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Unabhängigkeit von PR in der Quellenbeschaffung

Bettina Kapeller

© FH St. Pölten Dietmar Mascher, stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts der „OÖ Nachrichten“, erläutert in „PRaktivium“, wie sich der Einfluss von PR-Fachkräften auf den Journalismus auswirkt und welche Maßnahmen für eine unabhängige Berichterstattung ergriffen werden.

Bettina Kapeller: Was wird von den PR-Fachkräften gefordert, wenn sie Kontakt aufnehmen?

Dietmar Mascher: Wir fordern keine Artikel von PRFachkräften, wir schreiben unsere Artikel immer noch selber. Wenn wir PR-Leute kontaktieren, wollen wir meist einen Kontakt zum jeweiligen Unternehmen, das sie betreuen. Firmenunterlagen die aufbereitet sind, helfen uns bei der Recherche. Aber fertige Artikel wollen wir bei den „Oberösterreichischen Nachrichten“ nicht. Das unterscheidet uns von manchen anderen Zeitungen und Medien. Bei uns schreiben die Redakteure (Anm. der Red.: ein Gendering war nicht erwünscht) die Artikel selbst.

Kapeller: Welchen Einfluss haben PR-Kräfte auf die Medien auf einer Skala von 1-10?

Mascher: Das kommt ganz auf das Medium drauf an. Bei den „OÖ Nachrichten“ haben sie keinen Einfluss auf die Berichterstattung, also 0. Aber bei den Gratismedien, wo das Ganze verbunden ist mit Einschaltungen und Geldflüssen, ist der Einfluss tendenziell größer, da würde ich eher Richtung 8 tendieren. Aber bei uns gibt es keine PRVerantwortlichen, die Einfluss auf unsere Artikel haben.

Kapeller: Warum ist der Einfluss bei Ihrem Medium so gering?

Mascher: Der Vorteil ist, wir haben einen Herausgeber bzw. einen Eigentümer, der ist selbst wirtschaftlich unabhängig, also das ist keine Bank und nicht irgendeine Institution oder eine Partei, sondern eine Familie, die seit vielen Jahrzehnten das Unternehmen betreibt und die Unabhängigkeit der Zeitung hochhält. Daher können wir unabhängig von den Einflüssen der PR-Kräfte arbeiten.

Kapeller: Waren Sie vorher schon mal bei einem anderen Medium, wo die unabhängige Berichterstattung nicht der Fall war?

Mascher: Ich bin jetzt seit 28 Jahren bei den „OÖ Nachrichten“ und war davor ein halbes Jahr beim „KURIER“ und drei Jahre beim „STANDARD“. Dort habe ich das nicht erlebt. Aber in den Anfängen war ich bei einem Gratismedium in Linz, da hat man diesen Druck natürlich gespürt.

Ihrer Einschätzung nach sind also vor allem die Gratismedien von diesem Einfluss betroffen?

Mascher: Ja, weil bei uns sind die Umsätze ungefähr 50% Lesererlöse und zu 50% Werbeerlöse. Die Balance macht unabhängiger. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch Leser, die uns abbestellen, wenn wir etwas schreiben, was ihnen nicht gefällt. Auch Unternehmen, die keine Werbung mehr schalten, muss man in Kauf nehmen, wenn man was Schlechtes über sie schreibt. Aber es ist für diejenigen, die bei uns inserieren, ein wesentlicher Punkt, dass sie in einem Umfeld bzw. in einem Medium werben, das Unabhängigkeit und Seriosität ausstrahlt.

Kapeller: Gibt es Abhängigkeiten von PR und Journalismus, auf die man als Medium nicht verzichten will?

Mascher: Ich bin von keiner PR-Fachkraft abhängig; wenn diese mir keine Informationen liefert, dann rufe ich die Geschäftsführung an und hole mir die Information von dort. Wenn ich von der PR-Fachkraft nichts bekomme, dann ist das eher das Problem von ihr als von mir. Ich kann mir viele Informationen, auch unabhängig von der PR, holen, durch das Firmenbuch und das Grundbuch. Man kann auch auf viele andere Arten recherchieren, um an Informationen zu gelangen. Somit kann ich Dinge umgehen, wenn ich sie umgehen will. Am besten ist eine Zusammenarbeit, die ich weniger im Bereich der Abhängigkeiten sehe, sondern als Kooperationsmöglichkeit.

Kapeller: Welche Maßnahmen verfolgen Sie, um hochwertige Berichterstattung zu garantieren?

Mascher: Die hochwertige Berichterstattung sollte jedem Redaktionsmitglied ein Anliegen sein. Aber wir schauen natürlich schon sehr darauf, dass die Grundregeln des Journalismus eingehalten werden, wie Check, Double Check und Re-Check. Zudem achten wir darauf, dass die wichtigsten Informationen eingeholt werden und dass

©Volker Weihbold

Dietmar Mascher ist stv. Chefredakteur und Ressortleiter Wirtschaft der „OÖ Nachrichten“, für die er bereits seit 28 Jahren tätig ist. 2011 wurde er mit dem Horst-KnappPreis für Wirtschaftsjournalismus der UniCredit Bank Austria gemeinsam mit den „OÖ Nachrichten“ ausgezeichnet.

man auch immer schaut, wenn es eine kritische Anmerkung gibt, was sagt die Gegenseite dazu, also auch andere Seiten zu Wort kommen lassen. Natürlich müssen auch die Fakten stimmen, und es muss eine strikte Trennung zwischen Kommentar und Berichterstattung geben.

Kapeller: Wenn Sie Informationen von einer PR-Fachkraft erhalten, welche Kriterien beachten Sie, um diese Information kritisch zu hinterfragen?

Mascher: Dass eine PR-Fachkraft das Unternehmen positiv „Wenn ein Unternehmen drei Jahre lang darstellen lassen will, ist klar, Verluste geschrieben hat, können das das ist auch legitim und auch ihre Aufgabe. Gleichzeitig ist die besten PR-Verantwortlichen nicht es aber auch so, dass wichtige verheimlichen. Da brauche ich nur ins Dinge nicht verheimlicht bzw. Firmenbuch schauen und kann das beschönigt werden sollen. Ich anhand der Bilanz sehen.“ nenne Ihnen ein Beispiel: Wenn ein Unternehmen drei Jahre lang Verluste geschrieben hat, können das die besten PR-Verantwortlichen nicht verheimlichen. Da brauche ich nur ins Firmenbuch schauen und kann das anhand der Bilanz sehen. Also es ist viel besser aus Sicht der PR-Fachkraft, die Dinge nicht zu verheimlichen, sondern einfach zu erklären, warum das so Kapeller: Was möchten Sie Journalisten und PR-Fachpassiert ist. Auf der einen Seite ist es wichtig, dass man auf kräften mit auf den Weg geben? Augenhöhe miteinander umgeht. Auf der anderen Seite Mascher: Jeder muss seine eigene Rolle ausfüllen. Die ist es essenziell, dass die Journalisten Dinge hinterfragen, Rollen dürfen nicht verschmelzen. Nur so sichert man indem sie auch andere Quellen verwenden. Man soll sich beide Bereiche ab. Je professioneller und faktenorientierter nicht von einer Quelle irgendwas auf das Auge drücken man arbeitet, desto besser kann man ein Vertrauensverlassen, sondern versuchen, verschiedene Quellen anzu- hältnis aufbauen, was für die weitere Berichterstattung zapfen, um Dinge zu verifizieren. gut ist.

Kapeller: Wird in Zukunft der Einfluss der PR auf den Journalismus mehr werden? Es gibt ja den Trend, dass diese zwei Determinanten immer mehr miteinander verschmelzen?

Mascher: Diese Tendenz ist in vielen Bereichen spürbar. Leider ist das aber eine sehr unglückliche Tendenz. Ich glaube, das sind zwei Berufsgruppen, die auf ihre eigene Weise gut miteinander arbeiten können. Aber wenn sie miteinander verschmelzen, dann ist das der Tod beider Bereiche. Es wird auf der einen Seite die Glaubwürdigkeit und auf der anderen Seite die Seriosität des Berufsstandes beider gefährdet. Ich glaube, dass man versuchen soll, diese zwei Berufe auseinander zu halten, im Sinne beider. Wir haben in Österreich schon ohnehin eine Medienlandschaft, die einer Wüste gleicht, mit sehr, sehr wenigen Tageszeitungen. Wir haben einen ORF, der nach wie vor im Einfluss der Politik steht, und wir haben eine Menge von Gratiszeitungen, die eben durch die PR nicht journalistisch unabhängig schreiben. Dann haben wir noch die sozialen Medien, wo Leute in Blasen herumschwimmen, aber nicht wirklich eine objektive Information bekommen. In diesem Bereich wäre es wichtig, dass die Journalisten und PR-Verantwortlichen unabhängigen Journalismus ge-währleisten, um beide Berufsstände abzusichern. Beide müssen ihren Job machen, indem es um Fakten geht und nicht um Stimmungsmache.

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Eva Milgotin

Studentin Wirtschafts- und Finanzkommunikation (FH St. Pölten)

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