5 minute read

Produkt-PR in Zeiten von Social Media

© Privat

Alexander Kies

Daniela Strasser, seit 2018 Geschäftsführerin von Reichl und Partner PR, sprach mit „PRaktivium“ über Produkt-PR in Social MediaZeiten, die Rolle welcher der Journalismus dabei spielt und gibt einen Ausblick für die Zukunft.

Alexander Kies: Ich wurde kürzlich über „Instagram“ auf den neuen Laptop von Apple aufmerksam, ohne dass ein/e Journalist/in darüber berichtet hatte. Glauben Sie, dass der Journalismus diesbezüglich passe ist?

Daniela Strasser: Nein, das glaube ich nicht, aber ich denke, dass der Journalismus viele Aufgaben hat, die er noch erfüllen muss. Journalist*innen haben nun lange Zeit in einer Bubble gelebt und sind nun wieder gefordert, das zu bringen, wofür sie hier sind: Nämlich ein gewisses Regulativ zu bilden und Qualität in den öffentlichen Diskurs zu bringen. Dadurch bietet sich eine riesige Chance und gleichzeitig auch eine Herausforderung, da sich der Berufsstand grundlegend ändert. Ich denke, dass es nicht mehr ausreicht, gemütlich in einer Redaktion im Sessel zu sitzen und aus der APA abzuschreiben – diese Zeiten sind vorbei. Zukünftig wird wieder viel mehr der qualitative sowie der investigative Journalismus, welcher sich intensiv mit Themen auseinandersetzt, gefordert sein. Dazu benötigt es neue Strukturen im Verlagswesen und eine neue Herangehensweise von Journalist*innen.

Kies: Also sehen Sie hier den Handlungsbedarf auf Seiten des Journalismus?

Strasser: Ich sehe das als eine sehr proaktive Sache, die von Journalist*innen, aber auch von PR-Agenturen, gefordert ist.

Kies: Ein weit verbreiteter Trend im Rahmen von Produkt-Launches, vor allem im Technologiebereich, sind unter anderem sogenannte Unboxing Videos und Produktreviews durch unbezahlte Inhalte auf „YouTube“. Welche Chancen, aber auch Risiken sehen Sie innerhalb dieser Praktik im Rahmen einer erfolgreichen Produkt-PR?

Strasser: Ein Produkt kann nur dann über PR präsentiert werden, wenn auch eine gute Geschichte erzählt werden kann. Wenn es sich dabei nur um das neuste Produkt handelt, wird das nicht ausreichen. In diesem Fall müsste angedacht werden, eine Anzeige zu schalten. Dabei ist es aber im Endeffekt egal, ob ich nun auf ein YouTubeVideo von Blogger*innen oder auf Anzeigen zurückgreife, denn im Endeffekt sehe ich die Situation wie folgt: Wenn ich etwas über die Öffentlichkeitsarbeit bekannt machen will, dann muss ich die Geschichte daran suchen. Und wenn ich eine Geschichte habe, dann kann ich sie erzählen. Egal auf welcher Plattform, egal mit welchen Instrumenten, denn dann wird sie auch jemanden interessieren.

Kies: Und wo sehen Sie in der Hinsicht die Risiken?

Strasser: Das Risiko, dass daran kein Interesse gefunden wird, besteht immer. Und wenn ich ein Produkt anbiete, welches einfach nur als das Neueste seiner Art präsentiert wird, dann werde ich damit niemanden überzeugen können – weder die Journalist*innen noch am Ende des Tages die Kunden*innen.

Kies: Wie stark erachten Sie den Einfluss von derartigen Videos auf „YouTube“ auf die Kaufentscheidung im Vergleich zu Beiträgen in herkömmlichen Medien wie z.B. Print?

Strasser: Ich denke, dass man hier keine Verallgemeinerung vornehmen kann. In solchen Fällen müsste man viel eher die Kampagne bewerten, ob diese ihre Ziele erreicht hat. Was wir aber wissen ist, dass die Jugend natürlich vermehrt „YouTube“ und Co. nützt. Wobei „YouTube“ wahrscheinlich nicht mehr das aktuellste Medium ist. Ich sehe hier für die Verlage und für die Printmedien eine riesige Chance, sich qualitativ zu positionieren. Denn, wenn ich als Tageszeitung, als Zeitschrift oder als Fachmagazin meine Leser*innen habe, die mir vertrauen, dann ist das aus meiner Sicht viel mehr wert, als vergleichsweise ein vergängliches Video. Prinzipiell muss aber der Fokus immer ganz genau auf der Zielgruppe und dem Produkt liegen.

Kies: Was ist für Sie die beste Handhabe bei ShitStorms auf Social Media?

Strasser: Wenn ich mich als Unternehmen entschließe, auf Social Media tätig zu sein, muss diese Entscheidung

© Reichl und Partner

Daniela Strasser arbeitet seit 2004 in der PR-Agentur Reichl und Partner und ist seit Juli 2018 zusammen mit Gesellschafter Michael Obermeyr Geschäftsführerin der Agentur. Nach ihrem Germanistik-Studium begann die Kommunikationsexpertin ihre Karriere beim ORF und mittlerweile kann sie auf eine langjährige Erfahrung im Bereich Wirtschafts- und Unternehmens-PR, sowie Gesundheits- und Lifestyle-PR zurückblicken.

mit allem Für und Wider abgewogen werden. Zusätzlich sollte auch überlegt werden, ob man sich diesem öffentlichen Diskurs, der viele Chancen bietet, aber auch sehr laut, sehr gehässig und sehr eng werden kann, stellen will. Sollte aber nun ein Shit-Storm auftreten, ist es wichtig, mir die Frage zu stellen, ob es sich dabei wirklich um den Common Sense handelt oder handelt es sich hier um nur einige Wenige, die jetzt besonders laut schreien.

Kies: Würden Sie es befürworten, dass auch auf solchen Kanälen der Ehrenkodex der österreichischen Presse bzw. der Presserat greifen sollte?

Strasser: Ja, unbedingt. Ich meine, es ist gut, dass es einen Dialog gibt, dass wieder diskutiert und wieder politisiert wird. Aber es fehlt das Regulativ.

Kies: Wären Sie in dieser Hinsicht für Zensur oder die Verpflichtung zu Echt-Namen?

Strasser: Keine Zensur.

Kies: Woran messen Sie den Erfolg einer Produkt-PRKampagne im journalistischen Feld?

Strasser: Wir setzen uns im Vorfeld immer Ziele. Es kann sein, Wenn ich etwas über Öffentlichkeitsarbeit bekannt machen will, dann muss dass ich einmal den Wunsch habe, möglichst breit zu wirken, also in allen Tageszeitungen, ich die Geschichte daran suchen. Und Regionalmedien und auf allen wenn ich eine Geschichte habe, dann Social Media-Kanälen präsent kann ich sie erzählen. zu sein. Und ein anderes Mal ist es für mich wichtig, dass ich nur genau in dem einen Fachmagazin einen großen Beitrag habe. Das heißt, ich muss zuerst differenzieren, ob es sich um einen Produktlaunch im B2C- oder im B2B-Bereich handelt und dann setze ich mir die Ziele, welche im Anschluss evaluiert werden.

Kies: Wie wichtig erachten Sie generell den Punkt des Community Managements im Bereich von Social Media-PR?

Strasser: Ich glaube, es gibt Unternehmen, die prädestiniert dafür sind, auf Social Media-Kanälen präsent zu sein, aber auch solche, wo der Auftritt absolut obsolet ist. Ein Community Management zu haben, ist dabei sehr wichtig, denn das ist der Kundenservice von Heute oder von Morgen. Dazu benötige ich aber Personen, welche die Kanäle 24/7 durchgängig bearbeiten, betreuen und diskutieren. Ein weiterer Punkt, welcher beachtet werden sollte ist, dass nicht immer alles in einem öffentlichen Diskurs ausgetragen werden muss. Hier bieten beispielsweise Personal Messages eine gute Möglichkeit, um mit Personen tiefergehend zu kommunizieren. Wenn man sich also dafür entschlossen hat, auf Social Media präsent zu sein, gilt es schnell und jederzeit von kompetenter Seite zu reagieren.

Kies: Journalist*innen versus Influencer*innen: Wer sind die besseren Meinungsbildner*innen im Rahmen von Produkt-PR-Kampagnen? Und wem gehört die Zukunft?

Strasser: Ich denke, dass die Zukunft beiden gehört. Es wird ein Miteinander sein und kein Gegeneinander. Beide Parteien müssen gewisse Fakten mitbringen: Das ist ein gutes Verständnis davon, was die Gesellschaft bewegt sowie ein kritisches Denkvermögen. Aber auch eine gute Art und Weise, wie man mit Sprache umgeht. Wenn man diese Punkte dann mit einem gewissen qualitativen Anspruch verbindet, dann sind wir eigentlich genau dort, wo wir sein wollen.

This article is from: