PRaktivium Ausgabe 7: Produkt PR

Page 1

ausgabe 7 | februar 2020

ein fachmagazin des studiengangs digital marketing & kommunikation der fh st. pĂślten

Š Adobe Stock: iiierlok_xolms

Produkt PR

01

medien & wirtschaft


Š Martin Lifka Photography

St. PĂślten University of Applied Sciences

Jetzt informieren!

mk

fhstp.ac.at/m

Digital Marketing & Kommunikation (MA) Schwerpunkte: n Eventmanagement

n Werbung

n Public Relations

n Direkt Marketing

n Marketing

n Digital Marketing

Dauer: 4 Semester, Bewerbungsfrist: 26.05.2020

medien & wirtschaft


Editorial

© Claudia Mann

Liebe Leserin, lieber Leser!

FH-Prof. Mag. Roland Steiner, Bakk. (l) FH-Dozent Department Medien und Wirtschaft Stellvertretender Studiengangsleiter Medienmanagement (BA)

FH-Prof. Ing. Dr. Harald Wimmer (r) Studiengangsleiter Digital Marketing & Kommunikation (MA) Studiengangsleiter Digital Media Management (MA) Stellvertretender Studiengangsleiter Marketing & Kommunikation (BA)

Inhalt >> Editorial 01 Die Grenzen zwischen redaktionellem Content & Produkt-PR 03 Pharma: Balance zwischen Information und Gesetzesübertretung 05 Per App für mehr Nachhaltigkeit 07 Produkt-PR für Dienstleistungen? 09 Hypes langfristig nutzen – die „Silent Disco“ 11 Der Spagat zwischen Transparenz und Wahrung gesetzlicher Schranken in der Kommunikation der Polizei Wien 13 „Gute Kooperationen, aber nicht um jeden Preis.“ 15 Mehr als nur Milch – Produkt-PR für ein Grundnahrungsmittel 17 Klimaschutz – ein Window of Opportunity 19 Facettenreichtum, Aktualität und Infotainment – Die Herausforderungen von Produkt-PR bei Medienhäusern 21 PKF hotelexperts: Die netten Consultants von nebenan

Der deutsche PR-Forscher Univ.-Prof. Peter Szyszka (Hannover) definiert Produkt-PR wie folgt: Sie ist eine absatzorientierte Tätigkeit mit dem Aufgabenfeld journalistischer Berichterstattung – seien es General Interest- oder Fachmedien – mit den Zielen a) der Multiplikation durch Medienpräsenz und b) der Glaubwürdigkeit durch journalistische Informationsbewertung. Und genau darin liegt auch das Heikle – für beide Seiten, die PR wie das journalistische System. Auch Qualitätsmedien sind gerade in Supplements und ihren Online-Auftritten mittlerweile nicht gering bestückt von Produkttests, die dann selten negativ ausfallen: denken Sie an Autos, Uhren und andere Produkte vor allem aus dem Luxus- bzw. High Involvement-Segment. Aufgeklärt mündige MedienrezipientInnen könnten davon zumindest auf lange Sicht jedoch abgeschreckt werden – von beiden Seiten, dem Medium wie dem Produkt (und dessen Hersteller). Dabei könnte Produkt-PR auch Positives erbringen: potentiellen KundInnen einen Informationsmehrwert durch kritische journalistische Vermittlung, Unternehmen in Zeiten der Übersättigung des Marktes und der Marktkommunikation Absatzvorteile, aber auch Medien durch serviceorientierten Content. Daher hat sich die 7. Ausgabe von „PRaktivium“ diese PR-Form genauer angesehen. Studierende des Master Studiengangs Digital Marketing & Kommunikation der Fachhochschule St. Pölten führten – angeleitet von Daniela Zeller, Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Agentur „Freiraum“ – im Rahmen ihrer Lehrveranstaltung „Medientraining“ Interviews durch mit PR-ExpertInnen unterschiedlichster Produkt-, aber auch Dienstleistungsbranchen. Eröffnet wird die Ausgabe jedoch mittels eines Wissenschaftlers: Der habilitierte Kommunikationswissenschaftler Stefan Weber setzt sich im Gespräch kritisch, oft pointiert mit dieser PR-Form als Schnittstelle auseinander. Weiters erwarten Sie Interviews aus der Lebensmittelbranche (etwa die Firmen Berglandmilch und Sonnentor) wie auch zu einer App gegen Lebensmittelverschwendung; eine Versicherung und ein Disco-Veranstalter, die Wiener Linien, Wiener Polizei wie auch der ÖAMTC sind ebenso vertreten wie Interviews zu den Bereichen Hotellerie und Pharmazie. Das Layout verantwortete neuerlich Teresa Sposato mit Studierenden ihrer Lehrveranstaltung „Gestalten für Printmedien“ der Masterklasse Grafik Design des Master Studiengangs Digital Design. In diesem intern wie extern vernetzten Sinne allen Beteiligten dankend, wünsche ich Ihnen eine (PR) aktivierende, spannende Lektüre und freue mich auf Ihr Feedback, Ihr

23 Vom Rebel Meat zum Rebel Hero 25 MAKAvA – Unternehmen, Produkt und Vision 27 ÖAMTC: „Es ist wichtig, am Ball zu bleiben” 29 Versicherungen: Immaterielle Produkte mittels PR greifbar und verständlich machen

Roland Steiner, Chefredakteur roland.steiner@fhstp.ac.at

31 Purefood – ein Start-Up mit sozialer Komponente 33 Blogger Relations – die neue Produkt-PR

03


Die Grenzen zwischen redaktionellem Content & Produkt-PR

Christoph Noitz

Stefan Weber, habilitierter Kommunikationswissenschaftler, erläutert in „PRaktivium“, wie es um das Verhältnis zwischen redaktionellem Content und Produkt-PR steht und welche Herausforderungen es zu bewältigen gibt.

© Claudia Mann

Christoph Noitz: Peter Szyszka ist einer der Kommunikationswissenschaftler, der Produkt-PR intensiv beforschte. Er definiert den Begriff als PR mit absatzorientierter Funktion, im Rahmen derer JournalistInnen zu potenziellen AbsatzhelferInnen werden – stimmen Sie dieser Definition zu?

durch ein Testverfahren heraus, ob die Behauptung zutreffend ist oder nicht. Noitz: Szyszka meint, dass erfolgreich eingebettet Produkt-PR Medienresonanz auf PR-Seite und die Befriedigung von Medieninteressen des Publikums auf journalistischer Seite bedeutet – eine bloße Win-WinSituation?

Stefan Weber: Prinzipiell stellt sich dabei, gemäß Niklas Luhmann, die Frage: Wie stark steuert das Wirtschaftssystem via Produkt-PR den Journalismus? Diese Frage ist aus Weber: Es geht eigentlich nicht um die Medienresonanz meiner Sicht im Moment, wenn man sich den derzeitigen für die PR-Schaffenden, sondern um den Effekt der Meöffentlichen Diskurs in Österdienresonanz. Das heißt, das, reich ansieht, stark nachrangig „Es gibt längst diese Hybridisierung zwi- was die/den PR-Schaffende/n gegenüber der Frage, wie stark das schen Journalismus und PR. Und zwar interessiert, ist der Effekt der politische System via z.B. Mes- dahingehend, dass es Formate gibt, für Me d i e n b e r i c h t e r s t a t t u n g . sage Control den Jounalismus Erst wenn KundInnen mein Prosteuert. Abgesehen davon stim- die von Seiten der PR informell gezahlt dukt kaufen, ist dieser Effekt erwird. Es geht hier, aus meiner Sicht, me ich jedoch der Definition reicht. Der Journalismus, auf der von Szyszka zu. Allerdings ist primär um die ethische Bewertung.“ anderen Seite, erhält eher eine fraglich, was mit der Definition Themensetzungsfunktion, als gewonnen ist und was wir auf deren Basis beobachten dass er Medieninteressen des Publikums befriedigt. Man können. Ich halte es hier mit der Definition von Klaus müsste diese Definition wohl den aktuellen Verhältnissen Merten. Aus meiner Sicht ist Produkt-PR ein Prozess anpassen. der intentionalen und kontingenten (Anm.: relativ beliebigen, immer auch anders möglichen) Konstruktion Noitz: Produkt-PR in redaktionellen Artikeln – abseits von Advertorials – erhält oft den Vorwurf, kaschierte wünschenswerter Wirklichkeiten zu einem Artefakt, Werbung zu sein. Wie bewerten Sie diesen Vorwurf? nämlich einem Produkt. Weber: Es gibt längst diese Hybridisierung zwischen JourNoitz: In welchem Verhältnis steht diese Definition nalismus und PR. Und zwar dahingehend, dass es Formate von Produkt-PR zum Journalismus? gibt, für die von Seiten der PR informell gezahlt wird. Es Weber: Um ein triviales Beispiel zu nennen: Eine Salzgeht hier, aus meiner Sicht, primär um die ethische Beburger Bäckerei meint, sie würde die besten Schaumrollen wertung. Schauen Sie sich doch die Statuten des österreiSalzburgs herstellen. In einer Lokalzeitung findet sich ein chischen Presserates an: Der österreichische Presserat rügt Schaumrollen-Test und tatsächlich werden die Schaumzwar Schleichwerbung, jedoch hat er hat diese nicht explirollen der erwähnten Bäckerei zur Nummer 1 in Salzzit als solche in seinem Ehrenkodex verankert. burg gekürt. Die Bäckerin meint, sie habe für den Test keinen Cent gezahlt, das Entscheidungsverfahren war Noitz: Welche Probleme ergeben sich durch die Einbettung von nicht-gekennzeichneter Produkt-PR im somit unbeeinflusst. Dabei offenbart sich das Unterjournalistischen, also redaktionellen Kontext? scheidungskriterium von Produkt-PR im idealtypischen Sinne und von Berichterstattung über ein Produkt. Weber: Man muss unterscheiden zwischen IntentionaliProdukt-PR ist die bloße Behauptung der Überlegenheit tät und Fehlern. Da gibt es natürlich das, dass die Kenneines Produkts, im Journalismus kommt idealerweise zeichnung vergessen wurde. Das ist menschlich und soll 01


© Anne Kaiser © Adobe Stock: Marco2811

Stefan Weber ist Kommunikationswissenschaftler, Autor & Publizist. 2005 habilitierte er sich an der Universität Wien in Kommunikationswissenschaft und ist dort und an der TU Wien regelmäßig als Dozent tätig.

vorkommen. Wenn es bewusst nicht gekennzeichnet wurde, vom Layout den Eindruck erweckt, es sei redaktionell und nicht mehr unterscheidbar ist, dann ist das ethisch unzulässig. Der Presserat würde bei einer Anzeige so etwas vermutlich rügen. Es ist auch selbstverständlich klar, dass es bei solchen Fällen zu einer Konfusion für RezipientInnen kommen kann.

ja auch die Trennungsnorm schärfen. Auf jeden Fall muss eine klar erkennbare Kennzeichnung als PR oder bezahlte Einschaltung erfolgen – und zwar nicht unten, sondern oben. Außerdem sollte Produkt-PR graphisch hervorgehoben werden. Identische Layouts oder Layouts, die rein redaktionelle Artikel simulieren, führen die LeserInnen schon mal in die Irre.

Noitz: Wird in österreichischen Medien zwischen redaktionellem Inhalt und Produktpublizität sauber getrennt?

Noitz: Sie haben sich Anfang der 2000er-Jahre intensiv mit der Interpenetration zwischen Journalismus, Werbung und PR beschäftigt – mit dem Aufkommen von neuen Kanälen und Formaten – welche Veränderungen und Entwicklungen stellen sie heute, knapp 20 Jahre später, fest?

Weber: In Tageszeitungen, als auch in reichweitenstarken, großen, elektronischen Medien wie dem ORF – ohne aktuelle, empirische Ergebnisse zu kennen – schon. In Fachzeitschriften- und Magazinen gibt es ganz sicher einen riesigen Graubereich bzw. eine riesige Hybridstruktur zwischen Inserat und Produkt-PR im redaktionellen Teil. Ich arbeitete einmal im Bereich des Gastronomie-Marketings. Wir hatten für ein österreichisches GastronomieMagazin einen redaktionellen Artikel erhalten, der in derselben Ausgabe von einem Inserat begleitet war. Beides wurde natürlich im Package gekauft. Damit möchte ich sagen, dass, je tiefer man in den Fach- und Nischenmagazinmarkt geht, desto stärker gibt es diese „Melange“ zwischen Produkt-PR als Inserat und Produkt-PR in einem parallel redaktionell aufbereitenden Inhalt. Noitz: Können Sie Beispiele nennen, im Rahmen derer keine saubere Trennung stattgefunden hat?

Weber: Es gibt immer wieder Beispiele, in Rahmen derer man keine saubere Trennung vermuten kann – wenn zum Beispiel der Chefredakteur eines Online-Mediums eine Bewertung zu einer neuen Kaffeemaschine schreibt. Aber eine aktuelle, empirische Studie über Schleichwerbung oder verdeckte Produkt-PR im österreichischen Journalismus kenne ich nicht. Noitz: Wie muss Produkt-PR in redaktionellem Content gestaltet sein, um nicht als Schleichwerbung zu gelten?

Weber: Die Frage ist zuerst, ob wir Produkt-PR in redaktionellem Content überhaupt haben wollen, man könnte

Weber: Ich muss gestehen, dass ich mich ab ca. 2004 mit Theorie und Empirie des Verhältnisses von Journalismus und PR nur noch am Rande beschäftigt habe. Die wichtigste Veränderung ist sicherlich das Aufkommen von Social Media seit 2004 und damit der ganze neue Zweig der Social Media-PR. Werbung auf „Facebook“ oder „Twitter“ und wie man sie möglichst gut „tarnt“, ist ja immer noch ein relativ junges Feld. Aber auch hier ist der Zusammenhang zwischen politischer PR und der Einflussnahme auf den Journalismus meines Erachtens derzeit interessanter als der zwischen wirtschaftlicher PR und Journalismus. Noitz: Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung des Verhältnisses zwischen Journalismus und Produkt-PR?

Weber: Ich denke, in der Fachpresse, in Lokalmedien und in Gratismedien wird die Ununterscheidbarkeit zwischen Journalismus und Produkt-PR wohl eher zunehmen. Insofern dürfte mein Credo aus dem Jahr 2004 – Gemeinsamkeiten statt Unterschiede zwischen Journalismus und PR – weiter stimmig sein. Es bezog sich damals allerdings auf Gemeinsamkeiten bei den Verfahren der Konstruktion von Wirklichkeit: Auch gute PR beantwortet die journalistischen W-Fragen. Auch Journalismus will intentional seine Zielgruppen ansprechen und häufig eine bestimmte Wirklichkeit gegenüber anderen favorisieren. Aber das ist natürlich die theoretische Ebene und keine Aussage über einen empirischen Trend. 02


Pharma: Balance zwischen Information und Gesetzesübertretung Laura Katlenbrunner

Wer im Pharmabereich kommuniziert, muss rechtlich gut bewandert sein. Barbara Masser-Mayerl, Corporate Communication Lead bei GSK Pharma Österreich, diskutiert über Produkt-PR in einer stark reglementierten Branche.

© Claudia Mann

Laura Kaltenbrunner: Was verstehen Sie unter dem Begriff „Produkt-PR“?

Barbara Masser-Mayerl: Wir beschäftigen uns bei GSK Pharma vor allem mit verschreibungspflichtigen Medikamenten und Impfstoffen – das sind unsere Produkte. Die PR diesbezüglich richtet sich größtenteils an Fachmedien. Kaltenbrunner: Für Pharmaunternehmen gelten in Österreich strenge Werbebeschränkungen für verschreibungspflichtige Arzneien. Was bedeutet diese Situation für die Arbeit mit Produkt-PR?

Masser-Mayerl: Wie Sie bereits gesagt haben, sind wir einerseits durch das Arzneimittelgesetz sehr stark reguliert. Andererseits ist es uns aber auch sehr wichtig, als Unternehmen ethisch zu arbeiten. So wäre es z.B. nicht nur ungesetzlich, sondern auch unethisch, Werbung für ein verschreibungspflichtiges Produkt zu schalten. Das macht man nicht in der Branche und das ist im europäischen Raum gesetzlich auch gar nicht vorgesehen. In Amerika sieht das anders aus, da machen Pharmaunternehmen ganz klar Werbung bei PatientInnen. Bei uns in Österreich ist das Ziel bei einem verschreibungspflichtigen Medikament, die ÄrztInnen als VerschreiberInnen zu erreichen – das heißt, Informationen müssen an Fachpersonen gehen. Das ist ein riesiger Unterschied zu einem Konsumentenprodukt, bei dem man direkt die EndkonsumentInnen erreichen möchte. Es fängt schon an bei z.B. Zahnpasta, ein Massenmarktprodukt unseres Consumer Healthcare-Bereichs. Da kann und soll ich natürlich die KundInnen informieren, denn da entscheiden sie. Aber bei einem verschreibungspflichtigen Medikament sind die ÄrztInnen die EntscheiderInnen, SpezialistInnen für die PatientInnen und diejenigen, die das Produkt am Ende verschreiben. Dementsprechend ist die PR ein Weg, Informationen über Fachmedien an ÄrztInnen zu geben. Informationen über Produkt-PR direkt an EndkonsumentInnen zu geben macht keinen Sinn, wäre unethisch und ungesetzlich. Kaltenbrunner: Das heißt, Sie machen auch keine Produkt-PR in z.B. Apothekenzeitschriften?

03

Masser-Mayerl: Nicht für verschreibungspflichtige Medikamente. Eine Ausnahme ist, wenn die Zeitschrift nur an ApothekerInnen geht, denn diese werden sehr wohl als sogenannte „Healthcare Professionals“ gesehen. Da kann man schon produktspezifische Werbung und PR durchführen und das wird auch gemacht. Aber wenn es eine Apotheken-KundInnenzeitschrift ist, dann auf keinen Fall. Kaltenbrunner: Die Zielgruppe für Ihren Bereich sind also MedizinerInnen und PharmazeutInnen. Wie kann man sich eine Produkt-PR-Maßnahme für diese Zielgruppe vorstellen?

Masser-Mayerl: Es ist sehr schwer, in unserem Bereich eine Pressekonferenz zu veranstalten oder einen richtigen „Big Bang“ zu inszenieren – das macht nur Sinn, wenn ich die große Masse anspreche. Wenn ich aber einen speziellen Bereich habe, wie ein neues Asthmamittel, dann schaue ich mir an, welche Fachmedien sich damit beschäftigen und mache dann mit diesen ein Hintergrundgespräch. Dabei präsentieren und erklären dann zum Beispiel interne MedizinerInnen, sodass man bei den Daten wirklich in die Tiefe gehen kann. Oder, ich lade PatientInnen ein, die aus ihrem Leben und ihren Erfahrungen berichten und so den Konnex herstellen zu Krankheit und Therapie. Durch ein Pressehintergrundgespräch dieser Art können auch die FachjournalistInnen mehr mit der Materie anfangen. Das wäre also ein Beispiel für Produkt-PR, die auch sehr gut ankommt. Es ist einfach mehr, als zu einer Studie eine Presseaussendung in die Redaktionen zu schicken. Kaltenbrunner: Sie haben vorher die amerikanischen Verhältnisse im Pharmabereich bei PR angesprochen. Wie weit sind wir davon entfernt?

Masser-Mayerl: Von diesen Verhältnissen sind wir sehr weit weg. In Amerika kann ich Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente schalten. Ich war erst diesen Frühling dort und habe gesehen, dass hier z.B. wirklich zwischen den Serien eine Werbung für ein HIVMedikament eingespielt wird. Das wäre bei uns ein Ding der Unmöglichkeit. Aber es ist eben so, dass die Patien-


© asoluto/AngelikaSchiemer © Adobe Stock: exclusive-design

Barbara Masser-Mayerl studierte Zoologie an der Universität Wien, bevor sie 1998 bei der damaligen Glaxo Wellcome Pharma als Medical Advisor in den Pharmabereich einstieg und zwei Jahre darauf intern ins Marketing wechselte. Seit 2015 übernimmt Masser-Mayerl den Corporate Communication Lead bei GlaxoSmithKline (GSK) Pharma GmbH Österreich, wo ihr Fokus auf Arzneimitteln und Impfstoffen liegt.

tInnen in Amerika sehr viel für das Medikament bezahlen und auch quasi die Entscheidung treffen: „Was leiste ich mir?“ Das ist ein ganz anderer Umgang. Ich persönlich finde das unverantwortlich, weil PatientInnen nie ein so umfassendes Wissen über das Produkt haben können und nicht selbst über den Einsatz entscheiden sollten. Nur, weil irgendwo steht, Medikament XY ist besser, heißt das noch lange nicht, dass es auch besser für mich ist. MedizinerInnen mit ihrer Fachexpertise können sehr wohl entscheiden, was für PatientInnen am besten ist. In Europa bzw. in Österreich regelt dies alles das Arzneimittelgesetz. Das ist sehr streng und es gibt auch manchmal Graubereiche, wo man wirklich aufpassen muss, dass man keine Laien-Werbung betreibt. Auch, wenn man jetzt PatientInneninformationen, z.B. PatientInnenbroschüren druckt, die schlussendlich nur der Arzt/ die Ärztin abgibt, muss man sehr ausgewogen sein und beachten, dass man nicht auf ein gewisses Produkt hinweist. Kaltenbrunner: Im April 2019 haben Sie ein BloggerEvent mit Mum-Bloggern zum Thema Meningitis bzw. der Impfung veranstaltet. Wie sind Sie zu dieser Idee gekommen?

Masser-Mayerl: Die Idee war eigentlich eine Gemeinschaftsidee zwischen einer Social Media-Agentur und uns. Wir haben versucht, zur richtigen Zielgruppe zu kommen und das sind einfach Mütter bzw. junge Eltern. Wir wollten einmal diesen Weg versuchen, weil sich viele Mütter mittlerweile über Social Media austauschen. Das Event war so aufgezogen, dass wir die Infektionskrankheit an sich erklärt haben und was man dagegen tun kann. Bei solchen Aktionen, die an die Allgemeinheit gehen, muss man unheimlich aufpassen, dass man nicht nur einen Impfstoff bewirbt bzw. Informationen dazu gibt. Deshalb haben wir einfach die Gefahren dieser Krankheit dargestellt und erläutert, wie man sie verhindern kann. Immerhin haben wir in Österreich den Luxus, dass wir alle Impfstoffe auch zur Verfügung haben. Und das ist sehr gut angekommen. Die Bloggerinnen waren ebenfalls begeistert, weil es auch für sie ein neues Format war. Aktionen in diese Richtung werden noch nicht so oft gemacht

im Pharmabereich, weil es eben so schwierig ist, da die Zielgruppe Laien sind. Kaltenbrunner: Die Privatperson hat aber dann trotzdem den Konnex zwischen GSK und dem Impfstoff?

Masser-Mayerl: Ja, aber hier geht es wirklich vorrangig um Aufklärung. Es gibt ja nicht nur den GSK Impfstoff für diese Erkrankung. Es ist eher eine allgemeine Information. Wir haben sehr starken Einblick, wie viel bei den Personen wirklich ankommt, und das ist einfach ein Bereich, der noch sehr wenig bedacht wird – von den KinderärztInnen als auch von den Müttern. Das sind Impfungen, die muss man größtenteils selber bezahlen und da muss man informiert sein. Kaltenbrunner: Wir haben über eine Maßnahme für Fachpersonen und eine für Laien gesprochen. Wo liegt der große Unterschied in der Ansprache mit ProduktPR?

Masser-Mayerl: Der große Unterschied ist, wenn ich an Fachmedien gehe, dann ist das wirklich wissenschaftlicher Content: also produktspezifische Informationen für verschreibungspflichtige Medikamente oder Impfstoffe. Da bin ich sehr stark im wissenschaftlichen Bereich und spreche Fachmedien an und über diese dann die ÄrztInnen. Wenn ich jetzt im Laienbereich tätig bin, muss ich mir ins Bewusstsein holen, wer meine Zielgruppe ist und das sind eben keine MedizinerInnen. Dementsprechend muss ich die Information vereinfachen und im Hinterkopf behalten, dass die Informationen balanciert sind und nicht auf ein bestimmtes Produkt hindeuten. Kaltenbrunner: Was kann Produkt-PR nicht?

Masser-Mayerl: Produkt-PR kann nicht jemand vorgeben, was er am Ende zu tun hat. Es kann und darf am Ende nicht rauskommen: „Liebe ÄrztInnen, verschreibt dies und jenes; oder liebe PatientInnen, macht dies und jenes.“ Es ist eine Information, aber es darf nicht werben oder die Entscheidung abnehmen.

04


Per App für mehr Nachhaltigkeit

Stefanie Krenn

Seit Österreich-Launch im August 2019 versucht das Team von Too Good To Go gemeinsam mit Restaurants, Bäckereien und Cafés, übergebliebene Lebensmittel per App an UserInnen zu vermitteln und somit vor der Verschwendung zu retten. „Essen gehört gegessen“, findet Florian Schleicher, Head of Marketing, im Gespräch mit „PRaktivium“. © Claudia Mann

Stefanie Krenn: Sie haben bereits bei McDonald’s gearbeitet, wo es im weitesten Sinne auch um Lebensmittel ging, allerdings in einem anderen Kontext. Im Vergleich dazu: Was sind die Chancen und Schwierigkeiten, für ein Start-up wie Too Good To Go zu arbeiten?

Florian Schleicher: Ein großer Vorteil ist aus meiner Sicht, dass du viel flexibler bist. Das Team ist extrem jung, da liegt auch viel mehr eine gewisse Leidenschaft dahinter. Man kann schneller reagieren, weil es keine großartigen Hierarchien gibt, mit denen wir viel abstimmen müssten. Wir sind ein internationales Unternehmen, aber im Wesentlichen selbstständig verantwortlich für den österreichischen Markt und müssen keine weiten Wege gehen, von Pontius zu Pilatus. Wir haben aber natürlich das Backup von internationaler Seite, in diesem Fall unserem Hauptquartier in Kopenhagen, und bekommen gute Erfahrungswerte. Krenn: Gibt es spezielle Kommunikationsziele für Österreich, die Sie mit der PR verfolgen wollen?

Schleicher: Für uns in Österreich ist PR der wichtigste Kanal. Das ist einerseits deshalb so, weil es uns hilft, neue Betriebe an Bord zu bekommen. Die Restaurants sehen uns in der Berichterstattung und denken: Okay, das ist tatsächlich etwas, das funktioniert. Etwas, das auch eine mediale Präsenz hat. Natürlich ist es andererseits gut für uns, um Aufmerksamkeit von EndkonsumentInnen zu bekommen. Die merken: Da gibt es eine App, mit der kann ich Lebensmittel retten. Die kann man sofort installieren – sprich, wir bekommen unmittelbar Reichweite. Drittens, für die Medien ist das auch sehr gut. Ganz ehrlich: Es gibt die ganze Woche über schlechte Nachrichten, gerade in Bezug auf die Klimakrise. Wir geben den Medien aber eine positive Geschichte, deshalb läuft für uns auch die Pressearbeit gut. Es gibt einfach eine WinWin-Win-Situation für alle Beteiligten.

05

Krenn: Wie viel Erklärungsbedarf hat die App? Wie kommunizieren Sie das?

Schleicher: Wir nehmen in der Kommunikation immer mit, wie die App funktioniert. Weil wir wissen natürlich nicht, wer den Artikel im Endeffekt liest: Das kann eine interessierte Großmutter genauso sein wie jemand Junges, Technik-Affines. Im Vordergrund steht aber nie die technische Lösung, sondern immer das, worum es geht, nämlich: Lebensmittel retten. Gleichzeitig ist die App relativ einfach, wir bauen ja auf bekannte Mechanismen auf, die man von anderen Online-Shops auch kennt. Davon profitieren wir. Krenn: Sie wollen Omas ebenso wie junge Menschen gleichermaßen ansprechen. Wie erreichen Sie das?

Schleicher: Auf der einen Seite natürlich mit nationalen Medien und klassischer Pressearbeit, weil das Thema Lebensmittelverschwendung einfach ganz Österreich betrifft. Auf der anderen Seite treten wir auch verstärkt an lokale Medien heran. Die haben eine große Community, eine gewisse lokale Relevanz. Aus meiner Sicht: Essen ist etwas total Emotionales und Persönliches, und dabei eben auch etwas sehr Lokales. Deshalb ist es schön, wenn man in der Pressearbeit auf unterschiedliche Städte und deren Bräuche und Einstellungen eingehen kann. Krenn: Sie haben schon angesprochen, Nachhaltigkeit ist aktuell ein sehr großes Thema – von Politik bis Unternehmenskommunikation. Was bedeutet das für Ihre Kommunikationsmaßnahmen?

Schleicher: Das Thema Nachhaltigkeit ist schon vorbereitet, sprich, es ist schon am Tisch. Das ist ein großer Vorteil für uns. Was dabei allerdings selten thematisiert wird, und das versuchen wir jetzt stärker zu forcieren, ist das Thema Lebensmittelverschwendung. Unser Ziel ist es, zu einem Thought-Leader in diesem Bereich zu werden. Damit man in Zukunft weiß: Alles klar, Lebensmittelverschwendung, da kenne ich Too Good To Go. Die kennen sich aus in dem Bereich.


© Too Good To Go © Adobe Stock: Aaron Amat

Das Thema Lebensmittel liegt Florian Schleicher schon immer am Herzen: Zunächst befasste er sich agenturseitig mit den Kommunikationsstrategien seiner Kunden im Bereich Lebensmitteleinzelhandel, fokussierte auf die Innovationsprojekte von McDonald‘s, und erkannte nach seiner viermonatigen Australienreise das Thema Nachhaltigkeit für sich. Nach seiner Tätigkeit bei Greenpeace, ebenso im Bereich Lebensmittel, übernahm Schleicher die Position Head of Marketing bei Too Good To Go.

Krenn: Wie leicht ist es, Beziehungen zu neuen PartnerInnen aufzubauen? Was sind da Barrieren, die neue Unternehmen abhalten könnten, auch teilzunehmen?

Schleicher: Das Lustige ist, auf der einen Seite erzählen mir total viele Leute: Die Idee ist eine absolut klare Sache, da kann eigentlich jeder mitmachen. Gleichzeitig gibt es von den GastronomInnen doch auch eine Hemmschwelle, besonders am Anfang, als noch keine bis wenige Betriebe dabei waren. Die erste Frage von allen GastronomInnen war: Wer macht denn schon mit? Die einzigen, die wir nennen konnten, waren Partner-Betriebe in der Schweiz oder in Deutschland. Jetzt, wo wir Namen dabeihaben, die in der Szene bekannt sind, hilft uns das unglaublich. Gleichzeitig hilft uns die Pressearbeit und das Feedback von UserInnen. Manche KundInnen gehen zu Betrieben hin und sagen: Habt ihr schon von Too Good To Go gehört? Könnt ihr da nicht mitmachen? Da ist der Netzwerkeffekt sehr stark, um die Betriebe zu überzeugen. Krenn: Nutzen Sie für die Stakeholderansprache eigene Kanäle?

Schleicher: Wir sprechen verstärkt mit Gastronomie-, mit Hotelfach- und mit Bäckermedien und wollen dort unsere Geschichten unterbringen. Wir haben zum Beispiel kürzlich Accor-Hotels als Partner bekommen und eine gemeinsame Presseaussendung gemacht. Das schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Man kann bekannt machen: Es gibt Too Good To Go. Und: Das funktioniert auch mit Hotels. Hotelmedien sind da ein hochrelevantes Umfeld, um wiederum neue GastronomInnen anzusprechen. Krenn: Was passiert, wenn ein Unternehmen nicht so kommuniziert, wie es bei Ihnen in den Rahmen passen würde? Gibt es da auch Schwierigkeiten?

Schleicher: Ich wüsste nicht, was eine Schwierigkeit sein könnte. Denn es geht immer darum, dass weniger Lebensmittel im Müll landen. Jeder Betrieb, der da mitmacht, leistet einen Beitrag. In Österreich gibt es knapp 600.000 Tonnen Lebensmittelüberschüsse pro Jahr, das kann keine Organisation alleine bewältigen. Da müssen alle an einem Strang ziehen und deshalb freuen wir uns über alle ande-

ren, die da auch mithelfen. Wir glauben, dass man nur gemeinsam diese Veränderungen initiieren kann. Krenn: Was ist Ihr langfristiges Ziel? Was sind nach dem Launch die nächsten Schritte in der Kommunikationsarbeit?

Schleicher: Im Moment liegt der Schwerpunkt darauf, Lebensmittelverschwendung im besten Fall abzuschaffen. Dass jedes Produkt, das produziert worden ist, jeder Apfel, der gewachsen ist, auch wirklich gegessen wird. Wie gesagt, das ist ein riesiges Problem. Deshalb glaube ich nicht, dass wir das in den nächsten Monaten lösen werden. Was wir im nächsten Jahr aber auf jeden Fall angehen werden ist: Wir wollen nicht nur mit der App Lebensmittel retten, sondern uns auch in vier anderen Bereichen einbringen, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Wir wollen Haushalten helfen, ihre Überschüsse zu reduzieren. Wir wollen mit Regierungen zusammenarbeiten, um zum Beispiel die Gesetzgebung im Bereich Mindesthaltbarkeitsdaten anzupassen. Wir wollen Betrieben helfen, ihre Überschüsse zu reduzieren. Und wir wollen mit Bildungseinrichtungen arbeiten, weil man dort einen großen Einfluss darauf haben kann, wie das Thema Lebensmittelverschwendung allgemein wahrgenommen wird. Krenn: Wie könnte das funktionieren?

Schleicher: Etwa, wenn wir in Schulen hineingehen und besprechen: Was ist eigentlich Lebensmittelverschwendung, was bedeutet das, wenn ich einen Apfel zuhause wegwerfe, oder wieviel Produktion ist in eine Topfengolatsche geflossen – dass das alles einen Wert hat und dass es wichtig ist, den auch zu schätzen. Lebensmittelverschwendung verursacht acht Prozent aller Treibhausgasemissionen weltweit. Das könnte man abstellen, durch genauere Planung, durch neue Lösungen wie Too Good To Go, durch Bildung, durch Zusammenarbeit mit Regierungsorganisationen.

06


Produkt-PR für Dienstleisungen?

Elena Puymann

Rudi Kobza, seit mehr als 25 Jahren österreichischer Agenturunternehmer, diskutiert mit „PRaktivium“ über das Potenzial der Produkt-PR im Prinzipiellen, als Eigentümer der Kommunikationsgruppe Kobza Media Group über die Rolle der PR für seine eigenen Dienstleistungen und jene seiner KundInnen. © Claudia Mann

Elena Puymann: Welche Bedeutung hat Produkt-PR innerhalb der Unternehmenskommunikation Ihrer eigenen Agenturen?

Rudi Kobza: Im Prinzip ist Dienstleistungs-PR in unserem Fall Produkt-PR, wobei unsere Produkte Beratungsund Kreativleistungen sind. Vorweg glaube ich, dass PR für einen Dienstleistungsbetrieb ein sehr wesentlicher Faktor ist. Vor allem laufend zu kommunizieren und seine Leistungen rauszutragen, da unsere Vertriebsform vorwiegend mit Menschen zusammenhängt. Wir müssen unsere Produkte bzw. Dienstleistungen, die am Kunden bzw. an der Kundin stattfinden über Kommunikation nach außen tragen und erlebbar machen. Daher finde ich PR für Dienstleistungsbetriebe sehr wichtig und richtig. Puymann: Wie setzen Sie Produkt- bzw. Dienstleistungs-PR für Ihre Agenturen ein?

Kobza: Da haben wir unterschiedliche Stufen: die erste Stufe sind Experteninterviews bzw. Expertenstatements, die kann man proaktiv oder reaktiv führen. In diesem Fall bedeutet reaktiv, dass der bzw. die Journalist/in anruft und eine Stellungnahme einholt. Proaktiv wäre zum Beispiel, wenn man an einer Studie arbeitet und diese über JournalistInnen nach außen trägt. Die nächste Stufe ist die produktbezogene bzw. bei uns die kampagnenbezogene PR, wo wir laufend neue Arbeiten ins Rampenlicht stellen. Dies kann über die eigenen Social Media-Kanäle der Kobza Media Group kommuniziert werden, also „Facebook“ und „Instagram“. Über diese Kanäle versuchen wir einmal in der Woche eine Story zu erzählen. Und der andere Weg wäre über die Presse und Fachmedien zu kommunizieren. Pressemitteilungen versenden wir in der Regel einmal im Monat, z.B. berichten wir hier über neue Etat-Gewinne oder Kampagnen. Und dann gibt es noch Personality-PR, die wieder in den Expertenbereich der ersten Stufen hineinfließt. Da versucht man meistens eine/n Geschäftsführer/in in den Vordergrund zu stellen. 07

Puymann: Neben den oben genannten Kommunikationskanälen, erachten Sie es als sinnvoll, Dienstleistungs-PR über eine Person des Unternehmens laufen zu lassen?

Kobza: Wir versuchen immer pro Unternehmensmarke ein Gesicht aufzubauen. Bei der Werbeagentur bin das ich, bei der Diego5 ist es Sandra Thier, bei alpha_z ist es Christoph Mahdalik. Der Hauptgrund dafür ist, dass Kommunikation Verdichtung ist und vor allem bei Dienstleistungsanbietern nicht über das Unternehmen per se geschrieben wird. Sondern eher über Unternehmen anhand von Personen, deswegen erachte ich eine Personalisierung als notwendig. Es muss allerdings nicht nur eine Person sein, es kann auch ein Team oder ein Bereich einer Agentur sein. Puymann: Haben Sie im Bereich Dienstleistungs-PR ein Rezept, wie mit JournalistInnen umzugehen ist?

Kobza: Ich mache das jetzt ja schon seit 30 Jahren und es gibt Phasen, in denen man eher proaktiv reagiert und Phasen, wo man reaktiv mit JournalistInnen umgeht. Grundsätzlich ist der Zeitungsmarkt im Kommunikationsbereich überschaubar. Es gibt eine Handvoll Medien: Fachmedien und Wirtschaftsmedien. Da kennt man sich, sollte aber versuchen, den Kontakt aufrecht zu erhalten und JournalistInnen hinter die Kulisse einer Agentur blicken zu lassen. Macht man das im Alltag? Nein, weil man oft gar nicht die Zeit hat. Im Idealfall sollte man einen laufenden Austausch mit den Stakeholdern der Medienseite haben. PR ist aber ein integrierter Bestandteil der gesamten Kommunikation, vor allem mit Social Media inklusive Videos, Eigenpublikationen, etc. Der Bereich Öffentlichkeitsarbeit ist daher heutzutage mehr als die reine Medienarbeit. Puymann: Nun haben Sie ja schon einige Jahre in der Werbung verbracht, Agenturen gegründet und verkauft: Welche Herausforderungen innerhalb der Pro-


© Ralph Seda © Adobe Stock: Henry Schmitt

Der Werbeunternehmer Rudi Kobza gehört zu den anerkanntesten Kommunikatoren Österreichs in den Bereichen Strategie, Kreation, Digital und Media. In mehr als 25 Jahren konnte er wertvolle Insights und Branchenerfahrung in den wichtigsten Märkten sammeln. Unter seinem Lead hat Rudi Kobza mit seinen Teams zahlreiche nationale und internationale Awards für Kreativität und Effizienz gewonnen, darunter 3 Cannes Löwen und 45 IAA Effies in Platin, Gold, Silber und Bronze. Die Kobza Media Group hält Beteiligungen an zahlreichen Kommunikations-unternehmen wie Kobza and the hungry eyes (KTHE), alpha_z, diego5 studios, Darwins Lab, R9, Biber und der hauseigenen Kaffeemarke Bieder&Maier.

dukt-PR auf Ihre Dienstleistungen bezogen sind Ihnen bereits begegnet und wie sind Sie damit umgegangen?

Kobza: Meiner Meinung nach sind zwei Drittel der Dienstleistungs-PR bzw. Medienarbeit positiv. Bei negativen Botschaften empfiehlt es sich eher, proaktiv damit umzugehen. In diesen Fällen ist es besonders wichtig, die eigenen Statements nach dem Interview nochmal zu lesen, bevor der Artikel öffentlich wird, da Kommunikation oft Missverständnisse mit sich bringt. Puymann: Nun würde ich gerne zur Produkt-PR übergehen, die auch von Ihrer Agentur alpha_z angeboten wird: Gibt es KundInnen, die Teil einer bestimmten Branche sind, wo Sie Produkt-PR als besonders sinnvoll erachten?

Puymann: Wie oft kommen KundInnen auf Sie zu und fragen explizit nach Produkt- bzw. DienstleistungsPR?

Kobza: Im Kommunikationsbereich haben wir drei Agenturen. Die alpha_z ist unter dem Thema „Let’s write a new story” positioniert, als übergreifende Event- und PR-Agentur. Da ist natürlich ein großer Bestandteil, dass Unternehmen die PR suchen zu uns kommen und entweder strategische oder anlassbezogene PR wollen. Produktbzw. Dienstleistungs-PR ist aber ein zentraler Bestandteil unseres Produktportfolios. Und ja, es kommen potentielle KundInnen zu uns und fragen auf jeden Fall nach dieser Art von PR. Puymann: Welches Potenzial für Produkt-PR sehen Sie

in der Zukunft im Hinblick auf Digitalisierung? Kobza: Nein, ich denke jedes Unternehmen kommuniziert. Und egal, ob das ein Consumer Product ist, welKobza: Erstens ist die Kommunikation breiter und vielfälches man angreifen kann oder ein B2B Product, das nur tiger geworden. Zweitens können sich viele Unternehmen produziert – man kommuniziert immer. Und selbst wenn noch klassische Werbung leisten, aber viele auch nicht. man nicht kommuniziert, komDa öffnet die digitale Kommumuniziert man ein Desinteresse. nikation über Grenzen hinweg Zudem reden Leute immer über „Egal, ob das ein Consumer Product ist, neue Möglichkeiten. Wenn man einen und das kann man nicht welches man angreifen kann oder ein Produkt-PR mit Content und verhindern. Aber man kann über B2B Product, das nur produziert – man Storytelling erweitert, bietet dies Kommunikation Themen setzen, eine sensationelle Möglichkeit, kommuniziert immer.“ über die die Öffentlichkeit redet. einen digitalen Fußabdruck zu hinterlassen. Daher denke ich, dass Produkt- bzw. Dienstleistungs-PR sicher ein wachPuymann: Das heißt Produkt-PR empfehlen Sie jedem Ihrer KundInnen, die bezüglich Öffentlichkeitsarbeit sendes Segment ist. auf Sie zukommen?

Kobza: Es gibt unterschiedliche Stufen: Unternehmenskommunikation, Produktkommunikation, etc. Aber an sich ist das eine Grundvoraussetzung für jedes moderne Unternehmen – gerade in einer digitalen Welt. Da man beispielsweise über „Google“ Informationen findet, die das Unternehmen absendet, aber auch die andere über einen schreiben. Um das nicht dem Zufall zu überlassen, sondern einen digitalen Fußabdruck zu haben, der dem entspricht, was das Unternehmen sein möchte, sollte es Produkt- bzw. Dienstleistungs-PR betreiben. 08


Hypes langfristig nutzen – die „Silent Disco“ Lisa-Marie Idowu

Einen Hype um ein Produkt zu generieren ist eine Sache, von der viele PR-BeraterInnen träumen. Wie man einen Hype optimal nutzen kann und welche Gefahren und Risiken sich auftun, schildert David Strolz, Geschäftsführer der Silent Disco Austria.

© Claudia Mann

Lisa-Marie Idowu: Wie bist du auf die Idee gekommen, eine Silent Disco in Österreich zu veranstalten?

David Strolz: Erfunden habe ich das Konzept nicht, das gibt es seit den 60er Jahren. Ich habe damals einfach Glück gehabt: Ich war in England auf einem Festival mit einer Silent Disco. Ich habe damals auch Veranstaltungen gemacht, mein Geld darin versenkt und mir vorgenommen, nie wieder Events zu machen, doch als ich das Konzept kennengelernt habe, wollte ich es hier probieren. Und das hat dann ganz gut funktioniert. Also, Zufall und Glück.

Zeitung“. Bei der Auswahl der Radiosender schauen wir, dass sie dieselbe Musik spielen wie wir und auch die Zielgruppe passt. Idowu: Was sind die größten Schwierigkeiten der PRArbeit, besonders in Hinblick auf Social Media?

Strolz: Ich finde, das Schwierigste ist, die Trends zu erkennen und schauen, auf welches Pferd man setzt. Manchmal macht man Fehler, manchmal hat man Glück. Ganz am Anfang hatten wir Glück mit „Facebook“, weil es ohne „Facebook“ keine Silent Disco geben würde. Bei uns sind dann einige Videos viral gegangen und so konnten wir viel Idowu: Wie kann man MedienvertreterInnen am besReichweite erzeugen, die dazu geführt hat, dass die Leute ten überzeugen? zu den Events gekommen sind. Momentan wird es immer Strolz: Bei der Silent Disco ist es echt schwierig, die schwieriger, da sich die Dinge geändert haben. Wir müsLeute davon zu überzeugen. Wenn sie es nicht kennen, sen versuchen, interessanten Content zu produzieren, um kannst du versuchen, es ihnen zu erklären und ihnen FoReichweite zu bekommen. Man kann natürlich auch untos zeigen, aber sie checken das Konzept dennoch nicht zählige Bilder von Personen mit Kopfhörern posten, nur leicht. Unser Ziel daher ist es, die Leute auf das Event zu irgendwann wird es halt langweilig. Egal welche Plattform bringen, denn nur so bekommen sie das Gefühl, welche man sich ansieht, es geht um den Content. Wenn der nicht neue Art von Stimmung und Atkreativ ist, kann man noch so mosphäre aufkommt und was es „Unser Ziel daher ist es, die Leute auf viel Budget raufbuttern, es bringt das Event zu bringen, denn nur so auslöst. Anfänglich haben wir das nichts. mit „Wir sind die Ersten“ kom- bekommen sie das Gefühl, welche neue muniziert und auf diese Neuheit Idowu: Wie schafft ihr es, die Art von Stimmung und Atmosphäre junge Zielgruppe anzusprechen haben sich auch die Medien geaufkommt und was es auslöst.“ und neue PartygängerInnen setzt. Idowu: Wie macht man für ein Event PR?

Strolz: Es kommt ganz darauf an, was es für ein Event ist. Die Zielgruppe macht viel aus und was du für Leute dort haben willst. Wir haben für die PR von Silent Disco sehr viel auf Social Media gesetzt, „Facebook“ natürlich. Jetzt aber sind diese Zeiten vorbei. Ganz wichtig ist für uns nun die Frage, wie wir die jüngere Zielgruppe, die 16- bis 18-Jährigen, erreichen. Sie sind jetzt noch nicht auf unseren Events, wir wollen sie jetzt auch nicht haben, aber dass sie später ab 18 kommen. Momentan geht es bei uns viel um Kooperationen – wir haben Medienkooperationen mit „Hitradio Ö3“, „Antenne Steiermark“ oder der „Kronen 09

dazuzugewinnen?

Strolz: Die Schwierigkeit bei uns ist es, die Leute einmal in eine Silent Disco zu bringen. Mit unseren Festivalproduktionen, die wir beispielweise am Frequency oder am Nova Rock machen, geht das ganz einfach und funktioniert gut. 90% der Leute auf den Festivals waren noch nie auf einer Silent Disco, gehen aber hin, weil sie schon da und gratis sind. Sie probieren es aus, finden es ganz witzig und kommen dann auf die anderen Partys. Dasselbe ist so bei Maturareisen: Wir sind auf allen drei großen Maturareisen vertreten. Das ist auch der „Züchter“ für die neue Zielgruppe. Wir können es dadurch den Leuten gratis erlebbar machen.


© www.strolzevents.at © Adobe Stock: cmon

Der Vorarlberger David Strolz hat die Tourismusschule in Bludenz abgeschlossen. Nun ist er Geschäftsführender Inhaber der 2011 gegründeten Silent Disco Austria und der Corporate Events Agentur Strolzevents. Zudem ist er seit 2017 Chief Global Officer der Silent Conference.

Idowu: Wie geht man gegen den Effekt der Abnutzung am besten vor?

Strolz: Wir probieren es auf viele verschiedene Arten; Silent Disco ist kein Konzept, wo man jede Woche hingeht. Vielleicht drei Mal im Jahr, die Superfans fünf Mal. Wir halten das Konzept rar, machen es einmal im Monat pro Stadt maximal – das ist das oberste Limit – und in Locations, die immer ausverkauft sind. Wir unterdimensionieren die Location eher. Wir können auch größere füllen, wollen aber, dass die Party ausverkauft ist, damit wir dann den Leuten „sorry, sold out“ sagen können. Die Events strahlen dadurch eine gewisse Begehrtheit aus, was dazu führt, dass die Personen noch früher kommen. Zudem startet unsere Party schon um halb 12 und nicht um halb 2 wie normalerweise in Wien. Die Location-Auswahl und die Häufigkeit der Events sind sehr wichtig, damit wir uns nicht tot spielen. Wir hatten jetzt beispielsweise 12 Events hintereinander in Wien, aber eines war nicht ganz ausverkauft, da haben wir uns auch gleich gefragt: „Wo liegt der Fehler?“ Man darf sich nie auf den Lorbeeren ausruhen, weil dann geht’s bergab, und wenn es mal bergab geht, dann ist es zu spät. Idowu: Wie geht man mit einem Hype um?

Strolz: Ein Hype ist eine sehr kurzweilige Aktion und man muss schauen, dass man persönlich am Boden bleibt, aber auch den Hype unbedingt nutzt – und das muss schnell gehen. Man kann reagieren und sagen „Okay, wir haben jetzt einen Hype, wir müssen jetzt in dieser und jener Stadt mit der Silent Disco anfangen“, weil den Hype haben wir jetzt für zwei Monate vielleicht, und dann vielleicht schon nicht mehr. Also Hypes sind schon noch etwas, wo viel Potenzial ist, das aber auch sehr gefährlich sein kann. Sie haben Pros und Contras – man muss schauen, dass man ihn nutzt, aber langfristig. Idowu: Wie geht man damit um, wenn man plötzlich so viel Erfolg hat und sich dann dennoch Beschränkungen auferlegt?

Strolz: Es ist schwierig, weil wirtschaftlich kann man natürlich sagen: „Wir melken jetzt die Kuh und machen es jede Woche in einem anderen Club, weil Anfragen haben wir ja mehr als genug.“ Aber wir machen es zum Beispiel nicht in Clubs, die nicht zu uns passen. Da haben wir unsere Prinzipien. Ich bin der Meinung, wenn man es echt jede Woche veranstaltet, dann hat man in einem Jahr sehr viel Geld verdient, aber nur ein Jahr. Wir wollen es exklusiv halten, wir wollen ein langfristiges Konzept. Das beste Beispiel in der Eventbranche sind die Holi Festivals. Die waren extrem gehyped, haben super funktioniert und ja, sind jetzt tot gespielt. Man hat einfach viel zu viele gemacht und es waren viel zu viele Anbieter am Markt. Wir haben mit der Silent Disco das Glück, dass wir der einzige Anbieter sind und haben sie uns auch markenrechtlich schützenlassen. Dadurch können wir es ein bisschen steuern und sind somit in einer glücklichen Position. Idowu: Wo geht es in den nächsten Jahren hin?

Strolz: Mir war es wichtig, dass ich mir mehrere Standbeine aufbaue und mich breiter aufstelle, damit ich dem Hype nicht ausgeliefert bin. Silent Disco funktioniert nun seit fast zehn Jahren und ich bin mittlerweile überzeugt, dass es kein Hype mehr ist und dass es langfristig so weitergeht. Am deutschsprachigen Markt gibt es noch sehr viel Potenzial und auch die ganzen Festivals sind noch komplett unerschlossen. Wir sind jetzt in den Städten, die ländlichen Gebiete sind noch unerschlossen, das Potenzial ist schon noch da, aber wir wollen uns, wie gesagt, nicht totspielen. Wir haben 2019 gut 250 Silent Discos gehabt – das ist schon recht viel, wir hatten viel zu tun, doch wir sind gerade dabei, einen weiteren Markt zu erschließen und machen mehr Firmen- und Corporate Events. Es gibt auch andere Länder, wo es noch keine Silent Disco gibt, wie Kroatien, die Potenzial hätten. Schauen wir, wo die Reise hingeht.

10


Der Spagat zwischen Transparenz und Wahrung gesetzlicher Schranken in der Kommunikation der Polizei Wien

Constanze Hack

Manfred Reinthaler, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Wien, diskutiert über die Wichtigkeit der Transparenz in der polizeilichen Kommunikation, den Einsatz von sozialen Medien und Recruiting-Maßnahmen.

© Claudia Mann

Constanze Hack: Bei der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei geht es oft auch um heikle Themen. Wieviel Transparenz ist hier gut? Gibt es auch Punkte, wo zu viel Offenheit schaden kann?

Manfred Reinthaler: Grundsätzlich ist es so, dass die größtmögliche Transparenz gegeben sein sollte. Alleine schon, um Spekulationen vorzubeugen. Es gibt aber natürlich Schranken: Das sind einerseits die Amtsverschwiegenheit, gerade bei heiklen Themen, sowie der Daten- und Opferschutz. Andererseits sind auch kriminalpolizeiliche Überlegungen zu beachten. Wenn man gewisse Informationen nicht oder noch nicht freigeben darf, wird dies entsprechend kommuniziert. Dafür herrscht in Österreich auch großes Verständnis. Hack: Wie viel Kreativität oder auch Humor lässt dies in der Kommunikation zu?

Reinthaler: Das kommt auf den Kanal an: Jedes Kommunikationstool ist anders zu bedienen. Der Grundsatz ist natürlich die gebotene Sachlichkeit zu wahren. Wir sind immerhin eine Behörde, die sich um die Sicherheit in Österreich kümmert, da wäre zu viel Humor vielleicht schädlich. Wir nutzen unsere Social Media-Kanäle „Twitter“ oder „Facebook“ gelegentlich auch dazu, um etwas humorvoll zu verkaufen. Das kommt sehr gut an. Man darf dabei natürlich eine gewisse Grenze der Geschmacklosigkeit oder Lächerlichkeit nicht überschreiten. Hack: Wie läuft die Kommunikation bei laufenden Kriminalfällen ab?

Reinthaler: In erster Linie nutzen wir die klassische Öffentlichkeitsarbeit über Presseaussendungen, Interviews und Telefongespräche. So werden die Medien bedient, die dann ihre Funktion als Schleusenwärter wahrnehmen und Informationen in die Zeitungen bringen. Die zweite Möglichkeit sind unsere eigenen Social Media-Kanäle, die wir ebenfalls verwenden, um die Bevölkerung zu informieren. 11

Hack: Wie gestaltet sich diese Zusammenarbeit mit Medien und JournalistInnen genau?

Reinthaler: JournalistInnen sind für uns professionelle Partner, die die Öffentlichkeit über polizeilich relevante Vorfälle informieren. Natürlich gibt es hier ein professionelles, zu der einen oder dem anderen sogar ein freundschaftliches Verhältnis, auch wenn jede Gruppe andere Ziele verfolgt. JournalistInnen streben danach, möglichst viele Informationen exklusiv bekommen. Wir wollen die größte Transparenz und eine Gleichbehandlung aller Medien, müssen aber zugleich die gesetzlichen Vorgaben einhalten. Diese unterschiedlichen Ebenen wird man auf Grund der differenzierenden Zielsetzungen nicht verhindern können. Aber es gibt einen sehr großen Deckungsbereich in der Mitte und über diese Wege kommunizieren wir miteinander. Hack: Ein wichtiger Punkt in der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei ist die Prävention. Welche Maßnahmen treffen Sie hier?

Reinthaler: Die beste Straftat ist die, die nicht stattgefunden hat, heißt es. Deshalb ist die Prävention ein wesentlicher Faktor. Hier gibt es eine eigene große Abteilung in Wien, die verschiedene Maßnahmen durchführt. Unsere Aufgabe ist es, die verschiedenen Präventionsmaßnahmen anzukündigen, wo sie stattfinden, aber auch eigene Initiativen zu starten. Hack: Man hört von vielen Seiten, dass die Aufnahmekriterien für die Sicherheitsakademie leichter gestaltet wurden, um wieder mehr BewerberInnen zu bekommen. Wie schafft man es trotzdem nach außen zu kommunizieren, dass bei der Polizei weiterhin qualifizierte Leute aufgenommen und ausgebildet werden?

Reinthaler: Der Grundtest wurde nicht gelockert, lediglich bei den sportlichen Aktivitäten ist zum Beispiel Schwimmen weggefallen. Von gewissen körperlichen Merkmalen, sprich Tätowierungen, hat man die Kriterien etwas gelockert, ich würde sagen zeitgemäß ge-


© LPD Wien © Adobe Stock: Tupungato

Manfred Reinthaler ist seit 1991 Beamter im österreichischen Innenministerium. 1998 hat er das Studium der Rechtswissenschaften und 2015 den Masterlehrgang Strategisches Sicherheitsmanagement erfolgreich abgeschlossen. Seit 2009 ist er als Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Landespolizeidirektion Wien tätig. Außerdem ist er PR- und Kommunikationstrainer an der Sicherheitsakademie und der Fachhochschule Wiener Neustadt. Vor zwei Jahren hat er sich zusätzlich als gewerblicher PR-Berater mit der Firma Auftritt.Sicher selbstständig gemacht.

macht. Was aber nichts an der Qualifikation ändert. Das Verhältnis von BewerberInnen zu Aufnahmen ist in etwa gleichgeblieben, also man sieht hier, dass es nicht leichter geworden ist, sondern der Aufnahmeprozess wurde einfach beschleunigt. Wir haben verschiedene Maßnahmen über unsere Social Media-Kanäle gesetzt. Das Projekt „Deine Chance“ in etwa, wo wir die Voraussetzungen in einzelnen Teilen kommuniziert haben. Ziel war es, dass die Bevölkerung sich bewirbt, denn natürlich wollen wir eine höhere Bewerberzahl haben, um aus einem größeren Pool zu fischen. Zusätzlich organisieren wir noch spezielle „Recruiting Days“, an denen potentielle BewerberInnen die Möglichkeit haben, persönliche Gespräche zu führen. Hack: Stichwort „Recruiting Days“: Die Polizei Wien ist auch auf vielen anderen Events vertreten. Was ist das kommunikative Hauptziel solcher Eventauftritte?

kommen, würde hier die gesamte Kommunikation stattfinden, weil man auch mittels Hashtags die größtmögliche Verbreitung hat. Hack: Ist eine große Reichweite in Sozialen Medien für die Polizei Wien erstrebenswert?

Reinthaler: Reichweite ist zwar wichtig, aber nicht das erste Ziel. Wenn ich eine gewisse Followerzahl habe, dann habe ich die Chance, dass ich, vor allem in der Krisenkommunikation, viele Menschen erreiche. Das Mittel zum Zweck ist somit in „Friedenszeiten“ eine Community aufzubauen, auf die ich rasch zurückgreifen kann. Insgesamt wollen wir eine Mischung aus Information, Exklusivität und Unterhaltung. Hack: Stimmt man den Außenauftritt, besonders im Fokus auf Soziale Medien, mit den Polizeiorganisationen in den anderen Bundesländern ab?

Reinthaler: Bei jedem dieser Events versuchen wir natürlich Recruiting-Maßnahmen zu setzen, zu informieren und gleichzeitig die Polizei nahbar zu machen. Das heißt, man kann sich zum Beispiel verschiedene Attraktionen ansehen und Merchandising-Artikel kaufen. Es ist bei allen Veranstaltungen immer ein Recruiting-Stand vor Ort, bei dem man sich über den Job informieren kann und gleichzeitig Einblicke in die Vielfältigkeit der polizeilichen Tätigkeit bekommt.

Reinthaler: Es gibt das Innenministerium mit einer eigenen Social Media-Abteilung. Die setzt die Vorgaben betreffend Layout und Corporate Design um, damit wirklich erkennbar ist: das ist die Polizei. Dann gibt es immer wieder Vorgaben des Bundesministeriums oder des Bundeskriminalamtes, gewisse Projekte zu starten oder zu teilen. Es gibt gemeinsame Projekte, aber 80 bis 90 Prozent erfolgt auf Initiative der jeweiligen Landespolizeidirektion, um die örtlichen Unterschiede zu wahren.

Hack: Einen weiteren wichtigen Punkt der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Wien bildet Social Media. Prinzipiell kommuniziert die Polizei an die breite Öffentlichkeit. Gibt es trotzdem eine spezielle Zielgruppe, die Sie über Soziale Medien erreichen möchten?

Hack: Abschließend noch: Welche sind die drei wichtigsten Dinge in der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei?

Reinthaler: Dies ist natürlich abhängig vom Kanal. Die „Facebook“-Community ist sehr polizeifreundlich. Hier haben wir Follower, die wirklich interessiert sind an der Polizeiarbeit. Etwas kritischer sind unsere „Twitter“Follower. Hier geht es um Kurznachrichten, um die sachliche Information. Sollte es zu einer Krisenlage

Reinthaler: Größtmögliche Transparenz zu schaffen, das Vertrauen der Bevölkerung zu bekommen und aufzubauen sowie ehrliche Kommunikation.

12


„Gute Kooperationen, aber nicht um jeden Preis.“

Lisa Volkert

Manuela Raidl-Zeller, Geschäftsführerin in den Bereichen Marketing, Produktentwicklung, Vertrieb, Franchise und Tourismus der Firma Sonnentor, über die Relevanz von Storytelling und den direkten Kontakt zu KundInnen.

© Claudia Mann

Lisa Volkert: Sonnentor-Gründer Johannes Gutmann wurde anfangs oft belächelt, weil er Vorreiter für biologische Produkte in Österreich war. Wie ist es trotz der großen Skepsis gelungen, eine so starke Marke aufzubauen?

Manuela Raidl-Zeller: Ich glaube, das ist teilweise einfach passiert. Johannes Gutmann hatte von Anfang an eine klare Vision, er wollte einen Arbeitsplatz für sich und seine Familie schaffen. Und von dieser Vision geleitet hat er immer versucht, dass die Produkte ihren richtigen Platz finden und auch gut verkauft werden. Sprich, er hat sich früh damit beschäftigt, wie er denn überhaupt die Produkte verpacken muss. Da kam er auf die Idee, ein Sichtfenster bei den losen Tees zu machen, sodass man auch sehen konnte, was drinnen ist. Außerdem hat er viele Tipps von außen erhalten, eine der Ursprungsbäuerinnen, die Oma Zach, gab ihm den Tipp, eine Blüte, zum Beispiel eine Ringelblume, in die Verpackung zu stecken, um die Produkte noch attraktiver zu machen. Und siehe da, diese Blume vorne in der Verpackung ist irrsinnig gut angekommen. Er hat sich auch sehr früh schon mit dem Thema Markenaufbau insgesamt beschäftigt. Auch der Logoentwurf war ihm sehr wichtig. Er wollte nicht irgendeine Sonne abbilden, sondern es musste eine sehr charakteristische, besondere Sonne sein. Die Sonne hat 24 Strahlen, die für die 24 Stunden am Tag stehen und auch der Name Sonnentor hat eine besondere Bedeutung, da die Sonnentore im Waldviertel ein Symbol für die freien Bauern bzw. Bäuerinnen sind. Johannes wollte also mit freien Bauern bzw. Bäuerinnen zusammenarbeiten und ihre Produkte vermarkten. Volkert: Also würden Sie sagen, dass das individuelle Produktdesign auch bereits damals eine wichtige Rolle gespielt hat?

Raidl-Zeller: Johannes hat immer gewusst, dass er nicht in diese klassische Birkenstockschlapfen-Bio-Schublade gesteckt werden möchte, sondern etwas Eigenständiges, etwas Attraktives, etwas Besonderes mit Strahlkraft erschaffen möchte. Außerdem war es ihm auch immer 13

wichtig, Geschichten zu erzählen. Die Faszination von Geschichten hat er schon als Kind erkannt, als er beim örtlichen Greißler einkaufen war. Geschichten sind es, die die Leute begeistern. Auf den Bauernmärkten hat er die Geschichten der Bauern und Bäuerinnen und der Produkte erzählt und gemerkt, wie gut das ankommt. Darum sind auch die Illustrationen auf den einzelnen Produkten entstanden, weil jede Illustration wirklich eine eigene Geschichte erzählt. Das war für die Produkte, aber auch für die Marke selbst, sehr wichtig. Dieses Geschichtenerzählen ist etwas ganz Besonderes von Sonnentor, das hat er schon ganz früh erkannt. Volkert: Sonnentor ist wenig aus der Werbung bekannt. Konzentrieren Sie sich daher stärker auf die PR-Arbeit?

Raidl-Zeller: Wir haben in der Kommunikation und der gesamten Vermarktung immer starken Wert darauf gelegt, unsere Zielgruppe direkt anzusprechen, unter dem Stichwort ethisches Marketing. Wir gehen in keine klassischen Massenmedien hinein und fahren riesige Kampagnen, sondern wählen unsere Partner ganz bewusst aus. Das sind im Printbereich hauptsächlich die Biofachmedien. Auch in der PR-Arbeit versuchen wir gute Kontakte zu den Medien und Journalis-tInnen aufzubauen und – noch wichtiger – gute Geschichten zu erzählen, relevante Inhalte zu bringen und die Menschen nicht mit irgendetwas zuzuspammen. Diese guten Inhalte sind auch sehr relevant als Content für unsere vielen Fans, die wir auf „Facebook“, „Instagram“ und „Pinterest“ haben. Wir wollen nicht einfach irgendetwas posten, sondern überlegen ganz gezielt, was unsere Fans brauchen, welche Informationen wichtig und relevant sind. Wir recherchieren unglaublich viel und generieren sehr viele Inhalte selbst. Das zahlt nicht unmittelbar auf Produkte ein, aber es ist ein wichtiger Wissenstransfer da. Von Do it yourself-Themen bis zu Rezepten bieten wir verschiedene Serviceleistungen für unsere Fans und KundInnen.


© Sonnentor © Adobe Stock: BillionPhotos.com

Manuela Raidl-Zeller kehrte dem Waldviertel zunächst den Rücken, um in Wien Publizistik- und Kommunikationswissenschaft kombiniert mit Spanisch zu studieren. Nach zehn Jahren Agenturerfahrung kehrte sie allerdings 2009 durch einen Zufall zu ihren Wurzeln ins Waldviertel zurück und übernahm die Marketingleitung bei Sonnentor. Seit April 2019 ist sie Teil der Geschäftsleitung.

Volkert: In Social Media sind mittlerweile InfluencerKooperationen besonders präsent. Sind solche Kooperationen auch Bestandteil der Strategie von Sonnentor?

Raidl-Zeller: Also wir hatten schon ganz früh, da ist das Thema erst aufgekommen, Kontakt mit Bloggern. Wir haben uns da auch schlau gemacht, was diese denn eigentlich genau tun und was sie von uns brauchen. Manche sind aktiv auf uns zugegangen und wollten Produkte testen und probieren. Da ist relativ früh ein guter Kontakt entstanden, den wir nach wie vor intensiv pflegen. Wir haben uns circa 2010, also wirklich noch in den Kinderschuhen von Influencer-Marketing, mit dem Thema beschäftigt und fanden sehr spannend, dass jemand für und über uns schreiben und berichten will, der kein/e Journalist/in ist. Zwischenzeitlich hat sich diese Branche sehr gedreht. Da hat sich ein richtiger Markt daraus entwickelt. Wir sind nach wie vor daran interessiert, gute Kooperationen zu haben, aber nicht um jeden Preis. Das muss einfach stimmig sein; das müssen Blogger sein, die zu uns passen und wir müssen zu ihnen passen. Mittlerweile geht es gar nicht mehr so sehr um klassische Produktthemen, also Produktsamples, sondern es geht um das Erlebnis und ganz stark um unsere Werte. Volkert: Sie haben die Werte angesprochen. Werden diese auch forciert kommuniziert?

Raidl-Zeller: Im Rahmen des Markenrelaunches war uns wichtig, unsere Kernwerte auch nach außen hin sichtbar zu machen. Hier geht es um die Themen Bio, Nachhaltigkeit, Handarbeit, palmölfreie Produkte und die Verpackung. All das kommunizieren wir auf der Verpackung, auf den Seitenflächen, also am Produkt selbst. Gerade hier haben wir gelernt, dass alles, was wir auf die Schachteln bringen enorm wertvoll ist. Denn sobald du die Information direkt am Produkt draufhast, wird es verstanden. Da kommt es zwar immer auf den Platz an, denn Tee- oder Gewürzschachteln sind nicht sehr groß, aber hier muss man verschiedene Themen priorisieren.

Volkert: Die Sonnentor-Produkte werden fast weltweit vertrieben. Das stelle ich mir sehr schwierig vor, diese individuellen Produkte und die dazugehörige Geschichte zu kommunizieren. Gibt es hier bei der Produkt-PR länderspezifische Unterschiede?

Raidl-Zeller: International liegt die Kommunikation zum Großteil bei unseren Partnern selbst. Wir statten sie mit diversen Materialien aus, aber auch hier ist es so, dass die meiste Kommunikation direkt über das Produkt selbst zum Kunden bzw. zur Kundin passiert. Das ist auch eine Zukunftsidee, dass wir in diese Kommunikation noch mehr Energie und Zeit stecken, denn jeder Markt ist anders und überall muss anders kommuniziert werden, damit du auch verstanden wirst. Daher sorgen unsere Partner selbst für die Übersetzung in die jeweilige Landessprache. Volkert: Sonnentor-Produkte sind auch in der Gastronomie erhältlich. Sehen Sie das auch als Mittel der Produkt-PR?

Raidl-Zeller: Auf jeden Fall. Die Gastronomie war viele Jahre eher verhalten, mittlerweile merken wir aber, dass großes Interesse an der Marke besteht und das freut uns sehr, weil wir hier auch neue KundInnen kennenlernen beziehungsweise die KundInnen lernen uns kennen, das ist auch sehr schön. Für die Gastronomie gibt es eine eigene Produktlinie mit eigenen Illustrationen, um auch hier zu differenzieren und der Gastronomie einen Mehrwert bieten zu können. Auch unsere Franchisepartner wissen, dass ihnen niemand etwas vom Geschäft wegnimmt, sondern dass es ein Miteinander ist – und das ist natürlich für den Markenaufbau schön und wichtig.

14


Mehr als nur Milch – Produkt-PR für ein Grundnahrungsmittel

Eva Lindtner

Nicht jedes Produkt ist von sich aus spannend für KonsumentInnen. Elisabeth Haimberger, PR-Verantwortliche von Berglandmilch, verrät im Gespräch mit „PRaktivium“, warum Öffentlichkeitsarbeit gerade dann wichtig ist und welche Herausforderungen die PR-Arbeit für Milch mit sich bringt. © Claudia Mann

Eva Lindtner: In der Produkt-PR dreht sich ja vieles um das Image eines Produkts. Welches Image hat Milch?

Elisabeth Haimberger: Milch hat ein sehr gutes Image, vor allem deshalb, weil es ein gesundes Lebensmittel ist und das wissen die Leute nach wie vor.

Lindtner: Also es besteht bereits ein gutes Image, jeder kennt Milch und man muss niemandem erklären, was das ist. Es handelt sich um ein Low-Involvement Produkt, um ein Fast Moving Consumer Good (FMCG). Braucht es da überhaupt PR-Maßnahmen?

Haimberger: Gerade deshalb braucht es PR-Maßnahmen. Ich verkaufe ja nicht nur ein Produkt, ein Grundnahrungsmittel an sich, sondern wir haben auch ein hoch innovatives Sortiment. So wollen wir auch gesehen werden. Und gerade dafür braucht es PR-Maßnahmen. Der Definition nach beinhaltet PR die Kommunikation über das Produkt hinaus. Das heißt, ich lade das Produkt nicht nur mit Aspekten auf, wie: dass es gut schmeckt oder dass es gesund ist, sondern ich sage beispielsweise auch, dass es ein nachhaltiges Produkt ist. Themen wie dieses sollen mitschwingen, damit KundInnen dann vor dem Regal zu meinem Produkt greifen und nicht zum Produkt des Mitbewerbs. Das heißt, ich lade die Marke und gleichzeitig das Produkt mit einem Mehrwert auf. Lindtner: Und mit welchen Maßnahmen funktioniert das?

Haimberger: Das wichtigste in meiner Position ist die Abstimmung mit den einzelnen ProduktmanagerInnen. Diese konzentrieren sich auf ihre Produktkategorien. Ich bin für alle Themen zuständig, die über das Produkt hinausgehen. Das sind beispielsweise Themen wie Nachhaltigkeit, Qualität und Herkunft, die wir ganz im Sinne einer integrierten Kommunikation mitkommunizieren. 15

Lindtner: Sind eher LieferantInnen oder eher KonsumentInnen die Zielgruppe der Produkt-PR?

Haimberger: Beides. Das ist genau das spannende Feld, in dem wir uns bewegen. Wir haben auf der einen Seite den Handel, der die Anforderungen der Gesellschaft direkt weitergibt. Dann haben wir unsere LieferantInnen – 10.500 MilchbäuerInnen, die auch gleichzeitig unsere EigentümerInnen sind in unserer genossenschaftlichen Organisationsform. Und wir haben unsere KonsumentInnen, die ebenso mit ihren Anforderungen uns gegenüberstehen. Dementsprechend richtet sich die PR, die wir betreiben, an diese drei Gruppen. Und wir kommunizieren natürlich auch nach innen an unsere MitarbeiterInnen. Bei der Ansprache gilt es hier zu differenzieren, was uns durch eine Vielzahl an Kanälen auch gut gelingt. Lindtner: Wenn die EigentümerInnen über 10.000 LandwirtInnen und Landwirte sind, die beispielsweise auf ihren Höfen mit Plakaten werben, betreiben diese indirekt auch PR. Wie viel Macht haben sie dabei und können sie dem Image auch schaden?

Haimberger: Es ist ein riesiges Netzwerk, auf das wir da PR-technisch zurückgreifen könnten mit unseren 10.500 BäuerInnen. Durch das Anbringen von Hofplakaten wird das beispielsweise gut genützt und es gibt viele BäuerInnen, die SeminarbäuerInnen sind oder Schule am Bauernhof machen. Wenn sie nur zum Verwandtenbesuch ein Käsekörberl mitnehmen, ist das schon PR, und das ist das Bewusstsein, das wir permanent versuchen zu schulen. Wir haben eine Käsebotschafterausbildung und wir haben unsere Lieferantenzeitschrift, die sehr darauf abzielt, die Gemeinschaft zu fördern. Im Rahmen diverser Veranstaltungen, die jedes Jahr in den Regionen stattfinden, schaffen wir auch immer wieder regen Austausch. Also von dem her sind wir da gut aufgestellt und ein tolles Netzwerk. Mit Kleinigkeiten wie Stickern, die auf Traktoren geklebt werden können oder Pins, die man sich auf das Revers heften kann, versuchen wir immer wieder das Bewusst-


© Jürgen Adelmann

© Adobe Stock: Theeradech Sanin

Elisabeth Haimberger ist seit Oktober 2018 Presseverantwortliche des Milchverarbeitungs- und Vertriebsunternehmens Berglandmilch. Davor hat sie das Bachelorstudium Media- und Kommunikationsberatung an der FH St. Pölten absolviert. Als ehemalige niederösterreichische Milchkönigin und aufgewachsen am landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern macht sie nun PR für ein Produkt, das ihr persönlich am Herzen liegt.

sein für die Gemeinschaft und die Markenloyalität zu stärken.

wofür du arbeitest. Wir bei Berglandmilch formulieren das so: „Was man gern macht, macht man gut.“

Lindtner: Wie glauben Sie, dass sich die PR für Lebensmittel von der PR für ein Gebrauchsgut unterscheidet? Gibt es wesentliche Unterschiede?

Lindtner: Was werden in Zukunft in der Lebensmittel-Produkt-PR die Themen sein?

Haimberger: Um das zu wissen, müsste ich TrendHaimberger: Garantiert. Ich glaube, dass man in der forscherin sein. Ich weiß es nicht. Wir müssen am Lebensmittel-PR, also gerade Zahn der Zeit bleiben, blinde „Der Definition nach beinhaltet PR im FMCG-Bereich, sehr viel Flecken schließen, transparent schneller und flexibler reagie- die Kommunikation über das Produkt sein, noch nachhaltiger werden ren muss auf Trends, auf ge- hinaus. Das heißt, ich lade das Produkt und vor allem müssen wir uns sellschaftliche Entwicklungen nicht nur mit Aspekten auf, wie: dass es immer wieder bewusst machen und Anforderungen. Dement– Essen ist ein sehr emotionales gut schmeckt oder dass es gesund ist, sprechend müssen wir uns auch Thema. sondern ich sage beispielsweise auch, verhalten. dass es ein nachhaltiges Produkt ist.“ Aber was kommen wird – who Lindtner: Sie sind ja die eheknows? Die Flexibilität müssen malige niederösterreichische Milchkönigin und mit wir uns bewahren. Und es sollte einfach immer unser der Landwirtschaft aufgewachsen. Da ist natürlich Anspruch sein, gesunde, gut schmeckende und vor aldie Milch für Sie ein Produkt, das auch wie eine Leilem auch sichere Lebensmittel zu produzieren und das denschaft ist. Ist das förderlich für die PR-Arbeit auch zu kommunizieren. Tue Gutes und sprich darüoder kann das auch ein Hindernis darstellen, sich in ber! die nicht so begeisterten KonsumentInnen zu versetzen?

Haimberger: Ganz im Gegenteil, es ist ein riesiger Vorteil, gerade im Bereich PR. Durch meine Zeit als Milchkönigin habe ich die Milchwirtschaftsbranche verstehen gelernt. Viele Stakeholder durfte ich schon damals kennenlernen, auf die ich jetzt im Berufsleben auch immer wieder treffe. Dieser landwirtschaftliche Background wird geschätzt, weil er ein Verständnis für die Herkunft des Produktes bringt. Ich glaube, dass die Kombination aus dem Studium im Kommunikationsbereich, meinem landwirtschaftlichen Background und der Zeit als Milchkönigin die idealen Voraussetzungen für meinen Beruf heute waren. Und ich finde es sehr wichtig, dass sich PR-Verantwortliche mit dem Produkt identifizieren können, weil irgendwie fehlt einem sonst die Authentizität. Du arbeitest mit einer ganz anderen Motivation, wenn du hinter dem stehst, 16


Irene Koblitz

Klimaschutz – ein Window of Opportunity

© Claudia Mann

Ist PR-Arbeit bei Transportunternehmen überhaupt notwendig? „Definitiv“, sagt Anna Maria Reich, Leiterin der Unternehmenskommunikation der Wiener Linien. Wie schwierig es ist, bei 8.700 MitarbeiterInnen Akzeptanz für die Kommunikationsarbeit zu schaffen, welche kommunikative Strategie bei den Wiener Linien verfolgt wird und was sich durch die aktuelle Klimaschutzdiskussion für das Unternehmen verändert hat, darüber sprach „PRaktivium“ mit der gebürtigen Oberösterreicherin im folgenden Interview.

Irene Koblitz: In der Theorie wird oft zwischen Produkt- und Dienstleistungs-PR klar unterschieden – in welcher Sparte würden Sie die Arbeit der Wiener Linien verorten?

Anna Maria Reich: Bei den Wiener Linien ist das schwer zu unterscheiden. Als Mobilitätsanbieter in Wien bieten wir grundsätzlich eine Dienstleistung an. Dennoch versuchen wir, die Marke der Wiener Linien auch stark als Produkt zu positionieren und zu kommunizieren. So haben wir beispielsweise bereits die zweite Kollektion der Wiener Linien präsentiert: Man kann seine „Öffi“-Liebe also auch tragen. Damit sind wir nicht nur eine Dienstleistung, sondern auch ein Produkt. Koblitz: Eine Strategie ist in der PR-Arbeit das A und O. Ist es in einer so schnelllebigen Branche überhaupt möglich, einer Strategie zu folgen?

wir nochmal heraus, dass jede/r einzelne, die oder der die Öffis nützt, einen großen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Des Weiteren bieten wir eine sehr gute Dienstleistung an: Wer in anderen Städten Europas unterwegs ist, wird sehr schnell zu schätzen wissen, was in Wien für ein Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln vorzufinden ist. Hier kann man in der Hauptverkehrszeit im 2-3 Minuten-Intervall unterwegs sein. Dieses alltägliche Gut wollen wir klar positionieren, als das, was es ist: nämlich Luxus. Viele unserer NutzerInnen nehmen das vielleicht gar nicht so wahr, deshalb sollten wir hier strategisch daran arbeiten. Koblitz: Was hat sich durch die Klimaschutzdiskussion für Ihr Unternehmen verändert?

Reich: Die „Fridays for Future“-Bewegung hat für viele Unternehmen ein Window of Opportunity geöffnet. Für uns ist das die Chance, die Wertigkeit von öffentlichem Verkehr nochmal herauszustreichen. Die Menschen fangen endlich an, sich damit zu beschäftigen, wie sie ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Die Wiener Linien sind hier einer der größten Problemlöser. Jede/r, die oder der die Wiener Linien nutzt, kann das mit Stolz tun.

Reich: Wir haben am Tag über 2,5 Millionen Fahrgäste, da kann tagesaktuell immer etwas passieren, das zu einem medialen Thema wird. Grundsätzlich ist es aber sehr wichtig, eine übergeordnete Strategie zu haben und zu überlegen, wo man in Zukunft kommunikativ hinmöchte, welche Geschichte man erzählen will und wie man sich positioniert. Bei den Wiener Linien braucht es auf jeden Fall beides: eine längerfristig angeKoblitz: Welche Maßnahmen setzen Sie, damit Ihre MitarbeiterInnen diese Einstellegte Strategie, gleichzeitig muss „Als Mobilitätsanbieter in Wien lung auch nach außen tragen man aber auch ad hoc reagieren können. bieten wir grundsätzlich eine Dienst- und damit als glaubhafte Mar-

leistung an. Dennoch versuchen wir, die Marke der Wiener Linien auch stark als Produkt zu positionieren Reich: Grundsätzlich sind wir gut unterwegs: Die Menschen, und zu kommunizieren.“ Koblitz: Und welche Strategie verfolgen die Wiener Linien?

die uns nutzen, wissen, was sie an uns haben. Was wir aber noch stärker fokussieren wollen, ist der Beitrag der öffentlichen Verkehrsmittel zum Klimaschutz. Das haben wir dieses Jahr mit der Kampagne „Greener Linien“ und dem Slogan „Öffis nützen, Klima schützen“ in Angriff genommen. Hier streichen 17

kenbotschafterInnen ren?

fungie-

Reich: Die MitarbeiterInnen der Unternehmenskommunikation leben das auf jeden Fall sehr stark. Wenn man über etwas kommuniziert, muss man dahinterstehen. Wir versuchen aber auch, unseren 8.700 MitarbeiterInnen intern zu vermitteln, was für ein wichtiges Rädchen sie jeweils in dem ganzen System sind. Das Unternehmen per se tut auch abseits der umweltfreundlichen Mobilität sehr


© Wiener Linien / Johannes Zinner © Adobe Stock: mrcats

Mit ihrem Studium der Kommunikationswissenschaft stellte Anna Maria Reich die Weichen für eine erfolgreiche Karriere im Mobilitätssektor: bis 2010 als Pressereferentin im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie tätig, war sie im Anschluss fast fünf Jahre Pressesprecherin der Wiener Linien. Bevor sie Anfang 2019 als Leiterin der Unternehmenskommunikation der Wiener Linien zu ihren Wurzeln zurückkehrte, arbeitete sie als Pressesprecherin im Bundeskanzleramt.

viel: Abfallvermeidung, Ressourcenschonung, etc. Wir achten auch in kleineren Bereichen auf Nachhaltigkeit, zum Beispiel bei der Kantine, indem wir versuchen, Plastikverpackungen zu vermeiden oder kein Plastikbesteck anbieten. Koblitz: Ist umweltbewusstes Denken eine Voraussetzung, um bei den Wiener Linien zu arbeiten?

Reich: Kommunikativ ist das natürlich wichtig. Aber auch beispielsweise die StraßenbahnfahrerInnen können stolz darauf sein, dass sie durch den Transport der Fahrgäste einen fantastischen Beitrag leisten. Grundsätzlich sollte man sich natürlich schon mit seinem Unternehmen identifizieren können. Vor allem im Recruiting merken wir, dass die Sinnhaftigkeit der Tätigkeit für die MitarbeiterInnen sehr wichtig ist. Koblitz: Wie schwierig ist es in einem so großen Unternehmen, Akzeptanz für die Kommunikationsarbeit zu schaffen?

Reich: Wir haben eine Geschäftsführung, die unsere Arbeit schätzt und uns viel Spielraum lässt. Bei KollegInnen, die unsere Arbeit nicht ganz verstehen versuchen wir Aufklärungsarbeit zu leisten: Neue MitarbeiterInnen lernen in Schulungen das Unternehmen kennen. Dort stellt sich auch die Unternehmenskommunikation vor und erklärt, wie wir arbeiten, was unsere Ziele sind und welchen wichtigen Beitrag wir zum Unternehmensziel leisten. Zusätzlich haben wir viele Kanäle, wie Intranet und Infoscreens, über die wir MitarbeiterInnen, die ja in ganz Wien verteilt sind, erreichen.

ment sehen. Das Angebot der Wiener Linien ist hervorragend, unsere tägliche kommunikative Arbeit unterstreicht das. Koblitz: Ist es bei einer so großen Zielgruppe schwer, effiziente Kommunikationsmaßnahmen zu planen und durchzuführen?

Reich: Wir bedienen die unterschiedlichsten Kanäle, die alle wiederum zielgruppenadäquat ausgerichtet sind. Was unsere KundInnen eint, ist, dass sie die Wiener Linien nutzen. Über diesen Hebel erreichen wir sie gut. Das ist aber natürlich auch oft eine Herausforderung. Koblitz: Was ist für Sie das Geheimnis eines gelungenen Kommunikationsmix?

Reich: Ein gutes motiviertes Team, das im Gesamten denkt. Das ist sicher auch in so einem Unternehmen die größte Herausforderung. Koblitz: Welchen Stellenwert hat PR in diesem Kommunikationsmix?

Reich: Die PR muss intensiv mit allen anderen Kommunikationsbereichen abgestimmt sein, damit es ein großes Ganzes ergibt. Ich würde sagen, PR ist die Schnittstelle für die Botschaften.

Koblitz: Warum ist PR bei Transportunternehmen überhaupt wichtig? Würden Ihre KundInnen das Angebot nicht vielleicht auch ohne PR-Arbeit nützen?

Reich: PR braucht es, um Bewusstsein und Wertschätzung für unser gutes Angebot zu schaffen. Wenn es bei uns mal nicht reibungslos klappt, fällt das sofort auf. Das könnte man in gewisser Weise sogar als Kompli18


Facettenreichtum, Aktualität und Infotainment – Die Herausforderungen von Produkt-PR bei Medienhäusern

Raffaela Rotter

Cornelia Doma, Head of Communication von Österreichs führender Privatsendergruppe „ProSiebenSAT.1 PULS 4“, im Gespräch mit „PRaktivium“ über den Einsatz und die Besonderheiten von Produkt-PR bei Medienhäusern.

© Claudia Mann

Raffaela Rotter: Im September 2019 wurde von der „ProSiebenSat.1 PULS 4 GmbH“ der TV-Sender „PULS 24“ gelauncht. Welchen Stellenwert hat hierbei die Produkt-PR? Wie wurde in diesem Fall konkret Produkt-PR betrieben?

Cornelia Doma: Der Stellenwert der Kommunikation ist sehr hoch. Bei „PULS 24“ handelte es sich um eine Neueinführung, ein völlig neues Produkt auf vielen Kanälen. Es ist nicht nur ein neues Projekt für uns, sondern es ist eine News-Neuheit für Österreich. „PULS 24“ ist ein journalistisches Produkt mit Anspruch und Haltung – und das 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Wir haben damit etwas ganz Neues gestartet und da ist Kommunikation eines der wichtigsten Tools, um Bekanntheit zu erlangen. Unser Haupt-Produkt an sich ist Bewegtbild und zwar sowohl für TV, als auch für viele weitere Kanäle. „PULS 24“ ist ein gutes Beispiel dafür, denn es handelt sich um ein 360° Digitalprojekt. Natürlich steht Fernsehen bei uns im Fokus, jedoch stellen wir unseren Content auch mobil, live und On-Demand auf weiteren relevanten Kanälen kostenfrei zur Verfügung. „PULS 24“ ist neben einem eigenen TV-Kanal auch mobil per „PULS 24“-App sowie als Webversion mit Livestream verfügbar. Die Möglichkeiten in der Kommunikation waren dementsprechend groß, das Feedback sehr positiv und der Output erfreulich. Wir haben zwei bis drei Wochen durchgehend relevante Kommunikation auf vielen Eigenund vor allem auch Fremd-Kanälen erwirkt, sowohl im TV, online, in Apps als auch im Printbereich. Rotter: Wie wurden Shareholder und Stakeholder über die Neueinführung informiert?

Doma: Unsere PartnerInnen und KundInnen holen wir bei neuen Projekten natürlich so früh als möglich ab. Wir haben bereits im Mai einen Pop Up Channel gestartet auf unserer Streamingapp „Zappn“ – die App ist die Nummer eins in Österreich im Bereich der kostenlosen Streamingapps. Wir stellen dort neben unserem eigenen Sender-Portfolio auch zum Beispiel ORF1 und ORF2 zur Verfügung im Livestream, wie auch „ServusTV“. Der 19

Anstoß zum Pop Up Channel war „Ibiza-Gate“ und dieser berichtete den ganzen Tag über Breaking News, weil wir nicht durchgehend auf „PULS 4“ in einer Breaking News-Situation sein wollen. Wir sind recht schnell im Tun und haben uns daher für „PULS 24“und für einen neuen, zusätzlichen Sender entschieden. Wir haben den Pop Up Channel gestartet und damals schon unseren KundInnen kommuniziert, dass es für uns ein langfristiges Commitment ist, News 24/7 bereitzustellen. Rotter: Der Sender „PULS24“ klingt ähnlich dem Sender Ö24 – gibt es diesbezüglich Probleme?

Doma: „PULS24“ ist ein eigenständiges 360-GradProjekt. Die Zahl 24 ist bei vielen relevanten internationalen Newssendern enthalten, die 24/7 Nachrichten bereitstellen. Ein gutes Beispiel ist N24. Wir haben mit „PULS 24“ unsere neue Newsmarke kreiert. Es gab auch Überlegungen von anderen Namen auch, aber für uns war schlussendlich der Mix aus „PULS4“ und 24/7-News optimal und treffend, daher ist es „PULS24“ geworden. Rotter: Ist die PR-Arbeit für alle Fernsehsender des Unternehmens gleich oder gibt es Unterschiede beziehungsweise gibt es eine gemeinsame PR-Arbeit der Sender?

Doma: PR-Arbeit ist im Medienbereich stets eine abwechslungsreiche Angelegenheit, da die adressierten Zielgruppen unterschiedlich anzusprechen sind. Man geht, zumindest ganz zu Beginn, eher nach Lehrbuch vor und definiert, wen man erreichen will und im zweiten Schritt, wo man denjenigen erreichen kann. Beispielsweise sind die Zielgruppen der beiden führenden Privat-TV-Sender „PULS 4“ und ATV oftmals nicht deckungsgleich. Außerdem arbeiten die Redaktionen unabhängig voneinander. Die ATV-Newsredaktion arbeitet unabhängig von „PULS 24 NEWS“, dementsprechend wird die Kommunikation dazu auch nicht vermischt. Die Sendungsgestaltung spricht eine andere Sprache, somit spricht auch die Kommunikation in einer anderen Sprache zum Publikum.


© Chris Glanz © Adobe Stock: magele-picture

Cornelia Doma, M.A., studierte an der FH Wiener Neustadt Wirtschaftsberatung mit der Spezialisierung „Marktkommunikation und Vertrieb“. Neben dem Studium war sie als freie Journalistin für die Wochenzeitung „Niederösterreichische Nachrichten“ tätig. Nach dem akademischen Abschluss begann Frau Doma 2011 als PR-Managerin bei „ProSiebenSat.1 PULS 4“ und ist seit 2018 Head of Communication. In dieser Position ist sie für die Unternehmens- und Programmkommunikation zuständig.

Rotter: Was sind die größten Schwierigkeiten bei Produkt-PR bei Fernsehsendern?

Doma: Unser potenzieller Markt ist ein relativ großer, weil Bewegtbild die Leute tagtäglich begleitet. Allen Unkenrufen zum Trotz, dass TV tot sei – hört man ja immer wieder – ist dies schlichtweg falsch. Vor allem in Österreich, weil bei uns die Bewegtbildnutzung insgesamt sogar ansteigt. Neben TV gesellen sich da natürlich jetzt auch vermehrt Apps, WebLivestreams und andere Streamingangebote hinzu, die Content noch attraktiver, weil auch vielfältig abrufbar, macht. Das erweitert unsere Bandbreite in der Kommunikation dementsprechend ebenso. Als unsere direkte Konkurrenz definieren wir die Digitalgiganten aus Silicon Valley. Unser USP ihnen gegenüber: Unser Programm ist live, aktuell und regional. Innerhalb dieser Konkurrenzsituation arbeiten wir an einem level-playing-field zwischen den US-Giganten und uns hier in Europa. Wir haben ein breites Feld in Österreich mit hochqualitativem Print-Journalismus sowie journalistisch betriebenen Onlineplattformen. Produkt-PR ist bei uns zu einem großen Teil Content-PR und stets davon abhängig, welcher Content einem zur Verfügung steht. Umso qualitativer das Material und umso besser die Story ist, umso einfacher gestaltet sich die Verwertung. Nachdem unser Content live, aktuell und regional ist, und gleichzeitig journalistisch aufbereitet, sind wir da glücklicherweise oft in einer guten Ausgangslage.

sere PartnerInnen oder KundInnen, die wir mit unserer Kommunikation unterschiedlich ansprechen. Rotter: Wie kann man Produkt-PR bei Fernsehsendern in drei Worten zusammenfassen?

Doma: Abwechslungsreich/Facettenreich, weil ständig Veränderungen stattfinden. Aktuell/Live, da auch die Planung oftmals sehr kurzfristig stattfindet. Informativ und unterhaltend, denn diese zwei Attribute stehen bei uns im Vordergrund: einerseits Information bei Nachrichten, Magazin- und Service-Formaten sowie Corporate-News, andererseits Unterhaltung bei Primetime Shows, wie zum Beispiel „2 Minuten 2 Millionen“ sowie neuen digitalen Produkten, wie unserer Apps „Zappn“ und „Quipp“.

Rotter: Was sind die Besonderheiten von PR – im speziellen Produkt-PR – bei Fernsehsendern?

Doma: Die Besonderheiten sind, dass man sehr offen und flexibel arbeiten darf. Langfristige Planungen passieren beispielsweise bei Großprojekten wie unserem internationalen 4GAMECHANGERS Festival (Anm.: 31.3.-3.4.2020 in Wien). Der Großteil ist aber recht tagesaktuell und wir reagieren schnell auf Bedürfnisse des Marktes. Wir unterteilen grob in Unternehmenskommunikation und Programmkommunikation, sowie B2C- und B2BPR. B2C ist in unserem Fall meist der Zuseher/die Zuseherin oder der/die UserIn und B2B sind Fachmedien, un20


PKF hotelexperts: Die netten Consultants von nebenan

Pia Steurer

Stefan Catic, Head of Operator Search des Hotel Consulters PKF hotelexperts, über die Wichtigkeit persönlicher Kommunikation, Wissenstransfer und wie die eigene Positionierung die PR-Arbeit beeinflusst.

© Claudia Mann

Pia Steurer: Eure Dienste und auch Produkte sind ausschließlich im B2B-Bereich wiederzufinden – was sind die besonderen Herausforderungen in der Kommunikationsarbeit?

Stefan Catic: Der B2B-Bereich macht es natürlich relativ herausfordernd. Kommunikation wird, meines Erachtens nach, immer sehr B2C-lastig betrachtet bzw. bekommt man oft nur diese Seite der Medaille zu Gesicht. Auch an den Universitäten. Und B2B ist immer so eine eigene Sache, obwohl die Fragen eigentlich die gleichen sind: Wie kommt man zu Kunden, was ist interessant, was wollen sie wissen? Das ist die eine Herausforderung; die andere, eine Dienstleistung zu verkaufen. Das macht es oft schwer, weil es eben nichts Greifbares ist. Unser größtes Asset sind somit unsere Kunden, die Leistungen von PKF beziehen und die diese positive Erfahrung weiterempfehlen. Nichtsdestotrotz, unsere Erstkunden sind da immer etwas zögerlicher, immerhin geht es um ein nicht unwesentliches finanzielles Involvement und vollkommenes Vertrauen, das einem im Idealfall entgegengebracht wird. Da müssen wir zunächst in Vorleistung gehen, mit Infomaterialien einerseits, aber jedes Projekt ist für sich einzigartig. Deshalb gibt es sehr viele Gespräche und Kundentermine, vor allem mit Erstkunden, um diese gemeinsame Basis zu schaffen. Steurer: Wie schafft ihr es, dass Kunden zu euch kommen und nicht zur Konkurrenz – welche vertrauensbildenden Maßnahmen setzt ihr da bzw. wodurch untermauert ihr eure Expertise?

Catic: Wir sind noch immer, wie man in der Hotellerie so schön sagt, ein Boutique-Berater. Unsere Größe macht es persönlich und das ist der Charme, den wir mitbringen. Was uns auch von anderen Beratern unterscheidet, sind unsere Services. In unseren Studien setzen wir z.B. viel mehr auf qualitative Komponenten, das machen andere nicht so. Und was unseren Service der Betreibersuche angeht, da ist es relativ klar. Da haben wir ein eigenes Modell, das sich am Markt bewiesen hat und das verkaufen wir auch so. 21

Steurer: Ein Modell, das ihr speziell entwickelt habt?

Catic: Genau, es ist von uns und für uns entwickelt worden, und die Vergangenheit hat gezeigt, dass es für all unsere Mandanten in der Immobilienbewertung einen großen Mehrwert hat. Bei einem Projekt in Wien konnten wir z.B. durch unsere Betreibersuche eine um 25% höhere Bewertung der Immobilie erzielen. Das klingt auf den ersten Blick vielleicht nicht so viel, aber bei einem Projekt, das so schon 40 Millionen wert wäre, sind das dann doch 10 Millionen Mehrwert für den Kunden. Steurer: Welche Rolle spielen Produkt-/Dienstleistungs-PR in diesem Zusammenhang? Wie platziert ihr eure Services öffentlichkeitswirksam?

Catic: Einerseits natürlich über unsere Website, auf der wir all unsere Services und Produkte vorstellen und auch kurz erklären, wo wir aber eben auch Branchen-Insights teilen und Whitepapers (Anm.: (Fall-)Studien, Analysen) veröffentlichen. Dann natürlich über Infomaterialien und Präsentationen, die wir unseren Kunden zuschicken und die wir auch auf Messen präsentieren. Viele von uns sprechen aber auch als ExpertInnen in Panels oder bei Vorträgen – all das wirkt sich natürlich auch auf unsere Glaubwürdigkeit ein. Steurer: Die Präsenz auf Fachmessen ist also unabdingbar?

Catic: Absolut. Ich würde sagen, dass Fachmessen für uns wichtige Instrumente sind. Da ist die gesamte Branche vertreten und andere Berater, sei es bei der Expo Real in München, dem International Hotel Investment Forum in Berlin oder anderen. Wir sind bei all diesen großen Messen dabei und da verkaufen wir auch sehr viel, können neue Geschäfte anbahnen und Kontakte pflegen. Eine andere Möglichkeit uns zu positionieren, sehen wir aber auch durch digitale Netzwerke wie „LinkedIn“, das kommt immer mehr.


© PKF hotelexperts © Adobe Stock: davit85

Bevor er zu PKF hotelexperts kam, war Stefan Catic zwei Jahre bei DO & CO im Bereich Kostenkalkulation und Controlling tätig. Darüber hinaus sammelte er wertvolle Branchenerfahrung als Operations Manager in lokalen Lifestyle-Restaurants in Wien und durch mehrere operative Praktika in Luxushotels in ganz Österreich. Seit 2018 ist Catic als Berater bei PKF tätig und leitet mittlerweile als Head of Operator Search die Suche nach Hotelbetreibern und -Brands und ist an der kontinuierlichen Aushandlung von Hotelpacht-, Management- und Franchiseverträgen beteiligt.

Steurer: Hat die Tatsache, dass es sich bei PKF um ein Beratungsnetzwerk handelt Einfluss auf die lokale Kommunikationsarbeit bzw. gibt es Direktiven „von oben“, die unbedingt eingehalten werden müssen?

Catic: Ja, auf jeden Fall. Von oben kommen immer Direktiven: das muss eingehalten werden und da könnt ihr flexibel sein. In Bezug auf unsere Art, unsere Produkte und Services zu vermarkten sind wir aber recht frei, wir können selbstständig Wordings und Produktbezeichnungen wählen, orientieren uns aber in der Gestaltung der PKF info packages beispielsweise am PKF Standard. Ansonsten gibt es natürlich Corporate Identity- und DesignVorgaben, die eingehalten werden müssen – seien das Logos, Schriftarten, der Webauftritt. Steurer: Ihr veranstaltet regelmäßig Workshops bzw. kooperiert mit Universitäten: Welche Ziele verfolgt ihr damit?

Catic: Wir unterrichten z.B. an der MODUL University Vienna. Als Employer ist das natürlich interessant, weil man an den Unis viele junge Menschen kennenlernt, kreativen Input bekommt und man auch sein Wissen weitergeben kann. Und andererseits sitzt man an der Quelle, man sieht die Talente, die dann auch aktiv angeworben werden. Und dann haben wir eben noch die von dir angesprochenen Workshops und Präsentationen, die wir durchführen, die sogenannten „HTLroundtables“. Das ist eine invitation-only Diskussionsplattform für Entscheidungsträger in Hotellerie, Tourismus- und Freizeitwirtschaft. Nächstes Jahr veranstalten wir davon 52, also quasi jede Woche einen und das weltweit. Dort trifft sich eine Gruppe von 30 bis 40 TeilnehmerInnen mit den unterschiedlichsten Backgrounds, das sind internationale ExpertInnen aus Immobiliengesellschaften, Investmentinstituten, Banken etc., die über die Zukunft der Branche, ihre Herausforderungen und lokale Gegebenheiten sprechen. Für uns sind die HTLroundtables ein Kommunikationsinstrument, um unsere Expertise unter Beweis

zu stellen, sie zu erweitern und Kontakte zu relevanten EntscheidungsträgerInnen zu knüpfen. Und natürlich ist auch das Drumherum hier sehr wichtig, gemeinsame Abendessen, Treffen danach usw. Steurer: Man kann also sagen, dass auch oder vielleicht gerade das informelle Kommunizieren in eurer Branche eine ganz besondere Rolle einnimmt?

Catic: Ja, definitiv. Ich glaube auch, dass es das ist, was uns als Unternehmen von anderen BeraterInnen abgrenzt. Wir sind nicht die konservativen, steifen Berater in Anzug und Krawatte, die dir etwas verkaufen wollen; bei uns geht es vielleicht manchmal etwas familiärer zu, wir halten es locker und informell, und das sieht man dann eben auch an der Kleidung (lacht): also Hose, Sakko, Hemd (eher casual für unsere Branche, außer es ist anlassbezogen etwas formelleres gebeten). Wir sind die freundlichen, netten BeraterInnen und so möchten wir uns positionieren und auch wahrgenommen werden. Auch im DACH-Raum sind wir z.B. mit kaum einem Kunden per Sie bzw. versuchen rasch auf das Du zu wechseln, weil es eben die Distanz minimiert. Und ich glaube, dass eben genau das unsere Kunden mögen und schätzen, dass wir ehrlich und kritisch sind und eine persönliche Beziehung auf Augenhöhe führen.

22


Vom Rebel Meat zum Rebel Hero

Sandra Rindler

Wolfgang Haidinger-Klein, Co-Founder von Rebel Meat und verantwortlich für Kundenakquisition und Marketing, diskutiert über die Challenge von Produkt-PR für innovative Produkte von Startups.

© Claudia Mann

Sandra Rindler: Rebel Meat ist seit ein paar Monaten mit einem 100% biologischen Produkt, dem Burger Patty aus 50% regionalen Rindfleisch, 30% Pilzen (Kräuterseitlinge), 18% Hirse und 2% Gewürze bestehend, auf dem Markt. Wie kam es zu dieser Idee?

Wolfgang Haidinger-Klein: Wir sind zu dritt, Conny, Philipp und ich. Bei einem Gespräch über bewusste Ernährung erzählte mir Philipp, dass er mit seiner Freundin Conny in der Küche an Produkten experimentiert, die eine Alternative zum Fleischkonsum darstellen. Nach dem Gespräch war mein Interesse geweckt und seit Jänner 2019 arbeiten wir zu dritt an Rebel Meat. Dabei geht es uns darum, nachhaltige Produkte herzustellen, die für die Gesundheit und die Umwelt einen Mehrwert bringen. Rindler: Ihr habt jetzt mit dem Burger Patty gestartet. Was dürfen wir noch erwarten? Sind weitere Produkte in Planung?

Haidinger-Klein: Ja: alles was man sich vorstellen kann und mit Faschiertem zu tun hat. Es gibt sehr viele verschiedene Möglichkeiten: Lasagnefüllung, Fleischbällchen, Cevapcici oder Würstel. Längerfristig gesehen ist unser Ziel, den Anteil von Fleisch noch weiter zu senken. Wir haben in der Produktentwicklung mit 20 bis 25% Fleischanteil angefangen. Unser Produkt soll sich wie ein 100%iges Fleischprodukt anfühlen. Es gibt viele Menschen, die sich bewusster ernähren wollen, für die vegane/ vegetarische Produkte aus unterschiedlichen Gründen beispielsweise aufgrund von fehlenden Proteinen aber keine Option sind. Wir wollten nichts verfälschen und haben mit natürlichen Produkten eine Alternative gefunden. Wir wollen die Menschen abholen, die bewusst auf ihren Fleischkonsum achten, aber nicht darauf verzichten wollen. Rindler: Warum ist Rebel Meat im B2B- und nicht im B2C-Bereich, wie etwa Hermann Fleischlos oder Beyond Meat tätig?

Haidinger-Klein: In der Findungsphase haben wir beschlossen, dass wir mit Restaurants im Direktverkauf beginnen wollen. Wir werden weiter in den Großhandel gehen und wollen längerfristig auch im Lebensmittelhandel, also B2C Fuß fassen. 23

Rindler: Findet nach zweimonatigem Bestehen am Markt bereits eine Medienselektion statt?

Haidinger-Klein: Jein. Als Start-Up ist es erstmal wichtig, bekannt zu werden. Die Menschen müssen wissen, dass es Rebel Meat gibt. Hier fängt man an, PR an verschiedene Medien, vorwiegend Tageszeitungen, auszusenden. Rindler: Aber findet eine dezidierte Medienselektion statt? Und wenn ja, nach welchen Kriterien?

Haidinger-Klein: Eine gute Frage. Im Endeffekt geht es uns vorrangig darum, Bekanntheit zu erlangen. Hier findet noch keine wirkliche Medienselektion statt. Es ist eine ziemliche Challenge. Wir haben auf der einen Seite die Restaurants als unsere Kunden und auf der anderen Seite auch die EndkonsumentInnen, die unser Produkt im Restaurant konsumieren. Für uns ist es wichtig, dass die Leute auf unsere Website kommen, um zu erfahren, wo es uns – Rebel Meat – gibt. Rindler: Folglich habt ihr noch keine konkreten Kriterien für die Auswahl der Medien?

Haidinger-Klein: Der nächste Schritt sind Fachmagazine, Restaurantführer wie beispielsweise „Falstaff“. Hier konnten wir bislang noch nicht Fuß fassen. Wir möchten nichts außer Acht lassen und nutzen Massenmedien, wie große Tageszeitungen, genauso wie Social Media und spezifische Medien, wie das digitale Medium „trendingtopics“, als Kanäle. Wir versuchen die Kommunikationskanäle zu nutzen, wo schließlich auch unsere Zielgruppe unterwegs ist. Rindler: Wie seht ihr den Einsatz von Social Media? Als Chance oder Herausforderung für eure Produkt-PR?

Haidinger-Klein: Wir konnten noch nicht viel mit InfluencerInnen und BloggerInnen kooperieren, weil in unserem Start-Up dafür noch die Ressourcen fehlen. Für die Zusammenarbeit mit BloggerInnen und InfluencerInnen braucht man einfach ein gewisses Budget. Im Bekanntenkreis gibt es schon die eine oder den anderen, die dann aus Goodwill Rebel Meat mit ihrer Reichweite auf Social Media unterstützen, aber langfristig gesehen braucht man einfach eine Strategie und ein Budget. Sobald wir im B2CBereich angekommen sind, wir für Zuhause erhältlich sind


© Daniel Willinger © Adobe Stock: vanilla_soup

Wolfgang Haidinger-Klein ist ausgebildeter Koch mit Arbeitserfahrung in der Gastronomie. Danach studierte er auf der WU Wien Wirtschaft und war u.a. als Praktikant im International Brand Management bei Red Bull tätig. Er gründete außerdem sein eigenes Veranstaltungsunternehmen University Entertainment Veranstaltungen. Seit Anfang 2019 ist er als Co-Founder von Rebel Meat für die Kundenakquisition und das Marketing zuständig.

und ein gewisses Budget steht, sehe ich es auf jeden Fall als Chance für uns. Rindler: Wie schafft ihr es Synergieeffekte zu erzeugen?

Haidinger-Klein: Synergieeffekte erzeugen wir durch einen Mix von Kanälen on- und offline. Beispielsweise gibt es Rebel Meat-Aufsteller in unseren kooperierenden Restaurants mit einem Gewinnspiel. Dabei werden die RestaurantbesucherInnen animiert, ein Foto ihres Rebel Meat-Burgers auf Social Media zu posten und uns sowie das Restaurant zu taggen. Dadurch entsteht eine Win-WinSituation für das Restaurant, den/die BesucherIn und uns. Das versuchen wir auch mit der Presse. Wir laden JournalistInnen gerne in ein Restaurant ein, damit sie sich selbst ein Bild von Rebel Meat machen können. Dazu gab es beispielsweise eine Fotostory in der Küche, wo Burger frisch zubereitet wurden im „KURIER“. Wir versuchen hier einen gezielten Einsatz von Storytelling. Rindler: Ein innovatives Produkt wie das Burger Patty von Rebel Meat erfordert besondere Kommunikation. Was sind oder waren bisher die größten Herausforderungen?

Haidinger-Klein: Es ist insofern schwierig, da wir in einer Bubble leben. Wir verstehen ja das Produkt. Wir schauen viel auf die Mitbewerber, vor allem in anderen Ländern: Welche Farben werden verwendet, wie ist das Wording, welche Benefits werden kommuniziert? Man muss hier immer aufpassen, welche Eigenschaften man vom Produkt hervorhebt. Wenn man sagt, das Produkt ist gesünder und/ oder klimafreundlich, dann denkt sich die/der Normalverbraucher/in automatisch: Das kann nicht gut schmecken. Man muss versuchen, die Benefits des Produkts in positive Geschmacksbilder zu verpacken. Wie der Aufsteller: CO2 neutral, weniger Wasserverbrauch, weniger Abholzung. Eine/r, die/der zum Essen geht, macht sich über das weniger Gedanken. Daher kommuniziert man dazu, dass der Burger mehr Vitamine hat und cholesterinarm ist. Das ist die Challenge. Wir machen hier viele A/B-Test (Anm.: Testmethode zweier Systemvarianten) zum passenden Wording und zerbrechen uns sehr oft den Kopf darüber. Da-

rum versuchen wir auch durch unterschiedliche Formate die Kommunikation zu unterstützen. Derzeit arbeiten wir an einem Video, das die Herstellung beziehungsweise die Zusammensetzung des Produkts erklärt, damit bestehende und künftige KundInnen leichter verstehen, was unser Produkt eigentlich ist. Rindler: JournalistInnen sind in Hinblick auf ProduktPR in einer Bewertungsfunktion. Hatte ihr schon mal negative PR und wie geht man damit um?

Haidinger-Klein: Negative PR von JournalistInnen hatten wir bisher noch nicht. Was immer wieder an Kritik aufkommt, ist, dass wir kein zur Gänze vegetarisches/ veganes Produkt sind. Was aber auch nicht unser Ziel ist. Gerade im Internet, wo jede/r kommentieren kann, kommt es dann öfter zu Kritik. Aber unser Ziel ist es ja nicht unbedingt, die vegane Community anzusprechen, das versuchen wir auch bewusst zu kommunizieren. Rindler: Produkt-PR ist vor allem bei euch vorwiegend Marken-PR. Wie gelingt euch ein positives Markenimage?

Haidinger-Klein: Wir versuchen einen positiven Lebenswandel zu kommunizieren und dahingehend unsere Markenpositionierung zu stärken. Dabei arbeiten wir mit SportlerInnen als Testimonials zusammen. Gerade SportlerInnen, die einen erhöhten Energiebedarf haben, können sich gut mit unserem Produkt ernähren. Diese binden wir gezielt in unsere Marke als sogenannte „Rebel Heroes“ ein. Aber auch die Zusammenarbeit mit cooler, innovativer Gastronomie lassen einen „Need Effect“ entstehen. Bei coolen Sachen will man gerne dabei sein. Rebel Meat ist jung. Das Geheimrezept liegt im stetigen Wandel mit dem Produkt und den KonsumentInnen.

24


Tanja Stjepanović

MAKAvA – Unternehmen, Produkt und Vision

© Claudia Mann

Als Bio-Pionier hatte es die MAKAvA delighted GmbH, ein österreichisches Eistee-Unternehmen, am Anfang ihrer Firmengeschichte nicht leicht. Heute sind biologische, faire Produkte aus dem Einzelhandel zwar nicht mehr wegzudenken, vor zehn Jahren jedoch mussten hierbei noch einige Türen geöffnet werden. Wie sich das im Laufe der Zeit entwickelt hat und welcher Maßnahmen sich MAKAvA heute in der Produkt-PR bedient, erläutert Marketing- und Kommunikationsleiterin Agnes Fogt.

Tanja Stjepanović: Wie würden Sie das Produkt MAKAvA beschreiben?

Agnes Fogt: Das Lustige bei uns ist, dass die Vision eigentlich vor dem Produkt da war. „Wir träumen von einer fairen und chilligen Welt“ ist immer noch der erste Satz der Firmenvision und war noch vor dem Eistee da. Ich glaube, dass das bei uns noch ganz stark miteinspielt. Es ist eben das, was uns ausmacht – dieses „Bemüht sein“ und „Verbessern wollen“. Wir haben auch nur das eine Produkt, das heißt, wir haben Zeit, keine Deadlines und können daher jederzeit noch etwas ändern bzw. verbessern. Stjepanović: Was soll der MAKAvA-Eistee vermitteln?

Fogt: Es ist natürlich ein Eistee, ein Genussmittel, und es hilft zwar, dass er schmeckt, aber was uns ausmacht, sind die Glasflasche sowie die biologischen und fairen Zutaten. Wir waren auch ein bisschen vor der Bio-Welle da, die uns dann zum Glück auch gut mitgenommen hat. Am Anfang sind wir wirklich bei Getränkehändlern gestanden, die überhaupt nicht verstanden haben, was wir von ihnen wollen. Wir haben Aussagen gehört, wie: „Wieso kostet das mehr? Das ist mir doch wuascht, ob das bio ist. Und was soll das mit der Glasflasche? Macht das doch normal und in Plastik bitte.“ Natürlich sind wir bei unseren Grundsätzen geblieben und diese Eigenschaften zeichnen uns stark aus, aber es war sicherlich auch ein langer Prozess zum Geschmack zu kommen und das so zu haben, dass es für uns passt. Stjepanović: MAKAvA wurde 2004 von zwei Studenten gegründet. Ist die Geschichte des Unternehmens ein Aspekt, der durch das Produkt kommuniziert werden soll?

Fogt: Sie macht sicher unter anderem das Markenimage aus, aber auf den Geschmack und auf das handfeste Produkt hat es natürlich keinen Einfluss, wer es gemacht hat. Es hat aber Einfluss darauf, was uns eigentlich auszeichnet. Dass unsere beiden Gründer und Erfinder bis heute Geschäftsführer sind, ist schon etwas, was vielleicht noch 25

nicht ganz üblich ist. Auch unser überschaubares Team von 12 und unser Werdegang schwingen natürlich in der Kommunikation mit. Stjepanović: Regional, biologisch, recyclebar, … – MAKAvA erfüllt so gut wie alle Erwartungen eines nachhaltigen Produkts. Auch die Nachfrage nach umweltfreundlichen und Bio-Produkten steigt. Wie die Nachfrage, so steigt auch das Angebot. Wodurch sticht MAKAvA unter den ganzen Bio-Getränken am Markt heraus?

Fogt: Wir sehen uns nicht nur als nachhaltiges Produkt, sondern auch als nachhaltige Firma. Beim Produkt ist das leicht greifbar: fairer Einkauf, biologische Zutaten, Regionalität, Glasflasche, CO2-Neutralität, usw. Die nachhaltige Firma ist vielleicht nicht ganz so leicht vorstellbar, aber für uns geht es dabei um Maßnahmen wie die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, eine flache Hierarchie im Team und Mitentscheidungsrechte der MitarbeiterInnen. Das sind für uns Sachen, wo es auch um Nachhaltigkeit in dem Sinn geht, dass man nicht Leute hernimmt, sie jahrelang totarbeitet und sie dann vor die Tür setzt. Auch zertifiziertes Naturpapier für unser Büro und Merchandise aus Bio-Baumwolle und regionalem Holz fallen in diesen Bereich – unsere HolzSitzdeckel für die Mehrwegkiste macht z.B. „Jugend am Werk“. Ich finde es gut, dass hier viele junge Unternehmen nachkommen, die ähnlich denken und glaube auch, dass wir „Kleinen“ gemeinsam den „Großen“ ein Scheibchen abschneiden, nicht uns gegenseitig. Denn nur weil ich gerne nachhaltig trinke oder einkaufe, heißt das nicht, dass ich jeden Tag auf das gleiche Lust habe. Inzwischen gibt es auch in diesem Segment zum Glück mehr Auswahlmöglichkeiten. Stjepanović: Welche Maßnahmen trifft MAKAvA in punkto Produkt-PR?

Fogt: Wir machen sehr viel online. Als wir angefangen haben, war „Facebook“ gerade neu und da hat es sich auch einfach angeboten, es zu nutzen, vor allem für unser


© Richard Luerzer © Adobe Stock: anaumenko

Agnes Fogt leitet die Marketing- und Kommunikationsabteilung der MAKAvA delighted GmbH. Sie hat an der FH Joanneum in Graz Journalismus und Unternehmenskommunikation studiert. Im letzten Semester fing sie an zu arbeiten und verließ die FH. Agnes Fogt hat ein paar Jahre im Journalismus verbracht, sich Projekten im Kunst- und Kulturbereich gewidmet und ist schließlich vor fast zehn Jahren in der Kommunikation von MAKAvA delighted GmbH gelandet.

low-to-no-budget-Marketing damals. Für den Anfang hat es gereicht. Heute machen wir auch viel mit Kooperationen, vor allem im Kunst- und Kulturbereich oder wenn es Themen sind, zu denen wir inhaltlich einen Anknüpfungspunkt haben. Ein Beispiel dafür wäre das Elevate Festival in Graz, das einerseits Musik und Kunst bietet, aber andererseits auch politischen Diskurs. Es gibt viele alte Partnerschaften und das ist auch etwas, das uns wichtig ist. Wir kriegen irrsinnig viele Anfragen, schauen dann aber immer, was zu uns passt und was wir machen können – wobei eher mit Ware als mit Geld. Stjepanović: Wie Sie bereits erwähnt haben, ist MAKAvA auf Social Media sehr aktiv. Wie würden Sie den Social Media-Auftritt von MAKAvA beschreiben bzw. was wird vorwiegend kommuniziert?

Fogt: Ich kann mich noch erinnern, als ich unsere „Facebook“-Site damals mit nicht ganz 1.000 Fans übernommen habe – inzwischen ist sie mit über 30.000 Fans und einer gesunden Reichweite einer unserer Hauptkanäle. Auch „Instagram“ ist mittlerweile dazugekommen und „YouTube“ möchten wir in Zukunft ebenso stärker bespielen. Unsere Hauptthemen, wie zum Beispiel Nachhaltigkeit, biologische Produkte, Regionalität, Mehrweg, usw., werden natürlich auch im Social Media-Bereich kommuniziert. Ich schaue dann zusätzlich, dass ich unter die Menschen komme. So sind wir auch zu unseren ersten zweien Mini-Influencern gekommen, die zwar aus dem Freundeskreis sind, aber einfach zu unserer Marke passen und viel mit uns zusammenarbeiten.

noch begleitet uns weiterhin das Budgetthema, weil wir schon lange alles selber machen und es teilweise auch lustig finden so zu arbeiten. Ich finde, es gibt jetzt nichts in der Produkt-PR, was schrecklich oder grausam ist. Ein bisschen sperrig ist aber zum Beispiel das Mehrweg-Thema, weil es das lange im Supermarkt nicht gab, aber das sind dann immer wieder Kleinigkeiten. Stjepanović: Wie gelingt gute Produkt-PR Ihrer Meinung nach?

Fogt: Das kommt wahrscheinlich ein bisschen auf das Produkt an. In unserem Fall ist das Nachhaltigkeitsthema ein sehr großes und gerade mir ist es zum Beispiel sehr wichtig, dass ich Transparenz biete. Wenn jemand sagt „Hey, pass auf! Ich kaufe das da ein, mache das dort und stelle es dann hier hin und verkaufe es.“ – dann habe ich eher das Gefühl, ich weiß, was ich kaufe bzw. konsumiere. Gerade für jene, die Produkt-PR für KonsumentInnen mit höherer Awareness machen, ist es glaube ich auch etwas, was wichtig ist. Auch, dass es ehrlich rüberkommt und man merkt, dass es ‚from a real place‘ ist und nicht: ‚Ich habe mir das Bio-Logo gekauft und bin damit jetzt aus dem Schneider.‘

Wir haben doch auch ernstere Themen, da ist es oft besser, wenn wir sie ein bisschen schöner verpacken können, etwa in ein Gewinnspiel mit einem gleichgesinnten Partner, wie Zotter oder GEA Waldviertler. Stjepanović: Gab es gewisse Herausforderungen in der Produkt-PR von MAKAvA?

Fogt: Wir haben lange sehr low-budget gearbeitet, was sich im Laufe der Zeit aber natürlich gebessert hat. Den26


ÖAMTC: „Es ist wichtig, am Ball zu bleiben” Katharina Belihart

Wer ÖAMTC hört, denkt als erstes wahrscheinlich an Autos, Pannenhilfe oder die Farbe Gelb. Die Produktpalette des Mobilitätsclubs ist aber deutlich größer. Im Interview mit „PRAktivium“ spricht Harald Fleischer, Leiter Marketing & Communication, über Digitalisierung, bewährte und neue Produkte – und worin die Herausforderungen in der Kommunikation für beide liegen. © Claudia Mann

Katharina Belihart: Pannenhilfe-App, Drohnen-App, ÖAMTC-Kreditkarte, Carsharing & Co. – der ÖAMTC ist aktuell sehr digital unterwegs. Wie weit unterscheidet sich die PR von digitalen Produkten zur regulären, „alltäglichen“ PR?

Harald Fleischer: Produkt-PR ist keine einfache Sache. Wie gesagt, bin ich nicht für PR zuständig bei uns. Unsere Spezialisten von der Öffentlichkeitsarbeit aber sagen immer, dass kein Medium etwas übernimmt, wenn man hergeht und sagt: „Heute haben wir ein neues Produkt – das ist es, das kostet es.” Da wird jedes Medium sagen: „Schön, schaltet ein Inserat.“ Man muss immer eine Geschichte dazu erzählen können. Bei Smart Connect (Anm.: App zur Pannenvoraussage) zum Beispiel ist Datenschutz ein ganz großes Thema. Wem gehören die aus dem Auto generierten Daten? Wir sind der Meinung, die Daten gehören dem/r Autobesitzer/in und diese/r soll frei entscheiden können, ob er/sie die Daten zugänglich macht oder nicht. Und dafür setzen wir uns ein. Wenn man so ein Thema transportiert, dann hat man eine Geschichte, die auch eher übernommen wird. Belihart: Welchen Stellenwert hat die Produkt-PR im Unternehmen?

Fleischer: Bei uns sind Marketing und Öffentlichkeitsarbeit getrennt. Das eine ist Marketing und Communication, da fällt beispielsweise die komplette Werbung darunter. Und das andere ist die Öffentlichkeitsarbeit, die Themen kommuniziert, die der Club nicht über Inserate, sondern über die Berichterstattung transportieren möchte, weil es in der Regel gemeinnützige Themen sind. Unsere PR-Spezialisten schaffen es aber auch, Produktthemen – Mitgliedschaft, Schutzbrief, Versicherungen etc. – mit Geschichten in der Presse zu platzieren. Belihart: Die zahlreichen digitalen Produkte erwecken den Eindruck, dass sich der ÖAMTC gezielt an ein jüngeres Publikum richten möchte. Mit welchen

27

Maßnahmen erreicht man diese Gruppe am besten?

Fleischer: Die junge Zielgruppe ist natürlich ein Thema bei uns, das hat aber schon vor vielen Jahren begonnen, nicht erst heute. Die Mitgliederstruktur beim ÖAMTC ist ziemlich ähnlich der österreichischen Bevölkerung. Es gibt zwei Unterschiede – rund um den Bereich um 18 herum, wo wir überproportional vertreten sind, und dann den Bereich um 65-70 plus, wo wir wieder etwas weniger vertreten sind, weil man da möglicherweise mit dem Autofahren aufhört bzw. aufhören muss. Die Jungen waren immer schon für uns wichtig, begonnen haben wir schon vor dem Jahr 2000 mit der GratisMitgliedschaft. Diese wird auch bis heute sehr stark in Anspruch genommen. Natürlich wollen wir die Jugendlichen aber auch sonst erreichen, und das geht über digitale Wege derzeit einfach am besten. Belihart: Welche Kanäle sind dafür am beliebtesten?

Fleischer: Wenn man sich die Nutzungszahlen anschaut, dann ist es bei den Jungen eher „YouTube“ und „Instagram“, „Facebook“ und „WhatsApp“ eher weniger. Belihart: Wie weit unterscheiden sich Kommunikationskonzepte für digitale Produkte von denen für „klassische” Produkte wie Winterreifentest, Crashtest, Schutzbrief, etc.?

Fleischer: Das sind natürlich zwei Paar Schuhe. Unsere Hauptprodukte sind Mitgliedschaft und Schutzbrief – das ist unsere Basis und da gibt es mehrere Kampagnen im Jahr. Da geht es darum, neue Mitglieder zu gewinnen und den Bestand zu bestätigen und wir decken von TV über Hörfunk bis zu digitalen Medien alles ab. Wenn es jetzt um Interessensvertretung geht, wie zum Beispiel Reifentest oder Kindersitztest – das machen wir nicht über klassische Werbung. Da schalten wir keine Inserate, sondern machen ganz klassische Öffentlichkeitsarbeit. Das sind dann auch Themen, die von Medien gerne übernommen werden, weil sie ja gemeinnützig sind.


© Christian Postl © Adobe Stock: Tom Bayer

Harald Fleischer studierte an der Wirtschaftsuniversität Wien und begann seine Karriere im Einkauf der Castrol Austria. Später wechselte er in die Marketingplanung und leitete zuletzt Werbung und Marketing. Nach einem Zwischenstopp bei der Elementar-Versicherung (heute Teil der Allianz Gruppe) ist er seit 1995 beim ÖAMTC und leitet dort aktuell die Abteilung Marketing & Communication.

Belihart: Der ÖAMTC ist eines der bekanntesten österreichischen Unternehmen und Marktführer im eigenen Sektor. Wie wichtig ist PR für neue Produkte da überhaupt noch?

Fleischer: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Kombination aus klassischer Werbung mit digitalen Kanälen sehr gut funktioniert. Digital alleine wäre zu wenig. Eine Erkenntnis, die sich aber in der gesamten Marketing- und Werbebranche durchsetzt. Kombiniert mit PRMaßnahmen lassen sich natürlich die besten Ergebnisse erzielen. Wenn es Themen sind für die breite Öffentlichkeit, wo es nicht um Produkte geht, sind wir natürlich nur auf der PR-Schiene. Aber sobald es darum geht, etwas zu verkaufen, geht es ohne bezahlte Dinge nur schwer. Belihart: Der ÖAMTC deckt viele unterschiedliche Geschäftsbereiche ab – von der Pannenhilfe über Mitgliedschaft und Reisebüro bis hin zum Zahlungsdienst. Gibt es eine Schwerpunktsetzung, welche Themen besonders stark kommuniziert werden sollen?

Fleischer: Neben unseren Hauptkampagnen setzen wir aber auch jedes Jahr thematische Schwerpunkte. 2019 war das zum Beispiel Elektromobilität. Das heißt, neben allen Kampagnen für Mitgliedschaft oder Schutzbrief und so weiter, haben wir Elektromobilität über alle unsere Kommunikationskanäle gespielt. Einerseits, weil es aktuell ist und andererseits, weil großes Interesse bei allen Zielgruppen besteht. Wir merken auch, dass bei dem Thema noch sehr viel Informationsbedarf besteht, deswegen bemühen wir uns, es über alle Kanäle zu transportieren. Belihart: Das heißt, es gibt einen großen Schwerpunkt und je nach Thema schaut man dann, was noch dazu passt?

Fleischer: Genau. Wie ich vorher erwähnt habe, liegen unsere Schwerpunkte immer auf Mitgliedschaft und Schutzbrief, das ist unsere Basis. Und dann haben wir andere Services, die Drohnen-App zum Beispiel, da nutzen wir unsere internen Kanäle und die Öffentlichkeitsarbeit.

Und das funktioniert, weil die App einfach Nutzen bietet. Bei der Kreditkarte verhält es sich anders, weil die heuer neu eingeführt wurde mit Card Complete als Partner und dem Tankbonus bei eni-Tankstellen. Das wird dann schon klassisch unterstützt, weil es etwas Neues und Wichtiges ist. Belihart: Die neuen Produkte, die Sie gerade erwähnt haben – Kreditkarte und Smart Connect App zum Beispiel: Welche Erwartungen setzte man in diese Produkte und gibt es schon Erfahrungswerte, ob diese erfüllt worden sind?

Fleischer: Es ist noch nicht lange her, dass wir mit Smart Connect gestartet sind. Das ist aber gut angelaufen und wir versprechen uns noch einiges in der Zukunft. Hier wollen wir vor allem auch lernen, um für die Zukunft gerüstet zu sein, denn das sind Dinge, die im Kommen sind und in der Zukunft noch an Bedeutung gewinnen werden. Belihart: Zum Abschluss noch ein kurzer Blick in die Zukunft – Sie haben gerade gesagt, Digitalisierung ist ein großes Thema nächstes Jahr. Welche Themenschwerpunkte sind sonst noch im Kommen, auch kampagnenmäßig?

Fleischer: Kampagnenmäßig wird sich nicht viel ändern. Wenn wir Themenschwerpunkte setzen, geht es mehr um Information. Es ist wichtig, im Auge zu behalten, was sich am Markt tut und dort dann am Ball zu bleiben. Wir wollen als der Ansprechpartner für die individuelle Mobilität da sein. Egal, womit man unterwegs ist, ist der ÖAMTC der Ansprechpartner. Wir sind ja auch nicht die, die sagen, man muss alles mit dem Auto fahren – überhaupt nicht. Man soll einfach vernünftig damit umgehen.

28


Versicherungen: Immaterielle Produkte mittels PR greifbar & verständlich machen

Viktoria Posch

Autoversicherung, Lebensversicherung oder Haustier-MitfahrVersicherung – die Bandbreite an Versicherungsprodukten ist groß. Groß ist auch die damit verbundene Komplexität. Wie bringt man KundInnen derartige Themen näher und welche Rolle spielt dabei die PR? Pia Greinstetter, Pressesprecherin der ERGO Austria International AG, beantwortet im Gespräch mit „PRaktivium“ Fragen dieser Art und spricht über die Bedeutung von Unternehmensblogs. © Claudia Mann

Viktoria Posch: Bei Versicherungsangeboten handelt es sich um immaterielle Produkte. Inwiefern besteht darin eine Herausforderung für die PR?

für Versicherungsprodukte werden jünger. Da ist es einfach notwendig, sich durch laute, bunte Werbung vom Mitbewerb abzuheben und sich als Versicherung Pia Greinstetter: Einerseits ist es eine große so zu positionieren, dass man ein Lebensbegleiter ist Schwierigkeit, dass ein Versicherungsprodukt ein und kein langweiliges, altbackenes Unternehmen, High-Involvement-Produkt ist, das heißt, es ist etwas, das Finanzprodukte verkauft. Nur weil wir strenge mit dem man sich eingehend beschäftigen muss. Eine regulatorische Vorschriften haben, heißt es nicht, Versicherung kauft man nicht so leicht wie ein Makedass wir nicht kreativ sein dürfen. Man kann ruhig up oder einen Turnschuh. Man ein bisschen Out-of-the-Box muss das komplexe Thema denken und manche Themen, „Eine Versicherung kauft man nicht Versicherung also so aufbereiten, vorausgesetzt man hat die so leicht wie ein Make-up oder einen dass es die Menschen verstehen. entsprechenden Produkte Turnschuh. Man muss das komplexe dazu, lustiger, „lifestyliger” und Andererseits ist es eine große Herausforderung, dass die weniger zahlenlastig aufziehen. Thema Versicherung also so Branche so stark reguliert ist. Der Diese Tendenz zur auffallenden aufbereiten, dass es die Menschen Gesetzgeber lässt zum Schutz der Werbung und Kommunikation verstehen. Andererseits ist es eine KundInnen oft gar nicht zu, dass bemerke ich in letzter Zeit große Herausforderung, dass die wir Dinge zu einfach ausdrücken, im gesamten Banken- und denn sonst hieße es, wir hätten Versicherungssektor und das ist Branche so stark reguliert ist.“ nicht umfassend informiert. Das gut, denn bei uns arbeiten ja ist ein zweischneidiges Schwert. viele junge, kreative Menschen – warum also das nicht nach außen tragen? Posch: Welche Auswirkungen hat dieses regulierte Umfeld auf Ihre tägliche Arbeit?

Greinstetter: Ich muss zum Beispiel alle Pressetexte an die Abteilung „Compliance“ schicken, bevor ich sie veröffentlichen darf. Wenn Produkttexte geschrieben werden, gehen sie mehrere Male in die Rechtsabteilung. Wir haben sowohl im Konzern als auch von der österreichischen Gesetzgebung sehr strenge Richtlinien. Wir würden in manchen Fällen sogar Probleme mit der Finanzmarktaufsicht bekommen, wenn wir uns rechtlich unklar ausdrücken. Posch: Versicherer sein und laut und bunt sein: Passt das zusammen? Wie kann man mit PR auffallen?

Greinstetter: In den letzten Jahren hat definitiv ein Umdenken stattgefunden, um das verstaubte Image der Branche loszuwerden, denn auch die Zielgruppen 29

Posch: Welche Maßnahmen setzt ERGO konkret in Sachen Produkt-PR?

Greinstetter: Bei uns ist das auf zwei Bereiche aufgeteilt: Einerseits gibt es bei uns den Bereich Kommunikation, in dem es darum geht, jegliche Themen in unserer corporate Sichtweise unterzubringen. Und dann gibt es den Bereich Marketing, welcher sehr vertriebslastig ist und jegliche fachspezifischen Produkteigenheiten verständlich aufbereitet. In der Kommunikation unterstützen wir vor allem unsere neuen Produkte mit Presseaktivitäten – sprich: aktiven Presseaussendungen –, oder ich biete den JournalistInnen Interviews mit unserem Vorstand an. Dann schaue ich zusätzlich immer, dass unsere Social Media-Kommunikation angepasst wird, sei es, wenn ein neues Produkt auf den Markt kommt, oder wenn gerade eine Werbekampagne läuft.


© ERGO Versicherung AG / Philipp Lipiarski © Adobe © Adobe Stock: Stock: jirsak Rawf8

Pia Greinstetter ist Pressesprecherin und Social MediaVerantwortliche der ERGO Austria International AG. Nach Abschluss des Studiums der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien sowie einem Postgraduate Master in Public Communication arbeitete Pia Greinstetter zunächst in einer PR-Agentur, bevor sie schließlich auf die Unternehmensseite wechselte. Sie ist seit mehr als elf Jahren im Bereich PR tätig.

Posch: Sie haben gerade von Presseaktivitäten, also Medienarbeit gesprochen. Verfassen Sie auch Advertorials?

Greinstetter: Das übernimmt auch unser Marketing, da es hierbei meistens um Produkttexte geht. Wir haben im Rahmen unserer Kooperationen mit diversen Fachmagazinen immer wieder die Möglichkeit, Advertorials zu platzieren. Der Bereich Marketing & Vertriebskommunikation bei uns hat dafür eine eigene Gruppe namens Produktkommunikation. Diese hat den Draht in die Fachabteilungen. Posch: ERGO hat einen Unternehmensblog, der den Namen „Mehr Verstehen“ trägt. Dort finden sich Tipps zum sicheren Wandern oder zum Reisen mit Tieren. Wieso fiel die Entscheidung zu bloggen?

Greinstetter: Das war im Zuge unserer Social MediaStrategie entstanden. Wir wollten eine Plattform haben, auf die wir Menschen hinleiten können und in der wir die Themen, die wir auf Social Media spielen, verlängern können, da der Platz dort begrenzt ist. Auf Social Media haben wir die Interaktionsmöglichkeit, aber es ist nicht möglich, Themen in der Tiefe zu behandeln und ein schönes, rundes Bild zwischen Produktinformationen und diesen alltagstauglichen Tipps zu zeichnen. Der Gedanke war, dass wir nicht die Notwendigkeit eines Versicherungsprodukts herunterbeten, sondern das Produkt in einen Blogbeitrag mit Tipps einbetten und so Inhalte liefern, die unsere Zielgruppen wirklich interessieren.

Posch: Was für eine Bedeutung haben Weblogs für Versicherungsunternehmen?

Greinstetter: Man kann sich als Unternehmen positionieren, das sich mit den KundInnen auf die gleiche Ebene stellt. Uns ist es sehr wichtig, auf Augenhöhe zu kommunizieren. Wir sind nicht der große Versicherer, der von seinen KundInnen lediglich brav die Prämien bezahlt bekommen möchte – dieses Image wollten wir von Anfang an loswerden. Wir sind diejenigen, die

sagen: „Hey, wir geben dir diese und jene Tipps, wie du gut durch den Alltag kommst und wenn trotzdem etwas schief geht, hast du eine Versicherung bei uns und wir sind für dich da.“ Das ist unseres Erachtens der richtige Ansatz, um dieses komplexe Produkt zu vermitteln. Weil wenn es für uns schon kompliziert ist, wie kompliziert ist es dann für die KundInnen? Posch: Auch viele andere österreichische Versicherungsunternehmen besitzen einen Unternehmensblog. Kann es diesbezüglich denn eine Differenzierung geben?

Greinstetter: Ich tue mir diesbezüglich schwer – ich muss gestehen, wir lesen auch oft die Blogs des Mitbewerbs und bemerken umgekehrt auch, dass die KollegInnen in anderen Versicherungsunternehmen immer wieder unseren Blog lesen. Das Wichtigste ist, dass man eine treue Fan-Basis hat, die den Blog regelmäßig liest. Dann kann man langsam versuchen, diese zu vergrößern. Sicherlich wäre auch eine technische Weiterentwicklung unseres Blogs möglich. Letztendlich muss man, wie es bei allen digitalen Kanälen ist, immer dranbleiben. Posch: Verraten Sie uns bitte noch zum Schluss, was es Ihrer Meinung nach für erfolgreiche Produkt-PR braucht?

Greinstetter: Man muss über das Produkt Bescheid wissen und insbesondere die USPs kennen. Viel hängt dabei von den Fachabteilungen und der Menge an Informationen, die wir bekommen, ab. Wir müssen wissen, was das Produkt kann oder eben auch nicht kann. Man muss den Benefit für die verschiedenen Zielgruppen herausarbeiten und wenn man das dann auch noch auf kreative Weise den Menschen näher bringt, oder schöne Bilder, Texte und Videos verwendet, dann funktioniert das sicherlich auch bei so komplexen Produkten wie den unseren.

30


Purefood – ein Start-Up mit sozialer Komponente Ann Kathrin Bopp

Johanna Köhler hat mit „PRaktivium“ über Start-Up-Kommunikation und das soziale Engagement von Purefood in Afrika gesprochen.

© Claudia Mann

Ann Kathrin Bopp: Als Start-Up entwickelt ihr regelmäßig neue Produkte. Mit welchen Instrumenten kann man diese gut bekannt machen?

Johanna Köhler: Der Printbereich ist für uns aktuell der Schwerpunkt in der Pressearbeit. Wir haben für jede unserer Marken eine unterschiedliche PR-Strategie. Für die Marke STARK arbeiten wir aktuell auch mit einer PR-Agentur zusammen. Unsere Marken platzieren wir in ganz unterschiedlichen Zeitschriften. Ebenso veröffentlichen wir Beiträge in den Online-Versionen von Magazinen. Auch Lokalmedien aus unserem Hauptsitz Hamburg nutzen wir für unsere Kommunikation.

Köhler: Durch unsere Produkte und unsere Kommunikation versuchen wir mit allen unseren Marken zu bewusstem Konsum anzuregen und dieser wird auch immer wichtiger. Natürlich ist das soziale Engagement für viele KundInnen auch ein Kaufkriterium. Jedoch kaufen KundInnen ein Produkt aber nicht ausschließlich, weil sie damit etwas Gutes tun, sondern Produkte müssen auch mit ihren Produkteigenschaften, Inhaltsstoffen, Natürlichkeit und insbesondere auch Geschmack überzeugen.

Bopp: Ihr arbeitet mit InfluencerInnen in sozialen Netzwerken zusammen. Was ist euer Erfolgsrezept für eine gute Influencerkampagne?

Bopp: Purefood wurde in Deutschland gegründet und hat dann weiter nach Österreich expandiert. Wie habt ihr im Ausland neue Partner im Einzelhandel gefunden?

Bopp: Warum ist es Purefood als Unternehmen wichtig, auch sozial aktiv zu sein?

Bopp: Ist eine weitere internationale Expansion eures Unternehmens geplant?

Köhler: Aktuell machen wir diese Kampagnen, um Markenbekanntheit zu generieren und um neue Produkte über InfluencerInnen bekannt zu machen. Sämtliche Kooperationen in dem Bereich setzen wir auf Basis der Begeisterung für unsere Mission und unsere Produkte um. Das ist für uns immer wieder Voraussetzung für langfristige Kooperationen. Es ist für uns dabei extrem wichtig, dass die Zusammenarbeit in dem Bereich auf den gleichen Werten beruht, denn nur so ist die Kooperation langfristig und erfolgreich!

Köhler: Mit natürlichen und leckeren Lebensmitteln einen Unterschied zu machen, um damit in der Welt einen positiven Impact zu hinterlassen, war für uns der Grund Purefood zu gründen. Unternehmen haben in unseren Augen eine extrem hohe Verantwortung, Dinge in unserer Gesellschaft grundlegend zu verändern. Das ist auch heute noch der Grund für jede/n einzelne/n der MitarbeiterInnen Teil von dieser Mission zu sein, was sich auch deutlich in unserem Teamspirit zeigt. 31

Bopp: Profitiert Purefood auch vom aktuellen Nachhaltigkeitstrend?

Köhler: Das passierte vorwiegend über den direkten Kontakt zu den Händlern. Mit der Marke Iwice haben wir damals außerdem an der Fernsehsendung „2 Minuten 2 Millionen“ teilgenommen und sind dann dadurch im österreichischen Einzelhandel gelistet worden. SPAR Österreich ist mittlerweile einer der wichtigsten Partner für uns. Ich selber habe damals lange in Österreich gewohnt und freue mich jeden Tag über das positive Feedback zu unseren Produkten. Als junges Unternehmen sind wir hier Teil von YOUNG AND URBAN by SPAR.

Köhler: Unser Fokus liegt momentan auf dem DACHRaum, insbesondere auf Österreich und Deutschland. Aktuell gibt es hier für uns noch viel zu tun. Natürlich sind hier in Zukunft auch andere Märkte sehr vielversprechend für uns. Bopp: Welchen Ratschlag würden Sie Start-Ups mit auf den Weg geben?

Köhler: Ich stelle immer wieder fest, dass es GründerInnen am Anfang extrem schwer fällt, eine klare Produkt-


© Martin Hofmann © Adobe Stock: alphaspirit

Johanna Köhler hat bereits während ihres BWL-Studiums das Unternehmen „Iwice“ (heute: STARK) gegründet. Dieses Unternehmen verkaufte sie an die Food-Gruppe Purefood, welche die Marken STARK, Lycka und Teatox besitzt. Bei Purefood ist sie heute als Head of Marketing tätig.

USP herauszuarbeiten und das dann auch stringent nach Minuten 2 Millionen“ und „Galileo“, die uns natürlich extrem geholfen haben, um Bekanntheit zu generieren! außen zu tragen. Sich hier immer wieder bewusst zu maGenerell gilt für junge Unternehmen: Nehmt jede PR chen, was ist meine Marke, was ist mein Produkt und was mit, die ihr kriegen könnt – von sind meine Ziele mit dem, was ich mit diesem Unternehmen „Nichts ist wichtiger, als eine gute und Veranstaltungen bis Lokalzeitbewegen möchte, ist in meinen professionelle Pressemappe mit tollen schriften. Augen unerlässlich. Bopp: Und welche Tipps würden Sie neu gegründeten Unternehmen in Bezug auf die Pressearbeit geben?

Texten zu erstellen. Außerdem funktionieren Inhalte über das GründerTeam auch immer gut. Für die Presse besonders interessant sind außerdem Geschichten rund um das, was man als Unternehmen erreichen möchte und was ein Start-Up von anderen Marken abhebt.“

Köhler: Meiner Erfahrung nach ist auf jeden Fall sehr gutes Pressematerial von wesentlicher Bedeutung. Nichts ist wichtiger, als eine gute und professionelle Pressemappe mit tollen Texten zu erstellen. Außerdem funktionieren Inhalte über das Gründer-Team auch immer gut. Für die Presse besonders interessant sind außerdem Geschichten rund um das, was man als Unternehmen erreichen möchte und was ein Start-Up von anderen Marken abhebt. Wir haben damals außerdem unser erstes Geld in Bilder und Design gesteckt, um so vielen Leuten wie möglich von unserem Produkt und unserer Mission erzählen zu können. Wir sind am Anfang auch häufig direkt zu Redaktionen gefahren, um uns vorzustellen und ihnen unsere Produkte zum Probieren vorbeizubringen. Der Aufbau solch eines persönlichen Netzwerks zur Presse sowie der Kontakt zu JournalistInnen ist für Start-Ups besonders wichtig.

Bopp: Wohin wird die Reise für Purefood in Zukunft gehen?

Köhler: Unser Ziel ist es, dass wir mit unserem Unternehmen eines Tages 100 Millionen Menschen helfen. Dafür tun wir im Moment sehr viel und werden noch mehr Produkte in ganz vielen verschiedenen Kategorien launchen. Wir wollen, dass KundInnen eines Tages in den Supermarkt gehen können und zu jedem Produkt immer eine Alternative von Purefood zur Verfügung steht. Wir möchten es den Menschen ermöglichen, bei jedem Kauf durch die Wahl unseres Produktes auch etwas Gutes getan zu haben.

Als wir dann die Pressearbeit aus Kapazitätsgründen nicht mehr alleine bearbeiten konnten, haben wir uns zur Unterstützung eine PR-Agentur mit an Bord geholt. Das würde ich für den Anfang allerdings nicht empfehlen, da zu diesem Zeitpunkt die persönliche Connection sehr viel wert ist. Je persönlicher man die Redaktionen kennt, desto besser. Wir waren damals bei der Gründershow „2 32


Blogger Relations – die neue Produkt-PR

Sophie Weiss

Food Bloggerin und Agenturinhaberin Alexandra Palla erläutert, welche Rolle Blogger Relations bei der PR kulinarischer Produkte und Lebensmittel spielen.

© Claudia Mann

Sophie Weiss: Wie sind Sie auf die Idee für den „Rough Cut“-Blog gekommen?

Alexandra Palla: Die Idee für meinen Blog haben meine Töchter vor ca. zehn Jahren gegeben. Als die beiden noch in der Schule waren, habe ich viel für sie gekocht und auch begonnen, die Rezepte aufzuschreiben und zu veröffentlichen, immer mit einer kleinen Anekdote versehen. Der Food Blog gab mir die Möglichkeit, mich mitzuteilen und meine Rezepte mit anderen Interessierten zu teilen. Dabei habe ich immer sehr einfache Gerichte gekocht, die schnell und mit einer Raffinesse zubereitet sind – daher auch der Name „Rough Cut“. Weiss: Wann ist es im Kulinarik-Bereich sinnvoll, PR in Form von Blogger Relations anstatt klassischer Werbung einzusetzen?

ten Plattformen wie „Instagram“ und „Facebook“ eine Möglichkeit, die gewünschte Zielgruppe anzusprechen. Weiss: Welche Eigenschaften muss ein Produkt im kulinarischen Bereich mit sich bringen, damit man überhaupt erfolgreiche Produkt-PR dafür betreiben kann?

Palla: Ein Produkt muss für mich zunächst Freude machen und einen wesentlichen Nutzen oder ein Alleinstellungsmerkmal haben. Außerdem muss es eine definierte Zielgruppe ansprechen und kommerziell darstellbar sein, es muss aber auch ein gutes Preis-Leistungsverhältnis vorweisen. Weiss: Wie gestaltet sich die Arbeit mit BloggerInnen im Zusammenhang mit Produkt-PR in Ihrer Agentur?

Palla: Ich berate meine KunPalla: Klassische Werbung ist „Ich berate meine KundInnen indem dInnen indem ich zu ihrem gegefragt, wenn es um Massenwünschten Thema und zu ihrer produkte geht, die durch einen ich zu ihrem gewünschten Thema und Zielsetzung zunächst passende großen Vertrieb viele Menschen zu ihrer Zielsetzung zunächst passende Food Blogs zusammenstelle. erreichen sollen, wie zum Bei- Food Blogs zusammenstelle. Dann gibt Dann gibt es ein Briefing, in dem spiel bei Markenartikeln großer festgehalten wird, wie Marken es ein Briefing, in dem festgehalten Lebensmittelkonzerne. Wenn es und Produkte von den Bloggewird, wie Marken und Produkte von aber nicht um ein Massenprodukt rInnen in ihre Darstellungen geht, sondern um ein Design- den BloggerInnen in ihre Darstellungen integriert werden sollen. Die Schneidebrett wie das „Rough AuftraggeberInnen erhalten Leisintegriert werden sollen.“ tungen wie Fotos, Videos, Texte Cut Board“, das sich über das Design, die Funktion und die Anwendung definiert, und und Stories. Alle Maßnahmen führen dazu, dass kreatiwelches außerdem zu einer kleinen Marke gehört, dann ver Content produziert wird, der gezielt in den sozialen ist man mit klassischer Werbung falsch beraten. In diesem Medien gestreut werden kann, um eine qualitativ hohe Fall bietet PR in Form von Blogger Relations, vor allem Reichweite für das Thema zu generieren. in digitalen Medien, die perfekte Möglichkeit, um sich gezielt an AbnehmerInnen zu richten. Weiss: Wie betreiben Sie Produkt-PR für ihre eigene Weiss: Welche PR-Maßnahmen empfehlen Sie in solch einem Fall?

Palla: Man kann gezielt auf ausgewählte Vertriebspartner zugehen, indem man in Concept Stores, Design Boutiquen und Museumsshops vertreten ist, andererseits bie33

Marke Palla Vienna? Gibt es Unterschiede zur PR, die Sie für Ihre Agentur- KundInnen betreiben?

Palla: Unterschiede gibt es keine, aber bei meiner eigenen Marke „Palla Vienna“ und den zugehörigen Produkten, wie der Modelinie „Kitchen Kouture“, habe ich die Möglichkeit, viele Dinge auszuprobieren. Die erfolgreichsten Methoden wende ich dann auch bei meinen


© PALLA Vienna © Adobe Stock: kritchanut

Alexandra Palla ist seit vielen Jahren in der Medienbranche tätig, zuvor hat sie eine Ausbildung zur Designerin absolviert. In ihrem „Studio Alexandra Palla“ vereint sie seit 2015 eine digitale Kommunikationsagentur mit Fokus auf kulinarische Konzepte und Blogger Relations, den Rezepte-Blog „RoughCutBlog“ und die Marke „Palla Vienna“, unter der sie verschiedene Designprodukte führt. Außerdem veröffentlichte Palla zwei Kochbücher und ist Gründerin der Austria Food Blog Awards.

Agentur-KundInnen an. Als Bloggerin und Agentur setze ich natürlich auch selbst auf Blogger Relations und Influencer Marketing. Bei „Palla Vienna“ arbeite ich mit einigen BloggerInnen zusammen, beispielsweise in Form von Produkt-Samplings. Bei meiner Modelinie, die ausschließlich online vertrieben wird, nutze ich „Instagram“. Das Ziel meiner Kommunikation im digitalen Bereich ist es, potenzielle KundInnen mit möglichst wenigen Klicks zum Produkt im Online-Shop zu führen. Weiss: Sie sind auch Gründerin des Austria Food Blog Awards, welcher einmal jährlich stattfindet und die erfolgreichsten Food BloggerInnen im deutschsprachigen Raum kürt. Wieso haben Sie den Award initiiert und inwiefern greift dieser das Thema Produkt-PR auf?

Palla: Der Award wurde von mir 2012 das erste Mal durchgeführt. Damals war die Food Blog-Szene nicht vernetzt und ich konnte den Wunsch, sich zu treffen und zu vernetzen sehr gut nachvollziehen. Anfangs war es eine kleine Netzwerkveranstaltung für 100 Food Blogs, heute ist es die größte Plattform dieser Art. Der Austria Food Blog Award ist ein Jurypreis, bei dem Qualität vor Quantität geht. Produkt PR greift der Award insofern auf, da die Teilnehmenden die Themen der Partner und Sponsoren wie Backen, Einkochen oder Grillen umsetzen. Die ausgezeichneten Blogs erhalten durch die große Medienpräsenz viel Aufmerksamkeit, die Auszeichnung ist wie das „Gütesiegel“ unter den Blogs und ein Qualitätskriterium für jede Form der Kooperation. Weiss: Warum kooperieren Unternehmen mit FoodBlogs, wenn es um Produkt-PR geht?

Beitrag, also die Werbung, einzigartig gemacht werden und für jeden Anlass eine neue Lösung liefern. Der redaktionelle Teil folgt einer sehr persönlichen Linie und kann ein bestimmtes Thema aufgreifen, wie zum Beispiel ein Mama-Blog, ein Vegan-Blog, ein gesunder ErnährungsBlog, etc. Die Bewertung der bezahlten Beiträge erfolgt über einen Nachweis der Reichweite, Zugriffe und Interaktionen. Somit hat sich der Blog wie jedes andere Medium für die Wirtschaft qualifiziert, vor allem, weil er die Möglichkeit bietet, neue und klar definierte Zielgruppen zu erreichen. Das erkennen auch Marken wie Billa JaNatürlich! oder Weber Grill, denn um neue, junge und kulinarisch interessierte Zielgruppen zu erreichen, müssen sie neue Wege gehen. Da sind Kooperationen mit BloggerInnen interessant, da sie eine spezielle Reichweite für Zielgruppen vorweisen und deren Beiträge von Menschen gelesen werden, die mit einem normalen Zeitungsinserat nicht zu erreichen sind. Außerdem können Food BloggerInnen das Produkt in der Anwendung zeigen, was einen schönen Werbewert für das Unternehmen generiert. Es gibt klare Regeln und Gesetze, diese Kooperationen zu kennzeichnen. Weiss: Kann man folglich sagen, dass Blogger Relations die neue Produkt-PR sind?

Palla: Das würde ich so nicht sagen, aber sie sind eine neue Facette, die in einem Medienmix sehr wichtig ist und es ist einfach Tatsache, dass Blogger Relations gerade boomen. Durch Kooperationen mit BloggerInnen kann man viel erreichen und auch kosteneffizienter arbeiten, man kann aber nicht sagen, wie das in fünf Jahren aussieht.

Palla: Ein/e Blogger/in ist ein/e Medienproduzent/in, der/die den Blog kreativ gestalten kann. Der Inhalt teilt sich in einen redaktionellen und einen kommerziellen Teil. Die werbliche Umsetzung liegt bei der/dem Blogger/in und kann eine Empfehlung oder eine Produktplatzierung sein. Durch die Persönlichkeit kann der bezahlte 34


St. PĂślten University of Applied Sciences

Š Martin Lifka Photography

Jetzt informiere n!

fhstp.ac.a

t/bmk

Marketing & Kommunikation (BA)

Schwerpunkte: n Eventmanagement

n Media- und Kommunikationsplanung

n Public Relations

n Werbung und Dialogmarketing

n Marketing Dauer: 6 Semester, Bewerbungsfrist: 20.05.2020

medien & wirtschaft


St. PĂślten University of Applied Sciences

Š Rauchecker Photography

Jetzt informiere n!

fhstp.ac.a

t/dmdt

Master in Medien, Design und Technik! Digital Design (MA) Experimentelle Medien | Grafik Design | Fotografie

Digital Media Production (MA) Film & TV | Animation & Visual Effects | Audio Design

Interactive Technologies (MA) Mobile | Augmented & Virtual Reality | Industrie 4.0

medien & digitale technologien


IMPRESSUM Herausgeberin, Medieninhaberin und Verlegerin: Fachhochschule St. Pölten GmbH, Matthias Corvinus-Straße 15, 3100 St. Pölten Verlagsort: 3100 St. Pölten Druckerei: druck.at Herstellungsort: Leobersdorf Chefredaktion: FH-Prof. Mag. Roland Steiner, Bakk. Art Direction: Camila Watson Rodriguez Grafik/Layout/Satz: Nicole Baster, Elias Cia, Jennifer Grünbauer, Jennifer Haider, Lisa Jeschko, Cornelia Kerbl, Sarah Reinprecht, Carina Schaittenberger, Teresa Schiessl, Denise Schmid, Monika Trajkovic 37


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.