Erste Auflage Juli 2015 ISBN 978-88-98609-28-4 Copyright © 2015 VERSANTE SUD S.r.l. Milano via Longhi, 10, tel. 027490163 www.versantesud.it Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, der elektronischen Speicherung, der Vervielfältigung und der teilweisen oder gänzlichen Bearbeitung.
Umschlagfoto
Die Nordostwand des Pizzo Badile (Foto Mario Sertori)
Texte
Mario Sertori
Ubersetzung
Ursula Oberrauch und Sabrina Krammer
Fotografien
Wenn nicht anders gekennzeichnet, gehören die Bilder zum Archiv von Mario Sertori
Topos
Eugenio Pinotti
Druck
Tipolitografia Pagani - Lumezzane (BS)
Danksagungen Ich danke allen Freunden, die für diese Auflage mit mir zusammengearbeitet haben und Informationen zu den Routen geliefert haben. Das gilt besonders für die Hüttenwirte, die stillen Bewachern dieser Berge: Beat Kühnis und Alena Plachá von der Capanna del Forno, Heidi Altweger und das Team vom Sasc Furä, Barbara Hofmaister und Reto Salis von der Capanna Sciora, Annamaria Crameri und Martin Ruggli von der Capanna Albigna. Danke an Alberto Sanpietro, Luisa Angelici, Alessandro Grillo, Ciro Zani, Marco Beltramini, Paola Pezzini, Michele Bottani, Andrea Marzorati, Domenico Soldarini,
Hinweis
Klettern ist ein potenziell gefährlicher Sport und geschieht immer auf eigene Gefahr. Alle Hinweise in diesem Führer beruhen auf Informationen, die zum Zeitpunkt der Drucklegung aktuell waren. Es wird empfohlen, sich vor der Begehung einer Route über den aktuellen Stand zu informieren.
Sabina Bottà, Luisa Fusi, Simone Parravicini, Tullio Parravicini, Laura Doretti, Gianluigi Capuzzo, Ubaldo Pasqualotto, Enrico „Beno“ Benedetti, Sara und Aldo Anghileri, Lorenzo Castelli, Renato Frigerio und an die Bergführer Davide Spini, Luca Godenzi, Gianni Rusconi, Tono Carasol, Guido Lisignoli, Renata Rossi, Bernhard Falett, Siffredo Negrini, Gualtiero „Teo“ Colzada, Rossano Libèra, Stefano Pizzagalli, Giuliano Bordoni, Marco Geronimi. Ein besonderer Dank geht an Francesca Marcelli für das editing und zahlreiche tolle Kletterfotos.
Mario Sertori
NICHTS ALS GRANIT Masino Bergell Disgrazia
Klassische und moderne Routen
2
T채ler des Bondasca, Albigna, Forno, Schiesone, Codera, Ratti
EDIZIONI VERSANTE SUD
Einleitung
Einleitung Im Jahr 2014 haben wir den ersten Teil der Neuauflage von „Nichts als Granit“ veröffentlicht, er beschreibt die Routen in den Tälern von Masino und Disgrazia. Wie ich schon in der Einleitung zum ersten Teil schrieb, sind nur acht Jahre seit der Erstauflage vergangen. Was kann in einem derart kurzen Zeitraum Interessantes passieren, um schon wieder einen Kletterführer herauszubringen, heute, wo doch sowieso alle nur im Internet Informationen suchen? Die Informationen scheinen schneller als das Licht zu sein, da macht auch die Kletterwelt keine Ausnahme. Und trotzdem ist die gedruckte Seite, auch wenn sie in Zeiten des Internets ums Überleben kämpft, immer noch da und strahlt weiterhin eine gewisse Faszination aus. Außerdem reicht ein einfacher Stromausfall oder eine leere Handy-Batterie um am schönsten Punkt im Dunklen zu sitzen. Zudem ist es im Vergleich zu einem Touchscreen eine unbezahlbare Bequemlichkeit und ein großes Vergnügen, alle Routen eines Berges, alle Berge eines Gebietes durchblättern, ankreuzen, unterstreichen, zusammenrollen, ausreißen, riechen und, falls notwendig, anzünden zu können. Acht Jahre sind ein Sandkorn am Strand der Zeit, aber ein Moment, der lang genug ist, um den Liebhabern dieser wunderbaren Gegend Zeit zu geben, hunderte neue Multipitch-Routen zu schaffen und den Führer aus dem Jahr 2007 alt aussehen zu lassen. Kurz gesagt, neue Klettermöglichkeiten sind wie Pilze aus der Erde geschossen und einige wichtige Wände in hohen Lagen wurden saniert und so dieses einzigartige alpinistische Erbe erhalten und bereichert. Auch bisher unberührte Wände haben Kletterer in Angriff genommen und neue Routen haben jetzt ihren Platz neben alten klassischen und modernen Linien gefunden. Nur um hier ein Beispiel zu geben, auf der Nordwestwand des Badile, eine der bekanntesten und beliebtesten Wände des Massivs wurden gut sechs neue Routen seit Erscheinen der letzten Auflage erschlossen. All diese Informationen zu sammeln war harte und emotionale Arbeit. Ich habe ihre Erschaffer befragt und auf Papier die Richtung festgelegt, um ihren Spuren folgen zu können, Seillänge um Seillänge, mit dem Ziel, denjenigen eine Hilfe zu sein, die
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leicht den roten Faden der Erzählung verlieren. Auch fanden Platz biografische Informationen zu den Protagonisten, Interviews und Erzählungen ihrer Abenteuer. Am Ende meiner Reise hielt ich ein Buch in den Händen, das so dick war, dass wir zweieiige Zwillinge daraus machen mussten, einer blickt nach Süden und ist letztes Jahr erschienen, der andere blicht nach Norden und ihr haltet ihn gerade in den Händen. Dieser zweite Schmöker schließt den Kreis gen Nordwesten und betritt den rauen Kern des Massivs, hinein in die tiefen Seitentäler von Bergell und Val Chiavenna. Ich habe zwei neue, wilde Täler hinzugefügt: das Val del Forno im Osten und das Val Schiesone als letzter Bollwerk im Westen des Bergell. Diese Orte liegen etwas abseits, genau deswegen sind sie jedoch so anziehend. Das ganze Gebiet war Ziel der Anstrengungen von Generationen von Alpinisten von den Anfängen bis heute. Berühmte und gefeierte Wände wie die Nordostwand des Badile haben Alpinisten von überall und zu jeder Jahreszeit vorbei ziehen sehen. Aber auch entlegenere Wände, wie die Nordwest der Sfinge oder die etwas düsterere des Pizzo di Prata fanden ihre Bewunderer. Die Falten dieser Berge in Angriff zu nehmen ist ein besonderes Vergnügen, auf den Spuren der Abenteurer von einst, wobei man sich ihres Mutes und ihrer Hartnäckigkeit bewusst wird, man muss nur einmal daran denken, welche Mittel sie damals zur Verfügung hatten. Oder man folgt den Routen moderner Kletterer, die stets auf der Suche nach dem besten Fels und der elegantesten Linie sind. Es ist, als ob man ein Museum wie den Louvre betritt und aus dem Staunen über die Werke der großen Meister nicht mehr herauskommt. Hier jedoch bezahlt man keinen Eintritt und muss normalerweise auch nicht Schlange stehen, es gibt keine Ausstellungssäle und das größte Kunstwerk ist der Boden auf dem wir uns bewegen. Es bleibt nichts als die Qual der Wahl zwischen schier unendlich vielen Routen, die jede Menge Kletterspaß und traumhaften Fels in diesem vertikalen Paradies versprechen. M.S. 2015
GRANIT UND NICHT NUR!
Inhaltsverzeichnis und Karte
VAL CHIAVENNA
20
BERGELL 82
VAL DEI RATTI 22 CIMA DEL CAVRÈ 24 SASSO MANDUINO SÜDOST 27 PUNTA REDESCALA 36
VAL SCHIESONE 86 PIZZO DI PRATA 88
VAL CODERA 40 SENTINELLA DI VAL CODERA 46 SASSO MANDUINO NORDWEST 48 CIME DI GAIAZZO 50 PIZ LUNG 52 PILASTRO DI QUOTA 2881m 54 PIZZO LIGONCIO 56 SELLA LIGONCINO 62 PUNTA SFINGE 66 PIZZO DELL'ORO SÜD 73 PUNTA TRUBINASCA 76 PIZZO TRUBINASCA WEST 80
VAL BONDASCA 96 KLETTERGARTEN PLOTA 102 KLETTERGARTEN CAPANNA SCIORA 104 PIZ GRAND 106 FORT DA SCIORA 108 TORRE INNOMINATA DI CACCIABELLA 111 SCIORA GRUPPE 116 PIZZI GEMELLI - FERRO DA STIRO 126 PIZZO CENGALO 132 PIZZO BADILE 138 PIZZO TRUBINASCA NORDOST 178 DENTE DEL LUPO 182 ALBIGNA 184 PILASTRI DI FONDOVALLE 190 PIZZO BALZETTO 192 PLACCHE DEL LAGO 197 PIZ DAL PÄL 199 PIZZO BACONE 204 BIOPFEILER 210 PUNTA ALBIGNA 216 CIMA DI CASTELLO 221 TORRIONE DEL FERRO 222 PIZZO DEL FERRO ORIENTALE 224 AGO DI SCIORA - SÜDOST 226 PIZZO FRACHICCIO 228 VAL DELLA NEVE – VERGINE – GALLO 238 RODA VAL DELLA NEVE 240 PIZZO SPAZZACALDERA 246 VAL DEL FORNO 266 KLETTERGARTEN CAP. DEL FORNO 268 MONTE DEL FORNO 272 FORNOPLATTEN 275 PIZZO CASNILE 276 CIME DEL LARGO 281 MONTE SISSONE 284 CIMA DI ROSSO 285 KLUCKERZAHN 287
6
Piz Ledù 2503 m
Prata Camportaccio
SONDRIO-LECCO
P.zo Sasso Canale 2411 m
A
S. Cassiano
Va
Chiavenna
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Lago di Mezzola
Pizz Gallagiun 3107 m
Verceia
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Cap. dell’Albigna
ST. MORITZ
Cap. del Forno
Piz Fedoz 3190 m
el Maloja
Piz Bacun 3244 m
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Lej da Segl Maloja
Biv. Taveggia
Piz Fora 3363 m
i
Rif. Volta
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Rif. Omio
S. Martino
Biv. Manzi
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3678 m
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Corni Bruciati 3114 m
Rif. Ponti
Rif. Bosio
Rif. Desio
Biv. Kima M. Disgrazia
V A L T E L L I N A
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Rif. Scotti
Cima d’Arcanzo 2714 m
di M
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Bonacossa
Va l
Biv. Molteni Valsecchi
Filorera Cataeggio Monte Spluga 2845 m
P.zo Ligoncio 3032 m
Rif. Brasca
Rif. Gianetti
Va l
Lago Cima di Rif. Del GrandeChiareggio d’Albigna Rosso Cap. Cima di 3366 m Camerini Cap. Sasc Furä Sciora Castello Rif. Gerli 3375 m M. Sissone Porro P.zo Badile Cima della Rif. Tartaglione 3330 m 3305 m Bondasca Crispo 3267 m P.zo Cengalo Biv. Oggioni Rif. Ventina Biv. Pedroni Rif. Allievi 3369 m del Prà
Biv. Valli
Sasso Manduino 2888 m
e od
M. Gruf 2936 m
Castasegna
Vicosoprano
Piz Piot 3053 m Val Maroz Piz Duan 3131 m
A L I G A G Bondo B R E
P.zo di Prata 2727 m
so
Novate Mezzola
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Cima da Lägh 3083 m
L V A
P.zo Stella 3163 m
P.zo Groppera 2948 m
S. Giacomo Filippo
Campodolcino
PASSO DELLO SPLUGA
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7
Val Codera
Val Codera Das Codera Tal stellt den westlichsten Ausläufer der Masino/Bergell-Gruppe dar. Das feindliche und wilde Ambiente der Berge und vor allem der schwierige Zugang waren für das im Vergleich zu den umliegenden Gebieten eher späte Einsetzen alpinistischer Erkundungen verantwortlich. Im Jahr 1936 schreibt Aldo Bonacossa im Zuge der Veröffentlichung des Bergführers Masino/Disgrazia/Bergell: „(…) dieses wilde Tals kann man als „Aschenputtel“ der Region bezeichnen. Ein Tal für jene, die keine Eile haben. In den zahlreichen Nebentälern kann der Alpinist eine Einsamkeit finden, die er sonst fast kaum noch antrifft.“ Auch fast achtzig Jahre später trifft seine Beschreibung den Nagel auf den Kopf. Um ins Tal zu gelangen, startet man in Novate Mezzola auf ca. 300 m Höhe und folgt zu Fuß dem kurvigen Saumpfad durch eine schwindelerregende Schlucht bis ins Dorf Codera. Ab hier noch ein paar Stunden Fußweg und man steht unter den schönsten der Wände: die Nordwände von Sfinge und Ligoncio. In vieler Hinsicht ein traumhafter Ort, auf der einen Seite die anthropologisch-kulturell interessanten Zeugnisse eines Almlebens im Einklang mit der Natur, auf der anderen Seite die totale Wildnis, die zur alpinistischen Erkundung entlegener Wände in hohen Lagen einlädt.
Monte Gruf Pizzo di Prata
Bocch. di Val Piana
Sass Becchè Monte Belèniga
Bocch. di Prata
Bresciadega
40
Bivacco Valli
Monte Conco
Rif. Brasca
BRASCA HÜTTE 1300 m Bewirtschaftet von Juni bis September. Sie liegt etwa auf der Hälfte des Tals und ist ein ausgezeichnetes Basislager für Besteigungen der Sfinge/LigonicoGruppe. 50 Betten. Zustieg: Der Weg beginnt in Novate Mezzola, beim Parkplatz in der Ortschaft Mezzolpiano (300 m), den man über die bergauf führende Gemeindestraße durch die Ortschaft Novate erreicht. Es gilt, dem hervorragenden Saumpfad bis nach Codera (Hütte, Gasthäuser) zu folgen, dann weiter durch das recht eben verlaufende Tal zur Brasca Hütte (im Sommer/fast ganzjährig geöffnet, 3/4 Std. bis zu dieser Stelle). Valli Biwak 1920 m 9 Schlafplätze mit Decken. Das Biwak befindet sich in einzigartiger Lage bei einem großen Felsblock inmitten des Valle Arnasca. Es dient als Ausgangspunkt für die Begehungen in den Nordwänden der Sfinge und des Ligoncio. Zustieg: Von der Brasca Hütte (si. oben) auf dem gut markierten Pfad rechts (Süd) ins Valle di Arnasca bis zum Biwak (1.30/2 Std.).
P.zo Ligoncio
Monte Monte Gruf Conco
Punta Bonazzola Cima Lavina
P.zo Dell'Oro Merid.le P.zo Porcellizzo P.so Porcellizzo
P.ta Torelli
Codera Bresciadega P.ta S. Anna Biv. Pedroni-Del Pra' P.ta Trubinasca
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Val Codera
Pizzo di Prata Monte Belèniga
Codera
Sentinella
Val Codera
42
Sasso Becchè
Monte Gruf
Sasso Manduino
Punta Redescala
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La
Frasnedo
Val dei Ratti
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Val Codera – Sentinella di Val Codera
Sentinella di Val Codera 800 m. Hierbei handelt es sich um eine schöne Platte oberhalb der Ortschaft Mezzolpiano (Novate Mezzola). Diese südseitig ausgerichtete Wand bietet zwei Routen mit hervorragender Felsqualität und zudem einen außergewöhnlichen Ausblick auf den Novate See. Zustieg: Über den Saumpfad des Val Codera (siehe Zustieg Valli Biwak). Bei einem gelben Warnschild („Vorsicht Steinschlag“) setzt man auf dem Weg nach rechts zu einer bescheidenen Grube fort. Kurz vor einem rostigen Bulldozer biegt man links ab, folgt den anzutreffenden Steinmännchen und erreicht auf diese Weise einen mit einem Fixseil abgesicherten Abschnitt. Über das besagte Fixseil gilt es aufzusteigen und nach links auf einem Trampelpfad (Blickrichtung zum Berg, Wand ist in Sicht), erst leicht abwärts und schließlich zum Einstieg bergauf, fortzusetzen. Bohrhaken zwei Meter über dem Boden zu sehen. 45 Minuten zu Fuß vom Parkplatz.
1 L’ESSENZIALE È INVISIBILE AGLI OCCHI M. Della Bordella, J. Palermo, T. Salvadori, P. Toniato, V. Rubini, 2005 260 m (7 SL) 6c+ (6b+ obl.)/RS2/I Schöne Granittour. Auf zwei erste Seillängen über geneigte Platten mit Reibungspassagen folgt ein beinahe senkrechter Pfeiler mit Leisten und vereinzelten Rissen. Material: Einige mittlere/kleine Friends, um die vorhandene Absicherung (10 mm Bohrhaken) zu vervollständigen. Einstieg: Bei einer Lichtung am Fuße einer Platte. Bohrhaken 2 Meter über dem Boden. Abstieg: Abseilen über die Route. Anmerkung: Es ist üblich, Standplatz Nr. 2 auszulassen und stattdessen ein paar Meter weiter rechts an nicht verbundenen Bohrhaken den Stand zu bauen. S2 (mit Reepschnur) zum Abseilen.
Sentinella di Val Codera
2
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1
2 LA STRADA DELLA DISOBBEDIENZA Tommaso Salvadori, Davide Perelli, Marco del Tredici, Giovanni Zorzolo und Jimmy Palermo 2007 250 m (8 SL) 7a (6c obl.)/RS3/II Interessante technische Kletterei. Sehr lohnend ist die vierte SL im überhängenden Riss. Relativ weite Hakenabstände in der Schlüsselpassage.
5c
Material: 60m Seile, Friends (inkl. Mikrofriends). In der Route 10mm Inox BH. Einstieg: 15 m vom Einstieg der L’Essenziale…, bei einem alten Kastanienbaum. Abstieg: Abseilen über die Route.
5c
SENTINELLA DI VAL CODERA 6b+ 6c+
7a 6c+ 6a+ 6b+ 6c+
5c
6b+
Einfach 5b 6b+
6a+
6a+
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Val Codera – Punta Sfinge
Punta Sfinge 2802 m Gipfel der Wasserscheide Masino/Codera; auf der Nordwestseite liegt eine tolle, glatte und kompakte Felswand, über die einige charakteristische und schwierige Routen verlaufen. „Die erste Route über die glatte Wand ist die legendäre Oppio, 600m 6a und A2/A3 (S.Duca und N.Oppio, 1941), erschlossen vom starken und visionären Nino Oppio. Die Route galt lange als maßgebend für extreme Routen in den Zentralalpen und als eine der schwierigsten im gesamten Alpengebiet. Sie verläuft am rechten Ende der Wand. Bis heute zählt sie lediglich zwei Wiederholungen (Airoldi, Piazza, Gallieni und Osio 1958 und Colzada mit Liberà zum ersten Mal all-free 2006). Die zweite Route, am linken Ende, ist die berühmte Via del Peder, 400m 6a und A0 oder 6b, 1976 von G.Alippi, L.Gilardoni, M.Lanfranconi und R.Snider erschlossen. Sie ist Pietro Gilardoni gewidmet, dem Protagonisten zahlreicher vorangegangener Besteigungsversuche, von uns gegangen bevor die Route beendet werden konnte. Aus dem Jahr 1984 stammt die Route Graziano Bianchi, 450m 5c und A3 (Assi, Bortoli und Colombo), die erst über die Dächer und Überhänge am Wandfuß führt, links von Oppio, und dann diagonal nach rechts verläuft um den kompakten Platten zu
„entkommen“. Die Platten werden erst im Jahr 1990 in Angriff genommen: Leggende del Liss, 550m 6c/A2, erschlossen von den Brüdern Rossano und Valentino Libèra mit Pietro Nonini und Teo Colzada. Der erste Teil führt mit mühsamem Technoklettern über die nassen Überhänge der oben genannten Graziano Bianchi. Der eigentliche Schritt nach vorn fand jedoch erst 1992 statt, als die Brüder Libèra und Davide Biavaschi in mehreren Versuchen die Route One, 350m 7a, erschlossen. Sie führt direkt über die kompakten Platten im zentralen Wandabschnitt. 2012 schließlich schafft Rossano Libèra, gesichert von Sabina Bottà, die Rotpunkt der ersten mühsamen Seillängen von Graziano Bianchi und klettert entlang der Route One weiter bis zum Gipfel.“ Rossano Libera Zustieg: A) Vom Valli Biwak im Valle d’Arnasca geht es direkt zum Wandfuß weiter (1,5 Std.). B) Ab der Omio Hütte im Valle dell’Oro (Val Masino, si. Nichts als Granit Band 1, S. 36) auf dem Pfad zum Ligoncio Pass, sobald die Nordostwand der Sfinge in Sicht ist den Weg verlassen und entlang der kleinen Senke mit Geröll bis kurz unter den Pass. Quer nach links bis zu einem Einschnitt nahe der Nord-Nordwestkante der Sfinge. Bei Pizzo Ligoncio
Sella Ligoncino Punta Sfinge Pizzo Dell'Oro Merid.le
Passo Ligoncio
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Punta Sfinge
16
18
15
17 19
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Val Bondasca
Val Bondasca Hierbei handelt es sich um das Tal, das die größte Konzentration an hohen Wänden aufweist, wobei der Berühmtheitsgrad der Wände nicht ausschließlich auf deren erlangten alpinistischen Stellenwert zurückzuführen ist, sondern auch in Zusammenhang mit der Faszination gesehen werden muss, die diese Berge ausüben. Die Kombination dieser Aspekte vermag ein hochgeschätztes alpines Bild zu kreieren. Unter den zahlreichen Bergen im Tal hebt sich der Pizzo Badile mit Sicherheit als der bekannteste hervor. Es folgen Pizzo Cengalo, Pizzo Gemelli sowie die Sciore Gipfel auf der einen und Pizzo S. Anna und Trubinasca auf der anderen Seite. Unzählige schöne Kletterlinien sind in diesem Tal beherbergt, vielen von ihnen gelang es, im Laufe der Zeit zu gleichermaßen beliebten wie ersehnten Zielen von Bergbegeisterten jeglicher Nationalität zu avancieren. Da es sich hier um lange Touren in hochalpinem Ambiente handelt (in dem Sommergewitter außerdem keine Seltenheit sind), erfordert das Klettern in diesen Bergen durchwegs ein ordentliches Maß an alpiner Erfahrung beziehungsweise an entsprechender Vorbereitung. Zwei bequeme Hütten erleichtern den Zustieg zu den einzelnen Klettereien. Andere, weniger aufwändige Routen sind hingegen sogar als Eintagesunternehmungen vom Tal aus zu realisieren. Während man für Begehungen an den Bergen im östlichen Sektor, sprich für Sciore, Punta Innominata und Ferro da Stiro, gewöhnlicherweise von der Capanna Sciora startet, wählt man für Touren am Badile, Cengalo und Trubinasca Gipfel eher die Capanna Sasc Furä als Ausgangspunkt. Zu guter Letzt soll darauf hingewiesen werden, dass im gesamten Tal wildes Campen untersagt ist. Capanna Sciora 2120 m Tel.: 0041 (0) 81 822 11 38 Zugang: Von der Ortschaft Bondo (3 km von der Italien-Schweiz-Grenze) fährt man über die gebührenpflichtige Mautstraße (12 SFR/10 EUR, Automat) bis zum Parkplatz am Straßenende. Über den dort beginnenden Weg gelangt man in der Nähe des A. Laret (1377 m) zu einer Weggabelung mit der Abzweigung Richtung Sass Furä. Nach links über eine schöne Spur mit einem recht steilen Mittelabschnitt aufsteigen bis man die Capanna Sciora erreicht hat (2/2.30 Std.). Capanna Sasc Furä 1904 m Tel.: 0041 (0) 81 822 12 52 Zugang: Wie für die Capanna Sciora, ab dem Dorf Bondo, 3 km von der italienisch-schweizerischen Grenze entfernt, mit dem Auto auf der kostenpflichtigen Straße (12 CHF, 10 Euro / Ticketautomat) bis an deren Ende. Hier befindet sich der Parkplatz. Wie zur Capanna Sciora dem Pfad bis nach Laret folgen und dann rechts halten (Markierungen). Es geht bergab und auf einem neuen Holzsteg über den Fluss, dann entlang einer markanten Spur über sehr steile Abschnitte bis zur Capanna (1.15/1.30 Std.).
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Punta S. Anna Punta Trubinasca
Pizzo Trubinasca
Pizzi dei Vanni Passo Trubinasca Dente del Lupo
Cap. Sasc Fur채
P
101
Val Bondasca – Le Sciore
Le Sciore 3238 m
Gruppo di Sciora
Pioda Torre Innominata di Cacciabella
Dafora
Cima di Castello
Scioretta
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Ago
SCIORA GRUPPE Hierbei ist die Rede von den schlanken Felsnadeln der Sciora Gruppe. Von links nach rechts finden wir: die Sciora Dafora, die Pioda di Sciora, die Ago di Sciora und die Sciora Dadent. Jede einzelne der von den eben genannten Gipfeln ausgehenden Kanten stellt für sich gesehen eine erstklassige Route dar. Die Sanierung der Touren sowie die Entstehung diverser Varianten haben es erlaubt, eine Verbindung zwischen den einzelnen Originalverläufen herzustellen und somit auch die Qualität
der Routen zu verbessern. In Anbetracht der Routenlängen und des hochalpinen Ambientes sollte stets entsprechend an die geplante Unternehmung herangegangen werden. Zustieg: Auf einem Trampelpfad steigt man über die Hänge hinter der Capanna Sciora auf, passiert dabei enorme Felsblöcke und steuert auf einen weiteren Block am höchsten Punkt der Moräne zu. Anschließend setzt man zu einer Ebene am Fuße der Sciore beziehungsweise zum Einstieg der gewünschten Route fort (1 Std.).
Pizzi Gemelli Passo del Ferro Dadent
Pizzo del Ferro Centrale
Passo di Bondo
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Val Bondasca – Le Sciore 118
18 SCIORA DAFORA – DIRETTA INTEGRALE K. Simon, W. Weippert, 1933 H. Amacher, U. Sagesser, F. Gadola, 1969 (unterer Teil) 850 m (21 SL) 6c (6a/A1 obl.)/RS2/IV Diese Tour zählt mit Sicherheit zu den schönsten im gesamten Bondasca Tal. Es handelt sich hierbei um eine Kombination diverser Linien, die mit der Originalroute aus dem frühen 1933 abschließt. Der erste Abschnitt wurde 1998 von B. Falett und Gefährten saniert. Zudem wurden im Laufe der Zeit ein paar direktere Varianten hinzugefügt: Nachdem zum Beispiel durch einen Felsausbruch der einfache Kamin der Originalroute in die Tiefe gestürzt war, entsteht durch B. Hofmeister eine während der Erstbegehung mit Bohrhaken abgesicherte Variante über die luftige Kante. Diese stellt heute, frei geklettert, die Schlüsselpassage der Tour dar. Material: Mittelgroße Friends. Eispickel nützlich, um zum Einstieg zu gelangen. In der Route 10mm Inox BH, Standplätze eingerichtet. Einstieg: Am Firnfeld, ca. 50 m rechts des tiefsten Punktes des Vorbaus. Routenverlauf: SL1 Glatte Platte, S1 rechts. 5b/c. SL2 Gerade, dann nach rechts auf Platte mit kleinen Pfeilern. 5b. SL3/SL4 Über Platten und kleinere Verschneidungen, dann nach links, Stand an der Kante. 5a. SL5 Auf der Kante bis zu einem geneigten Abschnitt. 5a. SL6 Nach rechts und am Ende nach links auf abgerundeter Kante. 4c. SL7 Ca. 100m auf Geröll bis unter ein rötliches Dach. 2b. SL8 Traverse nach rechts unter dem Dach. 5b. SL9/SL10 Kleiner Kamin und tolle Verschneidung/ Riss bis zu einer Terrasse. 5c. SL11 An der Kante, schön ausgesetzt, auf einem dunklen, etwas flechtigem Pfeiler. 6a. SL12 Eine Terrasse überqueren und in parallelen Rissen bis unter ein Dach. 5b. SL13 Übergangsseillänge über kaputte Felsen auf der Südseite der Kante. 2b. SL14 Nach rechts auf weißem Fels mit Leisten (Erdrutsch), dann nach links queren bis zum S14 auf der Kante. 5c. SL15 Rissige Platten links der Kante. 5c.
5a 5a
4c 5c 6c 6b 5c 5c 2b 5b 6a 5c 5c 5b 100m, 2b
4c Originalverlauf
5a
5a
5a
5b
5b/c
18
Pioda di Sciora
Ago di Sciora
Sciora Dafora
22
20
19
18 21
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Val Bondasca – Pizzo Badile
Pizzo Badile 3308 m Hierbei handelt es sich zweifelsohne um den bekanntesten Berg der Gruppe, der zugleich auch auf die größte Anzahl an erschlossenen Kletterrouten blicken darf. Die charakteristische Felsbeschaffenheit des Berges vermochte es seit jeher, alpinistische Ambitionen zu entflammen und den Berg selbst zu einem der geschätztesten und berühmtesten Unternehmungsziele im Alpenraum avancieren zu lassen. Namentlich sind es die Nordkante und die Cassin an der Nordostwand, die als die meistbesuchten und bekanntesten Aufstiege gelten. Im Laufe der Jahre gesellen sich noch diverse andere Linien dazu: einerseits welche mit eher modernem Charakter, anderseits welche, die ursprünglich als Techno-Touren das Licht der Welt erblickten und heute frei geklettert werden. Das ernstzunehmende Hochgebirgsambiente sowie die darin herrschenden objektiven Gefahren (insbesondere Wetterumschläge und Steinschlag – vor allem in Bezug auf die Routenzustiege und die schneebedeckten Rinnen) erfordern stets Vorsicht sowie ein hohes Maß an alpiner Erfahrung und entsprechender Vorbereitung. Zustieg: Alle Routen der Nordost- und Nordwestwand des Pizzo Badile (außer Panoramica, Diretta del popolo, Belica/Koller, Via degli inglesi, Felice Battaglia und Hiroshima) erreicht man über die Capanna Sasc Furä. Abstieg: Für alle Routen am Badile empfiehlt sich der Abstieg über die Via Normale der Südseite in Richtung Gianetti Hütte (Valmasino). Ab der Gianetti Hütte kann man über die Pässe Porcellizzo und Trubinasca (si. Beginn Kapitel Val Bondasca) zur Capanna Sasc Furä zurückkehren. In manchen Fällen ist es besser von der Nordkante über die Abseilstände mit Ring abzuseilen, dies empfiehlt sich für alle Routen des rechten Wandsektors der Nordostwand, die nicht bis auf den Gipfel führen. Für den Rückweg von Bagni Masino nach Bondo kann man die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen: Bus bis nach Morbegno, Zug (in Colico umsteigen) bis nach Chiavenna
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und nochmal Bus bis nach Bondo. Es ist besser, ein Auto in Bagni di Masino zu lassen oder ein Taxi zu benutzen. Der Abstieg über die Via Normale führt durch die große Südrinne entlang Felsbändern und Rinnen, die durch Steinmännchen und Wegspuren gekennzeichnet sind. An verschiedenen Stellen kann man abseilen (30m, Abseilringe). Achtung auf das Felsband im unteren Teil der Rinne, hier muss man aufsteigen und bis zum Kreuz Castelli/Piatti queren. Eine zweite Möglichkeit über eine Reihe eingerichteter (10mm Inox BH und Abseilringe) Abseilstände, wie im Folgenden beschrieben, auf der Südwestseite ins Val Masino abzuseilen. Ab dem Gipfel folgt man den Wegspuren, die in der großen Rinne im Zentrum des Badile bergab führen (Via Normale). Nach ca. 70/80m seilt man die erste 50m SL ab, steigt zu Fuß (einfach) noch einige Meter ab und erreicht eine Plattform bei einem Einschnitt zur Westseite. Auf der Wand rechts des Einschnitts (Blick zum Tal) befindet sich der erste Stand. In der Rinne auf der Westseite abseilen bis zum zweiten Stand auf der rechten Seite (Blick zum Berg). Ab hier leicht schräg nach links (Blick zum Berg) abseilen. Die 4. SL nochmal leicht nach links (Standplatz nicht gut sichtbar), dann gerade und vertikal bis zum steilen Schneefeld (Achtung). Ab hier empfiehlt es sich, eine letzte SL ab einem Felsköpfel mit Haken bis auf das Geröllfeld abzuseilen. Achtung: Man braucht zwei 60m Seile.
Pizzo Badile
Punta Sertori Colle del Cengalo
Badiletto
P.ta S. Anna
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Val Bondasca – Pizzo Badile
OST-NORDOSTWAND Ist die vertikalste Wand des Berges, an deren Fuß wie ein schräger Teppich die große vereiste Rinne zum Colle del Cengalo liegt. In den letzen Jahren, mit den anhaltenden klimatischen Veränderungen, ist die Rinne stark ausgetrocknet und hat ein sehr steiles und instabiles Geröllfeld freigelegt. Daher kann man in der Sommersaison die Routen dieses Sektors ausschließlich durch Abseilen vom Colle del Cengalo erreichen. Diesen erreicht man über die Gianetti Hütte im Val Masino. Im Fall von Schnee oder Eis in der Rinne und in der finalen Mulde können sich Steigeisen und Pickel als sehr nützlich erweisen. Also sehr genau den Berg beobachten bevor man startet… Zugang über das Val Masino: SS 38 in Richtung Sondrio, ca. 6 km nach Morbegno, auf Höhe der Ortschaft Ardenno, nach links in Richtung Val Masino abbiegen. Auf der SP 9 geht es in das Tal bis in die Ortschaften Cataeggio und Filorera. Auf Höhe von Filorera liegt die Abzweigung nach rechts zum Valle di Sasso Bisòlo und Predarossa. Weiter auf der Straße durch das Val Masino, vorbei am Sasso Remenno (berühmter Klettergarten) und man erreicht San Martino (14 km). Im Dorf an der zweiten Kehre im Dorf liegt die Abzweigung mit Hinweisen ins Val di Mello. Geradeaus geht es zu den Thermen von Bagni di Masino (1172 m, 4 km).
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Rifugio Luigi Gianetti : 2534m, Tel.: +39 0342 645161 – Haus des Hüttenwirts: +39 0342 641068 Zustieg: Vom Parkplatz der Bagni di Masino weiter auf der kleinen Straße entlang der Häusergruppe und dem Tennisplatz bis zu einer Lichtung mit Hinweisschildern. Weiter auf dem gut markierten Pfad rechts und im Wald bergauf bis zur Alpe Corte Vecchia und den Termopili, einer charakteristischen Engstelle zwischen zwei Felsblöcken. Es geht immer noch durch den Wald und bald sehr steil bis zu einem großen Wasserfall. Nach dem „Pianone“ und einer Brücke, stets im Anstieg zwischen Buckeln und Geröllfeldern bis zur Gianetti Hütte (3/4 Std.). Die Hütte wird von Giacomo Fiorelli betrieben und ist von Mitte Juni bis Ende September geöffnet. Colle del Cengalo: Ab der Gianetti Hütte leicht bergauf nach Osten queren, in Richtung Basis der Punta Enrichetta. Diese nach rechts umrunden und auf das Firnfeld unter der Südwestwand des Cengalo halten. Wieder bergauf entlang der Felsen der Punta Sertori bis zu einem steileren Felsstreifen. Über eine kleine Rinne mit Fixseilen gelangt man zum Colle (1.30 Std.).
Pizzo Badile
Dal Colle del Cengalo Punta Sertori
34
32 33
35 31
32
33
34
36
37
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Val Bondasca – Pizzo Badile
zum Gipfel
PIZZO BADILE ost-nordostwand
3a
100m, einfach
5c
4a
3b
7a
6a/A0
7a/b
300m, Rinne mit kaputten Felsen
6a/A0 5b/c 6a/A0 6a
6a
6b/A0
5c
6a
4c
6a
6a+/A0
5a
7a 6a 6c+
5b
5b 6b
5b
5b 5c
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6a
6a
6a
6a A0/5c
32 3a
4a
3a
6a
3a
33 Zustieg: Abseilen vom Colle del Cengalo über eingerichtete Abseilstände (normal Haken)
34
6c+
6a
36 144
SL16 Letzte SL im Risskamin, immer noch schwierig, die zum Stand am Ende der Wand führt. 6a und A0. SL17/SL18 Ohne obligatorischen Verlauf, Achtung auf instabile Felsen, einfach bis auf den Gipfelgrat. 3b. Abstieg: Über die Via Normale. 34 VIA FELICE BATTAGLIA F. Battaglia, C. Corti, 1953 650 m (13 SL) 6a und A0/R3/IV Die erste Route dieser Wand, mit bemerkenswertem Ergebnis, wenn man Zeitpunkt und Material der Erschließung betrachtet. Sie folgt dem ersten markanten Risssystem der Wand, führt dann nach links und verläuft teilweise auch entlang dem zweiten Rissystem. Eine weitere Traverse führt zu geraden Rissen, die kurz darauf verlassen werden, um über ermüdende Spalten bis zum einfachen Ausstieg auf den Ostgrat zu gelangen. Material: Doppelter Satz Friends bis Nr. 4, Nuts und ein paar Haken. In der Route wenige Haken, Standplätze müssen eingerichtet oder verstärkt werden. Zustieg/Einstieg: Vom Colle del Cengalo in Richtung Punta Sertori und bis zum Fixseil, das nach ca. 100m (BH) zum Einstieg der Via Panoramica führt. Ab hier die erste lange SL (55m) abseilen bis zu einem Stand mit 2 Haken; ab hier die 2. SL abseilen. Die 3. SL, bei einem Felsband, seilt man ab einem BH, der mit einer Nut verbunden ist, ab. Die 4. SL ab einer Seilschlinge an einem Felszacken führt zum Einstieg von Diretta del popolo (Ankerpunkte kontrollieren, nicht immer gut erkennbar). Noch 2 SL abseilen, die letzte an Seilschlingen (Felsköpfel); etwas rechts halten und man erreicht den Fuß einer Verschneidung mit zwei parallelen Rissen und sichtbarem Haken. Routenverlauf: SL1/SL2/SL3 markante Verschneidung mit schwieriger Passage in der SL2. 40m 4a, 40m 5c, 40m 5a. SL4 Riss auf der linken Seite der Verschneidung, der über die Verschneidung hinaus und bis zu einem Felsband führt. 40m 5c. SL5 Auf dem Felsband nach links, dann Platte und steile Verschneidung. 45m 5c+ SL6 Verschneidung bis zum eingerichteten Stand. 40m 5b. SL7 Kurz in der Verschneidung, nach links ausstei-
gen und auf der Rampe bis zu einem bequemen Felsband, Stand an einem großen Haken der Erstbegeher. 45m 4c. SL8 An das linke Ende des Felsbands und, an einem Haken mit Karabiner, nach links queren (auf Reibung) bis zu den Verschneidungen links. 50m 6a. SL9 Verschneidung, Ausstieg nach links und bis zur charakteristischen Verschneidung in HalbmondForm. S9 unbequem. 50m 5c. SL10 Den ganzen Halbmond hoch, Stand am Beginn einer Verschneidung/Kamin (oft nass). 55m 6a (ein paar Haken). SL11 In der Verschneidung/Kamin bis der Ausstieg nach rechts möglich wird. Dann kleine Verschneidung, die zum Ende des Kamins führt. 50m 6a und A0. SL12/SL13 Mit zwei SL nach links über strukturiertes, einfaches Gelände erreicht man den Ostgrat. 80m 3b. Ab hier auf dem Grat, auf der Südseite, bis zum Gipfel des Badile. Abstieg: Über die Via Normale. 35 VIA DEGLI INGLESI D. Isherwood, M. Kosterlitz, 1968 650 m (17 SL) 6a und A2/R3/IV 1. Alleingang Martin Moran 1979. 1. RP. Rossano Libèra 2003, 7b. Nachdem die Erstbegeher eigentlich die Battaglia zu wiederholen gedachten, eröffneten sie diese Route sozusagen „aus Versehen“. Es entsteht eine Linie, der aufgrund ihres kühnen Charakters und der Schwierigkeit der Kletterei bald der Stellenwert eines bedeutenden Bezugspunktes zuteil wird. Trotz des langen und gefährlichen Zustiegs über die Colle del Cengalo Rinne tauchen sporadisch Wiederholer auf. Material: Nuts, 2 Satz Friends bis Nr. 3, ein paar Haken. In der Route wenige Haken. Standplätze eingerichtet (kontrollieren, nur ein Stand mit BH). Einstieg: Wie für die vorherige Route, die ersten drei SL gemeinsam mit Via Felice Battaglia. Routenverlauf: SL1/SL4 Der markanten Verschneidung mit schwieriger Passage in der SL2 folgen. 40m 4a, 40m 5c, 40m 5a, 30m, 5b. Die ersten drei SL gemeinsam mit Via Felice Battaglia. SL5/SL7 Die Risse werden zur Kaminverschneidung mit einer mühsamen Engstelle. Es folgt eine Rinne
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Albigna – Punta Albigna
Punta Albigna 2825 m Pyramidenförmiger Berg im Herzen des Valle dell’Albigna Beckens, der über eine hohe, strukturierte, eine Art Vorbau bildende Nordwestwand verfügt. Hier verlaufen einige interessante Linien, die aufgrund ihrer mittelmäßigen Schwierigkeit zahlreiche Wiederholungen zählen. Zudem können alle Linien über den Nordwestgrat zum Punta Albigna Gipfel fortgesetzt werden. Zustieg: Von der Albigna Hütte steigt man zur alten Wasserleitung, die horizontal durch den unterhalb liegenden Hang verläuft, ab und folgt dieser ein gutes Stück bis zu einem Trampelpfad (Steinmännchen), der erst bergab und schließlich über den Bach führt (im Falle eines Zustiegs über den Staudamm ist es nicht notwendig, zur Hütte aufzusteigen, vielmehr kann sofort dem Verlauf der Leitung gefolgt werden). Jenseits des Baches setzt man abwechselnd zwischen Geröll und Wegabschnitten (Steinmännchen) zum Einstieg der gewünschten Route fort.
25 VIA MEULI K. Freund, H. Gschwend, C. Meuli, 1961 370 m (10 SL) 4b/RS2/II Klassische Route, deren Verlauf von diversen Rissen und einfachen Platten gekennzeichnet ist und die über eine einfache Rinne zum Grat am Ende des Vorbaus aussteigt. Die Linie wurde im Jahre 2002 saniert. Material: Einige Friends. In der Route BH und Normalhaken. Standplätze eingerichtet. Einstieg: Bei der auffälligen Verschneidung links des großen Couloirs. Routenverlauf: SL1 Über die Platte links der Verschneidung bis diese sich schließt. Dann nach links zu einem kleinen Felsband. 45m 4a. SL2 Platte, dann auf der Kante des kleinen Pfeilers. S2 in der Rinne darüber (betonierter Ring). 30m 4b. SL3 Entlang der Rinne bis zu einem kleinen Überhang mit Schuppen, Ausstieg links. 30m 3c.
Capanna Albigna
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Punta Albigna
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25 26
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Albigna – Pizzo Spazzacaldera
Pizzo Spazzacaldera 2487 m Seit den 80er Jahren gilt diese dank der Seilbahn bequem zu erreichende Wand als Geburtsstätte zahlreicher sehr lohnender Touren modernen Charakters. Bis dato zählt das Gebiet 40 Linien, die wiederum jeweils zwischen 4 und 10 Seillängen lang sind. Die Kletterei verläuft über steile Platten soliden Granits und weist die dafür typische Beschaffenheit auf. Einige dieser Touren zählen mit Sicherheit zu den schönsten Granitklettereien der Zentralalpen. Besonders die letzten Seillängen von Fiamma und Dente sind einfach atemberaubend. Obwohl die Touren gut abgesichert sind, ist es dennoch von Vorteil, eine Auswahl an Nuts und Friends mittlerer Größe mitzunehmen. Darüber hinaus benötigt man zwei 50 m Seile sowie entsprechende Kleidung (vor allem für den Gipfelabschnitt). Zugang: Albigna Seilbahn (siehe Einleitung Kapitel Albigna).
69
Abstieg: 50 m Abseillängen für fast alle Touren. Andernfalls besteht die Möglichkeit, vom höchsten Wandpunkt in einfachem Gelände zum Fuß der Fiamma fortzusetzen und dort über ein Felsband nach links zum Ausgang einer Rinne (Normalweg) mit einem markanten Weg zu queren. Über diesen Weg steigt man ab und bewältigt dabei eine einfache Kletterpassage (evtl. 20 m abseilen). SÜDWAND Zugang: Von der Bergstation der Seilbahn, der asphaltierten Straße folgen, dann auf dem Pfad bis zum Haus der Staudammwache auf der westlichen (rechts) Seite der Staumauer (10 Min.). 46 GUARDA BEN S. Negrini, 2009 235 m (7 SL) 5b/S2/II
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62 47
P.so Val della neve Frachiccio
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246
75
85
Interessante Route mittleren Schwierigkeitsgrades, eingerichtet vom Bergführer und Kenner dieser Region Siffredo Negrini. Sie führt auf angenehme und nicht zu anstrengende Weise bis zu den Felsnadeln von Fiamma und Dente. Siffredo hat auch eine schwierigere Variante eingerichtet, rechts der vierten SL (40m, 6b, 9 BH). Material: Route komplett eingerichtet. Evtl. ein paar Friends mitnehmen. In der Route 10mm Inox Bohrhaken, Standplätze eingerichtet. Einstieg: Vom Wachhaus auf der Westseite der Mauer entlang dem Pfad zur Normalweg zu Dente und Fiamma, der über die grasige Rippe hinter der Wand von Spazzacaldera führt. Kurz bevor der Pfad den Fuß eines Kamins erreicht, kann man links eine charakteristische grüne Platte mit gut sichtbaren BH erkennen (20/30 Min.). Abstieg: Über den Normalweg.
47 Fiamma SÜd-ROUTE A. Bianchi, 2004/2008 300 m (8 SL) 6a (5c obl.)/S2/II Die Route führt über die Südwand und bietet Rissund Plattenkletterei, stellenweise ist der Fels ein wenig flechtenbewachsen. Wie schon die vorherige Route stellt sie eine Alternative dar, die Spitzen von Dente und Fiamma zu erreichen. Material: Ein paar Friends bis Nr.3. In der Route 10mm Inox Bohrhaken, Standplätze eingerichtet. Einstieg: Vom Wachhaus auf der Westseite der Mauer entlang dem Pfad zum Normalweg von Dente und Fiamma. Bei den ersten Felsen nach rechts abbiegen (Pfeil und blaue Schrift auf Felsblock zur Fiamma Sud). Weiter in Richtung des Beginns eines geneigten Felssporns, links eines großen Felsblocks befindet sich der Einstieg (Stein-
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48 50 47
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Val del Forno
Val del Forno Das Tal ist das erste und längste Tal des Bergell von Osten aus gesehen. Am Talschluss liegen Monte Sissone, Pizzi Torrone und Cima di Castello und es verläuft mit moderatem Gefälle nach Norden. Ein heute stark reduzierter Gletscher erinnert noch an die ursprüngliche Schönheit dieser Orte. Seit den Anfängen des Alpinismus sind Bergsteiger hier unterwegs, Christian Klucker war der Erste, der das Tal erforschte, das heute heut bei Skifahrern und Kletterern sehr beliebt ist. Obwohl die Forno Hütte weit vom Parkplatz entfernt und der Weg dahin sehr lang ist, möchte ich den Aufenthalt in der traumhaften Hütte wärmstens empfehlen. Von hier aus kann man sich aufmachen, den Spuren der Pioniere des Alpinismus zu folgen oder das Klettern auf tollem Fels mit ausgezeichnet eingerichteten Routen in traumhaften Ambiente genießen. Capanna del Forno 2575 m – Forno Hütte Tel.: +41 (0)81 824 31 82 – www.fornohuette.ch Im Besitz der Sektion Rorschach des Cas. Geöffnet von Mitte März bis Mitte Mai (Skialpinismus) und von Anfang Juli bis Ende September. Monte del Forno Sella del Forno
Kluckerzahn Capanna del Forno
Maloja
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Passo Casnile
Zugang: Wer über den Maloja Pass (1815m) mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (Haltestelle des Postauto Schweiz) anreist, geht auf der Bundesstraße kurz bergab in Richtung Castasegna und nimmt den Pfad auf der linken Seite (Hinweisschild – Val Forno). Wer mit dem Auto kommt, fährt vom Maloja Pass bergab in Richtung Castasegna bis zur ersten Kurve, hier beginnt links eine kleine Straße, die nach ein paar hundert Metern zu einem großen Parkplatz führt. Hier parken. Weiter geht es auf dem ebenen Schotterweg, der an den schönen Häusern von Salecina vorbei führt und über eine Rippe ansteigt. Man kann entweder durch den Wald abkürzen oder auf der Piste bleiben bis man den schönen Cavloc See (1910m) und die gleichnamige Alm erreicht hat. Der Schot-
terweg führt nach Süden, wird zum Pfad und erreicht schließlich die Almhütte von Plan Canin (1987m). Weiter nach rechts (Süd/West, Hinweise), den Saumpfad zum Muretto Pass lässt man links hinter sich. Es geht etwas monoton und mit moderater Steigung dahin bis schließlich der Gletscher ins Blickfeld rückt. Die Wegmarkierung (weiß/blau) und das Schild zum Canile Pass rechts hinter sich lassen und den Wildbach auf der Holzbrücke überqueren. Auf der rechten orographischen Seite führt der Pfad nun bergauf über die sichersten Stellen der instabilen Moräne (rot-weiße Markierung) bis zum panoramareichen Rücken mit der Forno Hütte (2572m). Ca. 4 Std.
Monte Rosso Cima di Rosso Cima di Vazzeda Monte Sissone
Pizzi Torrone
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Val del Forno
Kletterg채rten Capanna del Forno Auf den kurzen Platten rund um die Forno H체tte wurden zahlreiche kurze Sportkletterrouten mit Inox Bohrhaken eingerichtet. Im Folgenden werden sie nach Sektoren geordnet beschrieben: A - B - C - D - Kletterg채rten Capanna del Forno E - CONTRAFFORTI CRESTA WSW MONTE DEL FORNO F - FORNOPLATTEN G - CAPANNA DEL FORNO Monte del Forno
E
Sella del Forno
D
B A
F
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Maloja P.so Casnile
C G
7 5a+ 8 4c 9 5c 10 3a 11 4a 12 5c Variante am Ende nach rechts 6a.
Sektor A Der erste Sektor, auf den man beim Anstieg zur Hütte stößt. 12 Routen auf der Platte mit traumhaftem Fels, 3a bis 6a. Zustieg: Von der Hütte auf dem Pfad bergab, 2 Min. Material: 50m Seil - 8 Expressschlingen. 1 4a/b 2 5a 3 5a 4 3b 5 5a 6 3c
KLETTERGÄRTEN CAPANNA DEL FORNO
4a
5c
6a
3a 5c 4c
1112 10
5a+ 3c 5a 5a
4a/b
9
5a
8
3b 6
1
2
3
4
SEKTOR B Vier kurze Felsen mit 9 Routen. Zustieg: Gleich rechts vom Sektor A und hinter der Hütte. Material: 40m Seil - 8 Expressschlingen. 13 Allegra 4b 14 Weisser strich 4b 15 Oder 4a
7
5
16 Suerte 5a/b Schöner, vertikaler Riss.. 17 Nanouk 5c Technische Platte. 18 Panga 6a 19 Media Luna 5b 20 Weisser strich I 5a 21 Weisser strich II 4b
5b
5a/b 5c
4b
21 20
4a 17
13 14
4b
6a
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4b
5a
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