Ausgabe 6/2020 · 8. Jahrgang · www.kuecheundarchitektur.de
Das Magazin für professionelles Einrichten
Branchenspiegel 2021 „Who is who“
Im partnerschaftlichen Dialog mit dem Fachhandel · Grohe markant in Küche und Bad Alle in einem Boot · Corona bringt die Weltwirtschaft zum Schrumpfen Wer Einblick hat, kann verstehen. Wer Durchblick hat, kann entscheiden. … · Ernst-Martin Schaible
SPACE TOWER – Mehr Stauraum in der Küche Der Vorratsschrank für höchste Ansprüche begeistert durch leichten Zugriff, sieht gut aus und bietet enorm viel Platz für Vorräte. Mit flexiblen Inneneinteilungen lässt sich jeder Auszug zudem individuell gestalten.
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Editorial
Wir müssen auf Sicht fahren
A
m Vorabend des Weihnachtstages übergab die Wetterfee Santa Claus den Wetterbericht der nächsten Tage. Mit sorgenvoller Miene blickte er zum Himmel und seufzte resigniert: „Wenn ich morgen den Schlitten anspanne, kann ich vom Kutschbock aus noch nicht einmal die Rentiere sehen. Wie soll ich da die neuen Küchen ausliefern?“ In dieser Nacht fand Santa Claus keinen Schlaf. Immer wieder grübelte er über einen Ausweg nach. Schließlich zog er sich an, nahm Mantel, Handschuhe, Stiefel und Mütze, spannte Donner vor seinen Schlitten und machte sich auf seine Reise rund um die Welt. In China, Schweden und Deutschland war die Sicht noch einiger Maßen klar und er konnte gerade so alles ausliefern. Doch bereits in Frankreich bekam er erste Probleme: „Ich komme hier nicht durch!“, brüllte er gegen den immer stärker werdenden Schneesturm an. Zudem waren alle Schornsteine mit Gittern versehen. Santa hatte keine Chance, die schönen, aber sperrigen Möbel an die Orte ihrer Bestimmung zu bringen. Ebenso erging es ihm in anderen Ländern. Viele der Menschen in Italien und Spanien hatten ihre Arbeit verloren und konnten sich über die neue Einrichtung kaum freuen. In England erhielt Santa von vornherein keine Überfluggenehmigung oder sollte, im Falle einer späteren Lieferung im neuen Jahr, Einfuhrzoll zahlen. Nie zuvor hatte er solchen Schwierigkeiten gegenüber gestanden. Schweren Herzens und schweren Schlittens machte Santa Claus sich auf den Rückweg zum Nordpol. Lautes Stampfen vor dem Tor schreckte seine Elfen auf, die
immer noch alle Hände voll zu tun hatten, um den Bestellungen aus aller Herren Länder termingerecht nachzukommen. Und wer beschreibt ihr Erstaunen, als ein schneebedeckter, die steifgefrorenen Handschuhe abstreifender Santa mit Eiszapfen im Bart in die Werkstatt stürmte! „Wir müssen zwischenlagern, es geht nicht anders“, ächzte er verzweifelt. „Damit haben wir fast gerechnet“, der Disponenten-Elf winkte die Versand-Elfen herbei und schickte sie zum Schlitten, den sie mit routinierten Griffen entluden. Mittlerweile war auch Donner ausgespannt und im Stall versorgt. Währenddessen beriet sich Santa mit dem Disponenten-Elfen: „Der Großteil der Bestellungen muss einfach ausgeliefert werden. Was schlägst Du vor?“ Der Disponenten-Elf rieb sich die Nase: „Die Großwetterlage wird sich so schnell nicht ändern. Meiner Erfahrung nach hilft hier nur Fahrt auf Sicht. Dementsprechend werden wir den Schlitten neu beladen. Und diesmal werden alle Rentiere eingespannt. Und Rudolph muss das Leitrentier sein. Seine rote Nase ist der Clou. Sie wird dir auch im schlimmsten Schneegestöber den Weg weisen.“ „Na klar!“, rief Santa und schlug sich mit der Hand vor die Stirn: „Auf Sicht fahren ist doch eigentlich der Normalzustand. Und wenn die Straße eng ist und die Sicht schlecht, muss ich sogar auf halbe Sicht fahren. Erst wenn wir diese Situation bewältigt haben können wir wieder mit Weitsicht planen und agieren. Alles andere wäre Augen zu und durch.“
Yvonne Davy Chefredakteurin
Ein gesegnetes Weihnachtfest und alles Gute für ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2021 wünscht Ihnen Ihr Redaktionsteam
küche + architektur | 1
Foto Eigentum von Arrital Cucine / Produkt FENIX NTM® 0720 Nero Ingo
FENIX® – Die Verbindung von Innovation und italienischem Design. FENIX® ist die neue Generation von Oberflächenmaterialien für das Interior Design, die von Arpa Industriale entwickelt wurden. Dank der proprietären Technologie, die das Ergebnis jahrelanger Forschung ist, ist die FENIX®-Oberfläche extrem matt, fühlt sich angenehm weich an und hat einen überraschenden Anti-Fingerprint-Effekt. Darüber hinaus können oberflächliche Mikrokratzer thermisch repariert werden. Die Geschichte hinter dem Namen FENIX® ist von der Legende des Phoenix und seiner Fähigkeit, sich unendlich oft zu regenerieren, inspiriert. Wenn technologische Innovation und italienisches Design aufeinandertreffen.
1
Wir müssen auf Sicht fahren
4
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2020: Positive Marktentwicklung 2021: Verhaltener Optimismus AMK spricht der Küchenbranche Mut zu
13
Küchenmöbelindustrie – die deutsche Armada fährt auf Sicht 14 16 16 17 18 19 19 20 21 22 22 24
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Nobilia Ballerina Häcker Küchen Rational Schüller Rotpunkt Bauformat/Burger Nolte Küchen Bax Küchen Leicht Pronorm Neue Alno
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Gutmann mit Vollsortiment
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Im partnerschaftlichen Dialog mit dem Fachhandel Grohe markant in Küche und Bad
50
51
Auch Spülen und Armaturen sind derzeit hoch im Kurs 52 52 54 55 56 57 39
Innovation meets Italian Design
Kochfelder à la carte
Filigran, filigraner, Mythos Franke – Die neuen Mythos Edelstahlbecken
Back to Nature
Muldenlüfter und Teppan Yaki erweitern die Küppersbusch VarioLine
Starkes Doppel
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Fenix® – Eine neue Generation supermatter Oberflächen
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V-Zug Miele Bauknecht Samsung Beko/Grundig BSH Küppersbusch
Zweimarkenstrategie auf Erfolgskurs – Küppersbusch und Teka
Nobilia – Fronten kreieren den Look
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Hausgeräteindustrie – Nachfrage übersteigt Kapazität 32 33 34 36 36 37 39
Alle in einem Boot Corona bringt die Weltwirtschaft zum Schrumpfen
www.fenixforinteriors.com
2 | küche + architektur
31
Editorial
58
Franke Naber Blanco Schock Systemceram Villeroy & Boch Küppersbusch
Neue Spülen- und ArmaturenVielfalt bei Naber
Impressum VERLAG: Fachschriften-Verlag GmbH & Co. KG Höhenstraße 17 · 70736 Fellbach Tel. 0711/5206-1 · Fax 0711/5206-300 www.fachschriften-verlag.de VERLAGSLEITUNG: Tilmann Münch Christian Schikora REDAKTIONSBÜRO: küche+architektur Weißheimerstraße 7 · 67549 Worms
Inhalt 6/2020
HERAUSGEBERIN UND CHEFREDAKTEURIN: Yvonne Davy Tel. 06241/979708-10 Fax 06241/979708-17 davy@fachschriften.de SOCIAL MEDIA UND ANZEIGENVERKAUF: Angela Weber Tel. 06241/979708-12 weber@fachschriften.de LAYOUT: Simone Steinbrech post@steinbrech-design.de DRUCK: ColorDruck Solutions GmbH Gutenbergstraße 4 · 69181 Leimen
59
Robust, robuster, Dekton® Lechner – Dekton -Kollektion erweitert ®
60
Flexibilität schafft Räume Schüco Openstyle und das Regalsystem Smartcube gestalten Räume
63
Beschlagindustrie – flexibel und strukturiert die Pandemie meistern 64 Blum 65 Kesseböhmer 67 Schüco Alu Competence
68
Viel Platz auf kleinstem Raum Ästhetisch, flexibel und funktional – der „Dispensa“ von Kesseböhmer
69
Material-Mix & schwarze Akzente Eggerzum – Alle Optionen von Harmonie bis Kontrast
70
Wer Einblick hat, kann verstehen. Wer Durchblick hat, kann entscheiden. Wer Weitblick hat, … Ernst-Martin Schaible
73
Verbundgruppen gerüstet für gute wie für schlechte Zeiten 74 75 77 78
79
Der Kreis EMV Der Küchenring MHK
Die guten Adressen der Branche Visitenkarten
WHO IS WHO – FIRMENEINTRÄGE
PREISLISTE FÜR ANZEIGEN: zur Zeit Nr. 8, gültig seit 1. 1. 2020
28, 29
PREIS JAHRESABO: (6 Ausgaben inklusive ePaper) Inland: 53,00 Euro; Ausland: 62,00 Euro (Preise inkl. Versand und MwSt.)
Küchenmöbel, Outdoorküchen
38, 39 Einbaugeräte
54, 55 Spülen und Armaturen
56 Arbeitsplatten
65,66 Beschläge, Möbelinnenausstattung
76, 77 Organisationen
PREIS EINZELHEFT: 10,00 Euro (inkl. Versand und MwSt.)
ABONNEMENT-SERVICE: Fachschriften-Verlag GmbH & Co. KG Abo-Service Höhenstraße 17 · 70736 Fellbach Tel. 0711/5206-306 Fax 0711/5206-307 abo@fachschriften.de BANKKONTEN: HypoVereinsbank IBAN: DE72 670 201 900 025 059 506 BIC: HYVEDEMM489 Steuer-Nr.: 90492/10407 EG Ust.-Id.Nr.: DE 147321116 Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlags. Artikel oder Zuschriften mit Namen des Verfassers stellen die Meinung des Autors, nicht unbedingt die der Redaktion dar. Der FachschriftenVerlag ist förderndes Mitglied im Bundesverband Deutscher Fertigbau e.V. (BDF), Bad Honnef, und im Deutschen Holzfertigbau-Verband e.V. (DHV), Stuttgart. Im Fachschriften-Verlag erscheinen außerdem: Althaus modernisieren, bauen!, Bauen & Renovieren, Effizienzhäuser, pro fertighaus, Schwimmbad+Sauna und weitere Sonderhefte für Bauherren und Modernisierer FOTONACHWEISE: Seite 04: 01: Stolenpencil Jess rodriguez / stock.adobe.com / stock.adobe.com |3 Seite 79: 04: auremar Michael küche Rosskothen / fotolia+ architektur / stock.adobe.com Funtap / stock.adobe.com Seite 63: auremar / fotolia
DATEN + FAKTEN
Alle in einem Boot Corona bringt die Weltwirtschaft zum Schrumpfen
Infolge von Covid 19 schrumpfte die Weltwirtschaft 2020 so deutlich wie noch nie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Zwar setzte nach dem starken wirtschaftlichen Einbruch im Frühjahr eine kräftige Erholung der Weltwirtschaft ein, doch ist angesichts erneuter pandemiebedingter Einschränkungen die wirtschaftliche Erholung in den betroffenen Ländern erst mit dem Abklingen der zweiten Infektionswelle zu erwarten. Für Deutschland prognostiziert der Sachverständigenrat, dass die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 5,1 % zurückgeht. Für das Jahr 2021 ist dann mit einem Anstieg um 3,7 % zu rechnen.
4 | küche + architektur
ken. Allerdings wird das konjunkturelle Kurzarbeitergeld in der VGR den monetären Sozialleistungen zugerechnet. Die Einkommen der Haushalte werden deshalb weniger stark zurückgehen, als es die Veränderungen derDATEN Bruttolöhne und + FAKTEN -gehälter nahelegen. Da die Arbeitsstunden der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Jahr 2020 stärker sinken dürften als die Bruttolöhne und -gehälter, werden die Effektivlöhne dieses Jahr kräftig zunehmen. Im nächsten Jahr,
I
m Zuge der Corona-Krise haben die Staaten weltweit versucht, das Verhalten ihrer Bürger zu lenken und ihnen gleichzeitig unterstützend zur Seite zu stehen. Nach Einschätzung der Spezialisten der Hessischen Landesbank Helaba, wird dies auch im kommenden Jahr noch der Fall sein. Die Analysen und Prognosen der Wirtschaftsspezialisten zeigen sich je nach Land sehr unterschiedlich. ZWEI JAHRE AUF KLEINER FLAMME Trotz einer regional unterschiedlich ausgeprägten „zweiten Welle“ hat die ökonomische Erholung weltweit eingesetzt, bilanziert die Helaba. Sie sollte im Jahr 2021 zu kräftigen Zuwachsraten beim Output führen. Deutschland werde mit 5 % wohl das höchste Wachstum seit Anfang 90er Jahre verzeichnen. Allerdings dürfte die Entwicklung über den Durchschnitt der zwei Jahre hinweg wie in den meisten Ländern weniger gut ausfallen, bilanzieren die Finanzexperten. Jedoch geht man davon aus, dass das Vorkrisenniveau bereits im nächsten Herbst wieder erreicht wird. Das Wirtschaftswachstum in Deutschland und in der Eurozone fällt 2021 als Gegenbewegung auf die tiefe Rezession im Jahr zuvor mit 5 % und mehr als 6 % sehr stark aus. Die US-Wirtschaft expandiert mit fast 4 %. Der Preisauftrieb beschleunigt sich – nicht zuletzt dank des im Jahresverlauf kräftig steigenden Ölpreises. Die Inflation in der Eurozone bleibt jedoch mit 1,4 % unter dem Zielwert der EZB. In Deutschland legen die Verbraucherpreise um rund 2 % zu, in den USA dürften im Jahresdurchschnitt mehr als 3 % erreicht werden. Regierungen und Notenbanken gelang es, die Finanzmärkte und die Nachfrage mit historischer Interventionen zu stabilisieren und der Verunsicherung entgegen zu wirken. Vorausgesetzt, dass es nicht zu einer Neuauflage der landesweiten wochenlangen und vollständigen Lockdowns kommt und im ersten Halbjahr 2021 ein Impfstoff gefunden wird, werden Geld- und Fiskalpolitik auch in der Erholung 2020/2021 dazu beitragen, die Folgen des Schocks, wie Firmenpleiten und Arbeitslosigkeit abzumildern. Und wie bereits in 2020 werden die Qualität der Gesundheitssysteme und allgemein der Umgang mit der Pandemie durch Politik und Gesellschaft über die weitere Entwicklung der einzelnen Länder entscheiden.
º TABELLE 5
Arbeitsmarkt in Deutschland ARBEITSMARKT IN DEUTSCHLAND
(Tausend Personen)
Tausend Personen
2018
2019
20201
20211
20201
20211
Veränderung zum Vorjahr in %
Jahreswert Erwerbspersonenpotenzial
47 399
47 623
47 526
47 479
– 0,2
Erwerbspersonen2
46 195
46 497
46 541
46 602
0,1
0,1
1 468
1 374
1 794
1 866
30,6
4,0 40,1
Erwerbslose3
– 0,1
Pendlersaldo4
141
146
101
142
– 30,7
Erwerbstätige5
44 868
45 269
44 848
44 878
– 0,9
0,1
Selbständige
4 223
4 152
4 002
3 924
– 3,6
– 1,9
40 645
41 117
40 851
40 954
– 0,6
0,3
32 964
33 518
33 586
33 805
0,2
0,7
5 292
5 201
4 912
4 623
– 5,6
– 5,9
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Marginal Beschäftigte6 Geringfügig entlohnt Beschäftigte insgesamt7
7 498
7 526
7 155
7 037
– 4,9
– 1,6
Ausschließlich geringfügig entlohnt Beschäftigte
4 671
4 579
4 249
4 124
– 7,2
– 2,9
Im Nebenerwerb geringf. entlohnt Beschäftigte
2 826
2 947
2 906
2 913
– 1,4
0,2
Registriert Arbeitslose
2 340
2 267
2 706
2 744
19,4
1,4
Unterbeschäftigung (ohne Kurzarbeit)8
3 285
3 200
3 718
3 769
16,2
1,3
43
47
1 063
274
2159,9
– 74,2
62 229
62 596
59 410
61 359
Kurzarbeiter (Beschäftigungsäquivalent) Arbeitsvolumen (Mio Stunden)9
– 5,1
3,3
Arbeitslosenquote10,11
5,2
5,0
5,9
6,0
0,9
0,1
ILO-Erwerbslosenquote11,12
3,4
3,2
4,1
4,2
0,9
0,1
1 – Prognose des Sachverständigenrates, außer Erwerbspersonenpotenzial (Quelle: IAB). 2 – Personen im erwerbsfähigen Alter mit Wohnort in Deutschland (Inländerkonzept); in der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. 3 – ILO-Konzept (International Labour Organization). 4 – Erwerbstätige Einpendlerinnen und pendler aus dem Ausland/Auspendlerinnen und -pendler in das Ausland. 5 – Erwerbstätige mit einem Arbeitsplatz in Deutschland unabhängig von ihrem Wohnort (Inlandskonzept). 6 – Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die keine voll sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausüben, aber nach dem Labour-Force-Konzept der ILO als erwerbstätig gelten, insbesondere ausschließlich geringfügig Beschäftigte und Personen in Arbeitsgelegenheiten. 7 – Beschäftigte mit einem Arbeitsentgelt bis zu 450 Euro (§ 8 Absatz 1 Nr. 1 SGB IV). 8 – Gemäß Unterbeschäftigungskonzept der BA. 9 – Geleistete Arbeitsstunden der Erwerbstätigen (Inland). 10 – Registriert Arbeitslose in Relation zu allen zivilen Erwerbspersonen. 11 – Jahresdurchschnitte in %; Veränderung zum Vorjahr in Prozentpunkten. 12 – Erwerbslose in Relation zu den Erwerbspersonen, jeweils Personen in Privathaushalten im Alter von 15 bis 74 Jahren. Quellen: BA, Eurostat, IAB, Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
© Sachverständigenrat | 20-437
Jahresgutachten 2020/21 – Sachverständigenrat
COVID-19-VERLAUF UND ENTWICKLUNG DER SPARQUOTE IN DEUTSCHLAND Mit zeitweiligem Rückgang der Infektionszahlen setzten Lockerungen ein Neuinfektionen je 1 Million Einwohner
Index
Einschränkungen und Unsicherheit ließen Sparquote im 1. Halbjahr sprunghaft ansteigen %
Saldenpunkte3
90
24
160
80
21
12
140
70
18
8
120
60
100
50
15
4
80
40
12
0
60
30
9
-4
40
20
6
-8
20
10
3
0
0
0
180
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Neuinfektionen1
Government Response Stringency Index (rechte Skala)2
16
-12 I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV 2015 2016 2017 2018 2019 2020
-16
Sparquote der privaten Haushalte4 Derzeitige größere Anschaffungen5 (rechte Skala)
1 – Registrierte Infektionen. Gleitender Durchschnitt der vergangenen 7 Tage. 2 – Der Index erfasst die Anzahl und die Strenge von Regierungsmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, ohne deren Eignung zu bewerten. Er nimmt Werte zwischen 0 und 100 an. 3 – Differenz zwischen positiven und negativen Antworten. 4 – Ersparnis in Relation zum verfügbaren Einkommen. 5 – Gemäß Verbrauchererhebung der Europäischen Kommission. Beurteilung, ob gegenwärtige wirtschaftliche Situation angemessen ist, um größere Anschaffungen zu tätigen. Quellen: Europäische Kommission, Oxford COVID-19 Government Response Tracker, Blavatnik School of Government, RKI, Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen © Sachverständigenrat | 20-359
küche + architektur | 5
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könnte die Nachfrage etwa im Tourismusbereich im weiteren Jahresverlauf geringer als sonst üblich ausfallen. DATEN + FAKTEN 95. Vor diesem Hintergrund senkt der Sachverständigenrat seine Prognose für das Wachstum im Aggregat des Euro-Raums deutlich ab. Anstatt von einem Wachstum ist nun von einem Rückgang des BIP im Jahr 2020 auszugehen. Im Basisszenario würde sich auf Jahressicht anstelle des im Jahresgutachten erwarteten Anstiegs um 1,1 % ein Rückgang von –2,1 % ergeben. º TABELLE 2 Im Jahr
Sachverständigenrat – Jahresgutachten 2020/21 DEUTSCHLAND BRAUCHT DEN
EXPORT Deutschland ist in der Krise bislang besser gefahren als viele seiner Nachbarn. Als exportabhängiges Land ist Deutschland aber darauf angewiesen, wie es künftig um die Prinzipien der internationalen Arbeitstei-
lung und des freien Wettbewerbs bestellt sein wird. Beide sind derzeit bedroht – und zwar vor allem durch staatliche Eingriffe. Unter Brexit-Zollschranken würde Großbritannien mehr leiden als der Rest der EU, aber der deutschen Exportindustrie drohen dennoch Schäden.
DEUTSCHLAND
KONSUMAUSGABEN STEIGEN Im Gegensatz zu Frankreich oder Italien sind in Deutschland die öffentlichen Konsumausgaben im Frühjahr 2020 um 3,5 Prozent gestiegen. Sie stehen für ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts und dürften 2021 ist aufgrund der expansiven Ausgabenpolitik erneut um 3 % steigen. Ausgeweitet wurden 2020 insbesondere die monetären Sozialleistungen.
Der Einkommensverlust durch Kurzarbeit und gestiegene Arbeitslosigkeit wurde von den Sozialversicherungen abgefedert. Die Zahl der Kurzarbeiter, die zuletzt noch bei etwa 3,3 Millionen lag, dürfte 2021 weiter sinken. Auch die Arbeitslosigkeit sollte zurückgehen. Die Menschen kehren schrittweise in die reguläre Beschäftigung zurück. Dies braucht aber Zeit. Der Jahresdurchschnitt der Arbeitslosenzahl liegt 2021 mit voraussichtlich 2,8 Millionen noch um 530.000 Personen höher als 2019. Die Konsumausgaben dürften 2021 um real 5 % zulegen. Die Verbraucher sind allerdings aufgrund der noch angespannten Pandemielage in Deutschland in ihren Möglichkeiten vor allem bei Dienstleistungen beschränkt. Profiteur ist bereits jetzt der Einzelhandel, wenn auch nicht in allen Bereichen. Das Umsatzniveau der Vorkrisenzeit ist in einigen Bereichen schon überschritten. Gewinner ist jedoch vor allem der Internethandel, die Lage im stationären Handel hat sich aber ebenfalls verbessert. Der Konsumzuwachs geht mit einem Anstieg der verfügbaren Einkommen von nur etwa 4 % einher. Jedoch normalisiert sich das Sparverhalten der privaten Haushalte. Die Sparquote dürfte nach dem sprunghaften Anstieg 2020 auf 16 % um drei Prozentpunkte sinken. Gebremst wird der reale Konsumzuwachs 2021 durch Faktoren wie die Mehrwertsteuer, die zu Jahresbeginn auf ihr ursprüngliches Niveau gesetzt werden wird, sowie durch höhere Energienotierungen, die preissteigernd wirken. Die Exporte dürften 2021 mit einem Zuwachs von 8 % nur einen Teil des vorherigen Rückschlags (2020: -12 %) aufholen. Infolgedessen steigen auch die Ausrüstungen im Inland mit angezogener Handbremse. So wird es nach dem Einbruch von schätzungsweise 18 % voraussichtlich mehrere Jahre dauern, bis das Vorkrisenniveau erreicht ist. Das deutsche Konjunkturprogramm trägt dazu bei, die internationale Wettbewerbs-
FRANKREICH
ITALIEN
º TABELLE 2 BRUTTOINLANDSPRODUKT,
VERBRAUCHERPREISE, ERWERBSLOSENQUOTE IM EURO-RAUM Bruttoinlandsprodukt, Verbraucherpreise und Erwerbslosenquote im Euro-Raum Bruttoinlandsprodukt
3
Land/ Ländergruppe
Euro-Raum
7
Gewicht in %
Erwerbslosenquote %
Veränderung zum Vorjahr in % 20205
1
100
4
Verbraucherpreise (HVPI)
(kalenderbereinigt)2
20205
20205
2019 Aktuali- Diff. zu JG 20215 2019 Aktuali- Diff. zu JG 20215 2019 Aktuali- Diff. zu JG 20215 sierung 2019/206 sierung 2019/206 sierung 2019/206 1,2
– 2,1
– 3,2
2,5
1,2
0,8
– 0,5
1,2
7,6
7,9
0,7
8,0
3,3
darunter: Deutschland
29,0
0,6
– 3,1
– 3,6
3,7
1,4
0,9
– 0,4
1,5
3,2
3,3
0,1
Frankreich
20,4
1,3
– 1,4
– 2,6
2,4
1,3
0,9
– 0,6
1,1
8,5
8,8
0,5
8,9
Italien
15,2
0,3
– 3,6
– 4,1
2,0
0,6
0,2
– 0,7
0,8
10,0
10,5
1,2
10,6
Spanien
10,5
2,0
– 2,0
– 3,9
1,7
0,8
0,7
– 0,4
1,2
14,1
14,9
1,9
15,1
Niederlande
6,7
1,7
– 1,0
– 2,6
1,6
2,7
1,1
– 0,8
1,5
3,4
3,6
0,3
3,7
Belgien
3,9
1,4
– 1,3
– 2,3
1,5
1,2
0,9
– 0,7
1,4
5,4
5,6
0,1
5,5
Österreich
3,3
1,5
– 1,9
– 3,1
1,0
1,5
1,3
– 0,4
1,5
4,5
4,8
0,2
5,0
Irland
2,8
5,5
2,9
– 0,7
3,3
0,9
0,6
0,2
0,7
5,0
5,2
– 0,1
5,3
Finnland
2,0
1,0
– 0,4
– 1,2
1,2
1,1
0,7
– 0,5
1,0
6,7
6,8
0,1
6,8
Portugal
1,8
2,2
– 0,7
– 2,4
1,2
0,3
0,5
– 0,3
1,0
6,6
7,3
1,6
7,3
Griechenland
1,6
1,9
– 1,3
– 3,4
1,4
0,5
0,6
– 0,4
1,0
17,3
16,9
1,3
16,5
nachrichtlich: Euro-Raum ohne Deutschland
71,0
1,5
– 1,6
– 3,0
2,0
1,2
0,7
– 0,6
1,1
9,2
9,6
1,0
9,7
1 – Anteil des BIP des Jahres 2018 am BIP des Euro-Raums. 2 – Preisbereinigt. Werte basieren auf saison- und kalenderbereinigten Quartalswerten. 3 – Harmonisierter Verbraucherpreisindex. 4 – Standardisiert nach ILO-Konzept. Für den gesamten Euro-Raum und den Euro-Raum ohne Deutschland gewichtet mit der Anzahl der Erwerbspersonen des Jahres 2018. 5 – Prognose des Sachverständigenrates gemäß Basisszenario. 6 – Differenz in Prozentpunkten. 7 – Gewichteter Durchschnitt der 19 Mitgliedstaaten des Euro-Raums. Quellen: Eurostat, eigene Berechnungen
52*
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© Sachverständigenrat | 20-037
DATEN + FAKTEN
fähigkeit zu verbessern, z. B. durch die Absenkung der EEG-Umlage, die degressive Abschreibung, die Verbesserung bei der Forschungsförderung, den steuerlichen Verlustrücktrag, Festsetzung der Sozialversicherungsbeiträge auf 40 % bis 2021. IMMOBILIEN – FLUCHT INS BETONGOLD Am deutschen Wohnungsmarkt hat sich die Corona-Krise noch nicht negativ ausgewirkt. Die Entwicklung der letzten Monate hat hier vermutlich die „Flucht ins Betongold“ sogar verstärkt. Allerding dürfte sich der durchschnittliche Preisanstieg für Wohnimmobilien in 2021 etwas verlangsamen. Nicht zuletzt das zunehmende Arbeiten im Homeoffice könnte die Nachfrage tendenziell von zentralen innerstädtischen Lagen an die Ränder der Ballungsräume verlagern. An den fundamentalen Rahmenbedingungen des Wohnungsmarktes ändert sich wenig: Niedrigzins und der Zuzug in die Ballungszentren sorgen für eine rege Nachfrage. Die Wohnungsbautätigkeit wird durch die gut ausgelasteten Kapazitäten in der Bauwirtschaft begrenzt, sodass die Schere zwischen Angebot und Nachfrage weit geöffnet bleibt. EUROPA – BEGINN EINER NEUEN ÄRA Im Jahr 2021 dürfte die Zuwachsrate des BIP im Euro-Raum mit 4,9 % wieder positiv ausfallen, so der Sachverständigenrat. Angesichts des dynamischen Infektionsgeschehens bestehen allerdings weiterhin erhebliche Abwärtsrisiken für die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft. Was die Europäische Union anbelangt, stellt das Jahr 2021 den Beginn einer neuen Ära dar. Prägende Ereignisse des Jahres 2020 sind das Ausscheiden des United Kingdom aus der Gemeinschaft im Frühjahr sowie die Beschlüsse zum europäischen Aufbauplan und zum mehrjährigen Finanzrahmen der EU im Juli. Nie dagewesene Wirtschaftseinbrüche, millionenfache Arbeitsplatzverluste und an Gren-
KONJUNKTURELLE ENTWICKLUNG IM BAUHAUPTGEWERBE UND WOHNUNGSBAUKREDITE Weiterhin zunehmende Auftragseingänge und Produktion im Bauhauptgewerbe 160
Index (2015 = 100)1
6
%
5
140
4
120
3 100
2
80
1
60
0 2010
12
14
Auftragseingang
16
18
2020
2010
Produktion
12
14
16
18
2020
Veränderung des Bestandsvolumens zum Vorjahr2 Effektivzinssätze3 (Bestand)
Effektivzinssätze3 (Neugeschäfte)
1 – Saison- und kalenderbereinigt. 2 – Kredite an private Haushalte über alle Laufzeiten. 3 – Volumengewichtete Durchschnittszinssätze. Quellen: Deutsche Bundesbank, eigene Berechnungen
© Sachverständigenrat | 20-057
ENTWICKLUNG VON INFLATION, GELDMENGE UND KREDITEN IM EURO-RAUM Deutlicher Rückgang der Verbraucherpreisinflation während der Corona-Krise 5
Veränderung zum Vorjahr in %
Staatskonsum und Terms of Trade tragen deutlich zum Anstieg des BIP-Deflators bei 5
4
4
3
3
2
2
1
1
0
0
-1
-1
-2
2005
08
HVPI1
10
12
14
16
18
2020
-2
HVPI ohne Energie
Wachstumsbeiträge in Prozentpunkten
2005
08
10
12
Private Konsumausgaben
HVPI ohne Energie und Lebensmittel
BIP-Deflator
Bruttoinvestitionen
14
16
18
2020
Konsumausgaben des Staates
Terms of Trade
BIP-Deflator (%)2
Kredite an öffentliche Haushalte beschleunigen M3-Wachstum im Euro-Raum 25
Wachstumsbeiträge in Prozentpunkten
Liquiditätsbedarf führt temporär zu starkem Anstieg der Unternehmenskredite5 4
20
3
15
2
10
1
5
0
0
-1
-5
-2
-10
-3
-15
2005
08
10
Kredite an den privaten Sektor3
12
14
16
Kredite an öffentliche Haushalte
Netto-Auslandposition
SPANIEN
Ansteigender Bestand an Wohnungsbaukrediten bei fallenden Zinssätzen
Übrige Bilanzpositionen
Geldkapital4
18
2020
-4
Wachstumsbeiträge in Prozentpunkten
2005
08
Deutschland
10
12
Frankreich
Sonstige Mitgliedstaaten
14
16
Italien
18
2020
Spanien
Euro-Raum (%)6
M3 (%)2
1 – Harmonisierter Verbraucherpreisindex. 2 – Veränderung zum Vorjahr. 3 – Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften und private Haushalte (einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck), saison- und kalenderbereinigt. 4 – Mit negativem Vorzeichen, da eine Zunahme für sich betrachtet das M3-Wachstum dämpft. 5 – Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften, saison- und kalenderbereinigt. 6 – Veränderung der gleitenden 2-Monatsdurchschnitte. Quellen: Eurostat, EZB, eigene Berechnungen
© Sachverständigenrat | 20-426
küche + architektur | 7
jedoch auf eine Abschwächung der Erholungsdynamik hin. º ABBILDUNG 6 UNTEN Mit dem Wiederanstieg der Neuinfektionszahlen wurden die KontaktbeDATEN + FAKTEN schränkungsmaßnahmen verschärft. Darüber hinaus erweisen sich die Verhandlungen über die zukünftigen Handelsbeziehungen mit der EU als schwierig; ihr Ausgang ist zum jetzigen Zeitpunkt ungewiss. º ZIFFERN 333 F. Überblicke über die ökonomische Literatur zeigen, dass der weit überwiegende Teil der Studien mit negativen langfristigen Folgen des Brexit für die britische Wirtschaft º TABELLE 1 BRUTTOINLANDSPRODUKT
UND VERBRAUCHERPREISE AUSGEWÄHLTER LÄNDER Bruttoinlandsprodukt und Verbraucherpreise ausgewählter Länder Gewicht
Land/Ländergruppe
in %
Europa Euro-Raum
Bruttoinlandsprodukt2
Verbraucherpreise
Veränderung zum Vorjahr in %
1
2019
3
2020
3
2021
2019
3
2020
3
2021
28,4
1,5
– 6,9
4,4
2,1
1,2
1,8
17,3
1,3
– 7,0
4,9
1,2
0,3
1,1
Vereinigtes Königreich
3,7
1,3
– 11,5
4,6
1,8
0,9
1,5
Russland
2,2
1,3
– 4,4
2,7
4,5
3,4
4,0
Mittel- und Osteuropa
1,8
3,8
– 5,0
3,1
2,6
3,1
2,5
Türkei
1,0
1,0
– 3,0
4,6
15,2
11,6
10,9
2,6
1,5
– 3,9
3,0
1,2
0,3
0,9
4
Andere Länder
5
Amerika
35,3
1,9
– 4,3
3,9
2,8
2,1
2,6
USA
27,7
2,2
– 3,7
3,8
1,8
1,3
1,9
Lateinamerika
3,0
0,0
– 8,9
4,6
12,2
10,5
10,4
Brasilien
2,4
1,1
– 5,3
3,6
3,7
2,8
2,9
Kanada
2,2
1,7
– 5,7
4,6
1,9
0,5
1,3
36,3
4,4
– 1,4
6,8
2,2
2,1
1,8
19,0
6,1
1,8
8,9
2,9
2,5
2,0
6,6
0,7
– 5,4
2,9
0,5
0,2
0,2
3,9
1,6
– 2,0
3,1
0,7
0,2
0,7
3,7
4,7
– 8,0
8,3
3,7
6,3
4,9
3,1
4,4
– 4,3
5,3
2,0
1,0
2,0
2,7
– 4,0
5,1
2,4
1,8
2,1
6
Asien China Japan Asiatische Industrieländer
7
Indien Südostasiatische Schwellenländer
8
Insgesamt
100 9
Fortgeschrittene Volkswirtschaften
65,6
1,7
– 5,2
4,0
1,5
0,8
1,4
10
34,4
4,5
– 1,8
7,2
4,2
3,8
3,5
100
2,2
– 5,3
4,9
.
.
.
100
2,8
– 3,3
5,1
.
.
.
– 0,4
– 6,2
5,8
.
.
.
Schwellenländer nachrichtlich: exportgewichtet
11
nach dem Messkonzept des IWF
12
Welthandel13
1 – Anteil des BIP des Jahres 2019 in US-Dollar der aufgeführten Länder oder Ländergruppen am BIP aller aufgeführten Länder beziehungsweise Ländergruppen. 2 – Preisbereinigt. 3 – Prognose des Sachverständigenrates. 4 – Bulgarien, Kroatien, Polen, Rumänien, Tschechische Republik und Ungarn. 5 – Dänemark, Norwegen, Schweden und Schweiz. 6 – Argentinien, Chile, Kolumbien und Mexiko. 7 – Hongkong, Republik Korea, Singapur und Taiwan. 8 – Indonesien, Malaysia, Philippinen und Thailand. 9 – Asiatische Industrieländer, Euro-Raum, Mittel- und Osteuropa, Dänemark, Japan, Kanada, Norwegen, Schweden, Schweiz, Vereinigtes Königreich und USA. 10 – Lateinamerika, südostasiatische Schwellenländer, Brasilien, China, Indien, Russland und Türkei. 11 – Summe der aufgeführten Länder, gewichtet mit den Anteilen an der deutschen Ausfuhr im Jahr 2019. 12 – Gewichte nach Kaufkraftparitäten und hochgerechnet auf den Länderkreis des IWF. 13 – Nach dem Messkonzept des niederländischen Centraal Planbureau (CPB). Quellen: CPB, Eurostat, IWF, nationale Statistikämter, OECD, eigene Berechnungen
24
© Sachverständigenrat | 20-446
Sachverständigenrat – Jahresgutachten 2020/21
Wirtschafteexperten der Helaba dürfte das Bruttoinlandsprodukt zum Jahresende sinken um schätzungsweise 8,7 %, der Aufschwung setze sich jedoch nach dieser Zwangspause 2021 fort. Grund hierfür war der lange und harte Lockdown im Frühjahr. Der Konsum hat im Hexagon traditionell eine höhere Bedeutung als beispielsweise in Deutschland. Sein Anteil inklusive der öffentlichen Ausgaben liegt bei fast 77 % des BIP. Der erneute Anstieg der Corona-Fallzahlen belastet nun das Verbrauchervertrauen. Die Ausgaben der privaten Haushalte dürften im Gesamtjahr 2020 um 7 % einbrechen. 2021 ist eine ähnlich starke Gegenbewegung zu erwarten. Die Importe dürften 2021 stärker zulegen als die Exporte, da die Binnennachfrage stimuliert wird und der stärkere Euro belastet. Damit bremst der Außenhandel erneut. ITALIEN DURCH PANDEMIE NACHHALTIG STARK GESCHWÄCHT In den zehn Jahren bis 2019 stieg das Bruttoinlandsprodukt Italiens preisbereinigt jahresdurchschnittlich gerade einmal um 0,3 %. Corona führte zu einem BIP-Einbruch von 8,3 %. Unterstützt durch die erwarteten ersten Zahlungen aus dem EU-Aufbauplan dürfte 2021 das Wachstum zwar 6 % erreichen. Schätzungen der Wirtschaftsspezialisten zu Folge wird die gesamtwirtschaftliche Leistung ihr Vor-Corona-Niveau voraussichtlich erst 2023 erreichen. Die Arbeitslosigkeit dürfte in den nächsten Monaten weiter steigen. Dies dämpft den Konsum, zumal die Tariflöhne kaum zulegen.
zen stoßende Gesundheitssysteme sind Herausforderungen, die den Trend zum engeren Zusammenrücken der verbliebenen 27 EUStaaten verstärken. Im Rahmen des Aufbauplans „Next Generation EU“ (NGEU) wurde beschlossen, dass die Mitgliedsländer Finanzhilfen mit einem Volumen von 390 Mrd. Euro aus dem EU-Budget beantragen können. In
dieser Größenordnung ist das ein Novum. Hinzu kommen Darlehen, sodass das NGEUVolumen insgesamt 750 Mrd. Euro beträgt. FRANKREICH – PANDEMIE SCHWÄCHT KONSUM Frankreich wird erneut stark von der Pandemie heimgesucht. Laut der Prognose der
SPANIEN – VERBRAUCHER PESSIMISTISCH Spanien gehört neben Italien zu den großen Profiteuren der EU-Hilfen. Trotzdem bleibt der Aufschwung fragil. Im zweiten Quartal 2020 hatte Spanien den stärksten Wirtschaftseinbruch unter den
SCHWEDEN
POLEN
TSCHECHIEN
8 | küche + architektur
DATEN + FAKTEN
großen Vier der Eurozone. Nach einem Rückgang von 11 % dürfte das Bruttoinlandsprodukt 2021 um 7,5 % zulegen. Die Staatsverschuldung wird schätzungsweise durch die Corona-Krise 2020 um 25 Prozentpunkte auf rund 120 % des BIP steigen. Seit dem Beginn der Corona-Krise ist die Zahl der Arbeitslosen um 700.000 auf über 3,8 Millionen gestiegen. Erschwerend ist die große Bedeutung des Tourismus für Spanien. 12 % der Beschäftigten sind von diesem Sektor abhängig, der am Boden liegt. Die spanischen Verbraucher sind im europäischen Vergleich zurzeit besonders pessimistisch. Der Konsum dürfte nach dem überdurchschnittlichen Rückgang von rund 13 % 2021 nur gut die Hälfte aufholen. Da die Exporte voraussichtlich stärker zulegen als die Importe, wird der spanische Außenhandel einen positiven Wachstumsbeitrag leisten. Die Investitionen dürften insgesamt nur mäßige Zuwächse aufweisen. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage vieler Haushalte bleiben die Impulse durch den Wohnungsbau verhalten.
ENTWICKLUNG VON WIRTSCHAFTSLEISTUNG UND ARBEITSVOLUMEN
SCHWEDEN – AUFHOLBEDARF GERINGER Die Minderheitsregierung Schwedens aus Sozialdemokraten und Grünen folgte den Empfehlungen ihres Chef-Epidemiologen und führte weder einen Corona-Lockdown noch eine Maskenpflicht ein. Da außerdem das BIP besser als im EU-Durchschnitt ins Jahr gestartet war, fällt die Rezession 2020 mit voraussichtlich -4,1 % vergleichsweise mild aus (EU: -6,8 %). Der konjunkturelle Aufholbedarf ist 2021 geringer als in anderen Ländern. Schweden wird angesichts von Warenexporten in Höhe von rund einem Drittel des BIP eine wichtige Rolle spielen. Insgesamt kann mit einem Wachstum von 3,2 % gerechnet werden. Sein Vorkrisenniveau dürfte das BIP aber nicht vor 2022 erreichen.
POLEN, TSCHECHIEN, UNGARN – WUNSCH NACH WIRTSCHAFTSPOLITISCHER EIGENSTÄNDIGKEIT Die Stärke des Aufschwungs wird in den drei Ländern von der unterschiedlichen Wirtschaftsstruktur geprägt. Gemeinsam ist ihnen ein Trend hin zu (wirtschafts-)politischer Eigenständigkeit. Polen mit seinem großen Binnenmarkt scheint mit einem Plus von 3,5 % am besten durch die Krise zu kommen. Tschechien, das mit einem Exportanteil von 80 % des BIP stark vom Automobilsektor geprägt ist, haben die Unterbrechung der Lieferketten und die Schließung von Fertigungsstätten erhebliche Schwierigkeiten gemacht. Die Bremswirkung zeigte sich durch die zweite Corona-Welle in Tschechien besonders heftig und strahlt auf 2021 aus. Das Wirtschaftswachstum dürfte hier bei gut 3 % liegen.
In Ungarn ist die Abhängigkeit von der Industrie ähnlich. Zusätzlich belasten Einbußen im wichtigen Tourismussektor, die 2021 noch spürbar sein dürften. Daher sind für 2021 nur 3,7 % Wachstum zu erwarten.
UNGARN
RUSSLAND
GROSS-BRITANNIEN
IM EURO-RAUM IN DER CORONA-KRISE Starker Rückgang der Arbeitsstunden je Erwerbstätigen reduziert Arbeitsvolumen
Starke Einbrüche in der Industrie und bei den Dienstleistungen 5
Abweichung vom Niveau des Vorkrisenquartals in %
3 0
0
-3
-5
-6
-10
-9
-15
-12
-20 -25
Abweichung vom Niveau des Vorkrisenquartals in %
-15 0
1
2 3 4 5 6 Quartale seit Hochpunkt1
7
8
-18
0
1
2 3 4 5 6 Quartale seit Hochpunkt1
7
8
Corona-Krise Finanzkrise (2019Q4 = 0) (2008Q1 = 0)
Corona-Krise Finanzkrise (2019Q4 = 0) (2008Q1 = 0) BIP2
Arbeitsvolumen
BIP-Prognose des SVR3
Erwerbstätige
Bruttowertschöpfung in der Industrie4
Durchschnittlich geleistete Arbeitsstunden je Erwerbstätigen
Bruttowertschöpfung im Handel und im Dienstleistungsbereich5
1 – Datierung entspricht derjenigen des CEPR Euro Area Business Cycle Dating Committee. 2 – Für das 3. Quartal vorläufige Schnellschätzung von Eurostat. 3 – Ab dem 4. Quartal Prognose des Sachverständigenrates. 4 – Industrie ohne Baugewerbe. 5 – Berücksichtigt sind die Bereiche Handel, Instandhaltung, Verkehr, Gastgewerbe/Beherbergung und Gastronomie, Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen, Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, Kunst, Unterhaltung und Erholung, Erbringung von sonstigen Dienstleistungen, private Haushalte, exterritoriale Organisationen und Körperschaften. Quellen: Eurostat, eigene Berechnungen
© Sachverständigenratt | 20-528
RUSSLAND PROFITIERT VON STEIGENDEM ERDÖLPREIS Russland entschied sich im europäischen Vergleich zu einem moderaten Corona-Lockdown, der zwar zu hohen Infektionszahlen führte, jedoch auch den Wirtschaftseinbruch 2020 mit 3,8 % weniger dramatisch ausfallen ließ. Im kommenden Jahr wird Russland von der Erhöhung des Ölpreises auf bis zu 60 USDollar pro Barrel profitieren. Der Öl- und Gassektor macht ein Drittel des BIP und fast zwei Drittel der Exporteinnahmen aus. Allderdings schränken zahlreiche strukturelle Schwächen das Potenzialwachstum ein,
küche + architektur | 9
DATEN + FAKTEN
darunter institutionelle Defizite, ein niedriges Produktivitätswachstum und ein trübes Geschäftsklima. Daher erwarten die Wirtschaftspezialisten für 2021 nur eine schwache Erholung von 3 % und damit unter dem Vorkrisenniveau.
ENTWICKLUNG VON ARBEITSVOLUMEN UND ARBEITSLOSENQUOTEN IM INTERNATIONALEN VERGLEICH Starke Rückgänge des Arbeitsvolumens in der ersten Jahreshälfte 2020 5
Veränderung zwischen 2019Q4 und 2020Q2 in %
18
-5
US
12 10
-15
8
IT
-20
DE
4
-25
UK
2 ES
IT
Erwerbstätige
UK
FR
EA
US1
DE
0
EA FR
6
Jan
Arbeitsstunden je Erwerbstätige
Feb
Mrz
Apr
Deutschland (DE) Frankreich (FR)
Arbeitsvolumen
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Euro-Raum (EA) Italien (IT)
Vereinigtes Königreich (UK)
Spanien (ES) USA (US)
1 – Berechnungen für die USA auf Basis der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit. Quellen: BLS, Eurostat, eigene Berechnungen
USA – WEITERHIN TRÜBE AUSSICHTEN FÜR US-WÄHRUNG Mit fiskalischen und geldpolitischen Eingriffen haben US -Regierung, Kongress und No-
tenbank auf die Pandemie und die ökonomischen Schäden durch den Lockdown reagiert. Dies trug dazu bei, dass die amerikanische Wirtschaft sehr schnell und deutlich wieder auf einen Wachstumspfad eingeschwenkt ist. Für 2021 rechnen die Spezialisten der Hessischen Landesbank mit einem Wachstum von fast 4 %, was den US-Output bis Ende des Jahres wieder grob auf sein Vorkrisenniveau bringen würde. Die Arbeitslosenquote wird Ende 2021 voraussichtlich noch immer etwa zwei Prozentpunkte höher liegen als im Februar 2020. Der IWF schätzt den Fiskalimpuls 2020 auf über acht Prozentpunkte am BIP, verglichen mit gut zwei Prozentpunkten in der Finanzkrise 2009. Viele Haushalte hatten im Frühjahr 2020 sogar mehr Geld in der Tasche als vor der Krise. Wirtschaftsspezialisten schätzen die Gesamtinflation 2021 auf über 3 %. Eine wichtige Rolle dabei spielt jedoch der unterstellte Anstieg des Rohölpreises um gut 50 % bis Ende 2021. Die Kernrate ohne Energie und Nahrungsmittel dürfte ebenfalls höher ausfallen. Über viele Jahre galt der Euro als das größere
USA
CHINA
10 | küche + architektur
ES
14
-10
-30
%
16
0
GROSSBRITANNIEN – WACHSTUM BEI HÖHERER INFLATIONSRATE Die britische Wirtschaft wird, so die Experten, 2021 deutlich wachsen. Der Brexit wird dennoch negative Konsequenzen mit sich bringen. Ab 2021 müssen sich Ex- und Importeure umstellen. Zollformalitäten werden fällig. Schwierigkeiten an der Grenze sind zum Jahresanfang unvermeidlich. Standards im Warenhandel könnten angepasst werden. Der Dienstleistungshandel wird erschwert. Pandemiebedingt muss die britische Wirtschaft eine kurzfristig noch größere Aufgabe als den Brexit bewältigen. Der BIP-Einbruch 2020 von 10,7 % wird sich nicht wiederholen, das Wachstum ist bereits angesprungen. Die Konsumenten zeigen sich wieder ausgabefreudig. Staatlichen Hilfen federn die Einkommensverluste ab. Allerdings wird die Arbeitslosigkeit zunehmen. Da zudem manche Restriktionen vorerst weiterbestehen bzw. sogar verschärft werden, bleibt der private Verbrauch unter dem Vorkrisenniveau. Die Unternehmensinvestitionen liefen schon vor Corona mit angezogener Handbremse. Im Verlauf von 2021 dürften die Investitionen aber spürbar anziehen, Trotz aller Probleme und selbst bei neuerlichen Corona-Restriktionen oder gar einem Brexit-Chaos wird die britische Wirtschaft 2021 wachsen. Solange sich diese Belastungen in Grenzen halten, dürfte das Bruttoinlandsprodukt um 5,7 % zunehmen. Jedoch wird die Inflation 2021 von 1 % auf 2,4 % klettern.
Heterogene Entwicklung der Arbeitslosenquoten seit Januar 2020
© Sachverständigenrat enrat | 20-531
Sorgenkind. Nun scheint sich das Bild zu drehen: Im Zuge der Corona-Krise offenbaren sich in den USA politische und wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die Aussichten für die US-Währung bleiben deshalb eingetrübt. CHINA STÜTZT BINNENMARKT Nach derzeitigem Stand könnte sich China als Gewinner der Covid-19-Krise erweisen. Nach Ende des Lockdowns zog das Wirtschaftswachstum sofort kräftig an. Bereits in der zweiten Jahreshälfte 2020 scheint China fast wieder das Vorkrisenniveau erreicht zu haben. Mit Hilfe von zusätzlichen fiskalischen und geldpolitischen Anreizen wird der Output 2021, so die Wirtschaftsspezialisten, um gut 9 % steigen. Über den gesamten Zeitraum 2020 / 2021 sollte die Abweichung vom Vorkrisentrend geringer ausfallen als in vielen anderen Ländern. Unabhängig vom Wahlausgang in den USA wird es nach Einschätzung der Helaba in Handelsfragen aber keine Rückkehr zu den „guten alten Zeiten“ geben. Ein Ende des Wettrennens um die Dominanz in den Hightech-Branchen ist nicht abzusehen. Während die meisten Industrieländer prioritär die Nachfrage stimulieren, fördert Chinas Regierung in der Krise vor allem die inländische Produktion. Damit stützen die Konjunkturpakete in China und bei den Handelspartnern tendenziell das Wachstum der chinesischen Exporte.
HANDEL + MARKT
2020: Positive Marktentwicklung 2021: Verhaltener Optimismus AMK spricht der Küchenbranche Mut zu
Ende Oktober 2020 fand die Vereinsmitgliederversammlung der AMK statt – auf digitalem Wege. Dr. Oliver Streit und Roland Hagenbucher als Sprecher des Vorstands und AMK Geschäftsführer Volker Irle berichteten über die Entwicklung von Industrie und Küchenhandel in 2019 und 2020, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland sowie in Europa und der Welt und referierten ihre Einschätzung der weiteren Entwicklung der Branche.
M
it einem Gesamtumsatz von 5,03 in Mrd. € verzeichnete die deutsche Küchenmöbelindustrie 2019 einen Zuwachs von 3,22 % gegenüber dem Vorjahr. Das Inland steuerte ein Plus von 0,88 % bei (2,93 Mrd. €), während der Export um 6,66 % und 2,1 Mrd. € Umsatz im Vergleich zu 2018 zunahm. Die wichtigsten Exportmärkte waren Frankreich (+2,7 %), die Niederlande (+7,5 %) und Österreich (+ 2,4 %). Auch aus Sicht des Küchenhandels war das Jahr 2019 ein positives Jahr. Stieg die Verkaufsmenge um 3,9 %, lag der Verkaufsumsatz bei einem Plus von 6,0 %. Und auch der Auftragswert stieg um 2,0 % im Vergleich zu 2018. Das Jahr 2020 startete sehr optimistisch, wie die Veränderungsraten der Auftrgaseingangswerte im Vergleich zu den Vorjahresmonaten zeigen. Mit dem Lockdown am 23. März erfolgte ein massiver Einbruch dieser Werte und damit auch des Gesamtumsatzes, der sich dann ab Juni – besonders im Inland – wieder deutlich erholte. Aus Gesamtsicht konnten sich auch die Exportmärkte weitestgehend erholen. Aus Sicht des Handels lag die Anzahl verkaufter Küchen bis Ende Juni noch unter Vorjahr, dank gesteigerter Auftragswerte lag der Umsatz bereits auf Vorjahresniveau. Der vorübergehenden Kaufzurückhaltung im Zusammenhang mit dem Lockdown stellen die Sprecher der AMK die positiven Ergebnisse einer Trendstudie des Zukunftsinstituts gegenüber, der zufolge Kochen einen neuen Boom erlebt und damit die Küche in den Fokus der Anschaffungsneigung besonders bei den Stadtbewohnern rückt, unterstützt durch freiwerdende Budgets aus Reisen, Fashion und Außer-Haus-Konsum, die sich Richtung Heim und Kommunikation verschieben. Man schätzt, dass die Auftragsrückgänge während des Lockdowns zum Ende des Jahres überkompensiert werden. Mittelfristig
wird damit gerechnet, dass die wieder anziehende Baukonjunktur in Deutschland auch die Küchennachfrage fördert Auf der anderen Seite könnten ein aus der Kurzarbeit folgender Anstieg der Arbeitslosigkeit, steigende Inflation und Verunsicherung in der Bevölkerung das Konsumklima nachhaltig eintrüben. Betrachtet man die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Europa und der Welt, so zeige sich, dass nach einer langen Phase des Wachstums das globale Wirtschaftswachstum 2020 aufgrund der CoronaPandemie mit einem Minus von 4,4 % einbricht. Mit Ausnahme von China (+1,9 %) sind alle großen Länder rückläufig. Die Arbeitslosigkeit hat sich in allen Regionen infolge der Corona-Pandemie erhöht. Unsicherheiten im Pandemieverlauf und ungenaue/optimierte statistische Daten erschweren die Prognosemöglichkeiten erheblich. Als positiv wird vermerkt, dass sich das Konsumklima in Europa zunächst schnell erholte, www.amk.de jedoch hinterlasse die zweite Welle jetzt schon Spuren.
küche + architektur | 11
Foto: allmilmö
ARCHITEKTUR + TREND
HIER IST DER NAME PROGRAMM: Mit Opaco „Elephant Skin“ bietet allmilmö eine einzigartig strukturierte Laminatoberfläche für Fronten und Arbeitsplatten. Charakteristisch für die robuste Anti-Fingerprint Oberfläche ist ihre feine Querrillen- bzw. Noppenlederstruktur, die ihr eine unverwechselbare, edle Haptik verleiht. Akzentuiert mit hochwertigem Olivenfurnier entsteht eine ganz besondere, elegante Optik. Dieses außergewöhnliche Design spiegelt modernes internationales Einrichten wider, funktionell und edel zugleich. www.allmilmoe.de 12 | küche + architektur
Umfrage Küchen | BRANCHENSPIEGEL
Küchenmöbelindustrie – die deutsche Armada fährt auf Sicht Nachfrageverschiebungen, Verfügbarkeit von Materialien sowie die Unwägbarkeiten bestellte, und produzierte Ware auszuliefern, sind nur ein Teil der Herausforderungen, denen die Küchenmöbelindustrie während der Pandemie gegenüber stand und noch immer steht. Bis dato wurden diese erfolgreich bewältigt. Zudem profitiert die Branche von dem ungebrochenen Wunsch der Konsumenten, in die eigenen vier Wände und zu investieren. Dies macht sich durch eine deutlich steigende Nachfrage bemerkbar. Anstatt in Urlaub, den neuen Pkw oder auch in Restaurantbesuche zu investieren, werden Budgets umgeschichtet und in neues Mobiliar und hier vor allem in neue Küchen investiert. Unterstützend dazu beigetragen haben auch Maßnahmen der Bundesregierung darunter die massive Ausweitung des Kurzarbeitergeldes. Was aber, wenn diese Förderungen auslaufen? Welche Auswirkungen wird der deutliche Ausbau der Kapazitäten einiger Hersteller mit sich bringen? Wie stabil entwickeln sich die einzelnen Exportmärkte? Hat die Pandemie sogar Studio-Schließungen zur Folge? Vor allem aber, wie lange wird die Nachfrage nach Küchen anhalten? Fragen über Fragen, mit denen sich die Branche auseinandersetzt, was die nachfolgenden Statements belegen.
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands ist von Juli bis September 2020 gegenüber dem Vorquartal um 8,2 Prozent gewachsen. Die Wirtschaftsleistung liegt aber noch 4,2 Prozent unter dem Vorkrisenniveau. Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Entwicklung Ihres Unternehmens im Jahr 2020 im In- und Ausland unter Berücksichtigung der konjunkturellen Rahmenbedingungen? (BIP-Prognose, Verbraucherpreise 2021, steigende Arbeitslosenzahlen, stabile Bauwirtschaft) Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Küchenmöbelindustrie? Trotz allem Optimismus hat die Pandemie sämtliche Wirtschaftsregionen der Welt stark getroffen. Dies hat zum stärksten Einbruch der globalen Wirtschaftsleistung seit über 50 Jahren geführt. Selbst in der Finanzkrise 2008/09 konnte das Wirtschaftswachstum zum Vorjahresniveau knapp im positiven Bereich gehalten werden. Welche Auswirkungen hat der meist länderübergreifende 2. Lockdown mittelfristig auf Ihr Unternehmen? Wie steht es um das Thema Lieferfähigkeit? Wie schätzen Sie die Ausgabefreudigkeit der Konsumenten hinsichtlich der Anschaffung neuer Möbel und Geräte im Laufe des nächsten Jahres ein? Mit welchen Maßnahmen unterstützen Sie Ihre Partner im Handel? Wie gewährleisten Sie den kontinuierlichen Austausch mit Ihren nationalen und internationalen Kunden?
küche + architektur | 13
BRANCHENSPIEGEL | Umfrage Küchen
Nobilia – Unter den wenigen Gewinnern: Die Küchenmöbelindustrie
„WAS DAS KÜNFTIGE KAUFVERHALTEN der Konsumenten anbelangt, spricht auch viel für eine tiefer greifende, gesellschaftliche Werteänderung wie z.B. die Rückbesinnung auf „heimatliche“ i.w.S. Werte“, analysiert Dr. Oliver Streit, Geschäftsführer Nobilia-Werke
14 | küche + architektur
1. Die Zahlen geben dieses außergewöhnliche und wahrscheinlich und hoffentlich auch einmalige Jahr doch bestens wieder. Der Möbelsektor zählt sicherlich zu den wenigen begünstigten Branchen in dieser Krise und wird trotz Lockdown voraussichtlich mit positiven Zahlen abschließen können. Die Lage in unserem Haus ist mehr oder weniger ein Spiegelbild der Gesamtlage der Branche. Getragen von einem starken Inlandsumsatz – Deutschland ist bislang deutlich besser durch die Krise gegangen als zahlreiche Nachbarländer – konnten wir nach dem Lockdown im Frühjahr eine sehr erfreuliche Marktbelebung konstatieren, die sich über den Sommer und Herbst stabilisiert hat. Die gleichbleibend gute Entwicklung der Bauwirtschaft, ebenso wie der anhaltende Medientrend rund um die Themen Haus und Einrichtung sehen wir als stabilisierende, positive Faktoren, so dass wir trotz der anhaltenden Einschränkungen positiv in das Jahr 2021 schauen. 2. Die Gesamtbranche muss sehr positiv auf die Entwicklung 2020 schauen, gerade wenn man mal über den eigenen Tellerrand hinweg sieht und andere Branchen betrachtet. Themen wie Massenkündigungen und Kurzarbeit haben unsere Branche nur sehr kurz berührt, selbst in dieser außergewöhnlichen Krise war die Frage nach Warenverfügbarkeit und industriellen und logistischen Kapazitäten eher für uns entscheidend. Abhängig von den jeweiligen Distributionsschwerpunkten sind deutliche regionale, landesund Distributionskanalspezifische Unterschiede zu erkennen. So haben sich die Küchenspezialisten doch viel schneller und flexibler auf die veränderten Rahmenbedingungen einstellen können. Insgesamt wird die Küchenmöbelindustrie zu den wenigen Gewinnern im Jahr 2020 zählen. 3. Es ist nicht so einfach hier die Effekte zu trennen. Zum einen hat die zweite Lockdown Phase mit Belgien, Frankreich und Österreich sehr starke Abnehmerländer unseres Hauses getroffen, zumindest in zwei von dreien sind die strikten Maßnahmen inzwischen aber wieder aufgehoben worden. Ob, wie in den ersten Lockdown Phasen, hier bei Wiedereröffnung des Handels ein erneuter Boom einsetzt, muss abgewartet werden. Aufgrund der Feiertage (als natürlicher „break“) bin ich da eher skeptisch. Selbst in den Ländern ohne oder mit milderen Shutdown Auswirkungen haben die diversen Appelle der jeweiligen Regierungen mindestens für einen spürbaren Rückgang der Frequenz im Handel gesorgt. Und schließlich gibt es immer zum Jahresende – in der Regel wenn die Lieferzeiten in das neue Jahr springen – eine typische, saisonale Abkühlung bei den Auftragseingängen. Alle diese Effekte führen insge-
samt zu einem beruhigteren Auftragseingang, aber wie erwähnt, durchaus saisonal typisch. 4. Das Thema Lieferfähigkeit ist gerade während der Krise in die zentrale Aufmerksamkeit gerückt. Für unsere typischen „Zutaten“, also Holzwerkstoffe (inkl. Fronten) und Beschläge konnten wir durch erhöhte Lagerhaltung, aber auch durch frühzeitigen Dialog mit unseren Partnern auf der Zulieferseite etwaige Engpässe vermeiden. Es gab meines Wissens nach in der Krise nicht eine Küche, die wegen Materialmangels nicht ausgeliefert werden konnte. Auch da steckt viel Arbeit von Vielen, nicht nur in Verl, im Detail. Wir können liefern, weil WIR ALLES getan haben, um lieferfähig zu bleiben. Etwas diffiziler scheint die Lage bei der E-Geräteindustrie zu sein. Die dort vorherrschenden internationalen und interkontinentalen Lieferketten sind per se weniger robust und führen jetzt immer wieder zu Lieferengpässen. Auch hier versuchen wir per vorausschauender Lagerhaltung (inkl. Zukäufe von Drittware außerhalb unseres normalen Sortiments) die Warenversorgung unserer Partner bestmöglich abzusichern. Seit KW 16 hatten wir rd. 350 Kommissionen, in denen wir nicht die bestellten oder alternative EGeräte ausliefern konnten, bei knapp 3.500 Küchen am Tag sicherlich keine ganz schlechte Zahl. In der Regel können wir aufgrund unseres umfangreichen Sortiments die Majorität der Kommissionen durch Gerätetausch noch „retten“. Abschließend muss ich einfach die Kolleginnen und Kollegen vor Ort loben und mich für ihren Einsatz bedanken. Natürlich geht eine solche Pandemie auch an unserem Unternehmen nicht spurlos vorbei, aber trotz Corona, trotz Erkältungszeit im Herbst und trotz vereinfachter Krankschreibung am Telefon arbeiten wir in Vertrieb, Fertigung und Versand u.a. unter Höchstlast. Dass dort geplante Touren oder Teilschichten ausfallen können, weil dann eben doch mal Kolleginnen und Kollegen nicht wie geplant erschienen sind – selten, aber unvermeidlich – ist im Einzelfall zwar immer ärgerlich, aber eben auch dieser besonderen Situation geschuldet. Alles in allem arbeitet das Nobilia-Team aufopferungsvoll mit und für seine Partner! 5. Kann ich nicht doch lieber die Lottozahlen versuchen? … Diese Frage zu beantworten ist schwierig, weil einerseits so viele, teilweise völlig divergente Effekte zusammentreffen und andererseits die Auswirkungen immer noch nicht vollständig absehbar sind. Mehr oder weniger vorhersehbar scheint mir noch das erste Halbjahr 2021, trotz hoffentlich dann vorhandener Impfstoffe wird das Virus weiter unsere Umwelt beeinflussen, die bekannten Einschränkun-
Küchenmöbelumsatz (Euro) 2019
Inlandsumsatz (Euro)
2020
2019
Auslandsumsatz (Euro)
2020
2019
2020
Januar
397.592.000
415.344.000
+4,46 %
239.697.000
244.023.000
+1,80 %
157.895.000
171.321.000
+8,50 %
Februar
406.566.000
417.095.000
+2,59 %
244.585.000
247.439.000
+1,17 %
161.981.000
169.656.000
+4,74 %
März
428.647.000
454.524.000
+6,04 %
255.697.000
280.716.000
+9,78 %
172.950.000
173.808.000
+0,5 %
1. Quartal
1.232.805.000
1.286.963.000
+4,39 %
739.979.000
772.178.000
+4,35 %
492.826.000
514.785.000
+4,46 %
April
417.711.000
339.849.000
-18,64 %
247.796.000
217.554.000
-12,20 %
169.915.000
122.295.000
-28,03 %
Mai
479.447.000
393.590.000
-17,91 %
270.721.000
229.371.000
-15,27 %
208.726.000
164.219.000
-21,32 %
Juni
403.742.000
184.633.000
190.120.000
+2,97 %
1. – 2. Quartal
2.533.705.000
2.475.877.000
-2,28 %
1.477.605.000
1.484.458.000
+0,46 %
1.056.100.000
991.419.000
-6,12 %
Juli
400.999.000
407.724.000
+1,68 %
225.965.000
242.854.000
+7,47 %
175.034.000
164.870.000
-5,81 %
August
319.195.000
380.582.000 +19,23 %
188.814.000
221.635.000 +17,38 %
130.381.000
158.947.000 +21,91 %
September
501.851.000
1. – 3. Quartal
3.755.750.000
455.475.000 +12,81 %
560.240.000 +11,63 % 3.824.423.000
+1,83 %
219.109.000
288.723.000 2.181.107.000
265.355.000 +21,11 %
329.033.000 +13,96 % 2.277.980.000
+4,44 %
213.128.000
231.207.000
+8,48 %
1.574.643.000
1.546.443.000
-1,79 %
Oktober
487.404.000
280.983.000
206.421.000
November
476.237.000
276.691.000
199.546.000
Dezember
313.091.000
186.469.000
126.622.000
Gesamtjahr
5.032.482.000
2.925.250.000
2.107.232.000
gen werden wir weiter spüren. Wenn dann im Sommer 2021 eine entsprechende Durchimpfung gewährleistet sein sollte, sollten auch der Tourismus und die Gastronomie wieder anspringen. Ob die Reisetätigkeit dann nach dem Motto „jetzt erst recht“ und/oder „wir holen nach, was wir 2020 versäumt haben“ wieder anspringen wird, bleibt abzuwarten. Abgesehen davon, dass das Nachholen verpasster Zeit eine logische Unmöglichkeit ist, spricht auch viel für eine tiefer greifende, gesellschaftliche Werteänderung wie z.B. die Rückbesinnung auf „heimatliche“ i.w.S. Werte. Leider sind da viele Szenarien denkbar… 6. Seit Anbeginn der Krise haben wir es als unsere zentrale Aufgabe begriffen, die Warenverfügbarkeit unserer Partner sicherzustellen. Neben der bereits erwähnten Materialwirtschaft würde ich unter diesem Punkt auch alle Maßnahmen subsummieren, die wir unternommen haben, um Corona bestmöglich aus dem Unternehmen zu halten (tägliche Fieberkontrolle, veränderte Schichtsysteme, Homeoffice, Gesundheitsscouts, Grippeimpfungen, tägliche Tests u.v.a.m.). Das hört sich vielleicht elementarer und einfacher an, als es bisher gewesen ist. Ein weiterer Sammelpunkt befasst sich mit der veränderten Situation des Handels, wir haben natürlich versucht unsere Partner vor Ort bestmöglich in dieser Transition zu unterstützen (diverse Informationen auf verschiedenen Medien, Push Werbung soziale Medien, Elements: die schnelle Küche aus Verl, Expressdigitalisierung in Zusammenarbeit mit IEQ, e-Learning und Webinare, virtuelle Verkaufsräume (Zoom Sammellizenz) und -ausstellungen und Musterversandservice, um hier nur einige Beispiele zu nennen).
Mit dem aktuellsten Thema, nobiFIT, versuchen wir quasi mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Wir wollen, in Kooperation mit unseren Partnern, gerade von der Krise geschüttelten Branchen wie Messebau oder Veranstaltungstechnik eine neue Perspektive im Bereich der Möbelmontage aufzeigen. Wir verhelfen Arbeitnehmern und Unternehmen zu einer neuen Beschäftigung und lösen/mindern damit gleichzeitig den größten (teilweise unbefriedigten) Bedarf nach Montagekräften. 7. Ebenso wie in Fertigung und Versand haben wir auch für den Vertrieb Kurzarbeit von Anfang an kategorisch ausgeschlossen. Aktuell befindet sich z.B. Österreich in einem harten Lockdown, aber trotz der geschlossenen Läden lassen wir den Kontakt zu unseren Partnern nicht abreißen. Ich würde mal behaupten, dass jeder Mitarbeiter des Vertriebs (und nicht nur die) inzwischen ausführliche Kenntnisse in Themen wie Skype, Zoom, Teams, Webex usw. hat, und o.k., telefonieren ging schon vorher. Auch haben wir viele Messeführungen in den virtuellen Raum verlegt, der digitale Showroom (https://showroom.nobilia.de/) ist nach wie vor hoch frequentiert. Ebenso wie der Rest der Welt warten wir begehrlich auf die Renaissance des Messewesens, der einfachen Reisetätigkeit (unser Exportleiter kennt das Personal bei den Coronatests am Frankfurter Flughafen beim Vornamen) und des „einfach mal den Kunden besuchen“ – auch das wird wiederkommen, da sind wir uns sicher! Wir wünschen allen Ihren Lesern ein frohes und gewww.nobilia.de sundes 2021! küche + architektur | 15
Quelle: Statistisches Bundesamt, HDH/VDM, VdDK
Umfrage Küchen | BRANCHENSPIEGEL
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