NATURSCHUTZ | BODENSCHUTZ Bauvorhaben erheblich verdichtet; in den drei Dekaden seit der Wiedervereinigung summiert sich das auf eine betroffene Bodenfläche von ca. 4.500 km², was rund dem 1,75-fachen des Saarlandes entspricht.
Beispiel: Leitungsbau Die Planungspraxis, in der in der Regel die rechtlichen Anforderungen des vorsorgenden Bodenschutzes als nicht zwingendes, sondern der Abwägung zugängliches Recht interpretiert werden, führt beispielsweise dazu, dass bei aktuellen großen Leitungsbauvorhaben der Energiewende das Schutzgut Boden keinerlei Lenkungsfunktion bei der Korridor- und Trassenfindung entfalten kann. Bei Vorhabenplanungen auf Ebene der Raumordnung bzw. Bundesfachplanung wird den Bodenkriterien ein so geringes Gewicht bei der Raumwiderstandsanalyse (Unterlagen nach § 6 NABEG) und beim GesamtAlternativenvergleich (Unterlagen nach § 8 NABEG) zu geordnet, dass sowohl sehr schutzwürdige Böden als auch extrem empfindliche Böden, die trotz realistisch umsetzbarer Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen mit einem Dauerschaden auf die Leitungsverlegung reagieren werden, in Anspruch genommen werden. Im Gegensatz dazu werden Arten- und Biotopschutzbelange und Ansprüche der kommunalen Planungshoheit, auch wenn sie sich lediglich auf zukünftige, theoretische Siedlungsentwicklungen beziehen, in den Vordergrund gerückt. Der Widerspruch wird besonders deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass durch erdverlegte Leitungen vorrangig das Schutzgut Boden betroffen ist und der Flächenumfang der potenziellen Bodenschädigungen geeignet ist, das ökologische Wirkgefüge der betroffenen Landschaftsteile zu beeinträchtigen.
3.2 Land und Forstwirtschaft Neben den planerischen Herausforderungen sind auch für die land- und forstwirtschaftliche Flächennutzung die Anforderungen des vorsorgenden Bodenschutzes weiterzuentwickeln. Die Regeln der guten fachlichen Praxis der landwirtschaftlichen Bodennutzung zur Erfüllung der bodenschutzrechtlichen Anforderungen sollten im Abgleich mit anderen Schutzanforderungen des Natur-, Wasser- und allgemeinen Umweltschutzes konkretisiert werden. Der derzeitige § 17 BBodSchG entfaltet nur sehr eingeschränkt Schutzwirkung in der landwirtschaftlichen Praxis und bedarf dringend der Weiterentwicklung. Hier besteht eine Schnittstelle zur umweltgerechten Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union.
4. Maßgebliche Felder der gemeinsamen Entwicklung und Zusammenarbeit 4.1 Gemeinsame/Pragmatische Lösungen Der Bodenschutz, von der Rechtssetzung über den behördlichen Vollzug und den planerischen und baubegleitenden Leistungen der Fachbüros bis hin zur wissenschaftlichen Bodenkunde darf nicht beleidigt zur Seite stehen und lediglich über die unzureichende Praxis des vorsorgenden Bodenschutzes lamentieren. Andere Schutzgüter zum Vorbild nehmend, müssen rechtliche,
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Bodenschutz
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methodische, normative und konsensuale Standards entwickelt und vereinbart werden, die bundesweit Verwendung finden können. Eine jahrzehntelange Diskussion, wie beispielweise die standörtliche und witterungsbedingte Verdichtungsempfindlichkeit von Böden einheitlich beurteilt werden kann, kann sich der Bodenschutz nicht länger leisten. Hier muss der Bodenschutz von den zum Teil pragmatischen Lösungen und Festlegungen des Naturschutzes lernen. Ein positives Beispiel sind die beiden jüngst erschienenen Normen DIN 19639 und DIN 18915 [3], [6]; beide Normen basieren auf einem abgestimmten Konzept zur Berücksichtigung vorsorgender Bodenschutzbelange beim Landschaftsbau und bei Bauvorhaben. Damit sind Standards gesetzt, die in der Praxis Unsicherheiten beseitigen und damit den Bodenschutz in der Umsetzung voranbringen.
4.2 Neue Wege bei der Eingriffsbewertung Neben einer bundesweiten Konsensfindung zur Erfassung und Bewertung der natürlichen Bodenfunktionen, Archivfunktionen und Empfindlichkeiten bedarf es auch einer methodischen Vereinheitlichung der Eingriffsbewertung in Böden. Derzeit reicht die Spanne von der schlichten Nichtbeachtung bis hin zu vielfältigen, nicht kompatiblen Bewertungsansätzen auf Ebene der Bundesländer und einzelner aktiver Kommunen. Dadurch wird die Durchsetzungskraft des Bodenschutzes behindert. Es bedarf also einer Initiative zur angemessenen Berücksichtigung der Bodenbelange im Zuge der naturschutz- und baurechtlichen Eingriffs- und Ausgleichsbewertung. Dazu sind Abstimmungen mit dem Naturschutz zwingend nötig, die die LABO auf Bund-/ Länderebene einleiten sollte. Umgekehrt muss der Naturschutz die Belange des vorsorgenden Bodenschutzes verstärkt ins Augenmerk nehmen. Tradierte Bewertungsansätze des Naturschutzes und der Landschaftsplanung, die allein auf Artenund Biotopschutzzielen basieren und rechtliche sowie fachliche Anforderungen des vorsorgenden Bodenschutzes strukturell vernachlässigen, werden dem Anspruch des Natur- und Umweltschutzes nicht gerecht, vorhabenbezogene Umweltwirkungen in ihrer Gesamtheit soweit wie möglich zu reduzieren. Im Sinne des § 6 Nr. 7 WHG sollte der Natur-/Bodenund Umweltschutz der Maxime folgen, dass „die nachhaltige [Landschaftsentwicklung] ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu gewährleisten hat; dabei sind mögliche Verlagerungen nachteiliger Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes sowie die Erfordernisse des Klimaschutzes zu berücksichtigen.“
4.3 Vom Neben und Gegeneinander zum Miteinander von Natur und Bodenschutz Das Naturschutzrecht weist viele Bezüge zum Bodenschutz und zum Schutzgut Boden auf. Maßgeblich hierzu ist § 1 BNatSchG in den drei Zieldimensionen und der allgemeinen Aufgabenbestimmung. Einbezogen sind die Böden in § 1 (1) Ziffern 1 und 2 sowie rudimentär in 3, explizit in (3) Ziffer 2 sowie (4) generell. Der Boden ist