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Lagebericht 2020

1 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Covid-19 löste 2020 die seit Jahrzehnten stärkste globale Rezession aus. Die pandemiebedingte Krise mit dramatischen Auswirkungen auf Industrie- und Schwellenländer hatte einen beispiellosen Konjunktureinbruch zur Folge. In mehr als 85 % aller Staaten sank die Wirtschaftsleistung. Zum Schutz der Menschen und der nationalen Gesundheitssysteme, der Wirtschaft und des Finanzsystems wurden seitens der Politik außerordentliche Maßnahmen ergriffen. Um eine unkontrollierte Ausbreitung des Virus zu verhindern, verfügten die meisten Staaten im ersten Halbjahr einen strengen Lockdown, auf den im letzten Quartal des Jahrs angesichts der im Herbst und Winter wieder gestiegenen Infektionsraten weitere Lockdowns folgten. Zur Begrenzung des unmittelbaren wirtschaftlichen Schadens setzten die Regierungen auf Maßnahmen wie staatlich garantierte Kredite, Zahlungsaufschübe für Privatpersonen und Unternehmen sowie Unterstützungsleistungen aus Härtefonds. Weltweit lockerten Zentralbanken ihre Geldpolitik und weiteten in den G10-Ländern ihre Bilanzen um nahezu EUR 6,5 Billionen1 aus. Mehr als 20 Schwellenländer-Zentralbanken führten erstmals Anleihenkäufe durch. Darüber hinaus wurden durch finanzpolitische Maßnahmen Privathaushalte und Unternehmen weltweit mit insgesamt EUR 10,5 Billionen2 unterstützt.

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In den meisten Ländern brach die Wirtschaftstätigkeit stark ein. Mit einem Rückgang des realen BIP um 3,4 %3 bewältigten die Vereinigten Staaten die Krise besser als Japan oder die Europäische Union. Bedeutende europäische Volkswirtschaften wie Italien und Frankreich verzeichneten einen Rückgang des BIP im zweistelligen Prozentbereich. Von den Schwellen- und Entwicklungsregionen entwickelte sich China besser als andere große Volkswirtschaften. Nach einem Einbruch im ersten Quartal 2020 erholte sich die chinesische Wirtschaft nach der Lockerung des ersten Lockdowns stärker als jene der meisten anderen Länder. Insgesamt legte das BIP in China um 2,3 %4 zu. Alle anderen großen Schwellenländer wie Indien, Brasilien, Russland oder die Türkei mussten deutliche Einbußen hinnehmen. Besonders schwer betroffen war die Wirtschaft Indiens, die die erste Rezession seit 40 Jahren erlebte. Die russische Wirtschaft litt neben der Covid-19-Krise zusätzlich unter den niedrigen Ölpreisen. Die Volkswirtschaften Zentral- und Osteuropas wurden von der durch das Virus ausgelösten Krise ähnlich stark in Mitleidenschaft gezogen. Insgesamt ging das reale BIP weltweit um 3,54 %5 zurück.

In den Vereinigten Staaten stand die wirtschaftliche Entwicklung vor allem im Zeichen von Covid-19, den zunehmenden Spannungen zwischen den USA und China und den im November abgehaltenen Präsidentschaftswahlen. Im April und Mai sackte die Wirtschaftsleistung aufgrund der Coronaviruskrise ab, was die Arbeitslosenquote vorübergehend deutlich ansteigen ließ. Im April erreichte sie mit über 14 % ihren Höchstwert6. Dank der robusten Inlandsnachfrage, des anziehenden Arbeitsmarktes, einer sehr lockeren Geldpolitik und starker finanzpolitischer Impulse setzte jedoch rasch wieder eine wirtschaftliche Erholung ein. Zum Jahresende lag die Arbeitslosenquote bei 6,7 %7 . Die Kerninflation blieb unter dem Zielwert der US-Zentralbank (Fed) von 2 %. Im März 2020 senkte die Fed ihren Leitzins auf null und startete eine neue Runde quantitativer Lockerungen. Diese beinhalteten als Reaktion auf die nachlassende Konjunktur Käufe von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren (MBS) im Volumen von USD 700 Mrd. Insgesamt schrumpfte die US-Wirtschaft 2020 um 3,4 %8 .

Auch im Euroraum war die Krise deutlich zu spüren. Der Rückgang der Wirtschaftsleistung fiel mit 7,2 %9 markanter aus als in anderen entwickelten Regionen der Welt. Die aufgrund der Covid-19-Pandemie ergriffenen Maßnahmen – nationale Lockdowns, Schulschließungen und Einreisebeschränkungen – hatten schwerwiegende Verwerfungen des Wirtschaftslebens zur Folge. Besonders betroffen war der Tourismus, der während des Jahrs monatelang praktisch zur Gänze schließen musste. In Italien, Frankreich und Spanien, wo der Fremdenverkehr eine sehr bedeutende Rolle spielt, führte die verschlechterte Wirtschaftslage zu einem Rückgang des realen BIP im zweistelligen Bereich. Deutschland, die größte Volkswirtschaft der Eurozone, verzeichnete hingegen hauptsächlich dank des strikten Krisenmanagements und der stärkeren Produktionsleistung eine

1 IMF: https://www.imf.org/-/media/Files/Publications/GFSR/2020/October/English/foreword.ashx (Download am 19. Februar 2021, angewendeter Umrechnungskurs 1 EUR=1,147 USD 2 IMF: https://www.imf.org/-/media/Files/Publications/GFSR/2020/October/English/foreword.ashx (Download am 19. Februar 2021, angewendeter Umrechnungskurs 1 EUR=1,147 USD) 3 IMF: https://www.imf.org/en/Publications/WEO/Issues/2021/01/26/2021-world-economic-outlook-update (Download am 19. Februar 2021) 4 IMF: https://www.imf.org/en/Publications/WEO/Issues/2021/01/26/2021-world-economic-outlook-update (Download am 19. Februar 2021) 5 IMF: https://www.imf.org/en/Publications/WEO/Issues/2021/01/26/2021-world-economic-outlook-update (Download am 19. Februar 2021) 6 US Labor Statistics: https://www.bls.gov/news.release/pdf/empsit.pdf (Download am 19. Februar 2021), Seite 1 7 US Bureau of Labor Statistics: https://www.bls.gov/news.release/pdf/empsit.pdf (Download am 19. Februar 2021), Seite 9 8 IMF: https://www.imf.org/en/Publications/WEO/Issues/2021/01/26/2021-world-economic-outlook-update (Download am 19. Februar 2021) 9 IMF: https://www.imf.org/en/Publications/WEO/Issues/2021/01/26/2021-world-economic-outlook-update (Download am 19. Februar 2021)

deutlich bessere Entwicklung. Die Arbeitslosenquoten stiegen in den europäischen Ländern. In den meisten Staaten des Euroraums starteten die Regierungen umfangreiche Programme mit staatlichen Kreditgarantien, um den Unternehmen den Zugang zu Bankkrediten offen zu halten. Die Europäische Zentralbank (EZB) stellte ein neues Pandemie-Notfallankaufsprogramm (PEPP) vor, um einer Gefährdung der Transmission der Geldpolitik und dem negativen Ausblick für den Euroraum entgegenzuwirken. Das Programm mit einem Volumen von EUR 1,85 Billionen10 wurde bis März 2022 verlängert. Zusätzlich erhöhte die EZB ihre gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (TLTROs, targeted longer-term refinancing operations), um den Kreditinstituten niedrig verzinste Kredite zur Verfügung stellen zu können. 388 Banken haben insgesamt EUR 1,7 Billionen11 in Anspruch genommen. Die EZB beließ ihren Diskontsatz bei null.

Vor diesem Hintergrund musste auch die österreichische Wirtschaft schwere Einbußen hinnehmen. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie und der Lockdown im Frühjahr führten zu einem starken Einbruch des Privatkonsums und damit zu einem Rückgang des BIP. Auch die Investitionstätigkeit sank deutlich. Im dritten Quartal setzte ein starker wirtschaftlicher Aufschwung ein. Die Lockerung der Reisebeschränkungen, insbesondere aber ein überdurchschnittlich guter Inlandstourismus im Sommer führten zu einer teilweisen Erholung des wirtschaftlich bedeutenden Tourismussektors. Die Zahl der Übernachtungen lag im Juli und August um 15 % unter dem Niveau von 2019, nachdem im Mai und Juni ein Minus von 60 % bis 90 % zu verzeichnen war. Die Arbeitslosenquote stieg im ersten Halbjahr deutlich und lag im Juni bei 6,2 %, für das Gesamtjahr 2020 bei durchschnittlich 5,3 %12 . Kurzarbeitsregelungen halfen die Auswirkungen des Wirtschaftsabschwungs auf den Arbeitsmarkt abzumildern. Die durch Covid-19 ausgelöste Krise hat die günstige Entwicklung der österreichischen Staatsfinanzen abrupt beendet. Im März wurde der Covid-19-Krisenbewältigungsfonds aufgelegt, aus dem finanzielle Unterstützung etwa zur Stärkung des Gesundheitswesens, zur Subventionierung von Fixkosten und für Kurzarbeit geleistet wurde. Steuerstundungen und staatliche Garantien für Kredite trugen ebenfalls dazu bei, Liquiditätsengpässe von Unternehmen zu vermeiden. Das gesamtstaatliche Defizit belief sich auf 8,9 %13 des BIP. Die Staatsverschuldung in Prozent des BIP erhöhte sich deutlich auf 84,4 %14 . Infolge des starken Wirtschaftsabschwungs und des Rückgangs der Energiepreise sank die Inflation von über 2 % zu Beginn des Jahrs auf 1,2 %15 zum Jahresende. Insgesamt lag die Inflation 2020 bei durchschnittlich 1,4 %16 . Das reale BIP verringerte sich um 7,2 %17, das BIP pro Kopf reduzierte sich zum Jahresende auf EUR 42.00018 .

Auch in Zentral- und Osteuropa war die wirtschaftliche Lage herausfordernd. Der Konsum und Investitionstätigkeiten gingen deutlich zurück, Exporte und Importe schrumpften im zweistelligen Prozentbereich. Der hohe Anteil der Sachgütererzeugung und der Exporte in den Ländern Zentral- und Osteuropas hatte wesentlich zur Talfahrt der Wirtschaft während der Lockdowns im Frühjahr beigetragen. Nach einem beispiellosen Rückgang der Wirtschaftstätigkeit erlebte die CEE-Region eine sehr rasche wirtschaftliche Erholung. Die zweite Welle an Lockdowns beeinträchtigte die Volkswirtschaften der Region dank der Widerstandsfähigkeit der Industrieproduktion in einem deutlich geringeren Ausmaß. Das war darauf zurückzuführen, dass die Produktionstätigkeit nicht eingestellt wurde und die ausländische Nachfrage stark blieb. Am besten entwickelte sich Serbien, dessen BIP 2020 nur moderat sank. In Kroatien brach das BIP aufgrund der hohen Abhängigkeit des Landes vom Tourismus am stärksten ein. Die Arbeitslosenquoten stiegen in CEE, blieben im Vergleich mit vielen westeuropäischen Ländern aber niedrig. Die Arbeitsmärkte profitierten auch hier insbesondere von staatlichen Unterstützungsprogrammen und der vielfach genutzten Kurzarbeit. Aufgrund niedrigerer Einnahmen und höherer Ausgaben weiteten sich die staatlichen Defizite in der Region aus. Die CEE-Währungen blieben das gesamte Jahr hindurch schwach, wobei der ungarische Forint immer wieder nahe seinen Tiefstständen war. Trotz der Währungseffekte blieb die Inflation relativ moderat. Zahlreiche Zentralbanken der Region senkten im Lauf des Jahres ihre Leitzinsen. Die stärksten Zinssenkungen führte die Tschechische Nationalbank durch. Ungarn, Rumänien und Serbien

10 ECB: https://www.ecb.europa.eu/mopo/implement/pepp/html/index.en.html (Download am 19. Februar 2021) 11 Euromoney: https://www.euromoney.com/article/280nvn47uuu2gasjb5534/banking/european-banks-head-for-a-funding-cliff-thanks-to-tltro-iii (Download am 19. Februar 2021) 12 Statistik Austria: http://www.statistik.at/wcm/idc/idcplg?IdcService=GET_PDF_FILE&RevisionSelectionMethod=LatestReleased&dDocName=055370 (Download am 19. Februar 2021) 13 OeNB: https://www.oenb.at/dam/jcr:370f2792-c563-4471-93d7-f6530d6c29e0/facts-on-austria_oct-2020.pdf (Download am 19. Februar 2021), Seite 4 14 OeNB: https://www.oenb.at/dam/jcr:370f2792-c563-4471-93d7-f6530d6c29e0/facts-on-austria_oct-2020.pdf (Download am 19. Februar 2021), Seite 4 15 Statistik Austria: http://www.statistik.at/wcm/idc/idcplg?IdcService=GET_PDF_FILE&RevisionSelectionMethod=LatestReleased&dDocName=022832 (Download am 19. Februar 2021) 16 Statistik Austria: http://www.statistik.at/wcm/idc/idcplg?IdcService=GET_PDF_FILE&RevisionSelectionMethod=LatestReleased&dDocName=022832 (Download am 19. Februar 2021), Seite 4 17 OeNB: https://www.oenb.at/dam/jcr:370f2792-c563-4471-93d7-f6530d6c29e0/facts-on-austria_oct-2020.pdf (Download am 19. Februar 2021), Seite 4 18 OeNB: https://www.oenb.at/dam/jcr:370f2792-c563-4471-93d7-f6530d6c29e0/facts-on-austria_oct-2020.pdf (Download am 19. Februar 2021) und Statistik Austria: https://statcube.at/statistik.at/ext/statcube/jsf/tableView/tableView.xhtml (Download am 19. Februar 2021)

2 Stiftungszweck: gemeinnützige Tätigkeit

Die ERSTE Stiftung ist im Jahr 2003 aus der Ersten Österreichischen Spar-Casse Anteilsverwaltung hervorgegangen, dem Rechtsnachfolger der Ersten Österreichischen Spar-Casse. 1819 eröffnete dieser Sparkassenverein in Wien die erste Bank für Menschen, die bisher keine Möglichkeit hatten, selbst für ihre Zukunft vorzusorgen. Von den Gründern hat die Stiftung den Einsatz für die Menschen geerbt. Die ERSTE Stiftung investiert Teile ihrer Dividende in die Region, in der die Erste Group tätig ist. Ihre Ziele sind die Unterstützung jener, die sich um gesellschaftlich benachteiligte Gruppen kümmern, finanzielle Gesundheit für alle, die Bewahrung der Demokratie in Europa und die Schaffung von Freiräumen für zeitgenössische Kultur.

Die Stiftung agiert dabei als innovativer Motor, vernetzt Stakeholder und unterstützt Wissensvermittlung in den Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas unter der Prämisse, dass möglichst viele Menschen an der öffentlichen Debatte über den richtigen Kurs für notwendige gesellschaftliche Veränderungen teilnehmen und Argumente allen verständlich sein sollen. Die Stiftung stärkt Initiativen für den Wandel und trägt zur Weiterentwicklung der Zivilgesellschaft und zum Fortschritt in der Region bei. Als Hauptaktionärin der Erste Group schützt sie deren Aktionärsstruktur und gewährleistet damit auch, dass das Stiftungsvermögen in ausreichendem Maße für ihre Förderziele zur Verfügung steht.

Das Jahr 2020 war ab März von den Auswirkungen der Coronapandemie geprägt. Die Arbeit der Stiftung war davon in mehrfacher Hinsicht stark betroffen. Viele Projekte konnten ihre Programme nicht wie geplant durchführen. So wurden zum Beispiel Kulturstätten in vielen europäischen Ländern über Monate geschlossen, um Infektionszahlen in der Bevölkerung zu senken. KünstlerInnen, ProjektmanagerInnen, JournalistInnen und andere an Programmen beteiligte Personen konnten nur sehr eingeschränkt reisen. Konferenzen, Ausstellungen, Seminare und ähnliche Veranstaltungen konnten gar nicht oder nur online stattfinden. Gleichzeitig war der NGO-Sektor von ähnlichen wirtschaftlichen Problemen betroffen wie der For-Profit-Bereich, bekam aber in etlichen Ländern wesentlich weniger oder keine staatlichen Ausgleichshilfen angeboten. Im sozialen Bereich verschärften sich Ungleichheit, prekäre Lebensverhältnisse, die Ursachen für Bildungsarmut etc. Das heißt, dass die Bedürfnisse von (potenziellen) KlientInnen bei viele NGOs gewachsen sind.

Als direkte Reaktion auf diese Lage hat die Stiftung noch im Frühjahr 2020 drei Maßnahmen umgesetzt, die speziell auf Akteure der Zivilgesellschaft während der Pandemie zugeschnitten waren. Im April 2020 setzte die ERSTE Stiftung den CEE Solidarity Fund als unbürokratischen Härtefallfonds für kleine bis mittelgroße NPOs in Mittel- und Südosteuropa auf. Weiters stellte eine umfassende Social-Banking-Initiative der Erste Group und ERSTE Stiftung insgesamt rund 25 Millionen Euro an Liquidität für gemeinnützige Organisationen in Kroatien, Österreich, Rumänien, Serbien, der Slowakei, Tschechien und Ungarn zur Verfügung. Die Erste Group ermöglichte dabei über ihre Tochterbanken besonders vorteilhafte Kredite zur Liquiditätsüberbrückung. Die ERSTE Stiftung übernahm die für das Jahr 2020 fälligen Zinszahlungen. Reporting Democracy (RD) ist eine von der ERSTE Stiftung finanzierte, grenzüberschreitende journalistische Plattform, die sich der Frage widmet, wohin sich die Demokratie in weiten Teilen Europas entwickelt. Im April 2020 rief RD dazu auf, Artikel einzureichen, die zeigen, wie die Pandemie Politik und Gesellschaft in Mittel-, Ost- und Südosteuropa verändert.

UnterstützerInnen unterstützen

In der NGO Academy wurde 2020 ein neues Programm konzipiert: Der Professional Master Social Innovation & Management wird an der Executive Academy der Wirtschaftsuniversität Wien verankert. Er wird eng mit den Programmen und Inhalten der NGO Academy verknüpft sein und ermöglicht den TeilnehmerInnen erstmals einen universitären Abschluss. Damit wird die NGO Academy ab 2021 neben dem niederschwelligen Regional-Programm und dem Social-Innovation-and-ManagementProgramm ein weiteres Weiterbildungsformat für den dritten Sektor anbieten. Aufbauend auf den Erfahrungen der vergangenen vier Jahre hat die ERSTE Stiftung 2020 Two Next ins Leben gerufen. Die GmbH bietet gemeinnützigen Organisationen Zugang zu Lernerfahrungen, um digitale Produkte

19 Europäische Kommission: https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/NAMQ_10_GDP__custom_589433/default/table?lang=en (Download am 19. Februar 2019), Berechnung auf Basis Q1-Q3 2020 Zahlen 20 Statistical Office of the Republic of Serbia: https://www.stat.gov.rs/en-US/vesti/20201230-ekonomska-kretanja-2020 (Download am 19. Februar 2021)

und Services anzubieten, und initiiert so in engen Kooperationen digitale Lösungsansätze für relevante gesellschaftliche Problemstellungen. Der Fokus ist dabei auf die Bereiche Pflege und pflegende Angehörige sowie finanzielle Inklusion gerichtet.

Finanzielle Gesundheit für alle

Die drastischen Maßnahmen vieler europäischer Regierungen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus haben sowohl die Bedeutung von physischer und mentaler Gesundheit wie auch finanzieller Gesundheit zum Thema Nummer eins der Politik und der öffentlichen Debatte werden lassen. Die dank Projekten wie der Zweite Sparkasse, des Erste Financial Lifeparks und verschiedener Social-Banking-Projekte großen Erfahrungen der ERSTE Stiftung flossen in das Vorhaben ein, Wirtschaftsbildung als zentralen Bildungsinhalt in Österreich zu verankern. Um dies zu erreichen, wurde am 15. Dezember 2020 die Stiftung für Wirtschaftsbildung gegründet. In einem noch nie dagewesenen Schulterschluss mobilisierten und bündelten die Arbeiterkammer, die ERSTE Stiftung, die Industriellenvereinigung, die Innovationsstiftung für Bildung, die MEGA Bildungsstiftung, die Oesterreichische Nationalbank sowie die Wirtschaftskammer Österreich ihre Ressourcen zur Stärkung einer breiten wirtschaftlichen Allgemeinbildung in Österreich.

Ein demokratisches Europa bewahren

Europe’s Futures, eine Kooperation mit dem Institut für die Wissenschaften vom Menschen zur Erforschung der wichtigsten Risiken und Probleme, vor denen Europa und seine liberale demokratische Ordnung stehen, hat 2020 die dritte Generation StipendtiatInnen begrüßt. Gerald Knaus, Stipendiat des ersten Jahrgangs, stellte im Herbst sein Buch Welche Grenzen wollen wir? den Medien in der ERSTE Stiftung und persönlich Bundespräsident Alexander van der Bellen vor. Die internationale Stiftungsinitiative für Demokratie und Solidarität in Europa, Civitates, an der die ERSTE Stiftung von Beginn an beteiligt ist, hat die erste Ausschreibung ihres dritten und vorerst letzten Subfonds zur Unterstützung von „Public Interest Journalism“ erfolgreich abgeschlossen.

Freiräume für zeitgenössische Kultur

Der Igor Zabel Award for Culture and Theory wurde 2020 zum siebten Mal vergeben. Die Preisverleihung fand in Ljubljana statt, das Publikum war online zugeschaltet. Der Preis ging an Zdenka Badovinac, die langjährige Direktorin der Moderna Galerija in Ljubljana. In Prag fand mit großen, pandemiebedingten Einschränkungen die erste Biennale Ve věci umění/Matter of Art statt, die von tranzit.cz organisiert wurde. Zum Jahreswechsel folgten zwei KünstlerInnen und zwei Kuratorinnen aus dem von Demonstrationen gegen die Regierung erschütterten Minsk der Einladung von ERSTE Stiftung und tranzit.at und verbrachten zwei Monate in Wien dank des kurzfristig aufgelegten Residency-Programms Solidarity Belarus.

3 Finanzinstrumente und Risikomanagementziele

Die für die ERSTE Stiftung relevanten Risiken aus Finanzinstrumenten sind:

Das Kursrisiko aus der Beteiligung an der Erste Group Bank AG: Im Stiftungszweck ist das Halten einer qualifizierten Beteiligung an der Erste Group Bank AG definiert.

Der wesentliche Vermögenswert der ERSTE Stiftung wird durch die Beteiligung an der Erste Group Bank AG repräsentiert. Daraus besteht eine ertragsmäßige Abhängigkeit von den Dividendenerträgen der Erste Group Bank AG und damit einhergehendes Risiko in fehlenden Ausschüttungen. Dieses Risiko hat sich im Geschäftsjahr 2020 verwirklicht, da aufgrund der Empfehlung der EZB an Kreditinstitute zu Dividendenausschüttungen keine Dividende an die Privatstiftung ausgeschüttet wurde.

Das Zinsänderungsrisiko aus aufgenommenen Krediten und begebenen Anleihen: Sämtliche begebenen Anleihen sind fix verzinst. Die übrigen Refinanzierungen in Form von Krediten haben eine Laufzeit von maximal einem Jahr.

Das Liquiditätsrisiko: Die Zinszahlungen für aufgenommene Verbindlichkeiten sowie deren Tilgung sollen langfristig durch den Dividendenertrag aus der Beteiligung an der Erste Group Bank AG finanziert werden. Für die Überbrückung allfälliger kurzfristiger Liquiditätsengpässe bis zur Zahlung einer Dividende steht ein ausreichender Rahmen in Form einer Barvorlage zur Verfügung.

Das sich aus der Umwandlungsbilanz der „DIE ERSTE österreichische Spar-Casse Anteilsverwaltungssparkasse“ ergebende Vermögen bleibt der ERSTE Stiftung auf Dauer gewidmet und ist dieser zu erhalten. Begünstigungen dürfen nur aus Erträgen der ERSTE Stiftung zugewendet werden. Das Vermögen resultiert im Wesentlichen aus den Dividendenerträgen der Beteiligung an der Erste Group Bank AG.

4.1 BILANZ

Die Bilanzsumme hat sich im Berichtsjahr um TEUR 2.992 von TEUR 660.967 auf TEUR 663.959 erhöht.

4.1.1 AKTIVA

Forderungen an Kreditinstitute

Das Giroguthaben von TEUR 10.686 (Vorjahr: TEUR 8.181) wird bei der Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG gehalten.

Forderungen an Kunden

Im Jahr 2020 wurde der Erste Social Finance Holding GmbH, mit der ein Beteiligungsverhältnis besteht, für die Durchführung des vom Sozialministerium vergebenen „Social Impact Bond – Perspektive: DIGITALISIERUNG“ ein Darlehen in Höhe von TEUR 306 (inklusive Zinsabgrenzungen) (Vorjahr: TEUR 0) gewährt.

Wertpapiere

Dieser Posten in Höhe von TEUR 6.634 (Vorjahr: TEUR 6.634) enthält Schuldverschreibungen (Veranlagung) der Erste Group Bank AG.

Beteiligungen

Diese Position verringert sich um TEUR 13.257 und steht mit TEUR 313.159 (Vorjahr: TEUR 326.415) zu Buche. Dieser Effekt lässt sich durch die Bewertungen an der Fund of Excellence Förderungs GmbH sowie der Einbringung von 2 Mio. Stück Erste Group Bank-Aktien in die Sparkassen Beteiligungs GmbH & Co KG erklären.

Die ERSTE Stiftung hält zum Bilanzstichtag direkt 25.361.956 Stück Aktien (Vorjahr: 27.361.956 Stück) an der Erste Group Bank AG mit einem Buchwert von TEUR 311.354 (Vorjahr: TEUR 324.594). Gemeinsam mit den Syndikatspartnern und der Sparkassen Beteiligungs GmbH & Co KG kontrollierte die Stiftung direkt und indirekt 31,16 % (Vorjahr: 30,39 %) am Grundkapital der Erste Group Bank AG. Der durchschnittliche Buchwert pro Aktie der direkt gehaltenen Anteile errechnet sich auf EUR 12,28 pro Aktie (Vorjahr: EUR 11,86).

Die Beteiligungsposition beinhaltet des Weiteren die Beteiligung an der Erste Social Finance Holding GmbH (Anteil 40 %), deren Buchwert mit TEUR 1.804 (Vorjahr: TEUR 1.804) zu Buche steht, und der Beteiligung an der Fund of Excellence Förderungs GmbH (Anteil 42 %) mit einem Buchwert von TEUR 0 (Vorjahr: TEUR 17).

Anteile an verbundenen Unternehmen

Die ERSTE Stiftung hat in die Sparkassen Beteiligungs GmbH & Co KG 23 Mio. Stück (Vorjahr: 21 Mio. Stück) ihrer Erste Group Bank-Aktien bzw. 5,35 % (vormals 4,89 %) am Grundkapital der Erste Group Bank AG eingelegt, welche mit TEUR 327.560 (Vorjahr: TEUR 314.320) zu Buche stehen.

Des Weiteren enthält diese Position Anteile an der Sparkassen Beteiligungs GmbH mit einem Buchwert von TEUR 35 (Vorjahr: TEUR 35) sowie an der Two Next GmbH mit einem Buchwert von TEUR 35 (Vorjahr: TEUR 0), welche im Jahr 2020 von der ERSTE Stiftung neu gegründet wurde.

Sonstige Vermögensgegenstände

Dieser Posten in der Höhe von TEUR 4.848 (Vorjahr: TEUR 4.691) enthält hauptsächlich Forderungen gegenüber dem Finanzamt, die im Wesentlichen aus dem Evidenzkonto der Zwischensteuer mit TEUR 3.996 (Vorjahr: TEUR 4.068) bestehen.

4.1.2 PASSIVA

Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten

Per 31. 12. 2020 weist dieser Posten einen Buchwert von TEUR 20.043 aus (Vorjahr: TEUR 0). Der jederzeit ausnutzbare Rahmenkredit einer österreichischen Großbank von bis zu TEUR 35.000 wurde im Frühjahr 2020 wieder auf ein weiteres Jahr verlängert. Ebenfalls in dieser Position ausgewiesen sind Zinsabgrenzungen in Höhe von TEUR 43.

Verbriefte Verbindlichkeiten

Der Stand dieser Bilanzposition ist unverändert gegenüber dem Vorjahr und weist einen Buchwert von TEUR 205.675 (Vorjahr: TEUR 205.675) auf. Ebenfalls in dieser Position ausgewiesen sind Zinsabgrenzungen in Höhe von TEUR 5.675.

Sonstige Verbindlichkeiten

Dieser Posten in der Höhe von TEUR 3.617 (Vorjahr: TEUR 4.482) enthält Verbindlichkeiten aus bereits zugesagten, jedoch noch nicht ausgezahlten Zuwendungen im Ausmaß von TEUR 3.362 (Vorjahr: TEUR 4.024) sowie sonstige TEUR 255 (Vorjahr: TEUR 458).

Rückstellungen

Rückstellungen von TEUR 687 (Vorjahr: TEUR 517) wurden für Steuern in Höhe von TEUR 330 (Vorjahr: TEUR 312) sowie Personal- und sonstige Aufwendungen in Höhe von TEUR 357 (Vorjahr: TEUR 205) gebildet.

Rücklagen

Das Stiftungsvermögen (Kapital- und Gewinnrücklagen) beläuft sich nach Zuwendungen an Begünstigte im Ausmaß von TEUR 5.813 (Vorjahr: TEUR 6.557) und nach Auflösung von Rücklagen für den Jahresfehlbetrag 2020 in Höhe von TEUR 10.542 (Vorjahr: Zuführung von Rücklagen: TEUR 56.147) per 31. 12. 2020 auf TEUR 433.937 (Vorjahr: TEUR 450.293).

Die freie Rücklage beinhaltet dabei zum Bilanzstichtag EUR 3.015.886,41 noch nicht ausgenützte Mittel aus dem Zuwendungsbudget der Vorjahre. Diese stehen 2021 – zusätzlich zum laufenden Budget 2021 – für Zuwendungen zur Verfügung.

4.2 GEWINN-UND-VERLUST-RECHNUNG

Im abgelaufenen Geschäftsjahr resultierten die wesentlichen Erträge der ERSTE Stiftung aus den Zinsen aus der Veranlagung des Stiftungsvermögens. Konkret wurden im Geschäftsjahr 2020 TEUR 299 an Zinserträgen erwirtschaftet. Die Erste Group Bank AG hat aufgrund der Empfehlung der EZB keine Dividendenausschüttungen im Jahr 2020 vorgenommen (Vorjahr: TEUR 67.497).

Nettozinsertrag

Die Position Nettozinsertrag weist einen Überhang der Zinsaufwendungen über die Zinserträge in Höhe von TEUR 5.958 (Vorjahr: TEUR 6.015) aus.

Betriebserträge

Dieser Posten (einschließlich des o. a. Nettozinsertrags) weist einen negativen Saldo in Höhe von insgesamt TEUR 5.993 (Vorjahr: positiv TEUR 61.436) auf.

Betriebsaufwendungen

Dieser Posten von TEUR 4.015 (Vorjahr: TEUR 5.143) setzt sich aus Personalaufwand in Höhe von TEUR 1.666 (Vorjahr: TEUR 1.472), dem Sachaufwand in Höhe von TEUR 2.194 (Vorjahr: TEUR 3.531) und Abschreibungen von TEUR 155 (Vorjahr: TEUR 140) zusammen.

Wertberichtigungen auf Wertpapiere, die wie Finanzanlagen bewertet sind, sowie auf Beteiligungen und Anteile an verbundenen Unternehmen

Dieser Posten weist ein Ergebnis von TEUR 517 (Vorjahr: TEUR 146) aufgrund der Abschreibung der Fund of Excellence Förderungs GmbH und der Two Next GmbH auf.

Steuern

Dieser Posten enthält Ertragsteuern in Höhe von TEUR 18 (Vorjahr: TEUR 0).

Jahresfehlbetrag

Zur Abdeckung des Jahresfehlbetrages von TEUR 10.542 wurden freie Gewinnrücklagen aufgelöst.

5 Ausblick auf 2021 und Ereignisse nach dem Bilanzstichtag

Das Kernaktionärssyndikat, bestehend aus der ERSTE Stiftung, den Sparkassen und deren gemeinsamer Tochter, der Sparkassen Beteiligungs GmbH & Co KG, der Erste Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung sowie der CaixaBank S. A. und dem Wiener Städtischer Wechselseitiger Versicherungsverein, hat seinen Anteil an der Erste Group Bank AG durch weitere Einbringung von Erste Group-Aktien der Sparkassen und der ERSTE Stiftung in die Sparkassen Beteiligungs GmbH & Co KG auch 2020 leicht erhöht und beläuft sich nunmehr auf knapp über 30 %.

Der überwiegende Teil der Verbindlichkeiten ist langfristig (Restlaufzeit 1 Jahr, Ursprungslaufzeit 5 Jahre); eine Verlängerung der Verbindlichkeit ist derzeit in Verhandlung.

Aufgrund der weiterhin bestehenden Covid-19-Krise hat die EZB eine überarbeitete Empfehlung herausgebracht und dazu aufgefordert, Dividendenausschüttungen bis 30. September 2021 zu begrenzen. Es soll maximal der niedrigere Betrag aus 15 % des kumulierten Gewinns für 2019 und 2020 oder ein Betrag von 20 Basispunkten der CET1-Quote ausgeschüttet werden. Die Erste Group Bank AG hat angekündigt, die Dividende auf EUR 0,50 je Aktie zu reduzieren. Die Auszahlung der Dividende ist für das erste Halbjahr 2021 geplant, ist jedoch von der Zustimmung der EZB abhängig.

Für 2021 ist das Zuwendungsbudget mit EUR 7,5 Mio. unverändert gegenüber 2020 beschlossen worden, um verstärkt die Fokussierung auf Projekte mit hoher und langfristiger Wirkung im internationalen gemeinnützigen Bereich fortzusetzen. Beim Sach- und Personalaufwand ist eine moderate Steigerung geplant.

Wien, 26. 4. 2021

Der Vorstand

Mag. Dr. Mario Catasta Vorsitzender Mag. Boris Marte stv. Vorsitzender

Dr. med. Eva Höltl Vorstandsmitglied Mag. Franz Portisch Vorstandsmitglied

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