PUNKT Spiel

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Die Lizenz zum Bieten

Börsensucht

Mit spieltypischen Elementen den ­Alltag zum Spiel machen. Klappt das?

Wie die Spieltheorie in der realen ­Wirtschaft eingesetzt wird.

Der Grat zwischen häufigem Traden und Sucht ist schmal.

D K U os LIN s A R iE + ISCH R es

Gamification


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Editorial Magazin # 06 | 2013 Ausgabe «Spielen»

Cover # 06 | 2013 Fotografie & Postproduktion Boris Gassmann & Fabian Widmer

W

er denkt, in der Wirtschaft drehe sich immer alles um harte Fakten und nackte Tatsachen, irrt. Im Spiel um Angebot und Nachfrage agieren die Beteiligten häu-

fig nicht mit nüchternem Sachverstand, sondern lassen sich von ihren Emotionen leiten – genau wie beim Spielen. Was dort jedoch für Spannung, Spass und zusätzlichen Kick sorgt, kann in der Wirtschaftswelt zur persönlichen Katastrophe führen. Das gilt vor allem dann, wenn an der Börse um richtiges Geld gespielt wird. Denn der Grat zwischen häufigem Traden und ­«Börsensucht» (S. 46) ist schmal.

Abstellen lässt sich der Spieltrieb aber nicht,

er ist nun einmal tief im Menschen und unserer Zivilisation­ verwurzelt. Immer mehr Unternehmen machen sich ihn zunutze, um ihre Marke zu stärken oder Produkte­ zu bewerben. Waren es in der analogen Welt insbesondere­Treuesysteme und Wettbewerbe, die den Spieltrieb anstachelten, kann dank der zunehmenden Digitalisierung die ganze Welt zum Spiel gemacht werden. «Gamification» (S. 18) – so der dazugehörige­ Begriff – überträgt spieltypische Elemente in spielfremde Kontexte und beeinflusst damit den Alltag von Angestellten und Konsumenten. Doch ist Gamification ­wirklich so spassig, wie sie tut?

Mit nochmals einer anderen Form von Spielen

beschäftigen sich Dirigenten. Einzig mithilfe von teils winzigsten Gesten verwirklichen sie ihre musikalische Vision und verleihen jeder «Symphonie» (S. 56) eine eigene Note.­ Der perfekte Klang gelingt aber nur, wenn das ganze­ ­­Orchester am selben Strick zieht und niemand ausschert. Ein Prinzip, das auch für Unternehmen gilt, sagt die junge Dirigentin Lena-Lisa Wüstendörfer. Als Konsequenz gehört nach einer gelungenen Vorstellung der Applaus nicht allein ihr, sondern dem ganzen Orchester. Eine Einstellung, die auch manchem Manager gut stehen würde.

PUNKTmagazin Spielen

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– Stetiges 1 –

Inhalt

16

03 Editorial 08 Infografik 10 Curriculum vitae

Ian Livingstone

11 Kurz & Bündig

Magazin # 06 | 2013

Ausgabe «Spielen»

Wirtschaft

25 O-Ton 27 Erfunden

Figure Runner machen die Welt zum Malbuch. Per GPS zeichnen sie ihre Laufwege auf und ­werden so selber zum Stift.

31 L'Entrepreneur

18

– Wirtschaft 1 –

18

Gamification

Arbeit, Forschung, Lernen, Spenden – Gamification macht alles zum Spiel. Selbst wenn das funktioniert, nicht ­alle freut die Aussicht auf einen verspielten Alltag.

26 Die künstlich künstliche

Intelligenz

Dank Amazons Marktplatz für Mikroaufgaben kann jeder von Zuhause aus Geld verdienen. Ganz so spielend

31

sind die Arbeiten aber nicht.

28 Königsdisziplin

ohne Könige

Erfolgreiche Brettspiele kennt jeder,­ deren Autoren die wenigsten. Das passt nicht allen in der Branche.

32 Die Lizenz zum Bieten Die Versteigerung der UMTS-Lizenzen­

L'Entrepreneur Mathias­ Haussmann will mit ­«uepaa» das Leben von Millionen Alpinisten ­sicherer machen.

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im Jahr 2000 war ein Fiasko. Heute­ wird die Spieltheorie in der Praxis ­erfolgreicher ­angewendet. Erfunden wurde der Spielwürfel vor langer Zeit. Ein verlässlicher ­Zufallsgenerator ist er noch heute.

35 Kolumne

Der Querdenker Über vergangene TV-Grössen und das Problem von Drohnenhausen.

38

36 Die Twitter-Währung Auf Twitter ist ein Kampf um möglichst viele Follower entbrannt. Doch der wahre Einfluss zeigt sich in einer anderen Kennzahl.

38 Wearable Technology

Die digitale Revolution macht auch nicht vor der Bekleidung halt. Das kann durchaus nützlich sein, ist aber mit ­Gefahren verbunden.

4

Inhaltsverzeichnis

28


Pure pleasure

is inside.

Der Genuss geht weiter auf youtube.com/nespresso


– Invest –

– Stetiges 2 –

52 Reale Werte

42 Mobil bezahlen

56

Bezüglich M-Payment ist die Schweiz ein Nachzügler. Anderswo wird bereits

61 Dossier

Kulinarisches

fleissig mit dem Smartphone bezahlt.

44 Kolumne

Mirjam Staub-Bisang

Über Möglichkeiten, Aktionäre stärker an das Unternehmen zu binden.

46

Börsensucht

Der Grat zwischen häufigem Traden

84 NeuerDings

und Spielsucht ist schmal. Wichtig ist,

89 Abonnement

sein Handeln regelmässig zu prüfen.

90 Vorschau

50 Tipps vom Trading-Profi Trader Mike Kock erklärt im Interview, warum­ein Wochenendseminar in der Regel­nicht ausreicht, um erfolgreich mit Wertschriften zu handeln.

– Wirtschaft 2 –

54 Puppenleben retten Wenn der geliebte Teddy aus der Kindheit ein Auge oder ein Bein verliert, ist es Zeit für einen Besuch in der Basler Puppenklinik.

56

Symphonie

In einem von Männern dominierten­ Geschäft ist die Dirigentin Lena-­ Lisa­Wüstendörfer eine Ausnahme.

42 Mobile Bezahlsysteme werden in der Schweiz noch zaghaft eingesetzt. Das könnte sich ändern.

Ein ­Gespräch über Musik und ihre ­Gemeinsamkeiten mit der Wirtschaft.

72 Kampf um den Plattenteller

46

Während Star-DJs horrende Gagen erhalten, müssen sich Locals mit einem Bruchteil zufriedengeben.

77 Kolumne

René Allemann Über Werbung mit Gefühl und den Nutzen von Spielregeln.

78 Alles für den Arsch Diskretion wird gross geschrieben

54

beim Geschäft mit luststeigernden Sextoys.

Reale Werte Je nach Baujahr und gefertigter Stückzahl kann altes Spielzeug hohe Preise erzielen.

83 Logo auf der Brust Was man sich heute kaum vorstellen­ kann: Zu Beginn gab es heftigen ­Widerstand gegen Trikotwerbung.

6

Inhaltsverzeichnis

78


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– «Spielen» in Zahlen –

lotto lose sportwetten Darstellung PUNKTmagazin

Verteilung des gespielten Geldes bei

SWISSLOS

DEUTSCHSCHWEIZ + TESSIN

1151 MIO. CHF / 2012

BETRIEBSAUFWAND

PROVISION (Detailhandel) GEWINNE AN SPIELER

Quelle Bundesamt für Justiz, Loterie Romande, Swisslos

Auf den ersten Blick muten die Zahlen

seltsam an: Während bei der Deutschschweizer Lottogesellschaft Swisslos fast ein Drittel des Umsatzes an gute Zwecke geht, sind es bei der Loterie Romande (LoRo) nur 13 Prozent. Der grosse Unterschied hat einen Namen: Tactilo, ein elektronisches Los, dessen 700 Automaten 2012 einen Umsatz von über 900 Millionen Franken generierten – 57 Prozent des LoRo-Umsatzes. Von diesen Einnahmen flossen jedoch weniger als 10 Prozent guten Zwecken zu. Gäbe es Tactilo­nicht, wären die Auszahlungsprofile von Swisslos und LoRo praktisch identisch.

Das Bundesgericht hat Tactilo 2011 als

legal taxiert, auch wenn es in seiner Funktionsweise an herkömmliche Glücksspielautomaten erinnert. Die Ähnlichkeiten sind durchaus gewollt: Schliesslich wurde Tactilo­eingeführt, um illegale Glücksspiele einzudämmen, die in der Romandie in den 1990er-Jahren grassierten. Mit einem Spiel,

REINGEWINN

das wie Swiss Lotto nur etwas mehr als die

(Geht an gemeinnützige Projekte in den Bereichen Kultur, Umwelt und Soziales)

Hälfte der Einnahmen als Gewinn ausbezahlt, wäre dies kaum gelungen. Um gegen die illegalen Angebote eine Chance zu haben, mussten die legalen ähnlich attraktiv sein, sprich: ähnlich hohe Ausschüttungsquoten aufweisen. Eben diese 90 Prozent.

Dass Tactilo kein normales Los ist und

für suchtgefährdete Personen eine erhöhte Gefahr darstellt, bestreitet die LoRo nicht. Aber es sei das kleinere Übel, da im Gegensatz zum illegalen Glücksspiel die Umsätze bekannt sind und Prävention möglich ist.

Nicht zuletzt führt die Spielfreudig-

keit in der Romandie dazu, dass der Betrag für gute Zwecke pro Kopf – bei vereinfachter Einwohnerrechnung (2 Mio. vs. 6 Mio.) –

Umsatz Swisslos 2012

777 Mio. (130.– PRO KOPF) LOTTO (INKL. EUROMILLIONS)

337 Mio. (56.– PRO KOPF) LOSE

mit über 180 Franken pro Kopf fast doppelt so hoch ist wie in der Deutschschweiz.

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Wirtschaft

37 Mio. / SPORTWETTEN (6.- PRO KOPF)


Verteilung des gespielten Geldes bei

LOTERIE ROMANDE 1581 MIO. CHF / 2012

BETRIEBSAUFWAND

PROVISION (Detailhandel) GEWINNE AN SPIELER

REINGEWINN (Geht an gemeinnützige Projekte in den Bereichen Kultur, Umwelt und Soziales)

VERTEILUNG DES GESPIELTEN GELDES BEI

TACTILO 905 MIO. CHF

GEWINNE AN SPIELER

Umsatz Loterie Romande (LoRo) 2012

324 Mio. (162.– PRO KOPF) LOTTO (INKL. EUROMILLIONS) UMSATZSPLIT

1138 Mio. (569.– PRO KOPF) LOSE 119 Mio. / SPORTWETTEN (60.– PRO KOPF)

PUNKTmagazin Spielen

90% 10%

REINGEWINN + PROVISION + BETRIEBSAUFWAND Tactilo-Spielautomaten machen 57% des gesamten LoRo-Umsatzes aus.

Wirtschaft

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– Curriculum vitae –

G

ehört haben von

der ­Geschichte ist schnell

Ian Livingstone wohl nur

erzählt: Livingstone und

Kenner,­ doch profitiert von

Jackson waren auf Anhieb

seinem Werk haben nicht

begeistert, erhielten die Im-

wenige. Das gilt vor allem für

portlizenz für Europa und

die Nerds der 1970er- und 1980er-Jahre – eine Zeit, in

Ian Livingstone

der sie noch als verschroben

10

Wirtschaft

wurden schon bald mit Bestellungen, die sie noch immer in ihrer kleinen Woh-

statt cool galten und ihr vermeintliches Idiotenwissen

nung bearbeiteten, überrannt. Es folgte ein neues

sie nicht dazu befähigte, direkt aus der Garage der Eltern

Magazin (White Dwarf) mit einer höheren Auflage und

mal einfach so einen Milliardenkonzern auf die Beine

der Umzug in ein richtiges Ladenlokal.

zu stellen. Eines der wenigen Vergnügen dieser Schatten-

gestalten war das Spielen von «Dungeons and Dragons»,

Die beiden Freunde erfanden – in einem Londoner Pub

das erste Pen-&-Paper-Rollenspiel. Bei diesen überneh-

natürlich – das interaktive Buch, das «Gamebook». Die-

men die Spieler aktive Rollen und erleben gemeinsam

ses erlaubt dem Spieler, den Lauf der Geschichte sel-

ein Abenteuer, dessen Verlauf sie auf Charakterbögen

ber zu bestimmen, je nachdem welche Entscheidungen

und Spielnotizen festhielten. Doch was hat der Brite

er trifft. In einer Zeit, in der Videospiele noch ein teu-

Ian Livingstone damit zu tun? Zusammen mit seinem

res und deshalb rares Vergnügen waren, traf das Game-

­Jugendfreund Steve Jackson war er es, der diese Spielart

book einen Nerv. Obwohl selbst der Verlag, der es he-

aus den Vereinigten Staaten nach Europa brachte.

rausbrachte, anfangs nicht an dessen Erfolg glaubte,

Alles begann im Jahr 1973. Die beiden Jugend-

wurde das erste Gamebook ein Hit: Schon nach weni-

freunde Livingstone und Jackson zogen gemeinsam

gen Monaten war die zehnte Auflage vergriffen. Insge-

von Manchester nach London, wo Livingstone als Mar-

samt verkaufte sich die «Fighting Fantasy»-Reihe bis

ketingassistent bei einem Ölunternehmen anheuerte.

heute weltweit über 17 Millionen Mal. Trotz überwälti-

Vom langweiligen Bürojob war er, der den Grossteil sei-

genden Erfolgs und damit verbundener Verpflichtun-

ner Jugend mit allen möglichen Spielen verbracht hat-

gen blieb Livingston seinem Spieltrieb stets treu: In den

te, allerdings schnell frustriert. Zusammen mit Jackson

1990er-Jahren war er in zahlreichen Funktionen bei un-

und ihrem Mitbewohner John Peake, der nach wenigen

terschiedlichen Unternehmen tätig, die allerdings alle

Jahren aber wieder aussteigen sollte, gründete er den

eine Gemeinsamkeit hatten – sie produzierten Spiele.

Games Workshop, ein Unternehmen für die Entwick-

lung und den Verkauf von innovativen Spielen. Da die

Spiels wurde Livingstone vielfach geehrt und ausge-

drei Freunde anfänglich kaum Geld hatten, führten sie

zeichnet. So erhielt er 2006 den britischen Ritter­orden

ihr Geschäft von ihrer gemeinsamen Wohnung aus.

zweiter Stufe, 2011 ging es noch eine Stufe höher. Vor

Anfang der 1980er-Jahre folgte der zweite Coup:

Für sein Schaffen als Entwickler und Förderer des

Um Kunden zu gewinnen, verlegten sie ein klei-

allem aber hat Livingstone schon in frühen Jahren ge-

nes Magazin namens Owl and Weasel. Ein Exemplar

zeigt, dass auch Nerds erfolgreich sein können, wenn

der 200er-Auflage gelangte über Umwege in die USA

man sie tun lässt, was sie am liebsten tun. Beim jungen

und fiel Gary Gygax in die Hände. Dieser hatte so-

Livingstone war das nun einmal das Spielen. Da­rum

eben Dungeons and Dragons erfunden und schickte­

sein Rat an alle Menschen, nicht nur Kinder: Spielt!

den Magazin­herausgebern ein Exemplar. Der Rest

Wie, wo und was auch immer.


– Kurz & Bündig –

Als Richard Buckminster Fuller 1927 im Alter von 32 Jahren praktisch bankrott war und nach dem Tod einer seiner Töchter an Selbstmord dachte, rang er sich zu einem Entschluss durch. Sein Leben sollte

das experiment

künftig zu einem Experiment werden – mit hehrem Ziel: Er wollte herausfinden, wie viel ein Einzelner dazu beitragen kann, die Welt zum Nutzen der Menschheit zu verändern. Wie sich herausstellte: ziemlich viel. Als Architekt entwarf Fuller, der über sein Experiment akribisch Buch führte, neue Gebäudetypen, von denen die geodätischen Kuppeln oder «Domes» die grösste Bekanntheit erlangten. Zudem war er einer der ersten, der das Wirken der Natur als durchgängig systemischen Prozess unter wirtschaftlichen Prinzipien verstand. Dass Fuller den Begriff «nutzbare Synergien» entscheidend mitprägte, überrascht vor diesem Hintergrund kaum. In seinen späteren Jahren versuchte der Amerikaner, die

Text David Fehr

Menschheit mit Büchern wie «Bedienungsanleitung für das Raumschiff Erde» vor dem «kosmischen Bankrott» zu bewahren. Richard Buckminster Fullers Experiment endete 1983, mit seinem Tod.

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Wirtschaft

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– Kurz & Bündig –

über den wolken Der Kunde ist König, lautet der Leitspruch von Dienstleistern. In der Flugbranche ist der Eindruck ein anderer: Aufgegebenes Gepäck, Verpflegung, Platzwahl – immer häufiger müssen Passagiere für solche Dienstleistungen bezahlen. Die australische Qantas nahm mit Gebühren 2012 mehr als 50 Franken pro Passagier ein. Andere Gesellschaften setzen sich diesem Trend bewusst entgegen und bieten ihren Passagieren eine Vielzahl an Unterhaltungsmöglichkeiten, kostenlos. Dazu zählen längst nicht mehr nur Kopfhörer und Zeitschriften. Nebst Filmen, Games und Hörbüchern haben viele Airlines bereits Internet an Bord. So auch Emirates auf zahlreichen Flügen, was dem Unternehmen aus Dubai an den World Airline Awards den ­Titel für die beste Unterhaltung während des Flugs brachte. Für das sogenannte Inflight-Entertainment wollen die Fluggesellschaften bis 2018 jährlich 900 Millionen Dollar ausgeben. 2012 waren es 660 Millionen, berichtet IMS Research. Auch um die Wartezeit am Boden zu versüssen, wird das Angebot weiter ausgebaut. Die japanische Billigairline Peach etwa will ihr Unterhaltungsprogramm schon vor Abflug für Smartphones, Tablets

pepsi holt tote zurück

und Laptops anbieten. Einen anderen Weg geht Turkish Airlines: Sie will die seichte Unterhaltung durch «Invest on Board» ergänzen. Zusammen mit

Mandarin, die chinesische Hochsprache, gilt in China als unantastbares Kul-

der türkischen Unternehmerbörse eTohum wer-

turgut. Sie ist Identifikationsmerkmal und Statussymbol zugleich. Spielerei-

den in der Businessklasse­künftig Start-up-Ideen­

en werden im Chinesischen nicht gerne gesehen. Ausländische Unternehmen,

vorgestellt. Mit Pitches auf 10 000 Meter über

die vom riesigen chinesischen Absatzmarkt profitieren wollen, sind ange-

Meer dürfte die türkische Airline einer der Favori-

sichts von über 50 000 Schriftzeichen gefordert. Globale Absatzstrategien,

ten an den nächsten World ­Airline Awards sein in

die weltweit dieselben Produktenamen verwenden, sind in China fast nicht

der Kategorie «Beste Investment-Idee».

BK

umzusetzen. Chinesische Konsumenten fühlen sich nur mit einem Produktnamen in lokaler Schrift angesprochen. So prüfte Coca-Cola über mehrere Monate hinweg mehr als 40 000 Schriftzeichenkombinationen, bevor der Getränkehersteller offiziell als «Ke Kou Ke Le» auftrat. Dass eine wortwörtliche Übersetzung schief gehen kann, zeigt das Beispiel von Pepsi. Das Unternehmen liess seinen früheren Werbeslogan «Come alive with Pepsi» eins zu eins übersetzen. Wieder zurückübersetzt lautete der Slogan: Hole deine Vorfahren von den ­Toten zurück mit Pepsi. Verkaufsfördernd war das nicht. In der Regel gibt es drei Möglichkeiten, eine Bezeichnung in die chinesische Sprache zu übertragen: Der Markenn­ame kann phonetisch übersetzt werden. So heisst beispielsweise der Technologiekonzern Siemens in China Ximenzi, Nike tritt unter dem Namen Nai Ke auf. Eine andere Möglichkeit ist die Übersetzung nach Bedeutung. Volkswagen nennt sich in der Volksrepublik Dazhong Qiche, was soviel bedeutet wie Massenfahrzeug. Die dritte Variante ist eine Kombination aus den beiden ersten Varianten: eine phonetische und sinngemässe Übersetzung. Mercedes-Benz hat diesen Weg gewählt und nennt sich Benchi, was soviel bedeutet wie «der Rasende». Porsche nennt sich Baoshijie. Dieser Begriff suggeriert: Zeit und Geschwindigkeit ist garantiert. Der Lifthersteller Schindler wiederum nennt sich Xun da (ausgesprochen Schin da). Mit der Bedeutung – schnelle Ankunft –trifft der Lifthersteller voll ins Schwarze.

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Wirtschaft

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schere, Papier? stein, stein, stein Wer macht heute den Abwasch? Meldet sich niemand freiwillig, muss nicht selten ein Spielklassiker den Verrichter der unliebsamen Aufgabe bestimmen: Schere-Stein-Papier. Es lohnt sich, dem vermeintlich simplen Spiel mehr Beachtung zu schenken, denn Schere-Stein-Papier ist kein Glücksspiel, sondern eine hochgradig strategische Angelegenheit, quasi­ Schach mit den Händen. Zum Basiswissen gehört die Tatsache, dass unerfahrene männliche Spieler oft mit Stein beginnen, da sie ihn unbewusst mit Stärke assoziieren. Weiss man darum, sollte man selber zum Auftakt Papier spielen – und so in Führung gehen. Ein anderer wichtiger Punkt sind

und ihn dann richtig kontern. Falls man in diesem Dickicht

Serien:­Spielt jemand zweimal nacheinander Schere, wird er

aus taktischen Winkelzügen den Überblick verliert und

es selten ein drittes Mal tun. Er wird Stein oder Papier spie-

einem­in der Hitze des Gefechts nichts einfallen will, lautet

len; spielt man in dieser Situation selbst Papier, erhöht man

der Notfallplan: Papier. Denn wie statistische Auswertungen

die Siegeschance oder holt zumindest ein Unentschieden he­

zeigen, wird die Schere am seltensten gespielt. Fortgeschrit-

raus. Je nach Anspruch an die eigene Fairness können weitere

tene Spieler können sich an die sogenannten Gambits heran-

Tricks zum Einsatz kommen: etwa dem Gegner ankündigen,

wagen. Das sind drei erfolgreiche Spielzüge in Serie, die mit

was man spielt, und es dann tatsächlich tun – oder eben auch

strategischer Absicht getätigt werden. Zum Beispiel die Lawi-

nicht. Oder dem Gegner den nächsten Zug aufschwatzen­–

ne («The Avalanche»), bei der drei Mal in Serie Stein gespielt wird. Dieses Gambit ist rücksichtslos, radikal und widerspricht somit mancher Basisregel diametral. Vermutlich ist es genau deshalb umso schöner, wenn man den Gegner mit solch brachialer Gewalt zum Abwasch verdonnern kann.

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Google will mehr spielen Die ersten Jahre der Smartphone-Apps zeigten einen eindeutigen Gewinner: Apple, in dessen App Store der Grossteil der Milliardenumsätze erzielt wurde. Die Konkurrenz hat zwar den Auftakt verschlafen, doch sie holt auf. Das gilt allen voran für Google und seinen Marktplatz «Google Play». Gemäss dem Analysedienst Distimo sind dessen Umsätze innerhalb eines Jahres um zwei Drittel gestiegen, bei Apple betrug das Wachstum in der selben Periode nur 15 Prozent. Die wichtigere Voraussetzung, damit Google dem Marktleader Apple auf die Pelle rücken kann: Das Betriebssystem Android konnte seinen Marktanteil von unter 50 auf fast 75 Prozent steigern, Apples OS dagegen läuft auf nur gerade 18 Prozent der Smartphones. Dies ist nicht der einzige Angriff von Google auf Apple. Auch mit Google Play Music, Movies and Books will der Internetkonzern dem Marktführer Anteile streitig machen. Wird Google also als Sieger aus dem «Endspiel der Unterhaltungsindustrie» hervorgehen? In Bedrängnis hat sich Apple bislang immer etwas Neues einfallen lassen. Ob das auch ohne Mastermind Steve Jobs gelingen wird?

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– Kurz & Bündig –

GTa und die zwergenfestung Erwartungsgemäss war die Lancierung des Computerspiels Grand Theft Auto V (GTA V) ein Riesenerfolg: Kritiker überschlugen sich vor Lob und schon nach drei Tagen war die Milliardenumsatzgrenze geknackt. GTA V ist innerhalb kürzester Zeit zum erfolgreichsten Computerspiel aller Zeiten geworden. Angesichts der unglaublichen Verkaufszahlen geht gerne vergessen, dass es im Computerspieluniversum auch komplett diametrale Ansätze gibt, die nicht weniger faszinieren. Etwa das Fantasy-Strategiespiel «Dwarf Fortress», das von den Brüdern Zach und Tarn Adams programmiert wurde und wird. Die Simulation ist zwar kostenlos, verfügt jedoch über eine gewisse Selbstselektion, da die Komplexität mittlerweile höher sei als bei Software, die in der Luftfahrt zum Einsatz kommt, berichtet die New York Times. Dies ermögDass Spielspass nur bedingt

licht dem Spieler, wenn er denn mal mit dem Interface vertraut ist, die totale Kontrolle über sämtliche

von der Grafik abhängt, zeigt

­Abläufe der Simulation, bei der anfänglich sieben Zwergkolonien ums Überleben kämpfen. Im Gegensatz

Dwarf Fortress auf eindrück-

zu GTA, das eine möglichst realistische Grafik aufweist, erinnern die Pixel bei Dwarf Fortress eher an ab-

liche Weise. Um den Figuren Leben einzuhauchen, ­reichen ein paar Pixel. Mit

strakte Kunst: Das Spiel hat keine Grafik im eigentlichen Sinn, sondern verwendet nur Zeichen des ASCIIZeichensets. Der Einfluss auf die Game-Community ist dennoch nicht zu unterschätzen. So hat Markus

wenigen Pixeln begnügt sich

Persson, Erfinder des unglaublich erfolgreichen «Minecraft» kürzlich zugegeben, dass er sich bei Dwarf

auch Minecraft, dessen Erfin-

Fortress inspirieren liess, um es vorsichtig auszudrücken. Während Minecraft Millionenumätze generiert,

der sich von Dwarf Fortress

finanziert sich Dwarf Fortress durch Spenden, die den Lebensunterhalt der Gebrüder Adams sicherstel-

inspirieren liess.

len. Für sie ist das Spiel schon längst zur Lebensaufgabe geworden: Bis es fertig programmiert ist, soll es weitere 20 Jahre dauern. Die wievielte Version von GTA dann wohl auf dem Markt sein wird?

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Wirtschaft

DF


ein spiel für millionäre Wer glaubt, nur Dumme spielen Lotto, ist zwar nicht dumm, aber auch nicht so clever, wie er denkt. Dumm ist etwa, wer kaum Geld auf der Seite hat und dennoch jede Woche am Kiosk einen Lottoschein abholt. Denn Lotto ist ein Spiel für die Oberklasse,­ es passt eher zu White Turf und Cüpli als zu Fussball und Bratwurst. Diese Überlegung geht auf John L. Kelly Jr. zurück, Physiker­ und Texaner, in seinem Umfeld bekannt als Draufgänger und Revolverheld. Zusammen mit seinem Kollegen Claude Shannon hat er 1956 das Kelly-Kriterium aufgestellt, so etwas wie die Formel für das optimale Glücksspiel. Shannon ging mit der Formel und mit seinem Mathematiker-Kollegen Ed Thorp in Las Vegas zocken und wurde mit Blackjack reich. Thorp zog mit dem Kelly-­ Kriterium weiter an die Finanzmärkte, wo er sich als erfolgreicher Investor einen Namen machte. Auch andere Finanzgurus wie Warren Buffett oder Bill Gross stiessen zur «Kelly-Family» und sollen das Kriterium bis heute in ihre Entscheide einbeziehen. Wie also funktioniert diese Formel zu scheinbar unendlichem Reichtum? Lotterien bieten Spielern eine kleine Chance, mit wenig Einsatz viel Geld zu gewinnen. Die Frage ist, wie klein die Chance ist, wie gross der Gewinn und wie hoch der Einsatz sein soll. Genau diese Fragen beantwortet das Kelly-Kriterium. Man füttert die Formel mit Gewinn und Gewinnchance und erhält den Prozentsatz seines Vermögens, der zu investieren ist. Das klingt und ist einfach. Nur ist das Resultat in Bezug auf Lotto ernüchternd. Spielt man um den Allzeitrekord-Jackpot des Schweizer Lottos von 35 Millionen Franken und keiner tippt dasselbe wie man selber, braucht man laut Kelly über 75 Milliarden Franken auf der hohen Kante, bevor man sich den ersten Lottoschein kaufen sollte. Bei einem kleineren oder geteilten Jackpot können selbst die Superreichen nur noch verlieren. Lotto bleibt der Kaviar auf der Menükarte der Glücksspiele: elitär und selbst für die vermögende Elite oftmals nicht schmackhaft. Alle anderen bleiben besser bei der bewährten Bratwurst.

FS

Made in italy Was Kreativität und meisterliche Ausführung betrifft, ist Italien nicht nur in der Modebranche top, sondern auch bei Falschgeld. In der obersten Liga­ spielt eine Ortschaft in der Nähe von Neapel. Seit Einführung der Gemeinschaftswährung am 1. Januar 2002 wurden insgesamt 5,5 Millionen gefälschte Euro-Scheine im Wert von 400 Millionen sichergestellt. Und über die Hälfte davon stammt aus Giugliano, einem kleinen Städtchen im Nordosten Neapels. Unter dem Schutz der Camorra stellen Spezialisten dort Blüten her, die sich nur schwer von den Originalen unterscheiden lassen – und das nicht erst seit dem Ausbruch der Eurokrise. Seit einem Jahrzehnt sind die Fälscher in der Herstellung falscher Euros führend. «In Italien haben wir eine uralte Tradition der hohen Künste – und in Giugliano drucken sie eben Falschgeld», sagte Alessandro Gentili, der frühere Chef der AntiFalschgeld-Abteilung der italienischen Polizei, gegenüber der New York Times. Das Traditionsgewerbe der Geldfälscher kennt keine Rezession, im Gegenteil: Im ersten Halbjahr 2013 sind deutlich mehr Euro-Blüten in Umlauf gebracht worden als noch ein Jahr zuvor, vermeldete die Europäische Zentralbank (EZB). 317 000 gefälschte Euro-Scheine wurden sichergestellt. Dass die Notenpressen nicht nur bei der europäischen Notenbank sondern auch in Giugliano rotieren, beunruhigt EZB-Experten und die italienische Regierung gleichermassen. Man versucht zwar, gegen dieses lukrative Geschäft härter vorzugehen, doch der Erfolg hält sich in Grenzen – obwohl den Fälschern laut Gesetzbuch hohe Strafen drohen. «Wir verfolgen eigentlich immer wieder dieselben Personen», sagte ­Gentili weiter. «Es ist fast so wie ein endloses Katz-und-Maus-Spiel.»

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Voltaire trickst sich reich Den aufklärerischen Philosophen Voltaire kennt man in erster Linie für seine Gesellschaftskritik. Doch der Franzose war auch Unternehmer, und zwar einer der cleveren Sorte. Als er aus dem Exil in England zurückkehrte, traf er auf den Mathematiker Charles Marie de La Condamine. Dieser machte dem finanziell angeschlagenen Voltaire einen Vorschlag, den er nicht ablehnen konnte: Reich werden durch Glücksspiel. Der Hintergrund: Zu Beginn des 18. Jahrhunderts hatte die französische Regierung eine­Serie von Staatsanleihen ausgegeben, um Geld in die leeren Kassen zu spülen. Aufgrund der Rezession mussten jedoch die Zinsen gesenkt werden – folglich verkauften sich die Bonds nur schleppend. Um die Attraktivität der Anleihen zu erhöhen, griff der französische Finanzminister zu einem Trick: Zu jedem Bond gab es ein Lotterieticket, das 1/1000 des Anleihenwertes kostete. Die Gewinner erhielten den Originalwert ihres Bonds, der höher lag als der Marktwert, plus einen Jackpot von 500 000 Livres. Ein Riesenbetrag, kostete ein Mittagessen damals etwa ein Livre, eine Druckerpresse schlug mit etwa 300 Livres zu Buche. Was der Finanzminister nicht bedachte: Ein Bond mit tiefem Wert berechtigte genauso zu einem Lotterieticket wie einer mit hohem Wert. Das bedeutet, dass man die Chance auf den Lottogewinn mit vielen billigen Bonds massiv erhöhte. Genau das machten sich de La Condamine, der damals bereits ziemlich wohlhabend war und sein Gesicht für die Aktion nicht hergeben wollte, und Voltaire zunutze. Um nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, bestachen sie sogar einen Notar, der ihnen fortan die Lotto­scheine ausstellte. Dass sie doch aufflogen, war Voltaires Schuld. Wie damals üblich, notierte auch er Sätze auf der Rückseite der Tickets. Doch nicht irgendwelche, sondern solche, die sich über das französische Regime lustig machten, gezeichnet mit Fantasienamen. Die Regierung kam dahinter und zerrte das Syndikat vor Gericht. Da sie nichts Illegales getan hatten, ­durften sie das Preisgeld behalten, doch die Lotterie wurde daraufhin eingestellt. Voltaire konnte es egal sein: Er war um 500 000 Livres reicher und nutzte das Kapital für Investitionen, bei denen er von Informationsvorsprüngen profitierte – heute ­würde man von Insiderinformationen sprechen. Dadurch wurde er noch reicher und konnte fortan – ohne lästige­Geldsorgen im Nacken – schreiben und kritisieren, was und wen er wollte.

Du bist der Stift Wer rennt das schönste Herz, wer den rundesten Kreis, wer die geradeste Linie? So oder ähnlich lauten die Aufgaben, ­denen sich die Anhänger des «Figure Running» stellen. Dazu suchen sie auf Landkarten nach passenden Stellen, die das Rennen der gewünschten Figur ermöglichen. Als Stift fungieren die Figure Runner selber, aufgezeichnet wird per GPS-Sender. Das Bild, das sich daraus ergibt, stellen sie ins Internet und lassen es von der Community bewerten – so weit, so normal im Internetzeitalter. Wenn da nicht die unglaublich ambitionierten Ziele der Figure Runner wären: Neuerdings wollen sie olympisch werden, und das schon bei den Sommerspielen­ in Rio de Janeiro 2016. Ernsthafte Chancen bestehen wohl kaum, auch wenn die Hauptanforderung – Ausübung in einer grossen Anzahl Staaten – dereinst durchaus erfüllt sein könnte. Die Olympischen Spiele wollen zwar moderner werden, doch wie Figure Running zu einem Wettkampf mit objektiver Vergleichsmöglichkeit der Leistung werden soll, wird auch die modernste Zeit nicht erklären können. So bleibt den Figure­Runnern bis auf Weiteres nichts anders übrig, als im Netz um Anerkennung unter ihresgleichen zu buhlen.

16

Wirtschaft

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18

Wirtschaft



– Thema –

W

enn ein Begriff ein Eigenleben

Jahrhunderts­nach einer Methode suchte, Esswaren für

entwickelt, verwässert seine Bedeutung, und schon bald

seine Armee haltbar zu machen, schrieb er einen lan-

weiss niemand mehr, wofür er eigentlich steht. So er-

desweiten Erfinderwettbewerb aus – nach Callois’ Defi-

ging es auch der «Gamification», die im Deutschen un-

nition eine Form des Spiels und analogen Crowdsour-

gelenk mit «Gamifizierung» oder gar «Spielifizierung»

cings. Stattdessen hätte Napoleon auch Wissenschafter

übersetzt wird. «Gamification ist die Übertragung

mit der Erfindung beauftragen können, aber das hätte­in

Der französische Philosoph und

von spieltypischen Elementen in spielfremde Zusam-

jedem Fall Geld gekostet – und nicht zwangsläufig­zum

Soziologe Roger Caillois defi-

menhänge mit dem Ziel der Verhaltensänderung und

Erfolg geführt. Denn die Konservendose, die bis heute

nierte vier spieltypische Ele-

Motivationssteigerung bei Anwenderinnen und An-

die Supermarktregale füllt, erfand schliesslich nicht et-

wendern», lautet die Definition im Gabler Wirtschafs-

wa ein hochdotierter Physiker oder Chemiker, sondern

lexikon. Der Ausdruck «spielfremde Zusammenhän-

Nicolas Appert, ein gewöhnlicher Konditor aus Paris.

ge» macht klar, warum Gamification breit interpretiert

Die Mondo-Sammelpunkte, denen die halbe Schweiz in

werden kann: Sie kann theoretisch überall zum Einsatz

den 1980er-Jahren nachrannte, setzten ebenso auf den

kommen; alles, was nicht bereits ein Spiel darstellt, ist

Spieltrieb wie heutige Loyalitätsprogramme etwa von

«spielfremd» und kann somit durch spielerische Ele-

Migros (Cumulus), Coop (Supercard) und Swiss (Miles

mente bis zu einem gewissen Grad gamifiziert werden.

and More) – und zählen somit zu ­Gamification.

Unter «spieltypischen Elementen» dagegen ver-

steht der französische Soziologe und Philosoph Roger

Megatrend Spielen Gamification-Ansätze haben sich

Caillois vier Eigenschaften, von denen mindestens ei-

in den letzten Jahren stark verändert. Verantwortlich

ne auf jedes von Menschen gespielte Spiel – sei es nun

dafür sind besonders zwei Entwicklungen. Einerseits

Dökterlis, Schach, Fussball oder der neuste Egoshooter

der Aufstieg der Gameindustrie: In nur gerade drei

– zutrifft: Wettbewerb, Zufall, Maske – die Möglichkeit,

Jahrzehnten wandelten sich Games vom Zeitvertreib

jemand anders zu sein – und schliesslich Rausch. Mit

für Loser zum erfolgreichsten Unterhaltungsmedium­

Ausnahme des Profisports sind aus der Wirtschaft be-

überhaupt; 2012 haben sie umsatzmässig sogar der

kannte Anreizsysteme wie Boni oder Prämien im Spiel

Filmindustrie den Spitzenrang abgelaufen. Auch die

unüblich. Spielende sind zumeist intrinsisch motiviert,

weiteren Aussichten sind gut. Das Beratungsunterneh-

sie spielen um des Spielens und, je nach Spiel, des Sie-

men PricewaterhouseCoopers prophezeit der Branche

gens willen. Ähnlich wie bei anderen Säugetieren steckt

2014 einen Umsatz von 86 Milliarden Dollar. Seit Ga-

der Spieltrieb tief in der menschlichen DNA und ist Vo-

men zum Volkssport wurde, hat sich auch seine Wahr-

raussetzung fürs Lernen (siehe Kasten S. 22). Nun ist

nehmung verändert, es gilt heute als cool. Das denken

aber nicht alles im Leben ein Spiel. Erwerbsarbeit bei-

nicht nur männliche Teenager, sondern Menschen

spielsweise steckt uns nicht in den Genen und ist ge-

quer durch alle Altersklassen, Schichten – und Ge-

mäss obiger Definition ein «spielfremder Zusammen-

schlechter. Eine Studie der Gesellschaft für Konsum-

hang». Was passiert nun, wenn man Arbeit und Spiel

forschung in Deutschland kam 2011 zum Schluss, dass

zusammenbringt, die Arbeit «gamifiziert»? Im Idealfall

rund 44 Prozent der Gamer weiblich sind.

ist sie dann derart gestaltet, dass sie allein durch Spass

motiviert, an die Firma bindet und zu Höchstleistungen

breitung von Smartphones und des mobilen Inter-

anspornt – im Extremfall sogar ohne Lohn und Bonus.

nets. Obwohl Gamification sämtliche Bereiche des Le-

Der Begriff Gamification trat zwar erst 2010 ins

bens betreffen kann – explizit auch analoge –, baut eine

Licht der Öffentlichkeit, doch die dahinterliegen-

Vielzahl der Anwendungen auf Apps auf, die ein Smart-

den spielartigen Mechanismen sind uralt und werden

phone erfordern. Gemäss der Smartphone-Studie 2013

schon seit Jahrhunderten eingesetzt. Als etwa der fran-

von Google Insights ist die Marktdurchdringungsrate

zösische Feldherr Napoleon Bonaparte Ende des 18.

in der Schweiz in nur drei Jahren von 34 auf 54 Prozent

20

Wirtschaft

Die zweite wichtige Entwicklung war die Ver-

mente, von denen mindestens eines auf ­jedes von Menschen gespielte­Spiel zutrifft: Wettbewerb, ­Zufall, Maske und Rausch.


ab. Inzwischen hat Gamification Phase 4 erreicht, den «Pfad der Erleuchtung»: Eine erste Bereinigung hat stattgefunden, die Einschätzungen bezüglich Möglichkeiten und Grenzen der Technologie wurden der Realität angepasst. Heute scheint allen klar, dass Gamification kein Wundermittel ist, damit die Mitarbeiter ständig lächeln und die Umsätze durch die Decke schiessen. Breites Einsatzspektrum In ihrem Buch «Die verspielte­ Gesellschaft» unterscheidet die deutsche Zukunftsforscherin Nora Stampfl vier Bereiche, in denen Gamification eingesetzt werden kann. «Unternehmen» können sie nutzen, um ihren Absatz zu steigern, ihre Wahrnehmung zu verbessern oder ihre internen Prozesse benutzerfreundlicher zu gestalten. Beim «Crowdsourcing» geht es darum, schnell und kostengünstig an grosse Datensätze zu gelangen oder gemeinsam komplexe Aufgaben zu lösen. Der Bereich «persönliche Lebensführung» umfasst Gesundheit, Finanzplanung und den Alltag. ­Unter «Nachhaltigkeit» schliesslich fallen humanitäre­ Hilfe sowie Energie und Umwelt. Doch Gamification funktioniert nicht überall gleich gut.

«Gamification funktioniert vor allem dann, wenn

­gewachsen – Tendenz weiterhin steigend. In Südkorea

man eine Aufgabe sowieso erledigen muss oder will»,

oder Singapur beträgt sie schon heute über 70 Prozent.

sagt Jeremy Spillmann, Gamedesigner bei der Zürcher

Zusammen haben diese beiden Entwicklungen

Full-Service-Agentur Feinheit. Als Beispiel nennt er die

zu einer dritten geführt. «Die Möglichkeit, jederzeit on-

App «Epic Win», eine gamifizierte To-Do-Liste aus dem

line zu gehen, hat eine neue Form von Spielen hervor-

Bereich «Persönliche Lebensführung». Man wählt einen

gebracht», sagt René Bauer, Dozent für Game Design an

Avatar, erstellt die Liste und verteilt Punkte für die ein-

der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK). «Früher

zelnen Aufgaben. Sind sie erledigt, ertönt Jubel, der Ava-

war das Ziel des Entwicklers, den Spieler möglichst lange

tar erhält Punkte und wird stärker. Spielerisch den inne-

am Stück vor dem Bildschirm zu halten. Heutige Games

ren Schweinehund zu überwinden ist auch das Ziel von

dagegen zerlegen diesen Prozess in viele kleine Häpp-

diversen Apps, die ihre Nutzer zu mehr sportlicher Akti-

chen: Man pflanzt morgens den Samen, giesst mittags

vität und einem gesünderen Lebensstil verhelfen wollen.

die gesprossene Pflanze, abends erntet man die Frucht. Insgesamt ist man keine halbe Stunde mit dem Spiel beschäftigt, aber man hat es den ganzen Tag im Hinterkopf. Motivationstechnisch funktioniert das sehr gut.» Die ehemals klare Trennlinie zwischen Spiel und Alltag löst sich allmählich auf, die beiden vermischen sich.

Seit Gamification 2010 erstmals in den Google

Trends auftauchte und zu einem Buzzword wurde, folgt sie dem Hype-Zyklus für neue Technologien und Konzepte, den die Gartner-Beraterin Jackie Fenn 1995 beschrieb. Phase 1, der «technologische Auslöser»: Spiele­ wurden zum erfolgreichen Unterhaltungsmedium.

PUNKTmagazin Spielen

Phase 2, «Gipfel der überzogenen Erwartungen»: Unter-

nehmen wittern wie auch immer geartete Gewinnchan-

kaum ohne Wettbewerb aus. Punkte für erledigte Auf-

cen oder fürchten, die Zukunft zu verpassen, und sprin-

gaben, Workouts oder vegetarische Kalorien sind zwar

gen als Trittbrettfahrer auf das Trendthema auf. Hastig

schön und nett, ihre Motivationswirkung erschöpft

wurden Apps entwickelt, Punktesysteme entworfen und

sich aber oft schon nach wenigen Tagen, wenn man sich

Highscore-Balken in die Firmensoftware eingebaut, oh-

nicht mit anderen messen kann. Dies geschieht häufig

ne klare Vorstellungen, was man damit genau bezweckte.

in Form eines sichtbaren Status, der direkte Vergleiche

Als die Verantwortlichen merkten, dass ein paar wenige,

und somit eine Rangordnung der Spieler erlaubt. Um

zudem häufig schlecht umgesetzte Gamification-Ele-

die Überschaubarkeit zu wahren, wird oft auch mit ein-

mente erstens noch kein Spiel ausmachen und zweitens

zelnen, klar definierten Aufgaben gearbeitet, sogenann-

nicht ausreichen, um das Verhalten des Spielers lang-

ten Quests. Diese werden anspruchsvoller, je besser der

fristig zu verändern, landete Gamification in der Phase

Spieler wird. Spannend wird es, wenn das Spiel nicht ein-

3, dem «Tal der Enttäuschungen». Pilotprojekte wurden

fach in sich funktionieren soll, sondern einen grösse-

wieder eingestellt, die Medienberichterstattung flachte

ren Zweck anstrebt, den die Spieler nur gemeinsam44

Wie viele Spiele selbst kommt auch Gamification

Wirtschaft

21


Spielen – das älteste Kulturphänomen der Welt

22

Es gibt unzählige Theorien, warum Menschen

sich nicht an diese Regeln hält, gilt als Spiel-

des ihnen zugedachten Spielfelds, brechen

und Tiere gleichermassen spielen. Von einem

verderber. Finden sich gleichgesinnte Spielver-

Wirtschaftskrisen aus, ähnlich wie die um-

Ventil für überschüssige Energie ist die Rede,

derber zusammen, gründen sie womöglich ei-

liegenden Fensterscheiben brechen bei ei-

vom Nachahmungstrieb, vom Spiel als Übung

ne neue Spielgemeinschaft mit neuen Regeln:

nem wilden Fussballspiel. Staaten gehen fak-

und Vorbereitung auf den Ernst des Lebens,

Denn Spielende, so Huizinga, strebten stets

tisch Pleite, geschehen in Griechenland, und

von Entspannung und zugleich Lust, sich mit

nach einer dauerhaften Gemeinschaft, was die

der Vorwurf des Kasinokapitalismus wird laut

anderen, auch am Computer, zu messen. Doch

Vielzahl der Mannschaftssportvereine und den

– kein Zufall, wenn man die Verwandtschaft

Spielen ist viel mehr als das, inzwischen gilt es

Erfolg von Internetspielen gleichermassen­er-

der Wirtschaft mit dem Spiel betrachtet. Eben-

als eine der Grundlagen der menschlichen Zi-

klärt. Jedes Spiel ist eine eigenständige Welt,

so ist es kein Zufall, dass Terminkontrakte

vilisation. Nachgewiesen hat dies als erster

in der Gesetze und Bräuche des gewöhnlichen

nicht selten als Wetten auf künftige Preise be-

der niederländische Kulturhistoriker Johan

Lebens keine Geltung haben. Wer spielt, vom

zeichnet werden. Den Wettkampf gibt es aber

Huizinga im Jahr 1938. Seine Untersuchung

Rollenspiel über Poker bis zum Egoshooter,

nicht nur im Sport und in der Wirtschaft, ihn

des Spielens quer durch Jahrtausende und

muss sich neu erfinden. Eng mit dem Spiel ver-

gibt es auch im Wissen und Denken. Wer hat

Kulturen, «Homo Ludens», gilt nach wie vor

bunden ist der Begriff des Gewinnens. Gewin-

das bessere Argument, wer kann seine Gedan-

als Standardwerk auf dem Gebiet und ging im

nen heisst «im Ausgang eines Spiels sich als

ken in überzeugendere Worte hüllen, wessen

deutschen Sprachraum im Mai 2013 in die 23.

der Überlegene erweisen», was mitunter Anse-

Ansicht setzt sich durch – das Spiel um Mei-

Auflage. Formal definiert Huizinga das Spiel

hen, Selbstbewusstsein und Prestige des Sie-

nungshoheit ist nichts anderes als die Wurzel

als eine freie Handlung. Und zieht gleich dar-

gers steigert – allesamt Elemente, die auch aus

sowohl der Philosophie als auch des Rechts.

auf den Gegensatz: «Befohlenes Spiel ist kein

dem wirtschaftlichen Kontext nicht wegzuden-

Und noch eine Sphäre ist vom Spiel nicht un-

Spiel mehr» – wodurch er den heutigen Pro-

ken sind. Grund dafür ist, dass auch die Prinzi-

berührt geblieben: das Schlafzimmer. Übertra-

fisport in ein düsteres Licht rückt. Das Spiel

pien der Wirtschaftswelt dem Spiel entstam-

gen aus dem Sanskrit bedeutet kridaratnam

steht ausserhalb des alltäglichen Lebens, es

men. Wagnis, Wettbewerb, Leidenschaft und

«Juwel der Spiele» und meint die sexuelle Er-

ist wiederholbar, zeitlich und räumlich be-

Gewinnaussicht sind Triebkräfte zugleich im

füllung. Der Weg dazu ist mit allerlei Hinder-

grenzt – was auch für den digitalen Raum gilt

Spiel und in der Wirtschaft. Spielen die Wirt-

nissen, Überraschungen und Spannungsele-

–, in seinem Kern steckt stets ein Spannungs-

schaftssubjekte, etwa Investmentbanker, aber

menten gepflastert und nennt sich, wiederum

element und es folgt bestimmten Regeln. Wer

zu hart und überschreiten dabei die Grenzen

kein ­Zufall, Vorspiel.

Wirtschaft


4 4 ­erreichen können. Man sprich von einem «Epic Me-

zu ­finden zwischen Spiel und Lernen», sagt Zumbühl.

aning», das nur durch «Community Collaboration», also

Man will etwas vermitteln – Rücksicht im Strassenver-

in Zusammenarbeit, erreicht werden kann.

kehr –, darf aber gleichzeitig den spielerischen Aspekt

nicht vernachlässigen, da es ja trotz allem ein Spiel sein

Dass Gamification auch in ernsteren Kontex-

ten einsetzbar ist, zeigt die App «Pain Squad», die in ei-

soll. Zumbühl: «Es ist immer eine Gratwanderung.»

nem Kinderkrankenhaus in Toronto genutzt wird. An

Krebs erkrankte Kinder sind nach der Chemothera-

reich ist: Die Messung des tatsächlichen Erfolges ist

pie zu erschöpft, um ein Schmerztagebuch zu führen.

praktisch unmöglich. «Wir haben zwar exakte Daten, wie

Das ist jedoch die Voraussetzung, damit die Medikation­

häufig das Spiel von wem gespielt wird, aber ob im All-

­optimal auf die Bedürfnisse der kleinen Patienten ab-

tag ein Lerneffekt entsteht, können wir nicht nachwei-

gestimmt werden kann. Pain Squad macht das Führen

sen», gibt Zumbühl zu bedenken. Spielen und statisti-

des Schmerztagebuchs zum Spiel: Die Kids sind Teil ei-

sche Messbarkeit – das passt nur schwer zusammen. «Im

ner Spezialeinheit der Polizei, die den Gangstern in

Grunde schliessen sich beide gegenseitig fast aus. Spie-

Form von Schmerzen an den Kragen will. Hierfür erhal-

len basiert auf Abwechslung und Reaktion auf Änderun-

ten sie zweimal täglich Aufträge aus dem Hauptquar-

gen der Spielwelt, wissenschaftliche Erkenntnisse auf

tier, bei deren Erfüllung auf spielerische Weise die ak-

genauer Reproduktion gleichbleibender Versuchsanord-

tuelle Schmerzsituation erfasst wird. Dies kommt nicht

nungen», ergänzt Spillmann. Nichtsdestotrotz sind Spill-

nur dem einzelnen Patienten zugute, sondern erhöht

mann und Zumbühl überzeugt, dass Gamification viel

die Datenbasis, was in Stampfls Kategorisierung in den

bewirken kann – und es auch weiterhin tun wird.

Doch selbst wenn sie gelingt und das Spiel erfolg-

Bereich Crowdsourcing fällt. Auch der Schulunterricht lässt sich gamifizieren.

Vier von fünf scheitern Diese Meinung teilen nicht

«World of Classcraft» nennt sich das Spiel von Shawn

alle. Einer der schärfsten Kritiker der Gamification ist

Young, in dem der Schulalltag zum Rollenspiel wird:

der US-Amerikaner Ian Bogost, auch er ein Gamede-

Hausaufgaben werden zu Monstern, Tests zu Endgeg-

signer. «Gamification is bullshit», heisst sein vielzi-

nern, die es zu schlagen gilt; wer zu spät kommt, kriegt

tierter Aufsatz, in dem er am Konzept kein gutes Haar

Punkte abgezogen, wer einen Fehler in den Lehrunter-

lässt. «Gamification ist Marketing-Bullshit. Erfunden

lagen entdeckt, kriegt Bonuspunkte. Sogar in der Aids-

von Beratern als Mittel, um das wilde und begehrte­

forschung konnte Gamification helfen. So haben die

Biest namens Videogames in der Welt des grauen

User von Foldit, einem wissenschaftlichen Computerspiel, in nur drei Wochen ein Enzym des tödlichen Virus’ entschlüsselt, was Wissenschaftern davor während Jahrzehnten nicht gelang. Das Wichtigste ist die Balance Ungemein schwieriger ist es, jemanden mit einem Spiel auf ein Thema aufmerksam zu machen, das ihn per se nicht unbedingt interessiert. Themen, die wichtig sind, aber halt nicht lustig – das klingt nach NGO. «NGOs haben gemerkt, dass es je länger je weniger reicht, nur auf ein Problem aufmerksam zu machen. Damit sie in der heutigen Informationsflut wahrgenommen werden, müssen sie etwas bieten – zum Beispiel eben ein Spiel», sagt Moritz Zumbühl, Mitbegründer und CEO von Feinheit. Die Zürcher Firma betreibt seit etwa zwei Jahren eine eigene Gameabteilung, die von Gamedesigner Spillmann geleitet wird. Daraus hervorgegangen ist unter anderem «Meet the Street», ein Spiel für den Verband «Fussverkehr Schweiz». Die Aufgabe des Spielers ist es, aus der Vogelperspektive den Fussgänger- und Autoverkehr so zu regeln, dass es zu keinen Unfällen kommt. Genau wie im richtigen Leben gibt es verschiedene Typen von Fussgängern – Kinder,

PUNKTmagazin Spielen

Alte, Hastige, Abgelenkte – und Autofahrern, nämlich

und hoffnungslosen Big Business zu domestizieren.»

Raser und Langsamfahrer. «Die wichtigste und zu-

Zähne­knirschend anerkennt Bogost deren Cleverness:

gleich schwierigste Aufgabe ist es, die richtige Balance

«Die rhetorische Kraft des Wortes Gamification ist44

Wirtschaft

23


4 4 enorm und sie macht genau das, was die Bullshitter

­indem die verbrannten Kalorien angezeigt werden und

wollen: Sie nimmt Spiele – ein mysteriöses, magisches

ein Fortschritt ersichtlich wird», sagt Bauer. Ein gutes

und mächtiges Medium – und macht sie zugänglich für

Spiel brauche eine Story, die wachse und so den Spieler

die Nutzung im Alltagsgeschäft.» Seine Kritik bezieht

langfristig binde. Ein Kriterium, das viele gamifizierte

sich in erster Linie auf Unternehmen, die Gamification

Anwendungen nicht erfüllen.

im Verkauf oder für die Mitarbeitermotivation einset-

zen. Was Bogost freuen dürfte: Eine Gartner-Studie

licher. «Gamification beutet den Spieltrieb aus», sagte

prophezeit, dass vier von fünf Gamifizierungsversu-

der emeritierte Professor für Volkswirtschaftslehre un-

chen scheitern werden, auch wenn das Konzept insge-

umwunden gegenüber der Computerwoche. Wie Bogost

samt eine erfolgreiche Zukunft vor sich haben dürfte.

sieht er in ihr hauptsächlich ein Instrument, um den

Der Einwand von Manfred Holler ist grundsätz-

Auch René Bauer von der ZHdK sieht nicht nur

Produktabsatz zu erhöhen. «Sie verschiebt Angebot und

Positives: «Viele Gamifizierungen sind nicht gut ge-

Nachfrage zugunsten des Angebots.» Noch skeptischer

macht. Ein Highscore und ein sich aufladender Balken

ist er gegenüber ihrem Einsatz in der Arbeitswelt. «Das

«Gamification is bullshit», sagt

machen noch lange kein Spiel aus.» Doch der Game­

Bewusstsein von Ort und Zeit geht beim Spiel verloren.

der Gamedesigner Ian Bogost.

design-Dozent sieht neben schlechter Umsetzung noch

Man steht im Wettbewerb mit sich selbst: Heute schaf-

Konzipiert von Marketingmen-

eine grössere Gefahr, mitunter auch für sein eigenes Be-

fe ich mehr als gestern.» Dazu schrieb er bereits 1981:

tätigungsfeld. «Spiele sind ja geradezu dafür geschaf-

«Die Transformation der Arbeit in ein Spiel scheint ein

fen, keinen Einfluss auf das reale Leben zu haben. Wenn

mögliches Konzept, die tägliche Arbeit als eine ‹Quelle­

man immer und überall spielt, wo spielt man dann noch

des Glücks› zu gestalten. Vielleicht müssen wir eines

wirklich?» Er stellt zudem ein grosses Fragezeichen hin-

Tages Eintritt zahlen, um arbeiten (spielen) zu dürfen.»

ter den langfristigen Nutzen vieler gamifizierter An-

Davon profitiere nicht der Arbeitnehmer, sondern vor

wendungen. «Viele Ideen sind anfangs ganz lustig, aber

­allem der Arbeitgeber.

wenn der Neuigkeitswert weg ist, was bleibt dann noch?»

Wie dieser Mechanismus funktioniert, veranschaulicht die amerikanisch-israelische Beratungsgesellschaft WikiStrat, nach eigenen Angaben die erste crowdgesourcte Beratungsfirma der Welt. WikiStrat unterhält ein weltweites Netzwerk aus Experten. Diese erhalten Aufträge, die sie bearbeiten und anschliessend zur Diskussion stellen. Die Lösung mit den meisten Stimmen gewinnt und der Berater wird bezahlt und kann sich im Expertenranking verbessern – alle anderen gehen leer aus. Es ist wenig verwunderlich, dass WikiStrat ihre Beratungsleistungen weit unter den üblichen Marktpreisen anbietet und nach eigener Aussage etablierten Beratungsfirmen Aufträge wegschnappt. Spiele werden bleiben Wie ein gamifiziertes Arbeitsumfeld aussehen kann, zeigt ­«Nitro for Salesforce», ein Tool für Verkäufer der US-amerikanischen Firma Bunchball, die nach eigener Aussage nicht nur «Leader in Gamification» ist, sondern die Indus­ trie 2007 ins Rollen brachte. Die Software soll dank Game-Mechaniken die Motivation der Mitarbeiter erhöhen, was zu höherem Produktwissen, besserer Feedbackkultur, mehr Kollaboration und schlussendlich zu einer besseren Performance und mehr Gewinn führe. Im Grunde macht das Tool

Als Beispiel nennt Bauer «Pianotreppen». Die

aber nichts anderes als spielerisch darzustellen, was

Stufen dieser Treppen stellen Klaviertasten dar und

im Verkauf schon immer gemacht wurde: eine knall-

spielen beim Betreten Töne ab, was die Passanten da-

harte Rangordnung nach erzieltem Umsatz. Dass die

zu anregen soll, zu laufen statt die Rolltreppe zu benut-

besten «Spieler» durch ihr Konterfei auf dem Leader-

zen. Beim ersten Mal laufe man als Besucher des Ein-

board zusätzlich motiviert werden, mag sein. Aber er-

kaufszentrums vielleicht sogar auf und ab, auch beim

höht es auch die Motivation des Angestellten, der regel-

zweiten oder dritten Mal. Aber dann? «Um langfristig

mässig das Schlusslicht bildet? Manfred Holler spricht

zu wirken, müsste ein Effekt entstehen. Zum Beispiel,

von «altem Wein in neuen Schläuchen». Unternehmen

24

Wirtschaft

schen, um mit der magischen ­Anziehungskraft von Spielen Kasse zu machen.


versuchten, mit möglichst wenig Einsatz möglichst viel herauszuholen. Daran ändere auch ein gamifiziertes Umfeld nichts.

– O-Ton –

Die Vorstellung einer durch und durch gamifi-

zierten Welt kann Ängste wecken. Nicht so bei Gabe Zichermann, einem wahren Gamification-Fanatiker, der mit einer interessanten Theorie aufwartet: «Games verändern nicht die Welt, sondern die Menschen.» Ein Prozess, der mit dem Aufkommen von Videogames in den 1980er-Jahren seinen Anfang genommen und die aktuelle Generation Y hervorgebracht habe. Sie sei derart vom Spielelement und technologischen Gadgets besessen, dass ein Zurück schlicht nicht denkbar sei. «Feedback, Friends and Fun» lauten die dazugehörigen Schlagworte. Und das sei erst der Anfang, wenn man bedenke, in welchem technologischen Umfeld Kleinkinder heute aufwachsen. Als Beispiel nennt Zichermann das iPad, das selbst die Kleinsten bedienen können, als wären sie damit geboren. Dieser Interpretation widerspricht René Bauer: «Zweijährige Kinder können Tablets bedienen, weil diese für sie konzipiert sind.» Statt zu mehr Affinität führe die Gestensteuerung in Wirklichkeit nur zu einer weiteren Entfremdung von der

Gazprom ist ein

topseriöser Sponsor, der nicht

anders wirtschaftet als ein Schweizer KMU.

Technik. Während man früher immerhin noch eine Diskette ins Laufwerk schieben musste und den Computer arbeiten hörte, seien heutige Geräte eine komplette Black Box. Was sich dahinter abspiele, davon habe­ der Durchschnittsuser weniger Ahnung denn je.

Ob sich Patrick Neuenschwander, Organisator der Tonhalle-Reihe ­

«Classical Highlights», mit obiger Aussage etwas gar weit aus dem Fenster gelehnt hat? Denn anders als Gazprom sind Schweizer KMU nicht Hauptsponsor der Champions-League, des wichtigsten Fussball-Ligawettbewerbs überhaupt. ­Anders als Gazprom engagieren Schweizer KMU keine ehemaligen deutschen Bundeskanzler,­damit sie fortan ihre Energieinteressen in Europa vertreten.

Der Gamification ergeht es zurzeit nicht unähn-

Schweizer KMU ­haben in der Regel auch nicht die geballte Macht des Staats­

lich. Dennoch ist anzunehmen, dass sie auch in den

apparats hinter sich, der unliebsamen Wettbewerbern bei Bedarf das Leben

nächsten Jahren ein dominanter Trend bleiben und

schwer macht.

die fünfte, letzte und entscheidende Stufe von Gartners

Grund für Neuenschwanders Aussage im Tagesanzeiger war der Protest der

Hype-­Zyklus erreichen wird, das «Plateau der Produkti-

Umweltschutzorganisation Greenpeace gegen die von ihm organisierte und

vität». Will heissen: Die überzogenen Erwartungen sind

von Gazprom gesponserte Veranstaltung. Der in einer Öllache sterbende

definitiv Vergangenheit, dafür wird der wahre Nutzen

Schwan sollte dem russischen Konzern den Spiegel vorhalten für sein ökolo-

der Technologie erkannt und anerkannt. Es bleibt zu

gisch eher unzimperliches Verhalten.

•••

hoffen, dass es langfristig nicht nur «Bullshitter» sind,

•••

die den Spieltrieb erfolgreich für ihre Zwecke zu nut-

Liebhaber klassischer Musik sollen verwirrt gewesen sein und der Organisator­

zen wissen, sondern auch «Weltverbesserer». Wenn die

hätte sich sogar ein härteres Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten

Menschheit mithilfe spielerischer Ansätze weniger

gewünscht: «In solchen Fällen sollte man ohne langes Federlesen aufräumen.»

Energie verbraucht, mehr Sport treibt oder im Strassen-

Vielleicht etwa so wenig Federlesen, wie der russische Präsident Wladimir

verkehr mehr Verständnis zeigt – wer sollte etwas dage-

­Putin seinerseits an den Tag legte beim Umgang mit dem Schweizer Green-

gen einzuwenden haben?

peace-Aktivisten Marco Weber, der der ­Piraterie angeklagt monatelang in ei-

nem russischen Gefängnis­schmorte.

Wie aber wird es dabei dem Spieltreib, dem bio-

logischen Vater der Gamification, ergehen? Einige

•••

Kritiker befürchten, dass Gamification ihn zerstören

Gegen Kaution von 56 000 Franken kam Weber schliesslich frei, die Anklage aber

könnte. Diese Sorge scheint im Moment unbegründet

bleibt bestehen. Teilweise habe er 15 Stunden nichts zu Essen bekommen, sagte

– unser Spieltrieb ist schlicht zu stark.

er gebenüber 10 vor 10. So schmeckt wenig Federlesen nach russischer Art.

PUNKTmagazin Spielen

Wirtschaft

25


– Wirtschaft –

die künstlich künstliche intelligenz Text Simon Jacoby

Im 18. Jahrhundert versetzte ein Schach spielender Roboter Europa in helle Aufregung. Doch was hat er mit Amazons virtuellem Arbeitsmarkt für Kleinstaufgaben zu tun?

die Aufgabe in viele kleine Einheiten, soge-

beträgt ­38 000 Dollar.­ Zwingend nötig ha-

nannte «Human Intelligence Tasks» (HITs).

ben die Worker das Geld von Amazon also

Die Worker wählen passende Arbeiten aus und

nicht. Das ist auch gut so, denn auf MTurk

erledigen sie.

lässt sich zwar Zeit vertreiben, aber nicht viel Geld verdienen. Für fast 70 Prozent

Korrigieren, Transkribieren, Fehler finden

von ihnen ist das Bearbeiten von HITs ei-

Das Registrierungsverfahren scheint ein-

ne Möglichkeit, ihre Freizeit totzukriegen.

fach: Ich gebe Kontaktdaten und Mailadresse

Weniger als jeder Zehnte verdient 50 Dollar

ein und wähle ein Passwort. Nachdem mir ei-

oder mehr pro Woche.

ne schöne Grafik den Ablauf von Arbeit und

Bezahlung aufzeigt, erscheinen die verfüg-

nige Cents pro Arbeitsschritt ausbezahlt. 90

baren HITs in einer übersichtlichen Liste. Es

Prozent der HITs gehen für weniger als 10

sind Aufgaben wie Werbeplätze auf Websei-

Cents weg, ein Viertel sogar für 1 Cent. Je

ten finden, Texte Korrekturlesen, Tonaufnah-

nach Arbeitstempo macht das einen Stun-

men transkribieren, Fehler finden und kleine

denlohn von 1 bis 3 Dollar. Umgerechnet

Programme schreiben. Bis ich aber wirklich

auf eine Vollzeitstelle ergibt sich ein Mo-

aktiv ins Geschehen eingreifen kann, dauert

natslohn von 320 Dollar – vor Steuern und

es eine Weile. Amazon nimmt sich 48 Stun-

Sozialabzügen.

den Zeit, um den Account freizuschalten. Mechanical Turk legte einen fulminan-

Ein-bisschen-konzentriert-Sein Die Arbeit,

ten Start hin. Bereits zwei Jahre nach dem

für die ich mich entscheide, stammt aus

Launch fanden mehr als 100 000 Arbeiter

dem Bereich Marketing und PR. Sie wird

aus über 100 Ländern Beschäftigung. Erst wa-

mir Schritt für Schritt vom Auftraggeber er-

ren es vor allem US-Amerikaner, die die Ar-

klärt: Im Handelsregister oder notfalls auf

Lange vor Deep Blue, dem Schach-

beiten erledigten, schon bald standen die In-

der Firmenwebseite soll ich Kontaktperso-

computer von IBM, sorgte ein anderer

der auf dem ersten Rang. Als Folge wurde das

nen von vorgegebenen Unternehmen fin-

nicht-menschlicher Schachspieler für Furo-

verdiente Guthaben auch nur in US-Dollar

den. Nachdem ich einen bestimmten HIT

re. Der 1769 von Wolfgang von Kempelen

oder in indischen Rupien ausbezahlt. Inzwi-

gewählt habe, bleibt mir eine Stunde Zeit,

konstruierte Schachtürke: ein Roboter in

ihn zu erledigen. Wenn ich das nicht tue,

Türkengewand, der Schach spielen konn-

wird der HIT erneut vergeben. Der Lohn

te. Zu seinen Gegnern gehörten unter ande-

pro gefundene Kontaktperson: 1 Cent – die

ren François-André Danican Philidor, der

unterste Lohnklasse.

damals weltbeste Schachspieler, und Kaiser

Napoleon. Die Menschen waren entzückt –

wie Joggen oder Abwaschen. Ganz den eige-

bis jemand herausfand, dass die Züge nicht

nen Gedanken nachhängen kann ich aber

von einem Roboter getätigt wurden, son-

doch nicht: So einfach ist das Finden der

dern von einem Menschen, der sich in der

Personen dann auch wieder nicht. Das kon-

Apparatur versteckte. Die künstliche künst-

Die Arbeit ist fast schon meditativ, so

stante Ein-bisschen-konzentriert-Sein ist

liche Intelligenz war geboren.

schen sind wegen des Patriot Acts alle Nicht-

ermüdend. Nach einer Stunde habe ich 53

Mehr als zwei Jahrhunderte später

Amerikaner von der Amazon-Plattform

HITs bearbeitet und lege eine Kaffeepause

brachte Amazon die doppelt künstliche In-

ausgeschlossen. Es ist deswegen wenig über-

ein. Die Kosten für das Getränk übertreffen

telligenz ins Internet. Zu einer Zeit, als der

raschend, dass der erste Selbstversuch von ei-

die Einnahmen um ein Vielfaches. Und die-

Begriff Crowdsourcing noch nicht einmal

nem Computer in Zürich aus scheitert: Ge-

se erhalte ich erst, nachdem der «Requester»

einen Wikipedia-Artikel hatte, eröffnete der

such abgelehnt. Für den zweiten versuche ich

meine Arbeit für gut befunden hat. Bezeich-

Onlinehändler den fiktiven Arbeitsmarkt-

es mit einer fiktiven Identität aus der Mongo-

nenderweise lassen viele Anbieter die erle-

platz «Mechanical Turk» (MTurk). Seitdem

lei – ebenfalls ohne Erfolg. Bangkok – dassel-

digte Arbeit auf der gleichen Plattform von

sind 365 Tage im Jahr und 24 Stunden täg-

be. Erst mit einer fiktiven Wohnadresse, Te-

anderen Workern auf deren Qualität über-

lich tausende Arbeitnehmer bereit, um von

lefon- und Sozialversicherungsnummer aus

prüfen. Selbst ein zweiter Kontrolleur ist bei

Zuhause aus Fleissaufgaben zu erledigen.

den USA klappt es. Endlich kann ich die HITs

diesen Preisen erschwinglich.

nicht nur anschauen, sondern bearbeiten.

Wenn Mensch und Computer zu-

sammenarbeiten, besteht über den Infor-

26

Wie auch: In der Regel werden nur we-

Den Lohn für meine Arbeit habe ich

nie erhalten. Da meine Identität und Sozi-

mationsfluss normalerweise Klarheit: Der

Wenig lukrative Freizeitbeschäftigung Was

alversicherungsnummer frei erfunden sind,

Mensch gibt der Maschine Anweisungen,

sind das für Menschen, die ihre Dienste auf

wurde mein Konto nach wenigen Stunden

welche jene anschliessend umsetzt. Bei

Amazon anbieten? Die Forscher Winter Ma-

wieder gelöscht. Doch selbst wenn das nicht

MTurk ist alles ein wenig anders: Hier gibt

son und Siddharth Suri haben es untersucht

passiert wäre und ich meinen Lohn hätte be-

der Computer dem menschlichen «Worker»

und in einem Aufsatz festgehalten. Die typi-

ziehen können: Spielend Geld verdienen ist

eine Reihe von Aufgaben, aus denen er aus-

sche Workerin ist demnach weiblich, 32 Jah-

eben doch nicht so spielend, wie man mei-

wählen kann. Auf der Plattform tummeln

re alt, verfügt mindestens über einen Bache-

nen könnte. Und auch der Spass hält sich –

sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer von

lor und ein Durchschnittseinkommen von

in Anbetracht der eher öden Aufgaben und

Kleinstarbeiten. Die «Requester» zerlegen­

30 000 Dollar pro Jahr – der US-Durchschnitt

der mickrigen Bezahlung – in Grenzen.

Wirtschaft


– Erfunden –

Die ältesten bekannten Spielwürfel wurden 3000 v. Chr. in einem altiranischen Brettspiel verwendet. Auch aus der Antike sind mehrere Würfel erhalten. Wie die heutigen Würfel waren sie zumeist sechsseitig.

Würfel waren der erste verbreitete und mehr oder weniger zuverlässige

Zufallsgenerator der Menschheit.

Im Laufe des 20. Jahrhunderts kamen sechsseitige Würfel vermehrt als Hilfsmittel bei Brettspielen zum Einsatz.

Auch dank Würfeln wurde das Glücksspiel in

Sie bestehen zumeist aus Kunst-

Europa immer beliebter. Bald gab es erste

stoff, oft auch aus Holz.

professionelle Glücksspieler. 1254 wurden in historischen Chroniken erstmals

Beim professionellen Glücksspiel sind die Anforde-

Spielhäuser erwähnt. Kirchliche Kreise hatten daran

rungen an Würfel grösser: Statt der üblichen Kunststoffe wird

wenig Freude, sie sahen den Würfel als

Celluloseacetat verwendet. Da jedoch auch dieses Materi-

Erfindung des Teufels.

al anfällig ist für äussere Einflüsse, werden Würfel in Casinos nach kurzer Zeit ausgetauscht und tragen sogar

Seriennummern.

Dem Erfinder von

asterix und obelix, René Coscinny, verdanken wir die hohe Bekanntheit von Julius Caesars Feststellung «Alea iacta est», zu Deutsch:

«Der WÜrfel ist gefallen»

Den vielleicht aussergewöhnlichsten Würfel erfand Louis Joseph Zocchi. Er liess den nach ihm benannten Zocchihedron sogar patentieren, ein echter

hundertseitiger Wurfel . PUNKTmagazin Spielen

Alle Welt würfelt – nur nicht Gott. «Ich bin überzeugt, dass der nicht würfelt», schrieb Albert Einstein im Hinblick auf Erkenntnisse der Quantenmechanik. Die Physik bewies: Falls Gott unser Universum erschaffen hat, hat er dabei nichts dem Zufall überlassen.

Der bekannteste Würfel ist der «Rubik’s Cube»:

350

Mio

.

zauberwurfel

wurden seit seiner Patentierung 1975 verkauft.

Wirtschaft

27


– Wirtschaft –

Königsdisziplin ohne Trotz zunehmender Digitalisierung der Spielewelt erwirtschaften Brettspiele Jahr für Jahr Millionenumsätze. Deren Erfinder sind zumeist unbekannt. Einige Autoren wollen das nun ändern. Text stine wetzel Bild Boris Gassmann

«Monopoly», «Carcassonne» und «Die

Siedler von Catan» kennt jeder. Elizabeth Magie, Klaus-Jürgen Wrede und Klaus Teuber

wohl kaum. Sie sind die Erfinder dieser er-

waren-Grosshändler Carletto. Er übernimmt

folgreichen Spiele – und gänzlich unbekannt.

für 19 Verlage den Vertrieb und deckt damit

Anders als «Faust» mit Goethe, «Die vier Jah-

gut ein Viertel des Spiel- und Puzzle-Marktes

reszeiten» mit Vivaldi und «E.T.» mit Steven

in der Schweiz ab. Um hier vollumfänglich zu

Spielberg sind ihre Namen im kollektiven

landen, passt Carletto die Spiele sprachlich

Gedächtnis nicht mit ihren Werken ver-

an, teilweise auch inhaltlich. «Ein Spiel, das in

knüpft. Warum eigentlich nicht? Dass Brett-

Deutschland als ‹Volle Lotte› auf den Markt

spiele unbedeutend sind, kann man nicht be-

kommt, hätte in der Schweiz nie und nimmer

haupten: Zusammen mit Puzzles kommen sie

funktioniert. Wir haben es als ‹Tutto›­ adap-

in Deutschland auf einen Umsatz von über

tiert und mittlerweile ist es das meistverkauf-

431 Millionen Franken. Hierzulande sind es

te Würfelspiel der Schweiz», sagt Geschäfts-

laut Spielwaren Verband Schweiz mehr als 43

führer Peter W. Gygax.

Einen anderen Weg geht der Spiel­

Millionen Franken.

Die Schweizer Version des österreichi-

schen Partyspiels «Activity» ist ein weiteres Seit 20 Jahren erlebt das Brettspiel, die

prominentes Beispiel. Seit fünf Jahren hat

Königsdisziplin der Spiele, einen Boom. Als

das Unternehmen auch einen eigenen Ver-

weltweit grösste gilt die deutsche Brettspiel-

lag. Unter der Marke «Gamefactory» ent-

szene, wo jedes Jahr rund tausend neue Brett-

stehen «qualitativ hochstehende, typisch

und Kartenspiele auf den Markt kommen.

schweizerische Spiele für Jung und Alt», wie

Auch hierzulande ist der Boom spürbar. Die

es auf der Homepage heisst. Den ersten Coup

Schweizer Spielbranche verlässt sich aber

landete der Verlag laut Geschäftsführer mit

auf Importeure und Einzelakteure. Verlage

200 000 Verkäufen des Partyspiels «ABC

aus Frankreich, Italien und Deutschland be-

DRS3». Doch nach Autorennamen sucht man

liefern die entsprechenden Sprachregionen,

auf der Homepage von Gamefactory verge-

­erreichen damit aber nur einen Teilmarkt.

bens. «Wir zelebrieren Spieleautoren nicht», kommentiert Gygax diesen Umstand, «die Namen sind einfach zu klein». Wie aber soll ein Name gross werden, wenn er vom Verlag in der Versenkung gehalten wird?

28

Wirtschaft


«Spiel des Jahres» als Verkaufsbooster Der Freizeitanstieg in den westlichen Industriestaaten hat zur Expansion freizeitbezogener Aktivitäten geführt und die Nachfrage nach Spielen gesteigert. Die Schwemme an vermeintlichen Neuheiten bringt aber auch eine Verflachung mit sich. «80 Prozent der Neuheiten sind bloss Durchschnitt», meint Tom Felber. Auf breiter Flur: Wiederholung und Abklatsch. Er muss es wissen, spielt er doch bis zu 400 neue Spiele pro Jahr. Felber ist Spielekritiker der NZZ und Vorsitzender der Jury «Spiel des Jahres». Der Kritikerpreis wird seit 1979 für deutschsprachige Brett- und Kartenspiele vergeben und gilt in der Branche als Orientierungshilfe. «Dass das Spiel des Jahres das allerbeste wäre, ist aber ein Irrtum. Wir prämieren Spiele, deren Einstiegszeit gering ist und die von jedem gespielt werden können», erklärt er. Spielen soll einfach sein und Spass machen. Ob ein Spiel diesen Anspruch erfüllt, kann Felber nur beurteilen, wenn er mit Gelegenheitsspielern am Tisch sitzt. Mit seiner Spielerfahrung zählt er selbst nicht mehr zur Zielgruppe. Er gehört mittlerweile eher zur Zielgruppe des «Kennerspiel des Jahres», das ebenfalls gekürt wird.

«Carcassonne», «Die Siedler von Catan» und über

30 weitere Titel haben es mit dem Preis zu einer beachtlichen Bekanntheit gebracht – im Gegensatz zu ihren Autoren. Klaus-Jürgen Wrede und Klaus Teuber sind nur in der Branche Stars, auch wenn ihre Spiele über

2013 hat die neunköpfige Jury das Kar-

Kennerkreise hinaus gespielt werden. «Wir haben es

tenspiel «Hanabi» von Antoine Bauza zum

mit einem begrenzten Markt zu tun. Ausserdem sind

«Spiel des Jahres» gewählt: ein kooperatives

Spieleautoren nicht sexy genug, als dass sich um sie ein

Spiel, das zu den 20 Prozent wirklicher Neu-

Starkult aufbauen könnte», erklärt sich Tom Felber den

heiten zählt, weil das Spielkonzept einen

Umstand, dass die Urheber im Schatten ihrer Spiele ste-

Twist mit der Konvention macht. Die Karten

hen. Liegt es tatsächlich an den introvertierten Tüftlern,

werden so gehalten, dass die Mitspieler das

die im handgestrickten Pullover ihren Preis entgegen-

Blatt sehen können, der Spieler selbst aber

nehmen? Der triftigere Grund: Spieleautoren haben sel-

nicht. «Hanabi» hat mit dem Preis eine ver-

ten eine Handschrift. «Die Autoren entwickeln zu viele

kaufsstarke Zukunft vor sich. Branchenken-

verschiedene Spiele, von denen einige dann auch bloss

ner gehen davon aus, dass die Auszeichnung

Mittelmass sind», sagt Tom Felber. Nicht unbedingt das,

die Auflage um den Faktor 20 bis 50 steigert

was Spieleautoren lesen wollen.

und im Bestfall von der deutschen Normalauflage von 5000 bis 10 000 sogar in die Millionen geht. In der Schweiz liegt der Wert etwa beim Faktor fünf. Ehrenkodex statt Urheberrecht Die Spieleautoren haben sich 1991 zur Spiel-Autoren-Zunft (SAZ) zusammengeschlossen. Heute hat die SAZ 460 Mitglieder aus 24 Ländern. Dank der Zunft sind die Autoren­ namen seit den 1990er-Jahren auf den Spielschachteln genannt – ein Meilenstein, der angesichts der aktuellen Debatte um geistiges Eigentum und Urheberrechte eher der berühmte Tropfen auf den heissen Stein war: Vor einem Jahr ist ein Streit zwischen der Fachgruppe Spiel und der SAZ entbrannt. Die SAZ legte dem Dachverband 20 deutscher Spielverlage Mindeststandards für Verträge mit Spieleautoren vor. Der Geschäftsführer der Verlagsinteressenvertretung antwortete, es sei überhaupt «fraglich, dass Spielautoren Urheber im Sinn des Urhebergesetzes sein können» und degradierte sie zu «Lieferanten». Mit Lieferanten – so will es das Kartellrecht – ist es verboten, eine gemeinsame Vergütungsregelung auszumachen. Bis anhin behandelten die Verlage die Autoren trotz juristisch unklarem ­Urheberrechtsstatus nach dem Ehrenkodex.

PUNKTmagazin Spielen

Wirtschaft

4 4

29


4 4

Laut deutschem und Schweizer Urheberrecht sind

«persönliche geistige Schöpfungen» der Literatur, Wissenschaft und Kunst geschützt. Spiele fallen oft als bildende Kunst unter das Urheberrecht. Zankapfel ist das geistige Potenzial der Spielregeln: Sind sie künstlerischschöpferische Originale oder nur Handlungsanweisungen mathematisch-technischer Art? Wie auch bei anderen Werkarten können bekannte Elemente durchaus kombiniert werden, damit das Werk urheberrechtlich geschützt ist. Schriftsteller erfinden auch keine neuen Worte und schreiben am Ende trotzdem ein schützenswürdiges Werk. Das Erfinden von Spielen nimmt oft ebenso viele Jahre in Anspruch und hat ebenso individuellen Charakter; das Regelwerk entsteht durch die persönlich getroffene Auswahl an Regelalternativen, so die Argumentation der SAZ. Viele Verlage erkennen diese Leistung auch urheberrechtlich an, im Gegensatz zu ihrer Dachorganisation.

Bedeutende Einnahmequelle ist sein

Engagement für Ravensburger. Der Verlag versucht sich in einem neuen Genre und lässt Vom Koch zum Spielerfinder Spieleautor Ulrich Blum

hybride Spielkonzepte entwickeln: Prinzip

sieht in dieser Geschichte einmal mehr die Bestäti-

ist das klassisch Brettspiel, das Spiel­erlebnis

gung, dass Brettspiele als kulturelle Randerscheinung

wird aber durch digitale Elemente erweitert.

behandelt werden. Das ist umso abstruser, wenn man

Ravensburger machte die ersten Schritte in

bedenkt, dass Schach, Go und Backgammon Jahrtau-

Richtung Hybridspiel 2003 – fiel damit auf

sende alt sind und damit zu den ältesten Kulturphäno-

die Nase und kam 2008 mit dem «Kinderspiel

menen zählen. Blum ist ein Newcomer in der Szene.

des Jahres» zurück. Spielkritiker Tom Felber

Nach einem Autounfall 2004 hat der Zürcher Koch und

sieht die digitale Erweiterung von Brettspie-

Schauspieler, während seine Knochen verheilten, zwei

len skeptisch: «Die Technik ist heutzutage

Spiele ausgetüftelt und dafür 2009 den Förderpreis

noch nicht im Stande, mit der Spieldynamik

der Spiel-des-Jahres-Jury gewonnen. Mittlerweile lebt

echter Menschen zu interagieren, wodurch

Blum in Köln, ist erster Vorsitzender der SAZ und ei-

ständig Redundanzen und lästige Wartezei-

ner von knapp 20 hauptberuflichen Spieleautoren des

ten entstehen.»

deutschsprachigen Marktes. Die geringe Anzahl professioneller Autoren überrascht nicht: ­Spieleautoren bekommen vier bis sechs Prozent des Händlerabgabe­ preises ausgezahlt. Ulrich Blum erhält mit diesem Ansatz ein wenig mehr als einen Franken pro verkaufte

Felber weiter: «Die einzige Elektronik, die

Schachtel seines Spiels «Grand Cru».

bisher befriedigend funktioniert und vor allem für Kinder Sinn macht, ist ‹tiptoi›.» Seit der Markteinführung verkaufte Ravensburger 1,5 Millionen tiptoi-Stifte, eine Art Riesenkugelschreiber mit Audioausgabe. Interessant ist tiptoi, weil der Stift nicht als technischer Schnickschnack zum Brettspiel dazu kommt, sondern eine funktionale Erweiterung darstellt. Auch Ulrich Blum arbeitet mit tiptoi, zuletzt hat er drei Spiele dafür entwickelt. «Für mich als Autor ist das Hybridspiel spannend. Beim Brettspiel frage ich mich, was noch nicht erfunden wurde. Beim tiptoi dagegen frage ich mich, was ich überhaupt alles erfinden kann.» Blum sagt es: Er ist ein Erfinder, wie viele seiner Zunft.

30

Wirtschaft


Haussmann Mathias uepaa ag 2012 ICT Uepaa verwandelt das Smartphone von Alpinisten, Kletterern, Freeridern oder Tourenskifahrern in ein alpines Tracking-, Alarm- und Rettungsgerät – dies sogar dann, wenn kein Handynetz verfügbar ist. Bleibt der Outdoorsportler bewegungslos liegen,­ schlägt das Smartphone automatisch Alarm. Hinter uepaa steckt der 41-jährige ­Mathias Haussmann: Volleyballspieler, Freerider, verheirateter Vater zweier Kinder.

PUNKTmagazin War die Gründung eine

­Aufschrei der Freude und des Erstaunens. uepaa

pro Nacht und zumindest die Wochenenden

Bieridee oder von langer Hand geplant?

wurde fester Bestandteil meines Wortschatzes.

halte ich mir seit der Lancierung im Oktober

Mathias Haussmann_ Die Idee selbst war

wieder konsequent Notebook-frei.

in der Tat eine Bieridee. Es war allerdings kein

War es einfach, an Kapital heranzukom-

Bier involviert, sondern eine Menge Tiefschnee.

men? Nein. Im Schweizer Start-up-Ecosystem

Was nervt Sie im Berufsalltag? Problemsu-

Die Gründung der AG jedoch war von langer

basiert vieles auf Vertrauen in den Gründer und

cher, Namedropper und notorische Netzwerker.

Hand geplant und erfolgte fast auf den Punkt

das Voranschreiten anderer Co-Investoren. Ers-

genau ein Jahr später.

teres muss hart erarbeitet werden. Und selbst

Auf was freuen Sie sich als nächstes? Wir

wenn das gelingt: Viele Investoren warten und

hatten bereits diverse scharfe Einsätze. Ich

schauen, was die anderen tun.

freue mich, wenn unsere Technik ein erstes

Wo hatten Sie den Geistesblitz? Es waren zwei. Den ersten hatte ich in der Gondelbahn

Menschenleben rettet.

auf dem Titlis. Ich war alleine unterwegs zum

Was war bisher der grösste Misserfolg? Ich

Freeriden. Als Familienvater begriff ich, was für

habe bei einer personellen Fehlbesetzung zu lan-

Start-up-Boden Schweiz: Einfach oder

Risiken ich dabei eigentlich eingehe. Der zweite

ge darauf gehofft, dass sich das Problem durch

kompliziert? Kompliziert (lacht). Es gibt

kam beim Joggen, als ich mit einer neu lancier-

intensive Gespräche bereinigen lässt. Hier hät-

­Unmengen von Förderungs-, Coaching- und

ten Jogging-App konfrontiert war.

te ich unmittelbar auf mein Bauchgefühl reagie-

Unterstützungsmöglichkeiten, von denen man

ren sollen.

als Jungunternehmer profitieren, aber sich

Was ist Ihre Vision? Der weltweite Outdoor-

auch verwirren lassen kann. Wenn man das

App-Begleiter zu sein, der das Leben sicherer

Ihr grösster Erfolg in der jungen Firmen-

Start-up-Ecosystem mal versteht – das muss ich

und entspannter macht.

geschichte? Wir haben viele Preise gewonnen

fairerweise auch sagen – merkt man, dass der

und dank starker Pressearbeit konnten wir eben-

Boden gut gewässert wird.

Was kann die App jetzt schon? Alarmsys-

so viele kommerzielle Erfolge feiern. Für mich

teme gibts wie Sand am Meer, aber uepaa kann

ist jedoch der grösste Erfolg, dass ich ein kleines

Und zum Schluss: Wer sind Sie? Ich liebe­

mehr. Die App läuft auf fast jedem Smartphone

aber feines Team aufbauen konnte, das mit Herz-

es, Dinge aufzubauen und bin fasziniert vom

und funktioniert auch ohne Handynetz. Zudem

blut und Passion meine Vision in ein Produkt

Unbekannten. Bin leidenschaftlicher Team-

merkt uepaa, wenn ein Unfall passiert ist und

überführt. Ein Produkt, das es notabene bis ­dato

sportler, denn das gemeinsame Bier schmeckt

setzt automatisch einen Notruf ab.

nicht gab.

nie besser als nach einem gewonnenen Match. Liebe schöne Schuhe, aber am häufigsten trage­

Wie kamen Sie auf den Firmennamen? Beim Tennisspielen. Es war ein spontaner

PUNKTmagazin Spielen

Wie viele Wochenstunden arbeiten Sie?

­Sagen wir es anders: Ich schlafe sechs Stunden

ich meine Flip Flops für 19 Franken. Mein Handy wechsle ich alle paar Monate.

Wirtschaft

31


32

Wirtschaft


Die Lizenz zum Bieten

Es dauerte fast ein halbes Jahrhundert, bis die Spiel- und Auktionstheorie ihren Weg von den Universitäten in die Praxis der Schweizer Behörden fand. Die Anfänge­ waren holprig und wurden stark kritisiert. Man hat daraus gelernt.

­hingeblättert, in Deutschland waren es fast

pro Kopf ein. Selbst das erwies sich als lächer-

100 Milliarden Euro. Finanzminister Kaspar

lich optimistisch: Schlussendlich nahm das

Es war Sonntagabend, 12. November

Villiger hatte den Auktionserlös bereits für

Bundesamt für Kommunikation gerade mal

2000, kurz nach 18 Uhr. Beat Kappeler (Bild

die Schuldentilgung eingeplant. «Von Seiten

20 Euro pro Nase ein.

rechts) hatte sich soeben in die Telefonkon-

der Politik gab es sehr hohe Erwartungen be-

ferenz der eidgenössischen Kommunikati-

züglich des Auktionserlöses», sagt Peter Bär,

wie «geplatzte Auktion», «Fiasko» und «pein-

onskommission (ComCom) eingewählt. «Ich

heutiger Kommissionssekretär der ComCom.

lich» machten die Runde. Selbst Politiker, die

Text Florian Schaffner Bild Max Bruggeman

Es gab Prügel für die ComCom, Begriffe

kann mich sehr gut an dieses Gespräch erin-

anfangs gegen die Auktion protestiert hatten,

nern», sagt er heute. Kappeler, den Zeitungsle-

meinten nun, man hätte den Bietern mehr

sern bekannt als Kolumnist der NZZ am Sonn-

Geld abknöpfen sollen. Der Untersuchungs-

tag, war damals Mitglied der ComCom und

bericht der ComCom jedoch fand keine Feh-

damit mitverantwortlich für die Versteige-

ler. Auch heute noch sagen sowohl Kappeler

rung von UMTS-Lizenzen. UMTS war der Mo-

als auch Bär, Auktionen seien ein gutes Instru-

bilfunkstandard der dritten Generation und

ment für Lizenzvergaben. Was also lief schief?

damit im Jahr 2000 für das Nokia 3310 so etwas wie die 4G-Technologie für die iPhones

«Ein interessanter Fehler» Die Theorie zur

von heute.

Auktion entstammt der Spieltheorie. Wer

Das Medieninteresse an der Lizenz-

Aber schon vor dem Showdown be-

bei Spieltheorie an Sandkastenspiele oder

vergabe war gross. Allein der Vergabemodus

gann dem aufgeblasenen Traum von

Eile­mit Weile denkt, liegt daneben – Schach

hatte­Schlagzeilen gefüllt; es war erst das zwei-

Milliardenerlösen­die Luft auszugehen. Wäh-

kommt ihrem Kern wohl am nächsten. Spiel-

te Mal, dass die ComCom die Lizenzen über

rend die britische und die deutsche Regie-

theorie befasst sich mit strategisch optima-

eine Auktion vergab, statt per Kriterienkata-

rung im Frühjahr noch 650 und 615 Euro pro

len Entscheidungen; Auktionstheorie mit

log die besten Bewerber auszuwählen. Zudem

Bürger herausgeholt hatten, wurden in der

der optimalen Zuteilung einer Ressource,

hatten die Technologieeuphorie der Jahrtau-

zweiten Jahreshälfte in Holland und Italien

dem Verhalten der beteiligten Bieter und

sendwende und Erlöse in anderen Ländern

nur noch 170 respektive 240 Euro pro Kopf

dem gebotenen Preis. Auktionstheorie und

die Erwartung geschürt, dass der Staat mit

geboten. Die Schweizer begannen zurückzu-

sein grosser Bruder Mechanismus-Design-

der Vergabe richtig Kasse machen kann. Im

rudern: Während bei Analysen nach der briti-

Theorie sind eigentlich bloss Besserwisser-

Frühjahr hatten Orange, Vodafone und ande-

schen Auktion noch mit bis zu 1000 Euro pro

Synonyme für die «Taten-statt-Worte»-Logik:

re Telekomunternehmen in Grossbritannien

Kopf gerechnet wurde, stellte sich der Bund

Clevere Auktionen erreichen, dass Bieter die

über 22 Milliarden Pfund für UMTS-Lizenzen­

fünf Tage vor der Auktion auf noch 400 Euro

Gebote ihrer tatsächlichen Wertschätzung44

PUNKTmagazin Spielen

Wirtschaft

33


4 4 angleichen, statt den Auktionator mit lee-

Wo eine solche Professionalisierung stattfin-

ren Versprechen zu ködern. Im Vorfeld ist

det, braucht es Profis. Zum Beispiel Christian

zwar nicht klar, zu welchem Preis ein Gut

Koboldt (Bild rechts). Von Haus aus Volkswirt,

über den Ladentisch geht – aber man weiss,

hat Koboldt mit Dan Maldoom vor einem gu-

dass es an jenen Käufer geht, der den grössten

ten Jahrzehnt die Londoner Beratungsfirma

Nutzen daraus zieht. Es führt zu jenem Re-

DotEcon gegründet. Die Firma berät und stellt

sultat, bei dem den Ökonomen das Wasser im

Auktionssoftware zur Verfügung – ein lukra-

Mund zusammenläuft: effiziente Allokation.

tives Geschäft, geteilt mit nur einer Handvoll

Konkurrenten.

Selbst der Ökonomenzunft waren

­Lizenzversteigerungen aber anfangs nicht

geheuer. Es dauerte eine ganze Weile, bis

ten steigt klar», sagt Koboldt. Anfangs stand

die Behörden Auktionen aus dem Theorie-

DotEcon vor allem den Bietern zu Rate und

saal holten und auf dem Spielfeld der Pra-

hat seine Kunden während Monaten in einer

«Die Nachfrage nach unseren Diens-

Art Trainingslager mit Simulationen auf ihre Ernstkämpfe vorbereitet. Heute arbeitet ­DotEcon mehrheitlich für europäische Re-

xis auflaufen liessen. Als Ronald Coase (Bild oben) 1959 im Journal of Law & Economics

gierungen. «Irgendwann haben wir festge-

Plötzlich waren die Bieter weg Damit sind

stellt, dass unsere Software besser ist als jene

wir zurück bei der Schweizer UMTS-Aukti-

der Regierungen. Und so wechselten wir die

on aus dem Jahr 2000. In den letzten Wochen

Seite», sagt Koboldt. Auch die Schweiz gehört

vor der Auktion schrumpfte das Bieterfeld

zu den Kunden: Im Jahr 2012 hat der Bund

von neun auf fünf Firmen. An jenem Sonntag,

mit DotEcons Beratung und Software Fre-

kurz vor 18 Uhr und nur wenige Stunden vor

quenzen für knapp eine Milliarde Franken

Auktionsbeginn, wurde der Bund informiert,

versteigert.

dass Sunrise und Diax fusionieren. Da warens

Das letzte Jahrzehnt der Bieterspiele

nur noch vier. Wenige Minuten später hatte

vorschlug, Funkfrequenzen zu versteigern,

war aber nicht nur ein Reigen grosser Sum-

sich Beat Kappeler in die Telefonkonferenz

glaubten seine Kollegen, es liege ein Missver-

men und übertroffener Erwartungen. Es lau-

eingewählt. «Wir hatten vier Lizenzen zu ver-

ständnis vor. Das Journal bot Coase an, seinen

erten auch Fettnäpfchen. Der israelischen

steigern und nur noch vier Bieter», erinnert

«interessanten Fehler» klarzustellen. Seine

Regierung gingen wegen eines Details in der

er sich. Eine Auktion mit gleich vielen Lizen-

Antwort, «The Problem of ­Social Cost», wurde

Versteigerung von Ölraffinerien zwölf Millio-

zen wie Bietern durchzuführen ist wie eine

zum meistzitierten ­Artikel in der Ge-

Bachelor-Staffel mit gleich vielen Bachelors

schichte der Sozialwissenschaften.

wie Kandidatinnen. Die Spannung ist raus, es

kommt nicht zum Wettbewerb.

Dennoch dauerte es drei weite-

re Jahrzehnte, bis es in den USA zur

ersten Lizenzversteigerung kam. We-

diskutiert», erinnert sich Beat Kappeler. «Sol-

nig später folgte die britische Staats-

len wir warten und hoffen, dass neue Bieter

kasse mit der Vergabe von UMTS-­

dazukommen? Oder weniger Lizenzen ver-

Lizenzen. Die Regierung hatte den

steigern?» Die Auktion wurde verschoben.

Wert der Lizenzen auf zwei Milliar-

Einen Monat später gingen die vier Lizen-

den Pfund geschätzt. Gerade noch

zen für insgesamt 205 Millionen Franken

rechtzeitig griffen ein paar Ökono-

über den Tisch – bloss fünf Millionen über

men in die Diskussion ein und sag-

dem Mindestpreis. Experten sprachen von

ten: «Weshalb nicht eine Auktion?»

einem Fiasko: Der Mindestpreis hätte höher

Die Rechte wurden schliesslich für

angelegt werden sollen, der gewählte Mecha-

22 Milliarden Pfund versteigert; die

nismus sei falsch gewesen, die Regeln hätten

Staatskasse hatte sich um den Fak-

Fusionen und Kooperationen vorhersehen

tor elf verschätzt. Seither nutzen die

sollen.

Regulatoren konsequent und erfolg-

reich Auktionen, auch in der Schweiz.

lizenzen ging als Negativbeispiel in die Lehr-

«Mit zwei Ausnahmen setzten wir seit

bücher ein und wird seitdem auch in Vorle-

der UMTS-Vergabe auf Auktionen»,

sungen miteingebunden. ComCom-Sekretär

sagt Peter Bär von der ComCom.

Peter Bär betont dennoch, dass es bei der Auk-

«Wir hatten verschiedene Optionen

Die erste Auktion der Mobilfunk­

tion nie primär um hohe Einnahmen, sonÖlfelder, Thunfisch und Wertpapiertranchen

nen Dollar durch die Lappen. In Finnland be-

dern um eine effiziente Vergabe der Lizen-

Handyfrequenzen und Picasso-Gemälde sind

gannen die Preise während einer Auktion für

zen und gute Mobilfunkversorgung ging. Die

längst nicht mehr das einzige, das heute ver-

Mobilfunkfrequenzen zu sinken; die Auktion­

Kommission zog die Lehren und fokussiert

steigert statt zu fixen Preisen verkauft wird.

wurde unterbrochen. «Die Details einer ein-

sich seither auf kürzere Verfahren, flexible-

Ölfelder, Emissionszertifikate, Thunfisch,

zelnen Auktion sind extrem wichtig», sagt

re Rahmenbedingungen und frührere Aus-

Wertpapiertranchen, Google-Werbeplätze und

­Koboldt. Auktionen und deren Mechanismen

stiegstermine. Seither wurden weitere fünf

Busrouten: Alles kommt unter den Hammer.

sind keine Fertiggerichte.

Auktionen durchgeführt. Erfolgreich.

34

Wirtschaft


kolumne

Pacman

der querdenker

W

er erinnert sich noch an die

von ­Drohnenhausen. Dort wird unter Aus-

«Telespiele» im deutschen

schluss der Öffentlichkeit froh und mun-

Fernsehen? Kaum zu glauben,

ter weiter gebuzzert. Das anonyme Morden

dass dieses Format mit einer

aus der Cloud verlangt allerdings einen ge-

2D-Grafikkarte und einem eckigen Tennis-

schickten Daumen, der die Lenkwaffe unbe-

ball die Fernsehwelt eroberte. Wer hätte da-

merkt am nahegelegenen Europapark vorbei-

mals gedacht, dass die Spielkonsole mit der

leitet, um zielgenau zwischen den Augen des

Intelligenz eines Atari-Computers das Aus-

Gegners zu detonieren. Kaum auszuhalten

sterben der Showgiganten wie Peter Franken-

ist der Gedanke, dass sich der Sensenmann

feld, Wum und Wendelin oder Hans-Joachim

während der Hetzjagd noch schnell im na-

Kulenkampff zu verantworten hätte? Ihre

hegelegenen Starbucks mit Muffins und ei-

Samstagabendshows waren derart populär,

nem Pappbecher Latte Macchiato mit Hasel-

dass selbst Spätheimkehrer aus sowjetischer

nussgeschmack eindeckt. Im Gegensatz dazu

Kriegsgefangenschaft nach ihrer Ankunft

war der Landser ein Soldat mit offenem Vi-

nicht zuerst zu ihren Familien fuhren, son-

sier, der im Angesicht des Todes sein Bajonett

dern direkt in die Sendehalle, um den Show-

furchtlos in den Bauch seines Feindes ramm-

master in voller Lebensgrösse die Showtreppe

te. «Welches der beiden Schweinderln hättens

heruntergehen zu sehen. Und heute?

denn gern?»

Stellen sie sich vor, Sie sässen bei Rudi

Seit Mitte der 1990er-Jahre wurden im-

Carrells «Am laufenden Band» im legendär-

mer wieder spieltheoretische Arbeiten mit

en Korbsessel. Konzentrieren Sie sich nun

dem Nobelpreis ausgezeichnet. Dabei ging

auf die Gegenstände, die auf einem Förder-

es fast ausschliesslich um die Frage, welche

band an ihnen vorbeifahren. Band ab: Liech-

Massnahmen unter rationalen Entscheidern

tensteinische Landesbank (Schweiz) AG, Phi-

ergriffen werden müssen, um das erwünsch-

lipp Hildebrand (Klosters), Bank Frey Co. AG

te Ergebnis zu erzielen. Mit anderen Worten:

(USA), Wegelin & Co (1741), Konrad Humm-

Wie stark können Menschenrechte verletzt

ler (NZZ). Der Zombiemarathon scheint kein

werden, ohne dass wir die Notwendigkeit

Ende­ zu finden. Der Verband der Auslands-

erkennen, diesem Treiben ein Ende­ zu set-

banken in der Schweiz zählte noch im März

zen? Erinnern wir uns noch an die «Truman

letzten Jahres 140 Mitglieder. Hundert sollen

Show» mit Jim Carrey als Hauptdarsteller?

es heute noch sein.

Haben Sie nicht auch manchmal das Ge-

Ach ja, das legendäre Fragezeichen ha-

fühl, dass Sie in einem Tetris-Spiel zur Welt

be ich vergessen. Dieses Mal geht die Reise zu

gekommen sind? Ist denn unser Freiheits-

den geheimen Kriegsschauplätzen der Welt.

drang erloschen oder leiden wir alle unter

Willkommen in Joy Stick City. Dabei han-

dem Stockholm-Syndrom? Oder wollen wir

delt es sich um die neue unterirdische Play-

alle doch nur spielen? In diesem Sinne: God

station der US-Airforce, ganz in der Nähe

bless America.

Der Querdenker hat sich die etwas andere Informationsvermittlung auf seine Fahne geschrieben. Diese ist stets gehisst, auch dann, wenn der Wind eisig bläst.

PUNKTmagazin Spielen

Wirtschaft

35


36

Wirtschaft


– Wirtschaft –

Die Twitter-Währung Die wichtigste Kennzahl auf Twitter ist die Anzahl der Menschen, die einem folgen; die Follower. Das zumindest meinen viele. Doch es stimmt nicht. Text Rino Borini Illustration Fabian Widmer

Nach dem Börsengang ist der Kurznachrichtendienst Twit-

Doch wie erwähnt geht nichts ohne die richtigen Follower.

ter in aller Munde. Und doch wissen viele gar nicht, was es mit dem

Mittlerweile ist es schon fast zum Volkssport geworden, seine Fol-

«Zwitschern» auf sich hat. Ist Twitter ein soziales Netzwerk? Ein

lower nach oben zu treiben. Noch immer herrscht die Meinung

Blog? Eigentlich ein Mix von beidem. Twitter ist ein kostenloser

vor, dass Follower Gold wert seien – nach dem Motto: Je mehr man

Online-Dienst, auf dem die Nutzer mit maximal 140 Zeichen alles

hat, umso wichtiger ist man. Auch Unternehmen glauben teils, je

Mögliche verbreiten können. Eine Art SMS an die Welt also, die je-

mehr Follower sie aufweisen, desto anerkannter seien sie. Wirft

der lesen, kommentieren und weiterleiten kann. Das Unternehmen

man einen Blick darauf, wie viele Twitter-Nutzer wirklich aktiv

ist zu einem mächtigen Nachrichtenticker geworden und wird an

sind, wird schnell klar, dass die Devise «Klasse statt Masse» ange-

der Börse mit über 22 Milliarden Dollar bewertet – obwohl die Fir-

zeigt ist. Denn von den heute bereits über 904 Millionen Accounts

ma noch keinen einzigen Rappen Gewinn verzeichnen konnte.

werden nur 232 Millionen aktiv genutzt. Und nur 117 Millionen

Verantwortlich für den hohen Wert sind all die Nutzer, die täg-

Nutzer verfassen selber Tweets, so das US-Researchhaus PeerReach.

lich über 500 Millionen Tweets absetzen. Sie sind sozusagen die Bür-

Trotz diesen Daten scheuen manche Firmen, Politiker und Starlets

gerjournalisten, die den Kurzmitteilungsdienst ausmachen. Schnel-

nicht davor zurück, sich bei einem dubiosen Anbieter Follower zu

ler als die etablierten Nachrichtendienste verbreiten sich ihre

kaufen. Für wenige Dollar erhält man dort innerhalb kürzester Zeit

Meldungen auf der ganzen Welt. Nötig sind dafür nur die richtigen

Tausende von Verfolgern. In den meisten Fällen taugen sie wenig

Follower und spannende Nachrichten. Prominentes Beispiel ist die

bis gar nichts. Selbst Twitter-Mitgründer Evan Willams relativierte

Twitterin @AjaDiorNavy, die 27 Minuten vor allen offiziellen Medi-

die Follower-Zahlen gegenüber dem Spiegel: «Die Anzahl der Fans

en den Tod von Whitney Houston vermeldete und damit eine globa-

ist kein guter Massstab, selbst dann nicht, wenn man die Falsch-

le (Twitter-)Welle auslöste. Ähnlich war es im Falle der Airbus-Not-

konten herausfiltern könnte.»

landung im Hudson River im Jahre 2009. «Da ist ein Flugzeug im

Hudson River. Bin auf der Fähre, die versucht, die Leute aufzusam-

rung? Am ehesten ist es die Zahl der Retweets, die einen Indikator

meln», schrieb @jkrums. Wenn Twitter von einer genügend grossen

liefert. Wenn jemand regelmässig gute Inhalte, komprimiert auf

Zahl Menschen genutzt wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass

140 Zeichen, liefern kann, wird er auch von qualitativen Followers

­einer von ihnen zum Zeugen wird, wenn irgendwo etwas passiert.

verfolgt – und diese teilen seine Inhalte.

PUNKTmagazin Spielen

Da stellt sich die Frage: Was ist denn eine gute Twitter-Wäh-

Wirtschaft

37


Wearable Intelligente Kleidung ist ein rasant wachsender Markt. Doch deren Erfolg ruft Kritiker auf den Plan, sie sehen den gesellschaftlichen Zusammenhalt bedroht. Was ist von den Einwänden zu halten?

TECHNOLOGY ­Modesektor umwälzen, sie könnten auch das

­Unternehmen auf diesem Gebiet. Dass man

technologische Verständnis der Gesellschaft

vor einem Computer sitzen oder auf ein

Im Science-Fiction-Klassiker «Zurück

auf eine neue Stufe stellen. Rund 20 Jahre

Smartphone starren muss, um sich via Face­

in die Zukunft» trägt Michael J. Fox alias

nach der Erfindung des Internets und weni-

book, Twitter oder Instagram mit Freunden

Marty­ McFly, nachdem er sich mit der Zeit-

ge Jahre, nachdem Smartphones unseren All-

auszutauschen, gehöre bald der Vergangen-

maschine ins Jahr 2015 katapultierte, eine

tag durchdrungen haben, werden auch Klei-

heit an, sagt die Expertin. Die Jacken und

rote­ High-Tech-Jacke. Wie eine normale Ja-

dungsstücke fürs 21. Jahrhundert fit gemacht.

Mäntel von Morgen empfangen WLAN und

cke wird auch diese im strömenden Regen

Der Industriezweig erlebt einen regelrech-

verfügen über einen USB-Anschluss. Auto-

nass. Doch kaum im Trockenen, ist auch die

ten Kick-off. Glaubt man einer aktuellen Stu-

oder Wohnungstür könnten sich beispiels-

Jacke trocken, innerhalb nur weniger Sekun-

die der Credit Suisse, ist Wearable Technology

weise automatisch öffnen, wenn sich der Be-

den. Die Hollywood-Fiktion von 1989 könnte

ein Markt mit enormem Wachstumspotential.

sitzer der Tür nähert. «Affective Computing»

bald Wirklichkeit werden. Neue Materialien

Die Umsätze sollen sich gemäss der Schweizer

nennt sich das. Kleidung und Technologie er-

und Technologien machen es möglich, dass

Grossbank in den nächsten drei bis fünf Jah-

kennen menschliche Handlungsmuster und

Kleider ihre Farbe wechseln und mit dem In-

ren auf 50 Milliarden Dollar verzehnfachen.

reagieren auf sie. Sabine Seymour macht ein

Text Philip Bürkler

ternet verbunden sind.

praktisches Beispiel: «Nach einer Knieverlet-

Die Branche spricht von «Wearable

Mit der Jacke ins Internet «Die Kleider von

zung muss ich in die Physiotherapie. Der Arzt

Technology» oder von «Smart Clothes»: in-

Morgen sind mit dem Internet verbunden»,

fragt mich jedes Mal, ob ich alle Übungen ge-

telligente Kleidung. Ein deutscher Begriff

sagt Sabine Seymour. Die gebürtige Österrei-

macht habe.» In Zukunft könnten intelligente

für diese Textil-Revolution ist noch nicht er-

cherin ist Kreativ-Direktorin bei Moondial

Kleider diese Daten dem behandelnden Arzt

funden. «Wearables» werden nicht nur den

in New York, einem der weltweit führenden­

direkt und präzise übermitteln.

38

Wirtschaft

4 4



4 4

Die Zukunft bringt auch visuelle Verän-

CuteCircuit­für Aufsehen. Ihr Abendkleid war

derungen mit sich: Seymour, die an der New

bestückt mit 2000 LED-Dioden, die die Twit-

Yorker New School of Design unterrichtet,

ter-Nachrichten ihrer Fans in Echtzeit an-

denkt etwa an Textilien, die dank Nanotech-

zeigten. Von den gleichen Designern stammt

nologie ihre Farbe wechseln können: «Mit

auch das mit 24 000 LEDs bestückte «Galaxy

neuartigen Materialien ist es möglich, je-

Dress», das grösste tragbare Farbdisplay der

des einzelne Molekül anzusteuern und des-

Welt. Das Individuum als Inszenierung und

sen Farbe zu modifizieren.» Auch bei der

Projektionsfläche – oder auch als wandeln-

Auswahl von Motiven soll es keine Grenzen

de Litfasssäule? Der Werbeindustrie dürften

mehr geben. Modebewusste Menschen könn-

sich durch diese­neuen Formen der visuellen

ten heute ein Werk von Andy Warhol auf ihr

Kommunikation­ und Interaktion bisher un-

Shirt «downloaden», am Tag darauf ein Bild

geahnte Möglichkeiten erschliessen.

von Picasso. «Wer selber kreativ sein will, kann auch seine eigenen Motive entwerfen»,

Zerstört Google die Diskussionskultur? Bis

sagt Seymour. Bereits getestet ist Kleidung mit

LED-Kleidung reif ist für den Massenmarkt,

Dank eingewebten Solarpanels können

integrierten LED-Displays, auf denen sich Bil-

vergehen aber wohl noch einige Jahre. Die

­moderne Kleider selber Energie erzeugen.

der und Texte darstellen lassen. 2012 sorgte

Initial­zündung für Wearable Technology

die amerikanische Sängerin Nicole Scherzin-

könnte jedoch bereits im kommenden Jahr

ger an einer Veranstaltung mit einem futuris-

bevorstehen, wenn die Google Glass in die

tischen Dress des Londoner Designer-Duos

Verkaufsregale kommt. Die Datenbrille des

40

Wirtschaft


­Suchmaschinenriesen ist Telefon, Computer

der Preis von rund 1500 Franken ist zu hoch.»

und Kamera in einem und könnte das soziale

Auch die Londoner Designerin Francesca

Verhalten der digitalen Vernetzung und «In-

Rosella vom LED-Pionier CuteCircuit sieht

terconnection» erneut radikal verändern. Seit

den Preis als Hürde. Ein weiterer Schwach-

der Ankündigung im Frühling 2013 sorgt vor

punkt sei das ziemlich «uncoole» Design.

allem die Videofunktion für Zündstoff. In ei-

«Die Brille ist vielleicht toll für spezielle An-

ner Welt, in der es im öffentlichen Raum von

lässe, sie ist aber kein Gadget, das man täg-

Überwachungskameras wimmelt und die Ge-

lich auf seiner Nase haben will», so Rosel-

heimdienste vor privaten Daten nicht Halt

la. Mangelnde Ästhetik und der hohe Preis

machen, ermöglicht Google nun auch die

könnten für Google bei der Positionierung

Überwachung des intim-sozialen Raums.

im Massenmarkt tatsächlich zum Lackmus-

Die niederländische Journalistin und

test werden. Branchenkenner sehen Google

Dokumentarfilmerin Bregtje van der Haak

Glass letztendlich nur als Übergangsgerät im

sieht dadurch die zwischenmenschliche Be-

Bereich der «Augmented Reality», der erwei-

ziehung bedroht. «Die Brille wird das Ge-

terten Realität. Forscher vom Nationalen Ins-

sprächsverhalten der Menschen nachhaltig

titut für Wissenschaft und Technik im südko-

beeinflussen». Dabei muss die Kamera nicht

reanischen Ulsan sind bereits einen Schritt

einmal eingeschaltet sein. «Nur schon, wenn

weiter. Sie entwickeln intelligente Kontakt-

das Gegenüber vermutet, das Gespräch könn-

linsen, die mit Leuchtdioden und einer neu-

te aufgezeichnet werden, löst das Irritationen

artigen transparenten Elektrode kombiniert

aus.» Google Glass als Gefahr für die freie Dis-

sind. ­Informationen aus dem Internet gelan-

kussionskultur? Wie aggressiv Menschen re-

gen so direkt aufs Auge der Konsumenten,

agieren, wenn sie ungefragt gefilmt werden,

ohne ­Umweg über ein klobiges und «uncoo-

zeigt eine Szene in Haaks neustem Doku-

les» Brillengestell.

mentarfilm «TechMan», der die gesellschaft-

lichen und sozialen Folgen von Google Glass

betrachtet anziehbare Technologie offen-

thematisiert. Die Regisseurin befürchtet ne-

sichtlich als sichere Investition in die Zu-

gative Auswirkungen auf die sozial-ökonomi-

kunft. Das kalifornische Unternehmen hat

sche Beziehung unter den Menschen. «Wenn

erst kürzlich mit Paul Deneve, CEO von Yves

sich alle beobachtet fühlen, werden wir zu ei-

Saint Laurent, und Angela Ahrendts, Chefin

ner Art Marketing, in der sich jeder von sei-

von Burberry, zwei Spitzenleute aus global

ner besten Seite zeigen will.»

tätigen Modeunternehmen abgeworben. Ein

Geld macht glücklich, wenn man einen Partner hat, der immer für einen da ist. Mit unseren Anlagefonds und Vorsorgelösungen bleibt Ihnen mehr Zeit, das Leben zu geniessen. Gerne berät Sie der Kundenberater Ihrer Kantonalbank.

Auch der Computerhersteller Apple­

kluger Wissenstransfer: Das Know-how der Die erweiterte Realität Bregtje van der Haak

Modebranche wird kombiniert mit Techno-

und andere Beobachter halten einen umfa­ss­

logiewissen. Die Bekleidung – eine der letz-

enden­ Erfolg der Google-Brille für unwahr-

ten noch nicht digitalisierten Bereiche un-

scheinlich. «Ich glaube nicht, dass die Men-

seres Lebens – ist im hypervernetzten 21.

schen in Massen diese Brille kaufen werden,

Jahrhundert angekommen.

die elektronische haut Ursprünglich entwickelte das Team um Takao Someya an der Technischen Universität in Tokio die elektronische Haut für Roboter, die im Gesundheitsbereich eingesetzt werden sollten. Heute liegt der Fokus auf dem Menschen, wo die e-skin den Gesundheitszustand des Trägers erfassen oder als Prothese eingesetzt werden soll. Ob für Roboter oder Mensch, die Schwierigkeiten bleiben dieselben: Damit sie flexibel einsetzbar ist, muss die Haut dünn und weich sein – ist aber auf eine hohe Anzahl Sensoren angewiesen. Das ist nicht zuletzt auch eine Kostenfrage. Doch Professor Someya ist überzeugt, dass diese Schwierigkeiten gemeistert werden können und die e-skin in ­Zukunft eine tragende Rolle spielen wird. So könnte die elektronische Haut ihren Träger warnen vor einem anstehenden Herzinfarkt, wo­rauf sich dieser in medizinische Pflege begeben kann.

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Aktuelle Analysen und Meinungen jetzt auf unserem Blog.

Anlage und Vorsorge.


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Invest


– Invest –

eingesetzt, in der Schweiz sind es nur 10 Prozent. Vielen fehlt das Vertrauen in die Anwendungen; vor allem

mobil bezahlen

hinsichtlich Sicherheit, Datenschutz oder Verlust des Mobilgeräts sind sie skeptisch. Dennoch sind Experten überzeugt vom grossen Potenzial. Das Marktforschungsinstitut Gartner schätzt die Zahl der M-Payment-Nutzer bis 2016 auf 448 Millionen. Die Umsätze werden gemäss dem Beratungsunternehmen Yankee Group bis 2015 auf eine Billion Dollar steigen.

Trotz guter Aussichten wird der Bereich von den

Banken immer noch vernachlässigt. Branchenfremde Unternehmen haben bereits 2010 sechs Prozent der Text Barbara Kalhammer

weltweiten finanziellen Transaktionen abgewickelt.

Bild Fabian Widmer

Dass ein Verdrängungswettbewerb ansteht, bestätigt auch eine Studie der Deutschen Bank. Nur wenn die Institute es rechtzeitig schaffen, den Kunden passende Lö-

Der Zahlungsverkehr war für Banken lange ein rentabler Geschäftszweig. Doch nun drängen branchenfremde Akteure in den Markt, die den angestammten Playern mit ­neuen Bezahlmöglichkeiten Marktanteile streitig ­machen.

sungen anzubieten, wird dieser sanft ausfallen. Andernfalls drohe der Verlust von Marktanteilen. Dabei geht es längst nicht nur um die Abwicklung der Transaktionen.

In der Schweiz haben

Gemäss dem Consulting-Unternehmen Solutions Pro-

­mobile Bezahlsysteme

viders sind die Banken auch mit neuen Anforderungen

einen schweren Stand.

im Kundensupport konfrontiert. Kunden erwarten ein

Noch zücken wir an der Kasse meist die EC-Kar-

persönliches Finanzmanagement: vom Überblick über

te, doch zukünftig könnte das Mobiltelefon die glei-

die eigenen Finanzen bis hin zu dazu passenden finan-

che Funktion erfüllen. Den Banken droht der Verlust

ziellen Ratschlägen vom Bankberater.

Lediglich jeder zehnte Smartphone­besitzer nutzt sie. Fast zwei Drittel sagen, sie hätten gar kein ­Interesse an M-Payment.

einer wichtigen Einnahmequelle: Immerhin erzielten sie 2012 gemäss Angaben der Boston Consulting

Nutzung mobile endgeräte schweiz

2013

Group mit Zahlungsverkehr und Transaktionsbanking Gewinne von über 520 Milliarden Dollar. Mit dem Einzug der Digitalisierung jedoch erhalten neue

E-mails via Programm

E-mails via Browser

Social Media

Kurzmitteilungen

Zahlungssysteme wie das Mobile (M-)Payment mehr Bedeutung. Vorreiter sind die USA, wo beispielsweise

AB

zehn Prozent der Starbucks-Kunden per Smartphone bezahlen. Paypal hat 2012 über mobile Endgeräte 14

74%

62%

63%

65%

Online Banking

Mobile Payment

Milliarden Dollar umgesetzt. Die Systeme überzeugen vor allem durch Schnelligkeit und Einfachheit. Einen Schritt weiter geht das ausschliesslich in den USA ver-

InternetTelefonie

Internet-Telefonie mit Video

breitete Google Wallet, ein virtuelles Portemonnaie. Bei diesem verfügt das Smartphone zusätzlich über

CHF

Informationen wie Daten von Kredit- und Treuekarten bis hin zur Sozialversicherungsnummer.

Auch in der Schweiz wächst das Angebot an mo-

bilen Bezahlmöglichkeiten. Manor bietet für seine Kunden-Kreditkarten eine App mit Bezahlfunktion

35%

27%

36%

10%

Quelle: MobileWebWatch

mobile payment schweiz

2013

an. Migros hat seine Kassen umgerüstet und ermöglicht kontaktloses Bezahlen mit der Kreditkarte, künftig auch mit Smartphones. Konkurrent Coop strebt eine ähnliche Lösung an. Zum Einsatz kommen soll die

10%

Swisscom-Applikation «Tapit», die ab 2014 kontaktloses Bezahlen per Mobiltelefon ermöglichen soll. Der Haken an der Sache: Viele Technologien setzen auf «Near Field Communication». Diese Technologie wird jedoch vom besonders in der Schweiz sehr beliebten iPhone nicht unterstützt. Ungünstig – wenn auch we-

64% Verwenden kein Mobile Payment und sind nicht interessiert daran.

nig überraschend – ist, dass alle Anbieter ihr eigenes Süppchen kochen, statt gemeinsam an den Weiterent-

Verwenden Mobile Payment CHF

26% Sind interessiert an Mobile Payment und möchten dies im nächsten Jahr nutzen.

wicklungen zu arbeiten. Bislang kommen die mobilen Zahlungsdienste spärlich zum Einsatz. Gemäss der Accenture-Studie «Mobile Web Watch 2013» werden sie weltweit von 20 Prozent der Smartphonebesitzer­

PUNKTmagazin Spielen

Quelle: MobileWebWatch

invest

43


kolumne

Allez-y! Loyalität à tout prix

mirjam staub-bisang

G

ibt es gute und schlechte Akti-

verpflichtet fühlt, sondern auch den ande-

onäre? Muss ein Aktionär gut

ren Stakeholdern: Motivierte Mitarbeiter,

sein? Muss er überhaupt etwas

eine ordentliche und transparente Corpo-

sein? Nach geltendem Recht

rate Governance und ein gutes Management

haben Aktionäre in der Schweiz nur eine

der operativen und insbesondere der Repu-

Pflicht: Sie müssen das gezeichnete Aktien-

tationsrisiken beeinflussen den Firmenwert

kapital liberieren, sprich, den Nominalwert

­positiv.

einzahlen. Weitergehende Treuepflichten

haben sie nicht. Ihre Interessen dürfen also

langfristigen und engagierten Aktionären, al-

rein finanzieller Natur sein. Um Arbeitneh-

so zu solchen, die ihnen nicht bei der kleins-

mer oder sonstige Stakeholder brauchen sich

ten Krise den Rücken kehren? Als Beispiel

Aktionäre nicht zu kümmern. Warum auch?

liessen sich sogenannte «Loyalty Shares»

Ketzerische Frage: Wäre es für Unter-

oder «Aktie mit Treueprämie» beziehungs-

nehmen allenfalls besser, die Aktionäre wür-

weise «Kumulus-Aktie» nennen. Dieses Heil-

den über ihr Stimmrecht vermehrt Einfluss

mittel kann anonyme, kurzfristig orientierte

nehmen? Aktionäre haben ein Stimmrecht –

Aktionäre in engagierte und verantwortungs-

aber keine Stimmpflicht. Davon ausgenom-

bewusste Eigentümer verwandeln. Familien-

men sind Pensionskassen, für die dank der

unternehmen liefern dafür gute Beispiele.

«Minder-Initiative» die Stimmpflicht für di-

rekt gehaltene Aktien eingeführt wird – un-

konzerne, darunter Michelin, Air Liquide

ter Strafandrohung bei Nichteinhaltung.

oder L’Oréal, offerieren langfristigen Aktio-

Zahlreiche Pensionskassen-Verantwortliche

nären Treueprämien, die über die ordentli-

beklagen sich nun über den zu erwartenden

che Dividende hinausgehen. Dadurch ent-

Mehraufwand. Trotzdem ist die Stimmpflicht

wickelt sich ihre Aktionärsstruktur immer

zu begrüssen. Sie zwingt Investoren, sich mit

mehr in Richtung langfristiger Kapitalgeber.

dem Unternehmen auseinanderzusetzen –

Das klingt sehr einfach: Aktionäre erhalten

und das zu ihrem eigenen Vorteil.

als Treuebonus Optionen, die sie nach min-

Eigentlich müssten Firmen und ihre

destens drei- oder fünfjähriger Haltefrist aus-

Manager engagierte Aktionäre schätzen, ins-

üben können. Rechtsexperten befürworten

besondere wenn deren Interessen dem nach-

Loyalty Shares sogar im Rahmen des gelten-

haltigen Unternehmenserfolg gelten und sie

den schweizerischen Aktienrechts und sehen

nicht einfach – wie zahlreiche Hedge Funds –

darin keinen Verstoss gegen das zwingende

auf die Schnelle Kasse machen wollen. Lang-

Gleichbehandlungsgebot. Vernünftigerweise

fristig engagierte Aktionäre wissen, dass ih-

wäre eine entsprechende Klausel in der lau-

ren finanziellen Interessen besser Rechnung

fenden Aktienrechtsreform zu begrüssen.

getragen wird, wenn sich ein Unternehmen

nicht ­ausschliesslich seinen Shareholdern

Allez-y! Wer macht den ersten Schritt?

Doch wie kommt ein Unternehmen zu

Aber auch einzelne französische Gross-

Zu gut, um wahr zu sein? Keineswegs.

Dr. Mirjam Staub-Bisang ist CEO der Independent ­C apital ­Management AG. Die Rechtsanwältin und Buchautorin («Nachhaltige Anlagen für Institutionelle Investoren») hält zudem einen MBA-Abschluss der INSEAD.

44

Invest


Anleger als Spielball

– Invest –

Vertrauen ist nur dann gerechtfertigt, wenn es nicht enttäuscht wird. Doch gerade in der Vermögensverwaltung ist dies immer häufiger der Fall: Anleger legen ihre Vermögen vertrauensvoll in die Hände ihrer Bank in der Erwartung, dass diese damit Rendite erzielt. Doch nicht selten geht der Schuss nach hinten los. Ein Beispiel dafür ist ein Schwellenländer-Fonds von Pictet (LU0131726092), der seinen Weg auch in die Portfolios von Schweizer Anlegern fand. Da es sich bei der Fondswährung um den Dollar handelt, geht der Anleger Währungsrisiken ein, was schon mal ungünstig ist. Doch auch sonst enttäuschte das Produkt auf der ganzen Linie:

mit spielgeld an die börse

Während der Vergleichsindex auf Fünfjahressicht 105 Prozent zulegte, waren es beim Fonds knapp 67 Prozent. Und dafür musste der Anleger erst noch eine Gesamtkostenquote (TER) von 2,96 Prozent in Kauf nehmen. Sowohl der Fondsmanager wie auch das be-

Die Aktienmärkte befinden sich auf Höchstständen. Doch je höher die Kurse klettern und

ratende Institut haben hier kein gutes Händ-

je stärker die Presse dies breit tritt, desto mehr ungeübte Privatanleger strömen in den

chen bewiesen – dies zu Lasten des Anlegers.

Markt. Auch sie wollen ein Stück vom Kuchen. Damit ist die Zeit der Zockerprodukte gekom-

Eine Möglichkeit, um nicht unfreiwillig zum

men, die mit wenig Kapitaleinsatz überproportional an Aktienkursbewegungen partizipie-

Spielball der Banken zu werden, bieten bör-

ren. In erster Linie gemeint sind Call- und Put-Warrants. Doch ihr Einsatz will gelernt sein,

senkotierte Indexfonds wie ETF und ETP. Die

wird ihr Preis doch durch zahlreiche Faktoren wie Volatilität und Restlaufzeit beeinflusst.

Produkte bilden einen Markt eins zu eins ab

Letztlich sind Warrants vergleichbar mit einem Alles-oder-nichts-Spiel – im schlimmsten

und erlauben es dem Anleger, seine Entschei-

Fall droht der Totalverlust. Einfacher und weniger risikoreich sind Mini-Futures. Sie haben

dungen kostengünstig, schnell und effizi-

keine festen Laufzeiten und ihre Preisentwicklung ist leichter nachvollziehbar. Sie werden

ent umzusetzen. Simpel ist jedoch auch die

ebenfalls auf steigende (Long) wie fallende Kurse (Short) angeboten. Prinzipiell wird mit

ETF-Auswahl nicht. Bei der Selektion gilt es,

dem Produkt in den Basiswert investiert, allerdings finanzieren sie nur einen geringen Teil.

Aspekte wie Indexauswahl, Kosten, Liquidi-

Den Rest, das sogenannte Finanzierungslevel, übernimmt der Emittent. Dadurch entsteht

tät und Abbildungsgenauigkeit zu beachten.

ein Hebeleffekt, der umso grösser ist, je höher der Finanzierungsanteil ist. Steigt der Ba-

Doch immerhin bieten passive Produkte eine

siswert, gewinnt der Mini-Future Long an Wert. Zudem sind die Produkte mit einem Sicher-

Möglichkeit, sich aus der Abhängigkeit von

heitsmechanismus ausgestattet. Bei Erreichen der sogenannten Stop-Loss-Marke wird der

Beratern zu befreien.

bK

Titel automatisch ausgestoppt und der Anleger erhält einen Restwert ausbezahlt. Dennoch sollte nur Kapital investiert werden, das entbehrt werden kann, Spielgeld sozusagen.

funktionsweise von mini-futures

Basiswert

100

20

Mini-Future Long

80

Finanzierungslevel

Mini-Futures und Finanzierungslevel haben beim Kauf den gleichen Wert wie der Basiswert.

110

BK

in Fr.

30

+50% 90

80

Aktie steigt: Der Mini-Future steigt im gleichen Umfang wie der Basiswert. Prozentual ist die Zunahme jedoch viel grösser.

10

-50%

80

Aktie fällt: Der Mini-Future verliert im gleichen Umfang wie der Basiswert. Prozentual ist der Verlust jedoch viel grösser.

Quelle: RBS

PUNKTmagazin Spielen

invest

45


– Invest –

börsensucht Die Börse lockt mit schnellem Geld, Ruhm und Macht. Doch ist man dem Reiz des ständigen Handelns erst einmal erlegen, ist die Schwelle zur Spielsucht bereits nahe.

Text Barbara Kalhammer Illustration Fabian Widmer

Chancen­ und immer höhere Gewinne. Geradezu fanatisch werden die Kurse verfolgt, und das rund um

46

Invest

Er habe dem Kick nachgejagt, vielleicht die Sehn-

die Uhr. Ist der europäische Handel geschlossen, geht

sucht gehabt, die Wirklichkeit zu vergessen und auszu-

es in Amerika weiter, danach in Asien. Dieses Phäno-

brechen. Das gehe an der Börse gut. So beschrieb FC-

men beschreibt auch Hoeneß im Interview. Selbst bei

Bayern-Präsident Uli Hoeneß im Interview mit der Zeit

wichtigen Fussballspielen habe er seinen Börsenpa-

seine Börsensucht und gab dem pathologischen Trader

ger mit den aktuellen Kursen dabeigehabt. «Ich habe

erstmals ein (prominentes) Gesicht. Viele Jahre wurde

Tag und Nacht mit der Bank telefoniert, die haben ja

diese Gruppe von der Gesellschaft weitgehend igno-

alle so Nightdesks, wegen der Zeitverschiebungen.»

riert. Suchtprobleme passten nicht in das Bild des seri-

ösen und rationalen Händlers.

nicht bekannt, sie wird auf zwei bis fünf Prozent der

Die genaue Zahl der pathologischen Trader ist

Doch das Zocken an der Börse, das suchthaf-

Spielsüchtigen geschätzt. In der Schweiz sind 120 000

te Wetten auf steigende oder sinkende Kurse, ist weit

Menschen spielsüchtig, das entspräche 2400 bis 6000

verbreitet. Bei den Betroffenen dreht sich das Leben

Börsensüchtigen. Gemäss Christian Ingold, Fachex-

immer stärker nur noch um Wertpapiere, verpasste

perte am Zentrum für Spielsucht in Zürich, dürfte der


Prozentsatz­ hierzulande sogar etwas höher liegen. Zu-

Beruf und Vermögen entstehen. Entscheidend ist die

dem sei die Dunkelziffer hoch.

Impulskontrolle. «Glückspiel ist eine Impulskontroll-

Was macht das Spiel an der Börse so verführe-

störung», sagt Ingold. Spielsüchtige sind nicht mehr

risch? «Neben Unterhaltung und Nervenkitzel können

in der Lage, ihren Impulsen zu widerstehen. Dies un-

die Menschen einfach die Welt rundherum vergessen,

termauert ein weiterer Beitrag aus dem Suchtforum:

und sie haben die Chance auf hohe Gewinne», erklärt

«Wenn ich mal Gewinn gemacht habe und mir vor-

Ingold. Das Geld eröffne ihnen natürlich auch einen

genommen hatte aufzuhören, war am nächsten Tag

Prestigegewinn. Doch die Motivation des Reichwer-

der Drang da, es wieder auszuprobieren.» Neben ei-

dens, der eigentliche Beweggrund

ner Disposition können auch

für das Handeln an der Börse, ver-

einschneidende Erlebnisse der

blasse mit dem pathologischen

Auslöser für eine Sucht sein. Da-

Verhalten. Dort gehe es nur noch

zu zählen Lebensübergänge wie

um das Hin und Her aus Hoffen

Pensionierung und Familien-

und Selbstbestrafen.

gründung ebenso wie Krisen, die

Ebenfalls von Bedeutung sei

durch Trennung, Jobverlust oder

das Geltungsstreben, so Ingold.

Todesfälle hervorgerufen wer-

Menschen wollen an der Börse

den.

wahrgenommen werden und dazugehören. Im Gegensatz zum Casino hat man laut Ingold an der Börse das Gefühl, an etwas Grösserem teilzuhaben. Durch den Bezug zur Realwirtschaft entstehe ein gewisses Machtgefühl. Beim Casino sei man sich dagegen bewusst, dass das Spiel abgekoppelt vom realen Leben stattfinde. Das bestätigt

«Ich habe Tag und Nacht mit der Bank telefoniert, die haben ja alle so Nightdesks, wegen der Zeitverschiebung.» Uli Hoeneß in der «ZEIT»

Dabei geraten Geldanlage

und Absicherung als die übergeordneten Ziele des Börsenhandels schnell aus dem Fokus. Ein wichtiger Faktor bei der Entstehung der Sucht ist der Versuch, Verluste wieder wettzumachen. Um das verlorene Geld, das Spieler als persönliche Kränkung wahrnehmen, zurückzugewin-

auch ein süchtiger Börsentrader in

nen, werfen sie häufig ihre Stra-

einem Spielsucht-Forum: «Letzt-

tegie über den Haufen und ge-

lich ist es die Gier nach mehr, die

hen noch grössere Risiken ein.

uns unglücklich macht. Mehr wis-

Immer mehr Zeit werde für das

sen als andere, mehr haben als an-

Zocken aufgewendet, die Betrof-

dere, mehr Macht ausüben.»

fenen seien mental und emo-

tional abwesend, die Arbeit be-

Zum Einsatz kommen vor

allem Hebelprodukte, die normalerweise zur Absiche-

komme einen geringeren Stellenwert und letztlich

rung eines Portfolios eingesetzt werden. Doch sie erlau-

würden sie auch finanziell in Schieflage geraten, be-

ben es eben auch, mit vergleichsweise geringem Kapi-

schreibt Ingold die Warnsignale. Doch gerade an der

taleinsatz schnell hohe Gewinne zu erzielen. Doch das

Börse ist die Geldbeschaffung für Bank- oder Versi-

Risiko ist ebenfalls hoch, im schlimmsten Fall entsteht

cherungsangestellte, die für ihr Unternehmen han-

ein Totalverlust. Ein «Spiel» mit hohem Gefahrenpo-

deln, einfacher und nicht existentiell. Ein Beispiel

tenzial, das ungeachtet der Risiken boomt. Allein in der

dafür ist Kweku Adoboli. Er war jahrelang ein ange-

Schweiz sind mehr als 13 Milliarden Franken in Hebel-

sehener Wertpapierhändler bei der UBS. So lange, bis

produkte investiert, im September lag der Umsatz bei

seine Zockereien schief gingen und er einen Verlust

über einer Milliarde Franken.

von zwei Milliarden Franken einfuhr. Spekuliert hat er allerdings mit illegalen Methoden.

Im Bann des Marktes Natürlich ist längst nicht jeder

Daytrader und Anleger auf dem Weg in die Sucht, doch

da sie von ihrer Bank keinen Kredit erhalten, um da-

das Risiko kann nie ganz ausgeschlossen werden. Das

mit an der Börse zu zocken. Doch obwohl es ihr eige-

Gefahrenpotenzial von Online-Trading und Börsen-

nes Geld ist, verlieren sie häufig den Realitätsbezug.

spekulationen gilt als hoch. Es beinhaltet eine Vielzahl

Im Extremfall kann dies zu Beschaffungskriminali-

der von Jörg Häfeli, Professor für Sozialmanagement,

tät führen, wie man sie von Drogensüchtigen kennt.

Sozialpolitik und Prävention definierten Merkmale

Fast schon ironisch mutet die Tatsache an, dass gerade

zur Einschätzung des Suchtpotenzials: hohe Ereignis-

Schulden einen Ausweg aus dem Sumpf bieten kön-

frequenz (kurze Zeitspannen zwischen Einsatz, Spiel-

nen. Gemäss Ingold sind sie für viele Menschen der

ausgang und nächstem Einsatz), multiple Investiti-

Auslöser, sich therapeutische Hilfe zu suchen.

Für Privatanleger ist die Hemmschwelle grösser,

onsgelegenheiten, hohe Gewinnwahrscheinlichkeit, variable Investitionsgrössen und Kontinuität der In-

Emotionale Zocker Börsensucht führt bei den Be-

vestition (nahtloses Wechseln zwischen den Spielen).

troffenen zu einem Wechselbad der Gefühle. «Bei Ge-

winnen hatte ich relativ kurz Freude, bei Verlusten

Die Sucht kann unabhängig von Alter und Ge-

schlecht, sozialem Status und familiärem Umfeld, von

PUNKTmagazin Spielen

war ich tagelang ziemlich frustriert», schreibt ein44

invest

47


ANGEPASST ANGEPASST VON ANGEPASST FABI: ANGEPAS VON ANGEP FAB VO

ANGEPASST ANGEPASST VON VON FABI: FABI: ANGEPASST ANGEPASST VON VON FABI: FABI: ANGEPAS

Haben Sie sehr häufig an

Haben Sie das Bedürfnis

Haben Sie wiederholt

Haben Sie sich beim

Haben Sie gespielt, um

vergangene Spielerfahrun-

verspürt, mit immer

erfolglos versucht,

Versuch, die Spiel-

Probleme auszublenden

gen oder die Planung

höheren Einsätzen zu

die Spielaktivitäten zu

zukünftiger Spiel-

spielen, um die gewünsch-

kontrollieren?

aktivitäten gedacht?

te Erregung zu erzielen?

JA

NEIN

JA JA

NEIN NEIN

JAJA

NEIN NEIN

JA

NEIN JA JA

aktivitäten einzuschrän-

oder um unangenehme

ken, unruhig und

Gefühle abzubauen?

NEIN NEIN JA

… UND … UND «POSTER» … UND «POSTER» …… UND «POSTER» UND FÜR «POSTE «POS FÜR TEX gereizt gefühlt?

ANGEPASST VON ANGEPASST VON ANGEPASST FABI: VONJAFABI: VON FABI: FABI: JA NEIN JAANGEPASST NEIN ANGEPASST JA NEIN JA FABI: NEIN NEIN JAVON NEIN JA NEIN JA

NEIN

JA

NEIN

JA

ANGEPASST VON FABI: ANGEPASST ANGEPASST VON VON FABI: FABI: ANGEPASST ANGEPASST VON VON FA

UND UND «POSTER» «POSTER» …… UND UND FÜR «POSTER» FÜR «POSTER» TEXT … TEXT UNDFÜR «POSTE FÜR TEX TE Haben Sie Familienmit-

Haben Sie nach spielbedingten Verlusten JA NEIN JA JA

NEINNEIN

glieder, Therapeuten oder JA JANEIN NEIN JA JAJA NEIN NEIN NEIN

Haben Sie illegale Hand-

Haben Sie wegen des Spie-

Haben Sie sich darauf

lungen begangen, um JA JA NEINNEIN

lens eine wichtige Bezie-

verlassen, dass andere Personen Ihre Spielschul-

oft den Versuch unter-

andere Bezugspersonen

die Spielaktivitäten

hung, den Arbeits-/Ausbil-

nommen, diese durch

angelogen, um das Aus-

zu finanzieren oder Spiel-

dungsplatz oder berufliche

den begleichen oder Ihre

erneutes Spielen wieder

mass der Spielaktivitäten

schulden zu begleichen?

Aufstiegschancen gefähr-

spielbedingten finanziel-

auszugleichen?

zu verheimlichen?

det bzw. verloren?

len Probleme lösen?

UND … UND «POSTER» … UND «POSTER» … …UND UND «POSTER» «POSTER» FÜR «POSTER» FÜR TEXT FÜR TEXT FÜR TEXT FÜRTEXT TEXT JA

NEIN

JA

NEIN

JA

NEIN JA

NEIN

JA

NEIN JA

NEIN

JA

NEIN JA

NEIN

JA

NEIN JA

NEIN

ORIGINAL: ORIGINAL: ORIGIN O

«POSTER» …… UND UND «POSTER» FÜR «POSTER» … TEXT … UND UND FÜR «POSTER» FÜR «POSTER» TEXT TEXT FÜ F Quelle: Zentrum für Spielsucht, Zürich (spielsucht-radix.ch)

Börsensucht ist vergleichbar mit anderen formen der Spielsucht. OB SIE GEFÄHRDET SIND, ZEIGT DIESER FRAGEBOGEN.

Bis 2 Ja-Antworten Das Spiel stellt für Sie eine reizvolle Freizeitbeschäftigung dar, die Sie gut mit Ihren sozialen und beruflichen Verpflichtungen in Einklang bringen. 3 bis 4 Ja-Antworten Es ist Zeit, Ihr Spielverhalten kritisch zu überdenken. Nehmen Sie Kontakt mit einer Beratungsstelle auf, wenn es Ihnen nicht gelingt, Ihr Spiel auf ein unschädliches Mass einzuschränken. 5 und mehr Ja-Antworten Das Spiel hat Sie im Griff. Sie haben die Kontrolle darüber verlo-

ren. Familiäre, soziale und berufliche Perspektiven stehen auf dem Spiel oder sind bereits verloren. Nehmen Sie Kontakt mit einer Beratungsstelle auf.

ORIGINAL: ORIGINAL:

ORIGINAL: ORIGINAL:

4 4 Spielsüchtiger im Forum. Gewinne bescheren einem

Zockern bemerkbar macht. Ein anderes, das Framing,

kurzzeitige Euphorie und Machtphantasien, während

beschreibt die Tatsache, dass die Betroffenen schlech-

nik zur Folge haben können. Durch den Gewöhnungs-

tion werden die Informationen gefiltert. Wahrgenom-

effekt müssen die Gewinne immer höher ausfallen, da-

men wird nur, was die eigenen Erwartungen bestärkt,

mit sie für einen positiven Flash sorgen.

der Rest wird ausgeblendet. Das kann so weit führen,

Das Bild des nervösen, reizbaren Casinospielers

dass die Spieler Scheinkorrelationen sehen. Sie bilden

kann auch auf Bankangestellte zutreffen. Sie belügen

eigenartige Zusammenhänge, nach denen sie ihre In-

sich selbst, verharmlosen die Probleme, sind unruhig

vestitionsentscheide fällen. Dazu können beispiels-

oder sogar aggressiv. Darüber hinaus überschätzen sie

weise die Ergebnisse von Fussballspielen zählen.

ihre Fähigkeiten. Sie sehen sich als Experten und hal-

Verbreitet ist auch das Magische Denken. Die Betrof-

ten ihre Entscheidungen für unfehlbar. Die deutsche

fenen glauben, dass sie die Börse beeinflussen oder

Bundesbank hat das Thema der exzessiven Handelsak-

gar kontrollieren können. Kurzum: Sie leiden an ver-

Investoren fest davon überzeugt, an der Börse bessere

gnosefähigkeit beziehungsweise ihre allgemeinen

Ergebnisse erzielen zu können als der durchschnittli-

­Fähigkeiten.

che Anleger. Selbstüberschätzung führe jedoch dazu, Ri-

siken zu unterschätzen.

te und unbeschränkte Zugang. Durch den techno-

Das Phänomen der Overconfidence aus der Be-

logischen Fortschritt kann über Tablets und Smart-

havioral Finance ist nur eines von vielen, das sich bei

phones schnell, einfach, von jedem Ort und zu jeder

O

ORIGINAL: ORIGINAL: ORIGINAL: ORIGINAL: Verluste dauerhafteORIGINAL: Angst, Verzweiflung und sogar Pate Meldungen ignorieren. Und bei der adversen Selek-

ORIGINAL: ORIGINAL: ORIGINAL: ORIGINAL tivität im Januar 2011 behandelt.ORIGINAL: Demnach seien diese zerrter Wahrnehmung und überschätzten ihre Pro-

48

Invest

Das Gefährliche an der Börse ist der leich-


Zeit auf die notwendigen Daten zugegriffen und gehandelt werden. Unterstützt wird diese Entwicklung durch das wachsende Angebot an Finanz-Applikationen. Kritisch betrachtet Ingold aber auch die Entwicklung, Jugendliche für die Börse begeistern zu wollen. Dass Banken versuchen, den Schülern Finanzabläufe näherzubringen, sei verständlich, doch durch Börsenspiele, bei denen hohe Gewinne winken, würden sie «angefixt». Ingold ist der Ansicht, dass Banken ihre Verantwortung hinsichtlich des Suchtpotenzials dieser Spiele nicht wahrnehmen. Soziale und andere Folgekosten Es gibt Möglichkeiten, sich vor Börsensucht zu schützen. Sinnvoll ist, sich ein festes Budget zu setzen, quasi ein Spekulationskonto, auch bekannt als Spielgeld. Man reserviert

QUALITÄT ISCH KEIN ZUEFALL*

sich ein Budget, das man entbehren kann. Damit hätten die Menschen nördlich der Alpen aber ein Problem, erklärt Ingold. Während in der mediterranen Kultur Spieler den Geldeinsatz als Freizeitinvestition sehen, sei es hierzulande üblich, Geld mit Gewinnabsicht zu investieren. Doch gerade strikt selbstauferlegte Regeln können einen vor Schlimmerem bewahren. Eine Untersuchung unter deutschen Tradern zeigte, dass nahezu zwei Drittel – vor allem jene, die sich an solche Regeln hielten – nicht spielsuchtgefährdet sind. Dagegen gaben 25 Prozent an, keinen Tradingplan zu haben. 30 Prozent gelten als latent gefährdet, knapp sieben Prozent als stark gefährdet oder bereits süchtig. Um solche Probleme zu vermeiden, sollte man für sich im Blick behalten, wie viel Zeit man mit dem Spekulieren verbringt, ob es einen ständig in Gedanken beschäftigt, ob man darüber sein Umfeld vernachlässigt und ob man immer höhere Summen einsetzen muss, um einen Kick zu verspüren. Für eine erste Selbsteinschätzung hilft der Fragebogen links.

Wie enorm die Folgen einer solchen Sucht sein

können, beschreibt der Psychologe Gerhard Meyer in seinem Buch «Gefahren- und Suchtpotential von Börsenspekulationen». Die gravierenden Folgeschäden könnten nicht nur den einzelnen Spekulanten treffen, sondern auch das soziale Umfeld wie Angehörige und Arbeitgeber, und soziale Folgekosten verursachen. Zudem könne das Zockerverhalten von Börsenspekulanten, deren Aktivitäten nichts mit realen wirtschaftlichen Werten und Bezügen zu tun habe, Finanzmärkte aus dem Gleichgewicht bringen, was schliesslich ganze Volkswirtschaften in Mitleidenschaft ziehen könne.

Welches Schicksal die Sucht für den Einzelnen

bedeutet, schreibt ein Betroffener im Forum: «Ich werde ab jetzt mit der Börse aufhören, werde mein Depot morgen schliessen. Der Verlust schmerzt extrem, aber da ich glücklicherweise Arbeit habe und keine Schulden gemacht habe, ist es noch ertragbar. Ich versuche, mich frei zu machen von dieser Gier nach Geld, die sich bei mir einfach festgehakt hat.» Nicht ohne Grund heisst es in Anlageberaterkreisen:

* Sie ist das Ergebnis aus Erfahrung, Tatkraft und Weitsicht. Der börsliche Handel von Strukturierten Produkten gilt in der Schweiz deshalb als besonders hochwertig, weil Transparenz, Sicherheit und Präzision für uns mehr sind als ein Lippenbekenntnis. Unsere Erfahrung zahlt sich für Anleger in messbarer Qualität aus. Ein Versprechen, das Ihnen nur das Original unter den Handelsplätzen gibt.

«An der Börse ist es wie im Casino, nur ist ein Casino ein Kindergarten dagegen.»

PUNKTmagazin Spielen

www.scoach.ch


– Gespräch –

Tipps vom trading-profi Nachgefragt Barbara Kalhammer

Für viele ist es ein Traum: Zuhause vor dem Computer sitzen und mit ein paar Klicks zum richtigen Zeitpunkt an den Finanzmärkten ein Vermögen aufbauen. Bei den meisten bleibt es beim Traum, den Markt schlagen sie selten. Profi-Trader ­Mike Kock gibt Tipps, wie man seine Chancen erhöhen kann. PUNKTmagazin Herr Kock, Sie handeln seit Jahren erfolgreich an der Börse. Was macht die Faszination des Tradings aus? Mike Kock_ Es ist die Kombination von finanzieller Freiheit und einem Arbeitsgebiet, das einer ständigen Veränderung unterliegt und doch auf festen Grundprinzipien basiert. Dazu ist man auch noch ortsunabhängig, entscheidend ist nur ein stabiler und schneller Internetzugang. Insgesamt benötigt man für meine Art von Trading einen Zeitaufwand von maximal drei Stunden pro Tag. Trading ist wie eine riesige Spielwiese für erwachsene Kinder, stimmt das? Ja, das stimmt, besonders bei den privaten Tradern ist diese Betrachtung sehr treffend. Doch dies wird auch durch die Finanzindustrie suggeriert. Viele Broker, die private Trader als Zielgruppe haben, erstellen verführerische Werbung: Trading nebenbei, kostenfreie Software, automatische Handelssysteme, 100 Prozent Trefferquote. All dies führt zum Eindruck, dass Geldverdienen an der Börse leicht sein muss.

tern. Warum? Dafür gibt es verschiedene Gründe, doch die beiden Hauptgründe sind fehlendes Fachwissen und die mentale Verfassung. Das mag jetzt extrem klingen, doch viele Anleger denken tatsächlich, ein Wochenendseminar oder eine zweiwöchige Trading-Ausbildung biete das Rüstzeug, um erfolgreich an den Börsen zu bestehen. Wer würde schon zu einem Zahnarzt gehen, der sich in nur zwei Wochen sein Fachwissen angeeignet hat? Doch nur die Menschen, die Schmerzen lieben. Es gilt die

10000-­Stunden-Regel. Ein Profipianist hat bis zu seinem zwanzigsten Lebensjahr etwa 10 000 Übungsstunden hinter sich, der Hobbyspieler dagegen nur 2000. Der Profi hat seit seinem fünften Lebensjahr jede Woche mindestens zwölf Stunden geübt. Gehen Sie die verschiedenen Berufe durch. Um wirklich ein Meister zu werden, benötigt man Zeit – das gilt auch für das Trading. Man muss also kein Genie sein, um erfolgreich zu handeln? Nein, der Intelligenzquotient spielt keine entscheidende Rolle, Durchschnitt ist

50

Invest

mangelndem Fachwissen oder ihrer mentalen Verfa­ssung. Ein Wochen-

Viele Anleger erliegen dem Traum vom schnellen Geld und schei-

Wie weiss man, ob das eigene Wissen ausreicht?

«Die meisten scheitern an

endseminar in Trading reicht nicht, um an den ­Finanzmärkten langfristig erfolgreich zu bestehen.»


ausreichend. Wichtig ist eine fundierte lang-

der technischen Analyse gibt es über 8000 ver-

­Verlusten um? Indem man sie eingeplant

fristige Ausbildung in Theorie und Praxis. Die

schiedene Indikatoren. Diese sind aber nur eine

hat als feste Grösse. Wenn wir als Trader un-

Praxis ist dann die nächste Hürde. Der private

Ableitung aus folgenden Faktoren: Eröffnungs-

sere Verluste begrenzen und im Griff haben,

Trader erlernt das Trading mit seinem eigenen

und Schlusskurs, Tageshoch und Tagestief, Volu-

kommt der Erfolg fast von allein. Wichtig ist

Geld. Jeder Fehler und jeder Verlust wirken sich

men und Volatilität. Einer der Hauptgründe, wa-

das Verständnis, dass die Verluste das einzige

direkt auf die Kapitalhöhe aus. Viele Trader ha-

rum private Trader häufig verlieren, liegt auch

sind, das wir kontrollieren können.

ben darum Angst, überhaupt eine Position zu

im blinden Vertrauen auf diese Indikatoren. Kein

eröffnen oder einen Gewinn laufen zu lassen.

professioneller Trader macht dies.

Trading ist mit hohem Risiko verbunden.

Auf welches Konzept setzen Sie? Ich verwen-

Wie geht man damit um? Das ist so nicht

de für meine Trading-Auswahl ein 3-Säulen-

richtig, alles im Leben ist mit einem Risiko ver-

Konzept. Für die fundamentale Verfassung der

Das Internet bietet immer mehr Möglich-

bunden. In der Schweiz waren 2012 über 18 000

Märkte nutze ich die «Commitments of Traders»-

keiten, erfolgreichen Tradern zu folgen.

Personen in einen Verkehrsunfall verwickelt, für

Reporte der U.S. Commodity Futures Trading

Was halten Sie davon? Es ist sehr gut, von

339 endete er tödlich. Auch das ist Risiko. Beim

Commission. Um die Werthaltigkeit eines Mark-

besseren und erfolgreichen Tradern zu lernen.

Trading ist Risiko die einzige Komponente, die

tes zu erfahren, führe ich eine Intermarkt-Analy-

Aber eben nicht durch blindes Folgen, sondern

wir kontrollieren können. Jeder Händler hat ein

se durch. Ich erkenne dann, ob der Markt gerade

durch Verständnis für das Warum und Wieso.

anderes Verständnis für die Höhe des Risikos,

preiswert oder zu teuer ist. Dann erst verwende

Nebenbei eignen sich nicht alle Strategien da-

die er für sich selber ermitteln muss. Ohne das

ich die technische Analyse, um Trends und Trend-

zu, ihnen blind zu folgen. Gut sind End-of-Day

richtige Risikomanagement gibt es keine finan-

wenden zu identifizieren. Zum Einsatz kommen

Systeme, wo man genügend Zeit hat zwischen

zielle Unabhängigkeit.

hier aber nur drei Indikatoren, nicht mehr.

Signal und Orderaufgabe. Je kürzer das Zeit-

Sie geben selbst Trading-Seminare. Was

Welche Zeithorizonte sollten gewählt wer-

lehren Sie dort? Der Schwerpunkt liegt in der

den? Die Auswahl der richtigen Zeitfenster ist

Ausbildung von Tradern. 2014 wird eine neue

abhängig vom Trading-Stil und dem gewählten

Stimmt es, dass Money-Management-

Ausbildung über 18 Monate starten. Die ersten

Risiko. Jeder Trader ist anders, ich kann hier nur

Strategien in Spielbanken getestet wur-

sechs Monate bestehen aus Theorie und Übun-

meine eigenen Erfahrungen wiedergeben. Ich

den? Ich war neun Jahre lang Croupier und

gen, die letzten zwölf Monate sind Trading pur.

analysiere jedes Wochenende ungefähr 50 ver-

kenne wohl so jede Art der Geldvernichtung.

Dafür nimmt jeder meiner Studenten an der

schiedene Märkte. Dabei sehe ich mir die Mo-

Eine beliebte Money-Management-Strategie

Trading-Weltmeisterschaft teil, den World Cup

nats- und Wochencharts an und wähle die Märk-

ist die Progression. Hier werden die Einsätze

Championships. Reales Konto, reales Geld, rea-

te aus, die die besten Chancen aufzeigen. Der

im Verlustfall verdoppelt, solange bis man ge-

les Risiko – wirkliches Trading eben. Den höchs-

eigentliche Einstieg erfolgt dann aber auf Tages-

winnt. Diese Strategie klappt weder am Spiel-

ten Gewinn erzielte 1987 der US-Trader Larry

schlusskursen. Sie sehen, es ist etwas komplex.

tisch noch im Trading. Die besten Trader und

Was macht letztlich einen erfolgreichen Trader aus? Er ist diszipliniert, verbessert sich ständig und hört mit dem Lernen nie auf.

fenster, umso höher die Wahrscheinlichkeit für

Williams. Er machte aus dem Startkapital von

Verluste.

Spieler erhöhen Ihre Einsätze nur im GewinnGibt es Produkte, die sich für die Umsetzung

fall und nie in der Verlustphase. Der grosse Vor-

bestimmter Strategien besonders eignen?

teil von einer Spielbank ist die hohe Spielfolge

Was sagen Sie Ihren Studenten konkret?

Für Trendfolgestrategien sind Exchange Traded

in Verbindung mit geringen Einsätzen. Black

Mein Rat in Kurzfassung: Viel Wissen an-

Fonds und Exchange Traded Commodities sehr

Jack und Poker sind sehr gut zum Testen ge-

sammeln, viele Fehler machen, diese über-

gut geeignet, kurzfristige Strategien sind bes-

eignet.

stehen und daraus lernen. Denken Sie an die

ser mit Differenzkontrakten, eine Form von Total

10 000 Dollar sagenhafte 1,2 Millionen Dollar.

­10000-Stunden-Regel. Welche Strategien und Konzepte empfeh-

Return Swaps, oder Devisen umzusetzen. Ich selber handle aber überwiegend Futures, da dort die

Mike Kock ist selbständiger Trader und

fairste Preisbildung und Abwicklung zu finden ist.

­leitet Seminare für angehende Trader.

len Sie? Diejenigen, die zu einem passen, mit denen man sich wohlfühlt und die einen posi-

Welche Rolle spielt die Psychologie auf dem

tiven Erwartungswert haben. Ein Beispiel: Ein

Handelsparkett? Die Wissenschaft hat allein

Gastronom will sich selbständig machen, wel-

für diesen Bereich eine eigene Disziplin erschaf-

che Möglichkeiten hat er? Er kann es auf ei-

fen, die Behavioral Finance. Der Grund ist ein-

gene Faust probieren oder er übernimmt ein

fach: Trotz gleicher Ausgangslage, gleichen Märk-

erprobtes Konzept wie McDonald’s oder Star-

ten, gleichen Signalen und gleichen Kontogrössen

bucks. Die letzten beiden Modelle haben einen

kommt immer ein anderes Ergebnis heraus. Die

hohen positiven Erwartungswert auf Erfolg, ge-

meisten Trader sind sich der mentalen Fallstri-

nau dies ist auch im Trading bei den Strategien

cke nicht bewusst. Doch erst wenn wir diese er-

und Konzepten notwendig.

kennen und aktiv verändern, wird das Trading stabiler. Viele Spitzensportler haben einen Men-

Welche Indikatoren und Reporte dienen

talcoach, um besser zu werden, wir Trader brau-

zur Orientierung? Der Unterschied zwischen

chen dies auch.

privaten und hauptberuflichen Tradern liegt darin, dass die Privaten sich fast ausschliess-

Auch die beste Strategie kann schief ge-

lich auf Indikatoren und Charts ­verlassen. In

hen. Wie geht man mit den entstehenden

PUNKTmagazin Spielen

invest

51


Alte und rare Spielzeuge sind nicht nur schön anzuschauen, sie können auch ­gutes Geld einbringen. Auch wenn der Zeitpunkt für einen Einstieg günstig ist, ein Selbstläufer ist der Handel mit Spielzeugraritäten nicht.

52

Invest

Blechautos, Puppen und Eisenbahnen sor-

­selber vor allem Eisenbahnen sammelt, rät

gen nicht nur bei Kindern für leuchtende Au-

zur Lektüre von Klassikern wie dem Koll's

gen. Auch Erwachsenen zaubern sie oft ein

Preiskatalog oder den Sammlerkatalogen von

Lächeln ins Gesicht – nicht nur der Erinne-

Schiffmann. «Man muss in die Materie ein-

rungen wegen: Alte Spielzeuge sind spannen-

tauchen, Sammler treffen und zu Auktionen

de Zeitzeugnisse der Geschichte. Sie spiegeln

und Märkten gehen», rät Stöckli. Dann wach-

Moderichtungen, technische Entwicklungen

se auch die Faszination, «wie ein Virus, der

und den gesellschaftlichen Wandel in der je-

langsam um sich greift». Wer einen Einstieg

weiligen Ära wider. Vielleicht erfreuen sich al-

wagen möchte, könnte diesen mit Eisenbahn-

te Spielzeuge darum einer wachsenden Samm-

ausstattungen von Bing und Märklin machen,

lergemeinde, die sie mitunter als Wertanlage

die etwa 100 Jahre auf dem Buckel haben und

schätzt. So wurde 2002 Teddybär ­«Happy» von

gute Preise erzielen. Dasselbe gilt für Blech-

Steiff aus dem Jahr 1926/27 für 156 240 Euro

spielzeuge von 1920 bis 1940 der Firmen Ar-

versteigert. Der hohe Preis erklärt sich un-

nold, Karl Bub und Distler. Entscheidend für

ter anderem dadurch, dass Happy­ nur in ge-

Spitzenpreise ist eine hohe Qualität. Das be-

ringer Stückzahl gefertigt wurde. Auch heute

deutet aber nicht, dass die Autos und Eisen-

noch bringt Steiff regelmässig limitierte Editi-

bahnen ihr Dasein in tristen Tresoren fristen

onen auf den Markt. Stefan Stöckli,­Geschäfts-

müssen. «Spielzeuge sind lustiger als Obliga-

führer des Auktionshauses Dorenbach und

tionen und die Besitzer sollen sich daran er-

selbst begeisterter Sammler, rät allerdings von

freuen», sagt Stöckli. Zur Preissteigerung bei-

einem Kauf ab. Künstlich erzeugte Seltenheit

tragen können auch Originalverpackungen

sei kein Garant für Wertsteigerungspotenzi-

und Betriebsanleitungen.

al. Für den Sammlermarkt aber sind kleinere

Stückzahlen natürlich von Vorteil: Mögliche

Zeit für einen Einstieg nicht ungünstig. Ge-

Gründe dafür können sein, dass die Produk-

mäss Stöckli würden sich aktuell viele Samm-

te bereits damals teuer waren und dement-

ler der ersten und zweiten Stunde von ih-

sprechend wenig gekauft wurden. Oder dass

ren Schätzen trennen. «Das Angebot ist gross

sie zwar günstig waren, aber nur von wenigen

und es fehlt an Nachwuchs», beschreibt er

aufbewahrt wurden.

die Lage. Und wer sich nun selbst an seine al-

Ohne Marktkenntnis ist es schwierig,

ten Spielzeuge erinnert, sollte vielleicht ein-

sich in dem breiten Markt aus Blech- und

mal einen Blick auf den eigenen Dachboden

Holzspielzeug, Eisenbahnen, Puppen, Figu-

werfen – wer weiss, welcher vergessene Schatz

ren und Autos zurechtzufinden. Stöckli, der

dort unter Staubschichten schlummert.

Der Markt ist zwar schwierig, doch die

Teddybär

«Nachtwächter-

Puppen

«Happy»

schlumpf»

«Schielböckchen»

von Steiff / Jahrgang: 1926

Figur aus Kinderüberraschungsei

Käthe-Kruse-Puppe

Letzte Kaufsumme: 156 240.– Euro

Wert: ~ 12 000.– Euro

Wert: ~ 40 000.– Euro


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– Wirtschaft –

puppenleben retten Text Doris Wirth Bild alternate

Wenn man der geliebten Puppe aus der Kindheit die Jahre ansieht, ist es Zeit für einen Aufenthalt in der Basler Puppenund Bärenklinik. Spielpatienten werden dort mit viel Geschick restauriert.

Uhr nachts ein Anruf eingeht: Das Kind habe­

elektronischen Waren lohnt sich die Repa-

­Fieber bekommen, es brauche das Stofftier

ratur oft nicht. «Das sind Wegwerfproduk-

sofort zurück.

te», konstatiert Jost. Allerdings gäbe es noch

Viele der Versehrten haben schon etli-

immer Firmen, die solide Spielkameraden

che Jahre auf dem Buckel. Zum Beispiel der

herstellen. Puppen der Firmen Käthe Kruse

Bär, den die Mutter der Klientin einst aus ei-

oder Schildkröte etwa würden noch immer in

nem Reststück Mantelstoff genäht hat. Über

Deutschland produziert. Anders die Konkur-

Jahrzehnte stand er im Wohnzimmer der

renz: Sie haben die Produktion längst nach

mittlerweile älteren Dame. Als sie ihn neulich

China verlagert.

auszog, erlebte sie eine böse Überraschung:

Motten hatten sein Fell komplett zerfressen.

als ein Dutzend Puppenkliniken. Die Auf-

Heu lugt aus dem Torso, die Beine liegen ein-

träge sind in den letzten 20 Jahren zurück-

zeln in der Schachtel. Nur der Kopf ist intakt

gegangen. «In den Achtzigern war Hochkon-

geblieben. Nun wird Jost dem Schwergeschä-

junktur, wir erhielten bis zu 30 Päckchen am

digten einen neuen Körper bauen. Sie mag

Tag», erinnert sich Jost. Damals waren sieben

die Emotionalität ihrer Kunden und dass sich

Leute in der Klinik beschäftigt. Der Samm-

über die Stofftiere und Puppen oft ganze Le-

lerboom und der Trend zum Basteln stachel-

bensgeschichten offenbaren. «Wir sind auch

ten die Leute an, ihre Keller auszumisten. Seit

ein bisschen Psychologen», schmunzelt sie.

den 1990er-Jahren ist es schwieriger gewor-

In der Schweiz gibt es heute weniger

den. Dieses Jahr mussten Jost und Chekireb Das grösste Ersatzteillager der Schweiz In

das Geschäft verkleinern. «Wir haben über-

Heute ist eine neue Patientin per Post

einer Kühltasche im Ersatzteillager wartet

legt aufzuhören. Aber wir sind beide über 50,

gekommen. Kein schwerer Fall. Ihr Haar

ein anderer Kranker. Dem riesigen Teddy­

es wird schwierig, einen andern Job zu fin-

ist schütter geworden und sie kann nicht

müssen­ die Tatzen neu genäht werden. Auch

den.» Im kleineren Ladenlokal machen Jost

mehr «Mama» sagen. Neben ihr liegen Max-

muss sein Körper mit Holzwolle ausgestopft

und Chekireb nun weiter. Gewissheit gibt es

li und Mutzli, zwei Teddys mit lose hängen-

werden. «Darauf freue ich mich schon», sagt

in diesem Metier nicht: An einem Tag rennen

den Gliedmassen. Manche Patienten sind na-

Jost mit einem Unterton. Das Stopfen ist

die Kunden die Tür ein, dann wieder kommt

menlos oder heissen einfach nur «Bäri». Sie

körperlich enorm anstrengend, Fitnesstrai-

kein Mensch.

alle werden in der Basler Puppen- und Bären­ klinik seit bald hundert Jahren behandelt.

Fantasie und Ausprobieren statt Lehre Wie

Sie kommen aus Kinderzimmern, nost-

wird man eigentlich Puppendoktor? Jost

algischen Salons oder dunklen Kellerabteilen.

lacht. Eine Ausbildung gibt es nicht. Rudy

So unterschiedlich ihre Herkunft ist, so ver-

Chekireb ist von Beruf Kunstschlosser, Jost

schieden sind auch ihre Gebrechen und die

hat im Verkauf angefangen. «Man lernt am

Behandlung. Ein fehlendes Auge ist schnell

Objekt.» Das Wichtigste sei die Freude am

wieder angenäht, die Operation kostet nur

Basteln und natürlich Geduld. Die sieht man

sechs Franken. Wenn jedoch ein Schaukel-

Rudy Chekireb an. Der Mann mit dem grau-

pferd ein ganz neues Fell braucht oder der

en Pferdeschwanz sitzt stumm über einen

Kopf einer Porzellanpuppe komplett restau-

Puppenkopf gebeugt. Neben ihm hängt ein

riert werden muss, ist mit einem Klinikauf-

Zahnarztbohrer, darunter eine Heizung und

enthalt von vier bis acht Wochen und Kurkos-

ein Föhn. Die mundgeblasenen Augen warten

ten von bis zu tausend Franken zu rechnen.

darauf, wieder eingesetzt zu werden. Der Tor-

Nicht nur die Patienten, auch ihre Besitzer

so baumelt zum Trocknen an einem Eisen­

sind bunt gemischt: Von Kindern, die ihr

gestell am Fenster. Auch Zange, Nadel, Faden,

Lieblingskuscheltier gesund sehen wollen,

ning braucht die Mittfünfzigerin dann nicht

Feile, Nähmaschine und Bürste sind wichtige­

über ältere Herrschaften, die den Teddybär

mehr. Bis unter die Decke sind Kartonschach-

Werkzeuge.

ihrer eigenen Kindheit restaurieren lassen

teln gestapelt. Die Beschriftungen verraten

bis zu Sammlern und Museen.

die jeweiligen Schätze: Augen, Wimpern, Zäh-

Ausprobieren. Manchmal muss Jost das Fell

Das Allerwichtigste aber: Fantasie und

ne, Zungen, Arme und Beine aus Celluloid,

eines Teddys unzählige Male färben und ent-

Express-Operation am Lieblingsteddy «Kin-

deutsche Hände, französische Hände, Perü-

färben, bis sie den richtigen Ton trifft. Einmal

der haben Vorrang», erklärt Irene Jost. Seit 36

cken aus Echthaar, Kunsthaar und Mohair.

hat sie einen Staubsaugerbeutel ausgekippt

Jahren arbeitet sie in der Klinik, seit 2003 lei-

Es ist das grösste Puppenersatzteillager der

und das Fell darin gewälzt. Hin und wieder

tet sie sie gemeinsam mit ihrem Geschäfts-

Schweiz. Die meisten Teile kann man heute

reisst aber auch ihr Geduldsfaden. Was dann

partner Rudy Chekireb. «Sie können oft nicht

nicht mehr kaufen. So werden etwa Celluloid-

hilft: den Fall weglegen und sich einer ande-

auf ihren Liebling verzichten», so die Pup-

puppen seit den 1940er-Jahren nicht mehr

ren Arbeit widmen. Plötzlich kommt die zün-

penärztin. Jost hat viele kleine Dramen in

hergestellt. Die Verarbeitung des Materials

dende Idee, wie der Patient doch noch geret-

ihrem Laden erlebt. Etwa Express-Operatio-

mit den Kampfer- und Ölanteilen führte zu

tet werden kann. Manchmal, wenn auch sehr

nen, damit das Kuscheltier bis zur Bettgeh-

Explosionen und wurde verboten.

selten, erweist sich ein Versehrter aber als

zeit wieder intakt ist. Andere kleine Besit-

­irreparabel. Dann schickt Irene Jost ihn in

zer zeigen sich tapfer. Bis plötzlich um zehn

Puppenklinik behandelt. Doch gerade bei

54

Wirtschaft

Auch modernes Spielzeug wird in der

den ­Puppen- oder Bärenhimmel.


PUNKTmagazin Spielen

Wirtschaft

55


– Gespräch –

Sym pho nie 56

Wirtschaft

Text Rino Borini Bild Christine Bärlocher


I

n den Köpfen vieler ist der Be­ruf­ des Dirigenten klar

dem Zürcher Kammerorchester oder der Basel Sinfonietta zusammen.

männlich besetzt. Umso überraschter sind Konzertbesu-

Der Start in die Karriere wurde ihr von Claudio Abbado ermöglicht.

cher, wenn sie ein Konzert des Jungen Orchesters Basel

Mit gerade mal 24 Jahren durfte sie ein Jahr lang die musikalische

besuchen. Hinter dem Dirigentenpult steht dort nicht

­Assistenz des Stardirigenten übernehmen. Die 1983 geborene Lena-­

ein Mann, sondern Lena-Lisa Wüstendörfer, eine dreissigjährige, at-

Lisa Wüstendörfer studierte Dirigieren und Violine an der Hochschule

traktive Zürcherin. Als Frau an der Spitze eines Orchester ist sie noch

für Musik in Basel, 2007 schloss sie mit einem Master in Dirigieren ab.

eine Ausnahme. Die Herzblutmusikerin leitet nicht nur dass Junge Or-

Ebenfalls einen Master of Arts hält sie in Musik­wi­ssenschaft und Wirt-

chester Basel, sondern auch das Uni Orchester Bern, den ­Me­ssias-Chor

schaft. Neben ihren musikalischen Engagements tritt sie ­regelmässig

Zürich und die Comic-Opera Zürich. Als Gastdirigentin arbeitet sie

bei Unternehmen auf, wo sie über die Führung ­eines ­Orchesters refe-

mit Orchestern wie dem Frankfurter Opern- und Museum­sorchester,

riert und Parallelen zur Wirtschaftswelt aufzeigt.

PUNKTmagazin Spielen

4 4

Wirtschaft

57



Frau Wüstendörfer, Sie

und steigt Stufe um Stufe die Karriereleiter hoch.

Wie gewinnen Sie die Musiker auf Ihre Seite?­

studierten Musikwissenschaft, Violine, Di-

Beim Dirigenten ist das anders. Wird man mit der

Das Orchester wird sich überzeugen lassen, wenn

rigieren – und Wirtschaft. Letzteres passt

Leitung eines Orchesters beauftragt, dann steigt

man als Dirigentin glaubwürdig ist. Dazu muss

nicht so recht dazu. War diese Kombination

man gleich oben ein und übernimmt die musika-

ich meine Vorstellungen des musikalischen Werks

für Ihre Karriere hilfreich?

lische Verantwortung. Und das kann eben schon

nonverbal, also durch Gesten, und verbal mit

in jungen Jahren erfolgen. Wenn man hierzu die

Überzeugung kommunizieren und verkörpern.

Lena-Lisa Wüstendörfer_ Ich schaue ger-

Chance bekommt, ist es umso­wichtiger, dass man

Und natürlich muss ich gute Gründe für meine

ne über den Tellerrand hinaus und interessie-

reüssiert.

Vision haben, damit ich bei Rückfragen erläutern

4 4 PUNKTmagazin

kann, weshalb es nun genau so klingen soll und

re mich auch für andere Bereiche, nicht nur für ­Musik. Wirtschaft ist so ein Thema.

Da hätten wir also einen Unterschied zur

nicht anders.

Wirtschaft. Gibt es auch Parallelen zur WirtWar das Wirtschaftsstudium als Absiche-

schaft? Im Grunde genommen ganz viele.

Musiker sind Künstler – und als solche nicht immer ganz einfach zu führen, oder? In ei-

rung gedacht, falls es mit dem Dirigieren nicht klappen sollte? Überhaupt nicht. Musik­

Welche? Zum Beispiel müssen in einem Unter-

nem Orchester sitzen alles Vollblutmusiker, jeder

ist seit klein auf meine grosse Leidenschaft. Ich

nehmen alle Mitarbeiter am gleichen Strick zie-

ist in seinem Gebiet ein Fachspezialist. Die Spieler

habe nie darüber nachgedacht, ob mir das Wirt-

hen. Damit das optimal funktioniert, muss jeder

sind nicht nur sehr gut ausgebildet, sondern wei-

schaftsstudium im Berufsleben etwas bringen

Mitarbeiter verstehen, was er persönlich dazu

sen langjährige Erfahrung aus und sind dement-

könnte. Dank den Referaten bei Unternehmen

beiträgt, damit am Ende das grosse Ganze ent-

sprechend anspruchsvoll und haben ihre eigenen

rücke ich heute wieder näher zur Wirtschaft.

steht. Das ist bei einem Orchester dasselbe.

Ideen­zum jeweiligen Stück.

Sie schreiben nebenbei auch noch an Ihrer­

Kann man das so vergleichen? Es geht um die

Gibts dann Befehle von Ihnen? Befehlen und

Dissertation. Warum? Die wissenschaftliche

Vision. Wohin eine Firma will, wie sie diesen Weg

Überzeugen sind zwei verschiedene Paar Schuhe.­

Seite der Musik hat mich schon immer interess­

beschreitet und wie die Mitarbeiter in die Strate-

Ich will nicht, dass Musiker widerwillig etwas

iert. Für meine Karriere als Dirigentin bringt mir

gie eingebettet werden. Ich als Dirigentin entwick-

spielen, nur weil ich es ihnen auftrage. Die Eigen-

ein Doktortitel wohl nicht viel. Wobei es in meiner

le ebenso eine Vision, eine klare Vorstellung, wie

verantwortung der Musiker ist wichtig, aber am

Arbeit aber auch um Interpretationen geht. Ich

ich das Musikstück ausgestalten will. Di-

erforsche die aktuelle Rezeption der Symphonien

rigieren bedeutet letztendlich, die Musi-

von Gustav Mahler, schaue mir konkret an, wie sie

ker für dieses grosse Ganze ­gewinnen zu

von verschiedenen Dirigenten interpretiert wur-

können.

den und was das über unseren Zeitgeist aussagt. Ich stelle mir das nicht immer einWas steht eigentlich auf Ihrer Visitenkarte?

fach vor. Das ist in der Tat anspruchs-

Lena-Lisa Wüstendörfer, Dirigentin.

voll. Ich arbeite mit gestandenen Profimusikern und die sind mit den Ideen des

Ist das ein 100-Prozent-Job? Natürlich. Seit

Dirigenten nicht immer einverstanden.

Anfang 2013 lebe ich vom Dirigieren. Davor hätte­

Schafft man es nicht, sie zu überzeugen,

ich zwar auch davon leben können, aber da war

kommt es schief raus und der Funke zum

ich Teilzeit an der Universität Basel angestellt.

Publikum wird nicht springen.

Als wissenschaftliche Mitarbeiterin leitete ich das Projekt «Mahler-Interpretationen – heute» und

Und der tosende Applaus bleibt aus.

wirkte zusätzlich als Lehrbeauftragte.

Ganz genau. Schaffe ich es als Dirigentin aber, zusammen mit den Musikern

Sind Sie bei einem Orchester fest angestellt

meine Vision zum Leben zu erwecken, ist

oder als Gastdirigentin unterwegs? Wie die

das Publikum begeistert. Was hier ganz

meisten Dirigenten bin ich als Chefdirigentin fest

wichtig ist: Der Schlussapplaus gehört

angestellt. Daneben trete ich regelmässig als Gast-

nicht nur mir, sondern dem ganzen Or-

dirigentin auf.

chester. Das ist wieder eine Parallele zur Wirtschaft. Erfolge sollten bis ins hinters-

Wie kommen solche Engagements zustande?­

te Glied geteilt werden. Eigentlich völlig

In der Regel wird man angefragt. Als junge Diri-

logisch, doch ich bezweifle, ob das in der Realität

Ende gebe ich den Takt an. Dirigieren ist kein ba-

gentin muss dir jedoch erst ein Intendant das Ver-

immer umgesetzt wird.

sisdemokratischer Prozess. Dazu muss man sehen, dass in den Proben kaum Zeit für lange Diskussi-

trauen schenken. Er muss von dir überzeugt sein und dir zutrauen, dass du ein Gewinn für sein ­Orchester bist.

Wie formen Sie aus den verschiedenen Mu-

onen bleibt.

sikern eine Einheit? In einem Berufsorchester sind die Musiker technisch auf einem sehr

Weil der Kulturbereich mit weniger Bud-

Bis man in der Wirtschaft Chef wird, dauert

hohen Niveau. Meine Aufgabe als Dirigentin

get auskommen muss als auch schon?

es. Beim Dirigenten scheint es schneller zu

ist es, den besten Klang aus einem Orchester he­

Ja, auch wir müssen sparen. Die Wirtschafts­

gehen. Das ist wirklich so. In der Wirtschaftswelt

rauszuarbeiten und die Spieler auf ein noch höhe-

turbulenzen der letzten Jahre haben auch vor

startet ein Mitarbeiter auf einer tiefen Hierarchie-

res Niveau zu hieven. Ich muss sie zu Höchstleis-

der ­Kulturbranche nicht Halt gemacht. Die An-

stufe. Will er weiterkommen, muss er sich beweisen­

tungen bringen.

zahl der Proben muss oft reduziert werden.44

PUNKTmagazin Spielen

Wirtschaft

59


4 4 Das heisst im Vorfeld: gute Planung und klare

­Argumente. Das erwartet ein Profiorchester.

es verschiedene Abteilungen, wir nennen sie Re-

und muss diese Frage offen lassen. Am Anfang er-

gister. Und jedes dieser Register hat wiederum ei-

halte ich vielleicht eine besondere Aufmerksam-

nen Stimmführer, sozusagen einen Gruppenleiter.

keit, doch die ist rasch verflogen. Für ein Orches-

Was hat der Kostendruck für konkrete Fol-

ter kommt es vielmehr darauf an, dass die Proben

gen? Die Herausforderung steigt, insbesondere

Stimmt es, dass ein gutes Orchester keinen

spannend sind und gut und effizient geleitet wer-

wenn ich als Gastdirigentin bei einem Orchester

Dirigenten braucht? Das kann man so nicht

den. Nach 20 Minuten denkt niemand mehr da-

bin. Ich kann nicht einfach sagen, wir proben jetzt

sagen, es hängt von der Komplexität des Stückes

ran, ob eine Frau oder ein Mann vorne steht, es

noch 15 Minuten länger oder ich will eine zusätz-

und der Orchestergrösse ab. Es gibt sicherlich klei-

geht nur noch um die Kompetenz, sowohl fachlich

liche Probe. Die Probezeiten sind strikt definiert

nere Orchester, die ohne Dirigenten spielen kön-

wie sozial,­die der Dirigent aufweisen muss.

und in einem Orchester herrscht grosse Disziplin.

nen. Doch der Job des Dirigenten ist nicht einfach

Wenn eine Probe­um zehn Uhr angesagt ist, dann

ohne Grund in der Mitte des 19. Jahrhunderts ent-

Können Sie auf ein eingespieltes Orchester

startet sie auch um zehn Uhr, keine Minute später.

standen, sondern weil er notwendig wurde.

überhaupt noch Einfluss nehmen? Bei Gast-

Dasselbe gilt auch für das Ende.

auftritten ist das nicht in allen Bereichen mögWarum? Die Kompositionen wurden immer

lich. Aber als Chefdirigent habe ich grossen Ein-

Worüber sprechen Sie, wenn Sie bei Unter-

komplexer und die Orchester immer grösser. Der

fluss auf das Musikprogramm. Und mit meinen

nehmen Vorträge halten? Ich zeige an kon-

Konzertmeister konnte das Ensemble mit wach-

Klangidealen ist es möglich, ein Orchester klar zu

kreten Beispielen, wie Dirigenten führen. Firmen

sender Besetzung nicht mehr alleine führen. Zu-

positionieren. Doch dazu braucht es mindestens

können einiges von einem Dirigenten und seinem

dem hängt es auch sehr vom Repertoire ab, ob

zwei Jahre.

Orchester lernen, denn die Kausalzusammenhän-

man einen Dirigenten braucht. Ab einer gewi­ssen

ge sind in der Arbeit auf dem Konzertpodium viel

Komplexität braucht es eben einen Dirigenten,

Wie sieht die Karriereplanung aus? Gibt es

einfacher ersichtlich und vor allem einiges schnel-

der die Übersicht über das Werk hat und die Mu-

einen Kampf um gute Orchester? Im Gegen-

ler spürbar. Bei uns ist alles völlig transparent.

siker koordiniert.

satz zu einigen anderen Dirigenten überlege ich

Wenn eine Gruppe oder ein Einzelner einen Feh-

mir weniger, wie ich mich positionieren muss, um

ler macht, hört man das sofort. Wenn das Orches-

Eine Komposition wird dem Dirigenten in

an die ganz renommierten Orchester heranzu-

ter nicht eine­einheitliche musikalische Vision hat

die Hand gedrückt. Stammt die Vision nicht

kommen. Ich mache einfach mein Ding und habe­

und nicht mit Herzblut spielt, springt der Funke

eher vom Komponisten? Es ist rich-

zum Publikum nicht.

tig, dass der Dirigent die Musik in der Partitur vorgegeben bekommt und ich

Hüst & Hott

Nur mit dem Vermitteln der musikalischen

versuche, den Intentionen des Komponis-

London Symphony oder

Vision ist ihre Arbeit aber nicht ­getan, oder?

ten gerecht zu werden. Jede Komposition­

Wiener Philharmoniker?

Nein. In einem Orchester ist klar sichtbar, wie

beinhaltet viel Interpretationsspielraum.

John Lennon oder Mozart?

wichtig die einzelnen Funktionen sind und wie

Man kann es vergleichen mit einem

sie, wie Zahnräder in einer mechanischen Uhr,

Film. Wenn Sie drei Regisseuren dasselbe

richtig verzahnt sein müssen. In diesem Zusam-

Drehbuch in die Hand drücken mit dem

menspiel ist die Präzision zentral, ­jeder muss im

Auftrag, dieses möglichst nahe zu verfil-

richtigen Augenblick präsent sein. Bei einem Kon-

men, werden Sie als Ergebnis zwar diesel-

zert vor Publikum hat man keine zweite Chance.

be Geschichte sehen, aber dreimal auf ei-

Wenn ein Musiker nur den Bruchteil einer Sekun-

ne ganz andere Art und Weise.

Auto oder Zug? Winter oder Sommer? Wellness oder Abenteuerurlaub? Rotwein oder Prosessco?

de zu spät spielt, hört dies das Publikum. Als Dirigentin habe ich eine koordinative Aufgabe. Ich

Wie gehen Sie vor mit einer neuen

muss das Orchster führen.

Partitur? Wenn ich eine Partitur einstudiere, denke ich nicht zuerst, was dem Pu-

Die Musiker müssen also aufeinander hö-

blikum gefallen könnte, sondern was sich

ren und miteinander kommunizieren. Mir

Mozart, Mahler oder Beethoven beim

ist auch enorm wichtig, dass sich die Musiker ge-

komponieren wohl überlegt haben. Da-

genseitig gut zuhören, so werden Fehler verhindert.

nach spinne ich sozusagen einen roten Fa-

Wenn das gelingt und die Zahnräder greifen, hört

den mit dem Ziel, die einzelnen Abschnitte

man das ebenfalls sofort. Von all dem kann auch

organisch zu einem Ganzen zu fügen und

ein Unternehmen lernen. Dort sieht man ja immer

diesem einen logischen Spannungsbogen

wieder, dass Abteilungen autonom arbeiten oder

zu geben.

meinen eigenen Stil. Und wenn ich meinen Job weiterhin gut mache, wird sicherlich der eine oder

sich sogar bekämpfen. Wie liest man eine Partitur? So wie ein Ein Unternehmen hat unterschiedliche Ab-

Buch? Es ist viel komplizierter. Ein Buch liest

andere Intendant auf mich aufmerksam werden.

teilungen und mehrere Chefs. Im Orches-

man Linie für Linie, bei einer Partitur liest man

Sie planen Ihre Karriere wirklich nicht?

ter gibt es viele Musiker und einen Chef.

horizontal, vertikal und viele Linien gleichzeitig.

Die Wiener Philharmoniker zu leiten wäre

Nein, nein, so einfach ist das nicht. Ein Orches-

Bei gewissen­Passagen setze ich mich vors Klavier,

doch reizvoll. Ich habe ganz klar den Traum,

ter hat ebenfalls unterschiedliche Abteilungen

um eine ­be­ssere Klangvorstellung zu erhalten.

ein grosses­Orchester zu leiten. Das Tonhallen Orchester oder das Kammerorchester Zürich wären

und Gruppen, die ganz verschiedene Funktionen aufweisen. Ein Orchester ist recht komplex. Neh-

Ist es für eine Frau schwieriger, ein Orches-

ganz toll. Und sollten die Wiener Philharmoniker

men wir als Beispiel die Streicher. Auch dort gibt

ter zu leiten? Ich kann nur für mich sprechen

mich rufen, werde ich bestimmt nicht nein sagen.

60

Wirtschaft


Dossier K u l i n a r i sc h es

Schweizer Wein Heimische Winzer haben keinen Grund, sich international zu verstecken.

Exklusiv und explosiv Zwei Australierinnen machen Finger Limes zum Exportschlager.

Die Wasserspezialisten Dass Wasser nicht gleich Wasser ist, wissen Wassersommeliers genau.

wirtschaft ist mehr. Punktmagazin Dossier # 06 | 2013 ÂŤKulinarischesÂť Punktmagazin.ch


Echt Italienisch

kulinarisches

Italiener sind überzeugt davon, dass ihre Küche die beste der Welt ist – wenn nicht sogar die einzige, die man überhaupt essen kann. Wer widerspricht, findet sich schnell in einem gestenreichen Wortgefecht wieder. Fakt ist: Die italienische Küche gehört zu den traditionsreichsten und beliebtesten der Welt und hat in den vergangenen Jahrzehnten stärkeren Einfluss auf die Entwicklung der Essgewohnheiten gehabt als die meisten anderen nationalen Küchen. Es verwundert folglich nicht, dass man auf Reisen fast überall auf ein Ristorante Roma, Napoli oder Toscana stösst, das Spaghetti, Pizza und Tiramisù auf der Speisekarte führt. Doch die italienische Küche hat ein Problem: Nicht überall, wo Italien drauf steht, ist auch Italien drin. Damit der gute kuli-

– dossier –

narische Ruf nicht verloren geht, vergibt die italienische Industrie- und Handelskammer das Gütesiegel «Ospitalità Italiana». Dessen Hauptzweck besteht darin, die echten­und qualitativ hochstehenden italienischen Lokale vor billigen Imitaten zu schützen. Seit 2011 wird das Gütesiegel auch in der Schweiz

Veränderung 2006 – 2011 100.–

BRUTTOEINKOMMEN RESTAURANTS & BARS SELBSTBEDIENUNG & TAKE-AWAY KANTINEN

CH

+12 % -37 % +35 % +14 %

vergeben. Inzwischen dürfen sich hierzulande 41 italienische Restaurants mit Ospitalità Italiana schmücken. Die Voraussetzungen, um ein solches Siegel zu erhalten, sind streng: «Es kommt nicht darauf an, dass der Betreiber Italiener ist. Viel wichtiger ist es, für die Zubereitung der Menüs authentische italienische Produkte zu verwenden», sagt Bruno Indelicato von der italienischen Handelskammer für die Schweiz. So schreibt das Regelwerk vor, dass mindestens 50 Prozent der Menüs mit typisch italienischen Zutaten zubereitet werden, die aus Italien importiert werden müssen. Auch für die angebotenen Weine und Olivenöle bestehen strenge Regeln, ebenfalls erwartet wird eine in fehlerfreiem Italienisch geschriebene Speisekarte. Doch das Wichtigste ist und bleibt der Koch: Er muss nicht nur eine Ausbildung aus einer anerkannten Gastroschule­mitbringen, sondern mindestens sechs Monate in einem Restaurant in Italien oder drei Jahre in einem italienischen Restaurant im Ausland ge-

Ø Zeit zum Essen & Trinken / Tag

arbeitet haben. Erst dann kann man sicher sein, dass das italienische Essen im Ausland so gut schmeckt wie in Italien.

TÜRKEI

162 Min.

FRANKREICH

135 Min.

ITALIEN

114 Min.

SCHWEIZ

105 Min.

USA

74 Min.

MEXIKO

66 Min.

Anteil am Einkommen für Nahrungsmittel USA

SCHWEIZ

7%

10 %

DEUTSCHLAND

ITALIEN

11 %

15 %

RUSSLAND

KAMERUN

31 %

47 % Quelle: McKinsey, Bain & Company, Altagamma, Brandtrust

62

Dossier Kulinarisches


Schweizer Zauberstab Der «appareil ménager portatif» feiert dieses Jahr zwar den 60. Geburtstag, doch aus der Mode ist er noch lange nicht. Im Gegenteil: Rund 400 000 Exemplare werden pro Jahr hergestellt und in 50 verschiedene Länder exportiert. Wichtige Absatzmärkte sind unter anderem China und Russland. Damit zählt die Erfindung, die Roger Perrinjaquet am 16. Mai 1953 unter dem Namen «Bamix» – eine Kombination aus «battre» (schlagen) und «mixer» (mixen) – patentieren liess, zu den erfolgreichsten der Schweiz. Bereits 1954 verkaufte er sein Patent an die deutsche Firma ESGE AG, die seit 1960 im thurgauischen Mettlen produziert – und zwar ausschliesslich Mixer. Als Unternehmen auf ein einziges Produkt zu setzen, dessen Einzelteile erst noch alle «Made in Switzerland» sind, klingt risikoreich. Doch der Erfolg gibt der ESGE AG Recht. Waren es zu Beginn rund 250 Geräte am Tag, fertigt die 40-köpfige Belegschaft mittlerweile das Achtfache. Im Angebot steht, neben Basis- bis zu DeLuxe-Varianten, auch die rot-weisse SwissLine. Dass die Produkte über eine hohe Qualität verfügen und auch nach 30 Jahren noch repariert werden können, freut Konsumenten, hat jedoch einen gewichtigen Nachteil: Der heimische und auch europäische Markt bieten kaum noch Raum für Expansion. Daher orientiert sich CEO Erich Eigenmann vermehrt in Richtung Asien und Osteuropa. Unter-

Das Original

stützt wird dieses Vorhaben von der Tatsache, dass bekannte TV-Köche rund um den Globus quasi kostenlos Werbung für den Bamix machen. Wer geht schon in ein Restaurant, das lediglich ein Gericht auf der Karte führt? Fast niemand, könnte man vermuten. Weit gefehlt, wie ein Besuch des Restaurants «Café de Paris» in Genf zeigt. Ohne Reservation­erhält man dort praktisch nie einen­Tisch, obwohl die Speisekarte sehr dünn ist:

Die Wasserspezialisten

Entrecôte Café de Paris, Pommes frites und grüner Salat – das wars – und das bereits seit über 80 Jahren. Nebst einer hervorragenden Fleischqualität überzeugt das an der Rue du Mont-Blanc gelegene Lokal mit einer hauseigenen

Die Frage «mit oder ohne?» ist mittlerweile eine­

Kräuterbutter Café de Paris. Wer näm-

Selbstverständlichkeit, wenn man im Restaurant

lich glaubt, Café de Paris sei eine fran-

ein Mineralwasser bestellt. Aber was, wenn man

zösische Erfindung, irrt. Es war die

vom Kellner den Vorschlag erhält, man solle doch

Genfer Familie Boubier, die diese spe-

mal «in die Wasserkarte schauen»? Oder wenn so-

zielle Butter in den 1930er Jahren kredenzte und fortan zu gegrilltem Rind-

gar die Rede ist von einem Wassersommelier? Was nach Scherz oder Zukunftsmusik tönt, gibt es be-

Heute ist nicht nur die Bezeichnung anerkannt,

fleisch servierte. Durch die Heirat von

reits. Zu den bekanntesten Vertretern im deutsch-

Steguweit und Riese sind gefragt. Sie können nicht

Boubiers Tochter mit dem Eigentümer

sprachigen Raum gehören die in Berlin wirkenden

nur den Grad der Mineralisierung und den Salzge-

des Café de Paris fand die berühmte

Arno Steguweit und Jerk Riese. Zu ihrem zweiten

halt bestimmen, sie wissen auch, welches Wa­sser

Butter schliesslich ihren Weg ins be-

Standbein kamen sie über ihren eigentlichen Be-

am besten zu einem bestimmten Wein oder Ge-

sagte Restaurant. Auch wenn Kräuter-

ruf, den des Weinsommeliers. Entdeckungsfreudig

richt passt. Die Auswahl reicht dabei von aufge-

butter Café de Paris oft nachgemacht

und zunächst nur aus eigenem Interesse testeten

fangenem Regenwasser aus Tasmanien mit dem

wird, die Originalrezeptur ist und

sie, ob sie auch ohne Etikett und Flasche die Marke

Namen «Cloud Juice» bis hin zu «10 Thousand BC»,

bleibt ein streng gehütetes Geheim-

der zahlreichen in ihrem Restaurant angebotenen

einem Gletscherwasser aus Kanada. Dass einzelne­

nis: «Toujours imité,­jamais égalé» –

Wasser erkennen konnten. Schnell wurden die ers-

Flaschen bis zu 80 Franken kosten, liegt jedoch

immer imitiert, nie erreicht – wirbt das

ten Medien auf die beiden aufmerksam und kre-

nicht an der Exklusivität des Wassers, sondern an

Genfer Lokal. Verändert haben sich

ierten eigens für sie den Begriff Wassersommelier.

der mit Swarowski-Kristallen­besetzten Flasche.

nur die Preise.­Das Entrecôte, das einst

Damit erhält auch die Frage «mit oder ohne» wie-

für 3,50 Franken zu haben war, kostet

der ihre, wenn auch etwas ­andere, Berechtigung.

­heute 42 Franken.

PUNKTmagazin Spielen

Dossier KulinarischES

63


64

Dossier Kulinarisches


– Kulinarisches –

schweizer wein Heimische Winzer sind international wenig bekannt. Dabei haben sie keinen Grund, sich zu verstecken, wie der Erfolg von drei heimischen Weinexperten zeigt.

Text Wilma Fasola Bild Doker

E

PUNKTmagazin Spielen

s begann mit einem zweiten Platz. Ab

Tokio gegen über 50 Konkurrenten durch und meisterte­

da wollte Paolo Basso ganz oben auf

souverän alle Aufgaben: von der theoretischen Wissens-

dem Treppchen stehen. Als passionier-

abfrage über das Bewirten von Gästen bis hin zur Blind-

ter Sommelier und Besitzer des Wein-

verkostung.

handels Ceresio Vini, der ab Januar 2014 «Paolo Basso

Wine» heissen wird, in Lugano verfügte der Tessiner

Monde 2013» gehört er zu den gefragtesten Kennern

Seit der Krönung zum «Meilleur Sommelier du

dabei nicht nur über das notwendige Know-how, son-

guter Tropfen. Vergeben wird der prestigeträchtige Ti-

dern brachte auch den notwendigen Ehrgeiz und die

tel von der «Association de la Sommellerie Internati-

Geduld für das aufwendige Training mit. Im März

onale», dem grössten und bedeutendsten Sommelier-

2013 war es dann soweit: Zum ersten Mal in der Ge-

verband der Welt. Während seine Frau Helene in den

schichte der Sommelier-Weltmeisterschaft bestieg

vergangenen drei Jahren seine Trainingseinheiten ko-

ein Schweizer den Thron des besten Sommeliers der

ordinierte, sind es nun die zahlreichen Termine für

Welt. Basso setzte sich bei dem dreitägigen Event in

Interviews, Degustationen und Einladungen. Paolo­44

Dossier KulinarischES

65


Der Winzer Erich Meier hat sich ­selber zur Marke gemacht. Dazu­ gehören auch dem Corporate ­Design entsprechende Korken.

4 4 Basso­nutzt seine internationale Bekanntheit auch

Nach einer Ausbildung zum Schreiner und verschie-

dafür, das Ansehen von Schweizer Weinen zu erhö-

denen Anstellungen in der Privatwirtschaft stieg der

hen. «Wir leben in einem der geografisch schöns-

heute 39-Jährige 1999 in die Weinbranche ein. Zwei

ten und vor allem vielfältigsten Länder der Welt. Die

Jahre später übernahm er das Gut seines Vaters in Ue-

Schweiz als Weinland bietet enormes Potenzial», er-

tikon am See. Vor gut eineinhalb Jahren wagte er einen

klärt der Tessiner. «Dies gilt es jedoch zu bündeln

radikalen Schritt: Mit Unterstützung einer Schweizer

und zu kommunizieren; über die Landesgrenzen

Markenagentur konzipierte er aus Erich Meier eine

­hinaus.»

Marke, inklusive Corporate Design und Identity. Und

Das intensive Werben hat einen Grund: Ge-

die zeigt sich reduziert und nüchtern in Form einer

mäss Basso beruht der Erfolg – ausgehend von einem

auf den Kopf gestellten, schwarzen Weinflasche. «Ich

qualitativ hochwertigen Grundprodukt – zur Hälfte­

bin in allem konsequent und immer gerade und klar

auf einer guten Vermarktung. Und bei der können

heraus», erklärt er. «Und das bedeutet für mich auch,

Schweizer Winzer noch zulegen. So wissen oft nicht

nicht verbissen an alten Traditionen festzuhalten, son-

einmal heimische Weinliebhaber, wie gut unsere

dern offenen Auges in die Zukunft zu schauen. Daher

Trauben sind. «Önologisch brauchen sich Schwei-

auch das Symbol eines Ausrufezeichens. Zudem habe

zer Weine nicht zu verstecken, doch vielen älteren

ich mit meiner Strategie einen neuen Weg eingeschla-

Generationen an Winzern fehlt es an der Risikobe-

gen, auch dafür steht mein Logo: Ich stelle die Wein-

reitschaft, mit Traditionen zu brechen», sagt Basso.

welt auf den Kopf.»

Er wünscht sich mehr Mut und Weitsicht. «Als Som-

meliers und Weinhändler können wir unterstützen,

gehört er zu den ersten, die neben einem guten Grund-

aber der erste Schritt muss von Seiten der Produzen-

produkt auch auf ausgefeiltes Marketing setzen und da-

ten selber kommen. Dies beginnt bei der Analyse der

für eigenes Geld aufwenden. Dabei ist er sich durchaus

Böden und der dazu passenden Auswahl der Rebstö-

des Risikos bewusst, das mit einer personalisierten Mar-

cke und endet bei der Umstellung des Vertriebs, der

ke einhergeht. Angst macht ihm das nicht. «Die Marke

immer mehr über digitale Kanäle und direkte An-

lebt von meiner Person, das bedeutet ausreichend Zeit

sprache funktioniert.»

für Kommunikation einzuplanen», erklärt er. Ohne die

Dank seines unternehmerischen Backgrounds

Unterstützung seiner Familie und eines entsprechen-

66

Marketing ist entscheidend Wie wichtig die vom

den Netzwerks aus Zwischenhändlern und Helfern vor

Kenner beschriebene Weitsicht ist, und wie Marke-

Ort wäre dies nicht möglich. Denn auch wenn das Kon-

ting über Erfolg oder Misserfolg entscheidet, zeigt

zept heute effizient und effektiv funktioniert, der Weg

Erich Meier. Auf 4,8 Hektar baut der junge Winzer

dahin war steinig. «Wer so offensichtlich mit Konven-

elf verschiedene Traubensorten an. Das macht per

tionen bricht, muss mit Gegenwind rechnen und im

anno rund 35 000 Flaschen oder knapp 28 000 Liter.

Durchschnitt einen Verlust von rund 20 Prozent der

Dossier Kulinarisches


Kundschaft einkalkulieren. Da gilt es genau abzuwä-

sein – und auch bleiben. Dazu gehören für mich ne-

gen und zu analysieren, wie gross das Potenzial für

ben der Arbeit in den Rebbergen und im Keller auch

neue Zielgruppen ist.»

die Vermarktung und vor allem der persönliche Kun-

In seinem Fall verlor er jedoch kaum Kunden,

denkontakt», erklärt der junge Önologe Donatsch, der

gewann zudem unter den 30- bis 45-Jährigen neue

unter anderem in Australien, Südafrika, Spanien und

dazu. Sachlich und rein aus wirtschaftlicher Sicht

Bordeaux gelernt hat. Seine eigenen Ansprüche könn-

betrachtet ist dies optimal: Die neue Kundschaft ist

te er mit einem Ausbau der derzeit sechs Hektar nicht

nicht nur zahlungs- und konsumkräftig, sondern

mehr erfüllen. Und so setzt er seine Zeit und sein

bleibt ihm höchstwahrscheinlich auch lange erhal-

Know-how ausnahmslos zur Sicherung und Steige-

ten. «Meine Liebe zum Wein gepaart mit einem kon-

rung der Qualität ein. Etwa drei Viertel der jährlichen

sequenten ökonomischen Denken, das macht die

Produktion von ­30 000 Flaschen geht an die Schweizer

Marke Erich Meier erfolgreich», resümiert der Winzer. Dass die Vorbestellungen für die gerade erst gekelterten Trauben schon jetzt anlaufen und aus dem Jahrgang 2012 nur noch wenige Flaschen im Keller lagern, gibt ihm Recht. Qualität statt Grösse Auf ein anderes, nicht minder konsequentes und erfolgreiches Konzept setzt der in der Bündner Herrschaft ansässige Martin Donatsch. Es lässt sich einfach, aber treffend mit dem Wort Zufriedenheit beschreiben. «Auch wenn die Nachfrage eine Expansion rechtfertigen würde und vielleicht sogar verlangt, verzichten wir ganz bewusst da­ rauf», erklärt der 35-jährige Malanser, der das Weingut Donatsch in fünfter Generation führt. Sein Vater Thomas gilt als Revolutionär der hiesigen Weinwelt, brachte er in den 1970er-Jahren nicht nur neue ­Vinifikationsmethoden in die Schweiz, sondern auch bis dato verbotene Trauben wie den Chardonnay. Dass die Verantwortlichen der kantonalen Behörden ihn deswegen sogar verbannen wollten, liess ihn nur noch mutiger experimentieren. Und so baute er nicht nur als erster Schweizer in Barrique aus, sondern importierte auch gleich noch zwei Fässer vom weltweit bekanntesten Weingut Domaine de la Romanée-Conti.

Die Passion für den Beruf und das

Vertrauen auf Tradition, das sich im Hause Donatsch in jedem Detail erkennen lässt, zeigt sich auch im Anbau der über tausend Jahre alten Graubündner Traubensorte Completer. Die weisse Rebfrucht war Mitte des 20. Jahrhunderts fast ausgestorben, doch Thomas Donatsch schaffte es, zunächst einige Stöcke, dann einen ganzen Berg mit der eigenwilligen Sorte­zu bewirtschaften. Heute besitzt die Malanser Familie einen halben der total drei Hektar Gesamtanbaufläche, die für den Com-

Spitzen­gastronomie, das übrige Viertel an Privatkun-

pleter im ganzen Bündner Rheintal zur Verfügung

den. ­Martin und sein Vater Thomas Donatsch kennen

­stehen.

jeden Abnehmer persönlich. Das nicht zuletzt, weil die

Bestellungen normalerweise im hauseigenen Keller

«Wie mein Vater lebe ich für den Wein und

möchte an jedem Entstehungsschritt aktiv beteiligt

PUNKTmagazin Spielen

abgeholt ­werden.

4 4

Dossier KulinarischES

67


4 4 Von der Schweiz, für die Schweiz Da Donatsch

mehr Anfragen aus dem Gastgewerbe erhält, als er be-

Wissenswertes

dienen kann, gibt es eine Warteliste von heimischen Res­taurationen. Bestellungen aus dem Ausland wer-

Anbaufläche Schweiz

den in der Regel abgelehnt. Selbst eines der luxuri-

Die Rebfläche der Schweiz beträgt fast 15 000 Hektar,

ösesten und teuersten Hotels der Welt, das Burj Al

rund drei Viertel davon sind in der Westschweiz. Wei-

Arab in Dubai, muss auf den edlen Tropfen aus dem

sse Trauben machten 42 Prozent aus, die roten 58 Pro-

Graubünden verzichten. «Wir produzieren in und

zent. Seit Mitte der 1980er-Jahre ist die Rebfläche prak-

für die Schweiz. Aus rein kommerziellen Aspekten

tisch nicht mehr gewachsen.

zu verkaufen, kommt für uns nicht in Frage. Wir ha-

ben im Moment schon zu wenig Wein für den hei-

Sinkende Produktion

mischen Markt», sagt Martin Donatsch. «Vor allem

Die Produktion von Schweizer Weinen ist über die

aber produzieren wir auf traditionelle, natürliche

letzten Jahre zurückgegangen. 2012 belief sie sich auf

Kelterungsart Spitzenweine, die zum Essen genuss-

1004 Millionen Hektoliter – 348 000 Hektoliter weni-

voll getrunken werden und Freude machen sollen.»

ger als 1985. Weniger Trauben auf praktisch gleich gro-

Daher sorgt er stets dafür, dass genügend Flaschen

ssen Fläche sprechen für gestiegene Qualität.

im Keller verbleiben, um den Gästen im darüber lie-

genden Gasthaus «Zum Ochsen» ein Glas anbieten

Sinkender Konsum

zu können. Auf die Frage, welche Ziele er sich für

Im Jahr 2012 haben sich Herr und Frau Schweizer 267

die kommenden Jahre gesetzt hat, antwortete Mar-

Millionen Liter Wein eingeschenkt, gegenüber dem

tin Donatsch abschliessend: «Neben einer weiteren

Vorjahr ein Rückgang von 2,2 Prozent, vor allem zu-

Qualitätssteigerung möchte ich eine eigene Comple-

lasten von inländischen Weinen. Erstmals betrug der

ter-Selektion entwickeln. Gleiches gilt für den Char-

Konsum von Schweizer Wein weniger als eine Million

donnay und Pinot Noir. Dies bedeutet sicher auch ei-

Hektoliter. Der Marktanteil hiesiger Weine betrug 36,3

ne Reduktion des Sortenspiegels und wie mein Vater

Prozent.

werde auch ich weiter sowohl im Berg wie auch Keller

experimentieren. Ein Winzer lernt schliesslich nie-

Höchster Weinberg Europas

mals aus.»

Mit seinem auf zwischen 650 und 1150 Meter über Meer gelegenen Weinberg – dem höchsten Europas – erlangte die Ortschaft Visperterminen weltweite Bekanntheit. Dank kurzen Terrassen mit hohen Trockensteinmauern überwindet der Weinberg auf engstem Raum 500 Höhenmeter.

• Weniger Masse, mehr Klasse Es gibt sie, die raren Schweizer Weine, sei es ein Completer, ein Humagne Rouge oder ein Räuschling. Sie ergänzen hervorragend die Klassiker wie Merlot, Pinot Noir oder Chasselas.

• Föderalismus Die föderalistische Struktur der Schweiz ist auch in der Weinszene spürbar. Gemeinsame Auftritte der Weinregionen sind selten. So gibt es zwar einen Branchenverband für die Deutschschweiz, doch es scheint unmöglich, Tessiner, Deutsch- und Westschweizer an einen Tisch zu bringen.

• Der Fendant Der Fendant ist der Stolz des Wallis und wird vorwiegend zum Apéro getrunken oder zu Fondue und Ra

Wenn es mit den jungen Winzern wie mit gu-

clette gereicht. Der Wein stammt aus der Chasselas-

tem Wein ist, dann werden sie mit dem Alter im-

Traube und ist immer noch zeitgemäss. Der Name der

mer besser. Den Aussichten, dass sich Paolo Bassos

Traube leitet sich ab aus dem französischen «fendre»,

Wunsch nach mehr Aufmerksamkeit für Schweizer

was soviel heisst wie spalten oder brechen. Trotz aller

Wein erfüllt, dürfte damit nichts im Wege stehen.

Kritik: Die Walliser Spitzenwinzer erzeugen Fendants

Der beste Sommelier der Welt zumindest wird bei der

von ausserordentlicher Klasse, die nichts mehr mit

nächsten Weltmeisterschaft Teil der Jury sein. Unter

den dünnen und seichten Tropfen von früher ­gemein

den abgedeckten Etiketten wird sich dann vielleicht

haben.

auch ein Schweizer Wein befinden.

68

Dossier Kulinarisches


Exklusiv und explosiv Text Wilma Fasola Bild Boris Gassmann & Fabian Widmer

Die Schweizer Genusswelt findet immer mehr Gefallen an Fingerlimetten – das perlende Geschmackserlebnis der exotischen Zitrusfrucht spricht für sich. Zwei Australierinnen wollen der exotischen Frucht nun zu Weltruhm verhelfen.

PUNKTmagazin Spielen

«Beim Biss auf die kleinen Fruchtper-

limetten an. Heute gehört ihr Unternehmen

len erlebst du eine wilde Geschmacksexplosi-

Wild Finger Limes zu den bekanntesten Pro-

on», schwärmt Georgie MacDougall. «Ich habe

duzenten des Kontinents. In einem eigens

mich sofort in diese Frucht verliebt.» Die Aus­

dafür angelegten kleinen Regenwald wach-

tralierin baut zusammen mit Geschäftspartne-

sen und gedeihen die exotischen Früchte in

rin Sheryl Rennie seit fast zehn Jahren­Finger-

ihrem natürlichen ­Umfeld.

4 4

Dossier KulinarischES

69


4 4

Zugegeben: Der Baum, an dem Fin-

ger Limes reifen, ist nicht besonders schön anzusehen. Dürr und dornig kommt er daher. Und auch die Frucht selbst erinnert in unspektakulärer Weise an eine in die Länge gezogene Limette mit je nach Sorte grüner, brauner, roter oder schwarzer Schale. Doch der essbare Teil der sechs bis zehn Zentimeter langen Frucht trägt den Beinamen Limetten-Kaviar ja nicht nur wegen seines perligen Aussehens. Vor allem der einzigartige Geschmack, der sich mit einem «Plopp» entfaltet, sobald man die Kügelchen zerbeisst, ist der Grund, warum immer mehr Europäer an der australischen Obstsorte Gefallen finden und die Nachfrage konstant steigt.

Georgie MacDougall und Sheryl Rennie haben grosse Ziele. Sie wollen Finger Limes zu einer­

Ein prächtiges Farbenspiel Ihre Heimat

weltweit bekannten Delikatesse machen. ­Bereits jetzt werden 70 Prozent der Ernte ins

haben Finger Limes in den subtropischen

Ausland exportiert.

Regenwäldern. «Der Baum braucht Wärme­ und Sonne, damit die Früchte wachsen können. Dazu eine hohe Luftfeuchtigkeit und einen ausreichenden Vorrat an Wasser, wenn die Natur nicht mit Regen koope-

Gourmets­ haben die spezielle Frucht schon

rieren will. All dies finden sie auf unserer

für sich entdeckt. «Wir haben Finger Limes

Farm», erklärt MacDougall. Geerntet wird

anlässlich eines internationalen Gastro-­

in Handarbeit, was wegen der Dornen nicht

Events der Gesellschaft Chaîne des Rôtiss­

nur Spass macht. Die Saison beginnt im

eurs und zudem bei einem Event in Paris probiert», erinnert sich Pasquale Viola. Für den Inhaber und Koch des Zürcher Traditionsrestaurants Ciro ist es eine selbstverständliche Dienstleistung, die Gäste auch mit neuen, in der Schweiz noch unbekannten Produkten zu überraschen. Und dazu gehört seit einiger Zeit nun auch die «Microcitrus australasica», die Fingerlimette.

«Da es sich um eine Rarität

handelt, servieren wir Finger Limes nur auf Vorbestellung und solange der Vorrat reicht», so Viola. Als Extra zum Standardgericht gereicht, schlägt die exotische Beilage mit etwa fünf bis zehn Franken zu Buche. Dazu der Gastro-Experte: «Wir beziehen unsere Ware frisch über die Schweizer Firma Hugo Dubno und geben den entsprechenden Tagespreis fast ohne Aufschlag an den Kunden weiter. Am Ende geht es

70

­Januar und dauert bis Juni. Die einzelnen

mir bei den Finger Limes wie bei allen mei-

Sorten reifen alle zu unterschiedlichen Zei-

nen Produkten darum, das ‹etwas Mehr› zu

ten, beginnend mit den blassrosa und en-

bieten.»

dend mit den roten Früchten. Gleich nach

der Ernte werden sie verpackt und umge-

auf breite Begeisterung. Dies nicht zuletzt,

hend verschickt.

weil bereits die Optik Lust auf mehr macht.

In der Schweiz gelten Fingerlimet-

Einmal aufgeschnitten, perlt der Inhalt im

ten noch als Geheimtipp. Nur wenige

wahrsten Sinne des Wortes heraus – und das

Dossier Kulinarisches

Im Ciro stösst der Limetten-Kaviar


Handelsplatz. Die beiden Australierinnen sind Mitglied der Australian Finger Lime Growers Association (AFGA), die sich dafür einsetzt, den Markt für Fingerlimetten weiterzuentwickeln und neue Sorten zu züchten. Die sieben derzeit registrierten Arten bieten noch ausreichend Platz für neue Familienmitglieder.

Weiter will die AFGA vor allem die Ex-

portbedingungen verbessern, wobei die kur-

Alle Zeit der Welt seit 1760

ze Haltbarkeit der Frucht die grösste Herausforderung darstellt. «Derzeit liegt der Exportanteil unseres Jahresertrags bei 70 Prozent. Abnehmer sind Hong Kong, Singapur, Dubai, Grossbritannien und Dänemark. Ebenso verschiffen wir in die Schweiz», sagt MacDougall. Die Nettokosten liegen dabei derzeit bei 35 australischen Dollar pro Kilo, also rund 30 Franken. Summiert mit Transportkosten, Zollgebühren und weiteren Abgaben, muss man hierzulande mit rund 200 Franken für ein Kilogramm Fingerlimetten rechnen.

Bei ihrem ambitionierten Ziel, die

Früchte weltweit zu einer Spezialität zu machen, erhalten die australischen Produzentinnen Unterstützung durch die gestiegene Nachfrage nach aussergewöhnlichen Speisen. «In diesem Jahr hat die Nachfrage erheblich zugenommen. In Australien werden Finger Limes mittlerweile auch von anderen Lebensmittelherstellern entdeckt und beispielweise als Zusätze in Gewürzmischungen oder Softdrinks und in Spirituosen verwendet.» Hilfreich ist zudem, dass es sich bei Finger Limes um ein Bio-Produkt handelt, dem die Natur eine praktische Besonderheit mit auf den Weg gegeben hat: Im Gegensatz zu anderen Zitrusfrüchten werden sie nicht von in unterschiedlichen Farbnuancen.­ Die

Fruchtfliegen befallen. Ein gewichtiger Vor-

­Palette reicht von gelb über grün bis pink

teil, der besonders im europäischen Klima

und rosa.­ «Finger Limes haben ein wildes

von Nutzen ist.

Limonen-Aroma», erklärt Georgie Mac-

Dougall. «Jede Farbe hat zudem einen ganz

flächendeckend durchsetzt, ist noch eini-

eigenen Geschmack, so dass die Früchte

ges an Aufklärungs- und Überzeugungsar-

mit vielen Lebensmitteln kombiniert wer-

beit zu leisten. So führte auch Jelmolis «Gour-

den können.» Im Ciro hat man sich nach

met-Factory» die Rarität einige Monate lang

einigen Experimenten dafür entschie-

im Sortiment, stellte den Verkauf jedoch auf-

den, Meeresfrüchte und Fischgerichte so-

grund fehlender Nachfrage wieder ein. Ver-

wie Kalbsschnitzel und Panna cotta mit

mutlich hatte auch die eher unattraktive Ver-

dem bunten Beiwerk zu veredeln. Aber es

packung zum Misserfolg beigetragen: Sie war

passt ebenso zu Salat, Schokolade und asia-

geschlossen. Doch wer weiss schon – ohne zu

tischen ­Speisen.

probieren –, welche Perlen sich in der ver-

Doch bis sich die Frucht auch bei uns

«Wir führen nur Marken, die Geschichte geschrieben haben. So wie wir auch.»

René Beyer

wachsenen Limette verstecken? Dank dem Exportschlager ohne Fruchtfliegen Stan-

Plan von Georgie MacDougall, ihre Finger

den Finger Limes zunächst nur auf der

Limes in einem Jahr wie traditionellen Ka-

Speisekarte der Aborigines, der australi-

viar in Dosen zu verpacken und unter dem

schen Ureinwohner, fanden sie dank der

offiziellen Namen «Citrus Caviar» anzubie-

Unterstützung von Frauen wie MacDougall

ten, könnten die Absatzmengen künftig neue

und Rennie den Weg auf den öffentlichen­

Sphären erreichen.

PUNKTmagazin Spielen

Uhren & Juwelen Bahnhofstrasse 31 8001 Zürich beyer-ch.com


– Wirtschaft –

Kampf um den PlattenTeller Text Seraina kobler

Bild Boris Gassmann & Fabian Widmer

Von Las Vegas über Berlin bis nach Zürich: Das DJ-Geschäft ist knallhart.­ Während ­internationale Superstars für Auftritte sechsstellige­Gagen ­kassieren, müssen die Locals für einen Bruchteil der Summen auflegen.

72

Wirtschaft

D

er Geschäftsmann Don Johnson

war wieder einmal in seinem

mit dem Künstler zu kämpfen haben, seit-

Stammklub in Las Vegas, als er

dem elektronische Musik populär geworden

hörte, dass der kanadische Mu-

ist. Seit Techno in den 1980er-Jahren seinen

sikproduzent und DJ Joel Zimmerman, auch

Siegeszug aus den Kellern der untergehen-

bekannt als Deadmau5, auflegen würde. Kur-

den Industriestadt Detroit in die Metropo-

zerhand bot er der House-Legende 200 000

len der Welt angetreten hat, ist er zu einem

Dollar an, damit dieser Jon Bon Jovis «Living

lukrativen Wirtschaftszweig angewachsen.

on a Prayer» spielt. Zimmerman nahm das

Für einige­ ­zumindest, denn die Gehaltssche-

Angebot an. Was ihm die Verachtung der Sze-

re bei DJs wird kontinuierlich grösser. Durch

ne einbrachte und einen Youtube-Clip, der

immer einfacher zu bedienende Technik

innert Kürze um die Welt ging. Zimmerman

wird das Auflegen anspruchsloser. Etwa mit

verteidigte die Aktion mit seiner prekären

«Ending», deren Entwickler von den Inves-

­finanziellen Lage.

toren kürzlich weitere 2,5 Millionen Dollar

Der Fall Deadmau5 zeigt das Dilemma,


­erhielten. Die vor einem Jahr lancierte App

onale Acts Summen im sechsstelligen Bereich

ist eine Erfolgs­geschichte und wird in über

verdienen können, bekommen die sogenann-

170 Ländern benützt. Doch wie man mit ­einer

ten Locals, also die Musiker aus der eigenen

Mikrowelle­keinen­G­ourmettempel eröffnen

Stadt, immer weniger ab vom grossen Kuchen

kann, ist man nicht automatisch ein Künstler,

des Nachtlebens.

wenn man dank solcher Helfer die Technik

PUNKTmagazin Spielen

bedienen kann.

Locals sind das Gesicht eines Klubs Vor allem

Die vereinfachten Anwendungen füh-

in Zürich, der Ausgehhauptstadt der Schweiz,

ren dazu, dass immer mehr Personen hinter

ist die Grösse dieses Kuchens nicht zu unter-

die DJ-Kanzel drängen. Das erhöht das An-

schätzen. Maurus Ebneter vom Verband­ der

gebot und lässt die Preise sinken. In grossen

Schweizerischen Diskotheken schätzt den

Städten mit hoher Klubdichte wie beispiels-

jährlichen Umsatz der Stadtzürcher Klubs auf

weise Berlin sind DJ-Gagen im Keller. Für die

100 bis 150 Millionen Franken. Dieser geht

meisten zumindest. Denn während internati-

zum grossen Teil auf die Liberalisierung44

Wirtschaft

73


4 4 des Nachtlebens zurück, die in den 1990er-

sie müde­ zu werden drohen. Sie geben dem

Kampf an den Plattentellern härter gewor-

Jahren ihren Anfang nahm. Auch der konti-

Klub Identität und ein Gesicht. Regelmässi-

den, gleichzeitig haben die Möglichkeiten

nuierliche Ausbau des öffentlichen Verkehrs,

ge lokale Auftritte­ können auch ein Sprung-

zugenommen, über das Internet eine grössere­

insbesondere des Nachtnetzes der Schweize-

brett in den internationalen Markt sein. Wie

­Bekanntheit zu ­erlangen.

rischen Bundesbahnen, macht es Tanzwilli-

dieser aussehen kann, zeigt der 1977 geborene

gen leichter, die Nacht zum Tag zu machen.

deutsche DJ Paul Kalkbrenner. Der Kinofilm

sen Kanal geschickt. So auch der 22-jährige

Eine der festen Grössen im Zürcher

«Berlin Calling», in dem er in der Hauptrolle

deutsche Produzent und DJ Lexer. Er ist ei-

Nachtleben ist der Club Zukunft in der Nähe­

mehr oder weniger sich selbst spielt, machte­

ner dieser Musiker, die sich vor allem über

der Langstrasse, der vor acht Jahren seinen

den Berliner­ über Nacht bekannt und kata-

das soziale Netzwerk Facebook ins Gespräch

Betrieb aufnahm. Mit maximal 800 Besu-

pultierte seine Gagen in sechsstellige Sphä-

gebracht haben. Von einem verschlafenen

chern pro Wochenende gehört er zu den klei-

ren. Heute füllt er regelmässig Arenen wie das

Dorf im ehemaligen Ostdeutschland hat er

nen bis mittelgrossen Etablissements die-

Hallenstadion: 70 Franken für ein zweistün-

ser Art. Für die Macher ein klarer Vorteil, wie

diges, sehr vorhersehbares Set – und trotzdem

Mitbetreiber Dominik Müller sagt: «Für uns

ist die Halle immer rappelvoll.

ist das ein grosser Luxus.» So sei der ­Betrieb günstiger und man könne das musikalische

Vom Internet auf den Dancefloor Um sich

Programm auf ein spezialisiertes Pu­blikum

zu positionieren, spielt das Internet eine im-

ausrichten. Gelegentlich werden auch im

mer wichtigere Rolle. Gerade dadurch, dass

Club Zukunft grosse Acts gebucht. Wobei die-

Musik online immer einfacher und günsti-

se nicht immer das Publikum mitreissen.

ger zu konsumieren ist – eine­analoge Vinyl-­

«Es gibt Detroit-Legenden, die sich im Ho-

Plattensammlung kostet dagegen­ ein Ver-

tel den Wecker stellen, ihr Set spielen und

mögen – wird die Person, die hinter dem

ein orientierungsloses Publikum zurückla­

Mischpult steht, umso wichtiger. Auf die Bil-

ssen», sagt Müller. Deshalb seien die Locals

der- und Textflut folgt nun eine Musikflut

umso wichtiger. Sie kennen die Szene, sind

im Netz. Orientierung bieten Namen und

nah bei den Besuchern, fangen sie auf, wenn

Brands,­­ ­also DJs und Labels. So ist zwar der

74

Wirtschaft

Vor allem junge Künstler nützen die-


es zu ­internationaler Bekanntheit gebracht.

Im Vergleich zu den Generationen zuvor, die

Stunden aufgewendet. Der englische Produ-

sich, technisch bedingt, auf das Auflegen von

zent Laurent Garnier schreibt darüber in sei-

Platten spezialisiert hatten, steigen viele der

nem Buch «Elek­tro­schock»: «Also schloss ich

heutigen Digital Natives mit Live-Acts ein

mich ein, mixte stundenlang in meiner ver-

und wechseln dann rasch zum Produzieren

borgenen Höhle,­ und wenn ich die Augen

eigener Tracks über.

schloss, glaubte ich in einem Klub zu sein. All

Beschleunigt wurde diese Entwicklung

die Stunden, die ich damit verbracht habe, an

durch das Musikprogramm Abelton live. Der

korrekt gemixten Übergängen zu arbeiten.

deutsche Buchautor Tobias Rapp meint dazu:

Die vielen Kass­etten, die ich Schulfreunden

«Abelton hat das Musizieren mit dem Com-

und Freunden von Freunden gegeben habe,

puter ähnlich umgewälzt wie Photoshop die

waren durch den Glauben animiert, die Über-

Bildbearbeitung.» Vorher habe man es bei

zeugung, dass eines Tages die richtige Kasset-

Musikprogrammen mit Studiosoftware zu

te dem Menschen in die Hände fällt, der mir

Computerprogramme vereinfachen das

tun gehabt. Diese war aber nicht zum Spielen,

eine Chance geben würde.»

­Produzieren von Musik enorm. Auf Diensten­

sondern nur zur Bearbeitung einer fertigen

wie Soundcloud werden die Stücke oder

Aufnahme konzipiert. Spielen Künstler heute­

Smartphones auch Streamingdienste und

live, zeichnen sie ihre Auftritte mit Abelton

Online-Radios mobil geworden. Wer es

live auf und stellen sie ins Netz. Sehr beliebt

schlau macht, kann mit seinem Avatar im

in der elektronischen Musikszene ist Sound­

Internet eine Reichweite erzielen, von der

cloud. Längst hat der Musikstreamingdienst

selbst manche renommierte Plattenfirma

­ganze Sets ­anschliessend veröffentlicht.

PUNKTmagazin Spielen

Früher hat ein DJ für die Promotion­

Heute sind durch die Verbreitung der

Demotapes und CDs abgelöst. Zudem kann

träumt. Doch Erfolg verpflichtet. Wer wie Joel­

man den Künstlern über die Plattform folgen

Zimmerman aka Deadmau5 in den Olymp

und sieht automatisch ihre neusten Stücke. So

des Auflegens aufgestiegen ist, darf sich keine­

ergibt sich ein Netzwerk aus Leuten mit ähn-

Geschmacklosigkeit erlauben. Nicht einmal

lichem Musikgeschmack.

für 200 000 Dollar.

Wirtschaft

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kolumne

Die Spielmacher

René Allemann

M

anche Dinge ändern sich nie,

ins letzte Detail geplant und reguliert wurde,

das gilt auch für Spielregeln.

weil Corporate Identity – vor allem in Europa

Heute wie früher erwies es sich

– anfangs stark von Design getrieben war. Da-

als klug, sich an gewisse Grund-

bei ging vergessen, sich dem Inhalt, der Ge-

sätze zu halten, selbst als wir noch Kinder

schichte und dem Erlebnis der Marke anzu-

waren und die Unbeschwertheit unser ste-

nehmen. Das heutige Branding-Verständnis

ter Begleiter war: erst die Hausaufgaben,

geht einen Schritt weiter und stellt die Mar-

dann Fussball spielen. Und einige Jahre spä-

keninhalte in den Mittelpunkt. Design spielt

ter dasselbe­ in Grün: erst die Hausaufgaben,

zwar nach wie vor eine zentrale Rolle, doch

dann das Mädchen.

der Umgang ist flexibler geworden. Das De-

Daran musste ich denken, als ich bei

sign darf quasi beim Erzählen der Markenge-

Youtube zufällig auf ein Video von Taco­ Bell

schichte mitspielen und seinen visuellen Bei-

gestossen bin. Der Clip erinnerte mich dar-

trag leisten.

an, wie schön es doch ist, wenn die Aufgaben

erledigt sind und man dann spielen darf. Der

genen Marke, also nicht immer nach den eige-

Spot lief in der Pause des Superbowl. Die Wer-

nen Regeln zu spielen, sondern diese bewusst

beblöcke, die während dieser Grossveranstal-

zu brechen, bereitet noch immer vielen Profis

tung gezeigt werden, sind so beliebt, dass sie

schlaflose Nächte. Denn nur, wer sich seiner

nach dem Event als gesammeltes Werk auf

sicher ist, den nötigen Mut und genügend Ri-

Youtube­abrufbar sind und ein zweites Mal ein

sikobereitschaft mitbringt, besitzt die nötige­

Millionenpublikum erreichen. Im erwähnten

Gelassenheit, Regeln zu brechen, neu zu in-

Spot feiert ein Trüppchen alter Menschen ge-

terpretieren und so das Spiel aktiv mitzuge-

meinsam eine Nacht, und zwar so, als wären

stalten – oder im besten Fall die Spielregeln

sie noch immer 20 Jahre alt: Sie brechen in ein

immer­wieder neu zu definieren.

Haus ein, flirten, tanzen und brausen durch

die Nacht. Zuletzt verdrücken sie unter dem

kenführung ist also für viele eine Gratwande-

Sternenhimmel auf einer Kühlerhaube lie-

rung. Er kann das Potenzial bergen für einen

gend Fastfood – letzteres ganz nebenbei. Ein

Twist, der in positiver Erinnerung bleibt – aber

schöner Clip, der Freude bereitet, weil er sehr

auch den Super-GAU bedeuten. Dies, wenn ei-

spielerisch und vergnügt daherkommt.

nem die Kontrolle über das Spiel entgleitet.

Wenn eine Marke die Hausaufgaben

Und dabei ist es im Branding wie im Fussball

gemacht und damit ihre Bekanntheit gestei-

und im richtigen Leben: Entscheidend beim

gert hat, kann sie es sich leisten, spielerisch

Spielen sind die Spielmacher. Diese brauchen

aufzutreten. Das Produkt, um das es letztend-

hervorragende technische Qualitäten und ei-

lich geht, rückt in den Hintergrund,­ vermit-

nen souveränen, engagierten Einsatz, der die

telt wird ein Lebensgefühl. Gott sei Dank sind

Mitspieler motiviert. Wann waren Sie letzt-

die Zeiten vorbei, als im Branding alles bis

mals ihr eigener Spielmacher?

Dieser selbstsichere Umgang mit der ei-

Der spielerische Umgang in der Mar-

René Allemann ist Gründer und CEO des Beratungsunternehmens Branders, das sich auf Markenberatung ­spezialisiert hat. Er ist zudem Herausgeber des Online-Magazins thebrander.com.

PUNKTmagazin Spielen

Wirtschaft

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Wirtschaft


– Wirtschaft –

Alles für denArsch

Sexspielzeug erobert die Schlafzimmer – klammheimlich versteht sich, die Branche schreibt Diskretion gross. Besonders gut laufen die Geschäfte in der Vorweihnachtszeit.

Vibratoren – die Klassiker unter den Sex-

Thomas Scheurer und meint damit Anal-

spielzeugen.

Toys, die von beiden Geschlechtern genutzt

Ähnlich wie das Private Banking lebt

werden können. Der aktuelle Bestseller in

Scheurer schnell langweilig. Als frischgeba-

auch die Erotikbranche von der Diskretion.

der Schweiz ist ein Produkt für den Mann:

ckener Absolvent einer kaufmännischen Leh-

Obwohl Pornografie in der Schweiz seit 1992

«Teeny­arsch» aus hautähnlichem Loveclo-

re hatte der damals Zwanzigjährige 1981 bei

legal ist und in den Medien seit den 1990er-

ne-Material für knapp hundert Franken.

der UBS angeheuert. Doch nach nur einem

Jahren offen über Sexualität gesprochen wird,

«Das Ärschchen ist knapp 20 cm breit und

Jahr hatte der unternehmerisch denkende

betonen Hersteller und Händler gleichermas­

steht dir ­jederzeit in allen Stellungen zur

Mann genug von Wertschriftenemissionen

sen ihre Verschwiegenheit: Versandt werden

Verfügung», heisst es in der Beschreibung

und kündigte. Er sehnte sich nach der Real-

bestellte Artikel – vom Umschnalldildo über

des Händlers. Nicht im Lieferumfang inbe-

wirtschaft, nach etwas Handfestem. Erst ver-

Handschellen und Liebeskugeln bis zur Peit-

griffen sind Batterien sowie Kondome, damit

dingte er sich im Baunebengewerbe, bis er auf

sche für SM-Spiele – stets in neutraler Verpa-

das Spielzeug «immer sauber und einsatz­

ein anderes, lukrativeres, damals weniger hart

ckung von einer neutralen Absenderadresse,

bereit bleibt».

umkämpftes Gewerbe stiess, das Sexgewerbe.

damit weder Postbote, Nachbar noch allen-

«Wir fingen mit Potenzmitteln an»,

falls die Partnerin oder der eigene Partner er-

Produkts täuschen nicht darüber hinweg,

erinnert sich Scheurer, inzwischen 52 Jahre

kennen, welche Produkte im Päckchen ste-

dass Toys mitunter nur schwer an den Mann

alt, Chef der Erotikkette Libosan mit Haupt-

cken. Entsprechend wird in Fachkreisen auch

zu bringen sind. «Während eine Frau, die

sitz in Othmarsingen und 29 Angestellten.

nicht von Sexspielzeug gesprochen, sondern,

einen Vibrator nutzt, als selbstbewusst und

Nach bestem Wissen und Gewissen hätten

ganz unverfänglich, von Toys.

emanzipiert gilt, hat ein Mann, der in eine

Text Dmitrij Gawrisch Illustration Fabian Widmer

Die Arbeit bei der Bank wurde Thomas

ein Freund und er Ende der 1980er-Jahre

Doch die guten Verkaufszahlen des

Gummimuschi onaniert, ein Imageprob-

aus Kräutern Substanzen extrahiert, die ihn

Männer sorgen sich um ihr Image Produ-

lem», sagt Scheurer. Zudem verheimlichen

standhafter machen sollten. «Viagra gab es

ziert werden die meisten Toys mittlerwei-

viele heterosexuelle Männer ihre Anal-Toys

damals ja noch nicht.» Versagten seine Wun-

le in China. Entwickelt werden viele von ih-

selbst vor ihren Partnerinnen, weil sie sich

dermittel den Männern ihren Dienst, hatte

nen aber weiterhin in Europa – allen voran

zum einen schämten, zum anderen Analsti-

Scheurer Alternativen auf Lager, um seine

in Schweden, Frankreich und Deutschland –

mulation beim Mann noch immer als ein

sowohl männliche als auch weibliche Klien-

sowie in den USA. Welche Produkte laufen

Zeichen von Homosexualität gedeutet

tel zum Höhepunkt zu bringen: Dildos und

besonders gut? «Alles für den Arsch», sagt

­werde, so Scheurer.

PUNKTmagazin Spielen

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Wirtschaft

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Verlässliche Zahlen zum Schweizer

Parodie «USB – Unsere Schweizer Bank» 2010

und meinte zu ihrem Partner, dass sie sich als

Erotik- und Sexmarkt gibt es nicht. Thomas

für Schlagzeilen und juristischen Wirbel mit

Frau da nicht hinein getraue, weil sie das Ge-

Scheurer schätzt ihn auf aktuell etwa 50 Milli-

dem Ex-Arbeitgeber sorgte.

fühl habe, «von sabbernden Männern ange-

onen Franken jährlich. Rund 10 Millionen da-

gafft zu werden». Sie fand heraus, dass es den

von erwirtschaftet Libosan mit seinen 15 Fi-

Ruinöser Wettbewerb Der Wettbewerb in der

meisten Frauen ähnlich ergeht. So kündigte

lialen und dem Onlineshop. Dennoch muss

Erotikbranche ist hart, gerungen wird um je-

sie ihren Job und gründete 2005 mit Sensuel-

der Schweizer Marktführer kämpfen, um in

den Kunden, zum Teil zu ruinösen Bedingun-

le ein Geschäft, das vor allem Bedürfnisse der

den schwarzen Zahlen zu bleiben. «High-

gen. «Um auf Seite eins zu landen, können Ad-

weiblichen Kundschaft befriedigt.

speed-Internet hat unser Geschäft kaputtge-

words bei Google zwei bis drei Franken pro

macht», konstatiert Scheurer und spielt damit

Klick kosten», rechnet Scheurer vor. «Pro Kun-

bedenkenlos hineingetrauen soll. Um die

auf die seit dem Umsatzhöhepunkt 2008 um

den, der unsere Website besucht, erwirtschaf-

Schwellenangst zu nehmen, ist die Boutique

70 bis 80 Prozent gesunkenen Einnahmen aus

ten wir aber im Schnitt nur 20 Rappen Um-

einladend eingerichtet, auf eindeutig sexuel-

dem Verkauf von Sexfilmen an. Nur noch älte-

satz.» Ein krasses Verlustgeschäft also. Deshalb

le Bilder wird verzichtet. Und auch die gros­

re Männer würden Pornofilme auf DVD kau-

setzt Libosan auf traditionelle Marketingkanä-

se Auswahl an Toys prasselt nicht gleich vom

fen, jüngere besorgten sich ihre Pornografie

le: Die Firma verschickt weiterhin gedruckte

ersten Regal auf die Ladenbesucherinnen he-

im Internet – kostenlos.

Kataloge mit Produktneuheiten an seine Kun-

rab. Stattdessen können sich die Frauen, von

Sensuelle ist ein Laden, in den Frau sich

den und schaltet Anzeigen im Blick.

denen die meisten zwischen 35 und 55 sind,

satzeinbruch noch gravierender: Bis zu 90

Grossformatige Anzeigen kann sich

erst einmal erotische Unterwäsche, Massa-

Prozent der Einnahmen seien verschwun-

Sonja Borner nicht leisten. Die Gründerin

geöle und Kerzen ansehen, bevor sie sich an

den oder ins Internet abgewandert. Die Ver-

der Zürcher Erotikboutique Sensuelle bietet

die Auswahl des passenden Spielzeugs fürs

käufe von Toys, Dessous und Accessoires wie

zwar auch bei Adwords mit, um Neukunden

Schlafzimmer machen. Dabei können sie

Gleitmittel oder Kondome würden zwar lau-

zu gewinnen, ihre Bekanntheit verdankt sie

sich von den Verkäuferinnen beraten lassen.

fend steigen, könnten die sinkenden Umsät-

allerdings vor allem Mund-zu-Mund-Propa-

«Die meisten Produkte, die wir führen, hat

ze aus dem Filmgeschäft aber nicht kompen-

ganda. Die Idee, einen Erotikladen aufzuma-

jemand von uns bereits selbst ausprobiert»,

sieren. Auch davon ist Scheurer betroffen:

chen, kam ihr, als sie noch im Marketing bei

lacht Borner. Die Gebrauchsanweisung kön-

Unter dem Pseudonym Tommy von Münch-

Unilever arbeitete. Auf der Autobahn fuhr

ne jeder lesen, persönliche Erfahrungen aber

hausen ist er selbst als Produzent von Schwei-

sie an einem der gesichtslosen Erotikgross-

hätten für den Kauf von Intimtoys wesentlich

zer Sexfilmen tätig, von denen etwa die UBS-­

märkte voller Sexfilme und -heftchen vorbei

mehr Wert.

80

Bei Telefonsexdiensten sei der Um-

Wirtschaft


Spielzeug für Frauen wird längst nicht mehr nur aus Kunststoff gefertigt. Mittlerweile gibt es ­Ausführungen in Gold, besetzt mit edlen Hölzern oder Diamanten. Die Kosten sind dementsprechend höher: 3500 Franken aufwärts.

PUNKTmagazin Spielen

Offline bleibt wichtig­ Deshalb glauben so-

geistert. «Je älter du wirst, desto eindeutiger

wohl Sonja Borner als auch Thomas Scheurer

siehst du deine Bedürfnisse», sinniert Nadi-

daran, dass der «analoge» Erotikladen nicht

ne. Neue Toys kauft sie nicht aus Langeweile,

ausstirbt: Bei Sensuelle werden 75 Prozent

sondern entweder weil die alten schon zu alt

des Umsatzes noch immer offline erzielt.

sind und aus hygienischen Gründen erneuert

Zwar finden Interessierte mittlerweile in Fo-

werden müssen oder weil sie bestimmte Be-

ren und auf Youtube Berichte über alle mög-

dürfnisse nicht befriedigen. So hat beispiels-

lichen Toys, aber bevor man sie sich wirklich

weise der Umschnalldildo zwar ihrer Partne-

zulegt, möchten viele mit jemandem darüber

rin Vergnügen bereitet, ihr selbst aber nicht.

sprechen. Und sie natürlich in der Hand hal-

Also machte sie sich auf die Suche nach ei-

ten, anfassen. Das gilt auch für Paare, die vor

nem Toy, das beiden gleichzeitig Vergnügen

allem an den Samstagen ins Geschäft pilgern,

bereitet – und wurde bei Sensuelle fündig.

um sich ein bisschen Innovation ins Schlaf-

zimmer zu holen. Sie habe noch nie Toys on-

decken können, veranstaltet Borner unter-

line gekauft, berichtet denn auch Nadine,

schiedlichste Anlässe, bei denen sie oder ihre

eine Stammkundin von Sensuelle. Sie ist les-

Mitarbeiterinnen die Interessentinnen über

bisch und besitzt drei Dildos sowie Peitschen

die neusten Produkte informieren. Das fängt

und Fesseln, weil sie in der Zürcher SM-Szene

bei Apéros an, geht über sich regelmässig tref-

aktiv ist. Wie jedes Spielzeug machten auch

fende Frauengruppen bis hin zu Polteraben-

die Toys süchtig, berichtet sie: «Je mehr du

den für pauschal 350 Franken – Apéro und

spielst, desto mehr willst du spielen.»

Geschenk eingeschlossen. Jetzt, in der Vor-

Damit Frauen ihre Lust ungestört ent-

Heute spricht Nadine, 35, offen über

weihnachtszeit, fällt es Frauen aber mitun-

Lust und Erotik. Das war nicht immer so. Ihr

ter selbst bei Sensuelle schwer, unter sich zu

erstes Toy, ein Dildo, habe sie von ihrem Mit-

bleiben: Ab Anfang Dezember stürmen Män-

bewohner zum 21. Geburtstag geschenkt be-

ner die Boutique an der Kasernenstrasse, um

kommen. Sie sei rot angelaufen und habe sich

Geschenke für ihre Liebsten zu kaufen. Spiel-

wochenlang nicht getraut, das Geschenk aus-

zeug hatte schliesslich schon immer einen

zupacken. Dann tat sie es doch – und war be-

festen Platz unter dem Weihnachtsbaum.

Wirtschaft

81


Open FOrum Für Fachbesucher Mittwoch / Donnerstag, 5./6. Februar 2014 Kongresshaus Zürich prOGramm Neun Themen mit jeweils Keynote-Referat und anschliessendem Panel. Anmeldung nicht notwendig. Detailliertes Programm: www.fondsmesse.ch Mittwoch, 5. Februar 2014 11.45–12.45 neue reaLITÄTen Für muLTI asseT LÖsunGen

Donnerstag, 6. Februar 2014 11.30–12.15 neW reaLITIes reQuIre InnOVaTIOns

11.45–12.45 neW reaLITIes FOr FIXeD IncOme

14.00–14.45 esG anD srI In emmerGInG marKeT InVesTmenTs

14.15–15.15 pensIOnsKassen In Der TIeFZInsFaLLe

15.00–15.45 neW reaLITIes FOr sTOcK InVesTOrs

14.15–15.15 neW reaLITIes FOr absOLuTe reTurn 15.30–16.30 reTrOZessIOnen unD FIDLeG 15.30–16.30 neW reaLITIes FOr muLTI asseT sOLuTIOns Veranstalter

Messepartner

Hauptsponsoren

Co-Sponsoren Banque Cantonale Vaudoise | Deutsche Asset & Wealth Management | ING Investment Management Invesco | IPConcept | Swisscanto | Threadneedle Investments

Medienpartner


– Wirtschaft –

logo auf der brust Zu Beginn der Trikotwerbung weigerten sich Medien, Bilder mit den Logos der Sponsoren abzudrucken. Der Widerstand legte sich bald. Text David Fehr

Obwohl es immer wieder kolportiert wird: Erfinder der Tri-

seiner Trikots. Erst 1985 warb der Zürcher Verein erstmals auf sei-

kotwerbung im Fussball war nicht Jägermeister, auch wenn sich die

ner Brust, zur Ehre kam der Autobauer Nissan. Die Zulassung der

Geschichte als Gründermythos nur zu gut eignen würde. Anno 1973

Werbung auf den Leibchen stiess in der Schweiz nicht von Anfang

war es: Der Fussballverein Eintracht Braunschweig hatte Geldsor-

an auf Akzeptanz. Vor allem die Zeitungen weigerten sich, Bilder der

gen, Jägermeister-Boss Günter Mast wollte seinen Kräuterbrand be-

bedruckten Trikots zu veröffentlichen – oder sie färbten die Stellen

kannter machen, Trikotwerbung aber war verboten. Die Lösung war

weiss ein. Auch das Schweizer Fernsehen wollte anfänglich keine Bil-

ein Bauerntrick, die Modifikation des Vereinswappens: Aus dem ro-

der von Fussballspielen übertragen, bei denen die Clubs mit Leib-

ten Löwen auf silbernem Dreieck wurde der Jägermeisterhirsch. Als

chenwerbung antraten. Es war ein Sturm im Wasserglas: Die Kom-

der Fussballverband bemerkte, dass er auf einen Trick hereingefallen

merzialisierung liess sich nicht aufhalten und die Konflikte legten

war, folgte ein mehrmonatiger Rechtsstreit. Mit dem Resultat, dass

sich bereits nach wenigen Monaten wieder. Nachdem Italien, Eng-

Trikotwerbung noch im selben Jahr erlaubt wurde und Jägermeister

land und Spanien der Schweiz in Sachen Trikotsponsoring nachzo-

dank der grossen medialen Aufmerksamkeit buchstäblich in aller

gen, waren Trikots ohne Werbung bald ein Relikt vergangener Zeit.

Munde war. Das «Jägermeisterwappen» hatte bis zur Vertragsauflö-

sung 1986 Bestand. Aber eben: Die erste Trikotwerbung war es nicht.

kanntlich als Nationalmannschaft der Katalanen versteht und bis

Diese «Ehre»­gebührt dem uruguayischen Verein CA Penarol Mitte

2006 keine Werbung, sondern einzig das Vereinswappen auf der

der 1950er-Jahre.­In Deutschland war es der Verein Wormatia Worms,

Brust trug. In den Jahren 2006 bis 2011 bewarb man kostenlos das

der bereits 1967 für Caterpillar warb, was der Deutsche Fussballver-

Kinderhilfswerk Unicef, danach folgte der kommerzielle U-Turn:

band jedoch wieder verbot.

Seither schmückt das Logo der Qatar Foundation die katalanische

Brust. Jährliche Einnahmen: rund 30 Millionen Euro.

In der Schweiz trug der FC Basel als erster Verein einen Spon-

Das gilt mittlerweile sogar für den FC Barcelona, der sich be-

sor auf den Trikots: Im Sommer 1976 warb der Reiseunternehmer

Guarnaccia für seine Dienste. Mit Erfolg: In nur einem Jahr konnte

ligen MLB (Baseball), NFL (Football), NBA (Basketball) und NHL (Eis-

die Firma ihre Belegschaft auf 36 Angestellte verdoppeln. Nach einer

hockey). Das ist umso erstaunlicher, als die Amerikaner eigentlich ja

Saison zog sich Guarnaccia wieder zurück – Ziel erreicht. Am längs-

alles andere als zimperlich sind, wenn es um umfassende Kommer­

ten verzichtete der Zürcher Grasshopper Club auf eine Beschriftung

zialisierung des Sports geht. Nur das Trikot, das ist und bleibt heilig.

PUNKTmagazin Spielen

Die letzten Bastionen der «reinen» Trikots sind die US-Profi­

Wirtschaft

83


– NeuerDings –

Der Klassiker Das Design des Chronographen «The Speedmaster '57» wurde von der ersten Speedmaster-Kollektion aus dem Jahr 1957 inspiriert. Dank feurigem 18-karätigem Rotgold und poliertem Edelstahl stellt diese Neuheit eine stilvolle Ergänzung der Kult-Kollektion dar. CHF 13 500.– | omegawatches.com

Schmucke Dänen

Jung und modern sind die Schmuck-

stücke des dänischen Familienunternehmens Ole Lynggaard Copenhagen, obwohl die Manufaktur 2013 ihr 50-jähriges Bestehen feiert. Die Schmuckfirma beweist, dass skandinavisches Design und exklusive, handgefertigte Schmuckstücke absolut im Trend liegen. Als offizieller Lieferant des dänischen Königshofs erfreut das Unternehmen auch Kronprinzessin Mary mit seinen aussergewöhnlichen Preziosen. Die verschiedenen Schmuckkreationen vereinen mit hochwertigsten Rohstoffen die pure Formensprache skandinavischen Designs mit anspruchsvoller Hand-

Klanggenuss Bowers &

werkskunst. Vom Rohling bis zum fertigen

Wilkins haben mit dem neu-

Schmuckstück fertigen die teils eigens aus-

en «P7» ihren bisher edels-

gebildeten Goldschmiede in reiner Hand-

ten und teuersten Kopfhö-

arbeit wahre Meisterwerke. Eine Bestseller-

rer auf den Markt gebracht

Kollektion stellt die Lotus-Serie dar, deren

– High-End-Klang in Studio-

vielfältige farbigen Edelsteine zahllose

qualität direkt am Ohr.

Kombinationsmöglichkeiten bieten.

CHF 480.– bowers-wilkins.com

Preis auf Anfrage | lesambassadeurs.ch

84

Neuerdings


– Verlosung –

Handgefertigt Der «Spindle Chair» kombiniert massive Holzteile­ mit schlanken Metall­ elementen. Mit seinem Profil reiht sich der Stuhl nahtlos in ein ­modernes Umfeld ein. CHF 2300.– wohnbedarf.ch

Connaisseur de

olympische möwe

Ski Noch präzisere Schwünge erlaubt der neue TopSki «Phantom S» von Kessler Ski. Im

Entdecken, geniessen, sich treiben lassen – das Mövenpick Hotel

Einführungsjahr be-

Lausanne lädt zu einer Pause ein. Auch kulinarische Gaumen-

trägt die Auflage

freuden kommen dabei nicht zu kurz.

nur 100 Stück. Ab CHF 3000.kessler-swiss.ch

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Schöne so nah liegt?

Dazu zählt auch die Aussicht auf den Genfer See und die Alpen, die das Hotel Mövenpick in Lausanne bietet. Die Stadt selber wartet nicht nur mit einem charmanten historischen Zentrum auf, sondern ist auch Hauptsitz des Olympischen Komitees. Sie wurde auf drei Hügeln erbaut und liegt idyllisch eingebettet zwischen Weinbergen, See, Wäldern und Alpen. Die wunderschöne einzigartige Lage am Ufer des Lac Léman macht das Hotel Mövenpick zum perfekten Auf-

Klassischer

enthaltsort, um die Stadt zu erkunden, zu entspannen und sich in

glam Neuer Män-

einem der drei Restaurants oder der Bar verwöhnen zu lassen. Ein

nerduft aus dem

besonderes Highlight des Hauses ist die mediterrane Küche des Res-

Hause Valentino:

taurants La Pêcherie, wo der Chefkoch in der offenen Küche frische

Die Kopfnoten sind

Salz- und Süsswasserfische nach exquisiten Rezepten mit Olivenöl

Bergamotte und

und ausgewählten Gewürzen zubereitet. Das Viersterne-Hotel bietet

Myrte, die Herzno-

337 komfortable Nichtraucher-Zimmer, einschliesslich 72 brandneu-

ten geröstete Kaf-

en Business-Zimmern, sechs Juniorsuiten und einer Duplexsuite mit

feebohnen, Schoko-

Whirlpool.

lade und Haselnuss, die Basisnoten sind

Ab CHF 500.– | moevenpick-hotels.com

Leder sowie Zeder. Ab CHF 87.–

Wettbewerb PUNKTmagazin verlost mit dem Mövenpick Hotel Lau-

valentino.com

sanne eine Übernachtung für zwei Personen im Business Room, inklusive Frühstücksbuffet, Internetzugang und Karte für den öffentlichen Verkehr, im Gesamtwert von über 500 Franken. Eine Email an wettbewerb@punktmagazin.ch mit dem Stichwort «Mövenpick» genügt. Einsendeschluss ist der 15. Februar 2014, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

PUNKTmagazin Spielen

Neuerdings

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– Verlosung –

Ideenfabrik Das Papier als schwindendes Medium zur Fixierung von Ideen ist ein wichtiges Thema in der digitalen Welt. Das «Munken Pure» Naturpapier gibt Ideen den nötigen Raum zur Entstehung. Ab CHF 20.– steidl.de

KugelLicht «Conorb» ist die Antwort auf die kubischen Betonbauten der Neuzeit und trumpft

ges(c)hockt 30 Jahre und immer noch kein Kratzer. Denn solange begeistert die Kultmarke G-Shock mit ihrem poppigen Design ihre Fans.

Der Ingenieur Kikuo Ibe hatte vor 30 Jahren die Idee, eine ex-

trem robuste, optisch markante Uhr zu entwickeln. Der Zeitmesser sollte nicht nur einen 10 Bar Wasserdruck und einen Sturz aus 10 Meter Höhe überstehen, sondern auch mit einer einzigen Batterie bis zu 10 Jahren funktionieren. Für die Casio-Entwickler, die nach dem «Triple 10» Konzept arbeiteten, eine Herausforderung, die sich bis heute gelohnt hat. Mittlerweile gehört G-Shock zu den bekanntesten Modellen der japanischen Elektronik- und Uhrenmarke Casio. In den vergangenen drei Jahrzehnten sind über 65 Millionen Uhren verkauft worden. Auch heute noch steht G-Shock für Innovation. Vor kurzem wurde das erste Modell mit Bluetooth-Funktion vorgestellt, das nicht nur Meldungen von Smartphones empfangen, sondern auch schicken kann. Sogar die Steuerung des Smartphones ist möglich. G-Shock will auch im höherpreislichen Segment Fuss fassen­und bringt erstmals eine Premium-Uhr auf den Markt. CHF 298.– | g-shock.eu Wettbewerb PUNKTmagazin verlost gemeinsam mit G-Shock eine Uhr im Wert von 249 Franken. Eine Email an wettbewerb@punktmagazin.ch mit dem Stichwort «G-Shock» genügt. Einsendeschluss ist der 15. Februar 2014, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

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Neuerdings

mit abgerundeter Ästhetik und wärmendem Glühlicht auf. CHF 345.– | kollektion7.ch


– NeuerDings –

Lucky Punch Mit diesem Gerät bekommt jede Nuss eins auf die Nuss. Ob Walnüsse, Haselnüsse oder Mandeln – alle Nüsse werden mit einer Handbewegung geknackt. CHF 60.– red-dot-store.de

Hingucker Tesler & Mendelovitch bringen «Clutches» auf den Markt: Die Damentaschen aus 100 Prozent Holz sind definitiv ein Hingucker. Die handgefertigten Produkte sind leicht und bieten ausreichend Platz. CHF 580.– tesler-mendelovitch.com

maxi mini

Mini setzt auf maxi, wie die Präsen-

tation des neuen Modells an der LA Auto­ show 2013 zeigte. Der kleine Flitzer ist gewachsen: Gut zehn Zentimeter länger als seine Vorgänger ist er. Auch in Breite und Höhe hat der Kleine zugelegt. Das führt zu mehr Platz für die Passagiere und 211 statt 51 Liter Kofferraum-Fassungsvermögen. Vorbei sind die Zeiten, als der Mini als Kleinstwagen durch die Gegend flitzte. Was hingegen gleich bleibt, ist die Optik. Der typischen Formsprache des Minis blieben die Entwickler treu. Der Mini Cooper F56 kommt im Frühling 2014 zu den Händlern. Ab Markteinführung gibt es ihn in drei Ausführungen, zwei davon rollen erstmals mit Dreizylindern: der Mini Cooper Dual-Screen Das «Yotaphone» vereint die Vorzüge eines aktuellen Android-

mit 1,5-Liter-Motor und 136 PS und der Mi-

Smartphones und die eines eBook-Readers in einem Gerät.

ni Cooper D, ein 1,5-Liter-Turbodiesel mit

CHF 630.- | yotaphone.com

116 PS. Im Spitzenmodell Cooper S generiert ein Zwei-Liter-Vierzylinder, ebenfalls mit Turboaufladung, 192 PS und 280 Newtonmeter Drehmoment. Optional bietet der Brite auch einige Gimmicks wie Head-upDisplay, Auffahr- und Personenwarnung mit Anbremsfunktion, Verkehrszeichenassistent oder eine Rückfahrkamera. Preis auf Anfrage | mini.ch

PUNKTmagazin Spielen

Neuerdings

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– NeuerDings –

Kamerabausatz Das «Konstruktor DIY Kit» von Lomography bietet die weltweit erste 35mm-Plastik-Spiegelreflexkamera zum selber bauen. CHF 45.– lomography.com

Eigene Liga Die luxuriösen Premium-Spielkarten verfügen über eine elegante Goldprägung auf schwarzem Ultra-Lux-Papier, das aus nachhaltig be-

farbenfroh durch den winter

Der

persönliche

Schmuck

wirtschafteten Wäldern stammt. Ab CHF 6.– theory11.com

von

Mayuka­ setzt frische und farbige Akzente: egal ob am Finger, am Ohr oder im Haar. Die farbenfrohen Fingerringe, Ohrringe und Haarbuttons werden aus bunt gemischten Stoffen von Hand hergestellt und sind allesamt Unikate.

Für Erwachsene Dieser authentische Campingbus ist eine Nachbildung des Originals von Volkswagen aus dem Jahr 1962.

Ab CHF 24.– | mayuka.ch

Jedes kultige Detail ist enthalten. CHF 147.– | galaxus.ch

Ohyi Ohyi «Ouya» ist eine auf Android basierende, offene, günstige Spielkonsole, welche den Konsolenmarkt, wie wir ihn kennen, vielleicht tüchtig umkrempeln wird. CHF 150.ouya-news.net

3 in 1 Flexibler als andere Holz-Laufräder passt sich das «Wishbone Bike» den verschiedenen Wachstumsphasen des Kindes zwischen 12 Monaten und 5 Jahren an. CHF 228.– | firstbikes.ch

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Neuerdings


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Ausgabe N°46

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Ausgabe N°43

Ausgabe N°42

Der Begriff Leistung hat sich ver-

Tempo meint nicht einfach eine

Grenzen zeigen auf, wo es nicht

Die Wirtschaft ist verzweifelt auf

Stadt und Land stehen vor Heraus-

selbständigt. PUNKT versucht, ihn

­hohe Geschwindigkeit, sondern die

mehr weitergeht. Es sei denn, man

der ­Suche nach neuen Werten.

forderungen, die nur mit gegensei-

wieder einzufangen.

den Umständen angepasste.

überschreitet sie einfach.

Nur: Welche sollen es denn sein?

tige Unterstützung lösbar sind.

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Magazin # 01 | 2014

– Verlag –

Ausgabe «Klasse!»

financialmedia AG, Pfingstweidstrasse 6, CH-8005 Zürich,

ab 27. Februar 2014

info@financialmedia.ch, financialmedia.ch Verleger Rino Borini, Patrick M. Widmer Auflage 12 500 Exemplare, 45 000 Leser/Ausgabe (LpA) ISSN-Nr. 1661-8068 Erscheinung 2014 N˚01 27. Februar, N˚02 10. April, N˚03 05. Juni, N˚04 28. August, N˚05 16. Oktober, N˚06 28. November

Revolutionen seien Lokomotiven der Geschichte, schrieb Karl Marx. Ob er die digitale Revolution befürwortet hätte, die heute Produkte auf den Markt bringt und sie morgen durch neue ersetzt, bleibt zweifelhaft. Tatsache aber ist, dass immer mehr Hersteller sich der Schnelllebigkeit widersetzen, indem sie Qualität der

Haftungsausschluss Die Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlags. Für unverlangte Zusendungen wird jede Haftung abgelehnt. Die im Magazin veröffentlichten Angaben dienen der Information und sind keine Aufforderung zum Kauf und/oder Verkauf von (Anlage-)Produkten.

Quantität vorziehen – Klasse statt Masse eben.

– Redaktion – Chefredaktion Rino Borini; borini@punktmagazin.ch Redaktionsleitung David Fehr; fehr@punktmagazin.ch Redaktoren Mark Baer (MB), Rino Borini (RB), Philip Bürkler (PB), Wilma ­Fasola (WF), David­Fehr (DF), Dmitrij Gawrisch (DG), Bastian Henrichs (BH), ­Simon Jacoby (SJ), Barbara Kalhammer (BK), Martin ­Minder (MM), Florian Schaffner (FS), Claudia ­Thöny (CT), Stine Wetzel (SW), Doris Wirth (DW) Kontakt PUNKTmagazin, c/o financialmedia AG, Pfingstweidstrasse 6, CH-8005 Zürich, redaktion@punktmagazin.ch, punktmagazin.ch

klassenkampf?

– Kreation & Gestaltung – Art Direction, Konzeption, Bildredaktion Boris Gassmann; gassmann@punktmagazin.ch

Europäische Länder einigen sich zunehmend auf Mindestlöhne, die Schweiz

Layout, Grafik, Postproduktion

stimmt über Anliegen ab, die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen

Boris Gassmann; gassmann@punktmagazin.ch,

wären. Kann man von einem Klassenkampf sprechen?

Fabian Widmer; fwidmer@punktmagazin.ch

Kunden im klassenzimmer

Fotografie Christine Bärlocher; chbaerlocher.ch, Kathrin Harms; kathrinharms.de, Patrizia Human; patrizia­human.ch Druck pmc, print media corporation, CH-8618 Oetwil am See, pmcoetwil.ch

Der Lehrplan 21 will die Schüler zu veranwortungsvollen Konsumenten ­heranziehen. Derweil erobern Konsumgüterhersteller wie Apple die Klassenzimmer auf eigene Faust. Wie viel Sponsoring verträgt die Volksschule?

digitale volkswirtschaft

– Verkauf – Anzeigenleitung Monika Schneider schneider@punktmagazin.ch, Telefon: +41 (0)44 277 75 30 Marketingleitung Patrick M. Widmer widmer@punktmagazin.ch, Telefon: +41 (0)44 277 75 30

Die «Digitale Agenda» soll der ICT-Branche den Weg in die Zukunft weisen. Was braucht es, um die Vision Smart Switzerland zu verwirklichen?

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