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Im selben Strom, aber auf unterschiedlichen Seiten des Flusses fischend

Svenja Morel

© Dina Grojer Gerold Riedmann, Geschäftsführer von Russmedia Österreich und Chefredakteur der „Vorarlberger Nachrichten“, erklärt im Gespräch mit „PRaktivium“, warum in der Zusammenarbeit mit PR-Schaffenden regional weniger harte Interventionsversuche wahrgenommen werden als im nationalen Geschäft.

Svenja Morel: Sie haben in Ihrem Beruf schon Vieles erlebt und auch außerhalb von Österreich viele Erfahrungen gesammelt. Welche waren Ihre Hauptstandorte im Laufe ihrer Karriere bis jetzt?

Gerold Riedmann: Da gibt es die Zeit, die ich in München und anderen deutschen Städten verbracht und sehr viel über Radio, Fernsehen und vor allem das Internet gelernt habe. Und dann die Zeit, die ich im Westen Österreichs verbracht habe bzw. verbringe und auch für Firmen in Wien verantwortlich bin. Darüber hinaus setze ich sehr auf internationale Vernetzung, weil wir ja inmitten eines unglaublichen Wechsels hin zum Digitalen stehen und alle im Prinzip sehr ähnliche Herausforderungen haben. Riedmann: Ich schätze es sehr, in einem kleineren Ort zu wohnen, in dem nicht jede/r, der bzw. dem ich auf dem Marktplatz über den Weg laufe, sagt: „Grüß Gott, Herr Chefredakteur.“ Der Austausch oder die Kontaktaufnahme von PR-Verantwortlichen ist in meiner Wahrnehmung nicht davon geprägt, wie nah man zusammenlebt. Ob das jetzt Innsbruck, Vorarlberg, Graz oder eine kleinere deutsche Stadt ist, würde für mich keinen Unterschied machen.

Morel: Wie empfinden Sie die Zusammenarbeit mit PRSchaffenden in Vorarlberg?

Morel: Sie sind nun seit einigen Jahren Chefredakteur der „Vorarlberger Nachrichten“. Was macht das Arbeiten in Vorarlberg besonders?

Riedmann: In einem PR-Magazin werde ich immer sagen, dass es natürlich wunderbar läuft. Wenngleich man schon nachschießen muss – und das sieht man auch an den Vereinen oder Treffen in dem Bereich –, dass in Vorarlberg die Trennschärfe zwischen dem, was die Menschen unter Journalismus und PR verstehen nicht immer sauber geRiedmann: Erstens gibt es in Vorarlberg einen Idealzu- geben ist. Im Vorarlberger Presseclub sind sicherlich eine stand für ein Medium, denn bei uns gibt es „Vorarlberg Vielzahl der Mitglieder PR-Schaffende, das würde umOnline“. Wenn in Vorarlberg irgendetwas passiert, dann gekehrt wahrscheinlich bei anderen Vereinigungen nicht schaut man auf „Vol.at“ und weiß, was passiert. Es ist so zutreffen. Die Sehnsucht danach, Journalist/in zu sein längst nicht überall so, dass die lokale Tageszeitung An- oder eine gewisse Zeit auch freie/r Journalist/in zu sein, laufpunkt Nummer Eins ist. In Vorarlberg fängt tatsäch- aber eigentlich sein Brot in einer Pressestelle zu verdienen lich das Internet bei „Vol.at“ an oder PR zu machen, ist sicherlich und das macht es auch in der „Im Regionalen kommt natürlich dazu, ein Grenzgang, den einige in der Medienarbeit interessant. Vorarlberg ist ein sehr moderner, auch dass fast alle der ProtagonistInnen Vergangenheit schon ausprobiert haben. Für mich bleibt dieses trotz der konservativen Prägung miteinander auf einem Arbeits-Du alte Bild, dass Journalismus und mit progressiven Ideen versehe- sind, so wie das aber zwischenzeitlich PR im selben Strom fischen, aber ner Landstrich. Darum macht es im Digitalen eh überall ist. Ich nehme auf unterschiedlichen Seiten des für mich auch ein Unterschied hier in der Bodenseeregion, im aber weniger und weniger harte InterFlusses. Dreiländereck, agieren zu kön- ventionsversuche – beispielsweise auf Morel: Gibt es grobe Unternen und die Lebensqualität hier regionaler Ebene – wahr, als das dann scheidungen zwischen der Zugenießen zu können. im nationalen Geschäft zu vermerken sammenarbeit mit PR-SchafMorel: Gibt es für Sie persönwäre.“ fenden in Großstädten und kleineren Städten? lich einen Unterschied mit dem Umgang der Menschen Riedmann: Diese Unterscheidung gibt es nicht nur zwiin Vorarlberg im Vergleich zu einer Großstadt? schen PR und Journalismus, sondern vielmehr zwischen

Politik und Journalismus. Im Regionalen kommt natürlich dazu, dass fast alle der ProtagonistInnen miteinander auf einem Arbeits-Du sind, so wie das aber zwischenzeitlich im Digitalen eh überall ist. Ich nehme aber weniger und weniger harte Interventionsversuche – beispielsweise auf regionaler Ebene – wahr, als das dann im nationalen Geschäft zu vermerken wäre. Ich denke, dass die Zusammenarbeit mit PR-Agenturen ähnlich transparent und ähnlich professionell läuft, wie sie das auch in Großstädten tut.

Morel: In Vorarlberg ist die Chance größer, dass man PR-Schaffende, mit denen man zusammenarbeitet auch privat kennt. Haben Sie das Gefühl, dass das die Zusammenarbeit beeinflusst?

Riedmann: Es wäre ein Problem, wenn meine fünf besten FreundInnen allesamt PR-Agenturen in Vorarlberg leiten würden, das wäre für mich ein sonderbares Signal. Ich für meinen Teil ordne aber einen gemeinsamen Schulabschluss oder eine gemeinsame Bekanntschaft mit einer oder einem PR-Verantwortlichen nicht minder problematisch ein, als wie das mit PolitikerInnen der Fall ist. Da sind JournalistInnen eigentlich das Abstandhalten gewohnt, auch wenn das ab und zu etwas eigentümlich wirkt. Natürlich muss man sich im regionalen Raum daran gewöhnen, dass das „Du“ öfters eingesetzt wird, aber in der Zusammenarbeit zieht jede/r seine eigenen Grenzen.

Morel: Wie sehen Sie das Verhältnis zwischen PRSchaffenden und JournalistInnen? Sind Sie als Journalist gleichermaßen von PR-Schaffenden abhängig wie PR-Schaffende von Ihnen?

Riedmann: Schwierige Frage, vor allem, ohne jetzt jemanden vor den Kopf zu stoßen. Wir leben im selben Ökosystem. Unser Geschäftsmodell sieht so aus, dass wir AbonnentInnen haben, die uns monatlich Geld bezahlen, um mit Informationen versorgt zu werden. Wenn man dem Geld folgt, dann ist das Businessmodell der PR-Agentur, dem Auftraggeber eine Rechnung zu schicken und die Zeit, die für die Kommunikation verwendet wurde zu verrechnen: im Prinzip eine Kommunikationsdienstleistung für die Unternehmen. Es gibt immer einen Auftraggeber, der etwas will. Ich glaube, dass es nicht so sehr vom Journalismus abhängt, ob es diese Kommunikationsdienstleistung gibt, sondern von der Akzeptanz der Auftraggeber. Wir treffen uns wie gesagt am selben Fluss, aber haben hier eine unterschiedliche Aufgabe. Ich glaube, dass es gut ist, wenn man gegenseitig Vertrauen aufbringen kann. Das Geschäftsmodell der PR-Agenturen ist, wenn es um die klassische Medienarbeit geht, dass der Kunde ein möglichst schönes Bild von sich gezeichnet bekommt.

© Roland Paulitsch

Gerold Riedmann ist Geschäftsführer bei Russmedia Österreich und Chefredakteur der „Vorarlberger Nachrichten“. Vor seiner Tätigkeit für Russmedia entwickelte der gebürtige Vorarlberger medienübergreifende DigitalFormate für TV- und Fernsehsender in Deutschland. Er absolvierte u.a. das Stanford Executive Program (SEP 2019). Gerold Riedmann engagiert sich als europäischer Präsident der International News Media Association (INMA) für die Weiterentwicklung und Digitalisierung von Medien weltweit.

Morel: Wenn Sie sich selbst vor 20 Jahren in Bezug auf die Zusammenarbeit mit PR-Schaffenden einen Ratschlag geben könnten, was würden Sie sich selbst raten?

Riedmann: Ich habe das früher sehr dogmatisch gesehen. Wenn KollegInnen in Pressestellen wechseln, war die erste Überlegung oft: „Wieso wechselt der oder die jetzt weg vom Journalismus und geht in die PR?“ Mittlerweile bin ich da etwas gelassener, weil natürlich in unterschiedlichen Lebenssituationen der Journalismus nicht immer das Modell ist, in dem es die Einkommensaussichten gibt, die Marketing- oder Kommunikationsvorstände ausschöpfen. Da bin ich zwischenzeitlich etwas entspannter, wenn es um das Seitenwechseln dieses Flusses geht.

Morel: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich von der Zusammenarbeit mit PR-Schaffenden in Zukunft wünschen?

Riedmann: Eine Transparenz in den Quellen würde der Zusammenarbeit sicherlich gut tun. Ich wünsche mir nur, dass noch mehr PR-Schaffende dem Modell folgen, die Arbeit zwischen Journalismus und Unternehmen einfacher zu gestalten und erreichbar zu sein und die Grundtugend in den Mittelpunkt zu stellen, sei dies in Vorarlberg oder irgendwo anders. Und nicht, mit guter PR etwas verdecken zu wollen. Darum ist mein Wunschzettel auch wahrscheinlich wenig überraschend.

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