panorama
Juni 2009
südtirol
www.panorama-online.com – Nr. 05/2009 – 1,80 Euro
Das monatliche Wirtschaftsmagazin
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Die Suche nach dem momentan knappsten Gut der Welt
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Ein Manager steigt aus und findet sein Glück in Burma
GEWINNER DER KRISE Es gibt sie: Unternehmen, die in Zeiten von Rezession und Kurzarbeit Erfolge vermelden. Wir zeigen, wer sie sind und wie sie der Krise trotzen
INHALT
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News & Trends
EDITORIAL
Titel 12
Die Gewinner der Krise Es gibt sie: Unternehmen, die auch in Krisenzeiten gute Geschäfte machen und ihre Umsätze steigern. Südtirol Panorama hat sich auf die Suche nach ihnen gemacht und zeigt mit welchen Konzepten sie der Krise trotzen.
Unternehmer & Märkte 08 Der Kosmopolit Im Interview spricht Ulrich Wickert, der ehemalige Moderator der ARD-„Tagesthemen“, über die Gefahren der Ökonomisierung und mangelnde Moral von Managern.
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Ende der Krise in Sicht? Die Aktienmärkte erholen sich, der Autoabsatz steigt dank Abwrackprämie. Professor Kurt Matzler erklärt, ob diese Hoffnungsschimmer das ersehnte Ende der Krise bringen können.
24 Aussteiger für die Ärmsten Wie Midlife-Crisis und Trauer den Manager Benno Röggla zu den verfolgten Minderheiten nach Burma geführt haben.
Spezial Mobilität 34 Die Zukunft auf vier Rädern Die Autoindustrie steht mit den eingebrochenen Absatzzahlen und der möglichen Insolvenz von General Motors vor der größten Herausforderung ihrer Geschichte. Wir klären in 10 Fragen die Zukunft des privaten Autoverkehrs.
42 Logistik als Chance Wie in den Unternehmen eine effiziente Logistik über die Attraktivität des Marktes entscheiden kann. Ein Gastkommentar von Professor Dominik Matt.
44 Faszination Mond In den meisten Weltraummissionen steckt eine Idee des Latschers Manfred Fuchs. Nun stellt er die Bewohnung des Mondes in den Mittelpunkt seiner Entwicklungen.
Geld & Finanzen 48 Luxusgut Eigenkapital Lange galt es als konservativ, heute ist Eigenkapital der Rettungsanker von Unternehmen. Über die Suche nach Großaktionären und alternativen Finanzierungsformen.
Luxus & Lifestyle 52 Risiko total Der Meraner Unternehmer setzt auf Risiko und investiert in Fisker Karma, den PS-starken Sportwagen mit Elektroantrieb.
Sommermärchen? Die Zuversicht ist groß. Die ersten Ökonomen sprechen vom Ende der Krise. Erstmals nach zwei turbulenten Jahren an den Finanzmärkten schreiben europäische und amerikanische Banken wie Goldman Sachs, JP Morgan oder die Deutsche Bank wieder Gewinne. Zeitgleich schießen die Aktienkurse in die Höhe und die Europäische Zentralbank hat die Leitzinsen auf ein historisches Tief von 1,0 Prozent gesenkt. Der amerikanische Leitindex Dow Jones schaffte in den letzten drei Monaten einen Gewinn von 30 Prozent. Während die Broker der Wall Street in New York nach Monaten der Trübsal endlich wieder ein Lächeln im Gesicht haben, ermittelt das Mannheimer Institut für Europäische Wirtschaftsforschung bei Analysten und Investoren die größte Konjunkturzuversicht seit drei Jahren. Liest man diese Daten, so deutet eigentlich alles auf einen Aufschwung und auf ein Sommermärchen hin. Aber ist das Schlimmste tatsächlich bereits überstanden? Oder steht uns noch ein „Armageddon“ bevor? Aufklärung dieser Fragen gibt Wirtschaftsprofessor Kurt Matzler in seinem Gastkommentar ab Seite 21. Er zeigt sieben Gründe auf, warum diese Krise anders ist und warum wir uns davon nur sehr langsam erholen werden. Obwohl die Kurserholung noch ein ungedeckter Scheck ist, die Rezession in Amerika unzählige Unternehmen in die Insolvenz treibt und die Arbeitlosenrate weltweit steigt, gibt es auch Gewinner. Unsere Autorin Edit Meraner hat sich in der Titelgeschichte auf die Suche nach ihnen begeben und zeigt auf, warum bestimmte Branchen der Krise trotzen. Lesen Sie von fünf Erfolgsgeschichten, die uns Mut zur Hoffnung geben – für einen Sommer voller Optimismus!
55 Up to Date Open-Air-Feeling mit den neuesten Cabrios | Travel-Insidertipp München
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Portfolio: Der indische Sensex Finanzkommentar: Neue Leasing-Konditionen Finanzkolumne: Viele Maßnahmen – viele Hürden Termine des Monats Event des Monats: Alpitecture Was macht eigentlich … … Roland Riz?
Verena Pliger
Impressum Erscheinungstermin: 5. Juni 2009 Projektleitung: Verena Pliger Verantwortlicher Direktor: Kurt W. Zimmermann Autoren: Ariane Löbert, Dominik Matt, Kurt Matzler, Edit R. Meraner, Melanie Ockert Korrektur: Claudia Savelli Rückmeldungen an die Redaktion: panorama@ff-bz.com Grafik und Produktionsleitung: Ralf Kohler Marketing und Verkaufsleitung: Michael Disertori Herausgeber: ff-Media GmbH Bozen – Eintrag. Lg. Bozen 20/98 R.P. vom 7.10.98 Südtirol Panorama: Brennerstraße 7a, 39100 Bozen, Tel. 0471 30 45 48, Fax 30 45 11, www.panorama-online.com, panorama@ ff-bz.com Druck: Kärntner Druckerei, Klagenfurt (A) Gesamtauflage: 26.000 Stück
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NEWS & TRENDS
Foto: Museion
Im Moment läuft im Museion unter anderem die Ausstellung des britischen Kunststars Simon Starling. Im Bild die „Inverted funicular bridge“, eine umgekehrte und begehbare Hängebrücke
Optimismus zum einjährigen Geburtstag Es war ein turbulentes erstes Jahr: Nicht nur einmal musste Museion-Präsident Alois Lageder im vergangenen Jahr Rede und Antwort stehen: erst der Skandal um den Kippenberger-Frosch, dann das von Corinne Diserens um
rund eine Million Euro überzogene Budget und schließlich ihr Rauswurf und ihr plötzliches Untertauchen. Der Frosch wurde weltweit in 500 Zeitungsartikeln thematisiert. Jetzt bemüht man sich unter der neuen Direktion
Letizia Ragaglia um einen Neuanfang und um Schadensbegrenzung. Das Schlimmste konnte vorerst abgewendet werden: Das von Corinne Diserens um rund eine Million Euro überzogene Budget konnte von der neuen Muse-
umsdirektion bis Jahresende auf einen Verlust von 457.700 Euro reduziert werden. Insgesamt beliefen sich die Kosten für die Ausstellungen auf 1.515.000 Euro. Diese haben sich im ersten Jahr etwa 52.000 Besucher angesehen.
Für Simonetta Carbonaro kann Authentizität den entscheidenden Impuls für einen gut funktionierenden Tourismus geben
so Carbonaro, die sich selbst mit einem leichten Augenzwinkern „Kassandra der Authentizität“ nennt. Fakt ist, dass Authentiziät im Tourismus einen immer höheren Stellenwert einnimmt: „Konsumenten sehnen sich nach Authentizität, weil die Konsumgüterindustrie Traumfabriken erzeugt hat, bei denen nicht mehr die realen Bedürfnisse der Kunden im Mittelpunkt stehen. Eine Welt, die nur vortäuscht, dass sich alles um unsere Wünsche dreht, erzeugt das Gefühl von Einsamkeit“, so die gebürtige Mailänderin.
Die Kunden brauchen eine Orientierung: Sie sehnen sich nach realen Produkten, nach Werten und nicht nach immateriellen Symbolen. Simonetta Carbonaro, Expertin für Konsumpsychologie, meint auf dem diesjährigen SMG-Forum im Bozner Waltherhaus, dass es die Authenzität ist, nach der sie sich sehnen. Sie könne den entscheidenden Impuls für einen gut funktionierenden Tourismus geben. „Die Chance der Unternehmen liegt darin, diese Sehnsucht zu erkennen und in der Produktentwicklung und im Marketing darauf zu setzen“,
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Foto: SMG
Mehr Authentizität für mehr Glaubwürdigkeit
KARRIERESPRUNG
In Südtirol …
Bachelor-Master-Reform zeigt Wirkung
ELAN FÜR DIE BAUWIRTSCHAFT
2001
2008
172.000
293.000
Präsident des Kollegiums der Bauunternehmer
9,5
40
Absolventen unter 23 Jahren
0
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Prozentsatz der Frauen
57,2
60,1
46,4
51,3
9,88
21,5
Mit Christian Egartners Entscheid für den Südtiroler Landtag zu kandidieren, wurde das Kollegium der Bauunternehmen nur für knapp ein Jahr von Alex Rella interimsmäßig geführt. Nun hat der Verband einen neuen Präsidenten: Es ist dies der 37-jährige Thomas Ausserhofer aus Sand in Taufers. Er führt zusammen mit seinem Bruder Christoph das Familienunternehmen Union Bau und hat es mit einem Umsatz von 51 Millionen Euro in den letzten Jahren zu einem der renommiertesten Betriebe Südtirols gemacht. Das Generalbauunternehmen mit 135 Mitarbeitern tätigt den Großteil seines Umsatzes in Norditalien. „Was nützen uns in der Bauwirtschaft große Umsatzzahlen, wenn kaum oder gar keine Renditen gegeben sind“, meint Thomas Ausserhofer. Er weiß also, wo Handlungsbedarf besteht: „Wir leisten etwas und sind keine Verbetonierer, wie man oft versucht, uns zu unterstellen“. Ausserhofer hat bereits in der Vergangenheit Erfahrung im Kollegium gesammelt. In den letzten sechs Jahren hatte er hier das Amt des Rechnungsprüfers inne. Von 2004 bis 2007 war der Pusterer zudem Präsident der Südtiroler Jungunternehmer.
Anzahl Universitätsabsolventen Prozentsatz der Absolventen innerhalb der vorgeschriebenen Studienzeit
Prozentsatz der Absolventen, die in der Provinz ihres Wohnortes studierten Spätimmatrikulationen
Das italienische Universitätssystem hat die letzten Jahre extrem an Attraktivität gewonnen: Die Anzahl der Absolventen hat sich um insgesamt 70 Prozent erhöht
… und anderswo
Foto: stock.xchng / a51media
Italiens Universitäten haben die letzten sieben Jahre einen Höhenflug hingelegt: Insgesamt ist die Zahl der Absolventen der 53 Universitäten Italiens im letzten Jahr auf 239.000 angestiegen. Im Vergleich: Im Jahre 2001 waren es gerade mal 172.000. Vor allem aber ist seit 2001 die Zahl der Studenten gesunken, welche die vorgeschriebene Studienzeit überschritten haben. Haben im Jahre 2001 noch neun von zehn Absolventen ihre Studienzeit nicht eingehalten, sind es im Jahre 2008 rund 40 Prozent weniger. Sind diese exzellenten Ergebnisse bereits das Resultat des Bachelor-MasterSystems, das Italien 2008 als einer der ersten EU-Staaten umgesetzt hat? „Man muss sagen, dass wir mit Einführung der Reform auf einem
THOMAS AUSSERHOFER ist
AUFBAUARBEIT IM LUXUSSEGMENT NORBERT LUTTERI
ist Chief Sales and Site Manager von Porsche in Mailand sehr niedrigen Niveau gestarten sind und dass es immer noch große Unterschiede zwischen den einzelnen Fakultäten gibt“, meint Andrea Cammelli, Präsident von AlmaLaurea, gegenüber dem Wirtschaftsblatt Il Sole 24 Ore. Am schnellsten übrigens schließen die Medizinstudenten ihr Studium ab, gefolgt von den Studenten der Politikwissenschaften. Weit abgeschlagen sind die Studierenden der Rechtswissenschaften. Hier schließt nur einer von vier Studenten in der vorgeschriebenen Zeit ab. Gestiegen ist jedenfalls die Anzahl der berufstätigen Studenten. 21 Prozent der gesamten Studierenden schreiben sich erst dann an einer Universität ein, wenn sie bereits seit zwei oder mehr Jahren berufstätig sind.
Von Null auf Platz 1: Vor 14 Jahren begann Norbert Lutteri zusammen mit Martin Widmann den PorscheKonzessionär Auto Carrera in Südtirol aufzubauen. Damals hätten sich die beiden nicht träumen lassen, dass Südtirol irgendwann mal neben Mailand Italiens höchste PorscheDichte haben wird. Auf 450.000 Einwohner gibt es heute in Südtirol insgesamt 650 Porsche. Nach seinem Abschied von Bozen ist der gebürtige Brixner nun zum Chief Sales and Site Manager von Porsche in Mailand ernannt worden. Als solcher steht er nicht nur dem Bereich Verkauf sondern auch den Bereichen Marketing und Organisation als Direktor vor. „Seitens Porsche Italien war man der Meinung, dass die Möglichkeiten derzeit bei Weitem noch nicht ausgeschöpft seien und es neuen Schwung brauche. Nun soll Porsche Mailand mit einer weiteren Filiale komplett umstrukturiert werden“, sagt Lutteri. Angesichts der Krise wird es für Lutteri kein leichter Start. „Porsche ist derzeit gut aufgestellt. Der neue Panamera ist für Mailand sicher optimal, Boxster und Cayman kommen mit neuen Modellen auf den Markt und der 911er und Cayenne haben nach wie vor sehr gute Absatzzahlen“, so Lutteri.
KURZ NACHGEFRAGT
Foto: LVH
Bettina Daser
NEWS & TRENDS
Take a seat Eine Klasse 15-Jähriger setzt Akzente am Designmarkt: Mit ihren Stuhlkreationen aus Recyclingmaterialien bringen sie Form und Komfort in Einklang.
In Bozen referierte Bettina Daser auf Einladung des LVH zum Thema „Weibliche Unternehmensnachfolge“ SÜDTIROL PANORAMA: Werden Töchter in der Unternehmensnachfolge immer noch übergangen? BETTINA DASER: Ja, obwohl sie für eine Übernahme sehr gut qualifiziert wären, oftmals sogar besser als ihre Brüder. Aber Eltern haben für ihre Kinder mehr oder minder bewusst bestimmte Lebensentwürfe im Kopf. Für ihre Töchter wünschen sie sich die Gründung einer Familie, die sie noch immer als unvereinbar mit der Nachfolge im Betrieb sehen. Warum trauen gerade Väter ihren Töchtern die Unternehmensnachfolge oft noch nicht zu?
Oft ist es so, dass Väter ihren Töchtern den steinigen Weg, den sie gehen mussten, und die oftmals harte Geschäftswelt ersparen wollen. Hinzu kommt, dass Töchter seltener als Söhne die Position als Nachfolgerin für sich einfordern. Deshalb kommen Töchter oft erst dann als Nachfolgerin in Betracht, wenn Not am Mann ist: wenn der Vater krank wird, sich der Bruder als ungeeignet erweist oder der Betrieb in eine Krise gerät. Als Ausnahme gelten sogenannte Vatertöchter, die aufgrund ihrer engen Bindung zum Vater schon sehr früh am betrieblichen Geschehen teilhaben und in Entscheidungen einbezogen werden.
Ja, denn Frauen fürchten in Familienbetrieben oft, dass sie den Erwartungen der Familie nicht gerecht werden könnten. Söhne sorgen sich darum weniger und kämpfen offensiv um die Durchsetzung ihrer Interessen. Außerhalb der eigenen Familie haben dieselben Frauen jedoch keine Schwierigkeiten sich durchzusetzen. Deshalb fällt ihnen die Gründung eines eigenen Unternehmens leichter. Gründen sie selbst, gefährden sie die Harmonie in der Familie nicht, was vielen Frauen wichtig ist.
Fotos: Alexander Alber
Fällt es Frauen oft leichter, ein eigenes Unternehmen zu gründen, als in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten?
NEWS & TRENDS
O
ut there. Architecture beyond Building – das war das Motto der Architekturbiennale im vergangenen Herbst in Venedig. Kurator Aaron Betsky wollte damit eine Warnung aussprechen: „Damit der Mensch nicht zugrunde geht, muss er anders bauen. Jedes Haus soll in Zukunft als kleines Kraftwerk funktionieren und mit Hilfe von Sonne, Wind oder Abfall Energie gewinnen. Die Energie wird also demokratisiert, ihre Verteilung dezentralisiert und ihr Verbrauch besser kontrolliert.“ Ein Plädoyer also für eine saubere Zukunft. Die Schüler der 2A der Oberschule für Geometer „Peter Anich“ in Bo-
zen haben sich bereits jetzt an diese Umsetzung gemacht: mit sauberem Design und einer nachhaltigen Innenausstattung. Mit dem Projekt „Sitzenbleiben“ haben die Schüler bewiesen, dass Abfall nicht immer Müll sein muss, sondern durchaus auch ästhetisch sein kann. Ob Stahlabfälle, Holz, Plastikflaschen, Reifen oder Kunststoffreste, sie schafften aus diesen Recycling- und Abfallprodukten einzigartige Stuhlkreationen. „Auch wenn mancher Stuhl abenteuerlich aussieht, jeder hat die Sitzprobe überstanden“, sagt Projektleiter Norbert Nössing. Manchmal ist „Sitzenbleiben“ eben doch nicht so schlecht.
Nicht kleckern, klotzen! Das hat sich Kepi Xhersina gedacht, als sie vom Recyclinghof einen alten Puppenstuhl mitnahm, um ihm mit zwei Farbkübeldeckel eine Lehne und mit Aluminiumpapier eine silberne Farbe zu verpassen (links im Bild) Auf dem Holzsitz: Wie eine Skulptur von Vallazza wirkt dieser Holzstuhl von Patrick Dorfmann und Georg Freissinger. Er überzeugt durch seine unbehandelte Oberfläche mit auffälliger Maserung (oben im Bild) Exzentrischer Freischwinger: Organische Formen haben Manuel Graf zu diesem Stuhl aus Metall und einem alten Reifen inspiriert. Das Metall verleiht dem Stuhl die notwendige Stehkraft, der Reifen macht ihn zu einem gemütlichen Freischwinger (rechts im Bild)
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UNTERNEHMER & MÄRKTE
Foto: Alexander Alber
15 Jahre lang hat Ulrich Wickert die „Tagesthemen“ in der ARD moderiert. Heute ist er Autor von politisch-moralischen Werken und Kriminalromanen
„Ich bin kein Moralist“ Gute Manieren sind für ihn eine Sache des Respekts. Unehrlichkeit eine Sache, die sich nicht auszahlt. Moralprediger ist Ulrich Wickert deshalb noch lange keiner. Im Interview mit Südtirol Panorama spricht der ehemalige Moderator der ARD- „Tagesthemen“ über die Gefahren der Ökonomisierung der Gesellschaft und die Vorzüge von mittelständischen Unternehmen. 8
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SÜDTIROL PANORAMA: Sie sind Autor mehrerer politisch-moralischer Werke. Ist Ulrich Wickert ein Moralprediger? ULRICH WICKERT: Wer meine Bücher
kennt, weiß, dass ich mich nicht mit der Ethik als philosophisches Element befasse. Ich analysiere lediglich, warum es Probleme in der Gesellschaft gibt. Der Fall Zumwinkel und die hohen Managergehälter lassen Firmenchefs derzeit nicht im besten Licht dastehen. Gibt es heute weniger Moral in der Wirtschaft als noch vor 15 Jahren?
Vor 15 Jahren war Bestechen ganz einfach noch erlaubt. Man konnte Bestechungsgelder von der Steuer absetzen. Das heißt, vor 15 Jahren haben die Leute dasselbe getan wie heute, nur damals durften sie es, heute nicht mehr. Haben Manager jeden Bezug zu Ethik, Moral und Anständigkeit verloren?
Bei manchen Managern gilt die Ansicht, Ethik habe in ihrem Unternehmen nichts verloren. So hat dann auch die Gemeinschaft Schaden genommen, weil eine Reihe von Leuten nicht ihrer Verantwortung nachgekommen sind. Sie haben rein ökonomisch und egoistisch gehandelt, nur in den Kategorien Renditen und Boni. Kommt die Moral bei der Jagd nach Profit unter die Räder?
Ja, denn wir haben ganz einfach das ethische Denken zurück und das ökonomische Denken in den Vordergrund gestellt – nicht nur in der Wirtschaft sondern im gesamten Gesellschaftsbereich. Sogar Symbole der nationalen Identität
Der Kosmopolit Ulrich Wickert. In Tokio ist er geboren, in Paris und Heidelberg aufgewachsen, in Bonn und den USA hat er studiert: Ulrich Wickert ist bereits vor seiner Karriere bei der ARD viel herumgekommen. Für 13 Jahre war er Auslandskorrespondent in Washington, New York und Paris und übernahm dann im Jahre 1991 die Nachrichtensendung „Tagesthemen“, das Aushängeschild der ARD. 2006 verabschiedete sich Ulrich Wickert wie jeden Abend mit den Worten „Ich wünsche Ihnen eine geruhsame Nacht“. Seither macht er sich einen Namen als politisch engagierter Publizist und Krimibuchautor. Im November 2005 wurde er wegen seiner Verdienste um die deutsch-französischen Beziehungen zum Offizier der Ehrenlegion ernannt.
sollten der Ökonomie zum Opfer fallen. Ein Beispiel: In Deutschland wollte der ehemalige Finanzminister Hans Eichel mit Zustimmung von Kanzler Schröder den Staatsfeiertag, also den 3. Oktober, abschaffen. Er erhoffte sich mit diesem Tag Mehrarbeit eine Steigerung des Bruttosozialprodukts.
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„Ich bin mir sicher, dass Klaus Zumwinkel es heute bereut, dass er damals nicht ehrlich war.“ Ulrich Wickert
In Krisenzeiten spricht jeder Manager von Respekt und Wertschätzung. In der Realität sind das oft nur Floskeln. Kann Moral ein Wettbewerbsfaktor sein?
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Man darf eines nicht vergessen: Nicht alle Manager verhalten sich fehlerhaft. Ich kenne genügend eigentümergeführte Unternehmen, die sehr wohl ethisch geleitet werden. Unternehmer, die nicht nur in der Kategorie Rendite denken, sondern auch an ihre Mitarbeiter und ihre soziale Verantwortung.
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Haben mittelständische Unternehmen hier also einen Wettbewerbsfaktor?
Ich denke schon. Sie haben dem Denken der Investmentbanker etwas voraus: Sie denken langfristiger und nicht nur in Quartalszahlen und in Renditen. Sie denken fünf oder zehn Jahre voraus.
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Im Moment zeigen alle mit dem Finger auf die gierigen Manager und rufen nach der Politik als Regulator. Kann die Politik überhaupt etwas ausrichten?
Ja, sie kann politische Kontrollmechanismen einführen, um zu überprüfen ob jeder seiner Verantwortung nachkommt. Wir haben zum Beispiel seit Jahren eine Börsenaufsicht für Aktien und eine Bankenaufsicht, aber noch immer keine Aufsicht für Hedgefonds: Dort wäre eine Aufsicht am sinnvollsten, da Hedge-
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UNTERNEHMER & MÄRKTE
UNTERNEHMER & MÄRKTE fonds-Manager besonders gefährlich agieren. Mit dem G-20-Treffen in London haben die Finanzminister aber bereits eine gute Grundlage dafür geschaffen. Welche Regulatoren würden Sie sich von der Politik wünschen?
wieder an die nächste. Wenn man an einem Buch arbeitet, dann arbeitet man zwei Jahre oder mehr daran. Insofern erfüllt mich das Schreiben heute gleichermaßen wie damals die Tagesthemen. Im Moment schreibe ich an meinem vierten Krimi. Wie intensiv verfolgen Sie die Arbeit Ihres Nachfolgers Tom Burow bei den „Tagesthemen“?
Als Tom den Job übernommen hat, hat er mich gefragt, ob ich ihm einen Rat geben kann. Ich sagte: ‚Spiel nicht den
Fotos: Alexander Alber
Am wichtigsten wäre es, eine sehr viel höhere Eigenkapitalquote vorzuschreiben, damit jene, die Mist machen, nicht ungeschoren davonkommen. Denn der Mensch ist ja ein ziemlich einfältiges Tier. In dem Moment, wo ein Tier Angst
wöhnliches sind. Als ich nach 14 Jahren Auslandskorrespondent nach Deutschland zurückgekommen bin, habe ich den Frauen immer die Tür aufgehalten. Als ich nach 15 Jahren ging, gab es tatsächlich Männer, die mir das nachgemacht haben. Manieren bedeuten aber in jedem Land etwas anderes. Als Jacques Chirac zum ersten Mal mit der neu gewählten deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammentreffen sollte, war das für Chirac und seine Berater ein einziges Rätsel. Wie sollte man mit Merkel umgehen? Chirac schlug vor, ihr einen Hand-
Ulrich Wickert beim Interview vor seinem Gastvortrag beim Anlegersymposium des Raiffeisen InvestmentClubs im Kurhaus Meran
vor Nachteilen hat, wird es vorsichtig. Genauso funktioniert der Mensch. Aber solange es keine klaren Spielregeln gibt, wird der Ehrliche immer der Dumme bleiben?
Der Ehrliche hat tatsächlich manchmal das Gefühl, er sei der Dumme, wenn er sieht, wie die anderen Leute betrügen. Aber am Ende wird sich der Ehrliche immer besser fühlen. Denn auch Unehrliche merken irgendwann, dass sie ihr Geld nicht mit ins Grab nehmen können. Ich bin mir sicher, dass Klaus Zumwinkel es heute bereut, dass er damals nicht ehrlich war. Denn es gibt nichts Schlimmeres als die soziale Ächtung, von der man sich auch mit Geld nicht freikaufen kann. In Ihrem Buch „Gauner muss man Gauner nennen“ meinen Sie, dass Manieren eine Frage des Respekts sind. Was machen für Sie gute Manieren aus?
Sie erzeugen vor allem ein angenehmes menschliches Zusammenleben. Ich musste aber auch erst im Ausland lernen, dass gute Manieren nichts Außerge-
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kuss zu geben. Die Berater waren entrüstet und sagten: ‚Bloß das nicht, dann meint man, Sie seien ein altertümlicher Opa.‘ Als Merkel kam, hat er ihr tatsächlich einen Handkuss gegeben – und die Welt hat gejubelt. Chirac hat aus dem Bauch heraus gehandelt und Merkel damit gezeigt, dass er sie auch als Frau achtet. Wunderbar! Was nutzt es, wenn ein Unternehmer zwar gut gekleidet ist und den Damen die Türen aufhält, am Ende aber trotz Gewinne Mitarbeiter entlässt?
Gute Manieren haben nichts mit Ethik zu tun. Gute Manieren haben mit Respekt für den anderen zu tun. Gute Manieren sind für mich aber eine Vorstufe zu ethischem Verhalten. Geht Ihnen von Ihrer Arbeit als Moderator denn gar nichts ab?
Nein, nicht einen Tag. Wenn man etwas 15 Jahre lang gemacht hat, dann ist es schön, wenn man jetzt noch etwas anderes machen darf. Das Fernsehen ist ja ein sehr flüchtiges Medium, ist eine Sendung vorbei, dann denkt man gleich
Moderator, sondern sei wie Du bist.‘ Tom Burow ist so. Ich finde er macht es völlig entspannt, locker und gut. Er ist einfach er selbst. Weil er auch von Anfang an gesagt hat, er wird Ihren berühmten Spruch ,Ich wünsche Ihnen eine geruhsame Nacht‘ nicht übernehmen?
Dann wäre er nicht mehr er selbst. Der Spruch ist im Laufe der Zeit gewachsen und gehörte 13 Jahre zu meinen Sendungen. Entstanden ist er, weil ich einen Zuschauerbrief erhalten habe, in dem ein Zuschauer bemängelte, dass es im Fernsehen niemanden mehr gebe, der eine gute Nacht wünscht. Ich vermutete, dass dies mehrere Zuschauer so empfanden. Dann habe ich mir diesen Spruch zurechtgelegt. Als ich mit dem Spruch ein paar Sendungen hintereinander beendet habe, hat man mich in der Redaktion ganz entsetzt gefragt: ‚Kommt das jetzt jeden Abend?‘ Als ich ihn dann aber mal nicht gesagt habe, hat man mich sofort gelöchert, was denn heute ◀ mit mir los sei. VERENA PLIGER
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UNTERNEHMER & MÄRKTE
Durch Bearbeitung von Nischenmärkten, ehrliche und authentische Kundenbetreuung und Aufbau mehrerer Standbeine können Unternehmen auch in Krisenzeiten zu Gewinnern werden
Lichtblicke in der Krise Es gibt sie: Unternehmen, die in Zeiten von Rezession, Kurzarbeit und Konjunkturpaketen Erfolge vermelden. Südtirol Panorama hat sich auf die Suche nach ihnen gemacht und zeigt, wer sie sind und TEXT: EDIT R. MERANER FOTOS: ALEXANDER ALBER mit welchen Erfolgskonzepten sie der Wirtschaftskrise trotzen.
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chnell sind einige Unternehmen aufgezählt, die in der Krise stecken und Umsatzeinbußen hinnehmen mussten. Die Unternehmen Röchling, GNK Driveline oder Mössmer mussten Kurzarbeit einführen, Hoppe erste Entlassungen aussprechen und vom Imperium Franz Stafflers ist die Centralauto abgebröckelt und musste geschlossen werden.
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Es sind aber nicht nur diese großen Südtiroler Unternehmen, die im Zuge der Weltfinanzkrise schwere Umsatzeinbußen hinnehmen mussten. Auch kleine und mittelständische Unternehmen kämpfen ums Überleben. Viele haben in den letzten Jahren zu große Hallen gebaut, die nur zum Teil genutzt werden und haben deshalb viel Kapital gebunden, das keine Rendite bringt. Andere
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haben ihre prall gefüllten Kriegskassen allzu schnell geleert und haben eine zu geringe Eigenkapitalausstattung, um neue Investitionen zu tätigen und neue Märkte zu erschließen. Das ist gerade im jetzigen Prozess des Umdenkens der Banken gefährlich, die jahrelang bei der Besicherung von Krediten ihren Schwerpunkt auf den Wert der Immobilien gelegt haben. Jetzt steht neben der Rückzahlungsfähigkeit der Kredite auch die Eigenkapitalausstattung im Vordergrund. Ein Umdenken, das notwendig ist, aber im falschen Moment beginnt. EINER GEWINNT IMMER. Professor Kurt Matzler kündigt es
in seinem Gastkommentar ab Seite 21 an: „Diese Krise ist anders.“ Auch die etablierten und bis dato scheinbar soliden Unternehmen werden diesmal überproportional getroffen: vom Investmentbanker bis zum Oligarchen, vom Aktionär bis zum Kunstauktionator. Weltweit sind sie alle von dramatischen Rückschlägen erfasst worden. Doch inmitten dieser Negativschlagzeilen und der täglichen Horrormeldungen rund um Insolvenz und Lohnausgleich, hört man immer häufiger von Überraschungsgeschichten positiver Natur. Sie kommen als Branchen, die keine Angst vor Krisenjahren haben und von Unternehmen, die ihren Umsatz in den letzten Monaten konstant halten oder sogar ausbauen konnten. Es gibt sie also noch: Die Unternehmen in Südtirol, die optimistisch in die Zukunft blicken und die trotz Wirtschaftskrise gute Geschäfte machen. Südtirol Panorama hat sich auf die Suche nach ihnen begeben, um herauszufinden, mit welchen Konzepten und Ideen sie der Wirtschaftskrise entgegentreten. Die Suche nach diesen Unternehmen hat sich quer durch alle Branchen und Märkte gezogen: vom international tätigen Industrieunternehmen bis hin zum Kleinstunternehmen. Fünf von ihnen werden wir exemplarisch auf den folgenden Seiten dieser Ausgabe vorstellen. NISCHEN HABEN POTENZIAL. Unternehmerisches Handeln
bedeutet für diese fünf ausgewählten Unternehmer nicht, dem großen Trend hinterherzulaufen, sondern den Einstieg in ungewöhnliche Geschäftsfelder zu wagen. Es zeigt sich, dass die Bearbeitung von Nischenmärkten, die andere Unternehmen aufgrund des relativ niedrigen Umsatzes außer Acht lassen, mit einer kleinen bis mittleren Betriebsstruktur ein gutes Überleben sichern kann. Erfolgsfaktor ist aber auch, ein stimmiges Konzept zu haben und höchste Qualität zu einem ausgewogenen Preisverhältnis zu bieten. Dieses Konzept, so sind sich die befragten Unternehmer einig, funktioniert aber nur, wenn es mit Ehrlichkeit und Authentizität verbunden wird. Zusammenfassend kann man sagen, dass vor allem der Aufbau mehrerer Standbeine die fünf Unternehmer zu Gewinnern der Krise macht. Damit können den einzelnen Kunden je nach Nachfrage unterschiedliche Produkte und Dienstleistungen angeboten werden. NUR KEIN MAINSTREAM. Die heute erfolgreichen Unterneh-
men verbindet der Aufbau einer Unique Selling Proposition. Sie verlassen sich nicht nur auf das Bewährte und suchen frühzeitig nach neuen Trends, sondern begeben sich flexibel dorthin, wo Kunden sind und entsprechen ihren Wünschen schnell und unbürokratisch. Ehrliche und zweckmäßige Kundenbetreuung steht bei ihnen also im Vordergrund. Dies alles mag einfach klingen. Zu einfach vielleicht, aber jeder von ihnen weiß, dass die Umsetzung extrem schwierig ist. ▶
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Wintertourismus
ROMANTIKHOTEL TURM, VÖLS Wenn Südtiroler in seinem Hotel Urlaub machen, fühlt sich Stefan Pramstrahler, der in der dritten Generation das Romantik Hotel Turm in Völs und den Grottnerhof führt, besonders geschmeichelt. Sie sind nicht nur anspruchsvoll, sondern machen derzeit auch den größten Umsatzzuwachs aus. Die Gäste kommen vor allem durch Mundpropaganda. Das Erfolgsrezept der beiden Häuser baut auf ein ausgewogenes Preis-LeistungVerhältnis auf. „Wer im Hochpreissegment tätig ist, muss viel bieten, ansonsten kann man kein ausgewogenes Preis-LeistungVerhältnis erreichen. In den zwei Suiten des Grottnerhofs stehen unseren Gästen etwa Butler zur Seite“, so der Hausherr. In diese Philosophie passt auch die individuelle Gästebetreuung: Der Völser Hotelier begleitet seine Gäste auf Hüttentrekkingtouren und lehrt ihnen auf den Hütten das Kochen mit biologischen und heimischen Produkten. Von Alpenkitsch keine Spur: In den Zimmern stehen Möbel von Roberto Cavalli und Philipp Stark. An den Wänden hängen Kunstwerke von Klimt, Dalí und Picasso. „Ich liebe es, die alten Gemäuer aus dem 13. Jahrhundert mit modernem Design und einheimischen Hölzern aus Lärche oder Nuss zu verbinden “, sagt Stefan Pramstrahler, der zusammen mit 40 Mitarbeitern beide Häuser führt. Den Authentizitätsanspruch führt er auch im Wellnessbereich fort: „Während andere auf indische Ayurveda-Massagen setzen, bieten wir Massagen mit heimischer Arnika oder Äpfeln“, so der Hotelier. 14
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Die Südtiroler Touristiker sprechen von einer fantastischen Wintersaison. Vergleicht man aber die Wifo/Astat-Daten der Nächtigungen im Zeitraum vom November 2008 bis März 2009 mit jenen des Jahres davor, so ist ein Rückgang von 7,1 Prozent erkennbar. Und das trotz der guten Schneeverhältnisse. Für SMG-Direktor Christoph Engl können diese Daten nicht als relevant herangezogen werden, denn ein Resümee über die Wintersaison könne erst mit Einbeziehung der April-Nächtigungen inklusive Ostern gezogen werden (diese Daten liegen bei Redaktionsschluss noch nicht vor). Ein Sieger steht aber auch ohne endgültige Daten bereits jetzt fest: Es sind die Hotels der Luxusklasse, sprich die 4- und 5-Sterne-Hotels, die von November bis März einen Umsatzzuwachs von 1,9 Prozent hatten.
Stefan Pramstahler vom Hotel Turm in Völs setzt auf individuelle Gästebetreuung: Dazu gehört Butlerservice genauso wie gemeinsame Hüttentrekkingtouren
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Innenausbau
ERLACHER INNENAUSBAU, BARBIAN Es ist die Flexibilität, die Qualität und die breit gefächerte Orientierung, die das Innenausbauunternehmen aus Barbian auch in Krisenzeiten gut dastehen lassen. „Mit unseren Einzelanfertigungen können wir uns von den Serienherstellern klar abheben und auf die Bedürfnisse der Kunden individuell eingehen. Wir sind sehr breit aufgestellt, damit können wir heute ein Projekt für einen Privaten, morgen eines für ein Hotel und übermorgen für eine Firma übernehmen“, so Toni Erlacher, der das Unternehmen Erlacher Innenausbau zusammen mit seinem 28-jährigen Sohn Thomas als Familienbetrieb führt. Lag der Umsatz 2007 noch bei 3,8 Millionen Euro, konnte er 2008 auf 5 Millionen Euro gesteigert werden. Vor allem die letzten Jahre hat das Handwerksunternehmen mit der Realisierung von mehreren internationalen Hotelprojekten wie das „Le Meridien Hotel Etoile“ in Paris für Furore gesorgt. Referenzprojekte mit denen sie sich europaweit einen Namen in der gehobenen Hotellerie gemacht haben. Im Moment arbeiten sie unter anderem an der „Edelweiss Residence“ von Stararchitekt Matteo Thun und am „Hotel Mövenpick“ in Genf. Voraussetzung dafür war eine über Jahrzehnte andauernde kontinuierliche Investition in die technische Ausstattung, die dem neuesten Stand entspricht und leicht umrüstbar ist. „Ohne diese Investitionen könnten wir uns nur schwierig an die sich verändernden Marktverhältnisse anpassen und mit der Konkurrenz aus Frankreich, Schweiz und Österreich mithalten“, so Erlacher. 16
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Trotz eines Umsatzrückgangs in Italien von 1,7 Prozent (laut Confartigianato) im Jahre 2008 sind die Aussichten für die Bereiche Holzverarbeitung und Möbel in Südtirol relativ gut. Zum einen fängt die Altbausanierung die rückläufige Neubautätigkeit auf, zum anderen können bei Wohnungssanierungen Möbelkäufe im Wert von 10.000 Euro von der Steuer abgesetzt werden. „Wenn die Menschen mehr Unsicherheit verspüren, investieren sie mehr in das eigene Heim“, meint Kurt Egger, Obmann der Tischler im LVH. In Fachkreisen ist hier vom „Cocooning“, dem Rückzug in den Kokon, die Rede. Man geht weniger aus, kümmert sich aber dafür mehr um das Zuhause und macht es sich dort gemütlich.
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Toni Erlacher von „Erlacher Innenausbau“ in Barbian konnte seinen Umsatz im letzten Jahr vor allem mit Projekten in der Luxushotellerie um ein Drittel steigern
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Erich Egger vom Eggerhof in Aldein verbucht mit seinen gentechnikfreien Eierteigwaren aus Freilandeiern auch in Krisenzeiten ein Umsatzplus
Lebensmittelbranche Je näher an den Alltagsbedürfnissen, desto besser die Chancen in der Krise: Discounter haben mit einem Zuwachs von zwei Prozent im Bereich Lebensmittelhandel in Italien am meisten zugelegt und erreichen damit eine Marktpenetration von 44 Prozent. Gleichzeitig entwickelt sich aber auch die Biobranche sehr positiv. In Italien ist der Umsatz um 5 Prozent angestiegen. Hannes Desaler, Inhaber des Biofachgeschäfts Naturalia, spricht in seinem Betrieb sogar von einem Plus von 30 Prozent. „Die Investition in gesunde Zutaten und umweltschonende Produktionstechnologien ist für die Konkurrenzfähigkeit extrem wichtig. Grundsätzlich ist der Lebensmittelsektor aber eine sehr stabile Branche“, so Stefan Pan, Präsident der Sektion Lebensmittel im Unternehmerverband.
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EGGERHOF, ALDEIN Kräuternudel aus Haselnussblättern, Weinnudel aus Lagrein oder Kastaniennudel – der Eggerhof in Aldein produziert verschiedenste Eierteigwaren aus gentechnikfreiem Hartweizengrieß und frisch aufgeschlagenen Freilandeiern vom Eggerhof. „Weil wir keine Massenware produzieren müssen, können wir der Krise trotzen. Unsere Kunden bleiben uns aber vor allem treu, weil wir Eier aus ökologischer Freilandhaltung verarbeiten und weil sie wissen, woher das Produkt stammt“, so der gelernte Koch Erich Gruber. Aber auch der Preis spielt eine entscheidende Rolle. Als im Vorjahr Nudelproduzenten wie Barilla und De Cecco ihre Nudelpreise stark angehoben haben, hat der Eggerhof nur die absolut notwendige Preissteigerung von sieben Prozent vorgenommen. „Dadurch ist die Preisschere zu den großen Herstellern
geringer geworden. Die Gastronomie zahlt für ein Kilogramm Nudeln der Firma Barilla 4,47 Euro, für unsere 4,60 Euro und auch im Einzelhandel gibt es nur geringfügige Preisunterschiede“, so Gruber. Mit Produktinnovationen wie den neuen Schüttelbrotbandnudeln oder den „Schwoasnudeln“ (Blutnudeln) und „Ruibmnudeln“ (Rübenkrautnudeln) konnte der Kleinstbetrieb mit nur drei Mitarbeitern seinen Umsatz 2008 sogar leicht steigern. Für den Gastronomiebereich läuft der Vertrieb in Südtirol über einen Zwischenhändler, für den Einzelhandel über die Genossenschaft „Ahrntal Natur“. Bei den Lebensmittelketten kann deshalb der Aldeiner Produzent in einer stärkeren Position auftreten als in der Rolle eines Direktvermarkters. Im Moment sondiert Erich Gruber die Möglichkeiten einer Expansion nach Deutschland und Österreich.
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„Medizinisch-technische Produkte werden nicht aus Konsumlaune oder Investitionsneigung gekauft, sondern aus medizinischer Notwendigkeit“, so Stefan Matuzzi von Ladurner Hospitalia
Medizintechnik Die großen Investitionen in neue Krankenhäuser, der Substitutionsbedarf und die zunehmende Überalterung der Bevölkerung macht den Bereich Medizintechnik, mit einem Marktvolumen von 6,2 Milliarden Euro (laut Assobiomedica), in Italien zu einem sehr stabilen Markt. Da die Investitionen in diesem Sektor immer langfristig geplant sind, ergeben sich eventuelle Umsatzrückgänge erst in späteren Jahren. Laut Auskunft von Assobiomedica, der Vereinigung der Produzenten von medizintechnischen Geräten und Healthcare-IT innerhalb der Confindustria, stellen aber die gewaltigen Zahlungsrückstände von über 4,2 Milliarden Euro ein großes Problem dar. Die Region Südtirol-Trentino weist hier aber hinter Aosta die geringsten Rückstände auf.
LADURNER HOSPITALIA, MERAN Der medizinisch-technische Bereich ist ein hart umkämpfter Markt. Allein in Südtirol hat Ladurner Hospitalia sechs Mitbewerber. Dennoch: von Krise keine Spur. 2008 konnte der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 0,5 Prozent auf 4,5 Millionen Euro gesteigert werden. „Indem wir uns auf Nischen konzentrieren und sehr kundenorientiert arbeiten, können wir uns von der Konkurrenz abheben“, so Geschäftsführer und Mitinhaber Stefan Matuzzi zur Stabilität des Unternehmens. Neben der Betreuung von Krankenhäusern und Privatärzten hat sich Ladurner Hospitalia vor allem mit drei Bereichen etabliert: dem Reha-Bereich, der italienweiten Ausstattung von Kreissälen und mit dem im letzten Jahr übernommenen Sanitätshaus in Brixen. Der Aufbau eines neuen
Standbeines, wie jenes der Kreissäle, dauert für einen Betrieb wie Ladurner Hospitalia mit 26 Mitarbeitern zwei bis drei Jahre. Erst dann könnten laut Matuzzi schwarze Zahlen geschrieben werden. „Neben der Ausbildung der Mitarbeiter und der Kundenakquise ist vor allem der Ankauf von Musterprodukten eine sehr teure Investition.“ Die Masse der Aufträge gewinnt das Unternehmen über die Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen. Neben dem Preis sind für das Gewinnen einer Ausschreibung die Erfahrung und das richtige Produktangebot ausschlaggebend. „Nur irgendein Produkt anzubieten, ist zu wenig, man muss durch viele Gespräche die Arbeitsabläufe erkennen, um die Wünsche der Nutzer herauszufinden“, sagt Stefan Matuzzi. Damit könnten Vorschläge unterbreitet werden, die zu einer Erleichterung der Arbeitsprozesse führen.
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Hohes Potenzial: Die Nachfrage nach Reparaturen steigt und in Italien gibt es kaum Konkurrenz für Stefan Lamprecht und André Mair von RSD-electronic
Reparaturbranche Zwischen dem Hersteller und dem Kunden besteht ein Spannungsfeld: Während der Hersteller neue Maschinen verkaufen möchte und dafür immer wieder neue Modelle auf den Markt bringt, möchten die Kunden eine schnelle, professionelle und kostengünstige Reparatur. Große Marktchancen hat in diesem Spannungsfeld die Reparaturwirtschaft. Gerade in Krisenzeiten, in denen viele Unternehmen ihre Investitionen streichen oder zeitlich nach hinten verschieden, steigt die Nachfrage nach Reparaturen. Obwohl das Potenzial dieses Marktes sehr hoch ist, sind satte Gewinne keine Selbstverständlichkeit. Denn auch die Hersteller selbst bieten Reparaturen an. Positionieren können sich hier nur kleine und sehr flexible Unternehmen.
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RSD-ELECTRONIC, NATURNS Wer wünscht sich das nicht: wenig Konkurrenz und viel Nachfrage. Das 2005 von Stefan Lamprecht und André Mair gegründete Unternehmen RSD-electronic in Naturns hat sich auf die Reparatur von Steuerungstechnik für Industriemaschinen spezialisiert. „Der Instandsetzungs- und Recyclingsgedanke steht bei uns im Vordergrund. Wir bieten den Kunden die Möglichkeit, mit ihren Maschinen weiterzuproduzieren, sodass abgesehen von der Steuerungstechnik eine gut funktionierende Maschine nicht ersetzt werden muss. Damit sparen sich Unternehmen Neuinvestitionen, aber auch teure Umschulungsmaßnahmen für die Mitarbeiter. Gerade in Krisenzeiten, in denen oft die Budgets für Neuinvestitionen eingefroren oder verringert werden, können wir mit unseren Dienstleistungen punkten“, so Mair. RDS-electronic hat Po-
tenzial, denn in Italien und Deutschland gibt es neben den Herstellerbetrieben nur wenige Anbieterfirmen. Im letzten Jahr hat RSD ein Umsatzplus von 87 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erzielt. Steuerungssysteme finden sich in beinahe allen Maschinen der einzelnen Branchen, von der Lebensmittel- oder Textilindustrie über die Holzverarbeitung bis hin zur Metallindustrie. Die Hauptabsatzländer des 6-Mann-Betriebes sind Italien, Österreich und Deutschland. Zu den Kunden zählen sowohl kleine und mittelständische Betriebe, aber auch größere Produktionsbetriebe sowie Servicefirmen, welche die Inbetriebnahme vor Ort durchführen. RSDelectronic gewinnt diese Kunden vor allem durch Weiterempfehlungen und mit einem gut strukturierten Onlinemarketing. Spezialisiert haben sich die beiden jungen Inhaber vor allem auf die Marke Siemens.
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Diese Krise ist anders Die Aktienmärkte erholen sich, der Autoabsatz steigt und das internationale Konjunkturbarometer ist seit Langem wieder positiv. Sind das nur erste Hoffnungsschimmer oder ist ein Ende der Krise in Sicht? Ein Gastkommentar von Universitätsprofessor Kurt Matzler.
HEFTIGER ALS KRISE DER 30ER. Der
Wirtschaftshistoriker Kevin O’Rourke und der Ökonomieprofessor Barry Eichengreen verglichen die Krise der 30erJahre mit der aktuellen im Detail und kamen zum Schluss: Diese Krise trat wesentlich schneller und wesentlich heftiger
Foto: Universität Innsbruck
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och vor einem Jahr war von einer Krise in der europäischen Realwirtschaft nichts zu spüren. Auch wenn bereits in den Geschäftsberichten 2007 einiger amerikanischer Großunternehmen von einer heraufkommenden Krise zu lesen war, war das Bankensystem noch intakt und es gab kaum Anzeichen eines Einbruchs. Als im Herbst 2008 Lehman Brothers zusammenbrach, sprach man „nur“ von einer Finanzkrise, an Auswirkungen auf die Realwirtschaft hat man zunächst nicht wirklich gedacht. Dann ging alles sehr schnell, in atemberaubendem Tempo brachen Umsätze in vielen Branchen ein – um 20, 30 sogar 40 Prozent. Manch einer wagte den Vergleich zur Krise der 30er-Jahre, wurde aber eher belächelt. Damals brachen die Aktienkurse um 90 Prozent ein, das jährliche Sozialprodukt in den Jahren 1929 bis 1932 fiel in den USA um ein Drittel, die Arbeitslosigkeit stieg auf 25 Prozent. So weit konnte es in der heutigen Zeit doch nicht kommen. Mittlerweile bezweifelt aber niemand mehr, dass es sich heute um eine Krise historischen Ausmaßes handelt.
„Es zeigen sich die ersten Hoffnungsschimmer und es scheint, als könne man gegen Ende des Jahres mit einer Erholung rechnen“, meint Professor Kurt Matzler
ein, als die Krise der 30er-Jahre. Die Börsenkurse, der Welthandel und die Industrieproduktion fielen in den ersten Monaten der 2008er Krise schneller als vor 80 Jahren, eine Folge der Globalisierung. Aber – und das ist die gute Nachricht – diesmal reagierten die Regierungen und Zentralbanken richtig. Milliardenkon-
junkturpakete wurden geschnürt und der Markt mit Liquidität versorgt. ERHOLUNG IN SICHT? Tatsächlich zeigen
sich die ersten Hoffnungsschimmer und es scheint, als könne man gegen Ende des Jahres mit einer Erholung rechnen. Dafür spricht Folgendes:
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▶ Die Aktienmärkte erholten sich im letzten Monat beträchtlich. Das ist aus zwei Gründen sehr positiv. Erstens nehmen Aktienmärkte Entwicklungen in der Realwirtschaft vorweg. Viele Experten gehen davon aus, dass Aktienmärkte mit einem Zeitvorsprung von etwa einem halben Jahr auf die Realwirtschaft agieren. Das hieße, dass wir gegen Ende des Jahres mit einer Erholung rechnen können. Zweitens haben sehr viele Anleger sehr viel Geld verloren. Wenn die Aktienkurse wieder steigen, bekommen sie einen Teil ihrer Verluste zurück. Das stärkt Vertrauen und ist enorm wichtig für die Konsumneigung. Allerdings – und darin sind sich die meisten Aktienmarktexperten einig – ist diese seit März zu beobachtende Kursrallye mit einem Plus von über 30 Prozent nicht nachhaltig. Es wird Gewinnmitnahmen geben und es ist mit kurzfristigen Einbrüchen zu rechnen. Diese können dann allerdings auch zum Einstieg genutzt werden. ▶ Erstmals seit Monaten sind die Auftragseingänge der deutschen Industrie wieder im Plus. Die Autoproduktion und Produktion von Autoteilen stieg dank der Abwrackprämie im März in Deutschland um mehr als 15 Prozent, das ist ein Rekordanstieg. ▶ Das internationale Konjunkturbarometer des IFO in München ist seit langer Zeit wieder positiv.
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Ist trotz momentaner Deflation eine Inflation unabwendbar?
anschließend ein großes Loch. Ein L ist denkbar – das wäre allerdings eine verheerende Entwicklung. Ich glaube keines dieser Szenarien tritt ein. Diese Krise lässt sich meiner Ansicht nach am besten mit einem umgefallenen „Häkchen“ beschreiben. Tiefer, schneller Fall mit langsamer, sich über einen langen Zeitraum dahinziehender Erholung.
These einer langsamen, schleichenden Erholung sprechen viele Punkte:
kennzeichnet, hier wird es eine Bereinigung geben müssen. Die Frage ist: Was passiert nach der Abwrackprämie? Führt die Abwrackprämie lediglich zu vorgezogenen Käufen und ist das Loch, das nachher kommt, größer? Führt die Abwrackprämie zu einer Umleitung der Ausgaben und leiden dadurch der Einzelhandel, der Tourismus, die Konsumgüter? Haben Menschen kein Geld mehr für andere Sachen, weil sie sich ein Auto kaufen, das sie sich sonst nicht – oder zumindest nicht jetzt – gekauft hätten?
AUF AMERIKA KEIN VERLASS
KREDITAUSFALLSVERSICHERUNG
Der weltweite Konjunkturmotor USA ist ausgefallen. Die USA mit ihrem Konsum auf Pump hat in den letzten Jahren die Weltwirtschaft angekurbelt. Ein Großteil des deutschen Wirtschaftswachstums der letzten Jahre zum Beispiel ging auf den Export zurück. Die US-Bürger sind verschuldet, die Sparquote ist nach oben geschnellt und die nächste mögliche Blase sind die hohen Schulden bei Kreditkartenfirmen, die viele Amerikaner nicht mehr bezahlen können. Auf Amerika ist also kein Verlass. Der Konsum muss in Europa entstehen.
Auch das Problem der Finanzindustrie ist noch nicht gelöst. Das Bankensystem ist zwar stabilisiert, es wird aber noch längere Zeit mit den Folgen zu kämpfen haben. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel ist die Blase, die im Herbst geplatzt ist, noch relativ harmlos. Hinter den Ramschhypotheken steckt noch eine zweite, latente Blase: die Kreditausfallsversicherungen (CDO – Collateralized Debt Obligations). Banken und Hedgefonds haben sich mit CDOs gegen Kreditausfälle versichert. Im Jahre 2004 betrugen sie weltweit rund 6,4 Billionen Dollar. Das Bruttoinlandsprodukt weltweit im Jahre 2007 betrug hingegen rund 54 Billionen Dollar. Die Kreditausfallsversicherungen stiegen im Jahre 2008 auf 57 (!) Billionen Dollar an, auf mehr als das weltweite Bruttoinlandsprodukt. Viele
SCHLEICHENDE ERHOLUNG. Für meine
EIN V, U, W ODER L? Ob das ein Licht
am Ende des Tunnels ist, oder ob das ein Licht eines entgegenkommenden Zuges ist, ist noch offen. Ökonomen vergleichen den Verlauf der Krise gerne mit Buchstaben. Ein V hieße tiefer Fall und schnelle Erholung. Das halte ich für sehr unwahrscheinlich. Dagegen sprechen zu viele Faktoren. Ein U hieße eine lange Phase der Bodenbildung, bevor eine schnelle Erholung eintritt. Dagegen sprechen die ersten Zeichen der Erholung und vor allem die umfassenden Konjunkturpakete, die zu wirken beginnen. Ein W ist möglich. Leichte Erholung bevor der nächste Einbruch kommt. Das wäre dann der Fall, wenn die Konjunkturpakete kurzfristig wirken, aber nicht in der Lage sind, ausreichend Investitionen und Konsum zu stimulieren, damit nachhaltiges Wachstum folgt. Falls Abwrackprämien usw. nur zu vorgezogenen Käufen führen, entsteht
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FOLGEN DER ABWRACKPRÄMIE
Wir haben mit Strukturproblemen zu kämpfen. Die Stützung der Automobilindustrie mag zwar kurzfristig die Wirtschaft ankurbeln, diese Industrie war über Jahre hinweg durch Überproduktion ge-
UNTERNEHMER & MÄRKTE PR-INFO
Der Umstieg auf erneuerbare Energien, was für nachhaltiges Wachstum und Unabhängigkeit vom Ölpreis nötig wäre, passiert nicht. Im Gegenteil: Er wurde durch die Krise drastisch eingebremst. Statt jetzt in erneuerbare Energien zu investieren und damit Problemen der Zukunft vorzubeugen, gingen beispielsweise die Investitionen in grünen Strom durch die Krise nach einer Schätzung der internationalen Energieagentur um knapp 40 Prozent zurück.
„Mit langfristigem, nachhaltigem Wachstum werden wir nicht rechnen können.“ Professor Kurt Matzler
STAATSVERSCHULDUNG
Wir bekommen bald die Rechnung für die enormen Staatsverschuldungen. Neue Steuern sind sicher, das wird Konsum und Wachstum bremsen. INFLATION
Zwar spricht man im Moment eher von Deflation, mittelfristig gilt aber Inflation als unabwendbar. Es wurden Milliardenbeträge in die Wirtschaft gepumpt. Es gibt kein probates Mittel, diese Liquidität im richtigen Ausmaß zum richtigen Zeitpunkt aus dem Markt herauszunehmen. ARBEITSLOSIGKEIT
Ein zentrales Problem wird aber die Arbeitslosigkeit sein. Moderne Volkswirtschaften brauchen etwa mindestens 2,5 Prozent Wirtschaftswachstum pro Jahr, um die Beschäftigung zu halten. Ist das Wachstum zu niedrig, führen Produkti-
DIE NÄCHSTE KATASTROPHE? Das größte Konjunkturpaket – so berichtet Die Zeit vom 20. Mai – kommt nicht von den Regierungen, es kommt von der Mineralölwirtschaft. Die Entlastung der deutschen Haushalte durch niedrigere Benzinpreise, Heizölpreise, etc. betrug zwischen Juli 2008 und März 2009 insgesamt 26 Milliarden Euro und ist etwa 5-mal so hoch wie die Abwrackprämie. In den USA lag die Einsparung bei 280 Milliarden Dollar. Was als sicher gilt: Der Ölpreis wird bald wieder steigen, spätestens sobald die Wirtschaft wieder zu wachsen beginnt. Das werden die Haushalte und die Industrie spüren. Durch geringeren Konsum aufgrund höherer Treibstoff- und Ölpreise und durch höhere Kosten.
Golfen unterm Schlern
Foto: GC Kastelruth
GRÜNE ENERGIE GEBREMST
vitätsfortschritte zu geringerem Bedarf an Arbeitskräften. Sinkt die Beschäftigung, sinkt der Konsum. Zudem hat bisher jede Krise gezeigt, dass die Arbeitslosigkeit um einige Jahre nachhinkt: Auch bei wirtschaftlicher Erholung wird es lange dauern, bis wir wieder die alten Beschäftigungsniveaus erreichen.
Der 18-Loch-Golfplatz Kastelruth zählt zu den schönsten Plätzen Norditaliens
Seit Frühjahr 2007 gibt es die 18-Loch-Anlage Kastelruth/Seiser Alm. Jedes der 18 Loch hat seinen eigenen markanten Charakter und verspricht eine aufregende und abwechslungsreiche Golfrunde. Für ein angenehmes Spiel stehen ausreichend Golfcarts zur Verfügung. Die großzügig angelegte Driving Range (mit 32 überdachten Abschlägen und 260 Metern Länge), Pitching und Putting Green und Übungsbunker laden zum intensiven Training ein.
NEUE DEFINITION VON WACHSTUM?
Bereits vor vielen Jahren wies der Club of Rome auf „Die Grenzen des Wachstums“ hin. Heute verbrauchen 20 Prozent der Menschen etwa 80 Prozent der Ressourcen auf diesem Planeten. Ein neues Verständnis von Wachstum wird nötig sein. Es stellt sich die Frage, ob nicht andere Kriterien als rein wirtschaftliche an Bedeutung gewinnen, Kriterien die mit Lebensqualität zu tun haben, statt mit rein quantitativen Wachstumsindikatoren. Nachhaltiges Wachstum erfordert massive Investitionen in erneuerbare Energien, Technologien und Forschung. Diese Anstrengungen sind nicht zu sehen. Daher ist meine Schlussfolgerung: Wir werden mit einem blauen Auge aus der Krise kommen, die fundamentalen, notwendigen Änderungen werden wir nicht erleben. Daher werden wir mit langfristigem, nachhaltigem Wachstum nicht rechnen können. Etwas hat diese Krise aber deutlich gezeigt: Es gibt nur eines, das als sicher gilt – es gibt keine sicheren Prognosen. ◀ KURT MATZLER*
*Kurt Matzler, Professor für Strategisches Manage-
ment an der Universität Innsbruck
Nicht im Regen stehen
Foto: O. Seehauser
dieser Kreditausfallsversicherungen sind hoch riskant, nach Schätzungen vieler Experten waren das rund 40 Prozent Ende letzten Jahres. Wäre diese Blase geplatzt, hätte wohl niemand mehr das System auffangen können.
Das Team der Tiroler Versicherung in Bozen sorgt dafür, dass Kunden im Schadensfall nicht im Regen stehen.
Vor zweieinhalb Jahren hat die Tiroler Versicherung in Bozen eine eigene Landesdirektion für Südtirol eröffnet. Heute sind es in Südtirol und im Trentino bereits 27 Agenturen und Broker, die als Partner für den Tiroler Traditionsversicherer tätig sind. Die Versicherungsprämien werden im heurigen Jahr bereits 3 Millionen Euro überschreiten. Diese stammen von insgesamt rund 3.500 Versicherungsverträgen. Mit der Landesdirektion in Bozen können alle Entscheidungen direkt in Südtirol getroffen werden. Die schnellen Entscheidungswege kommen den Kunden damit ebenso zugute, wie die Flexibilität und Leistungsstärke des einzigen Tiroler Universalversicherers. Südtirol Panorama Juni | 2009
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Seit zwei Jahren widmet sich Benno Röggla hauptberuflich seiner Hilfsorganisation „Helfen ohne Grenzen“ – ein Einsatz der körperliche Spuren hinterlässt
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Der Weg zum Selbst Midlife-Crisis, Trauer und Enttäuschung. Benno Röggla, der einst so zielstrebige und erfolgreiche Unternehmer, suchte vor zehn Jahren nach einem neuen Sinn im Leben. Heute hat er bei den verfolgten Minderheiten in Burma seinen inneren Frieden gefunden. Das Porträt eines Aussteigers.
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Das Geld dafür sammelt er vor allem in Südtirol. Allein im letzten Jahr waren es 600.000 Euro
tingexperte befand er sich damals auf dem Höhepunkt seines Erfolgs. Er strebte Expansionen und Fusionen an und führte den täglichen Kampf um Renditen und Millionen: Erst für vier Jahre beim britisch-niederländischen Konzern Unilever (Rama, Iglo, Melitta), dann für sein eigenes Unternehmen BMC (Business Marketing Consulting), das zu seiner besten Zeit 12 Mitarbeiter hatte. Über Jahre zählte Röggla in Fachkreisen zu den angesehensten Marketingexperten Italiens. Er erfand das Volksbank-Jeanssparbuch und machte es zum erfolgreichsten Jugendsparprodukt Italiens. Sein ebenfalls für die Volksbankgruppe entwickeltes Comicheft „Mike“ brachte es auf eine Höchstauflage von 200.000 Exemplaren. Einen Namen gemacht hat er sich aber vor allem mit dem BMC-Computer, mit dem es den Versicherungen erstmals möglich war, Renten ohne Handbuch zu berechnen und alle Lebensversicherungstarife in kompakter Form zu vergleichen.
STREBEN NACH RENDITEN. Hätte ihm
vor 15 Jahren jemand gesagt, er würde auf der anderen Seite des Ozeans einem verfolgten Volk Hilfe bieten, so hätte er ihn für völlig verrückt erklärt. Dafür mochte er seinen Beruf viel zu gerne. Als Marke-
„Wenn Du Konkurs anmeldest, dann ist, es als hättest Du Aids. Jeder wird Dich meiden.“ Benno Röggla
Foto: Privat
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angsam nippt er an einem Glas Naturwasser. Er wirkt müde und abgeschlagen. Dennoch: Seine Augen strahlen, vor Zufriedenheit. Vor drei Jahren ist er an Malaria erkrankt, seitdem hat er sich nicht wieder zur Gänze erholt. Er spürt, dass mit seinem Körper etwas nicht stimmt. Er leidet unter konstant auftretenden Energieeinbrüchen und Konzentrationsstörungen. Körperlich können die Ärzte nichts finden. Benno Röggla selbst führt die Symptome auf die emotionale Überforderung zurück. „Ich bin ja kein gelernter Helfer, kann mich emotional von der Armut nicht loslösen“, so Röggla. Seit zwei Jahren lebt er an der thailändischen Grenze zu Burma, hier kämpft er hauptberuflich für die Karen-Volksgruppe, eine burmesische Minderheit, die vom Militär verfolgt wird und ins Exil ziehen musste. Mit „Helfen ohne Grenzen“, seiner vor sieben Jahren gegründeten Hilfsorgansation baut er für die Karen Schulen, Krankenhäuser und Essensstationen.
Im Herbst hat das Militär die von „Helfen ohne Grenzen“ erbaute Schule Toe Per Pu niederbrennen lassen (li.). Insgesamt liegen 23 Schulen versteckt im Dschungel, Benno Röggla kann sie nur in mehrtägigen Fußmärschen erreichen
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Für die Müllkinder in Mae Sot ist Benno Röggla ein Held. Er selbst bleibt bescheiden: „Es gibt hunderte Südtiroler, die sich stärker engagieren, als ich es tue.“
se ich heute am Wohlwollen der anderen“, sagt der 52-jährige Benno Röggla. Mit „Helfen ohne Grenzen“ ließ Röggla die letzten Jahre unter anderem 43 Schulen, zwei Waisenhäuser, sieben Schülerheime und eine Prothesenwerkstatt für Minenopfer installieren.
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MIDLIFE-CRISIS. Doch warum gibt ein ita-
Röggla ließ einen Friseursalon einrichten und war auch gleich dessen erster Kunde
STREBEN NACH WOHLTAT. „Es gibt keinen Moment, wo ich in mein altes Leben zurück möchte. Ich habe mein ganzes Leben noch nicht so viel gearbeitet wie die letzten Jahre. Was ich früher am Gewinn und an Benchmarks gemessen habe, mes-
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lienweit erfolgreicher Unternehmer alles auf und stellt sich in den Dienst der Armen? „Ich hatte mit 39 Jahren eine totale Midlife-Crisis. Beruflich wie privat hatte ich turbulente Zeiten hinter mir. Erst ein Konkurs, dann die Trennung von meiner Frau und dann der Tod meines geliebten Bruders Max“, so Röggla. Der Konkurs hatte heftig an seinen Nerven gezehrt. Die von ihm und seinem Bruder Max gegründete Computerfirma Infomax musste nach fünf Jahren Höhenflug 1994 Konkurs anmelden. „Wir brachten eine eigene Computermarke auf den Markt, die Computer verkauften wir in zehn eigenen Geschäften unter dem Namen Pentagon. Mein Bru-
„Jeder tote Karen ist ein guter Karen.“ Die Menschenrechtssituation in Burma hat sich die letzten Jahre dramatisch verschlechtert. Die Militärregierung SPDC lässt keine freie Meinungsäußerung zu, ein Spitzelsystem überzieht das Land, Zwangsund Kinderarbeit gehören zur Tagesordnung. Menschen werden zwangsumgesiedelt, Minderheiten systematisch unterdrückt. In Burma leben sieben Minderheitenvölker, die sich wiederum aus bis zu 136 Volksgruppen zusammensetzen, ihr Siedlungsgebiet umfasst rund 65 Prozent der Gesamtfläche. Gezielt versucht die SPDC mit äußerster Härte Minderheiten ihrer Sprache, Kultur und Identität zu berauben und zu assimilieren. Seit dem Zyklon Nargis leben knapp vier Millionen auf der Flucht. Der Großteil von ihnen in Thailand, der Rest im Verborgenen im Dschungel. Der Mord an den Minderheiten findet im Verborgenen statt, dadurch ist das wahre Ausmaß der Tragödie nur schwer beweisbar. „Jeder tote Karen ist für die Armee ein guter Karen. Es wird alles getan, um die Leute dumm und arm zu halten“, so Benno Röggla, der sich seit sieben Jahren vor allem für die Minderheit der Karen engagiert.
UNTERNEHMER & MÄRKTE tung zu hundert Prozent in Ordnung waren, hat es zum Glück keine strafrechtliche Verfolgung gegeben. Plötzlich waren wir aber mit menschlichen Verwaltungsweisen konfrontiert, die total unerwartet waren. Ein Freund hat mir kurz vor dem Konkurs folgenden Satz gesagt: ‚Wenn es um Dein Unternehmen schlecht steht, dann ist es, als hättest Du Krebs, alle werden Dich bemitleiden. Wenn Du aber Konkurs anmelden muss, dann ist es, als hättest Du Aids,
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der entwickelte die Computer und ich vertrieb sie“, so Röggla. Es schien, als würden die beiden Röggla-Brüder damit Erfolgsgeschichte schreiben. Bereits 1990 hatten sie einen Umsatz von 12 Milliarden Lire und verkauften allein in Südtirol über 3000 Computer. Zu der Zeit lag die Verkaufszahl von Computern in Südtirol bei insgesamt 10.000 Computer, damit hatte Pentagon ungefähr die gleich hohen Absatzzahlen wie IBM und Olivetti.
Benno Röggla und sein mittlerweile verstorbener Bruder Max entwickelten 1989 den Computer Pentagon. Fünf Jahre später mussten sie Konkurs anmelden
tion weiter verschlimmert. Seither reißen die Flüchtlingsströme nach Thailand nicht mehr ab. 3,5 Millionen Burmesen leben mittlerweile in Thailand. Vor drei Jahren waren es noch 1,5 Millionen“, so Röggla. SELBSTLOSE HINGABE. Seine Marketing-
agentur BMC und sein Haus auf der Seiser Alm hat er vor zwei Jahren verkauft, alle weiteren Beteiligungen bereits zwölf Jahren zuvor. Damals ist sein Bruder Max, mit dem er im Zuge des Konkurses durch alle Höhen und Tiefen des Lebens gegangen war, bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Für Röggla brach damit eine Welt zusammen. Er begann zu meditieren und hat sich auf einer Asienreise von Burma in seinen Bann ziehen lassen. „Wenn Dir ein Burmese ein Lächeln schenkt, dann ist es ein Geschenk. Ein Geschenk ohne Hintergedanken“, so Röggla. Dem ersten Urlaub folgten jedes Jahr mehrwöchige Reisen in dieses von der Armee geknechtete Land. Seit sieben Jahren nicht mehr als Reisender, sondern als Wohltäter. Mittlerweile hat er in der Stadt Mae Sot ein eigenes Team, damit er immer wieder für einige Monate nach Südtirol zurückkehren kann. Zeit, um die Struktur von „Helfen ohne Grenzen“ in Bozen zu koordinieren, aber auch um seinen Körper und seinen Geist wieder ins Gleichgewicht zu bringen. ◀ VERENA PLIGER
DIE FOLGEN DES KONKURSES. Die Eu-
phorie war groß, der unternehmerische Übermut kannte keine Grenzen. Dann der plötzliche Zusammenbruch. Von einem Tag auf den anderen schien nichts mehr wie vorher zu sein: „Im Herbst 1993 gab es eine weltweite Krise im Softwarebereich. IBM musste 160 Mitarbeiter entlassen und auch uns hat die Krise den Kopf gekostet. Dazu kam, dass wir völlig unterkapitalisiert waren und unser Fremdkapital vor allem aus Fremdwährungskrediten bestand. Als dann noch die Lira in den Keller sank und das Weihnachtsgeschäft einbrach, war unsere Substanz dahin“, so Röggla. Von einer Umschuldung wollten die Banken nichts wissen. Gleich zu Beginn des neuen Jahres haben sie die Kreditlinien eingefahren und ihr Geld zurückverlangt. Waren es die Röggla-Brüder bisher gewohnt, dass ihnen jeder Kredit auch ohne Hypothek gewährt wurde, schlug ihnen jetzt eine abrupte Kälte der Banken entgegen. Es blieb nur ein Ausweg: Intermax musste Konkurs anmelden. „Da wir mit der Buchhal-
jeder wird Dich meiden.‘ So war es dann auch, vermeintliche Freunde haben sogar die Straßenseite gewechselt, sobald sie uns gesehen haben“, so Röggla. Heute weiß er, dass er und auch seine Familie ohne die Hilfe guter Berater auf der Straße gelandet wären. Sie hätten alles verlieren können. GREUELTATEN AN MINDERHEITEN. Was
es, heißt alles zu verlieren, sieht Benno Röggla an der Grenze zu Burma Tag für Tag. Die Karen-Minderheit steht jeden Tag aufs Neue vor dem Nichts. Willkürlich entscheidet die burmesische Militärdiktatur über ihr Dasein. „In Burma gibt es keine Gräueltat, die an den Karen nicht begangen wird“, erzählt der gebürtige Brixner. Die burmesische Armee lässt Dörfer niederbrennen und plündern, foltert Männer bei Verdacht auf Kollaboration zu Tode oder nimmt sie als lebendige Minendetektoren. Frauen werden systematisch vergewaltigt, Kinder unter Schlägen gefügig gemacht und zu Soldaten gemacht. „Mit dem Zyklon Nargis im Mai letzten Jahrs hat sich die Situa-
„Helfen ohne Grenzen“ Die Organisation mit Sitz in Bozen hat im thailändischen Mae Sot eine Außenstelle mit sechs Mitarbeitern errichtet, die sich zu einem Anlaufzentrum für hilfsbedürftige Menschen entwickelt hat. Mit den Spendengeldern, die vorwiegend aus Südtirol kommen, konnten im letzten Jahr 38 Schulen für rund 5500 Kindern finanziert werden, aber auch Schülerheime, Waisenhäuser, Kliniken und Krankenstationen. Und das Leid reißt nicht ab: Im Herbst 2008 hat die Armee erstmals auch Flüchtlingsdörfer an der thailändischen Grenze angegriffen. Dabei ist eine Schule von „Helfen ohne Grenzen“ niedergebrannt und die nach der verstorbenen Südtirolerin benannte Kathi-Zeschg-Klinik geplündert worden. Umfassende Informationen über die Arbeit von „Helfen ohne Grenzen“ finden Sie unter www.helfenohnegrenzen.org
SPENDEN: Raiffeisen Landesbank, Konto Nr. 4.444-0 - ABI 03493, CAB 11600 IBAN: IT18 S 03493 11600 000300044440 BIC: RZSBIT2B
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Wirtschaft sucht Frauen Obwohl Studien belegen, dass Frauen die idealen Voraussetzungen einer modernen Führungskraft besitzen, führen nur 11,5 Prozent der in Südtirol beschäftigten Frauen ein eigenes Unternehmen. Um das weibliche Unternehmertum zu fördern, startet das Land Südtirol auch dieses Jahr einen Wettbewerb.
Die Anmeldefrist für den Wettbewerb zur Förderung weiblichen Unternehmertums läuft bis 31. März 2010
D
ie Zahl der Unternehmen, die von Frauen geführt werden, hat sich im letzten Jahrzehnt weltweit erhöht. Dennoch gibt es in Südtirol noch immer zu wenig Frauen, die zumindest eine strategische Führungsposition besetzen oder ein eigenes Unternehmen gründen. Um das weibliche Unternehmertum zu stärken, hat die Landesabteilung für Innovation den „Wettbewerb zur Förderung des weiblichen Unternehmertums: Wettbewerb 2008-2010“ ins Leben gerufen. Mit diesem Wettbewerb haben Neugründerinnen und Unternehmerinnen Anspruch auf erhöhte Förderungen für ihre besonders innovativen Ideen. Der Wettbewerb sieht die Gewährung von Verlustbeiträgen für Investitionen, für Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie Beratungsleistungen vor. Neugründerinnen können außerdem ein gefördertes Darlehen zur Liquiditätsbeschaffung erhalten. EINREICHETERMIN. Bis 31. März 2010
um 17.00 Uhr können in der Abteilung Innovation, Forschung, Entwicklung
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und Genossenschaften Gesuche um einen Beitrag bzw. um ein Darlehen eingereicht werden. Für den Wettbewerb 2010 stellt das Land Südtirol 800.000 Euro zur Verfügung. Nützliche Informationen und Hilfestellungen zur Vorbereitung des Ansuchens können auf der Website abgerufen werden oder in einem persönlichen Gespräch behandelt werden. Wer wird gefördert? Von Frauen geführte Kleinunternehmen der Sektoren Industrie, Handwerk, Handel, Dienstleistungen oder Tourismus mit Rechtssitz oder Niederlassung in Südtirol: ▶ Einzelunternehmen, deren Inhaberin eine Frau ist ▶ Freiberuflerinnen und Selbstständige ▶ Personengesellschaften, deren Mitglieder mindestens zu 60 Prozent Frauen sind ▶ Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, deren Gesellschaftskapital und Verwaltungsorgane wenigstens zu zwei Dritteln von Frauen gehalten werden
Welche Ausgaben werden gefördert? ▶ Betriebliche Investitionen: Anlagen, Maschinen und Geräte, Erwerb von Patenten und Software ▶ Beratungen: Beratertätigkeiten und Aufwandsentschädigung von Experten ▶ Ausbildung: Einschreibe- und Teilnahmegebühren für Aus- und Weiterbildungskurse, Miete der Räume, Lehrmittel, Simultandolmetscherdienst RÜCKBLICK 2009: Insgesamt 87 Frauen
haben beim Wettbewerb 2009 ein Ansuchen eingereicht, der Großteil davon fiel dabei auf die Sektoren Dienstleistungen und Handel. Im Jahr zuvor waren es noch 65 Ansuchen. ◀ infobox
Landesabteilung Innovation, Forschung, Entwicklung und Genossenschaften Raiffeisenstraße 5 39100 Bozen Tel. 0471 41 37 20 oder 41 37 36 E-Mail: innova-gen@provinz.bz.it www.provinz.bz.it/innovation
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Freude am Fahren
MOBILITÄT PR-INFO
Foto: Ressort für Bauten
Das Siegerprojekt zum Ideenwettbewerb zur Sicherung der Mendelpassstraße: So soll die Steinschlagschutzgalerie künftig aussehen
Sicher durch das Land Gute Infrastrukturbedingungen zählen zu den wichtigsten Standortfaktoren. Sie sind die Voraussetzung für einen funktionierenden Wirtschaftsraum. In den Bereichen Steinschlagschutz, Asphaltierungen und Brückeninstandhaltung zählt das Land Südtirol zu den Vorreitern Europas. STEINSCHLAG: SCHUTZBAUTEN Der Großteil des knapp 3000 Kilometer langen Südtiroler Straßennetzes verläuft entlang von Berghängen und Felswänden. Immer wieder kommt es hier zu Hangrutschen, Steinschlägen und Lawinen. So kann es zum Beispiel auf der Straße ins Eggental und ins Sarntal immer wieder zu Steinschlägen und Murenabgängen kommen. Beide Streckenabschitte haben in Sachen
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Steinschlagschutzmaßnahmen beim Ressort für Bauten höchste Priorität. Um das Risiko der verschiedenen Straßenabschnitte zu erkennen, das Gefahrenpotenzial und die Schadensanfälligkeit abzuschätzen, hat das Ressort für Bauten ein eigenes innovatives System entwickelt, das sogar mit einem Preis ausgezeichnet wurde. VORGEHEN NACH PRIORITÄTEN. In re-
gelmäßigen Abschnitten wird eine auf der
Grundlage des effektiven Risikos entlang der verschiedenen Streckenabschnitte erstellte Steinschlagschutzprioritätenliste erstellt. Anhand dieser wird entschieden, welche Instandsetzungen wann realisiert werden. Zu den ersten Punkten der Liste gehören unter anderem die Instandsetzung der Eggentalerstraße, wo die Arbeiten am zweiten Tunnel Kampenn fertiggestellt wurden und eine neue Steinschlagschutzgalerie errichtet wurde. Der dritte und
MOBILITÄT
Foto: Ressort für Bauten
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Nach dem strengen Winter sind in diesem Jahr ausgesprochen viele Sanierungen der Straßenbeläge notwendig
vierte Tunnel in der Zone „Eggenbach“ befinden sich in Planungsphase. Auf der Staatstraße ins Sarntal befinden sich zwei neue Tunnel in Ausbau. Auf der Straße nach Völs am Schlern wurde die Machbarkeitsstudie zweier Tunnels im Fels und die Fertigstellung von Steinschlagsicherungen bereits genehmigt. Auf der Mendelstraße in der Örtlichkeit „Roccette – Tumortal“ wurde die vorläufige Planung des künstlichen Tunnels genehmigt. Die endgültige Planung ist in Ausarbeitung. Weitere Maßnahmen zum Schutz vor Steinschlag wurden bereits realisiert, andere hingegen sind noch zu realisieren. DER WINTER UND SEINE FOLGEN. In-
folge des schweren Winters und der zahlreichen Probleme aufgrund der ergiebigen Schneefälle hat das Landesbautenressort weitere vier Positionen der Prioritätenliste hinzugefügt.
STRASSEN: SANIERUNGEN Der Zustand der Straßen sagt einiges über das Land aus. Südtirol schneidet im nationalen Vergleich sehr gut ab. Nach dem letzten strengen Winter ist der Sanierungsbedarf aber sehr hoch. „Vor allem die sehr frühen Schneefälle und der häufige und notwendige Einsatz von Schneepflügen und Salzstreuungen haben für Schäden gesorgt. Da die Böden vor den ersten Schneefällen noch nicht gefroren waren, ist sehr viel Wasser auch in tiefere Schichten gesickert. Mit dem Sinken der Temperaturen ist dieses Wasser gefroren, hat sich ausgedehnt und so die Asphaltdecke der Straßen an vielen Stellen gesprengt“, so Paolo Montagner, Direktor des Straßendienstes des Landes. Insgesamt sieben Millionen Euro werden in diesem Jahr für die Asphaltierung von Straßen vergeben. „Das sind immerhin 30 Prozent der für die außerordentliche In-
standhaltung der Straßen zur Verfügung stehenden Mittel. Die Arbeiten werden in ganz Südtirol flächendeckend durchgeführt, wobei auch unseren einheimischen lokalen Firmen die Chance geboten wird, diesbezügliche Arbeiten zu übernehmen“, erklärt Bautenlandesrat Florian Mussner. LANGLEBIGKEIT. Bei den Arbeiten wer-
den zum Großteil spezielle Materialien eingesetzt, die eine längere Lebensdauer und eine höhere Flexibilität aufweisen als herkömmlicher Asphalt. Besonderes Augenmerk wird hierbei auch auf die Stärkung des Unterbodens gerichtet. Vor allem mit dem Einsatz von Schaumbitumen als Bindemittel, Recyclingmaterialien und Zementmixturen gibt der Unterboden nicht mehr so schnell nach und muss nicht ständig repariert werden. Damit kann eine über zehnjährige Haltbarkeit der Fahrbahndecken garantiert werden.
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Foto: Ressort für Bauten
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Die neue Brücke in Albeins ist ein Paradebeispiel für einen gelungenen Brückenneubau
BRÜCKEN: KOLLAUDIERUNGEN Seit dem Übergang der Staatsstraßen an das Land im Jahre 1998 ist das Bautenressort für die Wartung von zusätzlich rund 750 Brücken verantwortlich. Da man aufgrund mangelnder Dokumentierung bisher kaum über den Zustand der Brücken Bescheid wusste, hat das Ressort für Bauten eine neue Methode entwickelt. Eine Methode, die viel effizienter und billiger ist, als herkömmliche Messungsmethoden. Dabei wird der Zustand jeder Brücke auf Bildern festgehalten und jedes Detail wird fotografiert. Alle Defekte werden nach einem eigenen Schema festgehalten. Gemessen wird die Elastizität der Brücke mit präzisen technischen Instrumenten und Sensoren, aber auch mit einem Härtetest: Hier werden je nach Bedarf mehrere mit Sand beladene Lastwagen auf die Brücke geschickt. Schwingt das Bauwerk immer wieder zurück, heißt dies, dass sich die Brücke in einem guten Zustand befindet. Durch diese Untersuchungen kann sofort bestimmt werden, ob die Brücke künftig
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von schwereren Fahrzeugen passiert werden kann oder ob eine noch strengere Gewichtsbeschränkung notwendig ist. Da die einzelnen Proben kaum länger als acht bis zehn Minuten dauern, müssen die Brücken nur kurz für den Verkehr gesperrt werden. Im Schnitt werden in Südtirol acht bis zehn Brücken pro Tag kollaudiert. Seit 1998 konnten fast alle 518 kollaudierten Brücken für Fahrzeuge mit einem Gewicht über 56 Tonnen freigegeben werden. VORTEILE FÜR DIE WIRTSCHAFT. Der
neue Kollaudierungsmodus sollte vor allem der Wirtschaft dienen. „Es ist von zentraler Bedeutung für unsere Wirtschaft, dass alle Orte leicht und mit jedem Fahrzeug zu erreichen sind. In Südtirol konnten bestimmte Ortschaften nicht mit Standardlastwagen von 56 Tonnen erreicht werden“, unterstreicht Landesrat Mussner. Auch wenn aus statischer Sicht das Kollaudierungsergebnis sehr gut ausgefallen ist, befinden sich viele dieser Brücken aufgrund des teilweise hohen Alters in einem eher schlechten Allgemeinzustand. Genau
deshalb muss in den nächsten Jahren eine beträchtliche Summe in die Sanierung von Stützen, Beton, Fahrbahnen oder Randbalken investiert werden, bevor durch Umwelteinflüsse zu große Schäden entstehen. LAUFENDE INVESTITIONEN. Für die
nächsten Jahre sind noch dringend erforderliche Sanierungsarbeiten notwendig. Saniert werden sollen unter anderem die Brücke auf der Grödnerjochstraße bei Corvara, die Brücke auf der SS 12 bei Sterzing Süd oder jene bei Pontigl. Auch mehrere Brücken mit einer Spannweite unter zehn Metern müssen saniert sowie Dehnungsfugen ausgetauscht werden. ◀
infobox
Autonome Provinz Bozen, Ressort für Bauten Crispistraße 2 Tel. 0471 41 23 38 Fax 0471 41 23 99 www.bz.it/ressorts/bauen/
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Schluss mit Lärm Südtirol setzt Akzente und realisiert als erste Provinz Italiens die EU-Vorgaben zur Lärmbekämpfung entlang der Verkehrswege. Gleichzeitig startet die Umweltagentur die Kampagne „Ruhe bitte“.
Foto: suedtirolfoto.com / Othmar Seehauser
F
ür Umweltlandesrat Michl Laimer steht das Thema Lärm schon seit Jahren ganz oben auf der Prioritätenliste. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass Südtirol italienweit die erste Provinz ist, welche die europäischen Vorgaben zur Lärmbekämpfung entlang der Verkehrswege Straße, Schiene und Autobahn umsetzt. Als Grundlage dienen ein landesweites Lärmkataster, genau festgelegte Kriterien und zeitliche Prioritätenlisten für die Lärmschutzmaßnahmen und die dementsprechenden Aktionspläne. Damit das Thema auch Breitenwirkung erlangt, hat die Landesverwaltung mit dem „Internationalen Tag gegen Lärm“ am 29. April 2009 eine Sensibilisierungskampagne unter dem Motto „Ruhe bitte“ eingeläutet, unter der fortan sämtliche Aktionen zum Thema Lärm laufen werden.
Südtirol setzt als einzige Provinz Italiens die europäischen Vorgaben zur Lärmbekämpfung entlang der Straße, Schiene und Autobahn um
ÄRGERNIS LÄRM. Ruhe genießen und
ruhig schlafen können ist uns allen ein großes Anliegen, denn Lärm ist weit mehr als ein Ärgernis! Anhaltender Lärm belastet uns und unsere Gesundheit. Lärm versetzt den Körper in Alarmbereitschaft. Der erzeugte Stress bewirkt eine Aktivierung des Herz-Kreislauf-Systems, eine Erhöhung der Pulsfrequenz, eine Anspannung der Muskeln sowie eine Beschleunigung der Atmung. Begleitet werden diese Reaktionen durch eine verstärkte Ausschüttung von Stresshormonen. VERKEHR ALS LÄRMVERURSACHER.
Der Verkehr ist der Hauptverursacher von Lärm. Insbesondere nachts sehen sich viele Personen mit hohen Lärmbelastungen konfrontiert. Bereits ein geringer Lärmpegel stört nachts mehr als tagsüber. Die Folge sind Schlafstörungen. Schlafmangel wiederum führt zu verminderter Leistungsfähigkeit, Kopfschmerzen, zu einer Abnahme der Konzentration, zu seelischer Unausgeglichenheit – die Liste der Folgewirkungen ließe sich lange fortsetzen. Klar ist: Lärm gefährdet die Gesundheit und dementsprechend groß ist der Handlungsbedarf.
LÄRMBEKÄMPFUNG AUF EU-EBENE.
Zum einen erfolgt sie über administrative Maßnahmen in Form der gesetzlichen Festlegung zulässiger Grenzwerte, zum anderen durch technische und planerische Maßnahmen an der Lärmquelle. Mit der Vorgabe der EU zur Bekämpfung des Umgebungslärms, der Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments, gibt es nun erstmals auch auf europäischer Ebene eine einheitliche Vorgehensweise in der Lärmbekämpfung von Verkehr. Die Richtlinie verpflichtet die Betreiber der Verkehrsinfrastrukturen entsprechende Lärmbekämpfungsmaßnahmen zu ergreifen. Grundlage ist eine Lärmkartierung, die aufzeigt, in welchen Zonen der Schallpegel den Grenzwert überschreitet.
teilungen für Tiefbau und Straßendienst haben gemeinsam mit dem Landesamt für Luft und Lärm den von den EU-Richtlinien vorgesehenen Aktionsplan einschließlich der Kriterien für Lärmschutzmaßnahmen für die Straßen in Landeszuständigkeit ausgearbeitet. Auch für die Autobahn liegen Lärmkataster und Aktionspläne bereits vor. Die italienische Eisenbahngesellschaft RFI hat auf Basis eines älteren italienischen Gesetzes ebenfalls einen Sanierungsplan ausgearbeitet. Die Anpassung an die neuen EU-Richtlinien wird allerdings erst bis 2012 erfolgen. „Die Arbeiten sind aber bereits jetzt voll im Gange“, freut sich Landesrat Michl Laimer. Insgesamt gilt für die Umsetzung der im Aktionsplan vorgesehenen Maßnahmen eine Frist von 15 Jahren. ◀
PRIORITÄTENLISTE. Da die Maßnahmen
zur Lärmreduzierung nur schrittweise und nicht gleichzeitig umgesetzt werden können, legt eine Prioritätenliste die zeitliche Reihenfolge der Sanierungsmaßnahmen fest. Diese wird anhand neutraler Kriterien, wie Lärmbelastung oder der Anzahl betroffener Personen, festgelegt. Die Landesab-
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Landesamt für Luft und Lärm Dr. Georg Pichler Tel. 0471 41 18 20 georg.pichler@provinz.bz.it www.provinz.bz.it/umweltagentur/ laerm.asp
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Foto: Photocase.com / time
MOBILITÄT
Wohin geht die Fahrt? Die Automobilindustrie steht vor der größten Herausforderung ihrer Geschichte: Obama will saubere Autos in den USA. General Motors steht kurz vor der Insolvenz. Den Automobilkonzernen laufen die Kunden weg und nach Geschwindigkeit und Prestige muss nun der Mythos „Grün“ verkauft werden. Wie soll es weitergehen? Südtirol Panorama erklärt in 10 Punkten die Zukunft des Privatverkehrs. 34
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MOBILITÄT
1.
Wird der Höhenflug der Luxusautos Bestand haben?
Der neue Porsche Panamera hat in Shanghai Weltpremiere gefeiert
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usgerechnet in Shanghai hat die Weltpremiere des neuen Porsche Panamera stattgefunden, nicht wie erwartet in Zuffenhausen, Mailand oder Detroit. Betrachtet man die weltweiten Absatzzahlen, ergibt diese Standortwahl durchaus Sinn: Denn China könnte noch in diesem Jahr Amerika als Absatzregion Nummer eins ablösen. Während in Europa und den USA eine Absatzflaute bei den Luxuslimousinen herrscht, werden Städte wie Shanghai oder Bombay für die Autobauer zunehmend interessanter.
2.
im März zeigte sich, dass Anschaffungspreis oder Spritverbrauch für die meisten Kunden dieses Sektors weiterhin keine so große Rolle spielen: Wichtig sind Geschwindigkeit, Fahrspaß und natürlich auch neidische Blicke. Während die Massenhersteller stöhnen, präsentieren die Nobelmarken eine Reihe exklusiver Premieren, oft mit limitierten Serien. So werden vom neuen Murciélago SuperVeloce von Lamborghini nur 350 Stück produziert, vom Ferrari F599xx nur zwei Dutzend und vom Bugatti Veyron Centenaire für 1,35 Millionen Euro überhaupt nur ein einziges Exemplar. ABSATZ EINGEBROCHEN. Auch wenn
es immer noch ausreichend Klientel für Prestigeautos über 100.000 Euro gibt, müssen sich seit Anfang des Jahres auch Nobelmarken Gedanken um ihre Absätze machen: Lamborghini musste das erste Trimester mit einem Minus von 35 Prozent zum Vorjahr schließen. Auch Porsche musste auf den weltweiten Märkten
Foto: Bentley
Foto: Porsche
LIMITIERTE SERIEN. Beim Genfer Salon
Luxus-Rakete aus Großbritannien: Der Bentley Continental Supersports
Federn lassen. Der Absatz ist um rund 27 Prozent gesunken. Bei Ferrari dagegen sank der Absatz im ersten Quartal 2009 um 3,3 Prozent auf 441 Millionen Euro, bei Maserati gar um 40,4 Prozent auf 115 Millionen Euro. Dennoch: „Wir reden hier von sehr kleinen Nischenherstellern. Ferrari stellt weltweit im Jahr ja nur 4500 Autos her. Sie werden sich immer gleich gut verkaufen, da der Konsument dieser Autos die Krise nicht so stark spürt. Die Krise spürt ja vor allem die Mittelschicht“, meint Ivo Barchetti von der Autocity in Bozen.
Wird der SUV-Markt einbrechen?
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NEUE MODELLE. Mit Argusaugen schielt
die Autobranche bereits auf den neuen X1 von BMW, der bei der IAA im Herbst zum neuen 4x4-Bestseller aufsteigen soll. Auch
nach der Coupé-Limousine Rapide, die frühestens 2010 auf den Markt kommt, einen neuen Lagonda auf breite Geländereifen stellen. PRESTIGE GESUNKEN. SUVs stoßen trotz
Foto:Audi
ie Zusammensetzung des globalen Autoabsatzes verändert sich in Zeiten der Krise dramatisch: Während das Kleinwagensegment auch 2008 weiter wuchs (plus 6 Prozent), mussten nahezu alle Firmen mit starker Ausrichtung auf Luxuskarossen (minus 19 Prozent) und SUVs (minus 11Prozent) Marktanteile abgeben. Dennoch ist die Begehrlichkeit nach sogenannten Sport Utility Vehicles nach wie vor hoch. Gemessen an Lagerbestand und Produktionsauslastung zählen der Mercedes GLK und der Audi Q5 sogar zu den beliebtesten Fahrzeugen überhaupt. Die letzten Jahre sind die SUVs mit ihrem hohen Sitzgefühl und gutem Überblick zu einem Massentrend und zu einem Prestigeauto geworden. Wobei BMW als einer der Ersten den Trend zum sportlichen Crossover erkannt hat: erst mit der X5-Generation, dann mit der X3-Generation.
Der Absatz des Audi Q7 ist im letzten Jahr dramatisch eingebrochen. Audi hofft auf das neue sparsamere Modell, das im Juli auf den Markt kommen soll
Audi zählt zu den Vorreitern und werkelt im Moment an einem Q3, während Mercedes am BLK arbeitet. Nun möchten auch der Fiat-Konzern und Peugeot in diesem Segment nachziehen. Urgestein Land Rover zeigte auf der New York Autoshow gerade die jüngsten Modelle für Discovery IV, Range Rover und Range Rover Sport. Jeep kontert mit einem neuen Grand Cherokee. Im nächsten Jahr gibt es Nachfolgeversionen von VW Touareg und Porsche Cayenne – beide auch mit Hybridantrieb. Selbst die Edelmarke Aston Martin will
des Booms der letzten Jahre nicht bei allen auf Wohlwollen. Kritisiert werden sie vor allem wegen ihres hohen Verbrauchs. „Zum einen wiegen diese Autos sehr viel und haben oftmals über zwei oder zweieinhalb Tonnen Leergewicht. Um bei solchen Gewichten noch ausreichend Beschleunigung zu erreichen, müssen die Motoren leistungsstark und mit viel Hubraum ausgestattet sein, was natürlich den Verbrauch enorm erhöht“, so Ivo Barchetti von der Autocity. Er meint weiter, dass in Europa und den USA ein immer stärkeres Bewusstsein für den Umweltschutz aufkommt. „Es gibt immer mehr Leute, die sich keinen SUV mehr kaufen. Nicht weil ihnen dafür das Geld fehlt, sondern weil ein Auto mit einem so hohen Verbrauch nicht mehr mit einem positiven Image verbunden ist“, so Barchetti.
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MOBILITÄT
3.
Wie viele Autohersteller wird es in fünf Jahren noch geben?
Der US-Autobauer General Motors kämpft ums Überleben. Zehntausende Jobs stehen auf dem Spiel
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ie Krise am Automarkt trifft nun auch erfolgsverwöhnte Autobauer: BMW und Daimler mussten im April einen Absatzeinbruch von fast 24 Prozent hinnehmen. Besser lief es da für die Volkswagen-Gruppe, weil die Marke VW nur marginal verlor, Skoda leicht zulegte und damit das Minus von Audi ausbügelte. Doch was haben diese Rückgänge zu bedeu-
4.
ten? Werden bestimmte Marken ihre Werke schließen müssen? ZUKUNFT OPEL. Der momentane Überle-
benskampf von General Motors und Opel zeigt, dass auch Megakonzerne nicht vor dem Absturz gefeit sind und dass nach neuen Lösungen gesucht werden muss. Gegen einen Einstieg von Fiat bei Opel spricht
sich Bernhard Schrötter von Meranauto aus: „Fakt ist, dass weltweit ein Produktionsüberschuss an Fahrzeugen von rund 30 Prozent besteht. Deshalb habe ich kein Problem, wenn im Rahmen einer Marktbereinigung ein Betrieb wie Opel die Produktion einstellt. Es werden immer noch genügend Anbieter übrig bleiben, die Autos produzieren. Zudem steckt Fiat mitten in einem drastischen Sanierungsprogramm. Wie will ein Kranker einem Kranken helfen?“ VORTEILE EINER KONZENTRATION. Ganz
anders sieht es Rudi Adami von der Autoindustriale: „Eine Konzentration von Autoherstellern hat nur Vorteile. Neue Entwicklungen können gemeinsam vorangetrieben werden, dies wird sich positiv auf den Preis auswirken und damit auf die Ankurbelung der Gesamtwirtschaft.“ Volkswagen-Chef Martin Winterkorn sprach bereits im März von einer Konzentration. Er rechne damit, dass künftig nur mehr je ein Hersteller aus Japan und China, zwei bis drei europäische Autobauer und ein amerikanischer am weltweiten Automarkt übrig bleiben.
Welche Zukunft hat der Winzling Tata Nano?
Foto: Tata Motors
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ptisch erinnert der Tata Nano an einen Smart – funktional ohne Radio, Servolenkung und ABS keineswegs. „Für mich ist es ein lebensgefährliches Auto, das nicht auf öffentlichen Straßen zugelassen werden dürfte. Der niedrige Preis zeigt, dass Sicherheit hier kein Thema sein kann, es wurde an den wichtigsten Sachen gespart. Hersteller können erst ab einem Verkaufspreis von 6000 Euro ein Minimum an Sicherheit garantieren“, so Rudi Adami von Autoindustriale in Bozen. Das Interesse an dem Winzling mit 35 PS, 105 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit und einem Durchschnittsverbrauch von 4,5 Liter auf hundert Kilometer ist dennoch riesig. In Indien besitzen gerade mal sieben von 1000 Einwohnern ein Auto.
Der Tata Nano ist mit einem Preis von 1540 Euro seit März auf dem Markt
Entwicklungsländern erschwingliches Auto baut. 2011 möchte der Hersteller mit einem Nachfolgemodell auch die Automärkte in den USA und Europa erobern. Dieses Exportmodell soll mit Airbags, ABS und ESP sowie einem stärkeren Motor ausgestattet sein, kostet dafür mit etwa 5 000 Euro auch deutlich mehr. „Ich denke nicht, dass sich dieses Fahrzeug in Europa verkaufen lässt, jedenfalls nicht mit der momentanen Ausführung. Allein aus Sicherheits- und Komfortgründen. Europäer werden eher auf einen Gebrauchtwagen um 4000 Euro setzen, wo technische Extras wie Klimaanlage, elektrische Fensterheber oder Servolenkung bereits serienmäßig sind“, so Herbert Pedross von Auto Pedross in Schlanders. SCHWELLENLÄNDER. Nicht zuletzt wird
ERWERB ÜBER LOTTERIE. Die Aussichten,
einen der Winzlinge zu ergattern, sind aber äußerst gering: Denn Hersteller Tata Motors plant den Verkauf über eine Lotterie, weil die Produktionszahlen mit 30.000 bis 50.000 Autos im ersten Jahr weit unter Plan liegen werden und das Unternehmen dem
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erwarteten Ansturm nicht gerecht werden kann. Der Preis von 1540 Euro für das günstige Auto entspricht dem Dreifachen des durchschnittlichen Jahreseinkommens in Indien. Damit ist Tata Motors der erste Hersteller, der ein für breite Schichten in den
der Tato Nano vor allem in den Schwellenländern einen Absatz finden, weil sich dort die Autoabsätze noch im Steigen befinden. So lag der Pkw-Absatz im März in China um 10 Prozent über Vorjahresniveau und in Indien wurden mit 447.200 Pkw knapp 2 Prozent mehr verkauft.
MOBILITÄT
5.
Wie lange können Abwrackprämien den Absatz sichern?
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NUR EINE TÄUSCHUNG? Glaubt man
den Zahlen, dann kurbeln die Abwrackprämien tatsächlich den Kauf von Neuwagen an. Deutschland und Österreich jedenfalls, wo es diese staatlichen Kaufanreize gibt, waren im April die einzigen Länder, in denen die Verkaufszahlen zulegten. Frankreich und Italien, wo der Staat schon länger den Automarkt stützt, hielten sich zwar besser als der Durchschnitt, dennoch ging der Absatz etwas zurück. Von der Abwrack-
6.
Die Abwrackprämie wurde in Italien bereits vor zehn Jahren eingeführt und hat den Autoabsatz immer wieder angekurbelt. Nach Absetzen dieser Prämie erwarten sich Südtirols Autohändler einen dramatischen Einbruch
Foto: Photocase.com / cydonna
ie Verkaufszahlen sind seit zwölf Monaten im Sinken begriffen. Europaweit wurden im April mit 1,25 Millionen 12,3 Prozent weniger Neuwagen zugelassen als im Vorjahr. Seit Jahresbeginn hinkt der Absatz mit 4,69 Millionen Pkw fast 16 Prozent hinter dem Niveau von 2008 her. Doch sind Verschrottungsprämien für Altautos die Lösung? „Aus Sicht der Umwelt ist die Prämie sicher zu begrüßen, da Leute einen Anreiz bekommen, ihr altes Auto gegen ein umweltfreundlicheres Auto mit einer niedrigen CO2-Bilanz einzutauschen“, so Ivo Barchetti von der Autocity.
prämie profitieren vor allem die Kleinwagenhersteller, so hat Fiat im April ein Plus von 5 Prozent erzielt. Laut Südtirols Autohändler könne die Verschrottungsprämie der Automobilbranche, vor allem jener der großen und teuren Autos, nicht dauerhaft auf die Sprünge helfen und hätte nur eine
kurzfristige Wirkung. „Das ganze Ausmaß wird sich erst in einem Jahr zeigen, dann wird der Absatz radikal einbrechen, denn alles was in diesem Jahr verkauft wird, kann im nächsten Jahr ganz sicher nicht mehr verkauft werden“, so Josef Unterholzner von Autotest in Lana.
Wie sauber sind unsere Autos in fünf Jahren?
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NOCH SCHWACHE TECHNOLOGIE. Die
technischen Probleme stellen die Konstrukteure vor eine große Herausforderung. Beim Elektroauto gibt es immer noch mehrere Hindernisse, die Autofahrer vom Kauf abhalten könnten: „Die hohen Anschaffungskosten, die fehlenden Auflademöglichkeiten, die schwachen Energiespeicher und vor allem die mangelnde Reichweite“, so Hannes Moser vom Autohaus Moser in Bruneck. Ähnlich sieht es bei Autos mit Wasserstoffantrieb aus, der
Foto: Renault
ahrelang hat die Autoindustrie die Hybridtechnologie ignoriert, bei der Entwicklung des Elektroantriebs getrödelt und das Projekt Brennstoffzelle auf Eis gelegt. Der Absatz von leistungsstarken V8Motoren verprach mehr Profit. In Zeiten von Wirtschaftskrise und hohen Ölpreisen sind sich Experten aber einig: Die bisherige Antriebsquelle Öl wird in absehbarer Zeit versiegen und alternative Antriebe werden den Weg in die Zukunft weisen. Doch welches ist die optimale Alternative? Hybrid, Elektro, Gas oder Wasserstoff?
Die Studie auf der Basis des neuen Renault Kangoo Be Bop mit Elektromotor
vor einigen Jahren noch als klimafreundlicher Antrieb der Zukunft gepriesen wurden. „Da Wasserstoff aber nach wie vor Mangelware ist und größtenteils mit fossilen Brennstoffen hergestellt wird, ist der Antrieb noch keine saubere Sache“, so Bernhard Schrötter von Meranauto.
Ob das Konzept „Fahren aus der Dose“ serienmäßige Zukunft haben wird, wird sich vor allem in der nächsten Saison zeigen. Erstmals kommen dann in der Formel I die Hybridantriebe aus Verbrennungs- und Elektromotoren zum Einsatz.
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7. Wann kommen Elektroautos serienmäßig vom Band?
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Um 22.000 Euro macht der Honda Insight die umweltfreundliche, aber bisher komplexe Hybridtechnik erschwinglich
Foto: Honda
lektroautos soll die Zukunft gehören: Bis 2012 wollen alle großen Hersteller Elektromodelle, die weder Lärm noch Abgase produzieren, auf den Markt bringen. Doch es gibt nach wie vor große Probleme: „Da der Strom aus einer Batterie kommt, muss diese aufgeladen werden, je nach Größe und Nutzung spätestens alle 100 bis 150 Kilometer. An der heimischen Steckdose dauert das mehrere Stunden. Bis jetzt eignen sich Elektromotoren eher nur für den Stadtverkehr und für das Umland“, meint Hannes Moser vom Autohaus Moser in Bruneck.
Hinzu kommt, dass es noch keine Klärung darüber gibt, woher der Strom kommen soll. Sprich: Gibt es überhaupt genügend Kraftwerke, in denen Strom erzeugt werden kann? Und wirklich umweltfreundlich können Elektroautos nur sein, wenn ihr Strom aus regenerativen Energiequellen kommt. Doch die stehen noch nicht ausreichend zur Verfügung. „Die Problematik sehe ich vor allem in der ungenügenden Speicherkapazität von Energie. Die mo-
NOCH ZU TEUER. Bis heute ist ein E-Mobil
mindestens 10.000 Euro teurer als ein vergleichbares Auto mit Benzinmotor. „Wer ein Auto um 20.000 Euro kauft, wird kaum bereit sein, es mit einem Elektroantrieb aufzurüsten, wenn man dafür noch mal die Hälfte drauflegen muss. Um Elektroautos serienmäßig verkaufen zu können, dürfte der alternative Antrieb nicht mehr als 3000 Euro kosten“, so Rudi Adami von der Autoindustriale.
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Welche Zukunft haben Reisemobile?
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ie Zeiten, als die Reisemobilbranche noch boomte, sind vorbei. Konnte die Branche 2005 europaweit noch Rekordumsätze verbuchen, ist der Absatz die letzten zwei Jahre massiv eingebrochen: „Bei uns ist der Absatz von Wohnmobilen die letzten zwei Jahre um 20 bis 30 Prozent zurückgegangen. Für die kommenden Jahre erwarten wir noch einen weiteren Rückgang. Es machen sich immer mehr Leute die Rechnung, ob es nicht doch günstiger ist, einen Pauschalurlaub zu buchen“, so Maurizio Maffei von Campertours in Trient.
Margen.“ Insgesamt geht der Trend aber zu kompakteren Fahrzeugen mit einfacherer Technik. „Die Menschen haben keine Lust mehr, sich bei Caravans durch endlos lange technische Anleitungen zu quälen. Sie
Ruggeri Campers in Gardolo spricht sogar von einem Rückgang von 30 bis 40 Prozent. „Allerdings nur in der Mittelklasse mit einem Preis von rund 40.000 Euro. Keine Absatzprobleme haben wir nach wie vor in der Luxusklasse. Wo ein Reisemobil locker 120.000 Euro oder ein Vielfaches mehr kostet, wird der Markt auch künftig stabil bleiben. Hier spielt Geld keine Rolle und auch die Hersteller verdienen noch saftige
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Foto: BMW
UMSATZEINBRUCH. Fabrizio Ruggeri von
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mentanen Batterien sind noch zu schwer, zu platzraubend und zu teuer. Außerdem wurde immer noch nicht die Frage geklärt, wie die Batterien irgendwann mal entsorgt werden sollen“, so Bernhard Schrötter von Meranauto. Um Reichweiten bis 200 Kilometer zu ermöglichen, die als untere Grenze der Akzeptanz gelten, müsste nach VW die heutige Lithium-Ionen-Batterie um den Faktor zehn verbessert werden. Bis dahin könnten wohl noch 20 Jahre vergehen.
Lounge auf Rädern: Das lässige Camping-Gespann von Airstream und Mini
wollen vor allem bequem reisen und Spaß haben“, so Ruggeri. COOLES CAMPING-DUO. Eine Art rol-
lendes Designmuseum wurde kürzlich auf dem Salone del Mobile in Mailand präsentiert. Ein cooles Campinggespann von Airstream und Mini, das an Lässigkeit kaum zu überbieten ist: Das ideale Camping-Duo für Beachboys und Tiefseetaucher. Die komplette Seitenwand des Airstreams lässt sich nach unten klappen. Im geöffneten Zustand dient sie als Liegewiese. Das Innere lädt zum Verweilen ein. Campingausstattung sucht man hier allerdings vergeblich: Es gibt keine Toiletten und auch eine Küche fehlt an Bord. Dafür findet man einen Holzboden im Stil eines Bootsdecks, eine Bar und ein paar loungige Stühle der Designerin Arne Jacobsen. Im Mini ist dagegen die Sportausstattung montiert, im Kofferraum zwei Sauerstoffflaschen und auf dem Dach ein Surfbrett. Leider wird das Gespann nie in Serie gehen, denn der Mini darf nur bis zu 750 Kilogramm ziehen und der Airstream wiegt schon leer das Doppelte. Schade!
MOBILITÄT
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Kann grün auch sexy sein?
Foto: Fisker Automotive
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nd wie! Mit alternativen Elektroautos, die so attraktiv sind wie herkömmliche Sportflitzer. Viele Autofreunde fürchteten die Entwicklung von Elektroautos als Ende der Freude am Fahren. Doch gleich zwei Modelle beweisen das Gegenteil: Den Anfang machte Tesla, jetzt folgte der Fisker Karma, an dessen Projekt der Meraner Gianfranco Pizzuto als Investor beteiligt ist.
Der Karma Fisker kommt im November um 90.000 Euro in den europäischen Handel
GRÜNE SPORTWAGEN. Beide Sportwagen
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terüberwacht. Sollte die Kühlung ausfallen, droht eine Kettenreaktion an Explosionen. Dennoch: Daimler glaubt an die Zukunft
Foto: Tesla Motors
haben rein von der Optik nichts mit einem Öko-Auto gemein. Das Design des von Tesla Motors in Kalifornien (USA) gegründeten Tesla Roadster basiert auf dem Sportwagen Lotus Elise. Und selbstverständlich spricht auch die Leistung für sich: Mit 185 kW (252 PS) schafft es der Tesla Roadster auf über 200 km/h. Von null auf hundert in rund vier Sekunden, so etwas kannte man von Elektroautos bisher nicht. Einziger Wermutstropfen: Insgesamt 7000 LaptopBatterien sind in den Tesla eingebaut. Diese Batterien können gefährlich heiß werden, von daher ist jede einzelne Zelle compu-
Spirit statt Sprit: Der Tesla Roadster
von Tesla und ist mit 10 Prozent in das amerikanische Unternehmen eingestiegen. Der knapp fünf Meter lange Fisker Karma dagegen wurde von Aston Martins ExDesigner Henry Fisker entworfen. Angetrieben wird das luxuriöse Hybrid-Coupé von zwei Elektromotoren und einem 260 PS starken Vierzylinder mit zwei Litern Hubraum und Turboaufladung. Ziehen alle Triebwerksarten an einem Strang, so bringt der in Finnland produzierte Karma 408 PS und 1000 Nm Drehmoment auf den Boden. Mittlerweile arbeitet auch der Allgäuer Hersteller Alois Ruf an einem Pionierprojekt: dem ersten deutschen Elektro-Sportwagen namens ER auf Basis des Porsche 911er. Drei Sportwagen also, die schnell, sparsam, umweltfreundlich und vor allem leise sind. Doch vor allem Letzteres kann für nichtsahnende Fußgänger zu einer Gefahrenquelle im Straßenverkehr werden. Um die Elektroautos akustisch aufzuwerten, wurde das sogenannte Akustik-Tuning erfunden: Geräuschmodule, die jeden beliebigen Motorsound imitieren.
Wird der Fahrer künftig überhaupt noch eine Rolle spielen? rer empfängt sie, wertet die Daten aus und gibt sie sofort an andere Fahrzeuge weiter – stille Post auf elektronischem Weg, aber ohne Übermittlungsfehler. DAS AUTO DENKT MIT. Das Kommuni-
Foto: BMW
Wie diese Studie Connected-Drive von BMW zeigt, sind die Autos der Zukunft alle miteinander vernetzt
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pätestens 2020 werden Fahrzeuge rund um die Uhr online sein. Sie tauschen untereinander Daten aus, rufen Informationen ab und sind mit dem Internet verbunden. Connected-Drive heißt die automobile Zukunft bei BMW, Connected World bei Volkswagen. Die
Elektronikforscher sprechen von Car-to-X Communication. Autos sind nicht nur untereinander, sondern quasi mit jedem beliebigen Punkt am Straßenrand vernetzt. Das alles soll die Kombination von Funk, Internet und Telefon möglich machen. Ein Wagen sendet die Warnmeldung aus, ein ande-
kationssystem der Zukunft soll künftig vor Glatteis, Nebel oder plötzlichen Staus warnen. Aber auch Ampeln, Verkehrsschilder und Parkleitsysteme sollen in das Kommunikationsnetzwerk integriert werden, damit Autofahrer zum Beispiel schon am Stadtrand über freie Parkplätze informiert werden können. Bei Volkswagen wird das Auto sogar mit der eigenen Wohnung vernetzt. Klingelt der Postbote zu Hause an der Tür, wählt die Türsprechanlage den Wagen an, sodass Briefträger und Autofahrer miteinander sprechen können. Außerdem kann der Fahrer unterwegs Kontakt zu Tourismusbüros aufnehmen, um sich die neuesten Veranstaltungstipps zu holen. Die Krönung: In Parkhäusern kann der Fahrer aussteigen und das Auto parkt selbstständig von Sensoren und Videokameras gesteuert in die freie Parklücke.
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MOBILITÄT PR-INFO
Italiens erste Dreiseilumlaufbahn Zwölf Minuten braucht man künftig, um mit der neuen Rittner Seilbahn, der ersten Dreiseilumlaufbahn Italiens, von Bozen auf den Ritten zu gelangen. Präsident Michael Seeber bezeichnet diese Konstruktion der Unternehmensgruppe Leitner als „modernste der Welt“.
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ie Seilbahn ist als Teil des öffentlichen Verkehrsnetzes rund um die Hauptstadt konzipiert. Sie ist täglich von 6.40 Uhr bis 21 Uhr im Betrieb (an Sonn- und Feiertagen ab 7.10 Uhr). Im Sommer sind abends verlängerte Fahrtzeiten vorgesehen. Bei einem Einsatz von maximal acht Kabinen ist ein Vier-Minuten-Takt möglich. Je nach Bedarf kann die Frequenz der Gondeln verringert und somit Energie eingespart werden. Die Kabinen sind mit 24 Sitz- und elf Stehplätzen ausgestattet. Der Seilbahnhersteller Leitner hat so manch technische Neuerung bei der Rittner Bahn umgesetzt, wodurch sie zu einem richtigen urbanen Personentransportmittel wird. Die Gondel bleibt beim Ein- und Ausstieg in den Stationen drei Minuten lang stehen. Die Passagiere kön-
Leitner Technologies. Ein Name, der international konkurrenzfähige Technologie-Unternehmen unter einem Dach vereint. Das 1888 als Maschinenwerkstatt gegründete Unternehmen Leitner aus Sterzing gehört heute zu den weltweit führenden Herstellern von Seilförderanlagen. In den letzten Jahrzehnten ist die Gruppe auch erfolgreich in den Markt für Pistenfahrzeuge (Prinoth) expandiert. Unter der Marke Leitwind entwickelt und produziert die Leitner Gruppe heute auch Windkraftanlagen. Das vierte Geschäftsfeld heißt MiniMetro und bringt das Konzept automatischer Personentransportsysteme aus den Bergen in die Metropolen. Ein erstes Beispiel dafür ist die MiniMetro durch die historische Altstadt von Perugia. Die Leitner Gruppe beschäftigt heute 2.030 Mitarbeiter weltweit und verfügt über Produktionsstandorte in Europa, den USA, Kanada und Asien sowie über 80 internationale Verkaufs- und Servicezentren. 2008 erzielte die Unternehmensgruppe einen Umsatz von 535 Millionen Euro.
Mit Leitners Spitzentechnologie in zwölf Minuten von Bozen auf den Ritten
nen währenddessen in Ruhe aus- bzw. einsteigen, auch mit Fahrrädern oder Kinderwägen. Bei einem Stillstand der Anlage kommt ein innovatives Bergungssystem erstmals zum Einsatz. Zwei Bergefahrzeuge, die sich unabhängig von den anderen Kabinen auf einem eigenen Seil bewegen, können stehende Gondeln in die nächstgelegene Station zurückholen. Die Fahrgäste können dann ganz normal in den Stationen aussteigen und müssen nicht aus den hängenden Gondeln abgeseilt werden. Auch wirtschaftlich steht hinter der neuen Rittnerbahn ein zukunftsträchtiges Modell. Realisiert wurde sie mittels eines Public Private Partnership (PPP) zwischen der Autnomen Provinz Bozen, dem Seilbahnprofi Leitner und der Baufirma Seeste. Die PPP-Abmachung sieht vor, dass Leitner und Seeste im Gegenzug für einen Nachlass auf die Errichtung der Bahn und der Stationen für 40 Jahre lang eine Kon-
zession zur Nutzung diverser Flächen in der Talstation erhalten. Die Talstation beherbergt, neben den Räumlichkeiten für die Bahn, eine 1.195 qm große Fläche für Handel, eine 1.264 qm große Bürofläche sowie 130 unterirdische Parkplätze. Nach 40 Jahren gehen die aufgezählten Flächen an das Land über. Während es sich hierbei um das erste PPPAbkommen in der Provinz Bozen handelt, realisierte die Firma Leitner bereits in Innsbruck mit der Nordkettenbahn ein PPPProjekt (Gemeinde Innsbruck, Strabag und Leitner). ◀
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Leitner Technologies Brennerstraße 34 39049 Sterzing Tel. 0472 72 21 11 info@leitner-technologies.com www.leitner-technologies.com
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MOBILITÄT
Foto: Alexander Alber
„Durch ein professionelles Logistikmanagement kann ein Unternehmen seine Attraktivität am Markt langfristig und nachhaltig steigern“, meint Universitätsprofessor Dominik Matt
Not zur Tugend machen Die Logistik kann über die Attraktivität am Markt entscheiden. Wie Unternehmen durch logistische Effizienz die Krise überwinden können um für den Wettbewerb für morgen gerüstet zu sein.
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ie Logistik – die innerbetriebliche wie auch die überbetriebliche – wird in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen und tendenziell einen wachsenden Anteil der betrieblichen Kosten einnehmen. Umso wichtiger ist es, dass sich Führungskräfte – nicht nur in der Krise – verstärkt dieser Themenstellung annehmen, denn die Einsparpotenziale sind beachtlich. Durch ein professionelles Logistikmanagement kann ein Unternehmen seine Attraktivität am Markt langfristig und nachhaltig steigern.
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ORGANISATORISCHES ÜBERGEWICHT.
Die in den guten Zeiten aufgebauten Kapazitäten erweisen sich im Konjunkturrückgang als schwer zu verbrennende Fettreserven. Erkennt ein Unternehmen die Anzeichen des organisatorischen Übergewichts zu spät, kann das in Krisenzeiten schnell zu Verlusten führen, und im schlimmsten Fall sogar in die Insolvenz. Eilige Bemühungen zur kurzfristigen Kostensenkung kommen dann leider oftmals zu spät und sind dann meistens mit einem erheblichen Personalabbau und mit einer
Bestandsreduzierung verbunden. Dies belegen repräsentative Unternehmensbefragungen. Doch wer in schlechten Zeiten Liquiditätsspielraum schaffen muss, wird dies nur unter erheblichem Wertverlust tun müssen. Dies gilt in ganz besonderem Maße für Bestände. BESTANDSSENKUNGEN. Die mehr als
30 Jahre „Lean Management“ hatten die Unternehmen gelehrt, Bestände als Verschwendung zu betrachten. Die Ursache ist schnell ausgemacht: Bestandssen-
kungen hatten zwar in den langfristigen Strategien der Führungskräfte immer schon eine hohe Priorität, an der sinnvollen Umsetzung in der Praxis aber hat es meist gemangelt. Dabei kann Bestand als eine der schwerwiegendsten Arten von Verschwendung und Wertvernichtung betrachtet werden: Bestände verdecken störanfällige Prozesse, unabgestimmte Kapazitäten, mangelnde Flexibilität und mangelnde Liefertreue. Im Durchschnitt belaufen sich die jährlichen Bestandskosten – je nach Branche und individueller Situation – auf 15 bis 40 Prozent des gelagerten Warenwertes. LOGISTIKKOSTEN. Gerne möchte ich das
an einem Beispiel kurz verdeutlichen: Ein metallverarbeitendes Unternehmen mit einem Umsatz von 8 Millionen Euro hatte im abgelaufenen Geschäftsjahr einen durchschnittlichen Warenbestand von 2 Millionen Euro. Bei einem für diese Branche üblichen Lagerkostenprozentsatz von 15 bis 20 Prozent ergibt sich daraus, dass das Unternehmen im Jahr etwa zwischen 300.000 Euro und 400.000 Euro, also rund 4 bis 5 Prozent des Umsatzes, nur für die Bestandsführung ausgibt! Die negative Auswirkung auf das Unternehmensergebnis liegt auf der Hand, ganz zu schweigen von der Liquidität. Und dabei sind die Bestandskosten nur einer von mehreren Bestandteilen der unternehmensweiten Logistikkosten. Diese nehmen in ihrer Gesamtheit – je nach Branche – einen Anteil von 8 bis 20 Prozent vom Umsatz ein! Vor diesem Hintergrund lohnt es sich mehr denn je, die Logistik in den Mittelpunkt der Kostensenkungsbemühungen zu stellen. Im Wesentlichen setzen sich die Logistikkosten aus vier Blöcken zusammen: ▶ Kosten für die Bestandsfinanzierung ▶ Lagerung, Verpackung und Kommissionierung ▶ Inner- und außerbetrieblicher Transport ▶ Administration und EDV VERMEIDUNG VON STILLSTÄNDEN.
Eine der wohl bewährtesten Methoden zur ganzheitlichen Reduzierung aller vier genannten Positionen der gesamten Logistikkosten ist die Wertstromoptimierung. Der Schlüssel ist hierbei, das Material „zum Fließen“ zu bringen, und durch die Vermeidung von Stillständen Verschwen-
Foto: suedtirolfoto.com / Udo Bernhart
MOBILITÄT
Der Einsatz moderner Lager-, Verpackungs- und Kommissioniertechniken hilft Unternehmen die Logistikkosten deutlich zu reduzieren
dung durch Bestand, Handhabung oder Nacharbeit zu eliminieren. Als ob durch ein Unternehmen eine Wäscheleine liefe: Am Warenausgang dreht sich die Wäscheleine immer dann weiter, wenn Produkte ausgeliefert werden. Die Wäschestücke werden nach Bedarf von der Leine genommen und am Wareneingang werden die Lücken wieder durch Rohware oder Komponenten bestückt, um am frei gewordenen Platz auf der Wäscheleine wieder nasse Stücke unterzubringen. Kontinuierliche Fließfertigung ist die effektivste Art zu fertigen, und selbst ein kundenauftragsspezifisch arbeitender Einzel- oder Kleinserienfertiger kann mit etwas Kreativität, diesen Fließzustand erreichen oder ihm sehr nahekommen. Durch oftmals höchst einfache Maßnahmen kann die Durchlaufzeit dabei um bis zu 80 Prozent reduziert werden. In proportionalem Maße verringern sich dabei natürlich auch die Bestände und der dafür bislang benötigte Platzbedarf. Darüber hinaus reduziert sich die Anzahl an Transport- und Handhabungsvorgängen beachtlich. EINSATZ MODERNER TECHNIKEN. Die
Einführung intelligenter Handhabungsprozesse in Verbindung mit dem Einsatz moderner Lager-, Verpackungs- und Kommissioniertechniken hilft gerade jenen Unternehmen, die Logistikkosten deutlich zu reduzieren, die sich aufgrund wachsender Marktanforderungen schon mit nahezu versandhausartigen Logistikabwicklungen konfrontiert sehen – ein
typisches Beispiel hierfür ist die Lebensmittelindustrie. KOSTENREDUZIERUNG. Die konsequente
Umsetzung des Fließprinzips über die gesamte Wertschöpfungskette stellt auch im Zusammenhang mit den Transportaufwendungen die „Zauberformel“ für Kostenreduzierungen dar. Dabei spielt die Betrachtung der strategischen Kernkompetenzen des Unternehmens eine wichtige Rolle. Durch das Insourcing strategisch interessanter Herstellungsprozesse, die das Kernkompetenzprofil des Unternehmens sinnvoll ergänzen, können Wertschöpfungsstufen zusammengezogen und unnötige Logistikkosten gespart werden. Andernfalls kann die Auslagerung von Lager-, Handhabungs-, Verpackungs- und Transportaktivitäten an professionelle Logistikdienstleister eine interessante, fixkostenreduzierende Option darstellen. Ein weiterer wichtiger Schritt für Kosteneinsparungen ist der Abbau von Informationsdefiziten sowohl innerhalb des Unternehmens als auch im Zusammenspiel mit Zulieferern und Kunden. Die mehrfache Generierung von Stammdaten entlang der Wertschöpfungskette ist ein verbreitetes Problem, das nicht selten mit einem enormen Aufwand an Personaleinsatz für wiederholte Dateneingabe sowie für Fehlerbehebung durch fehlerhafte Datenübertragung verbunden ist. ◀ DOMINIK MATT*
*Der Autor des Beitrages ist Professor für Logistik und Produktion an der Freien Universität Bozen
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MOBILITÄT
Foto: OHB-System AG
Die Welt der Raumfahrt trägt die Handschrift des Latschers Manfred Fuchs
Vinschger Mondfan Die moderne Raumfahrt ohne Manfred Fuchs wäre undenkbar. In fast allen wichtigen Weltraummissionen steckt eine Idee oder eine Entwicklung des Mannes aus Latsch, der heute von Bremen aus agiert und weiter Erfolgsgeschichte schreibt. Ein Gespräch über die Zukunft der Raumfahrt.
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ie Raumfahrt ist seine größte Leidenschaft. Mit 17 der jüngste Pilot Italiens, ging der gebürtige Vinschgauer Manfred Fuchs mit 18 zum Flugzeugbaustudium nach Deutschland und arbeitet heute mit seinen 70 Jahren immer noch an den größten internationa-
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len Raumfahrtprojekten. Dafür ist er rund um den Globus unterwegs. Heute ist er Vorstandsvorsitzender der OHB-System AG, der größten privaten Raumfahrtfirma Deutschlands, die als börsennotiertes Unternehmen zahlreiche Tochtergesellschaften im In- und Ausland hat.
Seine Branche scheint von der Wirtschaftskrise kaum betroffen. Während andere Wirtschaftsbereiche um ihre Existenz bangen, sorgen volle Auftragsbücher in seiner Firma für jede Menge Arbeit für die nächsten Jahre. Zu seinen aktuellen Entwicklungsgebieten gehören unter an-
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MOBILITÄT schon mit dem Auftrag von acht Satelliten glücklich, aber es dürfen natürlich auch gerne mehr werden. Für uns als größtes deutsches Raumfahrtunternehmen ist Galileo ein wichtiges Projekt. Wir rechnen uns dabei sehr gute Chancen aus.
SÜDTIROL PANORAMA: Was passiert aktuell in der Raumfahrt?
Bei fast allen wichtigen Raumfahrtprojekten findet man Ihre Handschrift. Haben Sie ein Lieblingsprojekt?
MANFRED FUCHS: Der Kampf um die
Die Entwicklung des Raumlaboratorium Spacelab Anfang der 70er-Jahre und die Entwicklung des Columbus-Raumlabors (hier war Fuchs auch an der Namensgebung beteiligt, Anm. d. Redaktion) war schon eine tolle Sache, dadurch ist die bemannte Raumfahrt nach Bremen gekommen. Aber eigentlich gibt es sehr viele Projekte, die mir viel bedeuten.
Galileo-Satelliten ist momentan sehr spannend. Das ist die europäische Variante des GPS. Ende des Jahres entscheiden die EU und die Europäische Weltraumorganisation ESA, wer den Zuschlag für die 28 Navigationssatelliten erhält. Für das gesamte Galileo-System sind ungefähr 3,5 Milliarden Euro veranschlagt, ein Drittel davon allein für die Satelliten. Und wie stehen Ihre Chancen?
Was fasziniert Sie so sehr an der Raumfahrt? Europa auf dem Sprung zum Mond. Der Moonlander ist die Konzeptstudie eines Mondlandegeräts von Manfred Fuchs
Für mich gibt es neben der Religion nichts Spannenderes. Man sucht nach Antworten auf die Fragen, wo kommen
helios.bz
Möglicherweise wird das Projekt in einzelne Teilstücke unterteilt. Wir wären
Foto: OHB-System AG
derem Aufklärungssatelliten, Navigationssysteme und auch ein neuer Mondorbiter. Alles Zukunftsmusik? Weit gefehlt. Geht es nach Manfred Fuchs, wird der Mond schneller bewohnt sein, als es uns lieb ist.
Ru h e s t ö r u n g
Tag gegen ternationalen in am h, lic hr Jä gsreihe e Veranstaltun Lärm, macht di a. Lärm zum Them “Ruhe bitte”, w w w.provinz
AUTONOME PROVINZ BOZEN - SÜDTIR OL Landesagentur für Umwelt
PROVINCIA AUTONOMA DI BOLZANO - ALTO ADIGE Agenzia provinciale per l'ambiente
.bz.it/umwelta
gentur
MOBILITÄT zeugbau studiert. In Hamburg habe ich auch meine Frau Christa kennengelernt. In Bremen sollte ich eigentlich nur sechs Wochen bleiben. Das war 1961. Und heute bin ich immer noch hier.
Foto: OHB-System AG
Ganz nach Südtiroler Art arbeiten Sie in einem Familienunternehmen. Was schätzen Sie daran?
Professor Manfred Fuchs und sein Familienunternehmen OHB setzen mit Erfolg auf kleine geostationäre Kommunikationssatelliten
wir her und wo gehen wir hin. Letztendlich sind wir nur ein kleiner Punkt in einer Vielzahl von Galaxien im Universum. Wir können aber auch neue Erkenntnisse erlangen, zum Beispiel über Meteoriten wie Apophis. Der soll in zwanzig Jahren die Erde erreichen und könnte im Einschlaggebiet große Verwüstungen nach sich ziehen. Mit Teleskopen auf dem Mond wären die Bahnen besser zu berechnen. Die Amerikaner arbeiten bereits intensiv an Gegenmaßnahmen. Auch wir führen hierfür Studien durch. Das klingt nach Science-Fiction ...
Ja, das ist auch sehr fantastisch. Aber ohne die Raumfahrt wären wir in vielen Lebensbereichen mittlerweile aufgeschmissen: Fernseh- und Datenübertragungen, Telefondienste, Navigationssysteme oder Tele-Medizin wären überhaupt nicht denkbar. Ganz zu schweigen von Aufklärungs- und Radardiensten. Von Krise also keine Spur?
Wir merken eigentlich wenig von der Krise. Die Programme, aus denen unsere Aufträge überwiegend stammen, stehen mit einem Vorlauf von vier bis fünf Jahren meist langfristig fest. Die letzten großen Entscheidungen sind erst im vergangenen Jahr gefallen. Da war von der Krise noch keine Rede. Was die
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nächsten Projekte angeht, müssen wir abwarten. Wir Raumfahrer haben gerade eine gute Zeit. Für unser Unternehmen kann ich nur sagen, wir entlassen nicht, sondern suchen nach Fachkräften. Wie kommt es, dass Sie ausgerechnet in Bremen tätig sind?
Ich bin mit 18 Jahren nach München und Hamburg gegangen und habe Flug-
Meine Frau ist Kauffrau und hat 1981 die Firma OHB gekauft. Damals hieß sie noch „Otto Hydraulik Bremen“, später wurde es in „Orbitale Hochtechnologie Bremen“ umgewandelt. Ich bin 1985 mit eingestiegen. Gemeinsam mit unserem Sohn Marco, Rechtsanwalt und auch im Unternehmensvorstand, sind wir ein gutes Team. Aus der einstigen kleinen hydraulischen Werkstatt, die meine Frau mit fünf Angestellten gekauft hat, ist ein Global Player mit mittlerweile mehr als 1.500 Mitarbeitern geworden. Sie sind Honorarkonsul von Kasachstan. Ein sehr exotischer Titel. Wie kam es dazu?
Henning Scherf, ehemaliger regierender Bürgermeister von Bremen, hat mich vorgeschlagen. Der kasachische Botschafter hatte ihn nach einem Fachmann auf dem Raumfahrtsektor gefragt. Kasachstan ist aufgrund seiner Bodenschätze relativ wohlhabend und wollte auch in die Raumfahrt einsteigen. Ich habe dann im letzten Jahr zugesagt und fungiere seitdem als Berater.
Der Aerospace-Entwickler. Manfred Fuchs wurde 1938 in Latsch geboren. Nach dem Flugzeugbaustudium in München und Hamburg war er als Entwicklungsingenieur für Aerodynamik/Flugmechanik beim Hamburger Flugzeugbau, später als Raumfahrtingenieur bei Erno (Entwicklungsring Nord) in Bremen beschäftigt. Wichtige Projekte wie die Europa-Rakete (Ariane 1), Spacelab oder Columbus wurden von ihm mitentwickelt. 1985 erfüllte er sich den Traum der Selbstständigkeit und erwarb Anteile an der OHB-System GmbH, dem Unternehmen seiner Frau Christa. Seit Anfang 2002 ist Fuchs Vorstandsvorsitzender der OHB-System AG und Vorstandsmitglied bei der OHB Technology AG. Hier zählen die Geschäftsbereiche Raumfahrt und Sicherheit zu seinen Verantwortungsbereichen. Die Universität von Mailand (Politecnico Milano) verlieh ihm 2005 die Ehrendoktorwürde. Seit Juni 2008 ist er Honorarkonsul von Kasachstan. Manfred Fuchs ist seit 1960 mit Christa verheiratet. Seine beiden Kinder, Marco und Romana Fuchs, sind Rechtsanwälte. Marco Fuchs ist in der Fuchs-Gruppe Vorstandsvorsitzender der OHB Technology.
Und was kommt als Nächstes?
Ich bin ein großer Mondfan. Seit fünf Jahren arbeiten wir an intensiven Mondstudien innerhalb des Mona-Lisa-Projektes. Eines der Kernelemente ist dabei ein vielseitig einsetzbares lunares Landefahrzeug für den Transport kleiner Nutzlasten zur Mondoberfläche. Das ist sehr spannend. Es kann nicht sein, dass ein so hoch entwickeltes Land wie Deutschland oder der gesamte europäische Raum bei diesem Rennen noch nicht dabei ist. Japan, China, Indien sind da schon viel weiter. Es sind aber erst sechs Prozent der Mondoberfläche kartografiert. Also noch viel zu tun. In wenigen Jahren werden auf dem Mond Dörfer gebaut, daran arbeiten die Amerikaner schon mit Hochdruck. Aber auch zur Energiegewinnung ist der Mond ein wichtiges Forschungsgebiet. ◀ MELANIE OCKERT
ganzheitlich
langfristig
wirtschaftlich
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GELD & FINANZEN
Die Sehnsucht nach Eigenkapital
Foto: Photocase.com / Chobe
Eigenkapital galt in den letzten Jahren als konservativ und zu teuer. Lieber setzten die Unternehmen auf die spekulativen Geschäfte von Hedgefonds und erhofften sich davon traumhafte Renditen. Heute entscheidet die Höhe des Eigenkapitals über die Existenz eines Unternehmens. Aber woher sollen Unternehmen das Geld nehmen, wenn Banken kaum noch Kredite gewähren? Eine Spurensuche.
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BÖRSE AKTUELL
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ie Tage unkomplizierter Geldpolitik sind gezählt. In der Krise überleben nur jene Unternehmen, die solide aufgestellt sind. Die Kapitalausstattung entscheidet hierbei über ihre Existenz. Das Geld wird knapp, nicht nur in Unternehmen sondern auch für Banken und den Staat. Die letzten Jahre haben sich viele Unternehmen in der Illusion gewogen, jederzeit an günstiges Geld zu kommen. Konzerne kauften ihre eigenen Aktien zurück, um vermeintlich überflüssiges Eigenkapital loszuwerden und die Rendite aufzuhellen. Heute sind ihre Bilanzen so dramatisch, dass sie sich nach nichts mehr als Eigenkapital sehnen. Doch wer hat heute noch genügend davon und von wem kriegt man noch eines? Der Run auf das Eigenkapital ist eröffnet. LONDON. Der G-20Gipfel in London Anfang April sollte den Weg in eine neue Ära ebnen. Die Erwartungen waren hoch. Die Grundlagen für eine Neuordnung der Weltfinanzmärkte sollten geschaffen werden. Das Ergebnis: neue Regeln für die Finanzmärkte, mehr Geld für den Internationalen Währungsfonds (IWF), den Welthandel und die Entwicklungsländer. Barack Obama und die EU setzen Zeichen: Hedgefonds werden künftig reguliert, Ratingagenturen kontrolliert, Steueroasen ausgetrocknet, es gibt einen Verhaltenskodex für die Managervergütung und das wohl wichtigste Ergebnis: Die Banken müssen in guten Zeiten mehr Eigenkapital zurücklegen. Künftig sollen strengere Eigenkapitalvorschriften gelten. Mit der Überarbeitung von Basel II soll es Kreditinstituten unmöglich gemacht werden, ohne ausreichende Kapitalbasis extrem riskante Papiere zu kaufen. In Zukunft sollen sie in wirtschaftlich guten Zeiten höheres Eigenkapital bilden, um darauf in Krisenzeiten zurückgreifen zu können. HOFFNUNG
zum Einsatz, um in möglichst kurzer Zeit sehr hohe Renditen auf das angelegte Kapital zu erzielen. Die langfristige Perspektive spielte hier kaum eine Rolle. Bei Hedgefonds lief es ähnlich: Mit kleinen Anteilen kauften sie sich in große börsennotierte Konzerne ein, deren Aktienkapital breit gestreut ist. Auch hier gilt: Nicht die längerfristige Unternehmensentwicklung ist das Ziel, sondern eine möglichst kurzfristige Maximalrendite. Dabei hantierten sie mit einem äußerst riskanten Kredithebel: Unternehmensbeteiligungen und Spekulationsgeschäfte wurden vorwiegend auf Pump getätigt.
„Je höher die Eigenkapitalausstattung, desto größer ist der unternehmerische Handlungsspielraum.“ Michael Buhl
EIGENKAPITAL GALT ALS KONSERVATIV.
Lange schien diese Milchmädchenrechnung aufzugehen. Immer mehr Konzernlenker machten sich daran, ihre Bilanzen mit vermeintlich billigerem Fremdkapital zu verschönern. Sie versprachen traumhafte Renditen. Eigenkapital dagegen galt als konservativ und wurde vor allem als viel zu teuer eingeschätzt. Großinvestoren und Analysten machten noch zusätzlich Druck: All jene, die dem Trend nicht folgen wollten, nannte man altbacken und versuchten sie mit Ignoranz zu meiden.
AUFSTIEG UND FALL DER HEDGEFONDS.
DAS GROSSE STERBEN. Im vergangenen
Vor dem Zusammenbruch von Lehman Brothers am 15. September und damit vor der weltweiten Finanz- und Bankenkrise schien es so, als wäre Kapital noch ausreichend vorhanden. Die Banken boten billige Kredite und die Börsen erlebten einen Höhenflug. Private-Equity-Fonds arbeiten nach ein und demselben Muster: Unternehmen kaufen, aussaugen und schnell wieder verkaufen. Bei Unternehmensbeteiligungen kamen dabei Anlagestrategien
Herbst beginnt das große Sterben. Vielen Hedgefonds-Anbietern droht das Aus: Investoren flüchten, ihre Abhängigkeit von Aktien verhindert eine Abkoppelung, die Banken erheben eine neue und bisher unbekannte Strenge bei der Kreditvergabe. Das Vermögen der erfolgsverwöhnten Branche, die jahrelang zweistellige Renditen einfuhr, rutschte von 1900 Milliarden Dollar auf rund 1250 Milliarden Dollar ab. Kaum ein Beobachter wagt zu prognostizieren, dass
Neue Konditionen Europaweit ist Italiens Leasingquote im Immobilienbereich immer noch die höchste. Insbesondere die – wie sich heute zeigt – übertriebenen Investitionen in den Jahren 2001/2002 aufgrund der TremontiSteuerbegünstigungen haben zu einem Boom im Immobilienleasing geführt, der sich erst ab 2007 zunehmend abschwächte. Doch die aktuelle Wirtschaftssituation hat auch in Italiens Leasingsektor seine Spuren hinterlassen. Dadurch haben sich vor allem die Bedingungen für Leasingnehmer verändert: Bei den Kreditentscheidungen rückt heute, neben einer einwandfreien Bonität oder etwaigen Garanten, die Immobilie selbst in den Mittelpunkt der Bewertung. Hier zählen vor allem eine gute, möglichst zentrale Lage, sowie eine fungible Architektur und Ausstattung einer gewerblichen Immobilie. Trotz Finanzkrise bleibt die Attraktivität der Leasingfinanzierungsform aber weiterhin bestehen. Insbesondere die verkürzte steuerliche Abschreibungsmöglichkeit bei Immobilien (18 Jahre statt der üblichen 33 Jahre) gewinnt hier an Bedeutung. Stark im Kommen sind auch Leasingfinanzierungen für Projekte im alternativen Energiebereich, vor allem im Bereich der Fotovoltaik. In Kombination mit Kommunalleasing (Leasing für öffentliche Körperschaften) ergeben sich dadurch interessante Finanzierungsmodelle, die in optimaler Weise die Bedürfnisse der öffentlichen Körperschaften abdecken. MICHAEL MEYER ist Delegierter des Verwal-
tungsrates der Hypo Vorarlberg Leasing AG
PORTFOLIO
Sensex Der deutliche Sieg der von der regierenden Kongresspartei angeführten Wahlallianz versetzte den indischen Aktienmarkt in einen euphorischen Taumel. Der Leitindex an der Börse Mumbai stieg um sagenhafte 17,3 Prozent. Damit notieren indische Aktien wieder auf dem Niveau von Juli 2008. THOMAS AMONN
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Der Höhenflug des indischen Sensex
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KOMMENTAR VON THOMAS AMONN
Noch viele Hürden Die jüngsten Daten der OECD könnten deutlicher nicht sein: Im ersten Quartal 2009 ist die Wirtschaftsleistung der dreißig Mitgliedsländer um 2,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal geschrumpft. Dabei hatten bereits die letzten drei Monate 2008 ein Minus von 2,0 Prozent gegenüber dem dritten Quartal 2008 verzeichnet. Mit welcher Wucht die internationale Konjunktur aufs Bremspedal getreten ist, bestätigt eine andere Zahl: Wie die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, werden heuer weltweit 2,6 Millionen Barrel pro Tag weniger Erdöl verbraucht werden als 2008. Mit 83,2 Millionen Barrel pro Tag wird der Ölverbrauch so niedrig sein wie seit 2004 nicht mehr. Doch was machen die Finanzmärkte? Mit ungestümer Geschwindigkeit sind die Aktienindizes von ihren Tiefsständen im März nach oben geschnellt. An den westlichen Börsen ging es innerhalb weniger Wochen um ein Drittel nach oben. In Schwellenmärkten wie Russland betrug die Erholung gar 80 Prozent. Auch die Rohstoffmärkte sind keine Kinder von Traurigkeit: Seit Ende letzten Jahres hat Kupfer um über 50 Prozent zugelegt. Erdöl, das Ende Februar auf 43 US-Dollar pro Barrel gesunken war, hat sich nur zwei Monate später um 20 US-Dollar verteuert. Sicherlich, die Börsen schauen nicht zurück, sondern nach vorn. Dennoch: Die im Kursanstieg eingepreiste Wirtschaftserholung scheint übertrieben. Zwar kann man davon ausgehen, dass wir in den kommenden Monaten bessere Konjunkturdaten sehen werden: Die Lager können nicht unbeschränkt abgebaut werden, also wird ihr Wiederaufbau sich in einem Produktionsanstieg spiegeln. Zudem geht von China, Indien und Lateinamerika ein stützender Effekt aus, da diese Volkswirtschaften sich bislang besser halten, als von Pessimisten befürchtet. Langfristig gesehen bleiben die Herausforderungen aber enorm: Der Kapitalbedarf des westlichen Bankensystems wird die Kreditvergabe auf Jahre belasten. Diesseits wie jenseits des Atlantiks wird die strukturelle Arbeitslosigkeit auf hohem Niveau verharren. Die geringe Auslastung der Kapazitäten wird die Preissetzungsmacht – und damit die Gewinnmargen – der Unternehmen lange Zeit einengen. Die Neuverschuldung der öffentlichen Hand ist so hoch wie in Kriegszeiten und wird sich über kurz oder lang in Form höherer Zinsen und Steuern niederschlagen. Die Finanzmärkte haben schon sehr viel positive Zukunft vorweggenommen. Es ist also wohl an der Zeit, Gewinne mitzunehmen: Die Verarbeitung der vergangenen Exzesse und die Erholung aus der Krise werden Jahre in Anspruch nehmen, an Rückschlägen wird es daher nicht fehlen.
die Branche wieder zu alter Größe und alten Renditen zurückkehren wird.
wie alle anderen Börsen einen Stillstand der Börsengänge erlebt.
RETTUNGSANKER EIGENKAPITAL. Der
SÜDTIROL PANORAMA: Wie stark ist die Eigenkapitalquote der im ATX vertretenen Finanzkonzerne abgesunken?
Zusammenbruch hat noch nicht absehbare Folgen mit sich gebracht. Aber eines ist bereits heute absehbar: Nur mit genügend Eigenkapital schaffen es Unternehmen am Kapitalmarkt zu bestehen. Denn trotz Zinssenkung gewähren Banken nur mehr all jenen Kredite, die als äußerst solide eingestuft
MICHAEL BUHL: Grundsätzlich ist die
Eigenkapitalquote österreichischer Unternehmen in den vergangenen Jahren gestiegen, dennoch ist sie traditionell
Die Suche nach Großaktionären. Kapitalerhöhungen* finden weltweit wieder großen Zuspruch. Die aktuelle Welle von Kapitalerhöhungen der US-Banken weist nach Ansicht der Bank of America auf eine baldige Zunahme von Börsengängen hin. Das starke Anleger-Interesse bei den US-Banken dürfte Firmen bestärken, den Schritt an die Börse zu wagen. Bereits ab Herbst soll die Aktivität zunehmen. Viele der gegenwärtigen Kapitalerhöhungen sind aus der Not geboren. Große Kapitalerhöhungen sind in diesen Tagen oft integrierter Bestandteil eines Gesamtfinanzierungskonzepts. Die Erlöse werden nicht selten für das Rückführen oder Umschichten der Bankverbindlichkeiten verwendet. Doch wie kommen Unternehmen zu Kapitalerhöhungen? Da der Entwicklung von kreditfinanzierten Übernahmewellen und umfangreichen Aktienrückkäufen ein Ende gesetzt werden soll und den Unternehmen das Vertrauen in Hedgefonds fehlt, wird der Ruf nach potenten Kapitalgebern laut. In der Automobilbranche schielt man hierfür in den arabischen Raum. Das Emirat Abu Dhabi und das Scheichtum Qatar sollen beim hoch verschuldeten Autobauer Porsche als Geldgeber in Betracht kommen. Das Emirat Abu Dhabi ist bereits mit 1,95 Milliarden Dollar an Daimler beteiligt. Generell bekommen arabische Scheichs immer häufiger Bittgesuche von Not leidenden europäischen Unternehmen. Tatsächlich steigt ihr Interesse in europäische Technologieunternehmen zu investieren immer stärker. Über das notwendige Kapital dafür ver-
werden. Die Risikoaufschläge für neues Eigenkapital in Form von Aktien oder privaten Beteiligungen sind extrem hoch. Auch den Fondsgesellschaften fehlt Kapital, weil Privatanleger ihr Geld auf Festgeldkonten bringen. Wem keine Kredite mehr gewährt werden, dem bleibt nur mehr der Weg, die eigene Insolvenz anzumelden. Heute muss überlegt werden, wie heimische Unternehmen mit mehr Eigenkapital ausgestattet werden können. Darüber hat Südtirol Panorama mit Michael Buhl gesprochen. Er gehört zum Vorstand der Wiener Börse, die seit Ausbruch der Krise genauso
fügen sie bereits: Die vier Staatsfonds von Kuwait, Abu Dhabi, Saudi-Arabien und Katar sollen vor der Wirtschaftskrise über insgesamt 1250 Milliarden Dollar an Kapital verfügt haben. Und auch nach dem Börsencrash sieht es nicht so schlecht aus: Trotz ihres hohen Kapitals beliefen sich die Verluste bei den Finanzmogulen am Golf auf „nur“ rund 25 Prozent. *Eine Kapitalerhöhung ist die Beschaffung von Eigenkapital durch die Erhöhung des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft. Ihr muss stets ein Beschluss der Hauptversammlung vorangegangen sein. Bei einer Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen werden den Altaktionären mittels Bezugsrecht sogenannte „Junge Aktien“ zu einem festen Preis und in einem bestimmten Verhältnis zu ihrem bisherigen Aktienbesitz überlassen. Sobald die „Jungen Aktien“ den „Alten Aktien“ gleichgestellt sind, entfällt die Bezeichnung „Junge Aktien“. (Quelle: Wiener Börse).
Investorensuche im Emirat Abu Dhabi
niedrig, insbesondere im europäischen Vergleich: Lediglich etwas über 40 Prozent des Kapitals österreichischer Unternehmen wird durch Eigenkapital gedeckt. Ähnlich große Länder wie Ungarn und Belgien weisen dagegen mit 60 bzw. 65 Prozent wesentlich höhere Werte auf. Früher waren Firmenkäufe mit niedrigem Eigenkapital möglich, heute ist das Eigenkapital rar, was hat dies zur Folge?
Die Aufnahme von Fremdkapital für die Finanzierung von Unternehmensakquisitionen hat früher in der Tat eine gerin-
GELD & FINANZEN gere Eigenkapitalquote erfordert. Dies hat sich im Lichte der globalen Krise geändert. Darüber hinaus wirken sich die steigenden Kreditkosten negativ aus. Allerdings werden jetzt verstärkt alternative Finanzierungsmöglichkeiten in Anspruch genommen. Dazu zählen etwa Mezzaninkapital, also weitgehend ungesichertes Risikokapital, das ähnlich einem Darlehen zu verzinsen und zu tilgen ist, oder Unternehmensanleihen.
Mit welchen Strategien können sich Unternehmen heute noch Eigenkapital verschaffen?
Aufgrund des aktuellen Marktumfelds kann Eigenkapital zurzeit am ehesten über Private Equity generiert werden. Bei dieser Finanzierungsform, die für kleinere und mittlere Unternehmen besonders geeignet ist, stellt ein Geldgeber Eigenkapital zur Verfügung und beteiligt sich dadurch direkt am Unternehmen.
Untersuchung der Österreichischen Nationalbank beträgt der Anteil direkt gehaltener börsennotierter Aktien in Relation zum Gesamtvermögen privater Haushalte nur mehr zwei Prozent bei rückläufiger Tendenz. Dennoch betrugen 2008 die Nettoinvestitionen in inländische Aktien trotz Finanzkrise 576 Millionen Euro. Gleichzeitig wurden netto 57 Millionen Euro ausländische Titel verkauft. Weiterhin groß ist das Interesse institutio-
„Wir sehen trotz Finanzkrise ein großes Potenzial bei Privatanlegern.“ Michael Buhl
neller Investoren in österreichische Unternehmen. Hier sind schon seit Langem Investoren aus den USA mit einem Anteil von rund 24 Prozent und Großbritannien mit einem Anteil von etwa 19 Prozent am stärksten vertreten. Weiters sehr aktiv sind institutionelle Investoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Foto: Wiener Börse
Können Sie bestätigen, dass jetzt Rückkaufprogramme von Aktien gestoppt und Dividenden gekürzt werden?
Michael Buhl ist Vorstandsvorsitzender der Wiener Börse
Welche Folgen kann die Unterkapitalisierung vor allem für mittelständische Unternehmen haben?
Bei unterkapitalisierten Unternehmen kann es bei raschem und dynamischem Wachstum zu einer Abhängigkeit von Kreditgebern kommen. Denn Wachstum, Innovation und Investition werden im Idealfall mit Eigenkapital finanziert. Im Prinzip gilt: Je höher die Eigenkapitalausstattung desto größer ist der unternehmerische Handlungsspielraum, der für ein Bestehen bzw. Durchsetzen am Markt notwendig ist.
Der Schwerpunkt liegt hierbei bei Unternehmen, die sich bereits in einer Expansionsphase befinden. Voraussetzungen für den Erhalt von Eigenkapital in Form von Private Equity sind vor allem eine aussichtsreiche Unternehmensstrategie, gestützt durch fundierte Businesspläne, sowie eine bereits vorhandene solide Marktstellung. Wie schätzen Sie die Rolle der Privatanleger ein?
Wir sehen trotz Finanzkrise ein großes Potenzial bei Privatanlegern. Laut einer
Bei Rückkaufprogrammen sehen wir keine signifikanten Änderungen. Bei Dividenden ist die Lage differenziert: Manche Unternehmen beschließen Dividendenzahlungen in derselben Höhe wie im Vorjahr, in manchen Fällen gib es Kürzungen bis hin zu vollkommenen Streichungen. Eine abschließende Einschätzung für das heurige Jahr ist allerdings noch nicht möglich, denn viele Dividenden werden erst im Laufe der nächsten Wochen beschlossen. Die Kapitalerhöhungen für Unternehmen wurden vorbereitet, warum ist die Umsetzung so schwierig?
Die Schwierigkeiten der Umsetzung vieler avisierter Börsegänge und Kapitalerhöhungen liegen meines Erachtens am niedrigen Kursniveau. Unternehmen sind deshalb bei der Ausgabe von jungen Aktien verständlicherweise sehr verhalten und suchen nach alternativen Finanzierungs◀ möglichkeiten. INTERVIEW: VERENA PLIGER
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LUXUS & LIFESTYLE
Foto: Alexander Alber
Wenn Träume wahr werden: Der Meraner Gianfranco Pizzuto vor dem Fisker Karma Coupé in seinem Showroom in Algund
David gegen Goliath Mut allein reicht ihm nicht – er braucht das Risiko. Jetzt sagt er den Großen der Autoindustrie den Kampf an. Der Meraner Gianfranco Pizzuto ist der erste Investor des Elektro-PS-Monsters Fisker Karma. Über einen Mann, der in der Luxusklasse Motorgeschichte schreiben möchte. 52
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LUXUS & LIFESTYLE
F
rauen und schnelle Autos, das ist so eine Sache. Auf der einen Seite verdammen wir die Automatik wegen des hohen C02-Ausstoßes, auf der anderen Seite vergöttern wir sie wegen ihrer Schönheit! Eine verführerische, fast erotische Form soll unser Wagen haben: rund und knackig wie ein schöner Männerpo. Ein Gewissenskonflikt, der bis dato immer auf einen Kompromiss rauslief. Die perfekte Wahl zwischen sexy und sparsam war einfach nicht in Sicht. Bis jetzt!
Markt kommen. Entwickelt wurde er von Henry Fisker, dem ehemaligen Chefdesigner von Aston Martin. Als Fisker von Pizzutos Investitionsplänen hörte, dachte er erst, er habe es mit einem „verrückten Italiener“ zu tun. „Erst als ich mit den zwei Millionen Dollar in Kalifornien aufkreuzte, wurde ihm klar, dass es mir ernst war“, so der 47-jährige Meraner, der im Moment Monat für Monat 30.000 Euro in den Sand setzt um den Showroom in Algund und seine drei Mitarbeiter zu finanzieren. Aber er weiß: Ist der Fisker erst mal auf dem Markt, wird es ein rentables Projekt, an dem er mit drei Prozent beteiligt sein wird. Pizzuto weiß, dass der Fisker Karma Motorgeschichte schreiben
SHOWROOM IN ALGUND. Ich stehe in der
„Ich spiele weder Karten, noch spiele ich um Geld. Ich glaube aber an meine unternehmerischen Fähigkeiten und bin deshalb sehr risikobereit.“ Gianfranco Pizzuto
NACHHALTIGKEIT ALS LEBENSMOTTO.
„Vor zwei Jahren gab es nur eine Zeichnung, heute stehen in meinem Showroom zwei Prototypen. Ich kann es kaum erwar-
Foto: Alexander Alber
Mitte eines weiß getünchten Showrooms am Ortseingang von Algund. Vor mir eine viertürige Sportlimousine, die Konturen
land produzierte Wagen soll es auf eine maximale Leistung von 408 PS bringen und in weniger als sechs Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen. Das Hochleistungsakkupack in Lithium-IonenTechnik im Fahrzeugboden ermöglicht eine maximale Stromreichweite von bis zu 80 Kilometern – bei einem Verbauch von gerade mal 2,4 Liter Benzin auf 100 Kilometer. Praktisch: Das Hybridmodul kann mit 110 oder 220 Volt in der eigenen Garage aufgeladen werden.
Gianfranco Pizzuto ist vom Erfolg und auch von der Rentabilität des Fisker Karma überzeugt. Mit jedem verkauften Modell wird er ab November 3 Prozent verdienen
erinnern an einen Maserati Quattroporte. Hinter mir ein rund 1,95 Meter großer Mann mit leicht grau meliertem Haar. Der großgewachsene Mann strahlt bis über beide Ohren. Dass dieses Auto ausgerechnet in Südtirol steht, ist sein Verdienst. Er war es, der vor zwei Jahren als Erster von fünf Investoren in die Entwicklung dieses Autos mit dem Namen Fisker Karma investierte. Zu einer Zeit, als es noch keinen Prototypen, sondern lediglich ein Rendering gab. Das reichte Gianfranco Pizzuto aber aus, um an die Konzeptstudie zu glauben und dafür einen Großteil seines Vermögens zu riskieren. SCHARFER STYLE, GRÜNER MOTOR. Im
November soll der Sportwagen auf den
wird. Der PS-starke Schlitten hat nicht nur einen scharfen Style, sondern wird auch noch den niedrigsten Verbrauch in seiner Klasse haben. DIE GRÜNE REVOLUTION. Ökoautos hat-
ten es noch nie leicht. Ihr Name versprach weder Coolness noch Vollgas. Trotz eines Toyota Prius oder eines Honda Insight haftete an Ökoautos das Image eines kleinen, unförmigen Wägelchen. Mit dem Fisker Karma hat eine neue Generation sauberer Autos Einzug gehalten. Der knapp fünf Meter lange Fisker mit integriertem Fotovoltaikdach wird von zwei Elektromotoren und einem 260 PS starken Vierzylinder mit zwei Litern Hubraum und Turboaufladung angetrieben. Der in Finn-
ten, bis ich im November meinen eigenen Karma durch Meran fahren darf “, so Pizzuto. Auch ich kann es kaum erwarten, als ich im PS-Protz Platz nehme. Meine Beine beginnen zu kribbeln. Alles hier im Interieur ist animalfree. 800 Leute haben an dieser Entwicklung aus recycelbaren Materialien gearbeitet: Das Eukalyptusholz der Konsolen neben dem 13-Zoll-Monitor wurde nicht gefällt, sondern ist das Übrigbleibsel kalifornischer Waldbrände. Die Stoffüberzüge sind aus Bambus- und Kokosfasern. „Das Verhältnis muss stimmen, es hätte keinen Sinn, ein nachhaltiges Auto zu bauen und gleichzeitig chemische Materialien einzusetzen“, so der Investor. Vorsichtig drücke ich auf den Startknopf. Unter mir sind 408 PS, ich erwarte mir
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LUXUS & LIFESTYLE
Foto: Netcar Show
ein akustisches Motorentuning oder zumindest einen seidenweichen Klang. Und was höre ich? Nichts von beiden! Nur ein kurzes leises Surren! Elektrofahrzeuge sind absolut geräuschlos. Auf Wunsch kann aber ein Lautsprecher mit dem gewünschten Motorensound installiert werden. Einziges Manko: Mit dem Fisker Karma werde ich wohl nie meine vier Freundinnen mitnehmen können, denn er hat nur vier Sitze. Den fünften Sitz in der Mitte nimmt die 500 Kilo schwere Batterie in Anspruch.
Der zwei Tonnen schwere Fisker Karma hat dieselbe Größe wie der Porsche 911
KEIN WACHSTUM OHNE RISIKO. Manch
30 MILLIONEN UMSATZ. Weil er aber Ge-
ein Kritiker mag Gianfranco Pizzuto Übermut vorwerfen. „Ich kann nicht Karten spielen und spiele auch nicht um Geld. Ich glaube aber an meine unternehmerischen Fähigkeiten, dort bin ich sehr risikobereit“, so Pizzuto. In der Vergangenheit hat er dies mehrfach unter Beweis gestellt: Erst mit einem Geschäft in der Meraner Aristongalerie, wo er hausgemachte Pasta herstellt hat und es 1985 mit der „Längsten Lasagne der Welt“ (136 Meter) sogar ins Guinessbuch der Rekorde geschafft hat. Als ihm das Pastamachen ein Jahr später zu langweilig wurde, wechselte er nicht nur Firma, sondern auch Branche. Zwei Jahre lang verkaufte er bei der Firma Seppi in Kaltern Landmaschinen – dann reichte es ihm. „Ich bin als Mitarbeiter nicht leicht zu ertragen. Ich kann mich nicht wirklich gut unterordnen“, so Pizzuto.
fallen am Metier gefunden hatte, gründete er mit zwei Arbeitskollegen die Firma FAE und machte sich mit dem Verkauf von Landmaschinen zum direkten Konkurrenten von Seppi. Pizzuto verantwortet das Händlernetz und expandiert im Laufe der nächsten 18 Jahre in 40 Nationen. Er lebt 18 Jahre aus dem Koffer, seine Familie bekommt ihn nur noch selten zu Gesicht. Heute macht das Unternehmen einen jährlichen Umsatz von 30 Millionen – das Dreifache von Seppi. Neben dem Hauptsitz am Nonsberg führt die FAE Produktionsstandorte in Australien, Berlin, Atlanta, Kanada, Fondo, Sanonico und Gossensaß. BURN-OUT-SYNDROM. Pizzuto lebte für
die FAE, sein Blackberry war 24 Stunden am Tag online. Dann der Zusammenbruch. Seine Frau, mit der er drei Kinder hat, diagnos-
tiziert an ihm ein Burn-Out-Syndrom. „Sie gab mir einen Artikel darüber zu lesen. Von den dort aufgelisteten zehn Symptomen, glaubte ich, an acht bereits zu leiden. Das Schlimmste war, dass ich trotz acht Stunden Schlaf am Morgen noch müder als am Abend davor war“, so Pizzuto. Eine Woche später ruft er seine Partner an und kündigt ihnen eine mehrmonatige Pause an. „Sie haben mich die Callas genannt. Aber für mich war diese Zeit die schönste meines Lebens, ein Sommer wie im Traum“, so Pizzuto. Der Rückflug von den Seychellen sollte sein Leben grundlegend verändern. Hier sieht er in einer Zeitschrift zum ersten Mal das Rendering des Fisker. Den Rest der Erfolgsgeschichte kennen wir: Er verkauft die Anteile an der FAE und steigt bei Fisker ein. Das war vor genau zwei Jahren. Seitdem hat er nur ein Ziel: Dass der Fisker Karma serienmäßig vom Band rollt. MIT GUTEN KARTEN DURCH DIE KRISE.
PS-Rakete mit grünem Gewissen
Foto: GP Supercars
co Pizzuto wird in Meran als Mittelsmann zwischen den europäischen Autohäusern und der Produktion fungieren.
Fürst Albert II von Monaco hat bereits ein Exemplar des Fisker Karma geordert In Villa d´Este hat der Fisker Karma im Mai 2009 den zweiten Platz errungen. Ausgezeichnet als weltweit erstes Plug-In Hybridfahrzeug der Luxusklasse. Rein elektrisch betrieben fährt der Fisker bis zu 80 Kilometer weit. Wird der Ecotec-Benzinmotor zugeschaltet, können rund 480 Kilometer erreicht werden. Der Pilot kann zwischen den verschiedenen Fahrmodi „Sport“ und „Stealth“ wählen. Im Moment wird in Monte Carlo ein Showroom eingerichtet, hier sollen die Autos europaweit präsentiert und ausgeliefert werden. Gianfran-
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An der Produktion und Entwicklung des Fisker Karma arbeiten derzeit 800 Mitarbeiter, im Januar 2010 sollen weitere 500 hinzukommen. Der Sitz des Unternehmens und das Entwicklungszentrum liegen in Irvine (USA), die Produktionsstätte im finnischen Valmet. Insgesamt hat die Entwicklung bis heute 700.000 Dollar gekostet. Die ersten 200 Millionen Dollar für die Entwicklung der Prototypen wurde von fünf privaten Investoren finanziert, wobei Pizzuto der erste Investor war. Die letzten 500 Millionen hat die amerikanische Regierung zur Verfügung gestellt unter der Bedingung, die Produktion der nächsten Modelle nach Amerika zu verlegen um dort die neuen Arbeitsplätze zu schaffen. 2011 soll ein Prototyp des Karma X in der Größe eines Audi A 4 auf den Markt kommen. Der Nettopreis des Fisker Karma beträgt rund 90.000 Euro, bis Mitte 2010 sind die Auftragsbücher bereits voll.
Auch wenn sich der Meraner für den Verkaufsstart eine günstigere Zeit gewünscht hätte, bleibt Pizzuto optimistisch: „Wir haben gute Karten, denn gerade in dieser Krisenzeit ist ein Umdenken im Gange. Dreckschleudern wie ein Porsche Cayenne mit einem Verbrauch von mehr als 10 Litern sind nicht mehr mit einem positiven Image besetzt.“ ◀ VERENA PLIGER
Das etwas andere Interview: Verena Pliger mit Gianfranco Pizzuto im Prototyp des Fisker
LESEZEICHEN
LUXUS & LIFESTYLE
Oben ohne durch den Sommer Es ist Zeit für echtes Open-Air-Feeling. Die neuen Cabrios für den Sommer 2009 versprechen Fahrspaß, Status und ein schnittiges Äußeres – für jeden Cabrio-Typen das passende luftige Modell! Der frische Franzose In 20 Sekunden zieht sich das Stahldach per Knopfdruck zurück und aus dem Coupé wird ein Cabrio. Dank Nackenheizung kann der Peugeot 308 CC nun sogar das ganze Jahr über Saison haben. Das Interieur besticht mit klassischen runden Elementen, der Verbrauch ist mit 5,9 Liter Diesel auf 100 km relativ bescheiden, dafür schafft der Franzose eine Spitzengeschwindigkeit von bis zu 208 km/h. Preis ab 25.800 Euro
Der smarte Sportler
DER VORDENKER
Wir befinden uns mittendrin – mittendrin in einer Absatzkrise, Kosteneinsparungen alleine reichen hier nicht mehr aus. Wenn Umsätze um 30 oder 40 Prozent einbrechen, geht es ums blanke Überleben. Hier ist rasches Handeln gefragt, philosophische Diskussionen müssen hinten angestellt werden. Managementvordenker Hermann Simon schaut in seinem neuen Buch über die Krise hinaus und gibt Managern und Unternehmern 33 konkrete Wege vor, wie sie diese heikle Situation meistern können. INFOS: Hermann Simon, „33 Sofortmaßnahmen gegen die Krise“, Campus Verlag, 24,90 Euro
REISE INSIDER-TIPP
Ein Stahlklappdach ist für den Ingolstädter Autobauer nach wie vor tabu. Stattdessen wird das 240 PS starke A5 Cabriolet von Audi mit einer klassischen Stoffhaube besetzt, die in 15 Sekunden öffnet. Lange Motorhaube, üppiger Radstand und das knackig-kurze Heck schaffen sportliche Proportionen. Preis ab 37.300 Euro
München Der Reinrassige Wieder rollt ein moderner Mythos aus den Werkshallen der Manufaktur Wiesmann in Dülmen. Der MF4 besticht mit individuellem Stil und echter Klasse: Mit knackigen und schwungvoll nach hinten abfallenden Hecks, sportlichem Doppelauspuff, handgefertigten Details im Interieur und 367 PS. Preis ab 128.900 Euro
VON MARKUS STEIDL | Der Ehrenburger
Der Gentleman-Driver Äußerlich hebt sich der neue XKR Cabrio von Jaguar kaum vom bisherigen Modell ab. Mit seinen 510 PS ist er aber um 100 PS stärker und spielt damit in der Liga eines Porsche 911. Für einen Sportwagen ist der XKR sehr komfortabel ausgerichtet mit schlichten und eleganten Instrumenten: Das ideale Gefährt zum Vorzeigen und Cruisen. Ab 112.100 Euro
MUST-HAVE DES MONATS
Stilbewusst reisen Was nutzt ein schnittiges Cabrio ohne die passenden Accessoires? Must-Have für jeden Cabriofahrer ist ein zeitloser Reisebegleiter. Die Trunk-Stücke von Samsonite Black Label vereinen britisches Schneiderhandwerk mit der Qualität italienischer Lederarbeit und sind der ideale Begleiter für einen Cabriotrip nach St. Tropez oder Nizza. Stardesigner Alexander Mc Queen hat sie für alle stilbewussten Nostalgiker in der ikonischen Form designt, die typisch für die 20er- und 30er-Jahre ist. INFO: „Trunk Upright 50“ von Samsonite Black Label, Preis 460 Euro, www.samsoniteblacklabel.com
betreut in der BMW-Stabsabteilung die Strategie für die Entwicklung der Fahrdynamik Ich bin vor elf Jahren nach München gekommen, um Maschinenbau zu studieren, heute bin ich immer noch hier. Wohin man hier auch geht, man kennt immer jemanden. München ist vor allem im Sommer ein Erlebnis: Egal ob beim Grillen am Flaucher (Strand an der Isar), beim Relaxen in den Cafés der Schellingstraße oder beim Joggen im Englischen Garten. ▶ Weiße Edelwelt: Sofadining auf geschwungenen Holzliegen und feinstem Sandstrand im „Nektar beach“ auf der Praterinsel www.nektar.de ▶ Schickeria: Die Edeldisko P1 galt die letzten Jahre als total versnobt. Dank loungiger Terrasse ist sie jetzt wieder im Kommen. www.p1-club.de ▶ Urbane Sportbekleidung: Im Sportskitchen am Gärtnerplatz 6 trifft Fashion auf Sportswear: Von Peak Performance bis J. Lindeberg. ▶ Bunte Kultur: Das kürzlich eröffnete Museum Brandhorst im Pinakothekenviertel ist außen mit 36.000 bunten Keramikstäbchen verkleidet und zeigt hochkarätige Werke moderner Klassiker – von Andy Warhol über Damien Hirst bis Sigmar Polke.
TERMINE DES MONATS
MITTWOCH
DONNERSTAG
02.06.
03.06.
04.06.
SAMSTAG
STOLZER RITT Kastelruth, Seis Der Oswald-vonWolkenstein-Ritt ist das größte Reiterspektakel Südtirols. Start um 9 Uhr bei der Trostburg in Waidbruck, Zieleinlauf bei Schloss Prösels in Völs. www. ovw-ritt.com
Foto: suedtirolfoto.com / Udo Bernhart
11.06.
12.06.-27.06
13.06.
TUTTOFOOD Messe Mailand Von Artischocke bis Ziegenkäse: Die internationale Fachmesse „Tuttofood“ zählt zu den größten Messen im Ernährungssektor und zeigt Genüsse und Consumer Trends. www.tuttofood.it
DREAM-TEAM Gargazon Die Planung und Ausführung im Holzbau zu koordinieren wird immer wichtiger: Die Stiftung der Architekten lädt von 9 bis 12.15 Uhr zu einer Fachtagung ins Vereinshaus. www.arch.bz.it
TABLAUX Galerie Prisma Auf Einladung des Künstlerbunds zeigt der Nürnberger Künstler Hasso von Henninges, Mitglied der Neuen Münchner Künstlergenossenschaft, ab 19 Uhr die Schau „Tablaux“. kuenstlerbund.org
NACHT DER KELLER Weinstraße Bei diesem Weinerlebnis werden die Teilnehmer von Shuttlebussen zu 31 verschiedene Keller der Weinstraße gebracht. Von 17 bis 24 Uhr. www.suedtiroler-weinstrasse.it
STERNBACH Ratschings Die Sonderausstellung „Tyroler! Vorwärts!“ im Schloss Wolfsthurn widmet sich der Adelsfamilie Sternbach. Sie war in die Geschehnisse von anno 1809 verwickelt. www.wolfsthurn.it
Foto: suedtirolfoto.com / Udo Bernhart
18.06.
21.06.-24.06.
KREDITDEALS Wifi Antworten auf die Frage, wie bei Kreditverhandlungen kostengünstige und zweckmäßige Kreditaufnahmen erreicht werden können. Plus: Vorbereitung auf Bankgespräche. www.wifi.bz.it
FESTIVAL Cernobbio Das „Festival Cittá di Cernobbio“ am Comer See wird mit fünf großen Konzerten eröffnet, u.a. mit den Stuttgarter Philharmonikern. Direkt am See vor herrlicher Kulisse. Tel. 031 33 479 31
24.06.-28.06
26.06.-05.07
27.06.-31.07.
CHOIRFESTIVAL Hochpustertal Das „Alta Pusteria International Choir Festival” präsentiert Volkslieder, Gospels und Opern aus der ganzen Welt. In 40 verschiedenen Siedlungen von Bruneck nach Silian. www. festivalpusteria.org
JAZZFESTIVAL Messe Bozen Jazz vom Feinsten bei 60 Konzerten in Südtirols Städten, auf Schutzhütten und Weinhöfen. Musikalisches Highlight ist das Hauptabendprogramm „Mainstage“. www.suedtiroljazzfestival.com
OPER München Die Opernfestspiele in der Bayerischen Staatsoper sind der Höhepunkt und Abschluss des Münchner Opernjahres. Den Auftakt macht Giuseppe Verdis Aida. www.bayerische.staatsoper.de
02.07.-26.07.
Foto: Tiroler Festspiele
29.06.
17.06.
Südtirol Panorama Juni | 2009
FESTSPIELE Erl in Tirol Die Tiroler Festspiele unter der Leitung von Gustav Kuhn zeigen im Passionsspielhaus u.a. die Neuinszenierung von Richard Wagners „Meistersinger von Nürnberg“. www.tiroler-festspiele.at
03.07.
Foto: Bayerische Staatsoper
16.06.-15.11.
TANZSOMMER Innsbruck Eröffnet wird der „Tanzsommer 2009“ mit dem Besten, was Spanien in Sachen Tanz zu bieten hat – der „Compania Nacional de Danza“ mit dem Choreografen Nacho Duato. www.tanzsommer.at
05.07. Foto: suedtirolfoto.com / Othmar Seehauser
Foto: suedtirolfoto.com / Helmuth Rier
10.06.-13.06
WEIN & ITALIEN Seminar Die wichtigsten Informationen über die Weinbaugebiete Italiens, über das Klima, Weinsorten und über die gesetzlichen Grundlagen. Plus Verkostung von typischen regionalen Weinen. www.hgv.it
15.06.-17.07.
SONNTAG 07.06.
08.06.
22.06.
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FREITAG
Foto: suedtirolfoto.com / Udo Bernhart
DIENSTAG
Foto: suedtirolfoto.com / Othmar Seehauser
MONTAG
MARATONA Messe Bozen Das legendäre Radrennen „Maratona dles Dolomites“ geht zum 25. Mal über die Dolomitenpässe Pordoipass, Sellajoch, Grödner Joch oder Falzaregopass. Start ab 5.30 Uhr in La Villa, www.maratona.it
EVENT DES MONATS
Alpen & Architektur Südtirol verbindet Alpines mit Mediterranem, Spontanität mit Verlässlichkeit, Natur mit Kultur. Wie Architektur in den Alpen optimal umgesetzt werden kann, haben international tätige Architekten bei der „Alpitecture“ erörtert. Ein Streifzug zu den Highlights Südtiroler Architektur.
Der ehemalige Extrembergsteiger Reinhold Messner begeistert mit seinen Architekturkonzepten
Die 29 Teilnehmer der Alpitecture vor dem Messner Mountain Museum
Architektur trifft auf Wein: Bei der Bozner Weinkost auf Schloss Maretsch
Besichtigung des Paradeunternehmens Frener & Reifer in Brixen
Foto: EOS-Export Organisation Südtirol
Architekt Andreas Gottlieb Hempel und Klaus Höller
Toni Erlacher führt durch seinen Betrieb „Erlacher Innenausbau“
Organisator Markus Walder von der EOS – Export Organisation Südtirol
Leo Andergassen und Harald Pechlaner referieren über die historischen und regionalen Entwicklungen
Klaus Höller von der Tischlerei Höller
Gert Lanz von Lanz Metallbau aus Toblach
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PERSONALIEN
Was macht eigentlich … … Roland Riz? Er ist einer der ganz Großen der Südtirolpolitik – einstiger Chefdiplomat und brillanter Anwalt. Neben der Wahrheitsfindung gilt seine Liebe der modernen Kunst. Sie hält ihn jung. Ebenso wie die Arbeit in seiner Kanzlei und die fünfzehn Enkelkinder. SÜDTIROL PANORAMA: Sie haben gerade Ihren 82. Geburtstag gefeiert und leiten immer noch eine Anwaltskanzlei, wie machen Sie das?
Haben Sie es aus diesem Grund auch vermieden, einen Ausblick auf die Zukunft ihrer Partei zu wagen?
Die Verankerung des Pakets war für mich der letzte wichtige Akt meiner politischen Karriere und nach 1996 habe ich mich komplett aus dem politischen Leben zurückgezogen. 39 Jahre waren genug. Ich bin zwar immer noch Wähler und Mitglied der SVP, mehr aber auch nicht. Natürlich bin ich nicht immer begeistert von dem, was aktuell passiert und ich würde den derzeitigen Zustand der Partei auch nicht als „crescens et florens“ beschreiben, aber Konkreteres werden Sie mir dazu nicht entlocken können.
ROLAND RIZ: Ich arbeite heute nur noch
acht, statt wie früher 15 Stunden. Die Kanzlei führe ich gemeinsam mit meiner Tochter und meinem Schwiegersohn – so lassen sich Alter und Arbeit vereinbaren. Sie haben in ihrer Anwaltskarriere viele aufsehenerregende Prozesse geführt. Unter anderem waren sie mit der Verteidigung von Peter Paul Rainer und der Südtirolattentäter betraut. Sind Ihre Fälle heute immer noch so spektakulär?
Nein, weil es insgesamt einfach weniger spektakuläre Prozesse gibt. Aber ich würde auch heute noch solch schwierige Fälle mit Freuden übernehmen. Ich habe ganz einfach Freude am Suchen und Finden der Wahrheit. Es gibt ja längst nicht immer nur ein „Schuldig“ oder „Unschuldig“ wie in den alten Western. Oft gibt es Rechtfertigungsgründe oder mildernde Umstände, die es zu berücksichtigen gilt. Insofern kann nicht nur der Gewinn eines Prozesses sondern auch ein milderes Urteil ein Erfolg sein. In Ihrer Reihe „1809-2009 – Geschichte trifft Zukunft“, malen Sie ein düsteres Südtirolbild für das Jahr 2050. Halten Sie die Autonomie für gefährdet?
Ja, weil Sie zu wenig gehütet wird und deshalb halte ich meine pessimistische Sicht für durchaus realistisch. Aber ich habe eines gelernt in meiner politischen Karriere: Hüte dich kritisch zu sein gegenüber den Jetzigen. Wer kritisieren will, muss auch bereit sein mitzuarbeiten. Man kann nicht hinter dem ‚Hollerbusch‘ sitzen und herausmaulen.
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Südtirol Panorama Juni | 2009
Wie haben Sie als Kunstliebhaber die Debatte um den Kippenberger-Frosch erlebt? Der 82-jährige Roland Riz ist Vater von sieben Töchtern und hat mittlerweile 15 Enkelkinder
Der Chefdiplomat Roland Riz ist einer der dienstältesten Politiker Südtirols. Als er 1957 zum Vizebürgermeister von Bozen gewählt wurde, war er gerade 30 Jahre alt. Bereits ein Jahr später schaffte er den Sprung ins römische Abgeordnetenhaus. Dort saß er mit nur einer fünfjährigen Unterbrechung (1963-1968) bis zum Jahr 1987. Anschließend wechselte er in den Senat, dem er bis 1996 angehörte. Als Nachfolger von Silvius Magnago stand er der Südtiroler Volkspartei zwischen 1991 und 1992 als Obmann vor und brachte das Südtirolpaket mit der Streitbeilegung vor der UNO zum Abschluss. Als Anwalt und Strafverteidiger brillierte er ebenso wie als Experte für italienisches Straf- und Verfassungs- und Autonomierecht. Seine Verdienste wurden sowohl in Italien als auch in Österreich mit den höchsten staatlichen Ehrungen gewürdigt.
Das war ein Skandal, der vorprogrammiert war. Ich hatte die gleiche Froschpolemik bereits zuvor in Innsbruck erlebt, danach ging der Frosch nach Regensburg und Salzburg – überall die gleiche Aufregung. Man hat in Bozen also genau gewusst, was anderswo passiert ist. Ich habe den Kippenberger persönlich gekannt und er war ein hervorragender Künstler, aber ist immer auch ein Provokateur gewesen und deshalb war die Positionierung des Werkes sicher falsch. Aber Frauen provozieren halt gern. Im Ergebnis war das Ganze aber wohl eher schlecht für Südtirols Kunstszene. Ihre Wünsche für die Zukunft?
Ich möchte in geistiger Frische alt werden. Ich kann mich heute noch an Einzelheiten aus Prozessen vor 30 Jahren erinnern. Und ich werde mich noch in zehn Jahren an dieses Gespräch erin◀ nern. ARIANE LÖBERT
DIE RITTNER BAHN
Weltweit und in Südtirol: Technische Innovation und … Ein Erfolgsmodell: Die Autonome Provinz Bozen hat gemeinsam mit Leitner AG und Seeste Bau AG die neue Rittner Bahn nach dem PPP-Modell (öffentlich-private Partnerschaft) verwirklicht. Mit innovativer Seilbahntechnik, ansprechender Architektur als städtebaulicher Mehrwert, kurzen Bauzeiten und geringen Kosten. Einseil-Umlaufbahnsystem Cervinia 1986
Zweiseil-Umlaufbahnsystem Hong Kong 2006
Dreiseil-Umlaufbahnsystem Bozen – Ritten 2009
… PPP-Erfolgsprojekte mit herausragender Architektur.
Innsbruck – Hungerburg PPP-Projekt, Arch. Zaha Hadid
Perugia, Minimetro PPP-Projekt, Arch. Jean Nouvel
Zaragoza, Expo 2008 PPP-Projekt, Arch. Ignacio Vicens