VAL di MELLO
Trad- und Sportklettern in der Wiege des Freikletterns in Italien
Erste Ausgabe August 2023
ISBN 978 88 55471 107
Copyright © 2023 VERSANTE SUD – Milano (I), via Rosso di San Secondo, 1. Tel. +39 02 7490163 www.versantesud.it
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, der elektronischen Speicherung, der Vervielfältigung und der teilweisen oder gänzlichen Bearbeitung.
Umschlag Sarah Haase, Luna nascente © Francesco Bricalli
Texte Niccolò Bartoli
Skizzen Eugenio Pinotti
Wegverläufe in Fotos Mario Sertori
Übersetzung Gerd Zimmermann
Symbole Tommaso Bacciocchi
Layout Chiara Benedetto
Druck Tipolitografia Pagani – Passirano (BS), Italien
Null Km
Von lokalen Autoren, die das Klettern in ihrer Region leben und vorantreiben
Ein „hausgemachter” Kletterführer!
Ein Kletterführer aus der Region!
Was heißt das?
Er ist „gesünder“ und „schmeckt besser“, weil er von Locals stammt.
Genauso wie die Bio-Tomaten vom Bauern nebenan? Richtig! Unverfälscht und authentisch.
Lokale Autoren sind von Vorteil für Alle:
Sie verfügen über die neuesten Informationen.
Sie konzentrieren sich nicht nur auf die allseits bekannten Orte.
– Sie tragen zur Entwicklung ihrer Region bei.
Lokale Autoren sind von Vorteil für die Region:
– Sie veröffentlichen nur das, was auch veröffentlicht werden soll.
– Sie sind bemüht, alle Spots und Ortschaften zu fördern.
Sie sind mit der lokalen Praxis vertraut.
Und zu guter Letzt das Wichtigste: Ihre Felsen liegen ihnen wirklich am Herzen.
Hinweise
Der vorliegende Kletterführer benutzt zuallermeist keine gendergerechte Sprache. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird verallgemeinernd das generische Maskulinum verwendet, das z.B. mit dem oft verwendeten Begriff „Kletterer“ gleichermaßen weibliche, männliche und diverse Kletternde meint. Sie sind damit selbstverständlich gleichberechtigt angesprochen.
Klettern ist ein potenziell gefährlicher Sport und geschieht immer auf eigene Gefahr. Alle Hinweise in diesem Führer beruhen auf Informationen, die zum Zeitpunkt der Drucklegung aktuell waren. Es wird empfohlen, sich vor der Begehung einer Route über den aktuellen Stand zu informieren.
Null Km
Von lokalen Autoren, die das Klettern in ihrer Region leben und vorantreiben
2% der Einnahmen aus dem Verkauf dieses Führers wird in Material für Erschließungen und Sanierungen investiert
NICCOLÒ BARTOLI
VAL di MELLO
Trad- und Sportklettern in der Wiege des Freikletterns in Italien
Vorwort des Herausgebers
Mit diesem Exemplar haltet Ihr einen vielleicht etwas ungewöhnlichen Kletterführer in den Händen. Ihr fragt Euch, warum?
Nun, erstmals in der Geschichte von Versante Sud, schreiben die Herausgeber ein Vorwort. Aber das ist noch nicht alles. Einige der Kletterrouten des Tals sind reich an Geschichte und Charakteren, was große, weitaus bekanntere Gebiete verblassen lässt. Und ja, es kommt noch etwas dazu: die landschaftliche Schönheit des Val di Mello. Dass es auf der Welt noch viele andere wunderschöne Orte gibt, steht natürlich außer Frage. Aber das Val di Mello ist einzigartig. Versprochen!
Denke ich an dieses Tal, habe ich sofort die vielen Menschen vor Augen, die sich dort tummeln. Angesichts des recht kleinen Tals erschien mir ihre große Zahl doch etwas unverhältnismäßig. Ich fragte mich so manches Mal: Was machen all die Leute dort? Aus der Ferne schien es mir manchmal, dass sich einige lieber an einem Glas Bier festhielten als einen Felshammer in die Hände zu nehmen. Dazu gehörten auch solche, die eher über den Namen einer Route oder eine Wand philosophierten, als dass sie denn in eine solche einsteigen wollten. Manchmal zeigte sich das auch in Fotos, die man aus dem Val di Mello zu sehen bekam: hier ein Nickerchen auf einer großen Felsschuppe, dort ein (wahrhaft festliches!) Abendessen auf dem Gipfel des Precipizio, da ein Zwiegespräch mit Schmetterlingen. Irgendwie blitzte stets der Gedanke von „Strandurlaub“ durch: bloß nichts überstürzen, wenn mal ein Haken gesetzt werden muss, und am besten dabei die Badeschuhe anbehalten... War da auch etwas mit Klettern?
Die damaligen Locals pflegten in meinen Augen einen Stil wie Paul Pritchard, ein bekannter britischer Kletterer, der schwierigste Routen in Goghart (Wales) eröffnet hat. Vielleicht wäre er stolz auf sie gewesen, lagen sie doch fast komplett auf seiner Linie (abgesehen davon, dass sie weniger Ehrgeiz bei ganz großen Zielen entwickelten). Pritchard beanspruchte in seinen jungen Jahren für sich, dank einer Arbeitslosenunterstützung sozusagen auf Staatskosten „tätig“ sein zu dürfen und zählte sich zu einer neuen Generation von Vollzeit-Kletterern „proletarischen“ Ursprungs. Auch im Val di Mello war bei manch einem Kletterer eine ähnliche Haltung spürbar: Hier schrieb man sich selber einer „gesellschaftlich unnützen Existenz“ zu.
Zumindest in Bezug auf das Klettern lassen sich viele gesellschaftliche und kulturelle Umwälzungen jener Jahre in den Erzählungen und Geschichten dieses Führers nachvollziehen. Sie widerlegen zum großen Teil das, was ich lange Jahre von einer solchen Denkweise hielt. Um etwas Verständnis für diese Haltung aufzubringen, reicht es, eine der unzähligen Routen dieses Führers zu klettern, oder – noch einfacher – sich in eine Hängematte zu legen und die eine oder andere Story zu lesen.
Auf welchen Weg begibt sich ein Verlagshaus, das sich das Siegel „Null Km” auf die Fahnen geschrieben hat (was das bedeutet, ist auf dem inneren Umschlag dargestellt)? Über den Reichtum an Routen und die mit ihnen verbundenen Personen soll natürlich so genau wie möglich berichtet werden. Dies ist per se schon schwierig genug. Um die Locals dazu zu bringen, ihre persönlichen Erinnerungen, Gedanken oder Denkweisen aufzuschreiben, bedurfte es vielerlei Anstrengungen über das übliche Maß hinaus. Ohne Chiara, Kletterin, beste Kennerin des Tals und seit vielen Jahren die große Stütze beim Layout unserer Bücher, wäre dieses Projekt nicht zu Ende geführt worden. Sie brachte nicht nur Struktur und Ordnung in manch eine philosophische Betrachtung des Autors über das Wesen der Platten, sondern suchte und involvierte zudem eine große Anzahl an Leuten, die diesem nach wie vor gesunden und lebendigen alpinen Ökosystem eng verbunden sind und sich um seine Entwicklung sorgen.
Ihr haltet nun einen umfassenden Kletterführer in den Händen, in dem viele Perlen der vorherigen Ausgabe des Autors Mario Sertori aufgenommen wurden. Daher an dieser Stelle noch einige Worte zu ihm: Mario stammt aus dem Val di Mello und ist vehementer Befürworter des Projekts „Null Km“. Wie er es geschafft hatte, ein Werk von solch großer Genauigkeit und gleichzeitig mit gebührendem Abstand zu realisieren, bliebe eigentlich ein Rätsel, wenn es nicht ein paar Hinweise gäbe, dass er anders dachte als Andere: Wenn er auf Kletterfotos zu sehen ist, dann klettert er auch meist, Zwiegespräche mit Schmetterlingen sind nicht sein Ding und ein Festessen auf einem Gipfel liegt außerhalb seiner Vorstellungskraft.
(© A. Valsangiacomo)Vorwort
Es gibt unzählige Orte, wo man interessante Kletterrouten findet und genauso viele andere, wo es sich gut leben lässt.
Aber es ist gar nicht so einfach, ein solch wildes, teilweise recht schroffes Tal zu finden wie das Val di Mello, wo Klettern und Lifestyle so harmonisch, ja nahezu untrennbar, miteinander verbunden sind.
Dazu gesellt sich das Grün der jahrhundertealten Buchenwälder, die silberfarbenen Granitwände, die bunten Blumen und das Rauschen des Wildbachs – kurzum: das Val di Mello ist ein absolut traumhaftes Gebiet mit allen Zutaten für fantastische Klettereien und unvergessliche Aufenthalte..
A. BoscacciDieser Kletterführer über das Val di Mello soll keine reine Aufzählung von Routen bzw. Seillängen sein.
Schon seit vielen Jahren kehre ich immer wieder in dieses Tal zurück und musste leider des Öfteren feststellen, dass einige der alten Wege überhaupt nicht mehr oder nur mit wenig Genuss begangen werden können. Zurückzuführen ist dies vor allem auf den zunehmend starken Bewuchs mit Flechten, der vermutlich mit dem Klimawandel einhergeht.
Ich habe mich deshalb entschieden, eine Auswahl zu treffen. Stark bewachsene und somit kaum begangene oder sogar komplett in Vergessenheit geratene Linien sind deshalb in den Beschreibungen sozusagen auf der Strecke geblieben, wir haben sie aber dennoch in Fotos und Wandskizzen belassen. Weitere Informationen diesbezüglich finden Abenteuerliebende und Forschende noch in den älteren Kletterführern sowie den historischen Aufzeichnungen, die in der Bar Monica ausliegen (geht bitte sorgsam damit um!).
Niccolò BartoliDanksagungen
Autor
Ihr seid so viele, und ganz sicher werde ich die eine oder den anderen an dieser Stelle vergessen haben...! Ich danke vor allem meiner Familie, die es mir gestattet, meine Passion immer mehr auszuleben. Danke Mama & Papa.
Ein Dankeschön geht auch an Giovanna „Mannara” und Rel „Lanzavecchia”, mit dem ich das Val di Mello entdecken durfte; an Saro, Alberto, Lorenz und Puggile, meinen Begleitern bei Abenteuern und unendlich langen Tagen; an den „Presidente” Luca Schiera, an „Vez” Simone Pedeferri, Monica und Franca, an „Schnauzbart” Paolo Marazzi, Marco „Zanker” Zanchetta, „Milla” Camilla Cerretti, Giovanni Ongaro genannt „Oracolo”, Davide Spini, Laura Pastorelli, “Rampik” Luca Maspes, Max Piazza „il Brasile”, Andrea Barbieri „Ketty” und „Ninni”, Ary und seiner Osteria ‘Stravedè’, Gianni Zappa, Pietro Gaibazzi, Federica „Superming” Mingolla, Marta „Miss Latitanza” Carminati, Matteo Colico, Talo Martin.
Ich danke der Calamari Gang, Vivaldi und Maya, Josuè „Josechu” Sartorio, Mati „Island”, „Songio” Giacomo Songini, Cate und Marco, Greta „Thumberg”, Giovanni Spinazzè genannt „Gino”, Andres „il Messicano”, Nik „Vicking” Farina, Beatrice Passarella, Matteo „Flower Power” und der gesamten Familie Fiorelli.
Ein großer Dank geht auch an die Kundaluna Bar, an „Elio” Elia Sartorio und Familie, die mich bei meinem alpinen Werdegang unterstützend begleitet haben.
Ich danke allen, die mir seit einigen Jahren positive Zukunftsaussichten bescheren: Wild Country, Sherpa Mountain Shop, Owlclimb, Lazyghost und Spontanea Project.
Ich danke Chiara und der ganzen Crew von Versante Sud dafür, dass sie mich ertragen und mich bei neuen Ausgabe dieses Kletterführers tatkräftig unterstützt haben.
Und zu guter Letzt: Danke, Val di Mello, dass du mich vor vielen Jahren aufgenommen hast; danke, ihr Granitwände, danke für eure herausragende Felsqualität.
Herausgeber
Wie schon im (etwas ungewöhnlichen) Vorwort angedeutet, ist es uns ein großes Anliegen, einigen Personen zu danken, ohne deren Hilfe und Einsatz dieser Kletterführer nicht entstanden wäre. Die schon vom Autor genannten Personen müssen hier nicht wiederholt werden, es reicht, darauf hinzuweisen, dass sie dem Team von Versante Sud auch bei späteren Fragen mit Auskunft und Rat immer zur Verfügung standen. Dafür nochmals ein herzliches Dankeschön!
Wir danken auch all jenen, die uns ihr Fotoarchiv zur Verfügung gestellt haben: Jacopo Merizzi, Giuseppe „Popi” Miotti, Davide Bernardi, Angelo Rossi, Elena Rigamonti, Luca Biagini, Sarah Haase, Alessio Valsangiacomo, Mattia Bianchi, Matteo „Giga” De Zaiacomo, Eraldo Meraldi und Paolo Vitali.
Ein großer Dank geht auch an alle, die sich trotz vieler Telefonate und Mails nie belästigt fühlten. Mit ihrer Hilfe erhielten wir die richtigen Kontakte und konnten unzählige Details, die die Qualität dieses Führers ausmachen, klären: Paolo Masa, Mario Sertori, Andrea Affaticati, Alberto Prina, Stefano „Pizza” Pizzagalli, Domenico „Dodo” Soldarini, Fabrizio „Fafa” Calebasso, Michele Cisana.
A. Bonacossa, G. Rossi, MASINO BREGAGLIA DISGRAZIA Vol.1 e Vol.2, Cai/Tci 1977, 1975.
Ivan Guerini, IL GIOCO-ARRAMPICATA DELLA VAL DI MELLO, Zanichelli 1979
G. Miotti, L. Mottarella, SUL GRANITO DELLA VAL MASINO, Grafiche Washington 1979
Antonio Boscacci, VAL DI MELLO, Ed. Tamari 1980
Alessandro Gogna, 100 NUOVI MATTINI, Zanichelli 1981
Paolo Masa. Jacopo Merizzi, VAL DI MELLO. 9000 METRI SOPRA I PRATI, Egeria 1985
Antonio Boscacci, GUIDA AL SASSO DI REMENNO, Il Gabbiano 1985
Pietro Corti, Cristina Zecca, VAL DI MELLO, Grafiche Stefanoni 1989
Daniele Pigoni, ARRAMPICARE IN VALTELLINA, Grafiche Bonazzi 1989
Luisa Angelici, Antonio Boscacci, MELLO, Albatros 1990
Pietro Corti, Paolo Vitali, MASINO BREGAGLIA, GRANITO D.O.C., Grafiche Cola 1993
Gian Luca Maspes, Giuseppe Miotti, MASINO, BREGAGLIA DISGRAZIA, Guide dalle Guide 1996
Div. Autoren, ARRAMPICATE SPORTIVE E MODERNE IN VALTELLINA VALCHIAVENNA ENGADINA, Versante Sud 1999-2006
A. Gaddi, MASINO BREGAGLIA, REGNO DEL GRANITO, 2007
J.Merizzi, MELLOMITO, La riserva naturale della Val di Mello,vissuta in punta piedi, Editore VEL 2013
M. Sertori, VAL DI MELLO-Klassische und moderne Routen. Versante Sud 2014
Div. Autoren, UP ANNUARIO DI ALPINISMO 2016, Versante Sud 2016
Div. Autoren, UP CLIMBING #13 VALMASINO, Versante Sud 2021
C.Cerretti, VALTELLINA Rock – Klettergärten, Versante Sud 2021
Zugang
Das Val di Mello ist ein Seitental des majestätischen Val Masino; es liegt im Herzen der Alpen und grenzt an Schweizer Staatsgebiet.
Mit dem Auto: von Lecco auf der Staatstraße SS 38 („Stelvio“) bis nach Ardenno (SO), dort links abbiegen auf die Provinzstraße SP 9 („Val Masino“), durch die Orte Cataeggio und Filorera weiter nach San Martino (13 km), wo sich ein großer Parkplatz und das Tourismusbüro befinden.
Mit Bahn oder Bus: Ab Mailand über Lecco-Sondrio-Tirano weiter nach Morbegno (SO); ab hier besteht eine Busverbindung ins Val Masino (Information zu Fahrplänen und Fahrkartenverkauf: Società Trasporti Pubblici Sondrio STPS (Morbegno – Val Masino).
Ab San Martino darf man nur zu Fuß ins Val di Mello weiter. Motorisierter Verkehr ist ausschließlich mit Sondererlaubnis gestattet.
FEEL THE FLOW
Dance with doubt, face fear, move within the moment. Be yourself, be a climber.
#feeltheflow wildcountry.com
Anmerkungen zu Geologie, Fauna und Flora
„Bekanntlich sind Steine ja hart, aber hier im Val di Mello sind sie besonders hart. Überall findet sich Granitgestein, und zwar besonders gutes aus sogenanntem „Serizzo“ bzw. „Ghiandone“-Granit. Ersterer ist sehr feinkörnig, der zweite weist viele Orthoklas-Kristalle auf. Wollte man ganz genau zu sein, müsste man bei Serizzo-Granit vielmehr von Tonalit sprechen, weil der Quarzanteil weniger als 10 Prozent beträgt. Auch bei Ghiandone-Granit, der hier deutlich mehr verbreitet ist, wäre eine Präzisierung notwendig, denn eigentlich ist dies ein – wenn auch atypischer – Granodiorit, der in seinem Aufbau aber sehr dem Tonalit ähnelt.
Kurzum: es hat etwas von einem großen Durcheinander und nur Geologen werden diese kleinen Unterschiede sehen, verstehen und beschreiben können. Für uns Kletterer mag die Tatsache genügen, dass die Reibungseigenschaften im Val di Mello fast perfekt sind. Was die Tierwelt betrifft, so findet sich hier eine Vielzahl von Arten (einschließlich Wilderern...): Hühner, Reb- und Schneehühner, Eichhörnchen, Ameisen, kleine Schlangen, Raben, Fledermäuse – aber das definitiv ungewöhnlichste Tier ist der „Gigiat“! Für Tierliebhaber wie auch die berühmte Forscher wären begeistert, wenn sie ihn endlich einmal zu Gesicht bekämen. Ab bislang hat ihn noch niemand hier erblickt. Der Gigiat ähnelt zum Beispiel... nun, ihn zu beschrieben, bringt nichts. Es reicht zu sagen, dass er anders als alle anderen Tiere ist. Wer ihn sehen will, muss hierher kommen. Wenn des nachts die richtige Mondphase und die richtige Temperatur herrscht, nicht zu viele Sterne am Firmament stehen, wenig Wasser in den Bächen fließt und ein paar Glühwürmchen umherfliegen – dann hat man vielleicht Glück und sieht ihn!
Über die Flora weiß ich nicht viel zu sagen. Neben den Gräsern in den Talwiesen gibt es auch noch solche, die nur in den höher gelegenen Almweiden zu finden sind, und natürlich auch größere Pflanzen. Schaut doch mal vorbei, wenn der Goldregen blüht oder der Ginster, der Rhododendron, der Enzian oder die roten Lilien in den Felsspalten. Oder wenn die Buchenwälder zu Gold werden. Ihr werdet nicht mehr weg wollen!
Und kommt doch auch mal im Winter hierher, denn auch dann ist es hier wunderschön! Lasst die Tiere in Ruhe und pflückt keine Blumen; sie stören ganz sicher niemanden! Lasst also einfach alles, wie und wo es ist.“
Auszug aus dem Buch „Val di Mello“ von A. Boscacci
Das Naturschutzgebiet
Das “Riserva Naturale Val di Mello” wurde am 27. Januar 2009 durch Beschluss des Regionalrats (VII/802) rechtlich festgesetzt.
Das Val di Mello ist der östlich verlaufende Seitenarm des Val Masino, dem ersten der größeren Seitentäler auf der orografisch rechten Seite des Valtellina in der Provinz Sondrio. Das Val di Mello hat eine Gesamtfläche von ca. 4562 Hektar, davon sind 516 ha als „Riserva Integrale“, 3862 ha als „Riserva Orientata“ und 184 ha als „Riserva Paesaggistica“ (unterschiedlich ausgestaltete Schutzzonen) definiert.
Die Zielsetzungen sind:
• die besonderen Merkmale der Natur und Landschaft in diesem Gebiet erhalten;
• Natur und Umwelt schützen und bewahren;
• die natürliche Entwicklung in diesem Gebiet überwachen und wissenschaftlich begleiten;
• den Zugang und die Nutzung des Gebiets für didaktische, wissenschaftliche und Erholungszwecke überwachen und sanktionieren;
• menschliche Aktivitäten reglementieren.
Regeln im Naturschutzgebiet
Es sind u.a. folgende Gebote bzw. Verbote zu beachten:
• die Natur respektieren;
• keinen Abfall hinterlassen;
• Hunde an der Leine führen;
• Jagen verboten;
• keine geschützten Pflanzen pflücken;
• kein Feuer machen;
• Radfahren verboten;
• Campieren verboten (auf dem gesamten Gemeindegebiet).
UND SEID EUCH GEWISS: DER GIGIAT SIEHT ALLES!
Die alpine Geschichte des Tals
Die Pioniere
Obwohl das Val di Mello häufig von Kletterern durchquert wird, scheint das Tal bis zu Beginn der Siebziger Jahre in ungestörter Ruhe zu schlummern – lagen die alpinistischen Ziele der Durchreisenden doch stets ausschließlich in den höher gelegenen Orten im Val Masino. Erst mit dem Auftauchen des Mailänders Ivan Guerini, der auf den im Tal verstreuten Felsblöcken zu klettern beginnt – allerdings nicht, wie man vielleicht meinen könnte, aus Trainingsgründen oder als Vorbereitung auf größere Unternehmungen, sondern vielmehr um der Tätigkeit selbst willen – scheint sich dies allmählich zu ändern. Der Blick Guerinis fällt bald auf die über den Blöcken thronenden Felswände, an denen in der Folge nach und nach die ersten Routen das Licht der Welt erblicken: Cunicolo acuto, Tunnel diagonale, L’alba del Nirvana, Il risveglio di Kundalini, um nur einige von ihnen beim Namen zu nennen. Die Nachrichten über die neuen Routen ziehen bald eine Gruppe junger Kletterer aus dem Valtellina an, die, wegen ihrer Unzufriedenheit mit der konservativen alpinistischen Grundhaltung in der Region, das neue Gebiet zu ihrer „Schatzinsel“ erklären und es als idealen Ort betrachten, um ihren kreativen Eingebungen freien Lauf zu lassen und ihre Energie in die Schöpfung kleinerer oder größerer Kletterprobleme zu investieren. Ihre antagonistische Haltung gegenüber dem gängigen System hat schnell zur Folge, dass sie infolge der unzähligen Argumentationen und des dialektischen Kampfes mit den Verfechtern der alten Schule einen recht bissigen Spitznamen bekommen, einen Namen, den sie sich allerdings letzten Endes sogar als bezeichnendes Emblem zueigen machen – die so genannten „Sassisti“, die „Steinkletterer“, wie sie von den Andersdenkenden kritisch betitelt werden, sind geboren. Statt der schweren, steifen Bergschuhe verwenden sie weiche Kletterschuhe mit glatten Sohlen. Darüber hinaus vermeiden sie es, Risse mit unzähligen Haken zu verwüsten und ziehen stattdessen die Verwendung neuartiger Sicherungsmittel wie Nuts, Hexentrics und Friends vor. Diese vergleichsweise „ökologischeren“ Hilfsmittel stammen ursprünglich aus Kalifornien, wo eine analoge revolutionäre Bewegung im alpinen Bereich die Entstehung und Entwicklung neuer Modelle und Stile mit sich gebracht hatte. Charakteristisch für die neue Kletterphilosophie ist vor allem ein anderer Blick auf die Felswände: Jetzt zeigt man großes Interesse an niedrigen Wänden, versucht, deren kletterbare Linien ausfindig zu machen und ist auf einmal den glatten, für das Tal typischen Platten sehr zugetan.
Precipizio degli Asteroidi
Als denkwürdig kann schließlich auch die Eroberung des Precipizio degli Asteroidi bezeichnet werden: Es handelt sich hierbei um jene Wand, die eine Art Wettkampf zwischen der Seilschaft Guerini-Villa und jener der „Sassisti“ Boscacci-Merizzi hervorruft. Letztere kommt aufgrund der Erschließung einer neuen Route in der unterhalb liegenden Wand erst später am Einstiegsband des Pfeilers an.
Entsprechend dem wenig solidarischen Geist unter Kletterern, der in jenen Jahren herrschte, starten die beiden Seilschaften ihren Wettlauf, ohne sich dabei jemals in die Quere zu kommen. Das „Fangenspiel“ setzt sich bis zum Gipfel des Precipizio fort: Guerini und Villa sind es schlussendlich, die diesen als erste erreichen und somit als Erstbegeher jener Tour gelten, die bald zu einer der beliebtesten des Tales avanciert. Allerdings lassen auch die Verfolger nicht lange auf sich warten und heimsen sich immerhin die erste Wiederholung ein. Nach einer Weile zieht sich Guerini aus dem für seine Vorstellungen mittlerweile zu stark bevölkerten Tal zurück und richtet sein Augenmerk auf andere, heimliche und wild gebliebene Orte.
Luna Nascente und Il Paradiso può attendere
Die „Sassisti“, zu deren bemerkenswertesten Vertretern Paolo und Gianpietro Masa, Guido und Jacopo Merizzi, Antonio Boscacci, Giuseppe Miotti, Federico Madonna, Giovanni Pirana sowie Francesco Boffini
zählen, gehen hingegen weiterhin ihrer Erschließungstätigkeit nach und eröffnen wunderschöne Routen wie beispielsweise Luna Nascente, Polimagò oder Patabang. Darüber hinaus können sie unaufhaltsame Fortschritte in der Reibungskletterei für sich verbuchen: vor allem Boscacci beeindruckt in dieser Hinsicht mit bis heute noch schwer zu überbietenden Erstbegehungen, die ihm mit einfachen Gymnastikschuhen an den Füßen gelangen. Abgesehen von seinem technischen Können, verfügt „Bosca“ über unheimliche Selbstkontrolle, dank derer er sich, unabhängig von Absicherungsmöglichkeiten, in den grifflosen, aalglatten Platten stets meisterlich behauptet. Die „Steinkletterer“ greifen jetzt an – ihr Ziel: die futuristische, riesige Wand des Qualido. Mit nur wenigen Mitteln und dafür umso größerer Entschlossenheit gelingt ihnen nach mehreren Tagen eine erfolgreiche Begehung einer Big-Wall-Route: Il Paradiso può attendere steht den berühmten Routen am kalifornischen El Capitan wohl in nicht viel nach.
Die ersten Bohrhaken
Nach einer Phase relativen Stillstands im Tal erweckt das Auftauchen der ersten Bohrhaken das Klettergeschehen wieder zu neuem Leben – wieder einmal sind es Mailänder, die ihre Antriebskraft unter Beweis stellen: Moro und Prina realisieren, allerdings unter recht spärlicher Anwendung der neuen technischen Erfindungen, äußerst lohnende Linien wie Self Control, Piedi di Piombo oder die faszinierende Celeste Nostalgia am Precipizio. Und noch einer hat seine Finger im Spiel: Marco Pedrini, einer der stärksten Kletterer der 1980er Jahre, welchem eine freie Begehung der höchst anspruchsvollen Bodenshaff sowie der unglaublich überhängenden und von oben eingebohrten Signora del Tampax glückt. Anfänglich erweckt die verlautbarte Nachricht große Polemiken und wahrhaftige Kreuzzüge gegen die Verwendung von Bohrhaken – das Ganze geht sogar soweit, dass einer der alten „Sassisti“ als recht gefürchtet gilt, verschwinden doch immer wieder in jenen Gegenden, in denen er seine Streifzüge abhält, Bohrhaken (durch Hammerschläge). Schon bald darauf glätten sich allerdings die Wogen, und es kehrt Friede zwischen den ehemals verfeindeten Parteien ein.
Die Helden aus Lecco
Eine zweite Blütezeit erlebt das Tal schließlich, als zwei kämpferische Klettererstämme aus Lecco unter dem Geleit Tarcisio Fazzinis und Paolo Vitalis Einzug im Tal halten. Sie durchkämmen das Val di Mello bis auf das Genaueste und hinterlassen im Zuge dessen eine Reihe an gleichermaßen schönen wie anspruchsvollen Routen, in denen die Verwendung von Bohrhaken nicht systematisch stattfindet, sondern vielmehr die letzte Möglichkeit darstellt, um ein Mindestmaß an Sicherheit in den sonst nicht abzusichernden glatten Platten garantieren zu können. Die aus dieser Zeit stammenden Touren weisen dementsprechend einen äußerst ernsthaften Charakter sowie zwingende, selektive Stellen weit über den Sicherungspunkten auf. Als Beispiele sind die Vedova nera beziehungsweise die Divieto di sosta zu nennen. Später geht der Trend eher in die Richtung psychologisch weniger anspruchsvoller und dennoch technisch sehr schwieriger Routen. Die Qualido Wand wird geradezu mit interessanten Touren hohen Schwierigkeitsgrades übersät. Tarcisio Fazzini hinterlässt, bevor er tragischerweise bei einem banalen Unfall in den Bergen tödlich verunglückt, seine unauslöschliche Spur mit dem Meisterwerk La spada nella roccia. Vitali antwortet mit der Eröffnung der Transqualidiana und verbringt anschließend diverse, über mehrere Jahre hinweg verteilte Monate in der Qualido-Wand – das Resultat ist ein punkto Quantität und Qualität beinahe gigantisches Werk.
Polimagò (© Arch. M. Sertori) Gianluca Maspes, Micetta bagnata (© J. Merizzi)Die Spanier
Zusätzlich zu den schon genannten Persönlichkeiten tauchen einige spanische Kletterer im Tal auf und stellen sich bald als Reibungsspezialisten heraus (beispielsweise Jimeno, Galvez, Monge). Sie erschließen Routen mit unübertroffener Schwierigkeit und entdecken darüber hinaus neue Felsen bester Qualität, wie zum Beispiel den Escudo del Qualido. Gemeinsam mit dem Spanier Galvez eröffnet Paolo Cucchi die sehr schwierige Brutamato je-je am Precipizio. Cucchi ist einer der besten und stärksten örtlichen Kletterer, er kann zahlreiche bedeutende Solobegehungen wie Il paradiso può attendere sowie andere lange Unternehmungen in den Big Walls des Tales für sich verbuchen.
Die Locals
Auch Luca Maspes zählt zu den regen Erschließern, mit bemerkenswerten Solo-Begehungen langer Wege wie z. B. La Spada nella Roccia verschafft er sich großen Respekt in der Szene. Giovani Ongaro, ein in jedem Gelände starker Alpinist, schuf ebenfalls viele neue Routenlange und kurze Routen in den Sektoren in der Nähe des Parkplatzes, extreme Wege im Val Cameraccio mit 4-5 Stunden Zustieg und auch Bigwall-Linien an der Montgolfiera.
Neuer Antrieb
In den letzten Jahren tauchen wieder neue Gesichter im Val di Mello auf, die aktivsten sind sicherlich die „Tribù“, eine Gruppe junger Kletterer aus Como, wobei Domenico Soldarini und Stefano Pizza-
(© A. Affaticati) Galactica, Qualido (© Arch. M. Sertori)galli wohl als die unternehmungsfreudigsten in ihren Reihen gelten. Außergewöhnlich ist mit Sicherheit der talentierte Simone Pedeferri, der in jeglichen Bereichen, vom Bouldern über das Sportklettern, vom extremen Freiklettern bis hin zum Big-Wall-Klettern –und selbst mit traditionellen Absicherungsmethoden – ein überaus hohes Niveau erreicht hat. Hauptsächlich am Qualido wird er zum Schöpfer von Kombinationen, die eine für das Tal unübliche Schwierigkeit aufweisen, vergleichbar vielleicht sogar mit der einen oder anderen Unternehmung der deutschen Huber-Brüder am El Capitan im Yosemite.
Im Jahr 2011 gelang dem Briten James Pearson der (natürlich) freie Durchstieg an einem Stück von Joy Division (800 m, 8b). Er bestätigte, falls das überhaupt nötig war, seine außergewöhnliche Klasse wie auch den Wert der Erstbegehung von Pedeferri. In den letzten Jahren konnten endlich auch die Locals wieder auf sich aufmerksam machen, unter ihnen vor allem Davide Spini, ein Bergführer aus Morbegno, der oft zusammen mit Ongaro und Pedeferri klettert. Er blickt auf unzählige schwierige Begehungen im Skialpinismus zurück, seine Gegenwart und Zukunft sieht er beim Klettern und er hat den Kopf voller neuer Pläne und Ideen. So gelang ihm im Juli 2012, zusammen mit Pedeferri, ein Enchaînement, das die beiden in knapp weniger als 24 Stunden hinter sich brachten: Start am Parkplatz, kurz nach Mitternacht. Sie beginnen mit der Kundalini, es folgt Luna Nascente, dann Abstieg und Zustieg zum Precipizio degli Asteroidi, wo sie mit Piedi di piombo beginnen und dann Oceano irrazionale folgen lassen. Um 8 Uhr stehen sie auf dem Pfeilergipfel, von hier steigen sie über unwegsames Gelände bis zum Ende des Livincina-Tals weiter auf und seilen dann ins Val Qualido ab. Jetzt ist die 700 Meter lange Magic line an der Reihe. Danach folgt der Abstieg vom Gipfel und der Zustieg zum Rifugio Allievi, wo sie sich für den letzten Teil der Unternehmung, die Route Nusdeo-Taldo auf den Picco Luigi Amedeo, stärken. Um 23.50 Uhr erreichen sie den letzten Standplatz dieses außergewöhnlichen Tages. In Zahlen: 70 Seillängen, meist am laufenden Seil geklettert, insgesamt ca. 2800 Klettermeter, zum großen Teil selbst abzusichern, mit Schwierigkeiten bis 7b+. Ein anderer junger, sehr aktiver Kletterer ist Emanuel Panizza (mittlerweile Bergführer) aus Tirano, der an diversen Erstbegehungen beteiligt war (oft zusammen mit Ongaro). Auch Pietro Biasini zählt zu denjenigen, die sich mit einigen bedeutenden Aufstiegen in Szene setzten konnten. Ihm gelangen beispielsweise die erste Winterbegehung von Melloscrollo an der Mongolfiera sowie eine neue, sehr schöne Risslinie (Easy Rider 7b) an der Südostwand des Picco Luigi Amedeo.
Mario Sertori Luna nascente (© Arch. M. Sertori)2015 schlagen drei Kletterer aus Mailand im Tal auf: Alberto Prosperetti, Saro Costa und Niccolò Bartoli gehen diese Wände in einem Stil und mit einer Vorstellungskraft an, die bislang so nicht bekannt waren. Beinahe umgehend nennt man sie die „Sassisti 2.0”. Mit ihrem „Freak-Style“ und wegen der Herausforderungen suchen sie sich gerade die Routen heraus. die am gefürchtetsten sind. Auch noch nie wiederholte mystische Linie Brutamato Ye Ye steht auf ihrer Liste, sie scheitern nur knapp. Sie finden schnell heraus, dass das Val di Mello ihr Lieblingsspot ist, wo sie in den Folgejahren immer wieder auch andere Leute an ihren Unternehmungen teilhaben lassen. Einer davon ist Jacopo Ruffo, der unglaubliche Fähigkeiten beim Reibungsklettern hat und fast alles, was hier zu klettern ist, auch in Angriff nimmt. Findet er keinen Gefährten, dann klettert er solo; und wenn ihm eine Route zwecks Absicherung zu mühsam erscheint, dann klettert er auch ohne Seil. Zusammen mit Saro Costa und Niccolò Bartoli gelingt ihm schließlich auch die lange erwartete Wiederholung von Brutamato Ye Ye
Die drei sind nach wie vor im Tal aktiv, sei es als Bergführer, sei es aus rein persönlicher Vorliebe für die silbern glänzenden Platten in diesem magischen Tal.
Niccolò Bartoli, Brutamato Ye Ye (© A. Prosperetti)Internet
http://valdimello.it/v2/User/asp/VdM.asp
https://www.valmasino.info/ https://www.paolo-sonja.net/ http://ragnilecco.com/
Wettervorhersage und Lawinenbulletin
https://www.meteosvizzera.admin.ch/ https://aineva.it/
Bergrettung
https://www.cnsas.it/
Umgehende Benachrichtigung und korrekte Aussagen sind unabdingbar. Nur mit präzisen Informationen kann eine Rettung schnell und gezielt erfolgen. Die Notrufnummer (für ganz Italien) lautet 118
Die Netzabdeckung für Mobiltelefone wird zwar zunehmend verbessert, ist aber nach wie vor nicht überall gewährleistet!
Abkürzungen im Text
Bh Bohrhaken
Nh Normalhaken
SL Seillänge(n)
S1 (S2, S3...) Standplatz, Abseilstand
Wh Wiederholung
RP Rotpunkt
BD Black Diamond (die Größenangabe bei Friends bezieht sich immer auf BD!)
Bewertung der Routen
Die Bewertung der Routen im Val di Mello gestaltet sich wegen des Kletterstil und der spärlichen –oder sogar fehlenden – Absicherung recht schwierig. Ich konnte natürlich nicht alle beschriebenen Linien wiederholen, auch deshalb sind Schwierigkeitsgrade und Bewertungen oftmals das Resultat aus diversen Informationen und verfügbaren Berichten.
Eine objektive Routenbewertung ist per se schwierig, umso mehr ist das hier der Fall. Aus diesem Grund wurden neben der technischen Schwierigkeit vor allem auch der Risikofaktor mit einbezogen.
Trotz aller Anstrengungen, eine homogene Bewertung zu definieren, werden allerdings kleinere Abweichungen nicht auszuschließen sein.
Reibungsklettern, insbesondere auf Granit, ist eine komplexe Geschichte, mit vielen Empfindungen und Erfahrungen, die sich nicht allein mit Zahlen und Buchstaben bestimmen lässt.
Im Hinblick auf den Gebrauch der französischen Schwierigkeitsgrade gilt Ähnliches: Die Bewertungen entsprechen vermutlich nicht denjenigen, auf die man in einem Klettergarten trifft.
Schönheit der Route
* nicht sehr interessant
** interessant
*** sehr interessant
**** ein Muss!
DIE KLETTERTECHNISCHE SCHWIERIGKEIT
Symbol „bewachsene Route”
Im Laufe der Zeit teilweise von Vegetation bedeckt
Für alle Routen – ob abgesichert oder nicht– gilt die französische Bewertungsskala. In jedem einzelnen Fall wird der maximale wie der obligatorische Grad angeführt. Vereinzelt wird auf die Anzahl jener Passagen verwiesen, die mittels technischer Kletterei bewältigt werden müssen (oder können).
DIE BEWERTUNG DER ABSICHERUNG
Wir verwenden eine Skala, die ausschließlich die Abstände sowie die Vertrauenswürdigkeit der Absicherungen berücksichtigt: „S“ gilt dabei für eingebohrte Routen und „R“ für jene, die nicht oder mithilfe von Normalhaken abgesichert sind. Im Falle gemischter Touren stößt man auf „RS“. Die besagte Skala weist 6 Stufen auf, wobei sich das Niveau R6 auf eine (fast) unmöglich abzusichernde Seillänge bezieht – ein Sturz könnte tödlich enden.
ALLGEMEINE ANFORDERUNGEN
Diese Skala ersetzt die klassische französische Bewertung (TD, ED..) und gibt Auskunft über die generellen Anforderungen einer Route, zu ihrer Lage, zur Schwierigkeit eines eventuellen Rückzuges sowie der Entfernung vom Talgrund. Grundsätzlich handelt es sich hierbei um die gängige amerikanische Bigwall-Skala, deren Level in römischen Ziffern von I bis VII (offene Skala) ausgedrückt und in Kombination mit dem klettertechnischen Schwierigkeitsgrad der Route angeführt wird.
I Kurze Route, gute Absicherung bzw. gut mobil abzusichern, leicht zu erkennen, einfacher Rückzug.
II Mehrseillängenroute an einer über 200 m hohen Wand. Leichter Zustieg, einfacher Rückzug möglich.
III Mehrseillängenroute an einer über 300 m hohen Wand in alpinem Gelände. Lange Kletterei (eventuell ein ganzer Tag), langer Zu- und Abstieg.
IV Mehrseillängenroute an einer über 300 m hohen Wand, eventuell Bigwall-Technik erforderlich, Rückzug nicht immer möglich.
V Mehrseillängenroute an einer über 500 m hohen Wand, Bigwall-Technik erforderlich, eventuell auch ein Biwak.
S1 Absicherung mit Bohrhaken wie im Klettergarten. Der Abstand ist nie größer als 3-4 Meter zwischen den Haken. Potentielle Sturzlänge beträgt höchstens ein paar Meter und Sturz ist ohne Folgen!
S2 Größerer Hakenabstand mit zwingenden Kletterpassagen. Potentielle Sturzlänge beträgt höchstens 10 Meter und Sturz hat keine Verletzungen zur Folge!
S3 Großer Hakenabstand mit meist zwingenden Kletterpassagen. Der Abstand kann auch größer als 5 Meter sein, daher lange Stürze aber ohne schwere Folgen!
S4 Sehr großer Hakenabstand über 7 Meter mit zwingenden Kletterpassagen. Sturz kann Verletzungen zur Folge haben!
R1 Leicht abzusichern, mit guten und zahlreichen Zwischensicherungen! Sehr wenige zwingende Kletterpassagen. Potentielle Sturzlänge beträgt wenige Meter und Sturz ist ohne Folgen!
R2 Mittelmäßig abzusichern, mit guten, aber weniger Zwischensicherungen! Zwingende Kletterpassagen zwischen den Sicherungspunkten. Potentielle Sturzlänge beträgt höchstens ein paar Meter und Sturz ist ohne Folgen!
R3 Schwer abzusichern, mit nicht immer guten und weit entfernten Zwischensicherungen! Lange zwingende Kletterpassagen. Potentielle Sturzlänge beträgt maximal 7-8 Meter und Sturz kann Verletzungen zur Folge haben!
R4 Schwer abzusichern, mit schlechten oder unzuverlässigen und weit entfernten Zwischensicherungen, die nur einen kurzen Sturz halten würden! Lange zwingende Kletterpassagen. Potentielle Sturzlänge beträgt bis zu 15 Meter mit der Möglichkeit, dass Zwischensicherungen herausbrechen und Sturz hat wahrscheinlich Verletzungen zur Folge!
S5 Sehr großer Hakenabstand über 10 Meter mit zwingenden Kletterpassagen. Sturz auf Terrassen, Bändern oder Boden hat sicherlich Verletzungen zur Folge!
S6 Nur teilweise mit Bohrhaken abgesichert, weit ab von den Schlüsselstellen mit Abständen bis zu 20 Meter. Ein Sturz kann tödlich sein!
R5 Schwer abzusichern, mit schlechten und unzuverlässigen und weit entfernten Zwischensicherungen, die nur einen kurzen Sturz halten würden! Lange zwingende Kletterpassagen. Lange Stürze sind wahrscheinlich und dass Zwischensicherungen herausbrechen. Sturz hat sicher Verletzungen zur Folge!
R6 Unmöglich abzusichern, außer für kurze Stellen und weit ab von den Schlüsselstellen. Ein Sturz kann tödlich sein!
ALLGEMEINE ANFORDERUNGEN
I Kurze Route in Nähe der Straße mit bequemen Zustieg. Sonnige Lage, kurze Kletterzeit und einfacher Rückzug möglich.
II Mehrseillängenroute an einer über 200 m hohen Wand. Leichter Zustieg, und einfacher Rückzug möglich.
III Mehrseillängenroute an einer über 300 m hohen Wand in alpinem Gelände. Lange Kletterei mit anstrengendem Zustieg und komplizierter Rückzug.
IV Sehr lange Route an einer über 500 m langen Wand in strengem alpinem Gelände weit ab vom Talgrund. Kletterzeit beträgt einen ganzen Tag, komplizierter V Rückzug, nicht immer entlang der Aufstiegsroute.
V Sehr lange Route im „Big-Wall“ Stil, der normalerweise ein Biwak in der Wand erfordert. Der Rückzug in alpinem Gelände kann äußerst schwierig sein.
VI Eine „Big Wall“ Route, die einige Tage in der Wand erfordert, in hochalpinem Gelände; der Rückzug ist äußerst schwierig
VII Route kann mit einer „Big Wall“ aus dem Himalaja verglichen werden; große alpinistische Schwierigkeiten werden mit Hilfe einer Expedition bewältigt.
SCHWIERIGKEITSGRAD
FR Schwierigkeit für freies Klettern, in Klammern obligatorischer Grad und evtl. Schwierigkeit für technisches Klettern.
UIAA Grad der schwierigsten Passage, in Klammern der obligatorische Grad und Schwierigkeit für technisches Klettern.
7b (6a, A0 obl.)
6c+ (6b obl.)
VI (V+, A0 obl.)
V+ (IV, A1 obl.)
INTERNATIONALE BODEN-LUFT-NOTSIGNALE FÜR HUBSCHRAUBER UND FLUGZEUGE
WIR BRAUCHEN HILFE
WIR BRAUCHEN KEINE HILFE
Boden-LuftNotsignale
Rotes Licht oder Leuchtsignal
Rotes Aufgespanntes Stoffquadrat
Boden-LuftNotsignale
Yes – Ja
No – Nein
N. Bartoli, Arké (© M. Follin)ANTONIO BOSCACCI 1949-2012
Antonio wurde 1949 in Sondrio geboren, er studierte Mathematik und war lange Zeit als Lehrer an diversen Schulen in der Provinz Sondrio beschäftigt. Seine Leidenschaft für die Berge hat er vermutlich von seinem Vater, einem Bergführer, mit auf den Weg bekommen..
Antonio war einer derjenige, der das Val di Mello für das Klettern entdeckte und auch einer der führenden Köpfe der „Sassisti“, einer Bewegung, mit dem das Klettern in Italien einen großen Sprung nach vorne machte.
Er war ein Magier des Reibungskletterns, kaum einer konnte ihm in dieser Technik das Wasser reichen. Zu seinen Meisterwerken gehören Routen wie z. B. Okosa und Cristalli di polvere im VII. und VIII. Grad. Sie waren nicht absicherbar, ein Einstieg bedeutete, dass sie auch durchstiegen werden mussten, erst der Ausstieg war die Rettung. „Bosca“, wie er genannt wurde, besaß eine sprichwörtliche Selbstkontrolle. Anfangs kletterte er mit Gymnastikschuhen, und auch schon damit gelangen ihm außergewöhnliche Routen.
Die Anzahl seiner Neutouren ist enorm, manche davon haben mittlerweile einen legendären Status: Luna Nascente, Nuova Dimensione, Il Precipizio degli Asteroidi (mit den Nachsteigern Guerini und Villa), die beeindruckende Verschneidung Sette Aprile und zusammen mit Paolo Masa und Jacopo Merizzi Il Paradiso può attendere, die erste wirkliche BigwallRoute am Qualido. Nuova Dimensione (31.5.1977) war die erste Route Italiens, die mit dem unteren VII. Grad bewertet wurde. Antonio beschrieb sie so: „Diese Linie war eine der ersten Früchte einer neuen Art des Kletterns, bei der das Spielerische und die Freude im Vordergrund standen, das Verschmelzen mit dem Fels, seinen Kristallen und seiner Wärme.“
Antonio war eine komplexe Persönlichkeit, in andauerndem Wandel begriffen; er war immer bereit für Neues und es ist deshalb wenig verwunderlich, dass er auch viele Routen in den unterschiedlichsten Stilen eröffnete.
Anfang der 1980er-Jahre bohrte er einige Routen ein, indem er sich von oben abseilte – eine echte Provokation in dieser Zeit. Und dennoch war eine dieser Li-
nien, die wunderschöne Flauto Magico, nach kurzer Zeit schon ein absolutes Muss.
Kurz darauf erschloss er auf erstaunlich orthodoxe Weise zusammen mit Luisa Angelici und Josechu Jimeno die Route Nada por nada. Diese äußerst kühne Linie zieht mit drei Seillängen im Grad 6c durch die plattige Wand, abgesichert jeweils nur mit einem Zwischenbohrhaken auf 50 Meter Länge.
In den 1980er- und 1990er-Jahren war Antonio eine wichtige Referenz für viele Kletterer. Seine Bedeutung im italienischen Alpinismus ist unumstritten, doch aufgrund seiner etwas anarchischen Art, lässt er sich auch schwer einordnen.
Für mich ist er ein unerreichbarer Meister geblieben, und immer auch ein Vorbild.
Zum ersten Mal sah ich ihn Anfang der 1980er-Jahre anlässlich der Organisation einer Skitourenveranstaltung an der Bernina. Er, der unbestrittene Führer einer Gruppe von Tourengehern, hatte Charisma und Durchsetzungsvermögen, die eines Dalai Lama würdig waren.
Das zweite Mal sah ich ihn im Sommer 1982 in Bagni di Masino, als er sich mit Adriano Greco und Eraldo Meraldi auf den Weg zum Badile machte, um dort als Erster die neue Linie Diretta Giulio Fiorelli frei zu begehen. An seinem Rucksack hing ein seltsamer Helm. Er sagt mir, dass er diesen eigentlich zum Kajakfahren benutzte. In der folgenden Zeit trafen wir uns immer wieder Mal im Val di Mello. Er bzw. sein Ford Transit mit dem gelben Anti-Atomstrom-Aufkleber waren in jener Zeit kaum zu übersehen.
Es war schön anzusehen, wie er kletterte: Seine Schuhe schienen am Fels zu kleben, mit traumhafter Sicherheit bewegte er sich mit ausgebreiteten Armen und Beinen auf den steilen Platten nach oben. In der Einführung zu seinem Kletterführer Val di Mello schrieb er schon 1980:
„Wenn es nicht regnet oder nicht allzu schlechtes Wetter herrscht, kann man normalerweise auch klettern. Es reichen ein paar Sonnenstrahlen, um den Granitfels schnell trocknen zu lassen. Aber meist ist es besser, wenn das Gestein etwas aufgewärmt ist, denn wenn die Hände den warmen Fels berühren, steigt diese Wärme auch in den Körper und man
nimmt das Leben des Felsens in sich auf.“
Und weiter: „Wer es am Abend ohne Fernsehen nicht aushält, dem empfehle ich, seinen Kopf in einen Eimer Wasser (oder in den Bach) zu halten. Man kann sich aber auch zwei Federn ins Haar stecken und um ein offenes Feuer herumtanzen. Dann entspannt man sich und lernt gleichzeitig den Regentanz“. Manchmal sahen wir uns eine Woche lang jeden Tag, dann wieder war er aufgrund seiner vielen Interessen auch wieder einen ganzen Monat lang verschwunden. Wer ihn nicht näher kannte, dem erschienen ein paar seiner Aktivitäten etwas bizarr. Das kümmert ihn jedoch keinesfalls, er folgte einfach weiterhin nur seinen Ideen und seiner unbändigen Fantasie (dazu gehörte auch seine 40 Grad steile Skiabfahrt durch eine felsdurchsetzte Rinne in den Bergen bei Bormio).
Seine Neugier war aber keineswegs nur auf Felsen, Wände und Berge beschränkt. Er wollte gleichwohl auch Flüsse, Täler und …. Archive kennen lernen. Mit seinem unbändigen Wissensdurst fand er einfach Gefallen daran, andere an seinen Studien und Erkenntnissen teilhaben zu lassen und sich gleich danach wieder auf neue Recherchen zu begeben. Antonio veröffentlichte zwei Kletterführer über das Val di Mello, einen über Paklenica und einen über La Pedriza, zudem Wander- und Skitourenführer (eine Art von Bergsport, die damals noch sehr neu war).
Seine Interessen gingen aber noch weiter: die Ge-
schichte, die Botanik und vor allem die Schriftstellerei lagen ihm ebenfalls am Herzen. Neben einigen Romanen schrieb er viele Artikel, die in verschiedenen Zeitschriften und in den letzten Jahren vor allem in der Montagne Divertenti erschienen. In seinen letzten Lebensjahren kämpfte Antonio mit einer schweren Krebserkrankung, die zu Beginn sehr ermüdend für ihn war, später gelang es ihm gut, damit zu leben. Auch dauerte es lange, bis er uns schließlich von diesem „unerwarteten Gast“ erzählte: „… ohne diese Krankheit wäre es mir nicht möglich gewesen, in mein Innerstes einzudringen und jene Erfahrungen zu machen, die man nur damit machen kann“. Er schrieb darüber sogar ein Buch („Il cancro è tosto ma il capricorno di più“) und verabschiedete sich mit diesen Worten: „In jeder Geschichte gibt es ein letztes Kapitel, in dieser aber nicht. Das letzte Kapitel kann ich nicht schreiben, den Schlusspunkt müssen andere setzen und das ist richtig so. Panta Rei – alles alles fließt, alles geht vorbei. Und so sei es denn.“
Für die Zeitschrift „Montagne Divertenti“ schrieb er seine eigene Biografie in der dritten Person: „Er sammelt Material für ein Buch über die weiße Fledermaus im Tal von Bekàa. Seinen Freunden gesteht er, dass er gerne ein Taubenschwänzchen oder ein Kolibri werden möchte, der jeden Abend die Blüten auf seinem Balkon besucht, kaum, dass die Sonne hinter den Bergen des Monte Rolla untergegangen war“.
Mario Sertori Antonio Boscacci, Qualido (© J. Merizzi)SPONDE DEL FERRO
Die erste Wandflucht taleinwärts beherbergt einige einfache Einstiegsrouten, die direkt neben dem Wasserfall verlaufen.
ZUSTIEG
Von San Martino ins Val di Mello, kurz vor dem Parkplatz auf der linken Seite steil bergauf und dann rechts querend zum Wandfuß mit dem Wasserfall (insgesamt ca.10 Min.).
SPONDA DEL FERRO DI SINISTRA
1. Via Gossemberg di sinistra ***
P. Gossemberg, 1978.
Länge: 300 m
Schwierigkeit: 4a R3/I
Schöne einfache Linie, perfekt für den Einstieg in die legendäre Plattenkletterei des Val di Mello. Keine Haken.
Material: Keine Haken, Standplätze an Bäumen selbst einrichten.
Einstieg: Im linken Bereich der Wandflucht etwas im Wald bergauf zu einer kleinen Platte mit Riss.
Abstieg: Am Ende nach links queren und nach wenigen im Wald bergauf zum Wanderweg ins Val di Ferro. Auf diesem zurück ins Tal.
2. Lo scivolo **
E. Treier, M. Hunziker
Länge: 30 m
Schwierigkeit: 6c S2/I
Ohne unterstützende Bohrhaken eröffnet, erst später von oben mit Haken eingerichtet (G. Biglioli, S. Mogavero).
3. Cicciolini votatemi **
J. Merizzi, A. Micheli,1987.
Länge: 35 m
Schwierigkeit: 6c+ SR3+/I
Extreme Reibungskletterei auf ausgewaschener Platte. Eine kühne Mutprobe.
Material: Kleine Keile und Microfriends
Einstieg: Im rechten Teil der linken Plattenflucht.
Abstieg: Abseilen über die Route oder über die folgende Platte weiter zum Wanderweg ins Val di Ferro.
4. Figatron ***
P. Cucchi, J. Merizzi, P. Panatti, 1981.
Länge: 50 m
Schwierigkeit: 6a+ R1+/I
Ein kleines Juwel, das aber wegen seiner Lage am Wasserfall nicht immer zugänglich ist. Tolle Rissverschneidung, vom Wasser glatt geschliffen, beste Zeit Frühjahr und Herbst. Ein Muss!
Material: Ein Satz Friends (mittlere Größen doppelt), Stand mit Klebehaken.
Einstieg: Am rechten Rand der linken Plattenflucht, Plattenpassage zum Riss.
Abstieg: Abseilen über die Route (die Seile werden nass!) oder weiter und dann (meist nach einem Sprung über das Wasser) dann über die Via Gossemberg di Destra abseilen.
O.Brambilla, M.Terlingo, 1991.
Länge: 45 m
Schwierigkeit: 6a/SR2/I
Einseillängenroute über die zweite, oberhalb liegende Plattenflucht.
Material: Kleine und mittlere Friends. Bohrhaken vorhanden.
Einstieg : Vom Ausstieg des ersten Teils der Via Gossemberg rechtshaltend queren.
Abstieg: Abseilen über die Route.
blieben jedoch erhalten, man erreicht diese vom 6. Stand von Sole che Ride. Die Linie ist somit nach wie vor interessant, zumal sie 2022 von G. Ongaro und P. Gaibazzi saniert wurde.
Material: Je ein Satz Keile und Friends (bis Gr. 4), die mittleren Friends doppelt, zusätzlich ein Satz Microfriends.
Einstieg: Von S6 von Sole che ride.
SL1 Platte und Riss. 20 m, 4c
SL2 Rissverschneidung. 30 m, 6a
SL3 Rissverschneidung. 30 m, 6a
SL4 Kamin. 20 m, 6b
SL5 Bogenförmiger Riss. 25 m, 6b+
Abstieg: 3 Mal abseilen zum S6 von Sole che ride.
17. Armonia caotica ***
N. Bartoli, H. Bailloux, Oktober 2021.
Länge: 350 m (5 SL)
Schwierigkeit: 7b (6c obl.)/ RS3/III
Eine der neuesten Routen am Precipizio verläuft rechts von Le corna non fan peso. Die Linie folgt einem Verschneidungssystem, wo die Felsstruktur und ein langer, aber leichter Quergang die Kletterei typisch „mellomäßig“ machen.
Material: Klemmkeile und Friends bis Gr. 5 sowie Microfriends.
Einstieg: Zunächst über eine der Routen im mittleren bis rechten Wandbereich (Sole che Ride, Amplesso ...) bist zum Standplatz, wo man üblicherweise abseilt. Dann aber gerade hoch über eine Platte (Bh linkerhand sichtbar).
SL1 Strukturierte Platte, kurvenreich zwischen großen Konkretionen hindurch, Aufrichter über ein Dach, dann Verschneidung zum Stand auf der rechten Seite. 25 m, 6b+/c
SL2 Links in große Kaminverschneidung, danach Stand auf bequemem Absatz. 25 m, 6c
SL3 Rechts zu kleinem Band (Exen mit langen Schlingen verlängern!), bei der Platte nach links (Crux) zu großen Löchern, dann rechts zu einer Quarzader. Bei deren Ende wieder links, nach dem Aufschwung rechts zum Stand. 45 m, 7b
SL4 Gerade hoch zu Quarzader und um die Kante weiter bis zum Stand. 50 m, 5a
SL5 Der Ader weiter folgen, in eine konkave Platte und noch kurz weiter zum gemeinsamen Stand mit Anche per oggi non si vola. 40 m, 6a
Ab hier entweder weiter auf das Gipfelplateau oder abseilen (Abseilstände mit Kette und Ring)
Abstieg: Abseilen über Anche per oggi non si vola.
18. L’inutile lamone che crocchia nella tranquillità ***
S. Pedeferri, C. Gianatti, A. Marazzi, 2007.
Länge: 150 m (4 SL)
Schwierigkeit: 7b (7a+ obl.)/RS3/III
Relativ kurze, aber interessante Linie über sehr steile und strukturierte Platte, obligatorische Passagen in der letzten Seillänge.
Material: Klemmkeile und Friends bis Gr. 1 sowie Microfriends. Die Route ist mit 8mm-Inox-Bolts abgesichert.
Einstieg: Etwas rechts von Sole che ride, noch in derselben Platte.
SL1 Geneigte Platte zu Band mit Bäumen. 40 m, 4c
SL2 Rechts vom schwarzen Streifen hoch, Platte, kleine Verschneidung und Schuppe. 40 m, 6c+
SL3 Entlang des schwarzen Streifens mit kleinen Konkretionen, zunehmend steiler zu einem kleinen
Dach. 40 m, 7a+
SL4 Dem Schwarzen Streifen zu kleiner Terrasse folgen. 30 m, 6b
SL5 Verbindung zum Stand von “Sole che Ride”. 30 m, 6a
Abstieg: Abseilen über Sole che Ride.
19. Pajarracas Brujilda ***
J. Galvez, 1990.
Länge: 200 m (5 SL)
Schwierigkeit: 7a (6c+ obl.)/RS3+/III
Extreme Reibungskletterei mit weitem Hakenabstand vor allem in den oberen Seillängen. Solo eröffnet von einem absoluten Meister in diesem Fach, solo wiederholt von J. Ruffo.
Material: Friends bis Gr. 3 + Microfriends. Eingerichtet mit grünen 8mm-Bohrhaken und Standplätzen.
Einstieg: Links vom Einstiegsriss von Self Control, auf einer sehr steilen Platte.
SL1 Senkrechte Platte, bis zum ersten Bolt nicht einfach. Stand links am Rand einer großen Verschneidung. 25 m, 7a+
SL2 Kurz etwas absteigen, danach über die Platte höher, links der Verschneidung. 50 m, 6c
Schuppe mit einer Schlinge. Die Route startet bei dem schrägen Riss oberhalb des Baums. Wo der Riss nach rechts führt, steckt ein gut sichtbarer Bohrhaken.
SL1 Schuppe/athletischer Riss mit Schlinge am Einstieg und Bohrhaken im Ausstieg. 25 m, 6c
SL2 Rechts an einem Dach vorbei, über das folgende hinweg und dem breiten, schrägen Riss folgen zum Wald. Stand an Baum. 35 m, 6b
SL3 Riss und Schuppe, Ausstieg zu Baum links. 15 m, 6c
SL4 Schräg rechtshaltend zu einem Bohrhaken (rechts von einem kleinen Dach), gerade hoch über eine Platte und schließlich links zum Stand an einem Baum. 40 m, 5b
SL5 Der Schuppe bzw. dem senkrechten Riss komplett folgen bis zum Stand an Baum. 35 m, 6b. Ab hier folgt man entweder den Ausstiegslängen der Kundalini oder steigt gerade hoch über die letzte Seillänge der Via del Frisco (s.SL6) aus.
SL6 Links über die Platte, die von kleinen Dächern unterbrochen wird, bis zum Wald. 45 m, 6c (6 Bh)
Abstieg: Abseilen über die Route oder über den Wanderweg zurück ins Tal.
17. La gallina dalle ovaie d’oro ***
P. Marazzi, G. Regallo, L. Vallata, M. Zanchetta, 2022.
Länge: 165 m (7 SL+3 SL Zustieg)
Schwierigkeit: 7c (7a obl.) RS2+/II
Interessante Route, die meist entlang von Rissen führt, technisch sehr anspruchsvoll ist und nie leicht zu interpretieren. Zusätzliche mobile Absicherung notwendig!
Material: 10 Expresssets, ein Set Friends bis Gr. 6, eventuell die kleinen und mittleren Größen doppelt.
Zustieg: Nach Cascina Piana bzw. nach dem Rifugio Luna Nascente führt nach den letzten Gebäuden links ein Pfad direkt zu den markanten Platten namens Placche del Giardino (oberhalb vom Wald) führt.
Einstieg: Zunächst folgt man einer der drei folgenden Routen: Lunaria (6a, 75 m), Verde gemma (6a+, 85 m) oder Dolce psicodramma (6a, 75m), jeweils drei SL lang. Auf einem schmalen Band angekom-
men, geht man nach links, der Einstieg befindet sich links der Linie Il giardino delle bambine leucemiche, bei einer markanten Verschneidung (Nh sichtbar).
SL1 Der Verschneidung folgen, bis sie flacher wird, beim Band findet man in der Wand links einen Stand mit Bh. 20 m, 5a
SL2 Rechts vom Stand höher und über Rippen, dann eine plattige Rampe (nützlich ist vor dem ersten Bh ein Offset-Friend Gr. 0.5/0.75) und gerade hoch zu einem Riss (Friend Gr. 5 vor dem Stand empfohlen. 20 m, 7a.
SL3 Dem breiten Riss diagonal nach rechts folgen. 25 m, 6c.
SL4 Rechts entlang eines Risses weiter, dann gerade hoch entlang der Haken; Stand rechts. 25 m, 7c.
SL5 Rechts entlang der Rippe weiter, nochmals rechts und mit einem Bogen links zu einem kleinen Kamin. In diesem höher zum einem Band mit dem Stand. 15 m, 7a.
SL6 Entlang kleiner Risse und brüchigen Griffen auf der Kante weiter. Wenn diese abflacht, links zum Stand. 35 m, 7b.
SL7 Das „Herz” von rechts her umklettern, dann auf dem leichtesten Weg bis zum Stand von Il Risveglio di Kundalini. 25 m, 4b
Abstieg: Zu Fuß wie bei Il risveglio di Kundalini.
Weitere Möglichkeiten
Im linken Wandbereich finden sich die Routen Olio Extravergine di Olivo von J. Merizzi u. E. Olivo (1981, 5c A1) sowie Il Silenzio degli Apolidi von D. Galbiati u. Gef. aus dem Jahr 1989 (6a A0). Zudem haben hier A. Bianco u. I. Zanetti im Jahr 1985 die Linie Novovia eröffnet. Rechts von Cochise führt die modernere Route Suini al Vento (6b, mit ganz wenigen Bohrhaken abgesichert) von G. Maspes, O. Brambilla, A. Marini, A. Micheli u. P. Morabito aus dem Jahr 1990 durch die Wand. Rechts von Serpe ripresa (Einstieg nach der Kante) verläuft die Linie von F. D’Alessio (Via del Frisco, Bohrhaken, 6b/c u. A0). Sie kreuzt den Schlussteil der Kundalini kurz vor den Ausstiegsverschneidungen.
5. Bacche di ginepro **
M. Ghezzi, 1979.
Länge: 60 m
Schwierigkeit: 5a/S3/II
Material: Klemmkeile und Microfriends.
Einstieg: Auf der linken Seite des Bandes. Über einige Buckel in der Platte, dann links zu einer rundlichen, schwach ausgeprägten Kante, einige Meter höher (Löcher) und schließlich leicht zum letzten Teil von Uomini e topi.
6. Quadri di una esposizione **
A. Boscacci, M. Ghezzi, 1979.
Länge: 80 m
Schwierigkeit: 5c/S3/II
Material: Klemmkeile und Microfriends.
Einstieg: Wenige Meter rechts der vorherigen Route. Über die Platte zu einem Grasbüschel am Beginn einer schrägen Verschneidung, von der man über die linke, plattige Seite aufsteigt und schließlich wie bei der vorherigen Linie den Schlussteil von Uomini e topi erreicht.
7. Linfa
L. Schiera, 2008.
Länge: 100 m
Schwierigkeit: 6b Onsight und free solo eröffnet.
8. Cristalli di polvere ****
A. Boscacci, 1979.
Länge: 60 m (2 SL)
Schwierigkeit: 7a/S4+/II
In weiser Voraussicht versuchte Boscacci (entgegen seiner sonstigen Art, nämlich onsight wie z.B.
bei Okosa) diese Route zuerst im Toprope. Eine Absicherung schien nämlich unmöglich.
Material: Klemmkeile und Microfriends. Keinerlei Haken vorhanden.
Einstieg: Über eine Schuppe auf der rechten Seite des schwarzen Streifens.
SL1 Die erste Länge beträgt 60 Meter und verläuft rechts vom breiten schwarzen Streifen. Zuerst über eine leichte Schuppe und weiter zu einer schwachen Quarzader, oberhalb derer die Crux liegt: eine glatte, abweisende Wand. Danach verringern sich die Schwierigkeiten beträchtlich. Hat man etwa die Höhe einer Tanne auf der linken Seite des Streifens erreicht, quert man letzteren auf einer Quarzader bis zum Stand an einem Baum. 40 m, 7a.
SL2 Ab hier leicht bis zum Wald. 20 m, 4b.
9. Fuochi d’agosto ***
A. Boscacci, 1979.
Länge: 110 m (3 SL)
Schwierigkeit: 6a/S3/II
Material: Klemmkeile und Microfriends.
Einstieg: Auf der äußerst rechten Seite des Bands, bei einem Felsbogen.
SL1 Auf der rechten Seite des Sektors folgt man einer ausgeprägten Verschneidung, klettert an zwei markanten schwarzen Kristallen vorbei (Crux) und erreicht eine Tanne. 40 m, 6a+.
SL2 In der nun leichteren Platte weiter bis zu einer Wandstelle. 50 m 4c.
SL3 Über die Wand und dann leichter bis zum Wald. 15 m, 4a.
Anmerkung: In der Mitte des Bogens in SL1 kann man nach rechts und parallel aufsteigen, Schwierigkeit 5c/5c+.
SPECCHIO DELLA MERIDIANA
Dieser Sektor ist vom Tal aus gut sichtbar, er befindet sich beim oberen Bereich des Sektors Placche dell’Oasi.
ZUSTIEG
Am Ausstieg der Route Uomini e topi am Ende der Placche dell’Oasi durch eine bewaldete Zone und diversen, teils kegelförmigen Platten zu einer großen, rechteckigen Platte, die von einem Dach abgeschlossen wird.
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