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: ANGEWANDTE MATHEMATIK

Big Data gegen Covid & Co.

Ganz entscheidend im Studium: Hingehen

Künstliche Intelligenz erkennt im Blutbild großer Bevölkerungsgruppen ein Muster. Ändert es sich, könnte das auf eine Pandemie hinweisen

Wem das bei einer Abschlussarbeit oder großen Prüfung schwerfällt, findet bei der Psychologischen Studierendenberatung Hilfe

USCHI SORZ

„Anwendungen, die im Dialog zwischen Mathematik und Medizin entstehen, haben ein riesiges Potenzial“, sagt Carola-Bibiane Schönlieb. „Unser Pandemie-Frühwarnsystem ,BloodCounts!‘ ist dafür das beste Beispiel.“ Die in Salzburg aufgewachsene Wienerin ist Professorin für angewandte Mathematik in Cambridge (UK) und dort Direktorin des Cantab Capital Institute for the Mathematics of Information und Ko-Direktorin des EPSRC Centre for Mathematical and Statistical Analysis of Multimodal Clinical Imaging.

In dem von ihr geleiteten interdisziplinären Projekt BloudCounts! werden Algorithmen auf Basis von künstlicher Intelligenz (KI) darauf trainiert, pandemierelevante Muster in der Bevölkerung in Routineblutbildern aufzuspüren. Eine Pilotstudie mit Daten der Universitätskliniken in Cambridge hat sich als vielversprechend erwiesen. Im Juni wurde das Forscher*innenteam dafür mit dem zweiten Preis der Trinity Challenge ausgezeichnet.

Es war der erste Durchgang des Wettbewerbs, den Englands ehemalige Chief Medical Officer Sally Davies eingerichtet hat, um datenbasierte Lösungen zur Pandemiebekämpfung und -vorsorge voranzutreiben. 42 fördernde Organisationen stehen dahinter. Neben finanzillen Mitteln zur Umsetzung ihres Projekts dient die Trinity Challenge den Teilnehmer*innen auch als Plattform zur Vernetzung mit öffentlichen,privaten, philanthropischen und akademischen Akteuren. BloodCounts! ist eines von acht Projekten, die von einer internationalen Jury ausgewählt wurden. „Ein Blutbild ist der häufig te medizinische Test überhaupt“, sagt Schönlieb. „Weltweit wird etwa 3,6 Milliarden Mal pro Jahr eines gemacht.“ Am Department für Hämatologie in Cambridge habe man beobachtet, dass nur ein Teil der Informationen aus den Messungen der Blutanalysemaschinen verwendet wird. „Viele der dabei anfallenden Daten werden weggeschmissen. Auf KI basierende mathematische Methoden eröffne die Möglichkeit, sie nutzbringend einzusetzen.“ So kann ihre Arbeitsgruppe damit den Zustand des Blutes großer Bevölkerungsgruppen abbilden. „Man kann sich das vorstellen wie einen Fingerabdruck von einer ganzen Stadt oder Region“, erklärt Schönlieb. „Da wir vor Corona Studien dazu gemacht haben, konnten wir für BloodCounts! einen solchen Fingerabdruck der Stadt Cambridge von 2019 als Ausgangspunkt nehmen.“ Der Mikrobiologe Nicholas Gleadall und der Mathematiker Michael Roberts hatten die Idee, diesen in Bezug auf Covid-19 zu untersuchen. Dabei zeigte sich, dass sich der Normalzustand des Blutes, also der Vor-Corona-

CarolaBibiane Schönlieb, Universität Cambridge

Fingerabdruck, durch die Pandemie signifikantgeändert hatte. „In großem Maßstab eignen sich Blutdaten gut als Frühwarnsystem für neuartige Krankheitsausbrüche. Die Abweichung gibt den Hinweis, dass etwas nicht stimmt. Das Gesundheitswesen kann dann sehr früh die Ursache suchen und handeln. Die Methode schlägt schon an, bevor ein Problem sichtbar wird.“ Da Blutdaten überall vorhanden sind, biete das auch Entwicklungsländern eine Perspektive, um Pandemien in den Griffzu bekommen. In den nächsten drei Jahren wird Schönliebs Team Modelle entwickeln, um herauszufinden,wie groß die Aussagekraftder Abweichungen vom definiertenNormalzustand in diversen Regionen und mit unterschiedlichen Bevölkerungen ist. „Dabei sind unsere Kooperationen mit Blutanalysegeräte-Unternehmen essenziell“, so die Mathematikerin. „Durch die Trinity Challenge können wir mehr internationale Partner ins Boot holen.“ Etwa das US-amerikanische Rote Kreuz, eine große Blutspendeorganisation.

: PSYCHOLOGIE

MARGRET SCHOPF

Vom Hörsaal ins eigene Zimmer: Das hat vielen Studierenden einen Dämpfer verpasst. Wer beim Studium schon unter „normalen“ Umständen Schwierigkeiten hat, sich zum Lernen aufzuraffen,spürt dies seit Ausbruch der Corona-Pandemie umso mehr: In der eigenen Wohnung oder in der WG am Schreibtisch ist Selbstmotivation eine Kunst, die nur wenigen liegt.

Die Zunahme an persönlichen Problemen beschäftigtdie Psychologische Studierendenberatung (PSB), bei der die Anfragen deutlich zugenommen haben. Zahlen für das aktuelle Studienjahr 2020/21 liegen noch nicht vor. Im Wissenschaftsminiterium rechnet man mit einem Anstieg an Anfragen für Einzelberatungen um bis zu zwanzig Prozent. Das ist die gegenteilige Entwicklung zu jener im ersten Coronajahr 2019/20. Damals hatte die PSB einen deutlichen Rückgang der Beratungskontakte von 46.500 auf 36.000 verzeichnet.

Im Ministerium hat man auf die steigende Nachfrage reagiert und die PSB finanziellund personell massiv ausgebaut. Eine Million Euro wird ab 2021 zusätzlich pro Jahr in die PSB investiert und damit um vierzig Prozent mehr Personal beschäftigt. Insgesamt sind 66 Klinische und Gesundheitspsycholog*innen für Studierende im Einsatz. Dazu kommen zehn Sekretariatskräfte.Die sechs PSB-Beratungsstellen in Wien, Graz, Linz, Innsbruck, Salzburg und Klagenfurt erhalten knapp 6,4 Millionen Euro vom Ministerium.

Die PSB besteht seit 51 Jahren und bietet ein niederschwelliges Angebot in Einzel- oder Gruppenberatungen. Es geht um kostenlose Hilfestellung bei der Bewältigung persönlicher Probleme, auf Wunsch auch anonym. Auch bei Fragen rund um die Studienwahl und das Studium steht die PSB mit ihrer Expertise zur Verfügung, etwa in Form des vom Ministerium finanzierten Programms „18plus“, das Schüler*innen bei der Berufs- und Studienwahl unterstützt. Neben vereinbarten Terminen gibt es für Akutsituationen einen Bereitschaftsdienst. Seit 2014 kann man von der PSB per Chat beraten werden.

Gerade Letztere haben sich in der Coronapandemie besonders bewährt, ebenso wie die Unterstützung via EMail und per Telefon, da persönliche Beratungen während der Lockdowns nicht oder nur eingeschränkt wahrgenommen werden konnten. So kam die neue Form der digitalen Einzelberatung via Videotelefonie dazu. Sie soll auch in Zukunftbeibehalten werden. „Diese Kanäle verstärken die Niederschwelligkeit des bestehenden Angebots und erlauben es, dass Beratungen zeitlich und örtlich unabhängig stattfinde“, heißt es dazu aus dem Ministerium.

Franz Oberlehner, Psychologische Studierendenberatung Wien

„An die PSB wenden sich mehr als zwei Drittel Frauen“, sagt der Leiter der Wiener PSB, Franz Oberlehner. Der Großteil der Ratsuchenden, nämlich achtzig Prozent, ist zwischen zwanzig und dreißig Jahre alt. Studienbeginn und Studienabschluss sind die „heißen Phasen“ in der Beratung. Vor allem Prokrastination, also das Aufschieben, sei ein großes Thema, sagt Oberlehner: etwa bei Studienfächern wie Architektur, wo ein Abschlussprojekt auszuarbeiten ist, aber auch bei Fächern, bei denen in größeren Abständen größere Prüfungen absolviert werden müssen.

Was rät er? „Pragmatisch angehen! Wir haben ein Gruppenformat, wo ein realistischer Rahmen ausgearbeitet wird, was in welchem Zeitraum zu schaffenist – durch motivationsunabhängige Routinen.“ Also indem man etwa regelmäßig auf die Bibliothek geht, so wie in die Arbeit. „Da überlege ich ja auch nicht in der Früh, ob es mich heute freut oder nicht, sondern ich stehe auf und gehe hin.“

TITELTHEMA

BI LDUNG NA CH DER PA NDEMIE

Seiten 10–21

Über das Titelthema dieser Ausgabe, die Bildung, wird immer schon und besonders jetzt viel nachgedacht, diskutiert und geforscht, aber selten werden die gefragt, die es direkt betrifft.Die FotografinKarin Wasner hat Kinder an ihrem Schulstart in unterschiedlichen Bildungseinrichtungen getroffenund nach der Schule der Zukunftgefragt. Was sind ihre Vorstellungen und Träume? Wie sieht für sie die perfekte Schule aus? Was wünschen sie sich für ihr Leben in zehn, zwanzig Jahren? Den Moment, wenn zukünftigeErwachsene über ihre Zukunftnachdenken, hat sie mit der Kamera eingefangen.

: AUSGESUCHTE ZAHLEN ZUM THEMA

ZUSAMMENGESTELLT VON SABINE EDITH BRAUN

32

Unterrichtsstunden sieht der Lehrplan der AHS, aber auch des Polytechnikums vor. Mit Hausübungs- und Lernzeiten ist man schnell bei einer Vollzeitstelle. In der HTL (Maschinenbau) sind es mehr als 35 Unterrichtsstunden, im dritten Jahrgang sogar 39.

4.655

Volksschulen gab es 1923/24 in Österreich. Knapp 100 Jahre später (2019/20) sind es 3.014. Die meisten Hauptschulen gab es mit 1.266 im Schuljahr 1978/79. Die Zahl der BHS wuchs von 34 (1923/24) auf 354 (2019/20). Spitzenreiter ist NÖ (73), gefolgt von OÖ (62) und Wien (49).

0,3

Dioptrien schlechter wurde die durchschnittliche Sehkraft der Schs- bis Achtjährigen im Coronajahr 2020 – durch Homeschooling, viel Medienkonsum und rare Aufenthalte im Freien. Das zeigte eine Reihenuntersuchung an 123.000 chinesischen Schulkindern.

1.200

und etliche Waldorfschulen gibt es weltweit, davon 238 in Deutschland. In Österreich sind es 21. Hier haben vom ersten Abschlussjahrgang 1974/75 bis 2016 rund 4.200 Schüler*innen den Waldorfabschluss gemacht. Jährlich kommen 150 hinzu. Achtzig Prozent von ihnen legen nach der Waldorfschulzeit die Matura ab. erschien in Johann Amos Comenius’ „Sichtbarer Welt“ die Illustration eines Klassenzimmers mit kreidebeschriftter Schultafel. Die Erfindung der buten Tafelkreide wird dem Schotten James Pillans zugeschrieben: In „Elements of physical and classical geography“ (1864) preist er ihre Anwendung im Geografieuterricht.

1.468

Euro müssen Eltern für ein Schulkind im Schnitt pro Schuljahr aufbringen. or fünf Jahren waren es noch 855 Euro. Der Großteil entfällt auf Computer, Tablets und EDV. Eine armutsbetroffene Familie muss fast doppelt so viel vom Haushaltseinkommen ausgeben wie der Durchschnitt.

1658

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auf ihre didaktische Tauglichkeit geprüfte Lern Tools und -Apps für den Unterricht listet das digitale Schulportal www.schule.at auf: von der Pflanenbestimmungsapp „Flora incognita“ bis hin zum Fußballsticker-Generator für zum Beispiel Tiere oder Pflanen.

20

Prozent weniger Gedächtnisleistung durch hohe Geräuschpegel in akustisch ungünstigen Klassenräumen. Durch den Halleffekt sprechen Lehrkräfte zu lut, und die daraus folgende Unruhe bewirkt, dass noch lauter gesprochen wird: Die Geräuschbelastung steigt weiter. Da die Stimme bei normalem Sprechen einen Schalldruckpegel von 50– 55 dB(A) erzeugt, sollte der Störgeräuschpegel nur 35–40 dB(A) betragen. Tatsächlich liegt er im Unterricht meist bei 50 dB(A)).

Jonas, 9 „In der perfekten Schule würden wir nicht die ganze Zeit nur herumsitzen, sondern uns viel mehr bewegen beim Lernen. Im Schulhof gäbe es Tiergehege, bei denen wir unsere Pausen verbringen könnten. Ich möchte später einmal Bauer oder Feuerwehrmann werden. Oder beides. Da arbeitet man draußen mit Tieren und in der Natur und kann anderen Menschen helfen.“

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