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Nachhaltigkeit in der Unternehmenskommunika
Nachhaltigkeit in der Unternehmenskommunikation – just a buzz?
© PH Wien IHM Huber Marx
Nina Albert
Die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz werden immer relevanter in der Kommunikation vieler Unternehmen. Susanne Grof-Korbel, Geschäftsführerin der b2g bettertogether group, zu den daraus resultierenden Herausforderungen in der PR und möglichen Lösungsansätzen.
Nina Albert: Umweltschutz wird immer stärker im medialen Diskurs behandelt, gerade Unternehmen müssen sich damit auseinandersetzen. Wie verändert dieser verstärkte Fokus auf Umweltschutz deren Pressearbeit?
Susanne Grof-Korbel: Erstaunlich wenig, aus meiner Sicht. Ich habe das Gefühl, dass jetzt so ein Momentum ist, wo viele Unternehmen ernsthaft anfangen nachzudenken. Zwar nicht nur über die Pressearbeit sondern auch grundsätzlich über ihre Prozesse und über ihre Verantwortung. Ich komme aus dem Nachhaltigkeits-Bereich und schon vor 15 Jahren gab es das, dass man zum Beispiel in Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte erstellt hat und die gibt es nach wie vor noch. Da habe ich das Gefühl, dass sich auch in der Pressearbeit noch nicht so viel geändert hat, weil die ernsthafte Auseinandersetzung damit erst jetzt beginnt.
Albert: Nachhaltigkeit wird in der Kommunikation vieler Unternehmen forciert. Dem gegenüber steht kritischer Journalismus, welcher Greenwashing hinterfragt. Wie würden Sie diese Linie zwischen authentischer Kommunikation und Greenwashing bei Unternehmen beschreiben?
Grof-Korbel: Es gibt natürlich Herausforderungen und das Wichtigste ist meist das Budget. Ansonsten sehe ich die Herausforderung eher bei nachhaltigen Unternehmer*innen, die sich ernsthaft mit Nachhaltigkeitsstrategien auseinandersetzen. Da ist es die Herausforderung, es glaubhaft nachvollziehbar zu machen, auch gut Kontakt zu halten und transparent zu sein. Die größte Herausforderung sehe ich in der PR bei Unternehmen, die jetzt vielleicht in der Transformation sind oder bei Unternehmen, die nicht vorhaben diesen Weg zu gehen. Da ist die Herausforderung in der Kommunikation, dass man wirklich dahinter bleibt, dass man alle Informationen bekommt. Wenn man da reingeht und sich denkt: „Tolles Projekt, das kommunizieren wir jetzt!”, dann sitzt man bei einer Presseveranstaltung und irgendwer stellt eine Frage und man ist nicht darüber informiert, dann wird es richtig unangenehm.
Grof-Korbel: Ich ziehe die Linie dort, wo sich ein Unternehmen ernsthaft mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzt. Wenn es ein Team gibt, das einen NachhaltigkeitsBericht erstellt und im Zuge dessen verschiedene Aspekte herausfindet, wo nachgeschärft wird, dann ja. Wenn das nur gemacht wird, damit man besser dasteht, dann ist das für mich Greenwashing. Und das heißt, die Trennlinie ist dort, wo es Prozesse gibt, die sich ernsthaft damit auseinandersetzen – nicht in der Kommunikation, sondern in der Unternehmensstrategie.
Albert: Die Erwartungshaltung gegenüber NGOs ist oft eine andere als gegenüber gewinnorientierten Unter-
nehmen. Wie kann PR damit umgehen und wo liegen mögliche Herausforderungen in der Kommunikation? Albert: PR und Journalismus wird oftmals ein Spannungsverhältnis nachgesagt. Wie stark ist dies auch spürbar in der PR-Arbeit für Umweltorganisationen und worin zeigt es sich?
Grof-Korbel: Ich sehe das Spannungsverhältnis nicht so extrem. Wenn man das richtig angeht, dann ist das eine Wechselbeziehung, im Sinne dessen, dass man in der PR Informationen zur Verfügung stellt, Ich glaube, dass sehr viel wieder über damit die Journalist*innen recherdirekten Dialog gehen muss. Es hilft chieren können und dann daraus ihre Arbeit generieren. Zum Spanwenig, wenn man jetzt versucht, über nungsverhältnis wird es eben dann, „TikTok“ an junge Zielgruppen zu kom- wenn man versucht, irgendetwas men und die finden das nur lächerlich, zu erfinden oder zu konstruieren. weil es nicht authentisch ist. Wenn ich es vergleiche mit meiner Zeit in der NGO und jetzt in der Zeit als Agentur-Mensch, dann ist es so, dass in der NGO dieser Aspekt der Zusammenarbeit noch stärker ist. Als NGO hat man es aus meiner Sicht leichter, weil ein gewisses Grundvertrauen da ist von Seiten der Journalist*innen. Als ich nunmehr für einige Or-
© Aleksandra Pawloff
Susanne Grof-Korbel ist Senior-Partnerin und Geschäftsführerin der b2g bettertogether group und kann auf jahrelange Erfahrung in der Pressearbeit zurückgreifen. Neben ihrer Tätigkeit als psychologische Online-Beraterin, Kommunikationspsychologin und Unternehmensberaterin, war Susanne Grof-Korbel Leiterin der Kommunikation des WWF.
ganisationen und auch auf der Seite als Agentur-Betreuerin gearbeitet habe, die im Prinzip einen viel größeren Impact hatte zum Thema Nachhaltigkeit, ist mir aufgefallen, dass es eine gewisse journalistische Grundskepsis gibt. Ich habe dann aber den Umkehrschluss gezogen: Ich habe als NGO oft behaupten können, was ich wollte und es wurde wenig recherchiert. Das finde ich dann eigentlich auch bedenklich. Aber das ist schon länger her. Vielleicht hat sich das auch geändert.
Als NGO hat man es aus meiner Sicht Albert: Immer mehr Menschen leichter, weil ein gewisses Grundhinterfragen kritisch die Werte und Worte von Unternehmen vertrauen da ist von Seiten der und Regierungen und wollen Journalist*innen.
Handlungen sehen. Welche Möglichkeiten haben Public Relations mit diesem Anspruch umzugehen?
Grof-Korbel: Ich glaube, dass die PR im Moment sehr stark hinterherhinkt und oft hilflos ist. Also im Sinne, dass es immer schneller wird, es immer neue Kanäle gibt, mit denen professionelle PR-Treibende oft nicht mitkommen, weil sie die Regeln nicht kennen. Ich habe einen anderen Ansatz: Ich glaube, dass sehr viel wieder über direkten Dialog gehen muss. Es hilft wenig, wenn man jetzt versucht, über „TikTok“ an junge Zielgruppen zu kommen und die finden das nur lächerlich, weil es nicht authentisch ist. Ich glaube, dass es wichtig ist, tatsächlich in Dialog zu treten. Wenn man tatsächlich Leute an die Verhandlungstische bringt und sie mitreden lässt. Das ist für mich die Zukunft. Die Rolle der PR ist es, diese Formate zu ermöglichen.
Albert: Zusammenarbeit mit Journalist*innen zu umweltpolitischen Themen – ist dies eine sinnvolle Möglichkeit? Wo ergänzen und unterstützen sich Journalismus und PR? Und wo sehen Sie Gefahren, problematische Entwicklungen in einer Zusammenarbeit für den „guten Zweck“?
Grof-Korbel: Das ist eine sehr große, spannende Frage, mit der ich mich intensiv auseinandersetze, gerade in Projekten, wo es um politische Entscheidungen im Nachhaltigkeitsbereich geht. Da gibt es diese Vorbehalte des Journalismus, wenn etwas von der Politik kommt. Das ist einerseits ein logischer Reflex und gehört zum Journalismus, dass man hinterfragt. Es ist aber so, dass das dazu führt, dass die Politik teilweise in einen Stillstand gedrängt wird. Der Journalismus steht gegenüber und jeder Schritt, der gemacht wird, wird kritisch hinterfragt. Wenn sich die Politik aus einem Angstreflex nicht traut, das zu tun, wofür sie eigentlich da ist, nämlich Entscheidungen mit und für die Gesellschaft zu treffen. Es müsste sich der Journalismus auch damit auseinandersetzen: Wie können wir unseren Daseinszweck nach wie vor erfüllen und gleichzeitig aber nicht verhindern?
Albert: Es gibt immer mehr Menschen, denen Umweltschutz immer wichtiger wird und andere denen dies egal ist. Wie überzeugt man die Nicht-Überzeugten?
Grof-Korbel: Ich bin Psychologin von meinem Hauptberuf. Deshalb gehe ich prinzipiell davon aus, dass Menschen sehr unterschiedlich sind und es keine Strategie gibt, die ich über alle stülpen kann. Ich muss jetzt wieder auf diesen Umweltpsychologie-Aspekt eingehen, weil das mein Kernbereich ist. Es erklärt, warum Menschen sich für so ein Thema, das ich extra wichtig finde, nicht interessieren. Das hat viel mit der Kommunikation zu tun, wie sie gelaufen ist in den 1980er-Jahren. Als die Umweltthematik hochgekommen ist, wurde sehr viel mit Angst kommuniziert. Angst-Kommunikation führt dazu, dass Menschen entweder ängstlich werden oder sich ohnmächtig fühlen und dann kommt es zu diesem Backlash. Um das wieder einzufangen, wenn das mal passiert ist – das ist die größte Herausforderung. Es geht nur über den direkten Dialog. Ich suche diese Leute, die ich nicht erreiche, ich lade sie ein, höre ihnen zu und ich setze mich mit ihnen auseinander. Das ist viel Arbeit, aber es wird kein Weg daran vorbeiführen.