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Der Weg aus PR in den Journalismus
Eva Müllner
© FH St. Pölten Davina Brunnbauer, Journalistin bei „DER STANDARD“, erzählt in „PRaktivium“ über ihren Weg aus der PR in den Journalismus und den damit verbundenen Herausforderungen.
Müllner Eva: Wie siehst du die Abhängigkeit bzw. Unabhängigkeit zwischen PR und Journalismus und inwiefern macht sich dies in deinem Alltag als Journalistin bemerkbar?
Brunnbauer Davina: Grundsätzlich glaube ich, dass sich die beiden Berufsgruppen bedingen, weil sie insofern voneinander abhängig sind, dass JournalistInnen für PR-Leute die Gatekeeper sind. JournalistInnen sind auf der anderen Seite auch angewiesen auf Informationen, die sie aus Unternehmen, Institutionen oder von PolitikerInnen bekommen. Als Politikjournalistin erhalte ich meine Informationen von PolitikerInnen oder PressesprecherInnen bzw. Aussendungen und Konferenzen und versuche jede Information kritisch zu hinterfragen.
Müllner: Wie gestaltete sich dein Berufseinstieg in den Journalismus und mit welchen Herausforderungen warst du konfrontiert?
Brunnbauer: Ich würde mich mehr als Quereinsteigerin definieren. Ich war bei einer NGO als Presseassistentin angestellt, d.h. ich war immer in diesem Dunstkreis von politischer Kommunikation, aber eben auf der anderen Seite. In der „Presse“-Lehrredaktion habe ich das notwendige Handwerk für den Journalismus erlernt und habe danach als freie Journalistin begonnen. Aber grundsätzlich gilt: Der Konkurrenzdruck ist groß. Deshalb glaube ich schon, dass man Talent mitbringen muss, im Sinne von Sprachgefühl, zusätzlich den gewissen „Biss“, sehr viel Wissensdurst und Leidenschaft. Du musst die ganze Zeit liefern, ausprobieren und an dir selbst arbeiten. Du solltest immer Kritik einfordern und diese auch umsetzen.
Es ist ein unglaublich spannender Beruf, aber vor allem der Einstieg als freie Journalistin sehr schwierig. Du musst dir erstmal deine ganzen Kontakte innerhalb der Branche aufbauen. Gleichzeitig ist es so, dass gerade von jungen JournalistInnen sehr viel verlangt wird. Man sollte schreiben, Videos und Podcasts machen können und sich ständig weiterbilden.
Müllner: Welche Tipps hast du für Personen, die es in Erwägung ziehen, im Journalismus tätig zu werden?
Brunnbauer: Mein Tipp wäre, sich rasch zu spezialisieren. Einerseits auf eine Textgattung, weil es ein Unterschied ist, ob ich bei einer Zeitung arbeiten will, beim Radio oder Fernsehen. Und gleichzeitig ist es ganz praktisch, wenn man ein Spezialgebiet hat, in dem man sich gut auskennt. Laufend an sich selbst zu arbeiten, Kritik einzufordern, regelmäßig Geschichten anzubieten. Was auch sehr wichtig ist: viel zu lesen. Dadurch lernt man viel über Sprache, Textgattungen und generell das Handwerk.
Müllner: Häufig wechseln JournalistInnen in die PR. Was hat dich dazu bewogen, den umgekehrten Weg zu gehen? Konträr gefragt: Wäre es für dich eine Option, auch wieder im PR-Bereich zu arbeiten?
Brunnbauer: Ich würde nicht sagen, dass mein Weg ein geplanter Weg gewesen wäre. Mich hat generell einfach dieses Gebiet interessiert – öffentliche Meinung, politische Kommunikation, Politik an sich. Die Arbeit bei der NGO fand ich so spannend, dass ich dies im Master vertiefen wollte und dann habe ich doch wieder die Liebe zum Schreiben gefunden. Ich kann nicht sagen, wie es in Zukunft bei mir weitergehen wird. Ich bin aktuell sehr glücklich in meinem Job, finde es extrem spannend und kann mir gerade nichts Besseres vorstellen.
Müllner: Was müsste passieren, damit der Journalismus-Beruf attraktiver wird und somit der Wechsel vom Journalismus zur PR weniger oft vorkommt?
Brunnbauer: Das ist das grundsätzliche Problem der Medienkrise. Durch den Wandel hin zu Online verlieren klassische Medien an Bedeutung. Das heißt, da kommen noch viele Veränderungen auf die Medienlandschaft zu und gleichzeitig wird aber das Geld immer weniger und dementsprechend werden auch die Arbeitsbedingungen nicht besser für JournalistInnen. Ich sehe da keinen
© Julia Deutsch Davina Brunnbauer ist Politikjournalistin bei der Tageszeitung „DER STANDARD“. Nach dem Wirtschaftsstudium spezialisierte sie sich an der FH St. Pölten mit Media- und Kommunikationsberatung auf PR und arbeitete als Presseassistentin bei Global 2000. Sie machte eine Ausbildung in der „Presse“-Lehrredaktion und arbeitete u.a. als freie Journalistin, bevor sie beim „STANDARD“ begann.
schnellen Ausweg. Und natürlich ist es auch so, dass Journalismus an sich kein 9-to-5-Job ist. Es ist generell sehr schwierig abzuschalten, man denkt auch nach Dienst- und Redaktionsschluss viel über Geschichten und Ideen nach. Aber das ist natürlich die Gefahr, wenn man das Hobby zum Beruf macht.
Müllner: Welches Wissen konntest du durch deine Ausbildung und Erfahrung in der PR für den Journalismus nutzen? Welchen Vorteil siehst du darin, einen Einblick in beide Berufe erlangt zu haben?
Brunnbauer: Für mich ist es von Vorteil zu wissen, wie PolitikerInnen kommunizieren, wie sie sich inszenieren, welche Botschaften sie gerne verbreiten würden und was hinter gewissen Botschaften eigentlich steckt. Man kann etwas reflektierter auf diese Botschaften reagieren, gezielter Fragen stellen und den Inhalten besser auf den Grund gehen. Wenn man weiß, wie die andere Seite funktioniert und arbeitet, dann fällt die Zusammenarbeit leichter. Gewisse Sachverhalte kann man einfach besser entschlüsseln, wenn man sich hineinversetzen kann, wie hätte ich sie jetzt auf der anderen Seite gelöst.
Müllner: Es ist bekannt, dass die Gehälter beider Berufssparten sehr unterschiedlich sein können. Inwiefern hat dies deine Entscheidung beeinflusst?
Brunnbauer: Das Gehaltstechnische hat mich nicht beeinflusst in meiner Entscheidung. Ich glaube, der Einstieg in die PR ist auch nicht extrem hochdotiert und jetzt würde es für mich auch noch wenig Unterschied geben in beiden Bereichen – aber selbst wenn. Mir bietet der Journalismus an sich mehr als das höhere Gehalt in der PR.
Müllner: Wie sieht deiner Meinung nach die perfekte Zusammenarbeit zwischen PR und Journalismus aus? Ist das aktuell die Realität oder eine Wunschvorstellung?
Brunnbauer: Ich glaube, das kommt darauf an, in welchem Bereich man arbeitet. Ich kann es jetzt nur für die Politik beantworten. Positiv ist, ist dass die PR-Verantwortlichen immer zur Stelle sind, d.h. man erhält immer eine Antwort. Wie brauchbar diese Antwort ist, ist eine andere Frage. Je besser das Vertrauensverhältnis zu einer/m PRVerantwortlichen ist, desto mehr Informationen erhält man auch im Hintergrund, was es dann leichter macht, eine Geschichte oder Aussage zu verstehen. Was die Arbeit sehr beeinträchtigt, ist die Message Control, die von einigen PolitikerInnen und Parteien ausgeübt wird. Da kommt es schon mal vor, dass manche PolitikerInnen gar nichts sagen wollen, ohne es vorher mit der Partei abzusprechen. In meiner Zusammenarbeit funktioniert es meistens sehr gut, obwohl ich mir oft mehr Inhaltliches wünschen würde und nicht so viele Phrasen.
Müllner: Ein Blick in die Zukunft. Wird der Trend, dass JournalistInnen in die PR wechseln anhalten, werden PR-Fachleute den Gefallen am Journalismus gewinnen oder werden die Berufsbilder doch immer weiter verschmelzen?
Brunnbauer: Das ist abhängig davon, wie sich die Medienlandschaft entwickeln wird, gerade die Verschmelzung von PR und Journalismus. Wenn die klassischen Medien ganz wegbrechen, dann weiß ich nicht, ob der Journalismus-Beruf so noch bestehen kann. Ob JournalistInnen weiterhin Lust haben, in die PR zu wechseln ist eine sehr persönliche Entscheidung, andererseits ist es schon auch eine Frage der Arbeitsbedingungen, und wenn immer weniger Geld in Medien fließt, dann kann man sich ausrechnen, dass die Bedingungen in PR besser sein werden als im Journalismus. Der Wechsel von der PR in den Journalismus ist dann umgekehrt eine Prioritätensetzung: Will ich für eine womöglich freiere und kreativere Tätigkeit auf Gehalt verzichten? Was die Zukunft betrifft, möchte ich mich generell nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Vor 15 Jahren hätte man wahrscheinlich auch noch nicht damit gerechnet, welchen starken Einfluss neue Medien auf die Medienlandschaft haben.