PRINT & PUBLISHING 224

MAGAZIN FÜR DIGIT@LE UND GEDRUCKTE KOMMUNIKATION

p.b.b. VERLAGSORT: 1120 WIEN, 12Z039233 M

Dezember 2015 Folge 224 25. Jahrgang Euro 5,– issn 1018 8054

Heidelberg wird smart Erste Ankündigungen zur drupa Stefan Sagmeister The Happy Show im MAK HP PageWide Web Press T1100S Digitaler Gigant für Wellpappemarkt

Termine ƒ Jänner 2016 bis November 2016

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Po rt ug

al

Bosnien u.

Herzegowina

M oldawien

Georgien

Aser

Serbien u.

Mo ntenegro

Armenien

Bulga rien Albanien

Mazedonien

Griechen-

31.01. – 02.02.

Paperworld FRANKFURT, DEUTSCHLAND

www.paperworld.de

08.03. – 11.03.

Fespa Digital 2016 AMSTERDAM, NIEDERLANDE

13.04. - 14.04.

DMM Dialog Marketing-Messe

ZÜRICH, SCHWEIZ www.dialog-marketing-messe.ch

www.fespa.com

www.drupa.de

17.03. – 20.03.

Leipziger Buchmesse

LEIPZIG, DEUTSCHLAND

www.leipziger-buchmesse.de

www.co-reach.de

224 … 2015

31.05. – 10.06. drupa 2016 DÜSSELDORF, DEUTSCHLAND

29.06. – 30.06.

CO-REACH NÜRNBERG, DEUTSCHLAND

www.wan-ifra.org

www.buchmesse.de

10.10. - 12.10.

World Publishing Expo WIEN, ÖSTERREICH

19.10. – 23.10.

Frankfurter Buchmesse FRANKFURT, DEUTSCHLAND

02.11. – 04.11.

viscom

FRANKFURT, DEUTSCHLAND

www.viscom-messe.com

03

ƒ

Inhalt

EDITORIAL 07 _ Smart sein …

224 22

CONTENT

HERAUSGEBERBRIEF 08 _ Renaissance des Buches als zuverlässiges Informationsmedium?

10

BUSINESS &MARKT

PEOPLE &EVENTS 20

PEOPLE & EVENTS

BUSINESS & MARKT

10 _ 80 Jahre Georg Schandl:

Zwischen Tradition und Fortschritt 11 _ Golden Pixel Award 2015:

We Love Print 20 _ Datafest 2015:

Dokumentenmanagement und Paper Processing 21 _ Aus für Quarterly Jour Fixe Druck, Medien und Verlag

22 _ Heidelberg auf dem Weg zur drupa:

Smart sein ist die Devise 24 _ Canon Expo:

In allen Bereichen des täglichen Lebens präsent sein 26 _ 25 Jahre Österreichisches Umweltzeichen:

Eine grüne Erfolgsstory 28 _ Inprint 2015 in München:

Der Markt verändert sich 32 _ print fair 15:

Kommunikationspunkt Graphische 33 _ Heinzel Group:

Auf Wachstumskurs 34 _ Heimtextil in Frankfurt:

Digitaldruck wächst weiter

Die nächsten Ausgaben und deren Schwerpunkte

PRINT & PUBLISHING 225

PRINT & PUBLISHING 226

Special: Der print & publishing Outlook 2016

Special: Druckereien - die neuen Medienhäuser, Die neue Welt der visuellen Kommunikation Messen: Fespa Digital – Amsterdam Erscheinungstermin: 26. FEBRUAR 2016 Redaktions- und Anzeigenschluss: 12. FEBRUAR 2016

Erscheinungstermin: 25. JÄNNER 2016 Redaktions- und Anzeigenschluss: 11. JÄNNER 2016

04

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Inhalt ƒ

ZEITREISE 62 _ 25 Jahre PRINT & PUBLISHING:

Gerüchteküche um Gisteldruck

36

MEDIEN KOMMUNIKATION DESIGN 40

MEDIEN . KOMMUNIKATION . DESIGN 36 _ 100 Beste Plakate im MAK:

Innovative Kommunikation 38 _ 100 Jahre Leica Fotografie:

Augen auf!

40 _ Stefan Sagmeister:

The Happy Show im MAK

PRODUKTION & TECHNOLOGIE 42 _ HP Pagewide Web Press T1100S:

Pre-Print und Digitaldruck in einer Maschine 45 _ Kodak Nexpress: Upgrade auf System 15 46 _ ITMA 2015:

Die Olympiade der Textildrucker brachte neue Rekorde

42

PRODUKTION &TECHNOLOGIE

49 _ Passgenau: Österreichische Staatsdruckerei

installiert Barcotec-System 50 _ drupa Expert Article:

Die Cinderella-Story der Weiterverarbeitung 53 _ Neu bei Ammerer:

Hochleistungs-Multifinisher Duplo Docucutter DC-746 54 _ Falzsystem von MB Bäuerle:

10 Minuten anstatt 2 Stünden rüsten 56 _ drupa 2016: Müller Martini zeigt Finishing 4.0 57 _ K8 Perfection von MBO: Präzision und Produktivität 58 _ Paperworld Trends 2016/2017:

Inspiration für Industrie und Handel 60 _ Felix Schoeller Proofpapiere: Jetzt im neuen Fogra Standard 61 _ Europapier: Sappi Algro Design und KAPAG Algro Duo 61 _ Fedrigoni: Card Couture Award 2016 61 _ Mondi Pergraphica: Papier für Perfektionisten

Impressum EMGroup GmbH . Testarellogasse 1/2, A-1130 Wien . Telefon +43(0)1/983 06 40 . Fax +43(0)1/983 06 40-18 . INTERNET www.printernet.at ADMINISTRATION E-MAIL office@europeanmediagroup.at . REDAKTION E-MAIL edit@europeanmediagroup.at . HERAUSGEBER (e.h.) Prof. Dr. Werner Sobotka CHEFREDAKTEUR | GESCHÄFTS-/VERLAGSLEITUNG Michael Seidl . VERLAGSASSISTENZ/PRODUKTION Rainer Gruber . AUTOREN Rainer Gruber, Stefanie Hermann B.A., Michael Seidl, Dr. Werner Sobotka, Gerhard Bartsch, Cary Sherburne, Kurt K. Wolf, Matthias Siegel . LAYOUT Zeitmassdesign, Mag. Robert Sabolovic .

DRUCK »agensketterl« Druckerei GmbH, 3001 Mauerbach PRINT & PUBLISHING ERSCHEINT IN DEN JEWEILIGEN LANDESSPRACHEN IN ÖSTERREICH, POLEN SOWIE UNGARN UND UNTERHÄLT MEDIENKOOPERATIONEN IN DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK, SLOWAKEI, RUSSLAND UND INDIEN. INTERNATIONALE KOORDINATION EMGROUP GMBH, TESTARELLOGASSE 1/2, A-1130 WIEN, TELEFON +43(0)1/983 06 40, FAX +43(0)1/983 06 40-18, E-MAIL: OFFICE@EUROPEANMEDIAGROUP.AT

224 … 2015

05

EIN JAHR PRINT & PUBLISHING WIR BEDANKEN UNS FÜR DIE ZUSAMMENARBEIT UND FREUEN UNS SCHON AUF EIN ERFOLGREICHES DRUPA JAHR 2016.

MAGAZIN FÜR DIGIT@LE UND GEDRUCKTE KOMMUNIKATION

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Dezember 2015 Folge 224 25. Jahrgang Euro 5,– issn 1018 8054

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Heidelberg wird smart Erste Ankündigungen zur drupa Stefan Sagmeister The Happy Show im MAK HP PageWide Web Press T1100S Digitaler Gigant für Wellpappemarkt

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Editorial ƒ

Smart sein …

224

EDITORIAL

Obwohl es nicht unbedingt neu ist, was die Begrifflichkeit einer bestimmten Eigenschaft betrifft, so könnte dieses Wort im kommenden Jahr das Trendwort für die Druckmedienindustrie werden: Smart! Autobauer wie Mercedes nutzen es für eine Marke. Wiens Bürgermeister, Dr. Michael Häupl nutzte es, um »seine« Stadt als besonders locker darzustellen. Der Bürgermeister von Berlin, Michael Müller hat jüngst ein 10 Punkte Programm angekündigt, mit dem die deutsche Hauptstadt sich zur führenden Smart City Europas entwickeln soll. Wir reden jeden Tag vom Einsatz smarter Technologie, die durchaus auch »cool« sein könnte (aber das ist wieder ein anderes Thema).

Doch nun ist »Smart«, dank Druckmaschinenhersteller Heidelberg, in der Druckmedienindustrie angekommen. Denn das sich in einem intensiven Wandlungsprozess befindliche Unternehmen hat mit »Simply Smart« seinen drupa Claim bekannt gegeben. Schade nur, dass der noch immer erkrankte CEO Dr. Gerold Linzbach bei der Präsentation nicht dabei sein konnte. Warum? Weil man den Eindruck bekommt, dass die Heidelberger in der digitalen Welt angekommen sind und sich besser gesagt inzwischen mittendrin tummeln. Es geht nicht mehr um die Druckmaschine allein, sondern um ganze Konzepte, wie Kunden heute ihr Geschäfte umsetzen und ihnen Partner wie Heidelberg heute dabei helfen können. Was den Heidelbergern – und nicht nur ihnen – sichtlich gut getan hat, ist die (smarte) Politik sich mit anderen zusammen zu tun, um neue Dinge zu entwickeln bzw. zu vermarkten.

Im Fall von Heidelberg sind das Fujifilm und Ricoh. Im Februar 2016 soll übrigens das neue Heidelberg/Fujifilm Inkjet Projekt präsentiert werden.

Partnerschaften regen zu neuem Denken an … das merkt man. Auch bei KBA, die kürzlich gemeinsam mit HP die digitale Rollenmaschine für den Wellpappenmarkt präsentierten. Auch hier dasselbe Bild wie bei Heidelberg. Es herrscht so etwas wie digitale Aufbruchsstimmung, man ist guter Dinge und das Denken ist ein anderes geworden. Auch wenn manchmal noch immer Tradition auf Moderne trifft oder umgekehrt … und es ist gut so, beide Seiten profitieren voneinander. Und es ist bemerkenswert zu hören, wie die Unternehmen auf einmal mit Begriffen wie Industrie 4.0 oder Internet der Dinge umgehen … so gesehen hat ein kleiner Quantensprung seit

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der letzten drupa stattgefunden.

Zum aktuellen Abschluss des Klimagipfels in Paris passt die Meldung, dass Recyclingpapier in den Vorstandsetagen der deutschen Wirtschaft angekommen ist. 80 CEOs bekannter Unternehmen engagieren sich für Ressourcenschutz und stellen ihren Papierbedarf auf Recyclingpapier um, indem sie sich der Kampagne »CEOs pro Recyclingpapier« angeschlossen haben. Diese wird von der Initiative Pro Recyclingpapier durchgeführt und steht unter der Schirmherrschaft von Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks.

Neben dem Bundesumweltministerium unterstützen die Deutsche Gesellschaft des Club of Rome und der NABU Deutschland das Projekt.

Was diese Ausgabe betrifft, so werden Sie wieder einen schönen Themenmix vorfinden.

Gleich am Beginn des Heftes getragen von einem langen Bericht über die Ergebnisse des Golden Pixel Award 2015 und die wunderbare Gala im Haus der Industrie am 19. November. Und wir nähern uns mit Riesenschritten dem drupa Jahr 2016, erste Vorboten werden Sie in diesem Heft schon finden.

Das PRINT & PUBLISHING Team wünscht Ihnen alles Gute für das kommende Jahr und natürlich, wie könnte es anders sein, viel Erfolg.

Herzlichst Ihr Michael Seidl m.seidl@europeanmediagroup.at

07

ƒ Herausgeberbrief

RENAISSANCE DES BUCHES ALS ZUVERLÄSSIGES INFORMATIONSMEDIUM?

TEXT . Dr. Werner Sobotka

A

uf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse wurden insgesamt rund 275.000 Besucher (Fachbesuchertage: 140.474) gezählt. Das entspricht einem Besucher-Plus von rund 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch das Medieninteresse ist enorm gewachsen: Die Zahl der akkreditierten Journalisten und Blogger stieg von 9.300 (2014) auf rund 9.900 in diesem Jahr.

Salman Rushdie eröffnete die Frankfurter Buchmesse 2015 mit einem Plädoyer für die Meinungsfreiheit. Und auch die folgenden fünf Tage blieb die Veranstaltung ein Ort für Auseinandersetzungen rund um Wertvorstellungen und die Grenzen der Toleranz. »Die Buchbranche hat ihre Kontakte zu Start-Ups und neuen Marktteilnehmern intensiviert, um gemeinsam innovative Geschäftsmodelle für den Markt zu entwickeln«, begrüßte Riethmüller diesen deutlichen Trend aus Sicht der Buchbranche. Der Business Club der Frankfurter Buchmesse hat sich erneut als zentraler Anlaufpunkt für die kreativen Vordenker und ökonomischen Key-Player des internationalen Inhalte- und Mediengeschäfts erwiesen.

Einen inhaltlichen Schwerpunkt bildet seit 1976 der jährlich wechselnde Ehrengast, der dem Messepublikum auf vielfältige Weise seinen Buchmarkt, seine Literatur und Kultur präsentiert. Die Frankfurter Buchmesse organisiert die Beteiligung deutscher Verlage an rund 20 internationalen Buchmessen und veranstaltet ganzjährig Fachveranstaltungen in den wichtigen internationalen Märkten. Mit der Gründung des Frankfurt Book Fair Business Clubs bietet die Frankfurter Buchmesse Unternehmern, Verlegern, Gründern, Vordenkern, Experten und Visionären ideale Voraussetzungen für ihr Geschäft.

Politische Buchmesse

BuchWien endet mit Publikumsrekord

»Die angespannte weltpolitische Lage hat sich direkt und unüberhörbar auf das Geschehen im Literaturbetrieb niedergeschlagen«, meinte Juergen Boos zum Abschluss der Messe. So zum Beispiel bei Zeruya Shalevs unerwartet persönlicher Schilderung ihres Alltags in Israel beim »Brigitte Live«Talk oder beim Aufeinandertreffen iranischer Verleger mit Friedenspreisträger Navid Kermani im Weltempfang. Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels: »Die Buchbranche hat klar Position für die Meinungs- und Publikationsfreiheit bezogen, die als Menschenrecht nicht verhandelbar ist, und damit weltweit ein Zeichen gesetzt.«

Mit 450 Veranstaltungen, Ausstellern aus 15 Nationen und tausenden Neuerscheinungen präsentierte sich die BuchWien Lesefestwoche und Internationale Buchmesse. 40.000 Bücherfans sorgten in diesem Jahr für einen Besucherzuwachs, und die zweite Lange Nacht der Bücher zog ein noch vielfältigeres Publikum an. »Ich freue mich, dass wir heuer abermals eine Steigerung der Besucherzahlen verzeichnen konnten. Das zeugt von der Relevanz unserer Branche und dem Stellenwert des Buches. Unser Motto »Literatur kennt keine Grenzen« wurde von den Mitwirkenden aufgegriffen und hat auf das gesamte Publikum ausgestrahlt. Vor dem Hintergrund unfassbarer terroristischer

08

Anschläge in Europa hat der Schwerpunkt für interkulturellen Dialog auf der BuchWien seine Notwendigkeit verdeutlicht«, so Präsident des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels Benedikt Föger.

Michaela Knapp vom Format betonte, dass das Interesse bei der BuchWien von der Relevanz der Branche zeugt. Der neue eigene österreichische Buchpreis ab 2016 ist ein gutes Lebenszeichen. Gelesen wird aber wieder vermehrt, und zwar vorzugsweise Print. Das E-Book hat das gedruckte Buch in Österreich nicht verdrängt. Neue Medien haben zwar das Leseverhalten geändert, aber trotz Konkurrenz ist das Buch zu jenem seriösen Informationsmedium, welches mehr als die schnelllebige Information des Internets geben kann, geworden.

Hintergrundinformation, seriöse Forschungsergebnisse, die nicht alle 12 Stunden geändert werden und auch wieder eine Hinwendung zu Schönheit des Geschriebenen durch gute Typografie und höheren Lesekomfort. Nach dem Hoffnungs-Motto: »Gäbe es mehr Kultur, gäbe es weniger Gewalt«, lobte auch Bundesminister Dr. Josef Ostermayer das Buch als Kulturgut, als Träger von Wissen und Aufklärung. Jedoch nicht nur schön, sondern auch spannend ist ein Thema, und so ist es interessant, dass der meistverkaufte Belletristikband in Österreich ein bayrischer Provinzkrimi von Rita Falk namens »Zweschkendatschikomplott« ist.

Das Buch in der Theorie Ein Buch ist nach traditionellem Verständnis eine Sammlung von bedruckten, beschriebenen, bemalten oder auch leeren Blättern aus Papier oder anderen geeigneten Materialien, die mit einer Bindung und meistens auch mit einem Bucheinband (Umschlag) versehen ist. Laut Unesco-Definition sind (für Statistiken) Bücher nichtperiodische Publikationen mit einem Umfang von 49 Seiten oder mehr.

224 … 2015

Herausgeberbrief ƒ Zudem werden einzelne Werke oder große Textabschnitte, die in sich abgeschlossen sind, als Buch bezeichnet, insbesondere wenn sie Teil eines Bandes sind. Elektronisch gespeicherte Buchtexte nennt man »digitale Bücher« oder E-Books. Eine andere moderne Variante des Buches ist das Hörbuch. In seinem Buch »Die Gutenberg-Galaxis. Das Ende des Buchzeitalters« (englisch: The Gutenberg Galaxy. The Making of Typographic Man) vertrat 1962 Marshall McLuhan die These von einer Ablösung des Buchzeitalters durch die vernetzten elektronischen Medien. Damals hatte der Computer noch gar nicht seine heutige Bedeutung erlangt und das Internet, so wie wir es kennen, gab es noch gar nicht. Dennoch glaubte McLuhan sehen zu können, wie das Medium des Fernsehens oder des Radios eine neue Art von Denken hervorrief. Die These von dem Medium, das die Botschaft selbst ist, war geboren. Denn nach McLuhan kommt es weniger darauf an, was über einen medialen Kanal verbreitet wird, sondern vielmehr wie es verbreitet wird. Marshall McLuhan folgten einige Theoretiker nach. Norbert Bolz etwa vertrat in seinem Buch »Am Ende der Gutenberg-Galaxis. Die neuen Kommunikationsverhältnisse« ebenso wie McLuhan die These, dass das linear angelegt Buch und seine bürgerliche Wirklichkeitsdefinition durch eine komplexe Strukturen abbildende Hypertextualität abgelöst werde. Manuel Castells, der in seinem dreibändigen, monumentalen Werk zur Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur des Informationszeitalters im ersten Band zur Netzwerkgesellschaft diesen Übergang von der Gutenberg-Galaxis zur »McLuhan-Galaxis« versucht hat zu beschreiben, geht sogar noch einen Schritt

weiter. Castells glaubt, dass durch die elektronischen Medien zwar in der Tat in den 60er Jahre des 20. Jahrhunderts eine Massenkultur entstanden sei, sich diese aber durch das Internet in eine »interaktive Gesellschaft« gewandelt habe. Kritiker des gesellschaftlichen Wandels blieben derweil nicht aus. Eine der wohl bekanntesten Kritiken an einem vermeintlichen Ende des Buchzeitalters dürfte wohl Neil Postmans Buch »Wir amüsieren uns zu Tode« sein. Die Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie, in dem Postmann schon in den 80er Jahren das Ende des rationalen Denkens durch eine durch die Massenmedien ausgelöste emotionale Bildersprache anprangerte. Postman sah dadurch unsere gesamte Kultur des Denkens und Handelns gefährdet.

Im Folgenden soll nun gezeigt werden, dass das Buch als Medium durchaus auch weiterhin seine Daseinsberechtigung hat, weil es als Medium in einigen entscheidenden Punkten dem elektronischen Medium überlegen ist und auch weiterhin unsere Denk- und Vorstellungswelt prägen wird.

Die neuen Technologien im Internet und in der mobilen Kommunikation haben zudem geradezu eine Renaissance der Schriftkultur eingeleitet. Sie sind eine Schriftlichkeit 3.

Grades und benötigen um den Preis ihres Unterganges ebenso die Schriftlichkeit 2.

Grades, also unsere Buchkultur, wie unsere Buchkultur auf die Schriftlichkeit 1. Grades in Form mündlich tradierter Überlieferungen notgedrungen angewiesen ist.

Das Buch in der Praxis Häufig wird, wenn es um die Vorteile des Buches geht, betont, dass ein Buch ohne

Strom funktioniert und auch in der Badewanne oder an sonstigen für Elektronik weniger geeigneten Orten gelesen werden kann. Das ist sicher richtig und ein großer Vorteil. Dennoch fasst dies noch nicht alle Vorteile zusammen, die das Medium im Sinne der Benutzbarkeit an sich hat. So ist das Buch auch einfach übersichtlicher. Man kann Lesezeichen einlegen, Markierungen machen und durch das Durchblättern seine Markierungen leicht wieder finden. Zwar lassen sich solche grundlegenden Kulturtechniken wie Markierungen und Lesezeichen auch in elektronischen Dokumenten anbringen und nachbilden, aber seinen größten Vorteil hat das Buch in seiner Haptik. Das ist nicht nur bloße Nostalgie, sondern hat etwas mit Übersichtlichkeit zu tun.

Wenn Sie einmal in einer Bibliothek gewesen sind, werden Sie wissen, was hier gemeint ist. Eine thematisch aufgestellte Bibliothek bietet auf einen Blick eine physische Vorstellung von einem Themengebiet, das ein elektronisches Dokument kaum zu repräsentieren vermag. Sie können sehen, wie viel Literatur zur österreichischen Literaturgeschichte oder zum Austrofaschismus vorhanden ist und welches Thema sozusagen »wichtiger« ist. Die Benutzervorteile des Buches auf einen Blick: © das Buch funktioniert ohne zusätzliche Hilfsmittel und ohne Strom © das Buch kann an fast jedem Ort der Welt gelesen werden © die Haptik des Buches gibt einen Eindruck von Umfang und Inhalt © Markierungen und Durchblättern ermöglichen einen späteren schnellen Rückblick 1

Frankfurter Buchmesse 2015: Das Ehrengastland Indonesien zeigt sich in traditioneller Kleidung x © . Frankfurter Buchmesse

Conchita Wurst auf dem roten Teppich. x © . Frankfurter Buchmesse / Marc Jacquemin

Ein gut gelaunter Salman Rushdi. x © . Frankfurter Buchmesse / Marc Jacquemin 224 … 2015

09

ƒ Bestellung

DIE KOMPLETTE E-AUSGABE VON

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