim Steuerberater keine spröde Angelegenheit, weil man von Bildern, Druckgraphiken, Fotos und Skulpturen aus Holz, Ton und Metall empfangen wird. Je nachdem, denn Dietmar Klimbacher wechselt laufend: „Ich kann aus einem Depot mit zeitgenössischen Arbeiten aus aller Herren Länder schöpfen.“ Seine neueste Entdeckung ist eine junge Malerin aus Spanien:

Carmen M’Selma „Ihre Deutung der sogenannten ‚biederen Gesellschaft‘ und ihre Darstellung bedrückender Lebenssituationen hat für mich eine ungeheure Anziehung“,

so der Galerist. Die Malerin M’Selma bannt tiefe menschliche Gefühle auf Leinwand. Sie mischt sensibles Farbgefühl mit einer Portion Ironie und konzentriert sich in ihren Motiven vielfach auf Familiensituationen, die von kontroversiellen Gefühlen geprägt sind. Trauer, Wut und Melancholie treten aus ihren Bildern hervor, die bisweilen bunte, kräftige Farbgebung beeinflusst die Stimmung kaum. In den dargestellten Gesichtern von Carmen M’Selma spiegeln sich die gelebten Erfahrungen wider. Ein Beispiel dafür ist ihre Arbeit „die Hochzeit“: Der rot geschminkte Mund einer Frau täuscht nicht über ihre Zweifel ob der falschen Entscheidung hinweg.


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Foto linke Seite: Beine, Füße, Schuhe, Bewegung: Mit dem Projekt „PERMANENT IS NOWHERE“ reflektiert Birgit Sauer den Umstand, dass nichts von Dauer ist, dass sich alles verändert und frau immer unterwegs ist

links: Interpretation der spanischen Konterfeis von Carmen M’Selma: „Ich bin da, weil andere da waren.“ rechts: Die Malerin Carmen M’Selma beschäftigt sich in ihren Arbeiten vorwiegend mit der Geschichte, der Religion und den Traditionen Spaniens

Sie heiratet den Mann rechts neben ihr, der sich noch nicht von der Mutter abgenabelt hat, der sich noch in ihrer bedrängenden Obhut befindet. Der Mann auf der linken Seite hätte ihr Herz erobert, doch die Konvention lässt die Liebe nicht zu … Den BetrachterInnen öff net sich ein weites Feld der kontroversiellen Interpretationen, aber auch der eigenen Innenschau.

Birgit Sauer Eine weitere Entdeckung Dietmar Klimbachers ist die 1972 geborene Künstlerin Birgit Sauer. Sie begann 1990 ihr Studium an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien, das sie 1994 abschloss. Seither arbeitet sie freischaffend und eröff nete im Jahre 2004 ihr Atelier im ehemaligen Hangar des Trausdorfer Flughafens. Damit erfüllte sie sich ihren Traum, ein Atelier mit viel Platz zu haben. Ihre Freude am Experiment drückt Birgit Sauer in der Kombination der verschiedensten Genres aus: Malerei, Graphik, Fotografie bis hin zu neuen Medien. In ihren Werken verbinden sich Gegenstand und Abstraktion: Die Künstlerin verwendet Graphik, Öl- und Acrylmalerei, Fotografie und Film. Radierungen verbindet sie mit Laserprints, sie bearbeitet Lack- und

Epoxydharz, aber auch Linolschnitte und Collagen. Birgit Sauer gehört zu jenen österreichischen Künstlerinnen, die auch international aufgezeigt haben: Deutschland, Frankreich, Italien, China, USA und Brasilien sind nur einige Stationen. Werke von Birgit Sauer sind mittlerweile Teil bekannter Kunstsammlungen, wie der Sammlung Essl, Sammlung Haniel, BAWAG Foundation, BMUKK und der Graphischen Sammlung Albertina.

Ausstellungen:

Die bezifferte Galerie

CARMEN M’SELMA bis 22. Oktober 2011

Die Galerie im Büro nennt sich 22a. Hinter der „Zahl ohne Namen“ steht Dietmar Klimbacher, der „vom Lehrer zum enthusiastischen Kunstsammler“ geworden ist. Er verbindet den Wechsel der Tierkreiszeichen Zwillinge, Krebs, Steinbock und Skorpion mit der Zahl 22 und eine ganz persönliche Geschichte, die ihn seine Galerie „beziffern“ und nicht einfach nur benennen ließ. Die Affinität zu Zahlen ist im kunstvollen Büro in der Wilhelm-Greil-Straße von Vorteil: Obwohl die emotionale Betrachtung im Vordergrund stehen soll, sind Zahlen die menschlichen Codes für die sinnvolle Investition in Kunst – für den Steuerberater, den Galeristen und den Kunstfreund gleichermaßen.

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BIRGIT SAUER Eröffnung im Rahmen der Premierentage am 4./5. November 2011; anschließend bis Ende Jänner zu sehen. Weitere Arbeiten aus „PERMANENT IS NOWHERE“ von Birgit Sauer werden ab Freitag, 4. November 2011 (18.30 Uhr) bis Ende März 2012 bei „die Hautärztinnen“ in der Neuhauserstraße 2 in Innsbruck gezeigt.

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ART CONSULTING Die Galerie in Vomperbach hat Klaus Angerer aufgelassen, doch der Kunst ist er treu geblieben: Vor allem der Kunstvermittlung und -beratung. KUNST FÜR BÜRORÄUME Firmenräume, in denen Kompetenz und Kunst gleichermaßen spürbar werden, schaffen Wohlbefinden und fördern sowohl die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter als auch das Image bei den Kunden. Klaus Angerer bietet Kunst auf Miet- und Leasingbasis und stellt sich ganz auf die Bedürfnisse der KundInnen ein: Laufzeiten, laufende Ausstellungswechsel und Ankaufsmöglichkeiten können individuell vereinbart werden. KUNST ALS EVENT Kundenveranstaltungen werden durch kunstvolle Präsentationen bereichert: Klaus Angerer bietet eine dem Anlass entsprechende Auswahl aus dem eigenen umfangreichen Bilderdepot. Im Laufe seines 40-jährigen Galeriebetriebes baute er kontinuierlich eine Sammlung auf, die programmatisch österreichische Kunst ab 1970 verfolgt. Er verfügt über Nachlassbestände der Kitzbüheler Künstlerin Hilde Goldschmidt, wie auch frühe Werke von arrivierten Künstlern wie Ernst Fuchs, Johanna Kandl, Karl Korab, Anton Lehmden, Franz Ringel, Peter Sengl oder Kurt Stenvert. Aktuelle Positionen der Sammlung sind Johannes Haider, Helmut Christof Degn, Peter Kohl, Wolfgang Sinwel und Michael Unterluggauer. Klaus Angerer unterstützt auch junge KünstlerInnen, indem er beratend zur Seite steht, um die entsprechende Auswahl der Räumlichkeiten und die Optimierung der Werkauswahl zu treffen. Er ist aber auch der richtige Ansprechpartner, wenn es um die professionelle Logistik für eine Vernissage geht. „Das A und O einer guten, kompetenten und vertrauensvollen Kunstberatung ist der persönliche

Foto: W. Sinwel

Kontakt“, so freut sich Klaus Angerer auf Ihren Anruf.

ART CONSULTING Klaus Angerer Karwendelstraße 11/1/3 I 6130 Schwaz mobil: +43 (0) 664 – 40 24 385 I info@galerie-angerer.com I www.galerie-angerer.com

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Fotos: Florian Schneider

Ordinationsr채ume Die Orthop채den mit Werken von Wolfgang Sinwel

Ordinationsr채ume Dr. Bitschnau mit Werken von Johannes Haider

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Das komplette Rahmenprogramm Die Firma Sailer gibt Kunstwerken die perfekten Einrahmung, restauriert, reinigt und repariert in der hauseigenen Werkstätte und betreibt einen Kunsthandel mit angeschlossener Galerie – somit ein komplettes Rahmenprogramm. Fotos: Florian Schneider / Stanger

RAHMENSTUDIO & KUNSTHANDLUNG SAILER Andreas-Hofer-Straße 34 6020 Innsbruck Tel.: +43/512/58 28 57 sailer-rahmen@aon.at www.rahmenstudio.com

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Das vorliegende Plakat in Schwarz-Weiß trägt ein strenges Motiv eines Wiener Aktionisten mit schwarzer Aufschrift und dezenter Signierung. „Sie sollten das Bild nicht zu sehr eingrenzen, schwarz ist hier zu intensiv“, meint Gerhard Sailer, zeigt zunächst einen silbernen Metallrahmen und dann einen schmalen, weißen aus Holz. „Das lässt dem Bild Freiraum.“ Zunächst schaut die Kundin noch skeptisch, doch bei längerem Betrachten entschied sie sich für Gerhard Sailers Vorschlag. „Dieser Holzrahmen wird in unserer eigenen Werkstätte zugeschnitten, händisch bearbeitet und angefertigt.“ Fertige Rahmen fi ndet man bei Sailer nicht. „Das überlassen wir den Diskontern. Bei uns fi nden Sie nur Maßanfertigungen.“ Nach nur drei Tagen kann die Kundin ihr gerahmtes Plakat perfekt verpackt abholen. „Bei Metallrahmen sind wir auch auf Lieferungen angewiesen, unsere eigenen Produkte können wir wesentlich schneller anbieten.“ Das besagte Plakat in 90 x 120 trägt Gerhard Sailer zum Auto, das am fi rmeneigenen Parkplatz im Innenhof steht. „Wir sind zentrumsnah gelegen und das Parken ist bei uns kein Problem. Größere Stücke werden aber auch gerne abgeholt und wieder zugestellt.“

Bei Sailer wird nicht nur neu gerahmt, sondern auch repariert und restauriert. Alte Holzrahmen werden fachgerecht veredelt und wieder hergestellt oder Ölbilder gekonnt gereinigt. „Wir achten auf höchste Qualität. Bei jeder Neuanfertigung, aber auch bei Instandhaltungsarbeiten rund um die Kunst“, erklärt Gerhard Sailer, der damit wertvolle Arbeiten für das nächste Jahrzehnt sichert.

Die vierte Generation in der Andreas-Hofer-Straße Seit 1993 führt Gerhard Sailer gemeinsam mit seiner Gattin Verena die gleichnamige Firma in Innsbruck. Das Stöcklgebäude, in dem heute die Werkstatt untergerbacht ist, war eines der ersten Gebäude in der Andreas-Hofer-Straße. Im Jahr 1890 gründete Eduard Sailer als Vergolder und Fassmaler die Firma an diesem Standort, ehe 1926 Siegmund Sailer den Betrieb als Rahmenhandlung weiter führte. Die Kunsthandlung wurde 1960 von Erich und Paula Sailer eröff net und so das Angebot erweitert. Nach der Übernahme von Gerhard und Verena Sailer im Jahre 1993 wurde der Betrieb modernisiert und erweitert.


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Skulpturen des Tiroler Künstlers Bernhard Witsch

Rahmenstudio & Kunsthandlung

Die „Bilddesigner“ Gerhard und Verena Sailer

„Wir rahmen Bilder nicht nur, wir sind Bilddesigner“, so die Firmenphilosophie von Gerhard und Verena Sailer. Zum umfassenden Bilddesign gehören der richtige Rahmen und die Beratung, wo Fachhändler Sailer ein gesamtes Rahmenprogramm anbieten kann. Dazu zählt auch „das zweite Standbein“: Die angeschlossene Galerie, die Werke von Wilhelm Nicolaus Prachensky, Theodor Prachensky, Franz Lettner, Prof. Inge Höck, August Stimpfl, Chryseldis, Max Weiler u.v.a. führt. Kunstfreunde finden im Repertoire der Firma Sailer alte Sammlerstücke, aber auch jüngere Arbeiten, wie die Skulpturen des Ötztaler Bildhauers Johannes Fender und des Telfer Künstlers Bernhard Witsch.

Dekorative Kunst Eine weitere Kompetenz der Firma Sailer ist die Objektausstattung von Hotels und Firmen mit Bildern und Kunstgegenständen, aber auch hochwertigen Spiegeln. „Leider wird in der modernen Architektur nur mehr wenig Wert auf Dekoration gelegt und damit leidet das gesamte Kunstverständnis.“ Gerhard und Verena Sailer wünschen sich wieder mehr Wertschätzung für die dekorative Kunst, die „jedes Objekt aufwertet, wenn man sie lässt.“

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Sailer setzt noch auf echte Handarbeit

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Tirol - perspektiviert Im Porträt: Fotograf Klaus Defner

Fotograf Klaus Defner

Familie Defner aus Igls – eine ganze Fotografendynastie macht sich seit Generationen auf den Weg durch Tirol, um es in seiner ganzen Herrlichkeit festzuhalten. Durch die Linse der Kamera ausgewählte kleinste Ausschnitte mit großartiger Perspektive lehren den Betrachter das Sehen. Wir sind den Spuren von Fotograf Klaus Defner gefolgt und garantieren: Perspektivenwechsel vorprogrammiert! Klaus Defner ist Fotograf und Künstler – vorwiegend mit der Kamera, aber auch mal mit dem Pinsel. In Innsbruck hat er bereits viele Spuren hinterlassen – wir begeben uns gemeinsam mit dem Fotografen auf die Suche.

Projekt „Martinswand für alle“

Links oben: Sparkasse Saggen, Innsbruck Rechts oben: die Wand an der Wand: Martinswand für alle im Dienstleistungszentrum am Sparkassenplatz Innsbruck Unten: Flüsse verbinden. Ob Außerferner, Landsberger oder Augsburger – jeder findet in Defners Flussbildern „seinen“ Lech

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Haben Sie die Direttissima-Kletterroute an der Martinswand schon einmal ausprobiert? Zu gefährlich? Hier ein Tipp: Im Dienstleistungszentrum am Sparkassenplatz 2 hängt eine 16 Meter hohe Martinswand – oben wie unten mit Bäumen begrenzt. Idee und Umsetzung dieser Nahaufnahme eines von Tirols Wahrzeichen kommen von Klaus Defner: „Die Wand an der Wand – das Foto wurde auf Stoff gedruckt und hängt nun über sechs Stockwerke im freien Treppenhaus. Betrachter können sich dadurch der Martinswand in unterschiedlichen Abständen und Höhen nähern – und entdecken Risse, scharfe Verschneidungen oder Markierungen aus der Eiszeit, die sie beim Vorbeifahren an der Felswand nie gesehen hätten.“

„Was ist Saggen?“ Klaus Defner wählt seine Blickwinkel gezielt – zum Beispiel bei einem Projekt im Innsbrucker Stadtteil

Saggen: „Der Autraggeber wollte etwas mit regionalem Bezug für seine Bankfi liale in der Claudiastraße. Nach einigem Überlegen habe ich Fassadendetails im Blocksaggen fotografiert, grafisch verändert und zu einer Montage zusammengefügt. Und tatsächlich hat mir eine alte Dame gesagt, was alles sie wiedererkannt hat!“ Der Fotograf möchte die Betrachter für ihre Umwelt sensibilisieren, die bewusste Wahrnehmung schüren. „Vielleicht gehen wir dadurch auch sensibler mit unserer Umgebung um?“

Auf die Suche schicken Ein anderes Mal sollte der Fotograf Räumlichkeiten eines Unternehmens, das auch in den Nachbarländern tätig ist, gestalten – und zwar so, dass sich die verschiedenen Nationalitäten darin finden können. Defners Grundidee dazu: Bilder der Flüsse, die diese Länder durchfl ießen – Ausschnitte von der Quelle bis zur Mündung. „Ich habe mich ins Auto gesetzt, bin 5.000 km den Flüssen entlang gefahren – für Ausschnitte von der Rheinquelle bis zu den Rheinfällen, vom Reschen bis zur Adria, von St. Moritz bis Passau und dort flussaufwärts bis nach Donaueschingen.“ So entstanden die drei Meter langen Ausschnitte der Flussbilder, die heute in den Besprechungszimmern Rhein, Inn, Donau, Lech, Isar, Etsch und Mincio hängen. „Die Besucher suchen ihr Stück Heimat – ihr Flussbild.“ Leute auf die Suche schicken – das ist die Intention des Fotografen aus Igls. Wenn Sie ihn finden wollen: ATELIER FÜR FOTOKUNST KLAUS DEFNER Eichlerstr. 4, Igls, Tel. 0650/3770111 klaus@defner.net, www.defner.net

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Kunstvolle Bücher 1 Kreative Welt zum Selbermalen Kunstbände sollen nicht nur die kreative Welt der Kunst erschließen, man kann auch selbst darin kreativ werden! In Nina Chakrabartis wundervoller Modewelt laden schwarz-weiße Zeichnungen zum Vervollständigen und Ausmalen ein: vom elegant gebundenen Kopftuch über sommerliche Bikinis bis zum selbst entworfenen Hennatattoo für die Hände. Daneben ist viel Platz für eigene Entwürfe – und viele Ideen, die Kreativität und Einfallsreichtum anregen.

Nina Chakrabarti Meine wundervolle Welt der Mode Knesebeck-Verlag

2 Ein eigenes Alltagsmuseum Die Welt liegt vor uns – oft nehmen wir sie gar nicht mehr richtig wahr. Die Autorin Keri Smith widmet sich den verschiedensten Welten auf herzerfrischende Weise. In Handschrift-Graphik schickt sie Leser auf überraschende, inspirierende Forschungsreisen. Ihre Tourenvorschläge reichen von Expeditionen in die eigenen vier Wände bis zur Erkundung magischer Räume im Alltag. Sie aktivieren den Beobachter in uns, den Sammler und Archivar, den Forschungsreisenden, den Abenteurer und den Künstler. Das Buch ist zum Benutzen: Seiten für Listen, Notizen, Erlebnisprotokelle und wichtige Fundstücke stehen zur Verfügung, die das Buch zum eigenen Alltagsmuseum werden lassen.

Keri Smith Wie man sich die Welt erlebt Verlag Antje Kunstmann

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3 Ein Tiroler Avantgardist in memoriam Jup Rathgeber gehörte zu den Wegbereitern der avantgardistischen Schwazer Kunst- und Kulturszene und war unter anderen ein Weggefährte von Gert Chesi bei der Gründung der Eremitage in Schwaz. Er engagierte sich für Kunst und Literatur in der Knappenstadt, betreute Ausstellungen im Museum und im Rabalderhaus und war Mitinitiator des Literaturforums Schwaz. Sein eigenes literarisches Werk hat Jup Rathgeber nur selten in Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht. Seit seinem Tod im Jahr 2007 wird der Nachlass Rathgebers vom Forschungsinstitut Brenner-Archiv verwahrt, das nun einen Band herausbrachte: „Die verwaltete Zeit“ beinhaltet Gedichte und Aquarelle von Jup Rathgeber sowie private Fotos. Unter anderen veröffentlichten die Künstler Hellmut Bruch und Martha Murphy gewidmete Werke an den exzentrischen Kulturschaffenden.

Jup Rathgeber Die verwaltete Zeit Skarabaeus Verlag

4 Ein Kultband für Fotoenthusiasten Seit den 1970er Jahren war Helmut Newton einer der begehrtesten und teuersten Mode-, Werbe-, Porträtund Aktfotografen der Welt. Er widmete sich Frauen in extravaganten Kleidern und erotischen Posen und kreierte einen Stil, der weltweit für Aufsehen sorgte. Auch in der feministischen Zeitschrift Emma, die Newtons Bilder als sexistisch, rassistisch und faschistisch bezeichnete. Trotzdem erreichten seine Fotografien Kultstatus. Mit dem Band „Polaroids“ kommt ein weiterer Kult hinzu: Das „Sofortbild“, das in Zeiten der digitalen Fotografie technisch überholt und fast in Vergessenheit geraten ist. June Newton, Witwe des großen Fotografen, hat Test-Polaroids aus den bekanntesten Fotoshootings der vergangenen Jahrzehnte zusammengetragen.

Helmut Newton Polaroids TASCHEN-Verlag

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kunst.spezial

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5 Buch zum Kunstprojekt

7 Literaturklassiker als Kunstcomic

Das Projekt „Narben“ des Tiroler Künstlers Franz Wassermann gibt dem Unsagbaren Raum: Sexuelle Gewalt und Übergriffe auf Kinder und Jugendliche. In Zusammenarbeit mit Überlebenden und Hilfseinrichtungen erarbeitet der Künstler in Bildern, Installationen, Performances, Ritualen und mit dem Buch „Narben“ verschiedene Ausdrucksmöglichkeiten, um den Betroffenen eine Öffentlichkeit zu geben. Der Sammelband vereint wissenschaftliche Beiträge von ExpertInnen mit der Dokumentation eines Kunstprojekts. Die Verwirklichung einer menschengerechten Umwelt – dies liegt dem Künstler und dem Buch als Haltung zugrunde.

Ein Matrose im Indischen Ozean, der mit 35 Jahren seine Liebe zum großen Schriftsteller Marcel Proust entdeckte und begann, dessen Hauptroman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ als Graphic Novel umzusetzen: Stéphane Heuet. Das große literarische Werk von Marcel Proust, das zwischen 1913 und 1927 erschienen ist, umfasst insgesamt sieben Bände. Heuet illustrierte bereits drei davon. Der jüngste Band ist 48 Seiten stark, durchgehend farbig illustriert und bezieht sich auf „Im Schatten junger Mädchenblüte“, eine der Schlüsselszenen des großen Klassikers, in dem ein Ich-Erzähler von seinen Erinnerungen im Frankreich des Fin de Siècle berichtet. Stéphane Heuet arbeitet seit 14 Jahren an diesem Comicroman und vermittelt einen atmosphärischen, verdichteten Eindruck von Prousts poetischer Prosa.

Narben Kunstprojekt zu sexueller Gewalt Studien Verlag

6 Der klügste Kopf der Welt in zwei Bänden Er war Maler, Bildhauer, Architekt, Ingenieur, Forscher – kurzum ein Allroundgenie. Er lebte von 1452 bis 1519 und gilt bis heute als unübertroffen: Leonardo da Vinci. Jetzt sind sein Leben und sein Werk, ein Werkverzeichnis der Gemälde Leonardos und ein ausführliches Verzeichnis seiner Zeichnungen als Band in zwei Teilen von Frank Zöllner und Johannes Nathan erschienen. Die ultimative Ausgabe zu Leben und Werk Leonardo da Vincis beinhaltet große, ganzseitige Detailansichten von seinen Meisterwerken und lässt die LeserInnen die feinsten Facetten seiner Pinselstriche erkunden.

Frank Zöllner, Johannes Nathan Leonardo da Vinci Softcover, 2 Bände im Schuber TASCHEN-Verlag

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Auf der Suche nach der verlorenen Zeit Graphic Novel von Stéphane Heuet nach einem Text von Marcel Proust Band 3: Im Schatten junger Mädchenblüte Knesebeck-Verlag

8 Kunsthistorische Debatte auf 328 Seiten Autor David Hockney belegt in seinem Buch die These, wonach berühmte Maler, wie Leonardo, Caravaggio, Holbein oder van Eyck, beim Skizzieren optische Hilfsmittel wie Spiegel, Prismen und Linsen eingesetzt haben. Hockneys Theorie beruht auf Analysen von zahlreichen Fachleuten aus Kunst und Naturwissenschaft. Anhand von brillantem Bildmaterial und eigenen Skizzen werden neue Erkenntnisse dargestellt und Argumente ausgetauscht. Der Leser wird so in eine der interessanten kunsthistorischen Debatten unserer Zeit hineingezogen. Der Autor, der zu den Mitbegründern der Pop Art zählt, gibt aber auch Impulse für das moderne Kunstschaffen und hinterfragt die Möglichkeiten der Künstler im Computerzeitalter.

David Hockney Geheimes Wissen Verlorene Techniken der Alten Meister Klappenbroschur, 328 Seiten, 510 Abbildungen Knesebeck Verlag

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Arlberg Hospiz Hotel

Florian Werner (li.) mit Galeriegästen

Kunst der Begegnung Dass das Arlberg Hospiz Hotel hohe Anerkennung genießt, die Hospiz-Alm mit Adi Werner zum Mekka internationaler Weinfreunde avancierte und sich die hier beheimatete Bruderschaft mit über 18.000 Mitgliedern karitativ einbringt, ist bekannt. Mit Florian Werner, dem 43. Hospiz-Wirt, wurde das legendäre Haus in St. Christoph am Arlberg um die Facette Kunst reicher. Text: Renate Linser-Sachers Fotos: Arlberg Hospiz Hotel

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Die hoteleigene Galerie misst 1.400 Quadratmeter, in welche Florian Werner, selbst passionierter Maler und Sammler, im Rahmen eines Artist-in-Residence-Programms jährlich aufstrebende Künstler nach St. Christoph bringt. Ganz nebenbei werden so als Mehrwert spannende Begegnungen mit den Gästen initiiert. Durch die breite Resonanz und Zustimmung eröffnete 2009 zudem eine Dependance ihre Pforten, die ausschließlich der Kunst gewidmet ist: die Hospiz Galerie/Kunstvilla in Bregenz, mit welcher sich der Hotelier und Galerist aus Leidenschaft einen Lebenstraum erfüllte.

„Ein Unternehmen, das sich ent wickelt, braucht alle fünf zehn bis z wanzig Jahre so etwas wie eine kleine Kulturrevolution“, ist Florian Werner überzeugt von der Angebotserweiterung für seine Gäste. So hat moderne Kunst als ambivalenter Kontrast in die historischen Gemäuer Einzug gehalten. Das exklusive Ambiente ist gleichermaßen reizvoll wie unvergleichlich, in welchem arrivierte Künstler der Moderne bei Einzelausstellungen und Werkschauen der Galerie ebenso Beachtung finden wie Newcomer der Szene.


Garten der Kunstvilla

Die Kunstvilla in Bregenz

Kunst im Stiegenhaus

Kunst in der Passage

SKI UND KUNST AM ARLBERG Ein Erlebnis der besonderen ART verspricht das Arrangement mit der viel versprechenden Untertitulierung „Kunstgeschichte in Häppchen“ im Jänner 2012 zu werden. An sechs Abenden gibt Kunsthistorikerin Dr. Helga Müller-Schnepper aus Esslingen zwischen den Gängen der gemeinsamen Diners in der Skiclub-Stube fundierte und (trotzdem) kurzweilige Einblicke über die jeweiligen Epochen. Dazu bietet das Arlberg Hospiz Hotel eine Pauschale für 7 Übernachtungen inklusive Frühstücksbuffet & Diner, Weinbegleitung, 6-TagesSkipass für das gesamte Skigebiet Arlberg und 6 Tage Hospiz-Ski-Guide. Kunst und Begegnung, wie sie Florian und Ursula Werner verstehen und leben.

Die Skiclub-Stube

ARLBERG HOSPIZ HOTEL Florian und Ursula Werner A-6580 St. Christoph/Arlberg

Das legendäre Arlberg Hospiz Hotel

info@arlberghospiz.at www.arlberghospiz.at

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ART Innsbruck

Die Kunstmesse Vergangenes Jahr feierte die ART Innsbruck ihr 15. Jubiläum. Im Laufe der Jahre wurde die Messe ein beliebter Vernetzungsort für Künstler, Sammler und Kunstliebhaber.

Landeshauptmann Günther Platter mit der Gründerin und Leiterin der ART Innsbruck, Johanna Penz

Schwerpunktmäßig präsentiert die Messe internationale Kunst nach 1960 – als Unikate und/oder Editionen: Gemälde, Arbeiten auf Papier, Auflagenobjekte, Originalgraphiken, Fotografien, Skulpturen, Objekte und Installationen sowie Künstlerbücher. Die ART Innsbruck hat sich in den vergangenen Jahren vor allem als loser Begegnungsort für den Kunsteinsteiger wie für den versierten Sammler, für den regionalen wie für den internationalen Kunstfreund einen Namen gemacht. Die jährlichen „Previews“ werden gut besucht und der gesellschaftliche Zweck bedient.

Bilder rechts:

Junge Kunst ART 2012

SONDERSCHAU JUNGE KUNST ZITA OBERWALDER S/W Fotografie auf Aludibond: „don’t talk to the sailor moon“ MARCUS SCHATZ Siebdruck-Plexiglas: „mixed media 2011“

Nachlass von Leopold Ganzer auf der ART Innsbruck: „Abstrakt 8, 2004“, Acryl auf Leinwand

Vor allem die Sonderschauen zur Jungen Kunst bilden einen alljährlich beliebten Kontrapunkt. Vergangenes Jahr stand die „OP Art – Die Kunst der Täuschung“ anhand einer Ausstellung von Victor Vasarely und der Camera Obscura von Ype Limburg im Mittelpunkt. Heuer thematisieren die KünstlerInnen Zita Oberwalder und Marcus Schatz in einer gemeinsamen Ausstellung die differenzierte Wahrnehmung von Wirklichkeit und Realität. Vor Ort reflektieren sie ihre „Ausschnitte“ der eigenen Arbeit mit der Arbeit im räumlichen Gegenüber. Der Besucher kann im visuellen Dialog dieser Konversation folgen und sich damit einen eigenen Assoziationsraum schaffen.

Sonderpräsentation Ludwig Ganzer (Innichen 1929 – 2008 Wien) ist ein Tiroler Künstler, der abstrakte, farbige Fels- und Landschaftsbilder schuf. Er war zeitlebens ein stiller Künstler, der es aber zu mehr als 1400 Öl- und Acrylbildern brachte und zu noch mehr Aquarellen und Zeichnungen. Monika und Gerald Ziwna haben sich seinem Künstlernachlass angenommen, den sie auf ART Innsbruck Messehalle D (ehemals 4) der ART Innsbruck präsentieren werden. Rund 40 Eingang Süd Arbeiten bietet der Kunsthandel Ziwna auf der diesIng.-Etzel-Straße jährigen ART an. Für angehende Sammler ergibt sich 6020 Innsbruck somit eine Chance, wunderbare Arbeiten in einem Tel. +43 (0)512 567101 noch guten Preissegment zu erhalten. Öffnungszeiten: 24. – 26. Februar 2012: 11 bis 20 Uhr 27. Februar 2012: 11 bis 17 Uhr info@art-innsbruck.at www.art-innsbruck.at

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70 Galerien aus 10 Nationen Wer auf der ART Innsbruck ausstellen möchte, kann sich noch bis 31. Oktober 2011 anmelden. Zugelassen sind lediglich 70 Aussteller, die von einer Jury geprüft werden. Nähere Infos auf der Homepage: www.art-innsbruck.at

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