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Braucht es PR für Innovationsinformation?
Teresa Häring
© Sara Adelbauer „PRaktivium“ diskutierte mit Sara Grasel, Chefredakteurin des Innovationsmagazins im Bereich Nachhaltigkeit „Tech & Nature“. Sie gibt Einblicke, wie bei „Tech & Nature“ mit Unternehmen gearbeitet wird und woher Sie ihre Informationen über neueste Trends und Innovationen bezieht.
Teresa Häring: Als Chefredakteurin von „Tech & Nature“ wollen Sie unterschiedliche Innovationen, Startups und Trends vorstellen. Sie sind eigentlich immer auf der Suche nach Neuheiten. Woher beziehen Sie Ihre Informationen, wie entdecken Sie Innovationen und Trends? Häring: Lehnen Sie dann auch Anfragen ab? Wenn ja, auf welcher Grundlage?
auf uns zu und wollen Interviews geben und natürlich ihre Themen platzieren. Das passiert beides. Grasel: Ja, das tun wir sehr oft und das passiert, wie man Sara Grasel: Wir machen das schon relativ lange mit sich vorstellen kann, hauptsächlich bei Großunternehmen, dem Innovationsmagazin „trendingtopics.at“. Insofern die sehr viele Themen platzieren wollen. Und wenn wir das haben wir ein großes Netzwerk. Und am allerliebsten Gefühl haben, dass das für unsere LeserInnen nicht interstoßen wir, denke ich, auf Storys im persönlichen Ge- essant ist oder nicht interessant genug bzw. zu werblich ist, spräch. Einfach weil im persönlichen Gespräch, sei es bei dann lehnen wir sehr häufig ab. einem Afterwork-Drink oder im Café, niemand auf die Idee kommen würde, einem langweilige Geschichten zu Häring: Können Sie da vielleicht ein konkretes Beispiel erzählen, die man sehr oft in Presseaussendungen findet. nennen, wen Sie da schon einmal abgelehnt haben? Also niemand würde sagen: „Hallo Sara, hast du schon Grasel: Ohne jemanden damit wehzutun (lacht)… das ist gehört? Der Baumarkt nebenan hat jetzt auf Wintersaison keine leichte Frage. Um das Beispiel von vorher aufzugreiumgestellt und das sind meine drei Produkt-Highlights.“ fen: Also ein Baumarkt, der jetzt auf ein neues Sortiment Das würde nicht passieren. Insofern ist das die beste umstellt und seine Herbst-Highlights präsentiert, hätte Quelle für Storys auf „Trending wahrscheinlich keine Chance. Topics“ und auch auf „Tech & Es hängt immer sehr stark vom Nature“. „Und am allerliebsten stoßen wir, Innovationsgrad und der Gedenke ich, auf Storys im persönlichen schichte ab. Man kann das gar Häring: Werden Sie auch di- Gespräch. Einfach weil im persönlichen nicht generell sagen. Bei „Tech rekt von Unternehmen kontaktiert, die sagen: „Treffen Gespräch, sei es bei einem Afterwork- & Nature“ als Nachhaltigkeitsmagazin gibt es sehr oft ein bewir uns einmal, ich will über Drink oder im Café, niemand auf die stimmtes Problem, denn hier mein Unternehmen erzählen“, Idee kommen würde, einem langweilige müssen wir sehr auf die Probdamit Sie eben über dieses Geschichten zu erzählen, die man sehr lematik mit Greenwashing achUnternehmen berichten? Grasel: Ja, das passiert natüroft in Presseaussendungen findet.“ ten und da lehnen wir oft Unternehmen oder Storys ab. Was lich sehr häufig. Ein guter Teil bedeutet das: Zum Beispiel will von unserem Content besteht auch tatsächlich aus Unter- ein großer Ölkonzern jetzt etwas für den Naturschutz tun nehmensportraits. Wobei wir uns auf Unternehmen kon- und lässt sich auf ein Firmengebäude einen Blumenwiese zentrieren, die noch nicht diese Publicity haben, also auf für Bienen pflanzen. Wie muss man das dann einordnen? ganz junge Start-ups, um einmal vorzustellen, was die für Will man diesem Unternehmen die Bühne bieten, das ja eiinnovative Ideen haben. Vor allem auch, wie sie die un- gentlich noch im Kerngeschäft sehr umweltschädigend ist? ternehmerisch umsetzen. Da kommen wir auch sehr viel Mit solchen Themen setzen wir uns da auseinander und so über unser Netzwerk darauf. Ganz einfach, weil die in der etwas würden wir natürlich klar ablehnen. Regel ja noch gar keine eigenen PR-Abteilungen haben. Aber es kommen natürlich auch größere Unternehmen
© Trending Topics / David Visnjic
Die studierte Kunsthistorikerin und Informationswissenschaftlerin Sara Grasel startete ihre Journalismus-Karriere bei der Tageszeitung „Die Presse“. Seit 2018 gehört sie zum Team von „Trending Topics“ und ist nun Chefredakteurin des Online-Magazins „Tech & Nature“, das sich Innovationen für eine nachhaltige Zukunft widmet.
Häring: Weil Sie das Beurteilen gerade ansprechen. Ist es schwierig, auch Innovationen zu beurteilen? Denn von Vornherein wird man ja nicht wissen, ob das Startup etwas macht, das „die Welt braucht“.
Grasel: Ja, das ist tatsächlich eine Frage, wenn wir auf die eine Antwort hätten, dann wären wir wahrscheinlich Venture Capital-InvestorInnen und nicht JournalistInnen. Aber da hilft auch einfach die Erfahrung sehr viel und mit dem Unternehmen und mit KollegInnen darüber zu sprechen. Man spricht mit anderen Leuten aus dem Netzwerk, zum Beispiel bereits erfahrenen GründerInnen, die vielleicht in einer ähnlichen Branche arbeiten und fragt, was sie davon halten, wie sie das einschätzen. Oder vielleicht eben gerade mit InvestorInnen, die sich mit dem jeweiligen Thema auskennen und versucht so, herauszufinden, wie viel wirklich dahinter steckt.
Häring: Ist es für Sie als Innovationsmagazin eigentlich notwendig, von Unternehmen kontaktiert zu werden, um auch tatsächlich am neuesten Stand zu bleiben?
Grasel: Auch das ist eine schwierige Frage. Also PRAbteilungen und -Agenturen liefern uns garantiert mehr Informationen, als notwendig wären. Ich bekomme, um es beim Namen zu nennen, hunderte E-Mails. Es ist sehr schwierig, da interessante Informationen herauszufiltern. Aber natürlich machen Unternehmen nicht nur langweilige Sachen, die unsere LeserInnen nicht interessieren und der direkte Weg, wie wir auf bestimmte Themen kommen, ist, wenn sich die Unternehmen bei uns melden und uns verraten, was sie tun.
Häring: Würden Sie also sagen, dass Sie rein durch journalistische Arbeit nicht in der Lage wären, über so viele Trends bzw. Neuheiten zu berichten?
Grasel: Nein, das würde ich so nicht sehen. Das würden wir natürlich schaffen, aber möglicherweise würde uns einiges durch die Finger gehen, was wir vielleicht jetzt aufgreifen, weil wir darauf aufmerksam gemacht werden von Unternehmen.
Häring: Das ist wahrscheinlich auch eine Frage der Zeit.
Grasel: Ja, definitiv. Die Berufserfahrung und vor allem das Netzwerk, das man aufbaut, macht einen immer unabhängiger von solchen Unternehmensinformationen. Das würde ich definitiv unterschreiben. .
Häring: Übernehmen Sie auch manchmal Presseaussendungen eins zu eins?
Grasel: Nein, das machen wir nicht. Also wenn ein Unternehmen ein nicht kritisch hinterfragtes Thema oder ein Produkt oder eine Dienstleistung bei uns platzieren will, dann ist das kostenpflichtig und ist klar als Werbung gekennzeichnet.
Häring: Also kein Unternehmen kommt bei Ihnen um kritische, journalistische Nachfrage herum?
Grasel: Ja, definitiv.
Häring: Was macht für Sie Ihr Magazin aus?
Grasel: „Tech & Nature“ ist unser neues Magazin und besetzt eine sehr spannende Zukunftsnische, die bis jetzt von einem Medium noch nicht besetzt wird. Es geht darum, wie wir tatsächlich realistische Lösungen für globale Herausforderungen, wie die Klimakrise oder sei es Hunger oder andere soziale Herausforderungen, liefern können. Wir wollen nicht nur das Problem beschreiben, was viele andere Magazine tun oder nur mit sehr kleinen Bausteinen, wie Ernährung, arbeiten.
Häring: Was macht für Sie Journalismus aus? Warum haben Sie sich entschieden, Journalistin zu werden?
Grasel: Eine philosophische Frage. Ich bin schon lange Journalistin und war lange im Tageszeitungs-Journalismus und muss sagen, dass mich, glaube ich, der eigene Medienkonsum auch ein bisschen da hineingebracht hat. Ich konsumiere einfach gerne Medien, deswegen bin ich froh, Teil der Produktion sein zu dürfen.