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Ethik in Medien- und Kommunikationsbranchenmagazinen

Ethik in Medien- und Kommunikationsbranchenmagazinen

Anja Mühlegger

© Privat Wie berichtet man über die eigene Branche und welche Rolle kommt hierbei der Ethik zu? Diese und weitere Fragen beantwortet Sabine Bretschneider, Chefredakteurin von „medianet“, im Interview mit „PRaktivium“.

Anja Mühlegger: Wie wichtig sind für Sie bei „medianet“ Pressemitteilungen im „Daily Business“?

Sabine Bretschneider: Pressemitteilungen sind für uns sehr wichtig. Das hängt damit zusammen, dass wir ein großes Volumen an Nachrichten für unsere LeserInnen benötigen. Wir haben 40.000 Newsletter-AbonnentInnen, ca. 15.000 Print-Abos und wir verschicken täglich Newsletter. Das heißt, wir verschicken fünfmal die Woche die Bereiche Marketing und Medien, den Bereich Handel und am Freitag jeweils unsere anderen Ressorts, mit denen wir in der Printausgabe erscheinen. Deshalb brauchen wir allein für Online geschätzt 150 Stories in der Woche und wir machen noch eine fast 100-seitige Printausgabe. Das heißt: Ja, wir sind sehr angewiesenauf Presseaussendungen, weil wir ansonsten diesen Output nicht schaffen würden. Man kann insbesondere als Fachmedium nicht jede Meldung von Grund auf selbst recherchieren.

Mühlegger: Das heißt, Sie werden bei „medianet“ bei der Auswahl der Themenschwerpunkte sehr stark von der PR beeinflusst?

Bretschneider: Ich würde nicht sagen „beeinflusst“, das klingt in dem Sinne negativ. Wir sind darauf angewiesen, dass wir Nachrichten, die aktuell sind, zur, aus und über die Branche bekommen. Wir sind kein Publikumsmedium, wir sind eine Wirtschaftsfachzeitung. Wir sind keine klassische Tageszeitung, die etwa im politischen Bereich mit objektiver Information zur Willens- und Weiterbildung beitragen soll. Bereiche wie Außenpolitik und Chronik haben wir nicht. Wir berichten über wirtschaftlich Relevantes, alles, was für unsere LeserInnen spannend ist. Das heißt, wir sollten immer auf dem letzten Stand sein. Das könnten wir nur von uns aus nicht anbieten und wir sind darauf angewiesen, dass Informationen von außen kommen, von den Unternehmen selbst. Wir haben viele Termine, treffen viele und große Unternehmen – und diese beschäftigen ja genau für diese Öffentlichkeitsarbeit Agenturen, damit diese ihre Neuigkeiten an die Medien weitergeben. Das heißt, ich würde sagen, wir sind auf diese Dienstleistung angewiesen – und unsere Aufgabe ist es dann natürlich zu bewerten, wie sinnvoll, wie wertvoll ist das für unsere Zielgruppen und eben auch zu hinterfragen, ob wir das mit gutem Gewissen kommunizieren können.

Mühlegger: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Hindernisse und Herausforderungen in Hinblick auf die Einhaltung der Ethik in der Berichterstattung?

Bretschneider: Der Personalmangel in den Redaktionen heutzutage. Journalismus ist eine Arbeit, die wirklich viel Zeit braucht. Dadurch, dass in den letzten Jahren die Zahlen überall ein bisschen eingebrochen sind, wird es natürlich personalmäßig schwierig. Unsere Branche ist personalintensiv, das heißt, sie ist sehr teuer. Man kann JournalistInnen – Daten- und Roboterjournalismus hin oder her – nicht durch günstigere Maschinen ersetzen. Man kann auch nicht „am Fließband arbeiten“. Unser Budget ist begrenzt, wir haben hohe Personalkosten und je mehr qualifiziertes Personal eine Zeitung hat, desto besser kann sie arbeiten. Was Medien daran hindern kann, so zu arbeiten, wie es eigentlich deren Anspruch wäre, ist im Normalfall der Personalmangel – und die Geschwindigkeit, insbesondere durch die Digitalisierung. Dadurch, dass wir jetzt auch alle für Online- und Videokanäle arbeiten, sind wir gezwungen, schneller zu werden.

Mühlegger: Wie schafft man es als Journalist/in, aus einer subjektiven Pressemitteilung eine objektive Berichterstattung zu machen?

Bretschneider: Es ist bei uns so, dass unsere RessortLeiterInnen viele Jahre Erfahrung aus gewissen Branchen mitbringen und von sich aus in den meisten Fällen bewerten können, ob etwas spannend, relevant oder neu ist. Abgesehen davon, dass man natürlich immer Zusatzrecherchen betreibt, Nachrichtenagenturen hat

© Privat

Seit 30 Jahren ist Sabine Bretschneider in der Kommunikationsbranche tätig. Erfahrung hat sie nicht nur in Werbe- sowie PR-Agenturen gesammelt, sondern auch durch ihre Arbeit bei verschiedenen Medien wie „DER STANDARD“ und dem ORF. Bereits seit 2001 ist die gebürtige Linzerin bei „medianet“ beschäftigt, mittlerweile als Chefredakteurin.

und dass man ja auch durch den Mitbewerb informiert wird, kann man das durch persönliche Expertise und durch permanente persönliche Bildung in diesem Fach bewerten. Und ansonsten kennen wir natürlich auch Branchen-ExpertInnen, seit langer Zeit, die wir befragen können, ob etwas jetzt wirklich so aufregend ist, wie das für uns klingt – oder eben nicht. Außerdem kommt ein großer Teil unserer Inhalte, insbesondere für die Printausgabe, auf Basis persönlicher Gespräche zustande. Wir sind sehr interviewlastig und dadurch schaffen wir diesen exklusiven Content, ohne den Umweg über eine PR-Schiene machen zu müssen.

Mühlegger: Presse-Agenturen wie die APA setzen sich ja bereits teilweise kritisch mit den Pressemitteilungen von Unternehmen auseinander, inwiefern werden diese dann noch von Ihnen überprüft?

fakten hinterfragen wir nicht. Was wir hinterfragen, sind Aussagen wie: „Wir sind die ersten, die größten, die einzigen, die besten“ – all diese Superlative, zu denen PR-Agenturen neigen und die Unternehmen auch für sich selbst, für eigene Produkte und Dienstleistungen, gern in Anspruch nehmen. Wir geben nicht weiter, dass irgendein Produkt „einzigartig“ am Markt sei, wenn wir nicht vorher recherchiert haben, ob das denn auch so ist. Andere werbliche Aussagen und Hinweise, die eben als typische PR-Schreibe gelten – was aber das gute Recht der Unternehmen ist – die hinterfragen wir natürlich. Indem wir Aussendungen um „Was wir hinterfragen, sind Aussagen all das bereinigen, was wir nicht wie: ‚Wir sind die ersten, die größten, bestätigen können, und jedenfalls versuchen Tatsachen und die einzigen, die besten‘ – all diese Su- Fakten zu transportieren. Aber perlative, zu denen PR-Agenturen nei- dennoch, jede Story hundertgen und die Unternehmen auch für sich prozentig zu kontrollieren und selbst, für eigene Produkte und Dienstzu recherchieren, immer Zweit- und Drittquellen anzubieten, Bretschneider: Es ist bei APA- leistungen, gern in Anspruch nehmen.“ das schaffen wir nicht. Meldungen so, dass die KollegInnen dermaßen seriös arbeiten, dass man sich da drauf verlas- Mühlegger: Wie schätzen Sie die zukünftige Abhängigsen kann, dass das Hand und Fuß hat. Das sind Berichte, die keit zwischen PR und Journalismus ein? wir nicht zu hinterfragen oder zu überprüfen brauchen, Bretschneider: Gerade in Fachzeitschriften ist die die wir dann entsprechend mit dem APA-Kürzel kenn- gegenseitige Abhängigkeit groß und das wird sich zeichnen – und wo wir, sollte es Fragen geben, diese auch nicht großartig verändern. Ich kann mir vorohnehin an die KollegInnen der APA weitergeben stellen, dass diese Abhängigkeit wahrscheinlich würden. So wie Nachrichtenagenturen wie die APA arbei- eher noch ein bisschen an Stärke zunehmen wird, ten – diese Menge an Stories, die sie anbieten und wie sie weil allein durch die zusätzliche Online-Arbeit, diese aufbereiten, das können wir ja als einzelnes Fachme- Arbeit auf Sozialen Medien etc. ja auch rein quantitadium nie leisten. tiv der Content steigt, der von Fachmedien produziert wird. Das heißt, umso mehr sind wir angewiesen auf die Mühlegger: Inwiefern findet eine journalistische Ei- Arbeit von PR-Agenturen. Ich glaube, dass diese Koopegenbewertung der Pressemitteilungen statt, die Sie ration zunehmen wird. Auch die Ansprüche, so glaube von Unternehmen selbst erhalten? ich, steigen auf beiden Seiten. Beide werden immer besser Bretschneider: Wir sind in diesen Branchen an sich werden müssen, profitieren natürlich aber auch voneinsehr up to date, was unser eigenes Wissen betrifft. ander. Den Wahrheitsgehalt von Aussagen zu Unternehmens-

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