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DIE PROTAGONISTEN

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NEW CEREDO

NEW CEREDO

GIUSEPPE BEPPO ZANINI

Jahrgang 1957, stellt sozusagen das Verbindungsglied dar zwischen der Klettergeneration der 1960er (Milo Navasa, Claudio Dal Bosco und Franco Baschera) und der ihr folgenden, die in der Region Verona von der Klettergruppe „Nani” geprägt wurde, deren überaus reger Repräsentant er war. Schon lange Zeit mit dem Höhlenforschen vertraut, kam er dennoch erst 1973 das erste Mal (zusammen mit dem mittlerweile verstorbenen Franco Gobbi) im Gebiet Stallavena mit dem Felsklettern in Kontakt. Der Klettersport befand sich in jener Zeit in einem grundlegenden Transformationsprozess, sowohl was die Ausstattung betraf als auch in Bezug auf die Mentalität. Beppo machte mit der Klettergruppe Nani Reisen in die Calanques, die Verdonschlucht, das Val di Mello und nach Finale und kehrte von diesen Orten mit vielerlei Erfahrungen und Eindrücken zurück. Viele Jahre lang war er immer wieder in schwierigen Alpintouren unterwegs, so z.B. mit Bruno Bettio am zentralen Freney-Pfeiler am Montblanc. Viele seiner an besagten Orten gesammelten Erfahrungen konnte er bei der Erschließung der Klettergärten Stallavena, Ceraino sowie vielen weiteren mit einbringen. Beppo erscheint manchmal etwas bärbeißig, ist im Grunde aber eine Seele von Mensch und überaus generös. Was er für das Klettern in der Region Verona geleistet hat, lässt sich nicht toppen. Zwar schrieb er schon im Kletterführer “Stallavena” (1987), dass er wohl bald seine Karriere als Erschließer aufgeben und in Ruhestand gehen möchte, aber das geschah bislang nicht...

Fünf Fragen an Beppo

Welcher Klettergarten spiegelt am meisten deine Persönlichkeit wider?

Ganz sicher Stallavena, dort begann ich mit dem Klettern, bin also sehr verbunden mit dem Ort. Aber auch Ceraino war mein Ding.

Wie würdest du deine Art zu klettern beschreiben?

Was mir nicht gefällt, ist die heutige Herangehensweise: oft geht es nur um sich selbst, der Schwie- rigkeitsgrad ist das Ein und Alles. Wer meinen Ansatz besser verstehen will, sollte sich das Video “Finale 68” ansehen – nicht aus Nostalgie, nur zum Verständnis. Klettern kann immer noch ein kleines Abenteuer sein, bestehend aus einfachen Dingen, der Suche und vielerlei Emotionen, wie es halt in den 70er, 80er und auch noch 90er Jahren war, als man Abenteuer auch in einem Klettergarten bestehen konnte. Aber es macht mir schon Freude zu sehen, was die Jungen heutzutage leisten... und in ihnen sehe mich doch auch ein wenig.

Sollten deiner Meinung nach weitere neue Klettergärten erschlossen werden oder ist es besser, bestehende zu sanieren oder zu erweitern?

Natürlich sollten neue hinzukommen, denn das bedeutet oft auch neue Schwierigkeitsgrade. Sanieren ist aber auch eine Pflicht, insbesondere weil es so viele Kletternde gibt.

Wie siehst du die Zukunft des Kletterns in unserer Region?

Ich habe keinen blassen Schimmer.

Deine Pläne für die Zukunft?

Die nächsten 20 Jahre mit meinen Freunden klettern gehen...

Sergio Coltri

Jahrgang 1955, ist derjenige, der die Revolution im Klettersport im Etschtal in Gang brachte.

Mit einer außergewöhnlichen Physis ausgestattet, zeigt er von Anfang an großes Talent und klettert erst einmal viel solo, auch in sehr hohen Graden. Zusammen mit seinem Freund Carlo Laiti, der aus dem gleichen Ort stammt, ist er oft in noch jungfräulichem Gelände unterwegs und richtet die ersten Klettergärten ein sowie auch diverse Mehrseillängenwege, die ihm als Training für die Dolomitenwände dienen. Im Etschtal erschließt er wahre Meisterwerke, oft im Alleingang oder auch mit Carlo und anderen Freunden. Er verwendet als Erster Cliffs an Tropflöchern und treibt die Schwierigkeitsgrade im Freikletterrouten (manchmal auch mit wenigen künstlichen Passagen) in ungeahnte Höhen. Wiederholer sind allerdings wegen der spärlichen Absicherung abgeschreckt. „Neue Routen zu eröffnen ist ein wichtiger Teil auf der Suche nach meiner Persönlichkeit: lass‘ etwas entstehen!“ Auch seine vielen Solobegehungen in den Dolomiten sind die Antwort auf seinen Antrieb, der sich nicht unterdrücken lässt: so z.B. die Cassin am Torre Trieste, die Lacedelli am Scotoni, die Via delle Guide am Crozzon di Brenta und die Nordkante am Monte Agner. Sergio unterstützt die Vereinigung LAAC, die eine nachhaltige Entwicklung des Kletterns im Etschtal zum Ziel hat.

Fünf Fragen an Sergio

Welcher Klettergarten spiegelt am meisten deine Persönlichkeit wider?

Eindeutig der, wo ich zum ersten Mal Routen erschlossen habe und wo es bis dahin noch gar nichts gab: Sengio Rosso. Aber fast gleichzeitig würde ich auch Ceraino nennen, denn dort ist mo- torische Intelligenz und ausgezeichnete Fußtechnik der Schlüssel zum Erfolg, was auch meinem bevorzugten Kletterstil entspricht.

Wie würdest du deine Art zu klettern beschreiben?

Für mich war Klettern im Klettergarten, also das Sportklettern, immer nur die Vorbereitung auf alpine Touren und folglich nie Selbstzweck, weshalb ich auch nie eine Route zum Erreichen eines Schwierigkeitsgrads projektiert habe. Wenn eine Route auf Anhieb onsight klappte, sehr gut, wenn nicht, dann machte ich vielleicht noch zwei oder drei Versuche und hatte dann schon keine Lust mehr. Was mich betrifft, so hatte ich mehr Spaß daran, neue Moves zu entdecken, die mir dabei halfen, die Schlüsselstellen zu überwinden.

Sollten deiner Meinung nach weitere neue Klettergärten erschlossen werden oder ist es besser, bestehende zu sanieren oder zu erweitern?

Ich war schon immer darauf aus, Neues zu suchen und zu erschaffen, also habe ich keine eindeutige Antwort darauf. Beides ist richtig. Weil es an den je- weiligen Personen liegt, ob sie ihre Leidenschaft mit immer neuen Kreationen zum Ausdruck bringen oder ob sie die Lösung des Kletterrätsels an sich suchen. Ein erschaffenes Werk sollte man nicht in Vergessenheit geraten lassen, es sollte für immer bewahrt bleiben und deshalb immer wieder überprüft werden. über seine Wiederholungen der anspruchsvollen Routen von Roberto Mazzilis in den Karnischen Alpen abseits der Massen! Im Etschtal taucht sein Name oft bei der Eröffnung wunderschöner Routen und Klettergärten auf, vor allem aber im Zusammenhang mit der Erforschung von verborgen, einsamen und unzugänglichen Ecken. Seine vertikale Leidenschaft ist verbunden mit einer exzellenten künstlerischen Ader, die sich hier in diesem Führer (aber nicht nur!) an den Skizzen bewundern lässt.

Wie siehst du die Zukunft des Kletterns in unserer Region?

Gar nicht so viel anders als vor 40 oder 50 Jahren, weil es wie bei allem ist: es gibt eine ständige Evolution, natürlich auch beim Klettersport. Als ich zu klettern begann und meine ersten Routen erschloss, gab es noch sehr viele, bequeme und quasi unberührte Möglichkeiten, das zu tun. Jetzt ist schon viel getan, aber nach wie vor besteht einiges Potenzial. Vielleicht nicht in der Nähe, es braucht halt mehr Leidenschaft und Entschlossenheit. Die Zukunft beginnt mit der Aktualität und wie es schon bei mir und anderen war, so hat auch heutzutage jeder das Recht, Routen in seinem Sinne zu erschließen, das sollte aber immer respektvoll gegenüber der Natur und dem Eigentum anderer geschehen.

Deine Pläne für die Zukunft?

Ich bin 67 und habe ein paar Zipperlein, leider habe ich keine Projekte mehr und beschäftige mich auch nicht damit. Es bleibt aber Zeit zu träumen, und das erlaube ich mir oft... Das Wichtigste für mich ist, bei dem, was mir bleibt, möglichst viel Vergnügen zu finden.

Fünf Fragen an Beppe

Welcher Klettergarten spiegelt am meisten deine Persönlichkeit wider?

Giardino delle Peonie und Sgrenza: als ich diese wunderschöne Welle aus Fels zum ersten Mal sah, dachte ich gleich, dass diese Wand eine tolle Herausforderung für neue, schöne Routen wäre.

Wie würdest du deine Art zu klettern beschreiben?

Ich bereitete mich in Klettergärten immer auf alpine Unternehmungen vor, Klettergärten waren wie die heutigen Kletterhallen, wie z.B. “King Rock”. So dachte ich schon immer und so denke ich noch heute. Tägliches Training ist nichts für mich, was natürlich den von mir erreichten Schwierigkeitsgraden ein Limit setzte.

Sollten deiner Meinung nach weitere neue Klettergärten erschlossen werden oder ist es besser, bestehende zu sanieren oder zu erweitern?

GIUSEPPE VIDALI

Jahrgang 1959, ist eine weitere Säule des goldenen Zeitalters der Entdecker im Etschtal. Auch er ist, wie viele andere Kletterer seines Alters, immer auf der Suche nach neuen Felsen und neuen Mehrseillängenwegen im Etschtal und vor allem in den Bergen. Nach seinen ersten Erfahrungen als Speläologe widmete er sich dem Sportklettern und fand im Etschtal seine Lieblingsspielplätze, insbesondere auf Platten („eine Platte hält dich jung und lässt dein Gehirn arbeiten“) und oft zusammen mit Sergio Coltri. Er lebte eine intensive Zeit lang (sieben Jahre?) in einem Van zusammen mit Eugenio Cipriani, während der sie die gesamte Dolomitenregion durchstreiften und eine Vielzahl neuer Routen erschlossen. Dort kann er vor allem an der Marmolada auf viele interessanten Wiederholungen zurückblicken, aber er freut sich ebenso sehr

Im Etschtal ist nichts mehr zu holen. Ich wäre dafür, nichts komplett Neues einzubohren und lieber an Sanierungen zu denken, wie es die Vereinigung LAAC macht. Eine Wand zu erschließen und sie dann sich selbst zu überlassen ist nicht gut. Leider bringen Sanierungen keine Ehre, man wird nur als “Bauarbeiter” angesehen.

Wie siehst du die Zukunft des Kletterns in unserer Region?

Ich sehe zwei sehr verschiedene Wege: den, sich vermehrt auf Mehrseillängenwege weit weg von zu Hause zu konzentrieren, weil es keine “bequemen” Wände mehr gibt. Das ist eher was für wenige Puristen. Oder den, auf den sich die Mehrheit schon begeben hat, nämlich sich mit den bequemen, leichten und angesagten Wänden zu begnügen. Zum Glück haben wir davon im Etschtal nur wenige!

Man sollte auch immer daran denken, dass Fels ein Gut ist, das sich leicht abnützt und dass es leider nicht möglich ist, ihn zu erneuern.

Deine Pläne für die Zukunft?

Ich möchte mich weiter auf die Suche begeben, noch mehr erforschen. Diverse Linien habe ich schon gefunden. Leider bin ich oft weit weg von zu Hause und es dauert oft lange, bis ich dort bin. Wer nach mir kommt, weiß ich nicht, ich sehe niemand, der meinen Posten übernehmen will. Vielleicht ist erst einmal eine gewisse Stagnation angesagt.

Wie würdest du deine Art zu klettern beschreiben?

Es ist für mich eine zweckmäßige und notwendige Vorbereitung für das Klettern in den Bergen. Es ist eine angenehme Gymnastikübung. Nicht weniger und nicht mehr.

Sollten deiner Meinung nach weitere neue Klettergärten erschlossen werden oder ist es besser, bestehende zu sanieren oder zu erweitern?

Eugenio Cipriani

Jahrgang 1959, ist auch heute noch ein begeisterter Erforscher von Felsen, Klettergärten, Bergen und Wanderwegen. Die Zahl der Routen, die er in den Nordöstlichen Alpenregionen bis in den Balkan und Griechenland erschloss, erreichte mittlerweile die fast unglaubliche Höhe von 800, was ihn zu einem der wissensreichsten Alpinisten überhaupt macht. Er ist in berühmten Bergregionen genauso unterwegs wie in weniger bekannten, abseits gelegenen. Einige seiner Routen zählen zu den klassischen Wegen in mittleren Schwierigkeiten, die ungemein geschätzt werden. In zahlreichen Kletter- und Bergführern, Büchern und Artikeln in Fachzeitschriften und auch in Zeitungen kommt sein präzises Detailwissen zum Ausdruck. Damit konnte er auch dazu beitragen, die Aufmerksamkeit in Bezug auf Probleme im Zusammenhang mit dem Klettersport und dem Bergsteigen im Allgemeinen in den Vordergrund hoch zu halten und korrekte Kenntnisse in diesem Zusammenhang zu vermitteln. Auch die Geschichte des Alpinismus in der Region Verona wurde von ihm systematisch in Worte gefasst.

Fünf Fragen an Eugenio

Welcher Klettergarten spiegelt am meisten deine Persönlichkeit wider?

Placca d’Argento, Ceredo und Sengia Sbusa. Aber sie wurden sozusagen fast „vergewaltigt“, weil dort viel zu viele Routen in engstem Abstand eingebohrt wurden. Es macht mich traurig, dass ich so gezwungen wurde, auf sie zu verzichten. Ich habe und werde denen nie vergeben, die sie so malträtiert haben. Derzeit sind es Felsen in Verona und an anderen Orten, die meine Persönlichkeit widerspiegeln, und es gelingt mir, sie geheim zu halten.

“Erschließen” ist ein Verb, das ich im Zusammenhang mit Bergen oder Felswänden immer im Zusammenhang mit „konsumieren, plündern“ und auch „verharmlosen“ sehe. Könnte ich die Zeit um vierzig Jahre zurückdrehen, dann würde ich keinen einzigen “erschließen” und publik machen. In der Region Verona, und nicht nur dort, gibt es schon genügend Klettergärten. Wenn wir die bestehenden bewahren, dann haben wir mehr als genug.

Wie siehst du die Zukunft des Kletterns in unserer Region?

Hätte ich im Winter 1976/77, als ich meine ersten Schritte in der Senkrechten machte, diese Frage beantwortet, dann hätte sich meine damalige Antwort als völlig falsch erwiesen. Die Welt verändert sich in beeindruckender Weise, und nicht immer zum Besseren. Wie sagte doch der englische Schriftsteller T.S.Elliot? „Vergangenheit ist Vergangenheit, die Zukunft wird sich zeigen”. Ich habe keine Kinder, und um ehrlich zu sein interessiert es mich nicht sehr, was in einer fernen Zukunft sein wird, weder in Bezug auf Klettergärten noch die Menschheit im Allgemeinen. Meine Generation hat mich enttäuscht, ich muss aber gestehen, dass auch ich meinen Teil dazu beigetragen habe. Ich bin „ernüchtert, aber nicht enttäuscht”, um mit den Worten des Dichters Ugo Foscolo zu sprechen. Ob es die künftigen Generationen besser machen? Ich hoffe es für sie. Aber Hoffnung bedeutet nicht Vertrauen. Mit der Umwelt – und unserem Fall den Klettergärten der Region – muss viel respektvoller umgegangen werden als es meine Generation und die uns nachfolgende getan haben. Was das betrifft, sehe aber leider noch keinen Silberstreif am Horizont und erst recht keinen Kurswechsel,.

Deine Pläne für die Zukunft?

Ich habe kein Mobiltelefon, ich soziale Netzwerke brauche ich nicht und sehe mich auch nicht im neuen Jahrtausend angekommen, das sich anscheinend nicht zum Guten entwickelt (Pandemie, Krieg in der Ukraine usw.). Im Grunde geht es mir hauptsächlich darum, die nächsten Jahren in guter Gesundheit zu verbringen. Aber auch ein paar schöne, weitere Entdeckungen in der vertikalen Welt wären nicht schlecht (sei es in der Region Verona oder anderswo...), die ich dann aber nicht an die große Glocke hängen will. Und nicht zuletzt möcht ich so weit es geht von den „verrückten Welt” fernhalten, um einen Ausdruck von T. Hardy zu benutzen. Das wird leider schwierig sein. Aber nicht unmöglich.

Luigi Pinamonte

Jahrgang 1956, erschließt seit mehr als 40 Jahren kurze Routen in Klettergärten im Etschtal und auch Mehrseillängenwege in den Dolomiten. Er hat nach wie vor diverse Projekte an verschiedenen Wänden unserer Region, die er verständlicherweise noch für sich behält Oft glaubt man gar nicht, dass er nach wie vor Wände findet, die eigentlich schon seit vielen Jahren direkt vor unsrer aller Augen lagen, und dort natürlich auch Routen erschließt Wiederholer schätzen seine Routen in den Klettergärten Ca’ Verde, Marciaga und Ceraino, aber vor allem seine Mehrseillängenrouten im Etschtal und warten ungeduldig auf seine neuesten Werke. Bemerkenswert ist auch seine alpine Vita mit vielen Wiederholungen von langen, sehr renmmierten Routen in den Dolomiten wie z.B. KCF, Strobel-Kante, Dorotei in der Rocchetta di Bosconero, Aste in der Civetta, oder die Via Gogna an der Marmolada. Luigi hat ein sehr zurückhaltendes Wesen, er ist aber absolut authentisch und besitzt ein sehr warmes Herz!

dem mittlerweile verstorbenen Lino Ottaviani interessante Linien wiederholt. Seinen Spielplatz für Routen oberhalb von 6c findet er an den Überhängen der Klettergärten Stallaven und Placca d’Argento. 1986 klettert er in Boux seine erste 8a, Reve de Papillon. Am meisten interessieren ihn Onsight-Begehungen, und vermutlich ist er der erste italienische Kletterer, dem die erste 8a+ onsight gelingt (Face de Rat in Ceüse). Von 1988 bis 1994 trifft man Nicolino als Mitglied des italienischen Nationalteams vor allem bei Kletterwettkämpfen, bei vielen Weltcups belegt er gute Platzierungen. Trotz seines einzigartigen, von allen geschätzten und vielleicht beneideten Kletterstil blieb Nicolino immer auf dem Boden der Tatsachen, sehr korrekt und mit den wahren Werten der Berge verbunden.

Fünf Fragen an Nicolino

Welcher Klettergarten spiegelt am meisten deine Persönlichkeit wider?

Die Klettergärten Giardino delle Peonie und Sgrenza: schöne, einsame Orte! Die Kletterei dort wird charakterisiert durch eine schöne wellige und leicht überhängende Wand, nicht durch Platten oder riesige Überhänge!

Wie würdest du deine Art zu klettern beschreiben?

Es ist eine Aktivität, die mir einfach gut tut!

Sollten deiner Meinung nach weitere neue Klettergärten erschlossen werden oder ist es besser, bestehende zu sanieren oder zu erweitern?

Meiner Meinung nach sollten wir uns gut um das kümmern, was wir schon erarbeitet haben: die Zustiegswege instand und die Absicherung in bestem Zustand halten; ganz allgemein zählt dazu auch die Sauberkeit der unzähligen erschlossenen Klettergärten.

Nicola Sartori

Spitzname Nicolino, Jahrgang 1967, Bergführer, zeigt uns mit seinem Kletterstil und seiner Eleganz in extremen Routen das, wonach wir eigentlich alle streben, wo uns aber (nicht nur...) der genetische Faktor einen Strich durch die Rechnung macht.

!980 beginnt er zusammen mit seinem Bruder Emanuela zu klettern. Er benutzt zunächst Gymnastikschuhe von Diadora, die mit einem Luftkissen ausgestattet sind, 1982, im Alter von nur 15 Jahren, gelingt im der 10-stündige Aufstieg als Seilerster auf der Sommadossi-Route am Colodri. Danach lernt er die Dolomiten kennen, wo er mit

Wie siehst du die Zukunft des Kletterns in unserer Region?

Ich denke, dass Klettern wie auch Mountainbiken oder Wandern sich in den kommenden Jahren sehr stark entwickeln werden. Ich sehe aber leider keine große Zukunft mehr für eine andere tolle Sportart, nämlich das Skifahren.

Deine Pläne für die Zukunft?

Solange mein Körper mitmacht, werde ich noch die eine oder andere Route einbohren und sie klettern, das macht mir einfach Spaß.

Luca Gelmetti

Spitzname Gelmo, Jahrgang 1971, zählt zu den Spitzenkletteren, die wegen ihrer Hingabe, ihres konstanten Willens zum Trainieren und zum Vergleichen mit Anderen brillante Ergebnisse an den Felsen in ganz Europa erzielten. Luca begann 1989 in Ca‘ Verde und dann Stallavena mit dem Klettern, ab 1993 konzentriert er sich dann ungefähr 15 Jahre lang nur auf das Klettern in kurzen Routen. Ceredo war anfangs zu seinem Haus- und Heimatspot, dort steigert er sich innerhalb eines Jahres von 6b auf 7b, klettert 1995 sein erste 8a, 1996 die erste 8b... Er merkt bald, dass man sich mit Klettern in einem Gebiet zwar ungemein spezialisiert, aber sich aber in anderen Stilbereichen nicht verbessert. Reisen zu vielen anderen Kletterspots im ganzen Alpenbogen bis hin nach Spanien sind die logische Folge, es fallen die ersten 8b+, 8c, 8c+ und auch unzählige 8a sowie einige 8a+ onsight. In seiner Heimat wird 1993 eine der ersten Kletterhallen von Verona eröffnet, die bis heute besteht. Um in Form zu bleiben, beginnt er mit dem Routeneinbohren. 1994 setzt er seinen ersten von unzähligen weiteren Haken in Ceredo. Es war für ihn “eine Art Diät, am Seil zu hängen; vor allem in den starken Überhängen war das echt mühsam”. Ceredo, Meteorite, Sgrenza, Grattu- gia, Undulna, Ca’ Verde und Tessari sind nur einige der von ihm teilweise oder sogar komplett erschlossenen Wände. Mittlerweile ist Luca ein glücklicher Bergführer, der mit seinen Kunden im ganzen Alpenraum unterwegs ist, ob mit Ski oder Gurt und Seil. Das Klettern lässt ihn allerdings nicht los, in seiner freien Zeit ist er immer am Klettern oder Routenerschließen (die jetzt auch durchaus gemäßigt ausfallen dürfen...).

Fünf Fragen an Luca

Welcher Klettergarten spiegelt am meisten deine Persönlichkeit wider?

Mit Meteorite verbinde ich eindeutig am meisten. auch wenn ich am seltensten dort zugange war, noch weniger als in französischen Spots... das Gebiet ist außergewöhnlich, der plattige Fels ist einer der besten, die ich je gesehen habe und was die Luft unter den Füßen betrifft: der Hammer...

Wie würdest du deine Art zu klettern beschreiben? Angst, Entsetzen und erst zuletzt Mühsal... Klettern heißt “fühlen”, Griffe ertasten, verstehen, was man damit macht, sich den kleinsten Tritten anzuvertrauen und immer einen Schritt weiter zu gehen, als den, den man gestern gemacht.

Sollten deiner Meinung nach weitere neue Klettergärten erschlossen werden oder ist es besser, bestehende zu sanieren oder zu erweitern?

Hm... beides, würde ich sagen. Wenn aber nur Experten (wegen der notwendigen Vorbereitung) sich daran machen, etwas Neues zu erschließen, dann sollten sie unbedingt in Betracht ziehen, dass es nicht nur Experten gibt. Es geht denke ich jetzt nicht mehr darum, eine neue Wand wegen der Tausendesten 7b oder 8b zu erschließen. Ja, auch ich habe das gemacht, aber Irren ist menschlich, oder?

Wie siehst du die Zukunft des Kletterns in unserer Region?

Glanzvoll. Ich glaube, es ist eine der schönsten, bequemsten und felsenreichsten Regionen, um diesen Sport zu betreiben. Vorausgesetzt, man hält sich vor Augen, dass Sicherheit garantiert und Grundbesitz respektiert wird.

Deine Pläne für die Zukunft?

Ein wenig sanieren, ein wenig vergrößern, vor allem zugunsten der “unteren” Grade, was, wie wir alle wissen, etwas relativ ist. Aber definitiv in Gebieten, die schon bestehen.

Europa, vor allem in der französischen Provence, aufzusuchen. Nach wie vor erschließt er neue Routen, ist aber (vor allem in jüngster Zeit) immer wieder im Gebiet New Ceredo beim Klettern zu sehen, ganz mit sich selbst und der vertikalen Welt um ihn herum im Reinen, und immer noch inspiriert vom Stil eines Nicola Sartori.

Fünf Fragen an Andrea

Welcher Klettergarten spiegelt am meisten deine Persönlichkeit wider?

Ein solcher müsste für mich alle Extreme des Sports beinhalten: Platten und Überhänge, perfektes Gestein und mittelmäßigen Fels, vielleicht einen Wasserfall zum Ausgleich des vielen Gesteins und all das eingebettet in ein naturbelassenes Umfeld, das dich immer fragen lässt: War es sinnvoll, hier Routen einzubohren? In Summe also ein ganz schön kontroverser Klettergarten. In diesem Sinne ähnelt das Gebiet Semalo am meisten meinen Vorstellungen und meiner Persönlichkeit.

Wie würdest du deine Art zu klettern beschreiben?

Andrea Tosi

Jahrgang 1972, ist ausschließlich in kurzen Sportkletterrouten unterwegs. In seiner Heimatregion hat mittlerweile sehr viele erschlossen. Im Alter von 19 Jahren wechselte er, wie damals üblich, zwischen den Klettergärten von Aves, Stallavena und Ceraino hin und her, anfangs meist in Begleitung von Stefano Tedeschi. Während die allermeisten Kletterer ihre sportliche Tätigkeit auf Mehrseillängenwege und alpine Unternehmungen ausweiteten, blieb Andrea auf das Sportklettern in Baseclimbs fokussiert. In Ceredo stieß er natürlich bald auch auf Luca Gelmetti. Beide verfolgten jahrelang denselben Weg und kletterten schon bald Routen bis zum Grad 8b+. Immer wieder suchten sie nach neuen Herausforderungen in steilsten Wänden und trainierten sehr viel, um das Limit weiter nach oben zu pushen. In Ceredo hat er alles, was dort geschah, aus allernächster Nähe miterlebt und mitunter kritisch verfolgt: Erschließungen, Sanierungen und auch zwischenzeitlich die hart umstrittene Ausnagelung von Routen. Seine Leidenschaft für diesen Ort hinderte ihn aber nicht, auch andere Spots in

Klettern ist für mich eine rein sportliche Angelegenheit und beinhaltet den Willen, die Griffe in einer Route halten zu können, egal wie überhängend sie ist. Physisch ist das für mich so eine Sache... hm, oft denke ich, zu schwer zu sein... ich versuche deshalb im Fluss zu bleiben und dynamischer zu klettern, denn ich wiege nur dann zu viel, wenn ich nicht voran komme.

Sollten deiner Meinung nach weitere neue Klettergärten erschlossen werden oder ist es besser, bestehende zu sanieren oder zu erweitern?

Weder das Eine noch das Andere, man sollte einfach mal einen neuen Blick auf die ganze Angelegenheit werfen. Die Antwort findet sich vielleicht, wenn man einmal aufmerksam verfolgt, wie viele Leute eigentlich ein bestimmtes Gebiet aufsuchen. Ich spreche oft von einer „kritischen Masse”, also dem Verhältnis von Routenanzahl und Zahl der Kletternden. Wenn das Angebot die Nachfrage weit übersteigt, beginnt ein Teufelskreis, der dem Klettersport nicht guttun kann. Das ist ein weites Feld, das an anderer Stelle genauer untersucht werden müsste. Aber es hat immer damit zu tun, dass das Klettern möglichst wenige Auswirkungen auf den notwendigen Schutz der Natur bzw. der Umwelt haben sollte.

Die Protagonisten

Beppe Vidali, Placca d'Argento  schaftlichen Interesse” sind und damit in gewisser Weise auch zur Bedeutung der Gemeinde beitragen, auf deren Grund sie liegen. Dieses Projekt soll zeigen, dass die Klettergemeinschaft mit einer Stimme sprechen kann und Einfluss haben möchte. Dies steht natürlich im Gegensatz zu dem gern propagierten „freien Geist”, den Kletterer scheinbar haben müssen. In Verona und anderswo muss endlich die Kommunikation und die Beziehung mit Körperschaften und Institutionen befeuert werden, insbesondere mit der Verwaltung des Naturparks Lessinia.

Wie siehst du die Zukunft des Kletterns in unserer Region?

Ob es nun gefällt oder nicht: Klettern als anarchisches Tun ist heutzutage nicht mehr angesagt. Alles, was Wurzeln schlägt oder sich durch übliche Praxis einbürgert, ist unumkehrbar konservativ. Einen kritischen Geist muss man eher woanders suchen. Ich kann nur auf meine vorherigen Antworten verweisen und betonen, dass es sehr wichtig ist, sich zu koordinieren und den Dialog zu suchen. Sowohl intern in der Klettercommunity als auch extern mit Körperschaften und Institutionen. Die Zeiten, als ein Klettergarten als Ort betrachtet wurde, wo Anarchie wie in der Kurve eines Fußballstadions ausgelebt werden konnte, sind eindeutig vorbei. Ich denke, dass ein solches Verhalten, ein solcher „Verfall der Sitten“ hier nicht mehr toleriert werden kann...

Nicola Tondini

Deine Pläne für die Zukunft?

Ich projektiere gerade meine schwierigste „Route”: die Vereinigung APS Arrampicata Verona in die Gänge zu bringen, mit Hilfe derer wir uns um die Klettergärten kümmern wollen. Insbesondere um die, welche sehr bekannt und von eindeutigem „gesell-

Jahrgang 1973, ist weit über die Grenzen seiner Heimatregion bekannt. Auch er hat wie viele andere seine ersten Schritte in der vertikalen Welt in den Gebieten Avesa und Stallavena gemacht. Schon bald besucht er aber ebenso gern die Klettergärten Ceredo, la Placca d’Argento, Sipario delle Ombre und Garda. Schon im Alter von 16 bis 18 Jahren wiederholt er klassische Routen in den Dolomiten, in den fünf Jahren danach versucht er sich an schwierigsten Wiederholungen, wobei er darauf aus ist, nicht die Haken zur Fortbewegung zu benutzen. Solche Ergebnisse konnte er vor allem dadurch erzielen, dass er oft Klettergärten wie Ceredo besuchte, wo er sofort verstand, dass ein Fortschritt bei alpinen Routen damit verbunden ist, dass er seine Kletterniveau zuerst einmal in den Klettergärten erhöhen muss. Und so besucht er immer wieder die umliegenden Klettergärten, eröffnet schwierige Mehrseillängenwege im Etschtal und erreicht dadurch, dass ihm immer wieder harte und spektakuläre alpine Wege in den Dolomiten gelingen. Er eröffnet und leitet die Kletterhalle King Rock und gründet als frisch gebackener Bergführer die Gruppe Xmountain, die aus Veroneser Bergführerkollegen besteht. Nicola unterstützte einige Kletterinitiativen im Veroneser Raum (z.B. Sanierung von Ceredo) und war mit der Leitung diverser Gruppen von Bergführeranwärtern betraut, mit denen er die Gebiete Marciaga, Sipario delle Ombre und Ca' Verde sanieren konnte. Sein Werdegang als Erschließer neuer Wege in den Dolomiten und dem Etschtal ist absolut beeindruckend, ebenso wie es seine Wiederholungen in den Dolomiten sind: wir wollen an dieser Stelle nur anführen, dass er insgesamt schon sechs Mal den “Weg durch den Fisch” in den Dolomiten geklettert hat (fünf Mal mit Kunden). Sein Verständnis von Alpi- nismus ist stark mit der Tradition verbunden, aber Neuerungen ist er keineswegs abgeneigt.

Fünf Fragen an Nicola

Welcher Klettergarten spiegelt am meisten deine Persönlichkeit wider?

Viele und doch keiner: Ceredo, Sipario delle Ombre und Garda haben mich auf meinem Weg begleitet. Im Augenblick gibt es aber keinen Klettergarten, der ähnlich wie die Wände mit Mehrseillängentouren am Monte Cimo (Castel Presina, Sass de Mesdì und Scoglio dei Ciclopi) meine Persönlichkeit widerspiegeln würde.

Wie würdest du deine Art zu klettern beschreiben? Intuition, Körpersprache, Gleichgewichtssinn.

Sollten deiner Meinung nach weitere neue Klettergärten erschlossen werden oder ist es besser, bestehende zu sanieren oder zu erweitern?

Im Augenblick bin ich mehr damit beschäftigt, Sanierungen zu organisieren und zu koordinieren, als neue Routen zu erschließen. Es ist in unserer Region wichtig, die schon bestehenden Gebiete zu betreuen und in einem guten Zustand zu halten. Neue Gebiete könnten durchaus entstehen, aber das sollte man vorab aus jedem möglichen Blickwinkel betrachten. Wenn es darum geht, schwierigste Linien zu finden, kann das vielleicht ok und der Mühe wert. Wenn wir über die von vielen gewünschten Grade zwischen 6c und 8a sprechen, dann sollten die Auswirkungen auf die Umwelt auf alle Fälle in Betracht gezogen werden, erst recht bei den von vielen gewünschten Einsteigergebieten.

Wie siehst du die Zukunft des Kletterns in unserer Region?

Positiv. Hier bei uns gibt es viele verschiedene Kletterstile und einzigartige Gegenden. Das wird sich in Zukunft noch mehr herumsprechen und geschätzt werden. Die einzelnen Gebiet müssen aber, wie auch anderswo, klar herausgearbeitet werden. Sie unterscheiden sich nämlich nicht nur wegen ihrer spezifischen Eigenart und der Qualität der Absicherung, sondern auch wegen der objektiven Gefahren, die gerade von denjenigen mit alpinem Hintergrund oft unterschätzt werden. Ich will das etwas erläutern: Ceredo und Meteorite sind, was die Schwierigkeit der Routen betrifft, recht ähnlich. Aber Ceredo erreicht man auf einem bequemen Weg, zum Gebiet Meteorite muss erst mal eine

Seillänge hochgeklettert werden, die verschiedenen Einstiege sind nur an einem Drahtseil gesichert erreichbar und Sichern geht nur mit Selbstsicherung am Drahtseil. Ähnliches gilt bei den Gebieten Ciclopi und Sengio Rosso: bei ersterem braucht es deutlich mehr Erfahrung, weil schon der Zustieg schwierig ist, der/die Sichernde auch dort bei einigen Routen sich selbst sichern muss und das Abseilen komplex ist. Auch im Gebiet Ceraino gibt es mögliche Risiken für Leute, die bislang nur indoor geklettert sind und keine alpine Erfahrung haben. Soll heißen: ausgesetzte Zustiege, Sturzgefahr auf den Wandfuß und Steinschlaggefahr sollten bei der Beschreibung eines Klettergartens nicht fehlen. Die „Neulinge” sollten diesbezüglich „erzogen” werden und dazu bedarf es meiner Meinung nach vielerlei Informationen, insbesondere über die Art des Klettergartens. Dazu zählt auch die Logistik (und damit auch objektiv vorhandenen Gefahren) und natürlich die Qualität der Absicherung.

Deine Pläne für die Zukunft?

Wenn wir von Klettergärten sprechen: denjenigen oder auch nur die Route zu finden, die meine Art zu klettern perfekt widerspiegelt.

CRISTIANO PASTORELLO

Jahrgang 1977, ist in Cologna Veneta geboren und beginnt in den Gebieten Soave, Lumignano und Rocca Pendice mit dem Klettern. Nachdem er erste alpine Erfahrungen in den Dolomiten gesammelt hat, gelingen ihm schon bald bedeutende Wiederholungen alpiner Routen, vor allem an der NWWand der Civetta und der Marmolada-Südwand 2006 zieht er nach Caprino um, wo er in Sergio Coltri, Beppe Vidali und Andrea Simonini bald Freunde findet. Seine bevorzugte Klettergegend ist das Etschtal, wo es an Möglichkeiten für kurze und langen Routen, die er wiederholen oder auch selbst erschließen kann, nicht mangelt. Als Vorsitzender des LAAC ist er auch dessen Sprachrohr und diskutiert mit den lokalen Behörden alle Möglichkeiten, um das vertikale Vermächtnis der Region zu bewahren.Insofern ist er auch der Wegbereiter einer neuen Art, das Klettern zu bewerten: nicht nur mit der Bohrmaschine in der Hand, sondern auch im erfolgreichen Gespräch mit Privatpersonen und lokalen Institutionen. Cristiano ist Mitglied des CAI und bei der Bergrettung Verona beschäftigt.

Die Protagonisten

Fünf Fragen an Cristiano Welcher Klettergarten spiegelt am meisten deine Persönlichkeit wider?

Ich glaube, dass meine jetzige Persönlichkeit das Ergebnis der Erlebnisse ist, welche dazu beigetragen haben, die genetische Basis, die uns allen mit unserer Geburt gegeben wurde, auszuformen. Ich denke dabei ein bisschen an all die schönen Platten, nur einen Steinwurf von zu Hause entfernt, auf denen ich im Verlaufe des Lebens meine Impulse verwirklichen konnte, nämlich die Gebiete Garda, Placca d‘Argento, Sipario delle Ombre. Jetzt klettere ich nicht mehr so viel, weshalb Ceraino mein bevorzugtes Gebiet geworden ist. Wenn ich jedoch wirklich ein einziges nennen müsste, dann wäre das eindeutig Sengio Rosso.

Wie würdest du deine Art zu klettern beschreiben?

Ich habe mit dem Klettern in einer Zeit begonnen, als viele einen Klettergarten nur deshalb besuchten, um sich auf alpine Unternehmungen vorzubereiten. Aber es gab auch schon damals Leute, die dort ein sportliches Ziel erreichen wollten. Ich gehörte eher zur ersten Gruppe, eine Route im Klettergarten ging ich im gleichen Geiste an wie eine an der Civetta. In wenigen Worten: für mich zählt beim Klettern Freundschaft, Freude, Sich-Selbst-Beweisen.

Sollten deiner Meinung nach weitere neue Klettergärten erschlossen werden oder ist es besser, bestehende zu sanieren oder zu erweitern?

Ich erinnere mich an einen schönen Abend in der Kletterhalle King Rock, wo dies thematisiert wurde. Dazu bräuchte man mindestens einen ganzen Tag. Lasst uns davon ausgehen, dass sich im Vergleich mit den 1980er Jahren in Bezug auf Umwelt, Kultur, Ökonomie und Gesellschaft alles verändert hat. Es gibt viel mehr Leute, die klettern, als noch vor 40 Jahren, und sie tun das mit einem ganz anderen Ansatz. Ich glaube, dass Arco kein tugendhaftes Beispiel bleiben kann. Blitzende Haken in jeder Wand sind für mich eine Banalisierung des Territoriums. Als Vorsitzender des LAAC und bei den Arbeiten am Kletterführer Baldo Rock habe ich immer versucht, die Klettergemeinschaft davon zu überzeugen, dass es einer Regulierung bedarf. Mit dieser soll sichergestellt werden, dass Klettern weiterhin möglich ist, im Geiste der Nachhaltigkeit und des Respekts, damit die Umwelt nicht weiter und über die Maßen belastet wird. Im Vordergrund steht leider meist der falsche Mythos von der individuellen Freiheit beim Klettern, welche sehr leicht in Anarchie auszuarten droht. Aber jetzt zur eigentlichen Antwort: wir müssen das Bestehende bewahren, das ausnageln, was nicht mehr gebraucht wird, eventuell auch neue Wände erschließen, aber erst nach eingehender Prüfung in Bezug auf Umweltbelastung und Potenzial. Was harte Routen betrifft, habe ich ein romantisches Bild, im Stil von “Malvasia” von Manolo, besser gesagt eine Vision, aber das führt jetzt vermutlich zu weit.

Wie siehst du die Zukunft des Kletterns in unserer Region?

Die bessere Frage wäre vielleicht „Siehst du eine nachhaltige Zukunft für das Klettern in unserer Region?”. Ob nun gut oder schlecht: ich glaube ganz einfach, dass wir hier weiterhin klettern werden. Ich bin aber sehr überzeugt, dass, um dies im Sinne der Nachhaltigkeit (respektvoller Umgang mit den lokalen Begebenheiten, Grundbesitzern, zuständigen Behörden...) tun zu können, es unbedingt notwendig ist, sich mit allen Beteiligten an einen Tisch zu setzen und ein Regelwerk auszuarbeiten. Hoffentlich kann die neu zu diesem Zweck gegründete Vereinigung jetzt diese Schwierigkeiten überwinden, auf die ich schon als Vorsitzender des LAAC getroffen war.

Deine Pläne für die Zukunft?

2011 verunglückte mein Seilpartner schwer, als wir im Vallaccia beim Klettern waren. Danach entschied ich mit, der Bergrettung beizutreten und ließ mich zum Techniker bei der Flugrettung ausbilden. Mit dem Klettern in Klettergärten und hohen Wänden will ich meine technische Vorbereitung immer auf dem höchsten Stand halten, um all denen helfen zu können, die Hilfe benötigen, egal ob in den Bergen, im Klettergarten, einer Schlucht oder wo auch immer.

Wie würdest du deine Art zu klettern beschreiben?

Eine gute Frage! Ich hab’ mich nie selbst beschrieben, das taten immer Andere! Ich glaube, dass man zum Erschließen einen anderen Blick braucht, als wenn man „nur” klettert. Auch sollte man sich mit dem Fels beschäftigen, an dem man zugange ist und dort die seit Ewigkeiten vorhandenen Griffe und Tritte mittels Bohrhaken zu einer Route verbindet. Eine vielleicht etwas philosophische und romantische Antwort, aber so empfinde ich es nun mal!

Andrea Simonini

Spitzname Andrein, Jahrgang 1985, hat schon in jungen Jahren sehr viel Erfahrung in alpinen Gefilden gesammelt: er liebt steilste Skiabfahrten und Eisfälle, ihm gelingen namhafte Wiederholungen und bedeutende Eröffnungen von Routen in den Dolomiten sowie Mehrseillängenwegen im Etschtal und er erschließt, gemeinsam mit Freunden, diverse Kletterwände in der Region Verona. Sein erster Mentor war Francesco Chicco Fonte Basso, mit dem er oft Klettergärten besuchte und auch alpine Routen kletterte. Mit Luca Gelmetti hingegen war fast ausschließlich in hohen Wänden unterwegs, als jener sich in der Ausbildung zum Bergführer befand. Wie man Routen von unten mit Cliffs erschloss, brachten ihm Rolando Larcher und Nicola Tondini bei. Mit seinem offen Charakter war es für Andrea leicht, viele Freunde um sich zu scharen, mit denen er viele neue Routen erschließen konnte. Dazu braucht es nämlich nicht nur Haken und Umlenker, sondern auch viel Engagement und Energie, um mit der mühseligen Arbeit und eventuellen Unlust zurechtzukommen – und das hat Andrein! Viele der neueren Klettergärten gehen auf sein Konto: Inverno, Gigliottina, Jamaica, Specchio, Eldorado, Falconi, Falesia dei Ciclopi; an Babo 2.0 ist er im Moment noch dran…

Fünf Fragen an Andrein

Welcher Klettergarten spiegelt am meisten deine Persönlichkeit wider?

Ganz klar: Specchio und Babo, vor allem wegen der Felsqualität, den super Routen und die Einsamkeit, die dort noch herrscht... auch wenn direkt darunter die Autobahn vorbei führt!

Sollten deiner Meinung nach weitere neue Klettergärten erschlossen werden oder ist es besser, bestehende zu sanieren oder zu erweitern?

Ich wollte immer beides voranbringen. Zu wissen, woher wir kommen, wie man früher kletterte, mit welchem Material. das ist doch schön und mit seltenen Emotionen behaftet... Solche Erinnerungen sollten bewahrt bleiben, indem wir uns mit den Gedanken der alten Erschließer vertraut machen, gerade wenn wir sanieren oder vergessene Routen wieder ans Licht bringen. Aber es ist mindestens genauso geil, neue Routen zu erschließen und einzubohren! Es reicht, jung zu sein und sehr viel Zeit zu haben!

Wie siehst du die Zukunft des Kletterns in unserer Region?

Diese Frage könnte man auch in einer Prüfung stellen. Ich muss dazusagen, dass ich mittlerweile etwas „draußen” bin: die Pandemie, drei Kinder, Arbeitsplatzwechsel – da bleibt nicht viel Zeit für Klettern, aber das ist auch gut so.

Meine Vision vom Klettern ist sehr mit den Gedanken der 1980er Jahre verbunden und auch damit, dass es vielerlei Mühe bedarf, ein gutes Ergebnis zu erreichen, unabhängig vom Schwierigkeitsgrad. Alles oder nichts, das war schon immer mein Ansatz. Ich habe viel gegeben und habe mindesten genauso viel zurückbekommen. Einen solch demütigen Ansatz scheint es heutzutage nicht mehr zu geben: alles wird vorausgesetzt und es fehlt oft an Respekt. Kurzum: die Antwort auf die Frage würde ich gern im nächsten Führer geben.

Deine Pläne für die Zukunft?

Zuerst einmal müssen meine drei wilden Zwerge etwas älter werden! Dann werde ich versuchen, wieder mehr zu trainieren und zu klettern. Aber ich weiß schon, dass mir da wohl ein paar kleine Schwierigkeiten bevorstehen...

Alessandro Arduini

Jahrgang 1977, gehört zur neuen Generation der Kletterer und Erschließer im Etschtal. Seine alpine Laufbahn beginnt im Fassa-Tal, nach einigen interessanten Wiederholungen alpiner Wege konzentriert er sich auf das Sportklettern, vor allem hier in dieser Region. Unter der Anleitung des erfahrenen Cristiano Pastorello erlernt er das Erschließen in den Klettergärten Garda und Ceraino. Schon früh ist er aber „flügge” und macht alleine weiter. Ihm zu verdanken sind die Klettergärten Gaium und dessen Erweiterung, Sottocoi und Falesia degli Amici. Erschließungen und Sanierungen sind für Alessandro eine Herzensangelegenheit, er ist immer wieder mit diversen Projekten beschäftigt. Sein Traum wäre aber ein großer Klettergarten mit vielen ultraharten Linien – eine 9a gibt es in der Region Verona noch nicht – damit die junge Generation auch hier neue Herausforderungen finden kann. Zu einem solchen Projekt braucht es wohl aber einen Zusammenschluss verschiedenster Leute... Für die nächste Ausgabe des Führers hat uns Alessandro aber jetzt schon neue Wände versprochen!

Fünf Fragen an Alessandro

Welcher Klettergarten spiegelt am meisten deine Persönlichkeit wider?

New Ceredo, weil dort die Wandausrichtung Klettern im Winter zulässt, der Zustieg bequem ist und die Routen meist überhängend.

Wie würdest du deine Art zu klettern beschreiben? Kraftvolle, sehr stark überhängende Kletterei liegt mir am meisten.

Sollten deiner Meinung nach weitere neue Klettergärten erschlossen werden oder ist es besser, bestehende zu sanieren oder zu erweitern? Um unsere Region weiter aufzuwerten, bedarf es neuer Klettergärten. Wir brauchen „Nachschub” für die vielen Kletterinnen und Kletterer. Gaium war in diesem Sinn ein Fortschritt – es ist das „Anti-Ceraino”. Wir hatten Ceraino zwar quasi vor der Haustür, aber da war nicht mehr viel zu holen. Unser neuer Spielplatz ist Gaium!

Wie siehst du die Zukunft des Kletterns in unserer Region?

Die Zukunft? Verändert sich andauernd! Tabus gibt es nicht mehr, es gibt Kletterhallen, das Klettern ist olympisch geworden. Die Entwicklung geht unaufhörlich weiter!

Deine Pläne für die Zukunft?

Neue Linien und neuen Klettergebiete erschließen, die sicher sind und keine objektiven Gefahren aufweisen. Ich hoffe, dass ich dabei auf eine offene, gesprächsbereite Mentalität meiner Ansprechpartner treffe.

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