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Licht auf NGOs zu richten ist nicht einfach
© Privat
Maria Fischer
Susanne Sterniczky, Associate Partnerin bei The Skills Group, diskutierte mit „PRaktivium“ über die Diversität besonderer Kommunikation und spezifischer Vertrauensverhältnisse mit den Journalist*innen in der NGO-PR.
Maria Fischer: Wie schaffen Sie in Ihrer Arbeit den Spagat zwischen „Aufmerksamkeit generieren und Emotionen wecken“ und „Marktschreierisch agieren“? Worauf achten Sie, um die Botschaften glaubwürdig zu gestalten?
Susanne Sterniczky: Das Wichtigste in der Kommunikation und vor allem in der Kommunikation für NGOs ist die Vertrauenswürdigkeit, die muss gegeben sein. Es ist aber schwierig von einer NGO zu sprechen, weil es doch ein sehr diverses Feld ist. Es gibt große, internationale NGOs und kleinere NGOs. Bei der Arbeitsweise gibt es durchaus Parallelen, aber auch große Unterschiede aufgrund dieser unterschiedlichen Strukturen. Es müssen aus meiner Sicht die Kommunikationsziele und diese Vertrauenswürdigkeit immer gegeben sein, aber andererseits müssen der Kommunikationsstil und die Kampagne auch zu der jeweiligen NGO passen. Es gibt NGOs bzw. Themen, bei denen es passt, wenn man versucht eine Grenze auszureizen, um Aufmerksamkeit zu generieren.
Fischer: Im Bereich Social Media sind Sie nicht auf die Berichterstattung von Journalist*innen angewiesen. Wie wichtig ist die klassische Pressearbeit für die NGO-Kommunikation noch und worauf kommt es dabei an?
Sterniczky: Meiner Meinung nach wird die klassische Medienarbeit immer ein Teil der Kommunikation sein, weil es um die Kontaktpflege zu den Journalist*innen geht und auch darum die Neuigkeiten zu kommunizieren. Freilich ist im letzten Jahrzehnt generell Social Media auch für die NGOs ein sehr wichtiges Kommunikationstool geworden, weil Sie quasi mit der Community direkt kommunizieren können. Aber es geht auch bei der Arbeit von NGOs viel um Stakeholder-Kommunikation und Lobbying-Arbeit und daher ist die Medienarbeit ein wichtiger Teil der Kommunikation und wird es auch bleiben.
Fischer: Sie haben selbst unter anderem als freie Redakteurin bei „Styria Multi Media“ gearbeitet und kennen daher die Journalist*innen-Perspektive. Denken Sie, dass NGO-PR von den Medien im Vergleich zu anderen PR-Bereichen eher ein höheres oder geringeres Vertrauen entgegengebracht wird?
Sterniczky: Ich würde sagen, es hängt von der NGO ab, aber es gibt natürlich NGOs, die eine sehr hohe Reputation und ein höheres Vertrauen genießen aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit und aufgrund ihrer Transparenz.
Fischer: Ich nehme an, es wird aber dennoch ein gewisses Misstrauen geben. Wie kann man aus Ihrer Sicht dieses Misstrauen als PR-Berater*in minimieren?
Sterniczky: Indem man versucht Vertrauen zu schaffen, indem man eine Beziehung herstellt und auch transparent kommuniziert.
Fischer: Provokant gefragt: Denken Sie, dass dieses Misstrauen überhaupt minimiert werden sollte? Also gibt es aufgrund Ihrer Erfahrung auch Negativbeispiele aus dem Bereich NGO-Kommunikation, wo Misstrauen angebracht wäre?
Sterniczky: Journalismus ist dazu da, um zu hinterfragen und deshalb würde ich sagen, dass eine gewisse Kritik, eine Neugier oder die Notwendigkeit die andere Seite darzustellen wichtige Kennzeichen des Journalismus sind und das sollte auch so bleiben. Vor allem, wenn NGOs neu etabliert werden, wenn neue Sozialbewegungen entstehen und man noch nicht weiß, wer die agierenden Personen sind und woher die finanziellen Mitteln kommen. Etablierte NGOs, die schon lange professionell arbeiten, haben ihre Berichte und schlüsseln Informationen diesbezüglich auch auf.
Fischer: Wie hat sich die NGO-Kommunikation in den letzten Jahren aus Ihrer Sicht verändert? Gibt es Entwicklungen in diesem Bereich, die Sie kritisch und solche, die Sie positiv sehen?
Sterniczky: Social Media hat natürlich einen sehr großen Einfluss auf die Kommunikation, wodurch sich sehr viel verändert hat. Und in der Medienarbeit sind die NGOs von ähnlichen Problemen betroffen, wie auch
© Sebastian Philipp
Susanne Sterniczky ist Associate Partnerin bei The Skills Group und u.a. für die Kunden aus den Bereichen Institutionen, Politik und NGO tätig. Die studierte Politikwissenschaftlerin absolvierte zusätzlich eine Ausbildung im Bereich Business Sustainability Management an der Universität Cambridge und sammelte auch im Verlagswesen Erfahrungen.
andere Unternehmen. Die Print-Medien sind stark unter Druck, unterschiedliche Altersgruppen nutzen unterschiedliche Social Media-Kanäle, etc. Aber meiner Meinung nach kann diese Veränderung auch sehr positiv betrachtet werden, weil es den NGOs ermöglicht, ihre Inhalte zu kommunizieren. Die Empfänger sind hierbei nicht, wie bei einer klassischen Pressekonferenz, nur die Medienvertreter*innen, sondern ganz unterschiedliche Personengruppen, die dann auf die Inhalte auf Social Media entsprechend reagieren. Das bietet eine Chance, weil es auch eine ressourcenschonende Möglichkeit ist und die Finanzierung ist bei vielen NGOs schon ein großes Thema.
Fischer: Was zeichnet Ihrer Meinung nach NGO-Kommunikation aus? Sie betreuen in Ihrer Agentur beispielsweise die österreichische Entwicklungshilfeorganisation „SONNE-International“. Würden Sie sagen, dass in der Kommunikationsarbeit für eine Entwicklungshilfeorganisation ein großer Unterschied zu anderen PR-Bereichen liegt?
Sterniczky: Ich glaube, die Herausforderung ist, dass es ein Thema ist, das eigentlich niemals endet. Es ist nicht wie in der Produkt-PR, in der man einmal ein Produkt vorstellt, sondern die NGO ist auf ihre Community angewiesen, dieses Problem zu lösen, beziehungsweise zumindest zu bearbeiten. Die "SONNE-International" ist in einem der größten Flüchtlingslager der Welt tätig. Die Situation dort ist fast aussichtlos, weil die Menschen nicht in ihre Heimat zurückkehren können und das wird noch sehr lange so sein. Oder wenn man an „Fridays for Future“ denkt, die sich zum Ziel gesetzt haben gegen die Klimakrise zu kämpfen. Auch das ist ein Thema, das nicht nach ein paar Kommunikationsmaßnahmen oder nach einem Jahr abgearbeitet ist, sondern das langfristig existiert und dafür muss man sich auch immer neue Maßnahmen einfallen lassen, weil natürlich die Gefahr besteht, dass die Zielgruppe sich denkt: „Jetzt kommen die schon wieder mit diesem Thema.“
Fischer: Ich möchte zum Schluss gerne noch Ihre Einschätzung hinsichtlich der Zukunft wissen: Was würden Sie einer Organisation oder Agentur aktuell raten bzw. welche Aufgaben müssen NGOs im PR-Bereich noch lösen, wo gibt es Aufholbedarf?
Sterniczky: Die meisten haben die klassischen Basics der Kommunikation und Social Media bereits abgearbeitet. Wo ich aber einen Aufholbedarf sehe, ist im internationalen Vergleich oder vielleicht, wenn man auf den angloamerikanischen Markt blickt. Kooperationen und Partnerschaften, wie z.B. sogenannte Public-Private-Partnerships sind dort üblicher, in Österreich eher nicht. Es gibt so etwas zwar, beispielsweise steht der WWF in Zusammenarbeit mit Unternehmen. Aber viele sind da zurückhaltend, weil sie befürchten, sie könnten ihre Vertrauenswürdigkeit verlieren oder zu stark von Unternehmen vereinnahmt werden. Ich dagegen würde das eher als Chance betrachten. Wenn eine Zusammenarbeit professionell ist, dann haben beide Seiten etwas davon. Und wenn ein Unternehmen sagt: „Wir haben hier ein Problem, das wir lösen möchten. Wir brauchen dazu einen externen Partner und suchen uns daher z.B. Expert*innen aus dem Umweltbereich und arbeiten gemeinsam in einem Projekt für eine Lösung“, dann ist das eine Win-Win Situation für beide Seiten. Da gibt es auf Seiten der NGO zu viele Befürchtungen.
Fischer: Dass man dadurch als weniger unabhängig wahrgenommen wird?
Sterniczky: Ja, genau, dass man die Glaubwürdigkeit verliert oder als weniger unabhängig wahrgenommen wird. Aber es kommt auf die Zusammenarbeit an. Natürlich kann eine NGO nicht mit jedem Unternehmen so eine Partnerschaft eingehen, das würde ich auch nicht raten, das muss man sich sehr genau ansehen und es kommt auch auf das Thema an. Aber ich denke, man sollte das als Chance betrachten und nicht als Gefahr.