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Besonderheiten vierbogiger Korrekturmechanismen
Besonderheiten vierbogiger Korrekturmechanismen
Nach dem klinischen Befund steht bei vierbogigen Krümmungen die Hüfte auf der Paketseite hervor. Logischerweise sollte diese Hüfte nach den ursprünglichen Korrekturprinzipien „hineingerafft“ werden. Bei den vierbogigen Einfachkrümmungen 4BL und 4BTL ist dies auch weiterhin möglich, zumal bei diesen Mustern die vorstehende Hüfte auch kosmetisch das Hauptmerkmal ist. Die Interferenzen der Beckenkorrekturen mit den thorakalen Gegenkrümmungen sind minimal und eigentlich unbedeutend.
Bei den Mustern 4B und 3BL haben wir es mit Doppelkrümmungen zu tun, welche beide korrigiert werden müssen. Korrigiert man eine Krümmung zu stark, verstärkt man die andere. Ob dieser Problemstellung wurde bei Anwendung des intermediären Schroth-Programms (Bad Sobernheim/Barcelona-Schule) bislang kapituliert und eine weniger korrigierende und damit weniger wirksame Übungsweise akzeptiert. Aus den Korrekturen in der moderneren Korsettbehandlung haben sich allerdings für die genannten Krümmungsmuster neue und weitaus effektivere Korrekturprinzipien ergeben. Wurden in der Korsettbehandlung des Musters 4B lediglich der Schultergürtel und der Beckengürtel rekompensiert, so ergab sich ein recht ansehnliches und auch kompensiertes klinisches Korrekturmuster. Der kraniale Schenkel der thorakalen Krümmung und der kaudale Schenkel der Lumbalkrümmung waren zwar gut aufgerichtet, in der Übergangszone zwischen beiden Krümmungen zeigte sich jedoch immer eine Schrägstellung des Neutralwirbels mit der Folge eines immer noch großen CobbWinkels.
Abhilfe hierbei brachte alleine der Rumpfshift zur schwachen Seite bei gleichzeitiger Kaudalstellung der paketseitigen Hüfte zur Öffnung des lumbalen Bogens (Abbildung 115). Relativ steht hier zwar immer noch die paketseitige Hüfte hervor, die erreichten Korrekturen sind jedoch nachgewiesenermaßen für diese Krümmungsmuster ausgezeichnet.
Das Schroth Best Practice-Programm®
Daher arbeiten wir nun bei beiden Krümmungsmustern mit einem möglichst weitgehenden Shift zur schwachen Seite. Der Unterschied zwischen drei- und vierbogig besteht einzig und alleine in der Einstellung des Beckens, was die Behandlung um einiges einfacher macht. Bei dreibogigen Skoliosen darf das Becken auf der Paketseite nach kranial gekippt sein. Bei vierbogiger Skoliose (4B, 3BL und bei ganzheitlicher Behandlung der Muster 4BL und 4BTL) muss das Becken auf der Paketseite zur 169 Öffnung der Lumbalkrümmung nach kaudal ausgerichtet sein. Dies ist gut zu erkennen, wenn man das Übungsbild von Abbildung 115 in die Senkrechte dreht (Abbildung 116). Weitere Übungsbeispiele für drei- und vierbogige Skoliosen sind auf den Abbildungen 117–122 zu sehen. LESEPROBE
Das Schroth Best Practice-Programm®
Abbildung 115: Patientin mit Krümmungsmuster 4B, links in neutraler Position und rechts mit der 50×-Übung aus dem „New Power Schroth“-Programm. Es war möglich, sowohl die thorakale Krümmung als auch die lumbale Krümmung zu spiegeln. Durch die starke „Verschiebung“ zur thorakal konkaven Seite sieht die Patientin während der Übung „schief“ aus (mit freundlicher Genehmigung von Maksym Borysov, bma-ukrniip@mail.ru, Charkiw, Ukraine).
Abbildung 116: Dreht man das Bild der Patientin in der 50×-Übung (Abbildung 115) auf die Seite, wird die Wirkung der Korrektur klar sichtbar. Beide Krümmungen sind klinisch überkorrigiert (mit freundlicher Genehmigung von Maksym Borysov, bmaukrniip@mail.ru, Charkiw, Ukraine).LESEPROBE
Abbildung 117: Zwölfjährige Patientin, Muster 3BH mit einem Cobb-Winkel von 43°; links in Ruheposition, rechts während der 50×-Übung. Bei diesem Krümmungsmuster sollte die Hüfte während der Übung unter den Rippenbuckel geschoben werden. Da die Patientin noch jung und recht flexibel ist, kann die Krümmung mit dieser Übung gut korrigiert werden.
Das Schroth Best Practice-Programm®
171 Abbildung 118: Zwölfjährige Patientin, Muster 3BH bei Ausführung der Türklinkenübung.LESEPROBE
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Abbildung 119: Zwölfjährige Patientin, Muster 3BH bei der Ausführung des Muskelzylinders. Das Ergebnis ist eine sichtbare frontale Korrektur wie auch eine Korrektur des Sagittalprofils.
Abbildung 120: Zwölfjährige Patientin, Muster 3BH in Übungen aus dem „Power Schroth“Programm, schräg aufgenommen. Auf den Bildern zeigt sich eine gute Korrektur des Sagittalprofils mit einer Relordosierung in der Lumbalregion und einer Rekyphosierung der Brustwirbelsäule.LESEPROBE
Abildung 121: Diese 14-Jährige wies eine steife Thorakalkrümmung von 53° und ein 3BLKrümmungsmuster auf, das anfangs vierbogig behandelt wurde. Bei der Türklinkenübung ist zu Beginn nur eine geringe Verschiebung nach links zur thorakalen Konkavseite hin möglich. Der Oberschenkel auf der thorakal konvexen Seite ist lateral zur kaudalen Fixierung des gleichseitigen Beckens gesenkt. Der Fuß wird nach dorsal gedrückt und schiebt deshalb die rechte, zurückgelagerte Hälfte des Beckens nach vorne.
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173 Abbildung 122: Die Patientin aus Abbildung 121 führt die Muskelzylinder-Übung aus. Man erkennt die exzellente Korrektur des Rumpfes, obwohl die Position der Halswirbelsäule noch nicht optimal ist. Nach richtiger Ausführung der Rumpfkorrekturen kann die Kopfausrichtung weiter verbessert werden. LESEPROBE