IMMObilien Fokus Future 2016

Page 1

Future

PIONIER

Gerald Beck

IMMOBILIE 4.0 Bitte warten?




14

Lebenszykluskosten DER GROSSE MYTHOS?

Inhalt 007 VOM HERAUSGEBER 009 EDITORIAL 010 KURZ & BÜNDIG

Positionen & Meinungen 018 KOMMUNIKATION UND VERWALTUNG Kommentar von Jochen seibert

020 MR. NACHHALTIGKEIT

Interview mit Gerald Beck

030 UNTER STROM

Interview mit Gerald Halasz

040 CHANCE, NICHT BEDROHUNG Interview mit Roland Schmid

060 WORDRAP

Die Wissenschaft ist am Wort

Digitalisierung 036 DER MAKLER IST TOT

CHANCEN AUF WACHSTUM

052 KEIN BOOM BEIM BIM

014 LIVECYCLECOSTS Der große Mythos? 056 BETON

Trends aus der Forschung

ES LEBE DER MAKLER

042 UNTERNEHMEN VERPASSEN

Future Trends

Eine Branche wartet ab

064 ENVIRONMENTAL PRODUCT DECLARATIONS

Wegweiser nachhaltigen Wirtschaftens?

068 MICROWOHNUNGEN

Hype oder doch ein nachhaltiger Trend?

072 HAUS HÖRT ZU

Wie die Spracherkennung die Heimautomatisierung vereinfacht

076 HANDEL URBAN

Wie das Internet den Handel verwandelt

04 ImmoFokus | Future 2016

ImmoPortraits: Folgende Unternehmen stellen sich vor

ImmoService 046 080 082 082

GEBÄUDE SUMMIT IMMOBILIEN ERLESEN VORSCHAU IMPRESSUM

BLUE KIT 051 FAKRO 047 ROCKWOOL 048 SMARTRICS 050 WS-SYSTEMS 049


Intelligenter Beton NEUES AUS DER FORSCHNG

Mr. Nachhaltigkeit GERALD BECK Im ImmoFokus Interview

Microwohnungen FUTURE TREND

56

20 68

30

E-Mobility 05 NIMMT FAHRT AUF


Developing the future Immobilienentwicklung für Generationen Wohnimmobilien freifinanziert

Energieeffizientes Planen.

1130 Wien, Klitschgasse 7 Fertigstellung Ende 2017 (Projektpartner KIBB Immobilien GmbH)

1090 Wien, Pelikangasse 1–3 Fertigstellung Anfang 2017

Zukunftsorientiertes Leben.

Barrierefreies Wohnen.

Bezugsfe

1220 Wien, Am Kaisermühlendamm 107 Fertigstellung Mitte 2016 (Projektpartner ARE)

1020 Wien, Engerthstraße 228 2 DG-Wohnungen noch verfügbar (Vertriebspartner Otto Immobilien)

Gewerbeimmobilien

Wohnprojekt in Planung:

rtig

1220 Wien, Trondheimgasse 2

Wir informieren Sie gerne: T 01-71706-100 1190 Wien, Leopold-Ungar-Platz | Muthgasse Das Büro mit dem gewissen Plus Fertigstellung Herbst 2017

www.raiffeisenevolution.com


„Future“ war noch nie so wichtig wie heute

U

nsere Immobilienwirtschaft ist immer noch eine archaische Industrie. Wir machen vieles so wie seit Hunderten, ja fast schon Tausenden von Jahren. So wussten schon die Römer, wie Ziegel auf Ziegel zu schlichten sind. Im Gegensatz zu anderen Industrien erfolgen die Umbrüche nur langsam, wenn sie denn überhaupt kommen. Dies ändert sich gerade. Wir erleben im Moment eine Zeit, in der sich die Art unserer Geschäfte, die Form der Zusammenarbeit und somit die Berufsbilder rapide ändern. Wir erleben einen Paradigmenwechsel. Was wir von Apple lernen können

Andere Branchen sind schon mitten in einem Umwälzungsprozess, der dazu führt, dass „kein Stein auf dem anderen bleibt“. Nokia ist dafür immer noch ein wunderbares Beispiel. Das Unternehmen war berühmt für seine Handys und sein Spitzenprodukt, den Communicator. Wir konnten mit diesem Gerät faxen (!!) und dies von überall und wann immer wir wollten. Was für ein Feature – es bleibt nur die Frage, wer hat dies gebraucht und wer vermisst etwas, seitdem es den Communicator nicht mehr gibt? Dann kam Apple und heute ist Nokia vieles, nur kein Handy-Anbieter mehr. Der Prozess ging so schnell, dass es sogar Diskussionen gibt, ob die gesamte Volkswirtschaft von Finnland darunter leidet. Aber was ist passiert? Apple hat es verstanden, intuitiv zu bedienende Geräte herzustellen, Produkte, die Spaß machen und Nutzen stiften. Es bleibt wirklich beeindruckend, wie einfach iPhones zu benutzen sind. So macht es Spaß, meine Kinder, die jünger als fünf sind, beim Bedienen zu beobachten – sie können spielerisch Musik hören und finden sich bei den Fotos und Videos kinderleicht zurecht.

„Visionen ohne Umsetzung bleiben geträumt.“

In Erinnerung bleibt mir ein Nokia-Feature, das wunderbar zeigt, worum es geht: Bei Nokia konnte jeder Benutzer eine Vielzahl an „Profilen“ einstellen. So gab es die Möglichkeit, „draußen“ zu wählen und dafür einen lauteren Klingelton auszuwählen. Andere Profile gab es für Situationen drinnen, wie Besprechungen oder Ruhesituationen. Die Möglichkeiten waren unzählig. Ich selber kann mich noch gut erinnern, wie ich die Bedienungsanleitung lesen musste, um die Handhabung auch wirklich zu verstehen.

Und beim iPhone? Hier gibt es laut und leise. Zwei Zustände und dies in der Hardware mit einem Kippschalter gelöst. Einfach, unproblematisch und ich kenne niemanden, der dafür eine Anleitung braucht. Solche Umbrüche wie durch die Apple-Technologie passieren gerade am laufenden Band: sei es Uber für Taxis, Car2Go und andere Angebote im Bereich CarSharing und Amazon als neue Einkaufsmöglichkeit mit der Option der Zustellung am selben Tag. Disruptive Änderungen – die Chance für Schnelle

Branchen verändern sich, Unternehmen verschwinden und neue Lösungen sind überraschend da. Wenn dies passiert, sprechen wir von disruptiven Prozessen. Danach ist einfach vieles anders. Für das einzelne Unternehmen bedeutet es aber im Extremfall den Untergang oder die radikale Verkleinerung. Um dem vorzubeugen, sind die verantwortlichen Entscheidungsträger gefordert, sich mit der Zukunft zu beschäftigen, Trends und Entwicklungen zu erkennen und Geschäftsmodelle zu hinterfragen. Vieles spricht dafür, dass unsere Immobilienwirtschaft radikalen Veränderungen ausgesetzt sein wird: Der Maklerberuf in der traditionellen Form ist tot, der Hausverwalter wird zum Asset bzw. Property Manager, der Projektentwickler zum Fonds-Manager etc. Diese Veränderungen werfen eine Menge Fragen auf. Der ImmoFokus liefert in dieser Sonderausgabe Antworten und will somit Begleiter sein und den Schnellen die Chance geben, sich rechtzeitig zu verändern. Um diese Unternehmer mache ich mir keine Sorgen. Alle anderen haben hoffentlich interessante Hobbys. Herzlichst

Philipp Kaufmann Herausgeber

Future 2016 | ImmoFokus

07



Der digitale Eisberg kommt Future. Nicht mehr Frühling und noch nicht Sommer. Future ist eine Sondernummer und dies aus vielfältigen Gründen, denn das Thema hat es in sich und wir widmen diese Sondernummer der Zukunft unserer Branche.

Digitalisierung. Vernetzt zu leben, wird immer mehr zur Selbstverständlichkeit. Smartphone und Tablet sind unsere täglichen Begleiter geworden. Auch die Immobilienwirtschaft profitiert von digitalen Lösungen wie Building Information Modelling (BIM), Mieterportalen, Services zur Instandhaltung oder der mobilen Wohnungsabnahme. Vereinfachen diese Angebote tatsächlich die Prozesse? Wird dadurch die Effizienz in der Kommunikation erhöht? Sorgt die Digitalisierung für mehr Qualität, weniger Konflikte und schlussendlich auch für mehr Zufriedenheit? Grund genug für den ImmoFokus, sich damit genauer auseinanderzusetzen: Doch der Erfolg einer Digitalisierung kommt nicht von allein. Engagement ist gefragt. „Wir sind auf der Titanic und feiern unser Geschäft. Aber der digitale Eisberg ist in Sicht“, meint etwa E-Business Experte Tobias Kollmann, Professor für E-Business an der Universität Duisburg-Essen. Es gilt, die Prozesse zu überdenken und – falls notwendig – auch neu aufzusetzen. Viele Branchen, wie die Automobilindustrie, sind hier viel weiter. Doch Digitalisierung um jeden Preis wäre der falsche Weg: „Digitalisieren Sie einen Scheiß–Prozess und Sie haben einen schnellen Scheiß-Prozess“, formulierte es Kollmann durchaus griffig. Dies und viele weitere Aspekte zur bevorstehenden Digitalisierung sind nachzulesen auf Seite 36. Gerald Beck. Einer, der bereits seit Jahren in der Immobilienwirtschaft agiert und nicht nur reagiert, ist Raiffeisen evolution Chef Gerald Beck. Für sein unermüdliches Engagement ist er als „Blue Volunteer 2014“ geehrt worden. Das Unternehmen Raiffeisen evolution ist im Umbruch und vieles ist in Veränderung. Was genau? Und was hat er für die nächsten Jahre

für sich bzw. für das Unternehmen geplant? Im ImmoFokus Interview (Seite 20) blickt er in die Zukunft – und findet auch kritische Worte zu unserem auf überbordendem Ressourcenverbrauch fußenden Wirtschaftssystem. Mit dem Thema Lebenszykluskosten beschäftigte sich eine hochkarätig besetzte Expertenrunde: In wie weit die Frage der Lebenszykluskosten in der Immobilienwirtschaft bereits angekommen ist (oder nicht), erfahren Sie auf Seite 14 . E-Mobility. Ob das Thema E-Mobility nur ein medialer Hype oder doch ein nachhaltiger Trend ist, haben wir bei Jürgen Halasz nachgefragt. Wie die neuen Anforderungen der EMobility unsere Branche verändern, zeigt sich im Interview ab Seite 30 . All die Themen und die Vielfalt wären nicht möglich gewesen ohne der verstärkten Redaktion. Angelika Fleischl kam und gehörte innerhalb weniger Tage schon fix zu unserem Team. Herzlich willkommen! Und allen Lesern viel Spaß beim Lesen der Ergebnisse unserer Arbeit.

Mag. Michael Neubauer Chefredakteur

Future 2016 | ImmoFokus

09


Kurz & Bündig Rekordmonat für E-Auto-Markt

E-Automarkt (Ö)

Home Rocket

Crowdfunding n Die erste internationale Crowfunding Plattform für Immobilien, Home Rocket (www.homerocket.com), startet ein neues Projekt in Wien. In der Viktoriagasse, im aufstrebenden Stadtteil rund um den Wiener Westbahnhof, saniert der Immobilienentwickler AVORIS ein Zinshaus und realisiert den Ausbau von 19 Dachgeschoßwohnungen. „Damit schaffen wir neuen, dringend benötigten Wohnraum in Wien“, beschreibt Dominik Peherstorfer, Geschäftsführer von AVORIS, das Bauprojekt. Gleichzeitig zum Start der neuen Kampagne endet das erfolgreiche Funding für das Projekt Kirschblütenpark, dabei konnten knapp 375.000 Euro durch die Crowd eingesammelt werden

Stadtteil der Zukunft

Smart City Graz Mitte n AVL List und Raiffeisenlandesbank setzen derzeit gemeinsam im Bereich der HelmutList-Halle das Projekt „Smart City Graz Mitte“ um. Hier sollen in Zukunft rund 3.000 Menschen wohnen und leben. Auf 140.000 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche soll das Angebot von der Kleinwohnung bis hin zum Penthouse reichen; geplant sind weiters auch Büros, Gastronomie, Nahversorger und Ärzte.

Projektkosten: 350 Millionen Euro.

Die insgesamt 8,2 Hektar Fläche stehen im Eigentum der AVL List und der Raiffeisenlandesbank Steiermark. Die „Smart City Graz Mitte“ stehe für kurze Wege und für einen hundertprozentig CO2-freien Energieeinsatz, so Raiffeisen-Generaldirektor Martin Schaller: „Der Stadtteil steht für ökologisch hochwertigstes Wohnen. Wir werden hier Car-Sharing und Bike-Sharing anbieten. An die Stadt Graz haben wir großzügige Flächen abgetreten für Radwege

und Gehwege und es wird Erholungs­f lächen geben.“ Laut Nikolaus Lallitsch von Raiffeisen-Immobilien sollen die Menschen nicht nur zum Schlafen nach Hause kommen, sondern leben, wohnen, einkaufen und sich erholen: „Wir wollen dort einen Fischmarkt, einen Dschungel als Grünflächen haben, wir wollen dort Honig aus eigener Produktion haben, es soll dort ein Lebensgefühl sein, dass es so in der Stadt noch nicht gibt.“ Dieses Lebensgefühl soll aber auch leistbar sein: Kleinwohnungen soll es laut Lallitsch bereits um 99.000 Euro zu kaufen geben, auch mieten wird möglich sein. Der genaue Quadratmeterpreis soll bis Herbst ermittelt werden. Die Wohnungen sollen Ende 2018 bezugsfertig sein, der ganze Stadtteil „Smart City Graz Mitte“ soll dann 2022 in Vollbetrieb gehen.

News Ticker Safdie Architects: Ein Beispiel für urbane Wohnwelten der Zukunft findet sich in Singapur: der Wohnkomplex „Sky Habitat“. Woonpioniers: Tiny Houses sind ein Wohntrend aus den USA. Ziel ist, auf möglichst kleinem Raum einen höchstmöglichen Wohnkomfort zu erreichen. Dass das nicht immer beengend sein muss, beweisen die Minihäuser der niederländischen Firma.

10 ImmoFokus | Future 2016

Fotos: Fotolia, Smatrics

n Der Monat März war der bislang stärkste Zulassungsmonat für E-Fahrzeuge in Österreich: Rund 594 E-Autos wurden bundesweit neu zugelassen. Der Anteil von E-Autos am gesamten österreichischen Automarkt betrug somit rund 2,1 Prozent - ein absoluter Rekord. Die Zahl der Pkw mit ausschließlich elektrisch betriebenem Motor stieg im Monat März um das 2,5-fache (+149,2 Prozent). Im 1. Quartal entschieden sich insgesamt sich 868 juristische Personen, Firmen und Gebietskörperschaften etc. (+186,5 Prozent) und 124 Privatpersonen (+30,5 Prozent) für ein steuerbegünstigtes Elektroauto (für firmengenutzte E-Pkw entfällt seit 1.1.2016 der Sachbezug, zudem sind diese von der Vorsteuer absetzbar). Außerdem wurden im März 116 Plug-in-Fahrzeuge (PHEV) auf Österreichs Straßen neu zugelassen.


Kurz & Bündig

SMATRICS

E-Mobilität & Immobilien n Immobilienentwickler sollten bereits heute die Mobilität der Zukunft bei der Projektplanung beachten. Rund 9.000 E-Autos waren Ende des 1. Quartals 2016 in Österreich zugelassen, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. Das wachsende Interesse an Elektromobilität ist ein wesentlicher Punkt für Immobilienentwickler und Bauträger, diese Thematik bei künftigen Projektplanungen zu berücksichtigen. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Wer elektrisch fährt, ist auf die entsprechende Ladeinfrastruktur angewiesen, unterwegs genauso wie zuhause oder im Büro. Eine gesamthafte Ladelösung stellt nicht nur die Attraktivität der Immobilie sicher, sondern letztlich auch eine Konformität mit der Bauordnung. In Bundesländern wie in Niederösterreich, Steiermark, Wien, Oberösterreich bestehen bereits heute gesetzliche Anforderung hinsichtlich Ladeinfrastruktur. Pionier SMATRICS hat als erster Anbieter Österreich mit einem flächendeckenden Netz an Ladestationen ausgestattet und bestätigt: „Elektroautofahrer haben sehr unterschiedliche Bedürfnisse beim Laden ihrer Fahrzeuge“, bringt es Michael-Viktor Fischer, Geschäftsführer von SMATRICS, auf den Punkt.


Kurz & Bündig MIT

Rot für Ampeln n Warten an der roten Ampel könnte dank intelligenter Fahrzeuge bald der Vergangenheit angehören. Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben ein Verkehrskonzept entwickelt, das komplett ohne Ampeln auskommt. Das System beruht auf autonomen Fahrzeugen, die miteinander kommunizieren und so nicht nur Ampeln überflüssig machen, sondern gleichzeitig für einen deutlich effizienteren Verkehrsfluss sorgen. Das System namens „Light Traffic“ basiert auf mathematischen Modellen, durch die Forscher ein Szenario untersuchen, in dem High-Tech-Fahrzeuge Sensoren verwenden, die sie in einem sicheren Abstand voneinander durch eine Vier-Wege-Kreuzung bewegen. Das Entfernen der Ampel beschleunigt den Verkehrsfluss dabei dramatisch, sodass doppelt so viele Fahrzeuge wie bisher in der gleichen Zeit die Kreuzung überqueren können. Indem sie verhindern, dass wartende Autos unnötig Abgase in die Luft blasen, wird auch die Umweltbelastung in den Städten enorm reduziert.

Objektkultur Software

Spracherkennung n Die Bewertung von Immobilien ist für Gutachter mit der aufwändigen Erhebung von Daten verbunden. Die Objektkultur Software GmbH, IT-Dienstleister und Microsoft-Partner mit Hauptsitz in Karlsruhe, hat einen ersten Prototyp einer Spracherkennungs-App für die LB Immobilienbewertungsgesellschaft mbH (LBImmoWert) entwickelt, mit deren Hilfe Gutachter ihre Erkenntnisse nun automatisiert in den Datenbestand einspeisen können.

Green City Solutions

Moos in der City n Eine mit Moos bepflanzte Wand mitten in der Einkaufsstraße. Was auf den ersten Blick als Kunst wahrgenommen werden könnte, ist eine hocheffiziente Luftfilteranlage. Der „City Tree“ ist die erste Innovation des Dresdner Start-up „Green City Solutions“. Architekt und Mitgründer Dénes Honus und sein Team arbeiten an klimafreundlichen Lösungen, die den urbanen Raum lebenswerter gestalten. Die Moospflanzen werden in einem vertikalen Anbausystem an einer frei-

stehenden Wand kultiviert. Diese ist mit einer digitalen Schnittstelle ausgestattet und erfasst Daten zum Umgebungsklima und der Luftqualität. So kann die intelligente Grünanlage große Mengen Feinstaub, Stickoxide sowie CO2 aus der Luft filtern, kühlt die Umgebung und nutzt den örtlichen Niederschlag zur eigenen Bewässerung. Dank der Internet of Things Technologien soll der City Tree die Luft so effektiv reinigen wie 275 Bäume − und das auf drei Quadratmetern.

12 ImmoFokus | Future 2016

Fotos: Fotolia

News Ticker Milles Arbres: Tausend Bäume für Paris - Grüne Oase im Stadtzentrum für Anfang der 2020er Jahre geplant. Coolar: Smart gekühlt - Das Start-up entwickelt den Kühlschrank ohne Strom. Das einzige, was das nachhaltige Kühlkonzept benötigt, ist Sonnenlicht und Wasser.


Kurz & Bündig Siemens

Glas-Tastsensoren n Die Siemens-Division Building Technologies erweitert ihre Produktlinie Gamma instabus um Tastsensoren aus Glas. Mit einer leichten Berührung der Tastflächen lassen sich die Raum-Grundfunktionen, wie z.B. Beleuchtung und Beschattung, sowie die Szenen-Steuerung intuitiv bedienen. Die neuen Tastsensoren werden mit zwei, vier oder acht Tastflächen angeboten. Die Tastflächen werden von dimmbaren LEDLeuchtringen umrandet, die sieben Farben darstellen und zur Status-Anzeige (z.B. Licht An/Aus) oder als Orientierungsbeleuchtung verwendet werden können. Darüber hinaus haben die Tastsensoren einen Annäherungssensor, der in dunkler Umgebung als Orientierungshilfe dient. Ein integrierter Pieper meldet die Bedienung akustisch zurück.

Future 2016 | ImmoFokus 13


Rubrik

Mythos oder Realität von Lebenszykluskosten in der Immobilienwirtschaft Lebenszykluskosten. Eine Reportage mit Praktikern Autor: Der Faktenchecker

„Es stellt sich immer die Frage – wer zahlt?“ Marc Guido Höhne, Drees & Sommer

14

ImmoFokus | Future 2016

A

ufgestanden und nicht mehr 20. Ich merke, wie ich mit bald 50 nicht mehr so dynamisch, nicht mehr so belastbar bin. Im Radio höre ich einen Bericht zu Tschernobyl und stelle fest, dass ich davon betroffen bin. War ich damals vor 30 Jahren im Freien, habe ich auch etwas abbekommen, das Falsche gegessen? Ich bin verunsichert. Wer kann mir hier helfen? Freunde? Meine Mutter? Oder habe ich nicht damals ein Tagebuch geschrieben? Wenn ich nur wüsste, wo dieses liegt! Am Weg zur Arbeit kreisen meine Gedanken um das Thema „Zeit“ und plötzlich kommt mir der Begriff „Total Cost of

Ownership“ bzw. TCO in den Sinn. Bei meinesm Computer hat mir mein Berater über die gesamte Lebensdauer des Gerätes aufgezeigt, was mich das für mich als Journalist wichtigste Werkzeug vom Kauf bis zur Entsorgung kostet. Überraschend sind hier die großen Unterschiede und Apple siegt hier nicht. Aber ich liebe mein MacBook und bin mit allen Funktionen so vertraut, dass ich einfach beim Schreiben schneller bin, womit ich ja schließlich mein Geld verdiene – hat dies mein Berater auch berücksichtigt? Wenn ich darüber genauer nachdenke, war dieser Aspekt beim Berratungsgespräch keine Zeile im EXCEL. Dem sollte ich einmal nachgehen, wenn dafür


Zeit ist. Jetzt bin ich gleich im Millennium Tower. Völlig umgebaut und mit der neuen Fassade und dem neuen Look einfach eine Augenweide. Hier haben viele ihre Jobs richtig gut gemacht und es macht richtig Spaß, ins Gebäude zu gehen, einen Kaffee zu trimken und kurz zu verweilen. Gewaltig, wie wenige Maßnahmen so viele Effekte haben. Das Quartier ist ein Landmark, ein internationaler noch dazu. Das Gebäude ist nicht mehr das höchste von Österreich, aber mit Tower, Einkaufszentrum, Kino und vielem mehr einzigartig. Nach 15 Jahren sind nun scheinbar umfassende Maßnahmen möglich. War dies zu Beginn eingeplant? Wussten die Bauträger damals, dass dies nötig sein würde? Warum haben die letzten Eigentümer verkauft, ohne diese Wertsteigerung mitzunehmen? Die neuen Investoren verstehen offensichtlich ihr Geschäft und ich bin als Nutzer ein Fan und begeistert. Jetzt will ich wissen, welche Rolle der Lebenszyklus bei Immobilien wirklich spielt. Im Büro angekommen rufe ich einige Experten zusammen, denen ich vertraue, mir die richtigen Antworten geben zu können. Die Runde steht schnell, alle kommen in den Millennium Tower und eine lebhafte Diskussion beginnt. Die Eröffnung von Marc-Guido Höhne vom Berater Drees und Sommer überrascht mich dann doch: „Wir sprechen vom Lebenszyklus und hier spielen Kosten eine relevante Rolle. Aber wovon sprechen wir genau? Was verstehen wir darunter?“ Die Fragen, die Höhne zu Beginn in die Runde wirft, irritieren meine

Marc Guido Höhne, Drees & Sommer

Gäste. Marc-Guido spürt dies und legt noch ein Schäuflein nach: „Bei uns haben sogar einzelne Fachbereiche unterschiedliche Vorstellungen.“ Das macht die Sache nicht einfacher. Eines ist für ihn klar: In der technischen Due Diligence bei Bestandsobjekten geht ohne Betrachtung der Lebenszykluskosten nichts mehr. „Da stellt sich immer die Frage: Wie lange hält die Anlage noch? Was muss investiert werden, um den Lebenszyklus zu verlängern?“ Eine nicht immer einfache Aufgabe. Denn in vielen Bereichen sind die Erneuerungszyklen wesentlich kürzer als die Lebenszyklen. Mir kommt das Millennium Vienna in den Sinn und ich spüre, wie mir manches klarer wird. Gebäude als Rohstoffbanken

In einem ist sich die Runde schnell einig: Die natürlichen Ressourcen der Erde sind begrenzt. Das Thema Rohstoffknappheit steht daher zunehmend im Fokus. „Eine Lösung ist, dass wir Gebäude als Rohstoffbanken begreifen müssen“, meint Höhne: „Wie kann man Materialien weiterverwerten?“ Aus diesem Grund setzt Drees & Sommer auf den Cradleto-Cradle-Ansatz, der bereits 2012 von der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) am 2. Bauherrenkongress in Österreich vorgestellt wurde. Ich erinnere mich an die Eröffnungsrede von Gründungspräsident Philipp Kaufmann. Damals postulierte er den Paradigmenwechsel der Bau- und Immobilienbranche hin zur Nachhaltigkeit und den Leitsatz „Visionen ohne Umsetzung sind geträumt“, was aber

Roland Pichler, Die Wohnkompanie

sind die Visionen? „Gebäude zu bauen, zu bewirtschaften und zu nutzen ohne Verzicht, ohne Verschwendung; vielmehr gesunde Gebäude mit einer Fokussierung auf die Interessen der Nutzer im Einklang zwischen Ökologie, Ökonomie und sozio-kulturellen Qualitäten“, führte ImmoNomade Philipp Kaufmann aus: „Qualität ist auch der Schlüssel für die Veränderung.“ Diese beginnt mit der Bestellqualität, dokumentiert sich in der Planung und Ausführung. „Wenn der Handwerker die Umsetzung nicht qualitativ hochwertig schafft, was bringt der beste Plan“, erläuterte Kaufmann damals die Diskrepanz zwischen Praxis und den Konzepten der Theorie. Professor Braungart zeigte bereits 2012 auf, wie schlüssig sein Zugang ist, alles im Kreislauf zu führen und Baustoffe am Ende der Lebensdauer nicht als Müll, sondern als Rohstoff wahrzunehmen. Je länger der Rückblick auf 2012 dauert, desto mehr strahlt Stephan Messner von AluKönigStahl. Seine Werkstoffe sind der beste Beweis, dass diese am Ende nicht einfach altes Eisen sind, sondern wiederverwendet werden können. Aluminium ist ein Werkstoff, der perfekt im Kreislauf geführt werden kann. Aus altem Alu ist hochwertiges Aluminium recycelbar. Messner betont demnach auch die Bedeutung der Wiederverwertung und die Frage der Qualität in der Nutzungsphase. In der Assetklasse „Gewerbliche Immobilien“ sei die Betrachtung der Lebenszykluskosten bereits Routine. „Alleine der Wohnbau lässt hier komplett aus.“ Eine durchaus harte Ansage, die Roland Pichler (Die Wohnkompanie) bestätigen muss.

Stephan Messner Alukönigstahl

Future 2016 | ImmoFokus

15


Rubrik

„Ich habe das Gefühl, dass gerade beim sozialen Wohnbau wenig bis gar kein Fokus auf den Lebenszykluskosten liegt“, wirft Kaufmann in die Diskussion ein. „Hier scheint es immer noch das einzige Ziel zu sein, die Investitionskosten zu minimieren. Das greift zu kurz: Ziel müsste sein, über die Optimierung der Lebenszykluskosten zu niedrigeren Bewirtschaftungskosten zu kommen; von diesen niedrigen Betriebskosten und höheren Qualitäten profitieren im Endeffekt die Mieter. Denn mehr als 80 Prozent der Kosten entstehen in der Nutzungsphase einer Immobilie.“ Eine Einsicht, die Büronutzer schon lange haben, wie alle in der Runde einwerfen. Hier wird mittlerweile bei den Betriebskosten auf jeden Cent geschaut. „Life-Cycle-Management ist nicht nur durch ein singuläres Maßnahmenkonzept darstellbar, sondern erfordert einen umfassenden Paradigmenwechsel und Anpassung der Prozesse – und dies von Beginn an. Da haben wir aber noch viel zu tun“, ist Kaufmann überzeugt. Jetzt wird mir einiges klar. Mir fällt ein, dass die M.O.O.CON ein Modell entwickelt hat und hier einen Beratungsansatz verfolgt, der es Bauherren ermöglicht, frühzeitig die Gesamtkosten zu berechnen. Karl Friedl als wortgewaltiger Frontman vermittelte in den bisherigen Treffen mit ihm den Eindruck, die Lösung gefunden zu haben. Sicherlich optimal für Eigennutzer, die mit seinem Modell die besseren Entscheidungen treffen. Ähnliches

16

ImmoFokus | Future 2016

kenne ich auch schon von Christian Wetzel (Calcon). Seine Software kann vor allem bei Bestandsgebäuden in kürzester Zeit punktgenaue Analysen liefern und das Thema Lebenszykluskosten ist demnach kein Mythos mehr. Niedrige Investkosten - kurzfristige Effekte

Alle meine Gäste sind sich einig: Die Forderung nach niedrigen Investkosten zielt auf kurzfristige Effekte ab. Das scheint die alte Welt zu sein. Die Welt der bisherigen Finanzierung, der Old-school-Geschäftsmodelle. Jetzt erinnere ich mich an das Interview mit Andreas Köttl (Value one), der davon gesprochen hat, dass er beim VIERTEL ZWEI involviert bleibt. Das alte Modell, billig zu bauen, schnell zu verkaufen und fertig, ist nicht seins und er bleibt den Gebäuden erhalten. Er kümmert sich um die Bewirtschaftung und übernimmt Verantwortung für die Entscheidungen, die er als Bauträger getroffen hat. Dies scheint die neue Sicht zu sein, die bisher nur Eigennutzer hatten und die bisher bei Vermietungsobjekten nicht zur Anwendung kam. Bessere Gebäude, niedrigere Bewirtschaftungskosten und vor allem zufriedene Nutzer rechtfertigen daher einen Mehraufwand in der Planung und im Bau in jedem Fall. Das Ziel ist: Bessere Gebäude mit niedrigen Lebenszyklusaufwendungen. Ist dies nicht doch eine Utopie? „Im Wohnbau findet eine derartige Betrachtung nicht

„Wir entscheiden uns gegen das AluFenster, weil es einfach zu Beginn teurer ist und der Kunde es nicht schätzt.“ Roland Pichler, Die Wohnkompanie

statt – das wäre eine Kampfansage gegenüber Investoren und Förderstellen“, wirft Messner ein. Ein Paradoxon: Gerade dort, wo sich die Kunden höhere Anschaffungspreise leisten könnten, bleibt die Lebenszykluskostenbetrachtung außen vor. „Dazu müsste sich eine Wohnungseigentümergemeinschaft finden, die genau das will: etwas höhere Investitionskosten, dafür aber geringere Betriebskosten“, so Pichler. Dies mag bei Einzelprojekten funktionieren. Punktesieger: Minimalkosten

Pichler: „In der Regel liegt der Fokus auf kompakten Grundrissen.“ Nachhaltigkeit erschöpfe sich darin, Wohnungen so zu bauen, dass man diese möglichst lange nutzen kann und bei Bedarf den aktuellen Notwendigkeiten anpassen kann. „Das Aluminium-Fenster-Institut (AFI) hat in einer Untersuchung nachgewiesen, dass auf Grund ihrer höheren Lebensdauer und der geringen Wartungsansprüche Alu-Fenster auf lange Sicht nicht nur einen ent-


„Im Wohnbau findet eine Lebenszyklus-kostenbetrachtung nicht statt – das wäre eine Kampfansage gegenüber Investoren und Förderstellen.“ Stephan Messner Alukönigstahl

scheidenden Kostenvorteil bringen, sondern auch die Umwelt weniger belasten als Fenster, die innerhalb des Betrachtungszeitraums öfter getauscht werden müssen. Ein Umstand, der im Wohnbau noch keine Berücksichtigung findet“, hakt Messner nach. Doch wo liegt der Hase im Pfeffer? „Viele Planer kennen sich im Detail nicht aus“, so Höhne. „Da ist noch viel Aufklärungsarbeit notwendig. Viele Produkte können einfach mehr.“ Leider, auch darin ist sich die Runde einig, gewinnen im Normalsfall und vor allem bei Wettbewerben, wenn es hart auf hart geht, die Minimalkosten. „Es stellt sich immer die Frage – wer zahlt?“ Gerade im Wohnungsbau fehle es an Kostentransparenz. „Liegen die Betriebskosten in einem vernünftigen Bereich, werden diese einfach bezahlt. Es fehlt auch an Kostenwahrheit“, bemängelt Kaufmann. Klar wird mir dieser Gedanke am Beispiel des Alu-Fensters: Andere Materialien müssen regelmäßig gewartet werden. Jedes Jahr müssen die Nutzer Zeit und Geld aufwenden, damit jemand kommt und die Fenster einstellt und wartet. Alleine schon der Umstand, bei diesen Arbeiten zu Hause sein zu müssen, ist unangenehm und lästig. Nicht zu vergessen, dass die Hausverwaltung alle Maßnahmen koordinieren muss. Spannend ist, dass alle diese Aufwendungen, Maßnahmen und Mühen nicht monetär bewertet werden und keine Grundlage für die Entscheidung darstellen. „Wir entscheiden uns gegen das Alu-Fenster, weil es einfach zu Beginn teurer

ist und der Kunde es nicht schätzt“, bringt es Pichler auf den Punkt. Für Kaufmann zeigt das Beispiel die mangelnde Kostentransparenz auf. „Wenn nicht alle Kosten berücksichtigt werden, werden falsche Entscheidungen getroffen.“ Jetzt weiß ich, warum auch bei mir mein Apple doch die richtige Wahl war – mein Berater hat hier einfach nicht alle Aspekte erkannt und die richtigen Kosten ermittelt. Ich wusste es ja schon immer, aber jetzt kann ich es auch belegen. Technologiefeindlichkeit

Abschließend kommt die Runde noch auf einen interessanten Punkt zu sprechen. Messner bringt das Thema Technologiefeindlichkeit in die Diskussion ein: „80 Prozent der Konzepte werden konventionell umgesetzt. Neue Technologien bleiben außen vor. Oft greifen die Verantwortlichen lieber auf bekannte Lösungen zurück, denn da kann nichts passieren“, so Messner. Für Höhne das richtige Stichwort: „08/15 Lösungen machen heute keinen Sinn mehr. Es fehlt den Planern der Mut oder das Wissen.“ Für Höhne sind Zeit und immer kleiner werdende Honorarbudgets die beiden Grundübel. „Die Planer stehen unter enormem Zeitdruck und haben zum Teil auch keine Ressourcen, sich mit neuen Lösungen auseinanderzusetzen.“ Die Frage, die sich bei jedem Projekt stellt, ist: Wo bekomme ich das höhere Investment her? Kaufmann: „Hier müssen die Entscheidungsträger bei der Bud-

getierung neue Wege gehen und zB mit Sonderbudgets bessere Investments, die sich über die Lebensdauer rechnen, ermöglichen.“ Wie das gehen soll? „Keine lineare Anhebung der Baubudgets, sondern für Einzelmaßnahmen Sonderbudgets zur Verfügung stellen und einen Wettbewerb der besseren Qualitäten ermöglichen.“ Geschafft

Ich habe verstanden, dass wir bei Immobilien erst am Anfang des Umdenkens stehen. Ich danke meinen Gästen und verabschiede mich in den Abend. Endlich ruft meine Mutter zurück und ich erfahre, dass ich damals in den Tagen nach dem Reaktorunfall nicht wandern war und auch nicht draußen spielte – mit fast 20 spielt man ja auch nicht mehr im Sandkasten. Viele Kinder haben dies damals trotz Regens aber schon gemacht. Und jetzt ist es mir klar: Damals vor 30 Jahren ließen die Eltern ihre Kinder draußen spielen. Aus damaliger Sicht völlig nachvollziehbar, denn wer will schon, dass seine Kinder nur drinnen bleiben müssen. Die Folgen zeigen sich erst viel später und sind dramatisch. So wie bei der Planung, deren Folgen auch erst in Jahren oder Jahrzehnten zu spüren sind. Die gute Planung rechnet sich demnach immer und es gilt, über längere Zeiträume zu denken und zu handeln. Oft jedoch planen wir für Situationen, die wir heute noch gar nicht kennen. Dieses Thema wird mich weiter beschäftigen. n

Future 2016 | ImmoFokus

17


Moderne Kommunikation als Qualitätskriterium der Verwaltung Kommentar: Jochen Seibert Leitung Verwaltung Wohnungseigentum EHL Immobilien Management GmbH

n Eine besondere Herausforderung im Verwaltungsbereich stellen die sich ändernden Anforderungen und Ansprüche der Nutzer und Eigentümer an Kommunikation und Information dar. Auf der einen Seite steht natürlich das legitime Interesse an Berichten über das eigene „Hab und Gut“. Entwicklungen im Haus, Meldungen, Termine oder Unterlagen interessieren jeden Nutzer. Auf der anderen Seite stellt die ständige ZurVerfügung-Stellung von Daten eine extreme Herausforderung an Technik und Menschen in der Verwaltung dar. Besonders im Wohnungsverwaltungsbereich treten diese Anforderungen besonders hervor. Zeitnahe Informationen und Lösungen für das gemeldete Problem, sind Signale, dass Botschaften und Informationen sichtbar angekommen sind, das wollen die Nutzer spüren und erleben. Diese Reaktion und dass in der Folge verlässlich daran gearbeitet wird, das sind wichtige Qualitätskriterien einer guten Hausverwaltung. Geändert haben sich die Ansprüche der Nutzer betreffend den Informationserhalt. Kurze Informationen sollen am besten am Smartphone lesbar sein. Ein zeitgleicher Versand an alle Betroffenen wird erwartet. Langfristige Terminvorschau wird immer mehr vorausgesetzt. Aber auch die zeitgleiche Übermittlung an alle, die nicht an modernen Medien angeschlossen sind, soll zum Standard werden. Ein funktionierendes Informationssystem verbindet diese Anforderungen. Darüber hinaus können die jeweiligen Bewohner oder Eigentümer auch untereinander nachbarschaftliche Informationen austauschen. So lassen sich Postübernahmen oder Babysitterangebote untereinander anbieten. Neben der aktiven und schnellen Verfolgbarkeit von Anfragen an die Hausverwaltung werden somit Infor-

18

ImmoFokus | Future 2016

mationen schneller im Haus verteilt. Aktives Kommunizieren an die Bewohner oder Eigentümer durch die Verwaltung schafft Vertrauen. Ergänzend werden Informationen, die das Objekt betreffen, auch zum Download bereitgestellt. Somit können aktualisierte Versionen von Dokumenten, wie zum Beispiel Grundbuchsauszüge, die aktuellen Protokolle von Versammlungen oder die Hausordnung, zeitgleich einer großen Menge an Interessierten zur Verfügung gestellt werden. Basisinformationen wie Wohnungseigentumsvertrag oder Verwaltungsvertrag werden bereits als selbstverständlich angesehen. EHL Immobilien Management hat sich schon länger mit dem Thema beschäftigt und hat seit knapp zwei Monaten eine Online Plattform, Casavi, für eben diesen Informations- und Nachrichtenaustausch zwischen Objekteigentümern und -nutzern mit der Verwaltung im Wohnungsbereich eingeführt. In Absprache mit den Eigentümern und/ oder Mietern wird diese Plattform an die individuellen Anforderungen des Hauses angepasst. Sowohl die Akzeptanz durch die Nutzer als auch die positiven Reaktionen zeigen, dass damit ein stark vorhandenes Bedürfnis abgedeckt wird. Die Bearbeitung in der Hausverwaltung wird dadurch für die Nutzer und Eigentümer unmittelbarer spürbar. Es wird für Betroffene nachvollziehbar, wie die sichtbaren Ergebnisse am Haus oder der Anlage entstehen. Sowohl die Nutzer als auch die Mitarbeiter in der Hausverwaltung profitieren von der steigenden Transparenz. Das schafft Vertrauen. Damit wird die Verwaltung alsWW verlässlicher Partner in der Betreuung des Wohnobjekts gesehen. So möchte auch EHL ihren Kunden begegnen.



Positionen & Meinungen

Mr. Nachhaltigkeit „Das ungebremste Wachstum hat uns in einen Ressourcen­ verbrauch gebracht, den wir in vielen Bereichen sehr schlecht bis gar nicht im Griff haben“, analysiert Raiffeisen evolution Chef Gerald Beck im ImmoFokus Interview.

20

ImmoFokus | Future 2016


Future 2016 | ImmoFokus

21


Positionen & Meinungen

„Wir werden uns der innerstädtischen Verdichtung nicht verschließen können, so sehr wir dies vielleicht auch wollen.“ Das Gespräch führte: Michael Neubauer

Vor kurzem hat eine Architektin bei einer Publikumsdiskussion gemeint: In Zukunft wird Wohnen wieder Luxus. Sehen Sie das auch so? Gerald Beck: Wenn man sich die Wohnbaupreise in den letzten Jahren anschaut – wirklich billig war es nie. Jetzt ist es aber echt teuer geworden. Das ist natürlich ein Thema, dass Luxus und Wohnen immer mehr zusammengeht. Die große Herausforderung ist es, günstigen Wohnraum zu schaffen. Also runter mit den Qualitäten? >>  Die Qualitäten bestimmen sich im Wesentlichen durch die Bauordnung. Sehr viel da-

22

ImmoFokus | Future 2016

rüber hinaus wird sowieso nur bei wenigen Projekten gemacht. Aus diesem Grund glaube ich nicht, dass man die Baukosten durch Qualitätsreduktion senken kann, noch dazu, da der Baukostenanteil im Vergleich zum Grundstücksanteil immer geringer wird. Das heißt aber auf der anderen Seite, Wien wird in die Höhe wachsen müssen? >>  Klar, die innerstädtische Verdichtung ist das Zeichen der Zukunft, da werden wir uns nicht verschließen können, so sehr wir dies vielleicht auch wollen. Wir haben nur die Möglichkeit, in die Fläche zu gehen, à la Seestadt Aspern, oder innerstädtisch höher zu bauen.


Hätte man in der Seestadt Aspern noch weiter in die Höhe bauen sollen? >>  Nein. Aspern passt sehr gut dorthin, wo es ist: Es hätte dort auch keinen Sinn, einen großen Hochhausteil hinzustellen. Aber ich denke, dass innerstädtisch mehr in die Höhe gebaut werden muss. … also dort, wo bereits Hochhäuser sind, weiter verdichten? Wie zum Beispiel auf der Donauplatte? >>  Die Platte ist ein schönes Beispiel, wo Hochhausbau gut funktioniert. Für mich ist die Wagramer Straße die erste Skyline von Wien. Wenn man am Abend von der Alten Donau dorthin schaut, sieht das sehr gelungen aus. Man wird natürlich innerstädtisch auch mehr machen müssen, wohl wissend, dass auch die bestehende Infrastruktur im innerstätischen Bereich nicht ad infinitum ausgenutzt werden kann. In vielen Städten sind gerade „Hochhausviertel“ Stadtteile mit sozialem Sprengstoff. >>  Diese Gefahr sehe ich für Wien nicht. Wien hat es immer geschafft, für eine soziale Durchmischung zu sorgen. Es gibt sehr wenige Bereiche, wo reiner Luxuswohnbau oder wo reiner Sozialbau besteht. Das ist etwas, das in Paris nicht gelungen ist. Großsiedlungen, die nur von sozial benachteiligten Familien bewohnt werden – dort passiert Ghettobildung, dort haben wird das Thema von sozialen Spannungen. Wien hat den Riesenvorteil der Durchmischung. Ich glaube aber auch, dass für Wien die Produktion von Siedlungen nur am Stadtrand auf Dauer nicht zielführend wäre.

Wohnraum leistbarer wurde. Jetzt geht das wieder in die Gegenrichtung. Viele Wohnungen stehen zu 50 Prozent oder mehr leer, weil sie nicht genutzt werden. Dasselbe Problem haben wir auch bei den Büros. Die stehen leer, weil sie während der Nachtzeit nicht genutzt werden. Wir werden uns überlegen müssen, wie wir Immobilien besser nutzen können. In Wahrheit ist es eine Verschwendung von Geld, Energie und Ressourcen, wenn ein Büro nur von 8 bis 17 Uhr benutzt wird und über Nacht leer steht. Für dieses Problem haben wir noch keine Lösung. Das soll uns aber nicht daran hindern nachzudenken. Vielleicht gibt es Unternehmen, die gerne in der Nacht arbeiten. Dass hier auch arbeitsrechtliche Bestimmungen entgegenstehen, ist mir klar. Ihre drei Megatrends der Immobilienwirtschaft? >>  Trend Nummer 1 ist der Zuzug in Großstädte. Über kurz oder lang wird es mehr Megacities geben. Vielleicht nicht in Österreich,

SOZIALE DURCHMISCHUNG. Wien hat es immer geschafft, für eine soziale Durchmischung zu sorgen. Es gibt sehr wenige Viertel, wo reiner Luxuswohnbau oder wo reiner Sozialbau besteht.

… und Mikrowohnungen? Kurzlebiger Trend oder nachhaltige Entwicklung? >>  Mikrowohnungen sind eine Reaktion auf die Not der Stunde. Man überlegt sich natürlich sehr viel. Vielleicht sind für eine gewisse Kundenschicht Mikrowohnungen die richtige Lösung. Dauerhaft werden sich Mikrowohnungen - von speziellen Singlewohnungen abgesehen - nicht durchsetzen. Wir alle wollen auf mehr Fläche leben. Das hat auch mit dem Wohngefühl zu tun. Früher haben in einem Gründerzeithaus in vier Wohnungen 20 Personen gelebt. Heute sind diese vier Wohungen eine, die von einer vier- bis fünfköpfigen Familie bewohnt wird. Das Leben hat sich von der Straße in die Wohnung zurückgezogen. Vorwiegend deshalb, weil der

Future 2016 | ImmoFokus

23


Positionen & Meinungen

auf internationaler Ebene mit Sicherheit. Der zweite Megatrend ist sicher die Verdichtung. Das dritte Thema ist die Digitalisierung der Immobilienwirtschaft, die immer mehr voranschreitet. Also BIM und Co? >>  Natürlich geht es hier auch um BIM. Im Kern geht es um eine vernünftige Digitalisierung mit intelligenten Produkten, die es möglich machen, Immobilien besser nutzen zu können, Applikationen, die helfen, die Nutzungsdauer der Immobilien zu erhöhen und die Ressourcenvergeudung verringern zu können. Ist bei Raiffeisen evolution BIM bereits im Einsatz? >>  Wir haben uns überlegt, bei unserem Bürogebäude Square plus in der Muthgasse BIM einzusetzen. Unsere nächsten Gewerbeprojekte werden wir sicher mit BIM machen. Der Umstieg von Papier auf CAD war ein logischer Schritt, der Schritt von CAD auf BIM ist der nächste. An BIM wird kein Weg vorbeiführen.

24

ImmoFokus | Future 2016

In Skandinavien und Großbritannien können bei den Baubehörden nur noch bestimmte Projekte mit BIM eingereicht werden. Wir müssen nicht First Mover, aber wir wollen Early Mover sein. Eines steht jedenfalls fest: Je früher wir dabei sind, desto besser ist es. Ist die Diskussion um BIM nicht auch im Kern eine Diskussion um Honorare? >>  Natürlich, bei jeder Änderung beginnt wieder der Verteilungskampf um das Futter, das ist völlig klar. Weil immer wieder die Leerstandsabgabe aufpoppt. Ultima Ratio oder fällt der Politik einfach nichts mehr ein? >>  Es ist die Not der Politik, einfach Maßnahmen setzen zu müssen, aber nicht zu wissen wie. Und ob das jetzt durchdacht ist oder nicht, ist sekundär. Es wird zuerst eine Maßnahme gesetzt, das ist das Wichtige. Ich glaube, wir würden mit einer Leerstandsabgabe immer mehr in einen Überwachungsstaat hineinrutschen. Wenn man jedem Menschen vor-

schreibt, wie er zu leben hat, dann sehe ich das als eine negative Entwicklung. Ich denke, dass es mit einem Anreizsystem immer besser gegangen ist als mit einem Zwangssystem. Anreize muss man halt intelligent überlegen. Wie hoch, schätzen Sie, ist der Leerstand? >>  Die genaue Bestimmung des Leerstandes in Wien ist sicher schwieriger als ein 6er im Lotto. Sie gelten als Pionier und Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. Was war Ihre Motivation, die ÖGNI mitzugründen? >>  Wir haben uns sehr früh mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt. Wir haben die drei Zertifikatstypen - LEED, BREEAM und ÖGNI miteinander verglichen, um herauszufinden, welches das beste System ist. Für uns hatte und hat das ÖGNI Zertifikat die größte Aussagekraft. Es sieht auch aus unserer Sicht die vernünftigste Vorgangsweise vor. Aus diesem Grund haben wir uns dafür entschieden, nach ÖGNI zu zertifizieren. Damit


„Wir werden in 20 Jahren nicht weniger Autos haben, diese werden aber wesentlich effizienter und effektiver genutzt werden.“ Sehen Sie eine Zukunft für den All-InVertrag? Gibt es bei Ihren Projekten All-InVerträge? >>  Wir haben noch keine All-In-Verträge abgeschlossen, bereiten uns aber darauf vor. Wir wissen genau, wie hoch unsere Betriebskosten sind. Wir überlegen auch, mit welchen Modellen man diese absichern kann. Ich denke, dass wir in zehn Jahren nur mehr All-In-Verträge abschließen werden, und dass das ein Thema sein wird in puncto Nachhaltigkeit und Lebenszykluskosten. Derzeit ist es eine Vorbereitungsphase. Ich bin aber überzeugt, dass, wenn die Vorteile von All-In-Verträgen erkannt werden, kein Weg mehr daran vorbeiführen wird.

wir es aber auch gleich richtig machen, haben wir 10 Leute unseres Unternehmens gebeten, die Auditoren-Ausbildung zu machen. Dadurch ist sehr rasch ein sehr großes Zertifizierungswissen in unser Unternehmen gekommen, das in all unsere Projekte einfließt. Schlägt sich die Fokussierung auf Nachhaltigkeit und deren Zertifizierung auch bei den Verkäufen durch? Auf den Punkt gebracht: Rechnet sich das? >>  Man kann es sich nicht mehr leisten, nicht zu zertifizieren. Die Nachfrage gerade bei internationalen Investoren wird aber immer größer. Es wird immer mehr danach gefragt. Die Kosten für Zertifizierung sind deutlich nach unten gegangen. Die Auditoren und Konsulenten, die früher sehr rar gesät waren, arbeiten heute ra-

scher und effizienter und können daher auch günstiger anbieten. Wir haben es aus Interesse nachkalkuliert und sind damals auf etwa zwei Prozent Mehrkosten gekommen. Mittlerweile ist es mit Sicherheit weitaus günstiger geworden. Die Kosten sind das eine. Man muss sich auch immer überlegen, welche Chancen man sich vergibt, wenn man nicht zertifiziert. Im Segment Office haben sich die Zertifikate durchgesetzt. … und im Wohnbau? >>  Der Wohnbau ist zurzeit noch zu fragmentiert -- Mehrfamilienhaus, Einfamilienhaus, großvolumiger Wohnbau. Da ist es noch um ein Eck schwieriger, weil die Individualität eines Wohnbaus größer ist als bei einem Gewerbeobjekt.

Die Realeinkommen steigen nicht mehr, im Gegenteil - zum Teil sinken sie bereits. Gleichzeitig steigen Bau- und Grundkosten. Gehen Ihnen nicht langsam die Käufer aus? >>  Ich glaube, dass wir die Zeit des Wirtschaftswachstums noch nicht hinter uns gelassen haben. Zugegeben, es geht aktuell viel langsamer. Was derzeit in Europa passiert, ist vielleicht in vielen Jahren ein Modell für die gesamte Weltwirtschaft. Ich bin mir aber sicher, dass die Wachstumsraten, wenn man das Wirtschaftssystem nicht immer auf Neuproduktion und Konsum abstellen muss, das aber passiert derzeit, sondern auf nachhaltige Entwicklung, Produktion und Recycling, wesentlich geringer ausfallen könnten. Wenn die Preise nicht steigen, brauche ich keine Realeinkommenssteigerung, Das ist ja ein Kreislauf, der seit vielen Jahrzehnten und Jahrhunderten implementiert wurde. Ich glaube, dass sich die Geschwindigkeit weiter verlangsamen wird. Ich hoffe es sehr, weil dieses ungebremste Wachstum uns in einen Ressourcenverbrauch gebracht hat, den wir in vielen Bereichen sehr schlecht bis gar nicht im Griff haben. Wenn man sich anschaut, wie die Meere überfischt werden, weiß man, dass das ein Resultat dieses Wirtschaftsdenkens ist.

Future 2016 | ImmoFokus

25


Positionen & Meinungen

RAIFFEISEN EVOLUTION Raiffeisen evolution ist ein österreichisches Immobilienunternehmen, das in Österreich, Zentral- und Osteuropa tätig ist und hochwertige wie nachhaltige Immobilienprojekte verwirklicht. Das Portfolio umfasst Wohn- und Bürogebäude sowie Einkaufs- und Fachmarktzentren, Hotels und MixedUse-Developments. Gegründet im Jahr 2003, hat das Unternehmen seither viele Projekte erfolgreich im In-und Ausland realisiert. Insgesamt wurden seit Gründung knapp 931.000 m2 Bruttogeschoßfläche geschaffen und über 2,1 Milliarden Euro investiert. Das Unternehmen setzt sich bewusst mit Trends, Veränderungen und Entwicklungen auseinander und hat vor allem am österreichischen Markt den Begriff „smart living“ stark geprägt. Mit den innovativen Wohnkonzepten WOHN-BASE©, ECO-BASE© und HUMAN-BASE© hat Raiffeisen evolution gemeinsam mit Experten ein Fundament für modernen Wohnbau geschaffen. Alle Wohnprojekte werden als Niedrigenergiehäuser errichtet. Für die Sparte Büro hat Raiffeisen evolution im Jahr 2010 die Marke „econogy offices“ entwickelt, die auf die ökologischen wie ökonomischen Aspekte einer Immobilie abzielt und sich diese zunutze macht.

26

ImmoFokus | Future 2016


„Wenn die Regulierungen so gut gewesen wären, hätten wir die Öffnung der Euro-Schleuse von EZB Präsident Mario Draghi nicht gebraucht.“

Da muss man sich auch einmal herausnehmen und schauen, was kann ich da besser machen. All diese Themen, Zertifizierungen, CO2-Überlegungen, Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung, Recycling usw., all das sind in Wahrheit bereits Resultate dieser Entwicklung. Der Wille, unseren Planeten wieder ins Gleichgewicht zu bringen, ist vorhanden. Ob es gelingen wird, wird man sehen. Ich glaube aber nicht, dass wir den Klimawandel rückgängig machen werden können, dafür reicht unsere heutige Technologie nicht aus. Welche in Zukunft wichtigen Technologien werden Ihrer Meinung nach heute noch unterschätzt? >>  Ich glaube, dass die selbstfahrenden Autos unterschätzt werden. Wir werden in 20 Jahren nicht weniger Autos haben, diese werden aber wesentlich effizienter und effektiver genutzt werden. Ich glaube auch, dass die Macht der Apps unterschätzt wird. Es wird Ideen geben, die wir heute noch gar nicht kennen, die aber bei vielen Dingen unser Leben revolutionieren werden. Besser gesagt, viele Apps haben das ja bereits. Ich bin mir auch sicher, dass im Energiebereich neue Technologien kommen werden. Vielleicht ist es die Brennstoffzelle, oder die Solarenergie wird so effizient, dass sie die fossilen Brennstoffe ablösen kann. Ein großes Thema wird der Kampf um die Verteilung von

Arbeit sein. Das ist kein Technologie- sondern ein organisatorisches Thema. Weg von Hierarchien hin zu Kompetenzen. Es gibt sehr viele Ich-AGs mit geschäftsführenden Gesellschaftern, die in Wirklichkeit ihre Kompetenz verkaufen. Für die Raiffeisen evolution kommt ein Börsengang nicht in Frage? >>  Nein. Dazu sind wir zu klein. Das kann man natürlich ändern. Aber aus heutiger Sicht ist in dieser Richtung nichts geplant. Wir sind sehr froh, so wie es ist. Eine Börsennotierung bedeutet auch, eine Vielzahl an Formvorschriften einhalten zu müssen, die das Geschäftsleben und den Geschäftsablauf nicht unbedingt beschleunigen. Macht eine Börsennotierung die Finanzierung nicht einfacher? >>  Das glaube ich nicht. Gute Projekte werden immer finanziert - egal von welcher Bank. Wenn das Projekt nicht gut genug ist, ist es am Ende des Tages vielleicht besser, man macht es nicht. Natürlich sind Risikoaufschläge und Eigenkapitalkosten dazugekommen. Das ist aber auch nichts Neues. Eigenkapitalerfordernisse gehen mal ein bisschen rauf, mal ein bisschen runter. So dramatisch ändert sich das nicht. Die Kreditklemme ist sicherlich etwas besser geworden. Das Animo der Banken, Projekte zu

Future 2016 | ImmoFokus

27


Positionen & Meinungen

finanzieren, ist wieder vorhanden. Die Banken haben auch begriffen, dass sie bei den heutigen Marktgegebenheiten rascher werden müssen. … und sind sie schneller geworden? >>  Ich glaube schon, ja. Die Effizienz bei den Banken ist gestiegen. Klar haben sie zusätzliche Prüfungsvorschriften und FMA-Auflagen, wodurch das Ganze auch wieder etwas gebremst wird. Es gibt mehr Überlegungen in Bezug auf Unterlegung mit Eigenkapital. Aber in Summe sind die Leute, die Projekte finanzieren in den Banken, sehr kompetent. Viele Vorschriften binden ihnen aber die Hände. Zu viele Vorschriften und Regularien? >>  Definitiv. Das haben die Regulierungsbehörden aber noch nicht mitbekommen, weil sie versuchen, durch diese Regularien die europäische Wirtschaft zu stabilisieren und den Euro zu retten. Das ist ihnen hoch anzurechnen. Auf der anderen Seite hätten wir, wenn die Regulierungen so gut gewesen wären, die Öffnung der Euro-Schleuse von EZB Präsident Mario Draghi nicht gebraucht. Dann wäre dieser Schritt nicht erforderlich gewesen. Dass aber beides gekommen ist, ist ein Hinweis darauf, dass man sehr viel probiert hat, ohne genau zu wissen, wie es funktioniert.

28

ImmoFokus | Future 2016

„Crowdfunding ist eine sehr gute Finanzierungsform, weil sie auf eine sehr breite Basis gestellt wird. Sie gibt jungen oder kleineren Developern die Möglichkeit, auf der Eigenkapitalseite Projekte zu stemmen.“ Crowdfunding, eine sinnhafte Alternative? >>  Halte ich für ein sehr sinnvolles Instrument, die Ticketgrößen sind heutzutage noch nicht so groß, dass es für Immobilienprojekte wirklich Sinn macht. Crowdfunding ist eine sehr gute Finanzierungsform, weil sie auf eine sehr breite Basis gestellt wird. Sie gibt jungen oder kleineren Developern die Möglichkeit, auf der Eigenkapitalseite Projekte zu stemmen, für die sie sonst eine Finanzierung nur schwer zustande bringen könnten. Ein Vorteil von Crowdfunding ist die Transparenz. Die Community, die sich beim Crowdfunding beteiligt, schaut sich die Projekte sehr gut an. Es gibt keine schärferen, strengeren „Aufsichtsräte“,

als Kleinanleger, die mit 500 oder 1.000 Euro investiert sind. Wenn diese keine Renditen sehen, dann ist den Crowdfunding-Initiatoren ein Shitstorm im Internet sicher. Aus der Community kommt ein sehr direktes Feedback. Aus diesem Grund glaube ich, dass sich Crowdfunding für qualitätsvolle Projektentwicklung durchsetzen wird. Was bedeutet der mögliche Zusammenschluss von IMMOFINANZ und CA IMMO für die heimische Immobilienbranche? >>  Ein Player von zumindest mitteleuropäischem, wenn nicht globalem Format ist für den Standort Österreich nicht schlecht. Dass auch


in Österreich Immobilienkonzerne entstehen können, ist eine gute Entwicklung. Ob es auf Dauer die beste Lösung für beide Firmen ist, wird man sehen. Da habe ich zu wenig Einblick. Aber es ist sicherlich gut, dass der Konflikt der beiden Unternehmen einer Lösung zugeführt wurde. Jetzt haben beide Seiten das Interesse, daraus das Beste zu machen. Mit Eduard Zehetner und Bruno Ettenauer an der Spitze von IMMOFINANZ und CA IMMO wäre diese Lösung nicht möglich gewesen? >>  Wirtschaft wird nicht von Maschinen gemacht. Wirtschaft wird von Menschen gemacht. Zwischen den beiden hat es sicherlich auch gemenschelt. Jede Zeit hat ihre Entscheidungen: Wenn der eine oder andere nicht mehr da ist und dann die Entscheidung leichter ist, hat man offensichtlich diesen Moment abwarten müssen. Glauben Sie, dass das IMMOFINANZ-Headquarter in Österreich bleibt? Muss ich nicht, wenn ich in der großen Liga mitspielen will, nach Frankfurt? >>  Das eine ist die Frage des Headquarters. Das andere die Frage der Notierung. Ich denke, dass die IMMOFINANZ auch sehr viel Volumen in Österreich hat - dadurch ist der Standort Wien sicher zu rechtfertigen. Die Notierung wird man sich mit Sicherheit überlegen. Da kommt es auch darauf an, was die Analysten sagen. Könnte sein, dass die in Zukunft die Auffassung vertreten: Wenn du in Frankfurt notiert bist, dann kommst du mit deinem Headquarter auch her. Wir wollen dich vor Ort haben. In Zeiten der Globalisierung, in der man in jeder Sekunde über ein Medium miteinander verbunden ist, sollte es nicht wirklich ein dringendes Erfordernis sein. Aber ausschließen kann man es nicht. Wo sehen Sie aktuell die besten Chancen in Osteuropa? >>  Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass die Märkte Rumänien, Ungarn und Polen stabile Märkte sind. Tschechien ist ein Sonderfall: Sehr stabil, aber auch schon sehr dicht besetzt. Wir haben da einen hohen Grad an Shoppingcentern, Bürogebäuden etc. Unsere Heimatmärkte erholen sich, das ist für uns sehr erfreulich. Russland war für heimische Unternehmen nie besonders einfach. Daran und an der politisch schwierigen Entwicklung in diesem Land hat sich nichts verändert. n

Future 2016 | ImmoFokus

29


Positionen & Meinungen

Unter Strom „Der aktuelle Hype um Elektro­ autos bietet nun die Chance, Mobilität völlig neu weiter zu denken“, sagt BEÖ-Vorstand Jürgen Halasz im Interview mit dem ImmoFokus. Das Gespräch führte: Michael Neubauer

Experten des Umweltbundesamtes gehen in optimistischen Szenarien davon aus, dass bis 2020 der Bestand an E-Autos auf 175.000 Fahrzeuge ansteigen wird. Ein realistisches Ziel? Jürgen Halasz: Dieses Ziel ist sehr ambitioniert, kann aber zumindest bis 2025 mit entsprechenden finanziellen und steuerlichen Anreizen erreicht werden. Ohne Förderung geht’s nicht? >>  Man muss Anreize schaffen. Damit sich der Umstieg auf elektrisch betriebene Fahrzeuge auch langfristig durchsetzt, muss es neben neuen Technologien auch finanzielle und steuerliche Anreize geben. … und die wären? >>  Seit Jahresbeginn 2016 können sämtliche E-Autos, die als Firmenfahrzeuge angemeldet werden, voll von der Vorsteuer abgesetzt werden. Zudem erhalten elektrifizierte Firmen­

30

ImmoFokus | Future 2016


Geringe Einstiegskosten Die Kosten für eine E-Tankstelle haben sich deutlich nach unten bewegt. Mit 1.500 Euro ist man dabei.

fahrzeuge eine 100-prozentige Befreiung von der geltenden Sachbezugsregelung. Diese steuerlichen Vorteile gehen in die richtige Richtung. Immerhin sind zwei Drittel aller neuzugelassenen PKW Firmenfahrzeuge - bei Elektroautos ist dieser Anteil sogar 77 Prozent. Aus meiner Sicht führt an einer Kaufprämie, wie sie kürzlich in Deutschland beschlossen wurde, kein Weg vorbei. Diese sollte für Privatpersonen, aber ausschließlich für reine Elektroautos gelten und in Folge schrittweise reduziert werden. Vorreiter für Kaufprämien gibt es in Österreich übrigens bereits heute schon: Etwa die Förderungen in Vorarlberg, Salzburg oder Niederösterreich. Aber:Wirken diese Maßnahmen? >>  Dass eine Kaufprämie die Nachfrage ankurbelt, hat die Förderungsoffensive klima aktiv mobil bewiesen. Die Aktion war auf 1.000 Fahrzeuge limitiert und musste Ende März bereits eingestellt werden. Es geht auch um den Wirtschaftsstandort. Nicht alle Elektrofahrzeuge kommen aus Fernost, viele Fahrzeuge haben Teile drinnen, die aus der österreichischen Wirtschaft kommen. Das bedeutet auch Impulse für die Forschung & Entwicklung.

„Aus meiner Sicht führt an einer Kaufprämie kein Weg vorbei.“ Jürgen Halasz Vorstand Bundesverband Elektromobilität Österreich (BEÖ)

Im ersten Quartal 2016 gab es 992 neu zugelassene Elektroautos. Prämie gab’s für 1000 Fahrzeuge. War’s das dann für heuer? Strohfeuer oder doch Boom? >>  2009/2010 gab es einen ersten Hype. Dieser war in erster Linie ein von den Medien getragener Hype. Das hat man ganz deutlich an den Zulassungszahlen gesehen. Da war nicht wirklich viel los. Das ist jetzt anders. Es gibt, wenn auch von einem niedrigen Niveau aus, eine Verdopplung der Zulassungen. Wenn das so weitergeht – und heuer sind wir schon wieder auf der Verdopplungskurve ganz genau drauf – dann kann sich das Ziel - 175.000 Fahrzeuge zumindest bis 2025 - ausgehen.

Wo sehen Sie aktuell die größten Probleme? >>  In der Ladeinfrastruktur und in der noch zu komplizierten Abrechnung. Anfang des Jahres haben wir gemeinsam mit Hubject das Projekt ÖHUB gestartet, das ein einfaches Laden und Bezahlen von E-Fahrzeugen an öffentlichen Ladestationen in ganz Österreich gewährleisten soll. Unsere Mitglieder betreiben bereits heute 80 Prozent der Ladeinfrastruktur in Österreich und werden ihre derzeit rund 1.800 E-Tankstellen in dieses Netz einbringen. Damit entsteht das größte Stromladenetz Österreichs. Je einfacher das Laden und die Abrechnung wird, desto schneller wird sich die E-Mobilität in Österreich durchsetzen.

Future 2016 | ImmoFokus

31


Positionen & Meinungen

„Die größte Hürde befindet sich im Kopf.“ Jürgen Halasz Vorstand Bundesverband Elektromobilität Österreich (BEÖ)

>>  Die größte Hürde befindet sich im Kopf – wie es häufig bei Innovationen der Fall ist. Elektroautos sind teurer als Benzin- oder Dieselfahrzeuge. Aber jeder schaut auf die Anschaffungskosten und nicht die Gesamtkosten über die Lebenszeit des angeschafften Gutes. Eine Total-Cost-of-Ownership-Betrachtung findet im privaten Bereich nicht statt. Für Ausstattung und Image wird gerne in die Tasche gegriffen. Aber dass ein mit allen Schnick-Schnack ausgestatteter Mittelklassewagen mehr kostet als ein Stromer, das wird gerne übersehen. Unter Betrachtung der Gesamtkosten auf die gesamte Nutzungsdauer der Autos sind die rein elektrisch betriebenen durchaus schon jetzt ebenbürtig. Aber gibt es genug E-Tankstellen? >>  Ja, sie sind aber speziell in Wien zu wenig sichtbar, da sie fast durchwegs in Garagen versteckt angebracht sind. Aber auch daran wird intensiv gearbeitet. Durch für die Öffentlichkeit gut sichtbare Tankstellen würden die Elektroautos wahrnehmbarer. Ich bin überzeugt, dass es wie beim Carsharing erst mit dem Herausrücken aus den Garagen auf die öffentlichen Parkplätze zu boomen beginnt. Also raus aus den Garagen – raus an die Oberfläche? >>  Definitiv. E-Tankstellen müssen sichtbarer werden. Das ist auch Signal an die potenziellen Nutzer. Keine Angst – die Versorgungssicherheit ist gegeben. Der Weg der Stadt, in den kommenden Jahren ein flächendeckendes Netz an Stromtankstellen in Wien zu schaffen, ist ein Schritt in die richtige Richtung - wie die Förderaktion für Taxis. Aber auch hier geht es nicht ohne Förderung? >>  Für Fahrer eines Stromautos gibt es eine Förderung von 8.000 Euro pro Fahrzeug. Bis Ende 2017 können die E-Taxis gratis an Ladestatio-

32

ImmoFokus | Future 2016


nen betankt werden. Ich sehe das aber auch als große Marketingaktion für die E-Mobility. Was fehlt: Nutzer oder Ladestationen? Für mich scheint es an Nutzern zu fehlen. >>  Nutzer, das heißt eine entsprechende Anzahl an Autos mit Elektroantrieb. Hier wiederum propagieren wir das Laden mit drei Phasen, was derzeit leider nur wenige Fahrzeughersteller nutzen, sehr zum Leidwesen der Elektroauto-Nutzer, die an unseren Ladestationen durchaus beschleunigt laden könnten, wenn es ihre Elektroautos unterstützen würden. Aber diesbezüglich sollte auch einiges in Bewegung sein, wenn man den Autoherstellern Glauben schenkt. Beim Treibstoff-Tanken kann ich bei jeder Tankstelle mit Bankomatkarte bezahlen. Warum geht das beim Stromtanken noch nicht? >>  Wir arbeiten daran. In Zukunft soll ein einziger Vertrag und ein Zugangsmedium wie eine Karte oder ein Smartphone reichen, um die Elektrofahrzeuge an allen teilnehmenden Ladestationen auftanken zu können. Die Kunden werden nur mehr ein Vertragsverhältnis mit einem sogenannten e-Mobility-Provider (EMP) haben müssen und trotzdem alle vernetzten Ladestationen verwenden können. Aber wie gesagt – wir arbeiten daran. Jetzt müssen erstmals Schnittstellen geschaffen werden, dass endlich eine anbieterübergreifende Zusammenarbeit funktionieren kann. Zum anderen werden die EMPs Verträge mit den Ladestationsbetreibern abschließen, um so den flächendeckenden Zugang für ihre Kunden zu erhalten – ähnlich wie es die Mobilfunkbetreiber mit den ausländischen Partnern machen, um ihren Kunden ein Roamingnetz zur Verfügung zu stellen. Ein weiterer Minuspunkt ist aber nach wie vor die Akkuleistung? >>  Das ist einer dieser Stolpersteine im Kopf. „Ich will auch in der Zukunft mindestens 700 Kilometer Reichweite haben“. Das ist ein psychologischer Faktor. Aber wie oft braucht man diese Reichweite. Vielleicht ein-, zweimal im Jahr. Im Schnitt bringt man es auf eine Fahrleistung von maximal 80 Kilometern pro

„Ich will auch in der Zukunft mindestens 700 Kilometer Reichweite haben. Das ist ein psychologischer Faktor.“ Jürgen Halasz

Tag. Das geht sich mit einem Elektroauto, das 120 oder 150 Kilometer weit kommt, auf jeden Fall aus. … und was passiert mit den alten Akkus. Die Recycling-Frage ist noch nicht wirklich gelöst? >>  Da gibt es ganz tolle Projekte für eine Nachnutzung. Dass Akkus nicht mehr die Leistung für den Antrieb einen E-Autos haben, heißt noch nicht, dass es für diese keine Verwendung mehr gibt. Sie könnten zum Beispiel zusammengeschlossen als große Zwischenspeicher genutzt werden. Nissan hat das auch schon gemacht, da werden Batterien im großen Speicherverbund dann installiert, dort reichen 80 Prozent Kapazität auch aus. Ich kann damit Netzleistungen abfedern oder alternativ erzeugte Energie speichern. Zum Beispiel in Eigenheimen mit Solarenergie, aber auch E-Tankstellen könnten damit nachgerüstet werden.

Future 2016 | ImmoFokus

33


Positionen & Meinungen

ÜBER DEN BEÖ Der Bundesverband Elektromobilität Österreich (BEÖ) vertritt die Interes­ sen von elf Energieversorgungsun­ ternehmen in Österreich und setzt sich für eine flächendeckende, of­ fene und interoperable Versorgung mit Elektromobilität aus erneuer­ barer Energie in Österreich ein. Die Mitglieder sind: Energie AG Ober­ österreich Power Solutions GmbH, Energie Burgenland Green Power GmbH, Energie Graz GmbH & Co KG, Energie Steiermark Mobilitäts GmbH, EVN AG, Innsbrucker Kommunal­ betriebe AG (IKB), KELAG-Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft, LINZ AG, Salzburg AG, Vorarlberger Kraftwerke AG (VKW), Wien Energie GmbH. www.beoe.at Jürgen Halasz ist seit 2014 Vorsit­ zender des Vorstands des BEÖ und gleichzeitig bei Wien Energie in der Funktion als Abteilungsleiter für Energieeffiziente Lösungen tätig.

Das klingt in der Theorie ja recht gut. Aber habe ich da nicht große Umwandlungsverluste? >>  Speicher- und Umwandlungsverluste sind im Vergleich zu Fahrzeugen mit konventionell angetriebenen Motor – gering. Ein Vergleich von verschiedenen Fahrzeugen hat gezeigt, dass ein konventionelles Kraftfahrzeug einen Wirkungsgrad in der Größenordnung von 30 bis 40 Prozent (Tank to Wheel), ein Elektrofahrzeug einen Wirkungsgrad von rund 85 Prozent (Plug to Wheel) hat. Der hohe Wirkungsgradverlust erklärt sich durch den hohen Wärmeverlust bei Verbrennungsmotoren. Wenn ich bei den E-Fahrzeugen einen Speicher dazwischenschalte, verliere ich eben ein paar Prozent. Dann geht der Wirkungsgrad gesamt betrachtet halt auf 75 Prozent hinunter – aber nie auf 30 bis 40 Prozent wie bei konventionellen Fahrzeugen. Das ist schon ein ganz anderer Faktor.

34

ImmoFokus | Future 2016

Bei Neubauprojekten ist die Installation von E-Tankstellen ja kein Problem, wie aber sieht es im Bestand aus. Wie sind hier Ihre Erfahrungen? >>  Im Bestand gibt es sicher harte Nüsse zu knacken. Das eine sind die Eigentümerverhältnisse, die oft dem Kundenwunsch einen Strich durch die Rechnung machen. Oft ist es auch die mangelnde Trafoleistung, die eine Lösung erschwert. Wenn ich in eine Garage 3 Tesla reinstelle und jeder Besitzer will auch noch die Möglichkeit einer beschleunigten Ladung haben - und die fängt bei Tesla bei 11 kW an – bedeutet das eine Leistung von 3 mal 11 kW, also 33 kW, die muss man in einer Garage dann noch frei zur Verfügung haben. Da kommt man dann bald einmal an die Trafogrenze. Da habe ich es im Neubau sicher leichter. n


Advertorial

GEBÄUDE­ ABSCHREIBUNG NEU

Mag. Bernd Winter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Partner der BDO Austria GmbH Leiter Branchencenter Immobilien bernd.winter@bdo.at

Dr. Christoph Pramböck Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Partner der BDO Austria GmbH Leiter Competence Center Immobilienbewertung christoph.pramboeck@bdo.at

„Die Steuerreform bringt allen was“ – unter diesem Motto kam es im Rahmen der Steuerreform 2015/2016 zwar zu Entlastungen für Arbeitnehmer, den Betrieben bringt die Steuerreform jedoch zum Teil umfangreichen Anpassungsbedarf. Dies vor allem im Bereich der steuerlichen Abschreibungssätze für Gebäude.

eines Gutachtens über eine kürzere Dauer abgeschrieben werden soll, muss dies bereits bei der Anschaffung bzw Fertigstellung des Gebäudes geschehen. Der Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer anlässlich der gesetzlichen Änderung der Abschreibungssätze wird von der Finanzverwaltung nicht akzeptiert.

Bis zum 31.12.2015 ergab sich die steuerliche Abschreibungsdauer für Gebäude im betrieblichen Bereich je nach Art der Nutzung, wobei sich gemäß § 8 EStG Abschreibungssätze zwischen 2% und 3% der Anschaffungskosten ergaben. Dies entsprach einer pauschal anzunehmenden Nutzungsdauer zwischen 33,33 und 50 Jahren. Im Rahmen der Steuerreform 2015/2016 wurden diese pauschal vermuteten Nutzungsdauern (bzw Abschreibungssätze) im betrieblichen Bereich angepasst und belaufen sich nunmehr auf 40 Jahre (2,5%) für betrieblich genutzte Gebäude und 66,67 Jahre (1,5%) für zu Wohnzwecken genutzte Gebäude. Daraus ergibt sich insbesondere in den Anfangsjahren in der Regel ein höherer zu versteuernder Gewinn.

Die neuen Abschreibungssätze für Betriebsgebäude sind nicht nur für ab 2016 neu angeschaffte oder hergestellte Gebäude, sondern auch für schon bestehende Gebäude anzuwenden. Somit ist die steuerliche Gebäudeabschreibung für alle Gebäude im Betriebsvermögen anzupassen, die bisher gemäß der alten gesetzlichen Regelung pauschal abgeschrieben wurden. Seitens der Finanzverwaltung wurde im Februar ein Entwurf einer BMF-Info mit zahlreichen im Detail teilweise durchaus komplexen Beispielen für die Neuberechnung der Abschreibungsdauer und des jährlichen Abschreibungssatzes ab 2016 veröffentlicht. Falls Sie bei der Berechnung im konkreten Einzelfall Unterstützung benötigen, stehen Ihnen unsere Experten gerne zur Verfügung.

Für Gebäude, die zu Wohnzwecken genutzt werden, kommt es dadurch zu einer Gleichstellung mit dem außerbetrieblichen Bereich. Hier gilt nach wie vor ein pauschaler Abschreibungssatz von 1,5% und somit eine Nutzungsdauer von 66,67 Jahren (unabhängig von der Art der Gebäudenutzung). Sowohl im betrieblichen als auch im außerbetrieblichen Bereich ist der Nachweis einer anderen Nutzungsdauer mittels Gutachten möglich. Falls ein Gebäude auf Basis

Future 2016 | ImmoFokus

35


Der Makler ist tot – Es lebe der Makler Digitalisierung

„Tod durch Digitalisierung? Überlebensstrategien für Makler!“. Ein Thema, an dem kaum ein Makler vorbeigehen kann. Daher: Volles Haus bei der ersten IMABIS CONNECT – zahlreiche Immobilienprofis und Ent­ scheidungsträger folgten der Einladung des Data-Mining-Experten und Imabis-Gründers Roland Schmid.

Die erfreuliche Botschaft – die großen Immobilienplattformen werden den Makler nicht ersetzen können. Die weniger erfreuliche Botschaft – die Makler werden sich hin zu noch mehr Servicequalität verändern müssen. Ein paar bunte Bilder mehr werden dabei nicht ausreichen. Makler vor Ort müssen mehr leisten als es ein Portal kann. Sonst haben sie ihre Daseinsberechtigung verloren. Das Berufsbild wird sich nachhaltig verändern. Auch bei uns.

36

ImmoFokus | Future 2016

Österreich als Insel der Seligen wird sich den internationalen Trends wohl nicht verschließen können. Rund 80 Onlineplattformen, die Maklerservices anbieten, gibt es derzeit in Deutschland und Österreich. Sie bereiten etablierten Maklern zunehmend Kopfzerbrechen. So richtig wahrhaben will das freilich (noch) nicht jeder Makler, wie eine Umfrage des Immobilienverbands Deutschland zeigt. Auf die Frage, ob diese Online-Startups als ernst zu nehmende Konkurrenz gesehen werden, antworteten 41 Prozent mit Nein, 32 Prozent mit Ja. 27 Prozent können sich nicht entscheiden. Eine Fehleinschätzung, die sich noch rächen könnte. Dass nicht alle Portale erfolgreich sind, zeigt das Beispiel Vendomo. Der Berliner Startup-Investor Rocket Internet hat seine Maklerplattform zu Neujahr vom Markt genommen: Die Konkurrenz im Heimatmarkt Berlin war zu groß.

Foto: Fotolia

D

igitalisierung ist keine Bedrohung, sondern eine Chance“, ist Roland Schmid überzeugt. „Es geht darum, mit der Zeit zu gehen, vorbereitet zu sein.“ (siehe auch Interview Seite 40). Digitalisierung bedeute aber auch, Routineaufgaben zu automatisieren und Prozesse zu verschlanken, um sich so noch besser auf die Kernkompetenz der qualifizierten Immobiliendienstleistung konzentrieren zu können.


Für Tobias Kollmann, Professor für E-Business an der Universität Duisburg-Essen, kommt es im digitalen Zeitalter vor allem auf Schnelligkeit an. „Wer als Erster ein Kundenbedürfnis oder -problem erkennt, der kann auch als Erster ein digitales oder reales Angebot machen.“ Der Kunde sei längst im digitalen Zeitalter angekommen. „Er möchte digital kommunizieren. Kollmann rät zu mehr Aktivität. Nicht fragen, sondern handeln sei die Devise. „Ihr Mitbewerber, ihr Konkurrent ist nur einen Mausklick von Ihnen entfernt“, bringt es Kollmann auf den Punkt. „Nicht mehr die Großen fressen die Kleinen - sondern die Schnellen die Langsamen“, ist sein Credo und beklagt gleichzeitig die europäische Mentalität. „Das Erste, was man in Europa hört, ist nicht „Das ist super!“ sondern – „Dürft ihr das überhaupt?“. Für ihn steht fest, dass Plattformen wie McMakler und Co. verstärkt nach Österreich kommen werden. „Darauf sollte man vorbereitet sein. Aber: Wir wollen gar nicht nicht digital sein. Wir sind auf der Titanic und feiern unser Geschäft. Aber der digitale Eisberg ist in Sicht. Wir sind ein digitaler Fliegenschiss.“ Wie sehr Österreich die Chance Digitalisierung verschlafen habe, zeige, dass es in Nischen-

bereichen der analogen Wirtschaft sehr wohl auch Weltmarktführer gäbe. In Bereich der digitalen Wirtschaft keinen einzigen. Netflix macht das Fernsehen kaputt

Jede Branche, die nur zuschaue, komme früher oder später unter Druck. „Netflix macht das Fernsehen kaputt. Kinder warten nicht. Sie schauen Youtube dann, wenn sie es wollen.“ Doch Digitalisierung um jeden Preis wäre der falsche Weg: „Digitalisieren Sie einen Scheiß– Prozess und Sie haben einen schnellen ScheißProzess“, formulierte es Kollmann durchaus griffig. In Deutschland hat die Branche bereits reagiert. Die meisten klassischen Makler wollen das Feld aber nicht kampflos der digitalen Konkurrenz überlassen. Deshalb kalkulieren sie ihre Leistungen neu und bieten günstigere Paketlösungen an, sagt Sun Jensch, Bundesgeschäftsführerin beim Immobilienverband Deutschland (IVD). „Nach einem halben Jahr kann man sagen, dass die meisten Leistungspakete, die vom Eigentümer angenommen werden, bei 1,5 Nettokalt-Monatsmieten liegen.“ Der neue Wettbewerb entlastet also die Mieter - und lässt die Maklercourtagen sinken. n

Die neuen Plattformen der Start-ups www.moovin.de

www.faceyourbase.com

www.mietercasting.de

Wer eine Wohnung sucht, gibt bei der Plattform Moovin einmal seine Eckdaten an. In Folge reicht ein Mausklick, um sich um inserierte Objekte zu bewerben. Die Rechner des Hamburger Startups schlagen anschließend dem Vermieter passende Kandidaten vor. Bei Interesse kann der Eigentümer den Bewerber zu einer Einzelbesichtigung einladen. Die Terminabstimmung erfolgt über die Plattform. Die vom Vermieter zu zahlenden Vermittlungskosten hängen nicht von der jeweiligen Miete, sondern von den gewählten Dienstleistungspaketen (zwischen 200 und 500 Euro) ab.

Ähnlich funktioniert Faceyourbase. Wohnungssuchende können sich mit ihrem Facebook-Profil anmelden oder ein neues Profil erstellen. Wer mit einem Foto auf sich aufmerksam machen will, zahlt extra. Die Plattform ist für Wohnungseigentümer kostenlos, Zusatzdienste wie zum Beispiel Besichtigungen können gebucht werden. Der Mieter zahlt ein Erfolgshonorar. Getreu dem Bestellerprinzip muss in der Regel der Vermieter für die Wohnungsvermittlung zahlen.

Bei Mietercasting stellen Bewerber ihre persönlichen Daten in einem Profil zusammen. Ein Algorithmus rechnet aus, welche Kandidaten zu welchem Objekt passen könnten. Der Vermieter erhält zunächst nur anonymisierte Basisdaten. Er kann Bewerber bitten, das gesamtes Profil einsehen zu dürfen. Mietercasting richtet sich explizit an Eigentümer, die „keine Lust auf eine Flut unpassender Bewerber“ haben oder auf Besichtigungen, bei denen „Horden von Bewerbern durch ihr Mietobjekt trampeln“.

Future 2016 | ImmoFokus

37


Digitalisierung

Die neuen Plattformen der Startups www.smmove.de

www.mcmakler.de

www.null-provision.de

Das Berliner Startup Smmove wählt den Weg „Versteigerung“. Wohnungssuchende können angeben, wie viel sie für angebotene Objekte zu zahlen bereit wären. Für Wohnungssuchende ist das Angebot kostenlos. Der Vermieter kann aus allen abgegebenen Geboten wählen, ist aber in seiner Entscheidung vollkommen frei. Er muss sich nicht für den Höchstbietenden entscheiden. Wird der Wohnungseigentümer bei dem Portal fündig, bezahlt er ein Viertel der monatlichen Kaltmiete als Honorar.

Das Onlineportal McMakler macht Fotos vor Ort, schreibt Exposés für die großen Portale, organisiert Besichtigungen in der Wohnung. Und wenn der Eigentümer seinen neuen Mieter gefunden hat, setzt McMakler den Mietvertrag auf. Die Provision ist fix – für schlappe 500 Euro Fixpreis wird McMakler tätig. Ein Preis, der herkömmliche Makler durchaus ins Schwitzen bringt.

Das Prinzip von null-provision.de ist einfach. Das Portal sammelt alle Angebote, die ohne Provision bei Immobilienscout24.de eingestellt wurden. Besucher können das Angebot bequem durchsuchen, etwa nach Ausstattung, Ort oder Bundesland. Man findet schnell und bequem viele Angebote aus der Datenbank des größten Online-Immobilienportals. Allerdings lassen sich auch direkt bei Immobilienscout24 nur provisionsfreie Wohnungen anzeigen. Eine zusätzliche Website ist also eigentlich gar nicht notwendig.

Aktuelle Einschätzungen (gesamt in %)


Aktuelle Einsch채tzungen (gesamt in %)

St채rkere

Aktuelle Einsch채tzungen (gesamt in %)

St채rkere


Digitalisierung

Chance, nicht Bedrohung Veränderung. „Einzelkämpfer werden es meines Erachtens nach in Zukunft immer schwerer haben, sich am Markt zu behaupten, wenn sie nicht die Vorteile der Effizienz durch Gemeinschaftsgeschäfte erkennen und nutzen“, meint IMMOunited Gründer Roland Schmid. Das Gespräch führte: Michael Neubauer

Wenn wir uns die neuen Möglichkeiten und Technologien zunutze machen, profitieren letztendlich alle von diesen Entwicklungen. Zudem bin ich fest davon überzeugt, dass Onlineplattformen niemals einen Makler mit seiner Expertise und seinem persönlichen Gespür für Kunden ersetzen können. Werden die neuen digitalen Technologien gekonnt eingesetzt, kann mitunter das bisher fehlende Vertrauen von Endkonsumenten durch mehr Wissen, schnellere Reaktionszeiten und geschickte Verknüpfung neuer Möglich­ keiten gewonnen werden.

Wie verändert die Digitalisierung die Immobilienwirtschaft? Was macht sie mit uns Menschen? Und wie müssen wir ihr begegnen? Roland Schmid: Schenkt man aktuellen - hauptsächlich aus Amerika kommenden - Trends Glauben, so ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die durch die Digitalisierung entstehenden Onlinedienstleister und -plattformen die Arbeit von Immobilienmaklern und -bewertern übernehmen und sie möglicherweise ersetzen. Ich persönlich teile diese Art der Zukunftsvisionen nicht. Wir alle - und damit natürlich auch die Immobiliendienstleister - sollten die Digitalisierung als große Chance und nicht als Bedrohung sehen.

40

ImmoFokus | Future 2016

„Onlineplattformen

werden niemals einen Makler mit seiner Expertise und seinem persönlichen Gespür für Kunden ersetzen können.“

Wie entwickeln sich Arbeitsprozesse und Dienstleistungen? >>  Die fortschreitende Digitalisierung führt vor allem dazu, dass große Datenmengen in kurzer Zeit bereitstehen und verarbeitet werden müssen. Zu diesem Zweck entstehen neue Onlineprodukte, die Arbeitsprozesse an diese Entwicklungen anpassen und damit eine deutliche Effizienzsteigerung ermöglichen. Informationen werden für alle schneller, einfacher und überall zugänglich. Die Erwartungshaltung an schnelle Reaktionszeiten und ständige Erreichbarkeit erhöht den Druck auf die eigentliche Dienstleistung. Diese Umstände haben unmittelbar Auswirkung auf die Zusammenarbeit zwischen Dienstleistern und Endkonsumenten hinsichtlich Schaffung neuer Arbeitsweisen und Kommunikationskanäle. Welche Anforderungen werden an Wartung und Netzwerke gestellt? >>  Eine Folge des rasanten digitalen Fortschrittes sind natürlich auch die immer größer werdenden Datenmengen, die es zu bearbeiten gilt. Data-Mi-


„Die Erwartungshaltung an schnelle Reaktions-

zeiten und ständige Erreichbarkeit erhöht den Druck auf die eigentliche Dienstleistung!“

ning, also die zielgerichtete Weiterverarbeitung dieser großen Datenmengen (Big Data) zu sinnvollen Datenprodukten und -lösungen, gehört zu unseren täglichen Aufgaben. Die Verarbeitung dieser Datenmengen erfordert große Bandbreiten für Datentransporte und Unsummen an Wartungsstunden, um die Systeme am Laufen zu halten. Hat der Makler als Einzelkämpfer noch eine Überlebenschance? >>  Einzelkämpfer werden es meines Erachtens nach in Zukunft immer schwerer haben, sich am Markt zu behaupten, wenn sie nicht die Vorteile der Effizienz durch Gemeinschaftsgeschäfte erkennen und nutzen. Noch geht es der Maklerlandschaft in Europa ausreichend gut. Politische, technische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen werden sich aber auch hier bald ändern. Andere Länder beweisen eindrucksvoll, wie gut ein Miteinander anstatt ein Gegeneinander funktionieren kann. Beispielhaft dafür ist der nordamerikanische Immobilienmarkt, der seit Jahren sehr erfolgreich mit dem sogenannten Multiple Listing System (MLS) arbeitet, bei dem die Makler durch die Zentralisierung der Angebote auf einer Plattform deutlich effizienter arbeiten und im Verkaufsprozess kooperieren können. Den Maklern hierzulande die Zusammenarbeit zu erleichtern und Gemeinschaftsgeschäfte zu ermöglichen war daher

auch eine meiner Visionen bei der Gründung von Imabis, an der ich weiterhin festhalte. Ich denke, mit der Abbildung des gesamten Online-Immobilienangebotsmarktes in Österreich und Deutschland auf einer MetaPlattform sind wir hier bereits auf einem sehr guten Weg. Digitalisierung gilt als Megatrend der Immobilienwirtschaft. Besserer Service, mehr Effizienz und neue Geschäftsfelder. Aber rechnet sich das? >>  Ich halte es für zu kurz gegriffen, die Digitalisierung als einen Trend zu bezeichnen, denn meines Erachtens ist die Digitalisierung gleichermaßen bereits Gegenwart und Zukunft der gesamten Wirtschaft und keine vorübergehende Erscheinung, der man sich entziehen kann. Bezogen auf die Immobilienwirtschaft muss man festhalten, dass die Endkonsumenten bereits digital sind und digital nach Immobilien nachfragen - das erwarten sie dann verständlicher Weise auch von ihren Geschäftspartnern. Für die traditionelle Immobilienwirtschaft rechnet sich die Anpassung an die Gegebenheiten der Digitalisierung also ganz gewiss, da sie sonst, auf längere Sicht gesehen, schlicht und ergreifend nicht mehr Schritt halten und den Kundenbedürfnissen in ausreichendem Maße gerecht werden wird und dann möglicherweise neue Technologien deren Dienstleistungen ablösen werden. n

Future 2016 | ImmoFokus

41


Digitalisierung

Hürden auf dem Weg in die Digitalisierung – Unternehmen verpassen Chancen auf Wachstum

In Österreich gibt es noch zu wenige Unternehmen, die digitale Geschäftsmodelle konsequent nach einem strukturierten Plan aufbauen. So lautet das Fazit der aktuellen Studie von Accenture Österreich. Nur wer in interne Prozesse und neue Kundenerlebnisse investiert, wird zu einem erfolgreichen digitalen Unternehmen. Autor: Michael Zettel, Country Managing Director Accenture Österreich

D

die heimischen Top100 konnten 2013 und 2014 keinen Umsatzanstieg verzeichnen. Zum zweiten Mal in Folge sanken die Umsätze der größten österreichischen Unternehmen um 1,1 bzw. um 3,5 Prozent.

Bereits zum fünften Mal in Folge hat Accenture den Wachstumskurs der Top100-Unternehmen des Landes analysiert. Die schlechte Nachricht: Sie schrumpfen (weiter) und es fehlen die digitalen Strategien. Die Ergebnisse zeigen, dass nicht nur der österreichischen Gesamtwirtschaft die Impulse fehlen, auch

Die Top500-Unternehmen aus Deutschland (plus 2,1 Prozent) und der Schweiz (plus 1,7 Prozent) befinden sich hingegen auf Wachstumskurs. Auch bei der Profitabilität hinken die heimischen Top100 der Konkurrenz aus den Nachbarländern hinterher. Während die Schweizer bei der Gewinnspanne mit 9,7 Prozent weit vorn liegen, folgen die österreichischen Top100 (2,9 Prozent) den deutschen Top500 (3,2 Prozent) mit knappem Abstand.

ie aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen geben wenig Anlass zu Optimismus: Die Arbeitslosigkeit steigt, das Wachstum schwächelt, die Produktivität droht zu stagnieren. Im internationalen Standort-Ranking des Schweizer IMD – Institute for Management Development – nimmt Österreich 2015 nur Rang 26 ein. Das entspricht einem Verlust von vier Plätzen gegenüber 2014.

42

ImmoFokus | Future 2016

Österreich schwächelt, Deutschland zieht davon


In der Studie „Digitalisierung entzaubern – wie Österreichs Top100 digitale Blockaden lösen“ hat Accenture die Besten der Besten – die Growth Champions – analysiert. So wurden 13 Wachstumssieger ausfindig gemacht, die deutlich schneller und profitabler wachsen als der Durchschnitt der Top100. An der Spitze ragt ein Unternehmen heraus: Red Bull gehörte in bisher allen fünf Auswertungen zu den besonders erfolgreichen Konzernen. Unternehmen wie Red Bull verfügen über eine hohe Innovationsfähigkeit und wissen, wie sie mit neuen Produkten und Dienstleistungen auch neue Kunden gewinnen können. Accenture Digitalisierungsindex

Mithilfe des im vergangenen Jahr eingeführten Digitalisierungsindex haben die Experten von Accenture den Digitalisierungsgrad einzelner Branchen und Unternehmen untersucht. Hier erwies sich die Finanzwirtschaft als am stärksten digitalisiert, was insbesondere auf die Fortschritte in den Bereichen Vertrieb und

„Unternehmen wie Red Bull verfügen über eine hohe Innovationsfähigkeit und wissen, wie sie mit neuen Produkten und Dienstleistungen auch neue Kunden gewinnen können.” Michael Zettel

Prozesse zurückzuführen ist. An zweiter Stelle stehen Logistik & Transportwesen, gefolgt von Bau und Infrastruktur. Zu den Nachzüglern zählt Österreichs Industrie. Gerade hier ist die digitale Transformation von großer Bedeutung, sind doch viele Arbeitsplätze direkt und indirekt damit verbunden. Die meisten Unternehmen haben noch keinen Fahrplan zur umfassenden digitalen Trans-

formation. Dieser Weg kann zur Sackgasse werden. Bei der Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle muss der Kunde stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Denn die größte Hürde bei der digitalen Transformation besteht darin, völlig neue Kundenerlebnisse zu gestalten. Investitionen in die Digitalisierung werden nur dann zum Erfolg führen, wenn sie sowohl auf interne Prozesse als auch auf Kundenerlebnisse abzielen.

13 Growth Champions (GC) aus Österreichs Top 100- Unternehmen BRANCHENCLUSTER

Handel und Dienstleistung

Industrie

Kommunikation, Elektronik und High Tech Konsumgüter Pharma und Healthcare Ressourcen und Chemie

UNTERNEHMEN

UMSATZ (EUR MIO.) 2014

DURCHS. JÄHRL. WACHSTUM 2010-2014

DURCHS. JÄHRL. GEWINNMARGE 2010-2014

DURCHS. JÄHRL. WACHSTUM 2010-2014 BRANCHENCLUSTER (NUR GC)

DURCHS. JÄHRL. WACHSTUM 2010-2014 BRANCHENCLUSTER (INSG.)

Do&Co AG

805.420

17,9%

4,0%

17,0%

6,8%

Berndorf AG

553.200

10,2%

5,9%

10,0%

4,7%

Constantia Flexibles Group GmbH

1.732.036

11,4%

5,0%

11,4%

0,2%

IBA AG

686.317

11,0%

9,1%

Schoeller – Bleckmann Oilfield Equipment AG

490.817

11,4%

12,1%

10,0%

4,7%

Semperit AG Holding

950.912

7,4%

5,8%

AMS AG

472.177

21,4%

16,1%

2.089.500

11,6%

8,5%

16,5%

7,1%

Ottakringer Getränke AG

207.700

5,9%

4,8%

Red Bull GmbH

2.613.700

5,0%

13,5%

5,5%

3,3%

Baxter Healthcare GmbH

536.827

5,0%

5,0%

5,0%

3,3%

Borealis AG

8.330.000

7,4%

6,2%

Heinzel Holding GmbH

1.506.403

21,4%

6,2%

14,4%

5,5%

Novomatic Group of Companies

Quelle: Accentures Research basierend auf Trend Top500 Österreich, Jahresberichte, Capital IQ, Bureau van Dijk Copyright © 2015 Accenture All rights reserved.

Future 2016 | ImmoFokus

43


Digitalisierung

„Bei der Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle muss der Kunde stärker in den Mittelpunkt gerückt werden.” Digitale Hürden rasch lösen

Accenture beschreibt in der vorliegenden Studie Blockaden, die es zu lösen gilt, damit die heimischen Top100 zu digitalen Vorreitern und damit wieder zu wachstumsstarken Unternehmen werden. Im Einzelhandel und in den Medien haben wir schon gesehen, dass einige Unternehmen durch geschickte Digitalisierungsstrategien beachtliche Wettbewerbsvorteile erzielen. Doch vielfach ist dafür etwas notwendig, was in der Accenture-Studie als eine der Blockaden der Digitalisierung beschrieben wird: Die Nutzung von Kundendaten. Wenn wir den Kunden neu entdecken und ihm neue Erlebnisse bieten wollen, dann müssen wir ihn auch von seiner digitalen Seite aus kennenlernen. Eine weitere Hürde ist laut Studie,

dass Investitionen in Digitalisierung vor allem als Effizienzsteigerung gesehen werden. Das ist zwar wichtig, aber es reicht nicht. Ausgeschöpft werden die Möglichkeiten der Digitalisierung nur, wenn auch die Möglichkeit eines besseren Angebots für den Kunden mit in Betracht gezogen wird. Die Digitalisierung ist heute der Treiber der Wirtschaft und betrifft alle Branchen. Die Top100 brauchen sehr feine Radarsysteme, um möglichst frühzeitig die neuen Wettbewerber zu erkennen und neue Marktchancen auszuloten. Nur wenn wir digitale Technologien strategisch nutzen, kann Österreich als Wirtschafts- und Innovationsstandort konkurrenzfähig bleiben. n

Die ausführlichen Studienergebnisse finden Sie unter: www.accenture.at/wachstum

ACCENTURE Accenture ist ein weltweit führendes Dienstleistungsunternehmen, das eine breite Palette von Services und Lösungen in den Bereichen Strategie, Consulting, Digital, Technologie und Operations anbietet. Mit umfassender Erfahrung und spezialisierten Fähigkeiten über mehr als 40 Branchen und alle Unternehmensfunktionen hinweg – gestützt auf das weltweit größte DeliveryNetzwerk – arbeitet Accenture an der Schnittstelle von Business und Technologie, um seine Kunden dabei zu unterstützen, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern und nachhaltigen Wert für ihre Stakeholder zu schaffen. Mit rund 373.000 Mitarbeitern, die für Kunden in über 120 Ländern tätig sind, treibt Accenture Innovationen voran, um die Art und Weise, wie die Welt lebt und arbeitet, zu verbessern.

www.accenture.at

„Investitionen in die Digitalisierung werden nur dann zum Erfolg führen, wenn sie sowohl auf interne Prozesse als auch auf Kundenerlebnisse abzielen.“ „Wenn wir den Kunden neu entdecken und ihm neue Erlebnisse bieten wollen, dann müssen wir ihn auch von seiner digitalen Seite aus kennenlernen.“ 44

ImmoFokus | Future 2016


Sowohl bei Umsatz als auch bei Profitabilität schneiden Österreichs Top100 im Vergleich zu DE/CH deutlich schlechter ab Wachstumsraten Umsatz

+1,7% +1,5%

14,9%

9,6%

9,2% 1,5%

2010-11

6,9%

-2,4%

8,7%

2,1%

0,6% -1,1%

2011-12

0,0%

1,7%

-3,5%

2012-13

2013-14 +1,8% -0,2%

Gewinnspanne -0,4% 10,6% 4,1% 4,2%

3,9% 4,4% 2010 Österreich Deutschland Schweiz

6,5%

2011

9,7%

7,9%

6,2%

3,6% 3,9%

3,3% 3,4%

2,9% 3,2%

2013

2014

2012

Quelle: Accentures Research basierend auf Trend Top500 Österreich, Jahresberichte, Capital IQ, Bureau van Dijk Anmerkung: Top500 Schweiz: n = 153, Top500 Deutschland: n = 191, Top100 Österreich: n = 86, gewichtete arithmetische Mittelwerte

Copyright © 2015 Accenture All rights reserved.

Digitalisierungsgrad nach Branchen durchschn. Digitaler Index – Wert (1) Bau und Infrastruktur

2,01

Energie und Versorger

2,10

Finanzwirtschaft

2,13

Handel & Dienstleistungen

1,97

Industrie

1,85

Logistik & Transportwesen

2,01

Ressource & Chemie

1,56

1,22

2,01

1,93

Strategie Quelle: Top 100 Index Österreicher, Accenture 2016´, Copyright © 2015 Accenture All rights reserved.

1,53

Produkt

1,38 1,44

Vertrieb

1,47 1,41

2,19

1,94

1,87 1,72

1,71

1,96 1,37

1,34 Prozesse

2,03

1,50

1,82

1,59

1,59

1,47

1,44

2,03

1,53

1,86

2,36 1,59

1,36

1,83

1,73 2,18

1,96

1,95

1,96

1,80

1,93

2,15

Konsumgüter

1,71

1,70

1,42

Kommunikation, Elektronik & Hightech

Pharma & Healthcare

2,10

1,48


ImmoService

Gebäude Summit Die Immobilienwirtschaft steht für dramatische Veränderungen

A

m 28. April 2016 ging mit dem Gebäude Summit eine hochkarätig besetzte Konferenz mit über 150 Experten aus der Immobilienbranche im Hotel Park Hyatt erstmalig in Wien über die Bühne. Die ÖGNI feierte in Kooperation mit Belimo und Beckhoff gleichzeitig die Premiere einer neuen Veranstaltungsserie. „Wir wollen in der effizientesten Form Trends und Entwicklungen diskutieren und neue Erkenntnisse gemeinsam erarbeiten“, so ÖGNI Gründungspräsident Philipp Kaufmann und ergänzt: „Und keiner der Entscheidungsträger hat mehr als einen Nachmittag dafür Zeit.“ MitInitiator Rony Riedo von Belimo war beeindruckt, dass alle Vortragenden mit den vorgegebenen fünfzehn Minuten Zeit für ihre Kernbotschaft auskamen. „Dies war eine große Herausforderung bereits in der Vorbereitung, da auf alle Einleitungsfloskeln und Stehsätze verzichtet werden musste“, führt Mit-Veranstalter Christian Pillwein von Beckhoff aus. Das Experiment gelang und der straffe Zeitplan wurde auch Dank der Moderation von Philipp Kaufmann eingehalten.

Im Zentrum stand der Ansatz, alle Akteure, die beim Bauen und beim Betrieb einer Immobilie notwendig sind, zu hören und damit alle Standpunkte sowie die jeweiligen Anforderungen besser zu verstehen. „Genau aus diesem Grund ist ‚GEMEINSAM‘ bei ÖGNI auch großgeschrieben, da wir den Paradigmenwechsel hin zur Nachhaltigkeit nur gemeinsam schaffen können“, erläutert ÖGNI Geschäftsführerin Sabine Dorn. Den Beginn machte Professor Christoph Achammer (ATP), der in seiner Keynote darauf hinwies, dass nachhaltige Qualitäten der Gebäude wesentlich vom Planungsprozess beeinflusst werden. „Die Branche kann von der Digitalisierung und dem Konzept „Industrie 4.0“ lernen, nur arbeitet unsere Branche mit der Stückzahl 1“, so Achammer. Als Problem sieht er die Herausforderung an die integrale Planung zu Beginn, da in einem nur sehr kleinen Zeitfenster die Grundlagen für die nächsten Jahrzehnte festgelegt werden. Fehler in dieser frühen Planungsphase kommen im Betrieb teuer zu stehen. Österreich habe, was die integrale Planung betreffe, deutlichen Aufholbedarf und BIM ist derzeit oft nur Modewort. Für Rony Riedo (Belimo) und Christian Pillwein (Beckhoff) bedeutet effektives Gebäudemanagement ein deutliches Heben der Gebäudequalität im Betrieb. Ein spannender Aspekt kam in der Diskussion mit Pillwein zur Sprache. Sein Unternehmen kann seit seinem Bestehen seit mehr als 30 Jahren Ersatzteile für Beckhoff-Anlagen liefern, wodurch seine Auftraggeber nicht von schnelllebigen Produktzyklen abhängig sind. Auf Nachfrage plaudert er aus dem Nähkästchen, dass einige Hochschulen derzeit an ihn herangetreten sind, da verbaute Anlagen oft nach wenigen Jahren nicht mehr nachrüstbar sind bzw. Ersatzteile nicht mehr verfügbar sind. „Dies gibt es bei Beckhoff nicht und wir bringen das Knowhow der Industrie in die Immobilienwirtschaft“, so Pillwein.

46

ImmoFokus | Future 2016

Im Anschluss ging Heinz Redl (SIGNA) in seinen Ausführungen der Frage nach, welchen Herausforderungen sich der Bauherr bzw. Investor heute, aber auch in Zukunft stellen muss. Dabei arbeitete er klar ersichtlich heraus, dass sich die Interessenlagen deutlich unterscheiden können. Sei es durch den Unterschied Short-Term versus Long-Term Investment, Eigennutzung versus Fremdnutzung oder Ground up Development versus Refurbishment. Eines steht für Redl aber fest: „Ohne Zertifikat läuft international nichts mehr.“ Wolfgang Kradischnig (DELTA) ging auf die sich rasant verändernde Planungswelt ein und stellte dazu sieben Problemfelder, aber auch Möglichkeiten, diesen zu begegnen, in den Raum. Das verbindende Element der sieben Punkte: Ohne Zusammenarbeit und ohne Kooperation werde es nicht gehen. Den Abschluss des ersten Summits machten Georg Kubasa sowie Jürgen Chochola von GTS Automation und Michael Moshammer (Rustler) – für die drei gilt: „Gebäudeautomation wird in den kommenden Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen und der Nutzer muss frühzeitig eingebunden werden.“ In der Diskussion stellten sich noch viele Fragen und es war offensichtlich, dass sich die Berufsbilder der einzelnen Akteure deutlich verändern, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Die Bereitschaft, zusammen zu arbeiten und sich gegenseitig zu unterstützen, war unverkennbar wahrzunehmen und somit kann als Resümee zusammengefasst werden: Der „Circle of Blame“, bei dem die einzelnen Akteure die Schuld der geringen Qualität von Immobilien nur bei den anderen Berufsgruppen sehen, gehört der Vergangenheit an. Und diese neue Kultur des Zusammenarbeitens gilt es zu leben. n

GEBÄUDE SUMMIT – DIE THEMEN • Anforderungen an die einzelnen Diszi­plinen der Immobilienwirtschaft • Qualität der Immobilien wird wesentlich vom Planungsund Betriebsprozess beeinflusst • Ablauf des Entstehungsprozesses von Immobilien – von der Idee zum Betreiben – Qualitätsbewusstsein der einzelnen Disziplinen • Welche Aufgabe haben die einzelnen Disziplinen in den einzelnen Stufen des Entstehungsprozesses von Immobilien (Aufgabenbe­ schreibung Soll/Ist – zukünftige Herausforderungen, …)


Wohnraum unter dem Dach zählt nach wie vor zu den Spitzenreitern der Immobilienbranche. Einer der wichtigsten Gründe dafür ist die über große Fensterflächen erzielbare Transparenz und Offenheit der Architektur.

CARSTEN NENTWIG Geschäftsführer FAKRO Österreich FAKRO weltweit

„FAKRO IST DER INNOVATIONSTREIBER BEI DACHFLÄCHENFENSTERN. UNSERE FLACHDACHSYSTEME SIND DER BESTE BEWEIS DAFÜR.“ Carsten Nentwig

F

AKRO, einer der weltweit führenden Hersteller von Dachflächen- und Flachdachfenstern, beobachtet international vier Trends in der Architektur: immer größere Glasflächen, immer öfter flache Dächer, die anhaltend hohen Anforderung an Energieeffizienz und das steigende Interesse am Schutz vor sommerlicher Überwärmung. Die besonders exponierte Lage von Dachwohnungen erfordert in jedem Fall besonders hochqualitative Lösungen. Dem Trend zu großen Glasflächen kommt FAKRO mit größeren Formaten bei Dachflächenfenstern entgegen. Standardmäßig sind Fensterelemente bis zu einer Höhe von 2,55 m erhältlich. Sonderlösungen sind in kurzer Zeit lieferbar. Für das flache Dach hat FAKRO ein völlig neues Flachdachfenster entwickelt, das statt der bekannten Lichtkuppeln eine plane Glasfläche nützt. Im Frühjahr 2016 wurde das Sortiment um ein begehbares Flachdachfenster erweitert, das sich bündig in den Bodenbelag von Flachdächern oder Dachterrassen einbinden lässt. Für mehr Energieeffizienz bietet FAKRO Dachflächenfenster mit Vierfachverglasung, die sich für den Einsatz in Passivhäusern eignen.

FAKRO ist mit mehr als 8 Millionen verkauften Fenstern und einem Marktanteil von 15% der weltweit zweitgrößte Hersteller von Dachflächenfenstern. Das eigentümergeführte Unternehmen beschäftigt weltweit rund 3.300 Mitarbeiter in 12 Produktionswerken, 16 Tochtergesellschaften und 30 Lagern.

FAKRO in Österreich Als Schutz vor Überhitzung bietet das Unternehmen ein breites Spektrum an Hitze- und Sonnenschutzprodukten. Die Steuerung der Systeme erfolgt via Fernbedienung oder Funktaster – mittels entsprechender Schnittstellen ist das Ansteuern auch durch ein BUS-System möglich. Wachstumsstrategie in Österreich

In den ersten Jahren hat sich FAKRO bisher verstärkt auf den ostösterreichischen Markt konzentriert. Aber das soll sich künftig ändern, wie Geschäftsführer Carsten Nentwig betont: „In Österreich ist FAKRO die Nummer 3 am Markt, das spiegelt in keiner Weise die weltweite Bedeutung unseres Unternehmens wider. Deshalb wollen wir die Bekanntheit von FAKRO deutlich erhöhen und Vertrauen in die Marke aufbauen.” Damit ist er schon in den letzten Jahren äußerst erfolgreich gewesen, wie viele bemerkenswerte Referenzprojekte zeigen. Drei Punkte sind ausschlaggebend für diese Entwicklung: die breite Standardpalette mit außergewöhnlich großen Formaten, die Innovationsbereitschaft des Konzerns und der Wille, Sonderlösungen rasch und wirtschaftlich umzusetzen.

In Österreich ist FAKRO seit 2007 unter der Leitung von Geschäftsführer Carsten Nentwig aktiv und vertreibt die komplette Palette an Dachflächenfenstern. Im Frühjahr 2016 hat FAKRO das erste DesignFlachdachfenster auf den Markt gebracht, das vor kurzem mit dem Red Dot Design Award prämiert wurde.

FAKRO für jedes Format Die Dachflächenfenster von FAKRO sind standardmäßig nicht nur in den marktüblichen, sondern auch in vielen Sondergrößen erhältlich. Im Sinn individuellen Wohnraums engagiert sich FAKRO durch Beratung und Ausführung von Sonderlösungen. für kreative Architektur.

FAKRO Dachflächenfenster GmbH Hirschmillerstraße 38/3, 2115 Ernstbrunn Tel. 02576/30700-0 office@fakro.at www.fakro.at

Future 2016 | ImmoFokus

47


Mehr als nur Stein 4 in 1 – Mehr als nur Dämmung ROCKWOOL Steinwolle-Dämmstoffe weisen eine geringe Wärmeleitfähigkeit auf, schützen Außenbauteile vor übermäßigen Wärmeverlusten und reduzieren den Energieverbrauch und den CO2-Ausstoß von Gebäuden. Doch Wärmeschutz allein reicht nicht aus, um dem Anspruch gerecht zu werden! Nachhaltige und langlebige Lösungen zur Verbesserung des Brand- und Schallschutzes sowie der gesamten Gebäudeeffizienz und zum Schutz der Umwelt vor schädlichen Auswirkungen von Gebäuden sind ebenso wichtig. Sicherheit für Mensch und Gebäude ROCKWOOL Steinwolle-Dämmstoffe tragen aktiv zum vorbeugenden Brandschutz bei. Sie sind nicht brennbar, Euroklasse A1 nach EN 13501-1. Mit einem Schmelzpunkt von über 1000 °C eignen sie sich für den Einsatz in klassifizierten Brandschutzkonstruktionen. Im Brandfall hemmen sie die Ausbreitung von Feuer und schaffen so wertvolle Zeit für Rettungsmaßnahmen. Ruhe und Wohlbefinden Lärm und störende Geräusche in Gebäuden beeinträchtigen das Wohlbefinden und können Stress verursachen. Steinwolle- Dämmstoffe von ROCKWOOL absorbieren durch ihre offenporige Struktur eindringende Schallwellen und sorgen in unterschiedlichen Konstruktionen für effektiven Schallschutz. So werden Wohnkomfort und Lebensqualität durch eine optimierte Raumakustik nachhaltig verbessert.

www.chanceenergiesparen.at

48

ImmoFokus | Future 2016

Produkte für die Zukunft Hergestellt aus dem nahezu unbegrenzt vorkommenden Rohstoff Stein, bieten ROCKWOOL Steinwolle-Dämmstoffe ein hohes Maß an Stabilität, Belastbarkeit und Zuverlässigkeit. Die Produkte und Systeme sind so konzipiert, dass ihre volle Funktionsfähigkeit über einen langen Zeitraum erhalten bleibt. Deshalb ist eine Investition in ROCKWOOL Steinwolle gleichbedeutend mit einer Investition in die Zukunft. Die Umwelt im Blick Nachhaltigkeit sollte die Basis allen Handelns sein. Um der Verantwortung für kommende Generationen gerecht zu werden, bietet ROCKWOOL ressourcenschonende und energieeffiziente Steinwolle-Dämmstoffe an, die alle Eigenschaften besitzen, die einen nachhaltigen Baustoff auszeichnen. ROCKWOOL Produkte und Systeme sind langlebig, senken den Energieverbrauch und die CO2Emissionen, sind 100% recycelbar und verfügen über eine positive Ökobilanz.


WS-SYSTEM

GmbH

Ein Startup, das die Zukunft der Wärmeversorgung im Wohnbau bereits jetzt realisiert.

VISIONEN UMSETZEN – WIR LIEFERN BEREITS HEUTE, WAS IN ZUKUNFT ENERGIE­ TECHNISCH ALLTAG SEIN WIRD. Die Zukunft der Wärmeenergieversorgung liegt in Anlagensystemen, die mit den niedrigsten Temperaturen, den geringsten Verteilverlusten und den innovativsten Wärmeerzeugersystemen auf Basis von erneuer­baren Energien auskommen, also ein Höchstmaß an Energieeffizienz mit erneuerbaren Energien erreichen. Um solche Rahmenbedingungen für die Gebäudetechnik zu schaffen, muß man sich vom Gedanken der ständigen Hochtemperaturversorgung gänzlich lösen und die Zukunft zulassen. Genau hier sehen wir uns als Brückenbauer und können mit unserem Produkt “enerboxx®”einen wesentlichen Systembaustein liefern, um schon jetzt mit der Zukunft kompatibel zu sein.

MICHAEL GRATZ Geschäftsführender Gesellschafter der WS-SYSTEM GmbH Hafnerstraße 172 8054 Graz www.ws-system.at

Wandeinbau

Niedertemperaturversorgung für Flächenheizungen vom Wärmeerzeuger bis zum Verbraucher

Im Unterbau der enerboxx® befinden sich alle heizungs- und sanitärrelevanten Einbauten, die pro Wohneinheit nötig sind.

30° C 30° C

Produktion enerboxx®: Pink GmbH Bahnhofstraße 22 8665 Langenwang +43 (0)3854/3666 info@pink.co.at www.pink.co.at

Vertrieb in Österreich: Energiesysteme neu denken. www.neotec.at neotec Energiesysteme GmbH Zentrale / Vertrieb West: Obere Marktstraße 39 A – 5541 Altenmarkt T +43 64 52 / 210 27 F +43 64 52 / 210 27 20 E altenmarkt@neotec.at

Vertrieb Nord: Gewerbestraße 6 A - 3251 Purgstall / Erlauf T +43 74 89 / 88 00 25 F +43 74 89 / 88 00 25 10 E purgstall@neotec.at

Vertrieb Süd: Bahnhofstraße 22 A - 8665 Langenwang T +43 38 54 / 36 65 F +43 38 54 / 36 65 40 E langenwang@neotec.at

30° C

30° C

z.B. Vorlauftemperatur 30° C vom Erzeuger bis zum Verbraucher

Unser Systembaustein “enerboxx®” beinhaltet einen Warmwasserbehälter (140Liter) mit vollständiger Hydraulikeinheit inkl. Energie-und Wasserzählern sowie Steuerung. Alle Komponenten sind aufeinander abgestimmt und bilden somit eine plug and play – Energiebox pro Wohneinheit, die zusätzlich unsichtbar in einer Zwischenwand bzw. mit einer Verkleidung als Vorsatzausführung verbaut wird. Dadurch ergeben sich auch vollkommen neue Ansätze für den nachhaltigen Wohnbau, der durch seine Flächenoptimierung Raumverluste für Technik vermeiden möchte.

betrieb, modernste App-gestützte Regeltechnik usw. sind selbstverständlich. Das sind die Voraussetzungen, die wiederum effizienteste Bedingungen für Wärmepumpenanlagen ermöglichen. Das macht eine Photovoltaikanlage mit optimierter Eigenstromnutzung äußerst profitabel und sehr interessant für verschiedenste Contractingmodelle. Das absolute Highlight einer Wärmepumpenversorgung besteht allerdings darin, dass im Sommer mit dem gleichen Anlagensystem auch gekühlt werden kann. Zusätzlich ermöglicht eine Wärmepumpe in Verbindung mit traditionellen Wärmeerzeugern bzw. Fernwärme, als Hybridanlage verbaut, den Anteil an erneuerbarer Energie zu erhöhen bzw. lassen sich im Betriebsmodus „smart grid“ Stromüberschüsse verwerten. Die “enerboxx®” erhöht auch den Wirkungsgrad von thermischen Solaranlagen aufgrund der direkten Weitergabe von Niedertemperatur ins Wärmeabgabesystem der Wohneinheit. Dadurch sind solare Erträge auch im Winter nutzbar. Die “enerboxx®” ist generell mit allen gängigen Wärmeerzeugern und Verbrauchern kompatibel.

Plug and play Systeme sind die Sicherheit des Bauherrn. Durch die “enerboxx®” mit ihrer wandverbauten, dezentralen Warmwasserbereitung ist effiziente Anlagentechnik im Wohnbau mit all den energetischen Vorteilen überhaupt möglich. Features wie z.B. Leistungsabgabe entsprechend den Leistungsbedarfsanforderungen moderner Gebäudedämmungen (vom Wärmeerzeuger bis zum Verbraucher), Senkung der Verteilleitungsverluste auf ein Minimum, Leistungsanpassung bis hin zur Netzabschaltung bzw. witte- ….Die Zukunft der Wärmeenergie-Versorgung hat rungsgeführte Vorlauftemperaturregelung, Absenk- bereits begonnen.

Future 2016 | ImmoFokus

49


Rubrik

SMATRICS GmbH & Co KG Europaplatz 2 / Stiege 4 / 3.OG 1150 Wien T +43 1 532 24 00 F +43 1 532 24 00-556 09 info@smatrics.com smatrics.com

Z

ulassungszahlen von E-Autos verdoppeln sich, Steuerreform macht E-Mobilität für Unternehmen attraktiver denn je und bei gesetzlichen Rahmenbedingungen spielen Lademöglichkeiten für E-Autos bereits eine gewichtige Rolle. Wer E-Mobilität bei Immobilien mitdenkt, hat die deutlich besseren Karten.

350.000 Bestellungen des neuen Tesla Modell 3 innerhalb weniger Tage beweisen eindrucksvoll, dass das Thema E-Mobilität nicht mehr aufzuhalten ist. Rund 9.000 E-Autos waren Ende des 1. Quartals 2016 in Österreich zugelassen, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. Laut einer Studie von Generali würden 55% der befragten Österreicher beim Kauf des nächsten Autos auf ein Fahrzeug mit Alternativ-Antrieb umsteigen, in Norwegen machen E-Autos bereits heute rund 20% der Neuzulassungen aus. Neben dem Willen zu mehr Nachhaltigkeit und steigendem Umwelt- und Verantwortungsbewusstsein gilt auch die mit 1.1.2016 in Kraft getretene Steuerreform als Turbo für die Elektromobilität in Österreich. Sowohl Unternehmen als auch Mitarbeiter profitieren von den Auswirkungen. Dazu gehören die volle Absetzbarkeit von E-Autos von der Vorsteuer, der Wegfall von NoVa und motorbezogener Versicherungssteuer oder die neue Sachbezugsregelung: null CO2-Emmission bedeutet null Euro Sachbezug. Bis zu 480 Euro netto spart sich ein Angestellter im Monat, das sind rund 6.000 Euro netto im Jahr. Eine große Chance für die Immobilienwirtschaft Das wachsende Interesse an Elektromobilität ist ein wesentlicher Punkt für Immobilienentwickler und Bauträger, diese Thematik bei künftigen Projektplanungen zu berücksichtigen. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Wer elektrisch fährt, ist auf die entsprechende Ladeinfrastruktur angewiesen, unterwegs genauso wie zuhause oder im Büro. Wohnungen, Bürogebäude, Gewerbeimmobilien wie beispielsweise Shoppingcenter werden daher nicht nur Ladeinfrastruktur, sondern gesamthafte Ladelösungen benötigen, denn die Anforderungen der Nutzer sind vielschichtig: von der einzelnen Wallbox bis zur vernetzten Multiplatz-Lösung mit unterschiedlichen Kapazitäten.

50

ImmoFokus | Future 2016

Eine gesamthafte Ladelösung stellt nicht nur die Attraktivität der Immobilie sicher, sondern letztlich auch eine Konformität mit der Bauordnung. In Bundesländern wie in Niederösterreich, Steiermark, Wien, Oberösterreich bestehen bereits heute gesetzliche Anforderung hinsichtlich Ladeinfrastruktur. So muss bei der Ausgestaltung von Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge dafür Vorsorge getroffen werden, dass Stellplätze (auch nachträglich) mit Ladepunkten bzw. Ladestationen ausgestattet werden können. Konkret heißt das, dass jede Abstellanlage mit mehr als 50 Stellplätzen mit Ladeinfrastruktur ausgestattet sein muss. In Niederösterreich – und dieses Modell gilt als Vorreiter und Vorbild für andere Bundesländer - betrifft dies auch Wohngebäude und andere nicht-öffentliche zugängliche Abstellanlagen mit mehr als 10 bzw. 12 Stellplätzen. Ladepartner mit Know-How und Erfahrung: SMATRICS Pionier SMATRICS hat als erster Anbieter Österreich mit einem flächendeckenden Netz an Ladestationen ausgestattet und bestätigt: „Elektroautofahrer haben sehr unterschiedliche Bedürfnisse beim Laden ihrer Fahrzeuge“, bringt es Dr. Michael-Viktor Fischer, Geschäftsführer von SMATRICS, auf den Punkt. „Die Bandbreite reicht von Firmen, die mehrere Fahrzeuge gleichzeitig laden wollen, über Mehrparteienhäuser, in denen die Stromkosten den einzelnen Usern zugeordnet werden müssen, bis hin zu Shopping Centern, die für die Ladungen verrechnen wollen. Die Immobilie muss dies als integrativer Bestandteil leisten können, niemand will zusätzlichen Aufwand durch Planung, Installation, Betrieb und Abrechnung der Ladeinfrastruktur“, so Fischer. SMATRICS bietet ein Rundum-Sorglos-Angebot für professionelle Ladelösungen: von der Beratung und Planung der Infrastruktur, über behördliche Genehmigung, Installation und Betrieb bis hin zur Abrechnung der Ladung. „Nachhaltigkeit und Verantwortungsbewusstsein sind keine Trends mehr, sondern für erfolgreiches Wirtschaften unumgänglich. Wer sich diese Eigenschaften auf die Fahnen heften will, kommt an E-Mobilität nicht vorbei“, ist Fischer überzeugt.


BK-Factory Die BK-Factory GmbH entwirft, entwickelt und vertreibt das energiesparende BlueKit® System zur intelligenten Belüftung und Rauchableitung von Aufzugsschächten.

IN AUFZUGSSCHÄCHTEN LIEGT EIN HOHES POTENTIAL ZUR ENERGIEEIN­ SPARUNG

D

as BlueKit-System von BK-Factory ermöglicht signifikante Einsparungen an Heizenergie durch eine bedarfsorientierte Belüftung von Aufzugsschächten.

Das Prinzip des BlueKit ist ebenso simpel wie effizient – Löcher in der Gebäudehülle bedeuten einen Verlust an Wärmeenergie und der Verschluss dieser Öffnungen bringt entsprechende Einsparungen. Die Sicherheitsnormen für Aufzugsschächte schreiben eine ausreichende Frischluftzufuhr zur Entlüftung und eine natürliche Entrauchung vor. Beides erfolgt in herkömmlichen Aufzugsschächten durch eine permanente Öffnung im Schachtkopf. Durch den Kamineffekt im Schacht, welcher die Grundlage dieser natürlichen Entlüftung bildet, führt das zu einem massiven Verlust an Heizenergie. „Die erzielbaren Einsparungen sind signifikant. BlueKit berücksichtigt die tatsächliche Nutzung des Aufzuges zur Erkennung eines hygienischen oder dringenden Lüftungsbedarfes und erfüllt alle Sicherheitsanforderungen. Eine Lüftungseinheit im Schachtkopf regelt die Frischluftzufuhr. Rauchmelder bestimmen gemeinsam mit Luftqualitäts- und Temperaturfühlern, unter Berücksichtigung der Aufzugsnutzung (Panne, Wartung, Fahrt), den Lüftungs- bzw. den Entrauchungsbedarf“, erklärt Wolfgang Schmalzhofer, Regionalmanager der BK Factory GmbH in Österreich.

Seit dem Markteintritt in Österreich Anfang 2014 wurde das System in mehr als 100 Schächten eingebaut. Die Bandbreite der Referenzen reicht dabei von historischen Gebäuden wie dem Stephansdom bis zu anspruchsvollen Neubauprojekten wie dem Quartier Belvedere Center in Wien oder den Neubauten der Uniklinik Innsbruck. Für Wolfgang Schmalzhofer eine Folge von Glaubwürdigkeit und Qualität: „Es freut uns natürlich sehr, dass wir nach relativ kurzer Zeit bereits über so viele herausragende Referenzen in den verschiedensten Bereichen verfügen. Und zwar sowohl im Neubau als auch in der energetischen Sanierung. Unser System kommt in öffentlichen Gebäuden ebenso zum Einsatz wie in reinen Wohnimmobilien. Die Grundlage dafür bildet unser absolutes Bekenntnis zu Sicherheit und Qualität.“ Letztendlich ist die Entscheidung für eine Investition in die Energieeffizienz oft vom tatsächlichen Einsparpotential und der Amortisationszeit abhängig. Die Amortisationszeit beträgt beim BlueKit-System 2-4 Jahre. „Im Bereich der energetischen Sanierungsmaßnahmen ist die Amortisationszeit sehr kurz. Wir können die zu erwartende Amortisationsdauer mit einer speziellen Simulation berechnen, die für Fachleute auch nachvollziehbar ist. Das ist beispielsweise auch im Zusammenhang mit dem Energieeffizienzgesetz wichtig“, bestätigt Wolfgang Schmalzhofer.

WOLFGANG SCHMALZHOFER BK-Factory Regional Manager Österreich

Ein Joint Venture, das es in sich hat Die BK-Factory GmbH ist in Europa Marktführer im Bereich energies­parender Lüftung und Entrauchung von Aufzugsschächten. BK-Factory steht für hohe Innovationskraft, umfassende Service- und Dienstleistungen sowie wegweisende Expertise in der Entwicklung und Produktion von Aufzugsschachtentlüftungs- und Rauchabzugssystemen. Sowohl im Bereich der Energieeffizienz als auch in der Sicherheit von Gebäuden gibt es ständig neue Standards, Entwicklungen, Normen und Anforderungen. BK-Factory versteht sich als Teil dieser Weiterentwicklung und nicht als Anbieter, der dieser hinterherhinkt.

Kontaktdaten: Wolfgang Schmalzhofer Tel.: 0660 375 88 49 Email: wolfgang.schmalzhofer@bk-factory.eu www.bluekit.at

Future 2016 | ImmoFokus

51


Digitalisierung

Minderheitenprogramm Kein Boom beim BIM. Kaum ein Diskussionsabend unter Architekten oder Planern kommt an dem Thema vorbei: Building Information Modeling (BIM). Viele sprechen davon, aber nur einige wenige wenden es tatsächlich auch an. Autor: Eva Brunnsteiner

D „BIM ist irreversible Geschichte. Der Umstieg von Papier auf CAD war ein logischer Schritt, der Schritt von CAD auf BIM ist der nächste.“ Gerald Beck, Raiffeisen evolution

52

ImmoFokus | Future 2016

ie Potenziale von „Building Information Modeling (BIM)“ liegen auf der Hand: Alle Akteure haben Zugriff auf die gleiche Datenbasis, können sich besser koordinieren, Ausführungsvarianten durchspielen und diskutieren, sowie jederzeit Live-Daten zu Kosten, Mengen und Zeitabläufen abrufen. Klingt in der Theorie gut. Fast zu gut. Aber wie sieht es in der Praxis aus? Nutzen die Akteure im Bauwesen heute schon digitale Planungs- und Fertigungsmethoden? Welche Probleme bestehen in den Bauprozessabläufen und welche Chancen sehen die Beteiligten in der Methode des BIM? Der ImmoFokus hat sich umgehört. BIM ausschließlich für Großprojekte?

Antworten auf diese Fragen hat das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (Frauenhofer IAO), mittels einer OnlineUmfrage unter knapp 400 Personen gesucht. Neben Planern und Fachplanern waren ausdrücklich Ausführende und Subunternehmer, die an Schnittstellen im Bauprozess agieren, bei dieser im Sommer 2015 durchgeführten Umfrage zur Teilnahme eingeladen.

Die Kernaussagen der Studie in Kürze: • Jeder fünfte Befragte kennt die Planungsmethode BIM nicht. • Jeder zweite befragte Planer (Generalplaner, Architekt, Fachplaner) arbeitet immer anhand von 2D-Zeichnungen, egal ob analog oder digital. • Bei 29 Prozent der Aufträge zur Fertigung von Bauteilen dienen 2D/3D-Planungsdaten immer oder häufig als Grundlage für ein eigenes Modell. • Jedes dritte Unternehmen mit einem Projektvolumen von über 25 Millionen Euro arbeitet bereits nach der BIM-Methode. Von der digitalen Prozesskette weit entfernt

Von der durchgängig digitalen Prozesskette ist die Baubranche in der Praxis also noch weit entfernt. Die meisten Büros sind mit 2D-Dateien und Papierplänen zufrieden und sehen auch keinen Anlass, sich mit anderen Planungsmethoden zu befassen – auch auf-


„Das ist eine Frage der Zeit. Österreich kann sich dem internationalen Trend nicht verschließen.“ Stephan Messner, Alukönigstahl

grund der hohen Softwarekosten, die sich die überwiegend kleinstrukturierte Planerlandschaft nicht leisten kann. Doch in Zukunft führt kein Weg an BIM vorbei. Das sehen die Befragten auch selbst so und fürchten, dass es bei öffentlichen Aufträgen schon bald gesetzliche Vorschriften diesbezüglich geben könnte. Je eher sich die betroffenen Unternehmen also mit der Thematik befassen, desto besser. Denn nur wer die Planungsmethode richtig einführt und nutzt, kann auch das volle Potenzial der 4D- und 5D- Planung entfalten und verliert nicht den Anschluss an die digitale Prozesskette der Baubranche. Für Raiffeisen evolution Geschäftsführer Gerald Beck ist BIM, wie er sagt, „irreversible Geschichte. Der Umstieg von Papier auf CAD war ein logischer Schritt, der Schritt von CAD auf BIM ist der nächste. An BIM wird kein Weg vorbeiführen. In Skandinavien und Großbritannien können bei den Baubehörden nur noch Projekte mit BIM eingereicht werden.“ Mit einem eigenen BIM-Projekt kann man beim Developer freilich noch nicht aufwarten. „Wir haben uns überlegt, bei unserem Bürogebäude Square plus in der Muthgasse BIM einzusetzen. Unsere nächsten Gewerbeprojekte werden wir sicher mit BIM machen“, so der Raiffeisen evolution Chef im ImmoFokus Interview (Seite X). In Schweden und Großbritannien sind Gebäude nur mehr mit BIM einreichfähig. „Je

rungspotentiale von bis zu 15 Prozent der Auftragssumme realisiert werden könnten. Die Europäische Kommission schätzt mit 5 Prozent etwas vorsichtiger, kommt damit aber für den gesamten EU-Raum auf beeindruckende 100 Milliarden Euro, die sich jährlich durch den Einsatz von BIM einsparen ließen. Vorteile nicht sichtbar

„Wer BIM verwendet, muss zwar seine Prozesse anpassen, aber nicht die gesamte Firma umbauen.“ Gernot Wagner, PORR Design & Engineering

früher wir dabei sind, desto besser ist es. Wir müssen nicht Frist Mover, aber wir wollen Early Mover sein.“ Ganz ähnlich sieht es Alukönigstahl Prokurist Stephan Messner. „Das ist eine Frage der Zeit. Österreich kann sich dem internationalen Trend nicht verschließen“. Vor allem auch aus Wettbewerbsgründen. Wie viele andere auch sieht Messner ein beträchtliches Einsparungspotential. In Großbritannien geht man davon aus, dass durch BIM Einspa-

„Anscheinend sind die Vorteile, die BIM für die Anwender bietet, bei weitem nicht so offensichtlich wie diejenigen, die CAD damals geboten hat“, meint Bernhard Sommer, Gründer und Leiter des Architekturbüros Exikon arc&dev und Vizepräsident der Architektenkammer. Mit CAD wurde das mühsame Ausbessern von Tuscheplänen Geschichte, das Bemaßen, die Flächenermittlung – der Qualitätsschub und die Effizienzsteigerung waren gewaltig. „Und es wurde auch nicht darüber diskutiert, ob Pläne bei Behörden nur in bestimmten CAD-Formaten abzugeben sein sollten.“ Für Christoph Achammer, ATP Planungs- und Beteiligungs-AG, liegt der Schlüssel im integrativen Gedanken. „Ob auf Papier, Serviette oder Computer, integrierte Planung hilft, Kosten zu sparen und die Effizienz sowie Qualität zu steigern.“ Achammer darf mit Recht als einer der BIM-Pioniere bezeichnet werden. Er hat zwischen 2009 und 2013 alle neun ATPBüros, auch die heimischen in Wien und Innsbruck, komplett auf BIM umgestellt.

Future 2016 | ImmoFokus

53


Digitalisierung

ÖAMTC-ZENTRALE

„Die meisten inter­nationalen Normungs­ ansätze haben häufig Handbuchcharakter, die wenigsten sind normativ.“ Lars Oberwinter, Technische Universität Wien

BIM als Prozess

Für Gernot Wagner, Porr Design & Engineering, geht es darum, BIM nicht als Software, sondern als Prozess zu sehen: „Wer BIM verwendet, muss zwar seine Prozesse anpassen, aber nicht die gesamte Firma umbauen.“ Bei PORR ist BIM besonders in der Kalkulation und der Angebotslegung ein wichtiger Faktor. Änderungswünsche können heute mit Hilfe von BIM leichter vorgenommen und es kann auch schnell festgestellt werden, ob sie den Budget- und Zeitrahmen sprengen. Ob BIM überhaupt eingesetzt werden soll, ist für Wagner jedenfalls eine Topmanagement-Entscheidung. „Wenn sich ein Unternehmen für BIM entschließt, müssen viele strategische Entscheidungen getroffen werden“, erläutert er. Wo wird es in der Organisation aufgehängt, welche Programme werden verwendet, welche Ziele damit verfolgt und welche IT-Landschaft benötigt? „Eine der größten Hürden für BIM ist die im Kopf“, findet Wagner. Daher sei es besonders wichtig, auch das richtige Personal zu finden. IT-Landschaft muss adaptiert werden

Gebraucht würden Freigeister und nicht Leute, die in alten Denkmustern verharren. Auch die IT-Landschaft müsse adaptiert werden, da alle am BIM-Prozess Beteiligten standortunabhängig auf die jeweiligen Anwendungen zugreifen können müssen. Bei PORR wird dafür an einer Cloud-Lösung gearbeitet. Derzeit plant der Konzern ein

54

ImmoFokus | Future 2016

Stadion für die Fußballweltmeisterschaft in Katar. BIM hilft dabei, abzuschätzen, ob Entwürfe nicht nur planbar, sondern auch umsetzbarbar sind und welche Unterstützungsmaßnahmen notwendig sind, um Zeit- und Budgetvorgaben einzuhalten. Dass die Daten zuverlässig und stets aktuell sind, dafür sind aber schlussendlich alle Akteure selbst verantwortlich - ein Risiko. Für Wagner steht fest: „BIM lebt nur davon, wie gut es gefüttert wird. Außerdem gibt es derzeit verschiedene Softwarevarianten, die untereinander nicht kompatibel sind. Ich glaube aber, dass dieses Problem bald gelöst sein wird.“ Die vielen noch offenen Punkte sind für den bei der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) für Datenmanagement und CAD zuständigen Gerald Adamec Ursache für das Nichtrichtig-Fuß-Fassen von BIM. „Die Vorteile sind vor allem in der gesteigerten Qualität, dem geringeren Baurisiko, der aktuelleren Baufortschrittsplanung, der guten Kostentransparenz, der besseren Terminsicherheit, der hohen und umfassenden Datenqualität und dem As-Built-Modell (kein Unterschied zwischen geplanter und tatsächlicher Ausführung) zu sehen.“ Noch offene Fragen betreffen die Einbindung von KMUs in den Planungsprozess und die Haftungen bzw. Urheberrechte im BIM-Prozess. Ungelöst sei zudem, wie zu sanierende Bestandsobjekte in das BIM-System eingebracht werden können.

Die neue ÖAMTC- Zentrale in Wien Erd­ berg umfasst nicht nur Büroflächen mit Konferenz- und Schulungsräumen für 800 Mitarbeiter, sondern auch ein Call­ center, einen technischen Stützpunkt mit Kundenzentrum sowie einen Heliport. Die Aufgabenstellung lautete, auf 27.000 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche ein Begegnungs- und Servicezentrum für Mitarbeiter entstehen zu lassen, das außerdem Wachstum und Veränderung problemlos zulässt. Gerade die komplexe Gebäudegliederung und die varianten­ reiche Planung ließen die Idee reifen, ein 3D-CAD-Modell aufzusetzen. Pichler & Traupmann, die Gewinner des Architektur­ wettbewerbs, haben sich mit dem ZT Büro FCP – Fritsch, Chiari & Partner zusammen­ getan, um bei diesem Projekt BIM in der Praxis umzusetzen. Letztendlich sprachen auch prozessorientierte Faktoren dafür, wie Fehlervermeidung durch paramet­ risch koordinierte Dokumente, hinfällige Nachführung von Fassaden und Schnitten, automatische Massenauszüge, mitgelie­ ferte Stücklisten und Raumbuch. Auch für die Beurteilung allfälliger bauli­ cher Ein- und Auswirkungen, eine OnlineVisualisierung, die Simulation von Bau­ physik und Windlast sowie die natürliche und künstliche Belichtungssimulation war dies von Bedeutung. Der Anfang der Zusammenarbeit wird von den Projekt­ partnern als nicht ganz leicht beschrieben, galt es doch, den Workflow und die Kom­ munikation gegenseitig abzustimmen, aber auch zu definieren, wie das 3D-CADModell aufgebaut wird, damit alle am glei­ chen Datenmodell arbeiten können.


„Die Frage der Wettbewerbs­ einschränkungen bei öffentlichen Ausschreibungen ist ungeklärt.“ Gerald Adamec, Bundesimmobiliengesellschaft (BIG)

ÖNORM A6241 als internationaler Vorreiter

„Die meisten internationalen Normungsansätze geben einen guten Einblick in die BIM-Arbeitsweise und haben häufig Handbuchcharakter. Aber nur die wenigsten sind normativ“, so Lars Oberwinter von der Technischen Universität Wien. Das zweiteilige österreichische Regelungswerk hingegen schon. Eine seiner Besonderheiten: Der ASI Merkmalserver. Dabei handelt es sich um eine umfangreiche Online-Datenbank, in der die Struktur der Eigenschaften von Bauelementen und Materialien beschrieben ist. Der Kern der A 6241-2 ist ein in der Nutzung kostenfreier Server, in dem sämtliche verfügbaren Objekte samt ihrer Merkmale und der Projektphase der verpflichtenden Verfügbarkeit abgebildet sind. Oberwinter: „Das Ziel der ÖNORM A6241 ist, den Modellier- und Planungsaufwand in frühen Phasen zu minimieren und den geometrischen Detaillierungsgrad gering zu halten.“ Im internationalen Vergleich nimmt die österreichische Norm heute bereits eine Vorreiterrolle ein. Die verabschiedete Richtlinie 2014/24/EU zum Vergaberecht sieht vor, dass „bis 2016 alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Nutzung von BIM bei der Realisierung von öffentlich finanzierten Bau- und Infrastrukturprojekten fördern sollen und diese genauer spezifizieren sowie verpflichtend anordnen können. Großbritannien, die Niederlande, Dänemark, Finnland und Norwegen schreiben die Nutzung von BIM bei öffentlich finanzierten Bauvorhaben bereits vor.“ n

Future 2016 | ImmoFokus

55


Digitalisierung

News von der Betonfront

Trends und Forschung

Autor: Eva Brunnsteiner

L

aut einer UN-Prognose werden 2 050 70 Prozent von geschätzt 9,3 Milliarden Erdbewohnern in Städten leben. Bis dahin sollen sich die globalen CO2-Emissionen neutral verhalten. So wurde es jedenfalls auf der Weltklimakonferenz 2015 in Paris festgehalten. Stellt sich die Frage, was unsere Immobilien, unser Bauen und unsere Baustoffe dazu beitragen können? Betonkanus - Innovation kennt keine Grenzen

Seit 1986 findet jedes Jahr eine BetonkanuRegatta in Deutschland statt. Die Idee stammt ursprünglich aus den USA und wurde vom Bundesverband der Deutschen Zementindustrie e.V. erstmals initiiert. Alles geht auf das Jahr 1848 zurück, als Joseph-Louis Lambot das erste mit Drahtgitter bewehrte Betonboot baute – und es als Patent einreichte.

56

ImmoFokus | Future 2016

Die Geschichte des Stahlbetons beginnt mit einem Betonboot und setzt heute mit Textilbeton fort. Wohin die Entwicklung geht, ist noch nicht abzusehen. Jedenfalls gibt es bis heute kaum ein Betonkanu in der Regatta, das nicht mit Textilbeton bewehrt ist. Erwähnenswert ist die Technische Universität Graz, die das leichteste Betonboot in der 30-jährigen Geschichte der Regatta baute. Bei 5,39 Metern Länge wiegt das Boot mit einer Wandstärke von 1 bis 3 mm nur 16,65 Kilogramm. Der Betonspachtelmasse mit Textilgelege wurde Blähglasgranulat als Leichtzuschlag beigemengt. Den präzisen Formenbau erledigte ein Roboter. Stellt sich die Frage, warum so ein Betonboot denn schwimmt? Eigentlich sollte das sofort


Ultra High Performance Concrete ist die neue Generation der Betone. Er besteht aus Zement und lokal verfügbaren mineralischen Ressourcen. untergehen. Und eine Regatta? Alles geht zurück auf Archimedes. Den griechischen Gelehrten, der das sogenannte „archimedische Prinzip“ erfand. Übertragen auf die Schifffahrt bedeutet das, dass ein Schiff durch das Verdrängen des Wassers Auftrieb erhält. Da nun die mittlere Dichte eines Schiffes geringer als die Dichte von Wasser ist, schwimmt es an der Oberfläche. Und das gilt natürlich auch für Boote aus Beton. UHPC – Hochleistungsbeton

Ultra High Performance Concrete ist die neue Generation der Betone. Er besteht aus Zement und lokal verfügbaren mineralischen Ressourcen. Das Material lässt sich leicht verarbeiten, bildet Texturen im Nanometerbereich ab, nimmt Pigmente auf, verhält sich mechanisch wie Stahl und Keramik und ist überaus effektiv und ökonomisch einsetzbar.

Nur ein Bruchteil der gewohnten Betonmassen werden benötigt. Die Spannweite der Produkte ist außergewöhnlich: Vom Brückenbau bis zur Tableware ist alles möglich. Spektakuläre Beispiele für UHPC-Realisierungen sind die Fondation Louis Vuitton in Paris oder das MuCEM in Marseille, Frankreich. UHPC von Ductal mit organischer oder metallischer Faserbewehrung erlaubt filigranste Strukturen und schlankeste Konstruktionen. Der feinporige Beton bildet jede Gussform präzise ab, ist wasser- und luftdicht und zeigt verbesserte Resistenzen gegen Chemikalien. Es hat sechs Jahre für 120 Architekten gedauert, um die Fondation Louis Vuitton nach den Plänen von Frank Gehry zu bauen. Alle „Glassegel“ werden von 16.000 UHPC-Panelen gehalten. Beton und leicht – zwei Gegensätze ziehen sich an?

UHPC und textile Armierungen sind hochaktuelle Themen. „3D-biaxiale technische Textilien sind ein neuer Werkstoff für eine

Future 2016 | ImmoFokus

57


Future Trends

TOUCHE CRETE – CONDUCTIVE CONCRETE.

neue Zeit“, so Roy Thyroff, General Manager der V. Fraas Solutions in Textile GmbH. „Ein Werkstoff, der sowohl hinsichtlich seiner gestalterischen Freiheiten als auch in ökologischer Hinsicht neue Maßstäbe setzt. Formen, die in Stahlbetonausführungen nicht denkbar waren, lassen sich dank textiler Armierungen nun realisieren. Filigran und gleichzeitig stabil - und all das bei einem erheblich geringeren Materialeinsatz. Unsere Umwelt wird es uns danken! Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich 2- und 3-D-Textilien als Betonbewehrung am Markt durchsetzen werden. Wir stehen kurz vor der ABZ, der allgemeinen Bauzulassung. Ein Meilenstein, der für viel Aufmerksamkeit sorgen wird.“

BEST PRACTICE: Denkmalgeschütztes Stahlbeton-Tonnendach in Zwickau

Für die Konstruktion aus dem Jahr 1903 war die Tragfähigkeit nach heutigen Normen nicht nachweisbar. Herkömmliche Methoden der Verstärkung kollidierten jedoch mit den Vorgaben des Denkmalschutzes. Durch den Einsatz von Textilbeton konnte die Tragsicherheit wiederhergestellt werden, ohne die komplexe, filigrane Bauwerksgeometrie sichtbar zu beeinträchtigen. Was wäre wenn...

Leichter und schneller Bauen

Ein großes Zukunftspotential liegt in Textilbeton. Der signifikanteste Vorteil von textilbewehrtem Beton ist sein deutlich geringeres Eigengewicht und die Möglichkeit, wesentlich dünnere Bauteile herzustellen. Eine innovative Textilbewehrung hat die Firma V. Fraas Solutions in Textile GmbH mit dem 3D-Textil SITgrid entwickelt, das auf einem neuartigen Wirkverfahren basiert. Der besondere Vorteil für die Herstellung von Betonfertigteilen liegt in der Reduzierung der Arbeitsschritte beim Betonieren und Einlegen der Textilbewehrung. Im Vergleich zu 2D-Textilbewehrungen in mehreren Lagen wird bei 3D-Textilen ein genauerer Abstand der beiden drucksteif miteinander verbundenen Textillagen ermöglicht.

58

ImmoFokus | Future 2016

Die Gestaltungsmöglichkeiten mit 3D-textilbewehrtem Beton sind vielfältig: Ein Hauptanwendungsgebiet sind Betonfassadenelemente, die sich durch geringes Eigengewicht, geringe Dicke und extrem hohe Biege-, Zug- und Schlagfestigkeiten auszeichnen. Ein großer Vorteil für die energetische Fassadensanierung, da bei gleich starkem Fassadenaufbau eine stärkere Dämmung eingesetzt werden kann. Weitere Einsatzgebiete ergeben sich u.a. in der architektonischen Gestaltung von Räumen und Objekten im öffentlichen, halböffentlichen und privaten Bereich – von Stadt-, Garten und Objektmöbeln über Bänke, Treppen und Balkone bis hin zu Kunstobjekten. Aber auch maßgeschneiderte Lösungen für Überdachungen und Wetterschutz sind mit 3D-textilbewehrtem Beton realisierbar.

„3D-biaxiale techni-

sche Textilien sind ein neuer Werkstoff für eine neue Zeit.“ Roy Thyroff, V. Fraas Solutions in Textile GmbH.

SONNENSTROM AUS BETON.


Beton + Textil = Neuheit

Die ARGE Grasser Murero macht Beton weich, biegsam und formbar. Fasern und Textilien mischen bei der Neuheit mit. Ideal für Möbel und mehr. Beton dominiert die eigenen vier Wände und bietet die Basis für unseren Lebensraum. Was bei Wohnung, Haus oder Büro als selbstverständliches Material wahrgenommen wird, stellt bei Gegenständen wie etwa Möbeln, Tischplatten oder Waschtischen für die meisten noch ein Novum dar. Dies will die ARGE GRASSER MURERO mit ihrer Produktinnovation nun ändern. Durch die neuartige Technik der Einbettung unterschiedlicher Textilstoffe und Fasern in den noch nassen Beton wird aus einem starren ein flexibles Material. Das bedeutet, Kunden und Kundinnen bekommen die Möglichkeit, nach ihren eigenen Wünschen Interieur-Gegenstände aus Beton zu gestalten und somit einen bereits etablierten Baustoff neu zu entdecken. Das Unternehmen kann mit seinem Knowhow für eine bis dato unbekannte Formvielfalt sorgen und durch die zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten Beton als Kreativmaterial in neuem Glanz erstrahlen lassen.

NACHGEFRAGT BEI...

Philip Hadl, Institut für Betonbau der TU Graz ImmoFokus: Herzliche Gratulation zum Sieg bei der Betonregatta. Aber wie kommt man als TU Graz auf die Idee, bei einer Betonregatta mitzumachen? Philip Hadl: Mein Forschungsgebiet ist die Materialentwicklung. Für die Betonbootregatta wurde ein spachtelbarer Leichtbeton entwickelt und eine bestehende UHPC-Rezeptur angepasst. Mit unserem Boot – dem leichtesten Kanu in der Geschichte der Betonkanus – sind wir in der freien Klasse angetreten. Dass wir gewonnen haben, freut uns natürlich sehr. Angepasste UHPC-Rezeptur: Was darf man darunter verstehen? Als spezielle Entwicklung der TU-Graz wurde mit Hilfe einer Kunststoffbewehrungsmatte mit Mikrokunststofffasern trotz der sehr geringen Wandstärke von zwei bis drei Millimetern eine wasserdichte Schale erreicht, sodass kein Wasser eindringen konnte. Wie kann man das konkret beim Bauen einsetzen? UHPC-Hochleistungsbeton gibt es seit gut 15 Jahren. Mittlerweile gibt es an vielen Universitäten eigene UHPC-Rezepturen für verschiedenste Anwendungen. Diese Betone haben vor allem Potential für filigrane Konstruktionen und architektonische Bauten. Der Leichtbeton der TU Graz ist ein etwas festerer Leichtbeton, mit einer Druckfestigkeit von 40 bis 50 N/Quadratmillimeter. Das hat Potential in Verwendung für Wände von Wohngebäuden.

DysCrete – Sonnenstrom aus Beton

„Wir waren die ersten, die das Verfahren von Michael Grätzel, ETH Zürich, angewendet haben. 2021 soll DysCrete die Produktebene erreichen“, betont Thorsten Klooster, Projektleiter Forschung der Universität Kassel. Die Buchstabenfolge DYSC der titelgebenden Wortschöpfung steht für den englischen Ausdruck Dye Sensitized Solar Cell (farbstoffsensitivierte Solarzelle), das Kürzel „-crete“ steht für den Werkstoff Beton.

Fotos: Bengt Stiller, Klussmann – Klooster

Strom zu produzieren, stand am Beginn des DysCrete-Projekts. Die dazu nötigen Solarzellen werden Bestandteile von industriell gefertigten Betonmodulen. Als Anwendungsbereiche sind Produktionshallen, Büro- und Wohngebäude gedacht. Systeme wie die Farbstoffsolarzellen stehen für neuartige Techniken und Verfahrensvarianten. Neu ist, dass die Solarzellen nicht wie bisher üblich an der Fassade und am Dach angebracht werden, sondern direkt im Bauelement. Die ersten Prototypen wurden schon vorgestellt.Wieviel der Baustoff in der industriellen Produktion kosten wird, können die Forscher noch nicht sagen. n

Future 2016 | ImmoFokus

59


Rundruf

„Das sagt die Wissenschaft“

Die Immobilienwirtschaft steht vor neuen Herausforderungen und muss sich dem Wandel der Gesell­ schaft fügen. Doch was wäre die Zukunft der Immobilienwirtschaft ohne Forschung & Lehre? Der ImmoFokus hat sich an den Fachhochschulen Österreichs umgehört und Experten nach Ihrer persönlichen Meinung gefragt.

60

1

Die Immobilienwirtschaft wird sich in den nächsten Jahren deutlich verändern; oder wird die Immobilienwirtschaft geändert werden? Welchen neuen Herausforderungen muss sich die Immobilienwirtschaft stellen?

2

Digitalisierung verlangt neue Workflows und eine Neuausrichtung der Prozesse. Wo steht aus Ihrer Sicht die Immobilienbranche in Sachen Digitalisierung? Ist sie den Kinderschuhen entwachsen? Muss sie den Vergleich zu anderen Branchen – zum Beispiel Automobilindustrie - scheuen?

3

Was sind Ihre persönlichen drei Megatrends in der Immobilienwirtschaft?

ImmoFokus | Future 2016


Klemens Braunisch

Christian Heschl

FH Wien der WKW Studiengangsleiter Immobilien­ wirtschaft

FH Burgenland, Gebäudetechnik und Gebäudemanagement Studiengangsleiter, Laborleitung Energie-Umweltmanagement

Otto Bammer FH Wien der WKW Institutsleiter Immobilienwirtschaft

Peter Sittler

FH Wien der WKW Stiftungsprofessor Immobilien­ wirtschaft

1

Gebäude bleiben immobil, aber Menschen und die Gesellschaft haben sich bereits erheblich verändert – dieser Prozess beschleunigt sich eher noch. Die raschen Veränderungen in der Immobilienbranche betreffen nicht nur rechtliche, wirtschaftliche und technische Themen, auch anlagenbezogene Geschäftsprozesse wandeln sich immer mehr zu informationsbezogenen Geschäftsmodellen, bei denen das Management von Daten und Informationen im Mittelpunkt steht. Die persönliche Information und Kommunikation kann und soll aber niemals ersetzt werden.

2

Die Digitalisierung läutet in vielen Bereichen der Immobilienwirtschaft eine nachhaltige Veränderung ein. „Industrie 4.0“ ist ein Begriff, „Immobilie 4.0“ nicht. Die Branche - und speziell Österreich - hat im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen und Ländern erheblichen Aufholbedarf. Darum haben wir am Institut im Rahmen der Stiftungsprofessur für Immobilienwirtschaft auch einen Forschungsschwerpunkt zu diesem Thema etabliert, um aktuelle Entwicklungen und Perspektiven aufzuzeigen. Unsere jeweiligen Studienpläne berücksichtigen bereits aktuelle Entwicklungen – und werden in Zukunft noch mehr in diese Richtung weiterentwickelt.

1

Rahmenbedingungen wie die Digitalisierung und das damit verbundene Verschwinden von klar definierten Industriesektorgrenzen beeinflussen und prägen natürlich auch die Immobilienwirtschaft nachhaltig. So wird das Büro der Zukunft andere Anforderungen haben und die heute noch weit verbreiteten Büroformen ersetzen. Der Einzelhandelsimmobilienmarkt wird durch die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien gänzlich neu ausgerichtet. Zudem schafft der technologische Fortschritt neue Möglichkeiten der Individualisierung und somit auch neue Bedürfnisse am Wohnbaumarkt.

2

Bei den großen Bau- bzw. Technologiekonzernen ist bereits eine entsprechende, klare, strategische und technologische Ausrichtung deutlich erkennbar. Natürlich sind Bauprojekte nicht mit der Herstellung von Automobilen vergleichbar. Bauprojekte sind alleine aufgrund der verschiedenen Nutzeranforderungen, Bauordnungen und Brandschutzanforderungen wesentlich individueller. Zudem ist der Aufwand für eine detaillierte, gewerkeübergreifende Planung, die eine systematische Ableitung optimierter logistischer Prozesse ermöglicht, nicht zu unterschätzen und erfordert interdisziplinäres Know-how mit lokalen Branchenkenntnissen. Berücksichtigt man die Schnittstellenproblematiken und die individuellen Voraussetzungen jedes einzelnen Bauprojekts sind einige Unternehmen schon recht weit.

3

Digitalisierung, Individualisierung und Nachhaltigkeit.

3

Building Information Modeling (BIM) betrifft den kompletten Lebens­ zyklus und verbessert Planung, Bau und Bewirtschaftung von Immobilien, Big Data wird zu Smart Data und wesentlicher Erfolgsfaktor in der Immobilienwirtschaft, Augmented-Reality (AR) und Virtual-Reality (VR) werden die Vermarktung von Immobilien nachhaltig verändern.

Future 2016 | ImmoFokus

61


Rundruf

Christian Huber

FH Kufstein Studiengangsleiter Bachelor Facility Management & Immobilienwirtschaft, Master Facility- & Immobilienmanagement, Institutsleiter Facility Management & Immobilienwirtschaft

1

Die Immobilienwirtschaft ist Teil einer sich ändernden Gesellschaft und Teil der sich ändernden Industrie. Dennoch sind unsere Produkte immobil und bestehen deutlich länger als aufkommende Trends. Genau darum müssen Immobilien anpassbar und veränderbar bleiben. In der Entwicklung und dem Betrieb wird die Digitalisierung noch stärker Einzug halten. Dabei muss aus meiner Sicht jedoch kritisch hinterfragt werden, welche Digitalisierung tatsächlich auch zu einer besseren Performance über die gesamte Lebensdauer der Immobilie führt. Nicht alle aktuellen Digitalisierungstendenzen sind dringend notwendig. Als große Herausforderung sehe ich den Trend zur Individualisierung und Personalisierung unserer Gesellschaft. Dies hat starken Einfluss auf die Immobilien, in denen wir leben, arbeiten und unsere Freizeit verbringen. Das Individuum steht im Fokus. Hier muss sich die gesamte Immobilienbranche noch deutlich entwickeln. Eine gute Möglichkeit ist das Zuhören und Fragen nach den individuellen Bedürfnissen der Immobilienkundinnen und -kunden. Ich beziehe mich hier nicht nur auf die Eigentümerinnen und Eigentümer, sondern bewusst auch auf die Endverbraucher.

2

In der Immobilienbranche werden auch in Zukunft Prototypen entwickelt. Und dies ist gut so: Immobilien sind für einen bestimmten Zweck, einen bestimmten Ort und für eine bestimmte NutzerInnenschaft gestaltet und werden dafür betrieben. Auch wenn Flexibilität eine wichtige Immobilien-Eigenschaft ist. Hier geht es nicht um Masse, sondern um exzellente Abstimmung auf diese jeweils spezifischen Anforderungen. Daher ist die Immobilienbranche aus meiner Sicht anders als andere Branchen und kann mit diesen nicht verglichen werden. Dennoch könnte eine noch stärkere Digitalisierung erfolgen. Hier gilt es aber, kritisch die tatsächlichen Errungenschaften der anderen Branchen zu beleuchten und – wenn möglich – als Transfer im Immobilienbereich einzusetzen. Gerade im digitalen Workflow gibt es einige gute Ansätze, die auch für eine breite Masse anwendbar wären.

3

- Stärkere Personalisierung und Fokussierung auf die Kundenzufriedenheit

- Sinnvolle Analyse der Datenflut - Stärkere Vernetzung von Facility Management & Immobilienwirtschaft, Entwicklung & Betrieb, Wirtschaftlichkeit & Design Besonders im Bereich Kundenzufriedenheit und Datenanalyse bearbeitet mein Institut aktuell Forschungs- & Entwicklungsprojekte, die zur Zeit in der Branche große Beachtung finden. Siehe auch http://fmi.fh-kufstein.ac.at

62

ImmoFokus | Future 2016

Christian Polzer

FH Campus Wien Studiengangsleiter Green Building

1

In der Immobilienwirtschaft, speziell in der Planung und im Bau der Immobilien, wird der Einfluss des nachhaltigen Bauens immer größer. In Zukunft wird das Gebäude über die Lebenszykluskosten und nicht mehr über die Errichtungskosten bewertet.

2

Derzeit ist die Automobilindustrie der Bauindustrie in Sachen Digitalisierung noch voraus. Jedoch wird in Zukunft die Immobilienbranche stark aufholen, Stichwort BIM, integrale Planung, modulares Bauen etc.

3

Green Building, BIM


Michael Weintögl FH Wiener Neustadt

1

Die Immobilienwirtschaft ist zum einen ständig Änderungen unterworfen, da je nach der wirtschaftlichen Entwicklung unterschiedliche Produkte (Büros, Mietwohnungen, Eigentumswohnungen, Investitionsobjekte, Logistikimmobilien etc.) nachgefragt werden. Einschneidende Änderungen wird es durch die Digitalisierung aller Lebens­ bereiche geben. Insbesondere das Suchen und Finden von Immobilien, das Zusammenkommen von Anbietern und Nachfragen von Wohn-und auch von Büroraum wird sich entscheidend ändern.

2

In den Bereichen der Bewirtschaftung von Immobilien sowie ihrer wertmäßigen Beurteilung und Erfassung ist die Digitalisierung immer weiter auf dem Vormarsch; Insbesondere Wohnraum ist allerdings ein sehr individuelles Produkt und kann weder in der Herstellung noch im Betrieb oder im Vertrieb mit automotiven Produkten verglichen werden. Dennoch wird der Online-Vertrieb von Immobilien weiter stark zunehmen. Neue Geschäftsmodelle sind im Entstehen. Dies bedeutet aber nicht, dass nicht weiterhin fachliche Expertise und umfassende Marktkenntnisse von außerordentlicher Bedeutung sein werden.

3

- Nachfrage nach leistbarem Wohnraum (kleinere Einheiten, einfachere Bauweisen, am Rande von Ballungsräumen) wird weiter zunehmen.

- Beratungsleistungen werden viel bedeutender werden (in allen Immobilienbereichen). Vermittlerleistungen werden an Bedeutung einbüßen. - Multifunktionale Immobilien (Nutzung z.B. als Logistik- aber auch als Retailimmobilie) werden Immobilien mit singulärer Nutzung ablösen.

Future 2016 | ImmoFokus

63


Future Trends

Umweltverträglich, zukunftsfähig, ganzheitlich Environmental Product Declarations & Co. als Wegweiser nachhaltigen Wirtschaftens? Autor: Philipp Kaufmann

D

ie Vision der Weltklimakonferenz 2015 in Paris: Das Ende des fossilen Zeitalters durch den Ausstieg aus der Nutzung nicht erneuerbarer Brennstoffe. Die Halbierung des globalen Ausstoßes klimaschädlicher Gase bis zur Hälfte des Jahrhunderts als ambitionierter Ansatz zur Kehrtwende in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung. Nun ist aktives Handeln gefragt. Die konkrete Umsetzung einer nachhaltigen, ökologischen Entwicklung bleibt in der Verantwortung eines jeden von uns, sowohl Unternehmer als auch Konsument. Insbesondere der Bausektor, verantwortlich für mehr als ein Drittel der anthropogen ausgestoßenen Treibgase, nimmt eine Schlüsselrolle in Bezug auf Ressourcenverbrauch und die Minderung der Folgen der globalen Erwärmung ein.

„You can’t manage what you don’t measure“ Peter Drucker Ökologische Umweltwirkungen zu erfassen und zu managen, gewinnt zunehmend an Bedeutung und ist in vielen Vorreiterunterneh-

64

ImmoFokus | Future 2016

men bereits Alltag. Etablierte Tools wie Ökobilanzen helfen Entscheidungsträgern dabei, ihre unternehmens-, produkt- und gebäudebezogenen Umweltwirkungen zu quantifizieren und die gesamte Wertschöpfungskette im Sinne einer ganzheitlichen Lebenszyklusbetrachtung zu optimieren. Die Ökobilanz betrachtet die Folgen für die Umwelt, die über den Lebenszyklus eines Produktes, Systems oder einer Aktivität entstehen. Dabei werden alle Tätigkeiten von der „Wiege bis zur Bahre“, der Herstellung der Rohstoffe, der Weiterverarbeitung, der Nutzung und dem Lebensende (Recycling, thermische Verwertung, etc.) berücksichtigt. Resultat daraus sind unter anderem Umweltproduktdeklarationen (EPDs; engl. Environmental Product Declarations). Diese standardisierten Dokumente basieren auf Ökobilanzen und stehen für die verlässliche Berechnung und transparente Kommunikation der lebenszyklusbezogenen Umweltleistung eines Produktes. Vergleichbar mit einem umweltbezogenen Handout, präsentiert eine EPD die Umweltwirkung des Produktes sowie zugrunde gelegte Annahmen und Methoden. Die Qualität der veröffentlichten Umweltinformationen wird durch einen strikten Prüfprozess, in dem unabhängige Dritte die durch Spezialisten wie Daxner & Merl, thinkstep und anderen erstellten Ökobilanzen genau durchleuchten, gewährleistet.


Die Ökobilanz betrachtet die Folgen für die Umwelt, die über den Lebenszyklus eines Produktes, Systems oder einer Aktivität entstehen.

natural resources

manufacturing

transport

end of life

reuse

use

EPDs zu erstellen wird zunehmend leichter. Innovative Ansätze in der Berechnung der Ökobilanz führen zu erheblicher Effizienzsteigerung. Die Zukunft liegt in der Weiterentwicklung der Systeme hin zu einer zunehmenden (Semi-) Automatisierbarkeit der Ökobilanzierung durch durchdachte Modelle und die Optimierung der Schnittstellen zwischen den Datenbanksystemen und verfügbaren Softwaretools. Klimawandel und Co. – ein Set an Umwelt­ indikatoren

Ökobilanzen stellen ökologische Indikatoren als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung. Dabei werden der Beitrag zur globalen Erwärmung, Versauerung von Böden und Gewässern, übermäßiger Nährstoffeintrag (Überdüngung) und Sommersmog sowie der gesamte lebenszyklusbezogene Wasserbedarf und Energieeinsatz bewertet. Neben diesen international anerkannten Kriterien sind

Indikatoren für weitere zentrale Themen wie Biodiversität und Landnutzung in Entwicklung. Die Fülle an Indikatoren zur Betrachtung der Spuren der heutigen Gesellschaft im Ökosystem Erde spiegelt dessen Komplexität direkt wieder. Eine nachhaltige Entwicklung im ökologischen Sinne ist somit nur unter der Voraussetzung einer möglichst umfassenden Betrachtung verschiedener potentieller Umweltwirkungen möglich. Durch die differenzierte Analyse verschiedener Faktoren lässt sich die Verschiebung der Umweltlast im System Erde von einer bekannten Umweltbelastung zu Ungunsten anderer, nicht erfasster Umweltmedien vermeiden. Damit können natürliche Grenzen in der Verfügbarkeit von Ressourcen und Landfläche erkannt und Strategien für unternehmerisches Risikomanagement, die Nutzung branchenübergreifender Synergien und politische Entscheidungen entwickelt werden.

Der Durchbruch der EPDs im Bausektor

Insbesondere im Bausektor ist der Durchbruch geschafft: in der öffentlichen Beschaffung stellen Umweltproduktdeklarationen bereits einen unverzichtbaren Faktor bei der Auftragsvergabe dar. Um ein möglichst gutes Nachhaltigkeitszertifikat – Platin, Gold oder Silber - für das eigene Gebäude zu erreichen, stellen EPDs für immer mehr Bauherren, Projektentwickler und Planer die Entscheidungsgrundlage im Vergabeprozess dar. Gebäudezertifikate, wie das der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI), der Partnerorgnisation der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), bewerten unter anderem die ökologische Gebäudequalität über die Umweltleistung des Gebäudes unter Betrachtung aller verbauten Baumaterialien, der Instandhaltung, der Nutzungsphase und des Rückbaus. Die produktbezogene Umweltwirkung der verbauten Produkte findet in Form von EPDs direkt Eingang in die Nachhaltigkeitsbewertung des gesamten Gebäudes. Somit kann die in den Umweltproduktdeklarationen enthaltene Information erst im Gebäudekontext unter Zusammenwirken der einzelnen Komponenten wirklich beurteilt werden. Produkt-Gebäude-Stadt-Region: Regionalplanung der Zukunft

Über den Gebäudekontext hinaus bieten Umweltproduktdeklarationen bzw. die Nutzung lebenszyklusbezogener Umweltinformation die Grundbausteine für das Material- und Ressourcenmanagement der Zukunft. Umfassende Materialdatenbanken, die basierend auf den Informationen aus der Gebäudezertifizierung die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft ökologisch und ökonomisch verträglich

Future 2016 | ImmoFokus

65


Future Trends

Therese Daxner Die Lebenszyklusbetrachtung als neuer Blickwinkel eröffnet eine völlig neuartige Herangehensweise an das operative Unternehmensmanagement, moderne Innovationsprozesse und die Abläufe im eigenen Unternehmen.

unterstützen, sind die Zukunftsvision einer effizienten (raumplanerischen) Ressourcenwirtschaft. In Zeiten der raschen Zuwachsraten gigantischer Großstädte und damit einhergehender Umweltprobleme ist es eine optimierte Stadtentwicklung, die die Lebensqualität der Menschen erhalten muss. Ökobilanzen als Instrument zur Abbildung der ökologischen Folgen regionaler Entwicklungen und Quantifizierung raumplanerischer Erfolge können dabei in Zukunft einen essentiellen Beitrag zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung leisten. Umweltproduktdeklarationen sind jedoch nicht ausschließlich auf Materialströme zu beziehen: Auch Deklarationen der ökologischen Auswirkung der Energieversorgung sind bereits veröffentlicht. Die somit zugängliche Umweltinformation kann zukünftig einen wesentlichen Treiber einer postfossilen Energiewende darstellen. Wertschöpfung, Innovation und Eco-Design durch Ökobilanzen

Das Potential der in der Ökobilanz enthaltenen Informationen ist damit bei Weitem nicht ausgeschöpft. So sind es genau jene Daten, die für EPDs gesammelt werden, die auch die Basis für den Umweltfußabdruck von Unternehmen bieten. Der unternehmensbezogene Fußabdruck als die Summe der erzeugten Produkte

66

ImmoFokus | Future 2016

bezieht die Umweltwirkungen der gesamten Wertschöpfungskette, der Transporte und des Gebäudebestandes ein. Die Lebenszyklusbetrachtung als neuer Blickwinkel eröffnet eine völlig neuartige Herangehensweise an das operative Unternehmensmanagement, moderne Innovationsprozesse und die Abläufe im eigenen Unternehmen. Ökobilanzen unterstützen darüber hinaus in der Bewertung von Innovationen, die sich

mit dem Schließen der Materialkreisläufe beschäftigen. Die Kreislaufwirtschaft, wie sie in verschiedenen modernen Konzepten wie der circular economy oder cradle2cradle aufgegriffen wird, ist ein wichtiger Baustein einer nachhaltigen Entwicklung. Das Wirtschaften im Kreislauf wird durch das Schaffen möglichst effizienter Synergien zwischen Materialproduzenten in Form einer kaskadischen Nutzung der Materialien möglich. Dabei ist die Lebenszyklusbetrachtung unver-

FACTSHEET EPD EPD

= Umweltproduktdeklaration (engl. Environmental Product Declaration)

= informiert über die Umweltwirkungen, die ein Produkt über seinen gesamten Lebenszyklus hinterlässt.

= basiert auf einer Ökobilanz (Lebenszyklusanalyse; engl. Life Cycle Assessment = LCA)

= ISO 14040, 14044 & EN 15804 konform

= Typ III Verifizierte EPD gemäß ISO 14025

Prominente Programmhalter (exemplarischer Auszug) AT

|

BauEPD GmbH

|

http://www.bau-epd.at

DE

|

Institut Bauen und Umwelt e.V.

|

http://bau-umwelt.de

SWE

|

The International EPD System

|

http://environdec.com


zichtbar. Sie hilft dabei, Systeme zu bewerten, indem sie Umweltlasten, die zum Erreichen der Kreislaufführung nötig sind, dem eingesparten Material und der vermiedenen Umweltbelastung gegenüber stellt. In einer globalisierten Welt fließen Materialund Stoffflüsse auf übergeordneter Ebene. So ist die Ergänzung der ökobilanziellen Betrachtung durch die globale Analyse der Stoff- bzw. Materialflüsse eine Notwendigkeit, um die Potentiale und Grenzen der Kreislaufwirtschaft in Zukunft zu beurteilen. Auch aktuelle Normensysteme wie die ISO 14001:2015 setzen in ihrer überarbeiteten Version vermehrt auf die Lebenszyklusbetrachtung. Indirekte Emissionen in der Lieferkette gewinnen zunehmend an Wichtigkeit für das betriebliche Umweltmanagement. Es sind transparent berechnete Umweltkennzahlen, die Möglichkeiten für Optimierungsprozesse, in der Nachhaltigkeitsberichterstattung und die Positionierung als nachhaltige Marke bieten und in Zukunft wahre Wettbewerbsvorteile schaffen. Durch den Fokus auf die gesamte Wertschöpfungskette ergeben sich zukunftsweisende Möglichkeiten in der Bildung von Kunden-LieferantenBeziehungen und der Intensivierung der Kundenbindung durch den Austausch produktbezogener Umweltkennzahlen, wie sie in EPDs enthalten sind.

Letztlich ist es eine ganzheitliche Verschränkung der umweltbezogenen Leistung auf Unternehmens-, Produktund Gebäudeebene, die in Zukunft auf dem Markt zu erwarten ist.

Es ist die ganzheitliche Betrachtung über die gesamte Wertschöpfungskette, die grundlegendes Erfordernis und durch die transparente Kommunikation fundierter Umweltinformation wettbewerbsentscheidend sein wird. So wie die Übersicht und Kontrolle über die Finanzbuchhaltung für Unternehmen, Regionen und Staaten selbstverständlich sind, wird es in Zukunft unumgänglich, Stoff- und Materialströme zu erfassen und zu managen. Die Ökobilanz als innovatives Instrument zur Quantifizierung ökologischer Kennzahlen liefert quantitative, lebenszyklusbezogene Umweltinformation auf allen Ebenen und kombiniert diese miteinander: Material – Produkt – Unternehmen – Gebäude – Stadt – Region. n

EPDs stehen für die verlässliche Berechnung und transparente Kommunikation der lebenszyklusbezogenen Umweltleistung eines Produktes.

FACTSHEET DAXNER & MERL

Umweltinformation für alle

Dabei ist es nicht nur der Markt, der lebenszyklusbezogene Umweltinformation fordert. Im Rahmen der Environmental Footprint Initiative der europäischen Kommission wird auf Ökobilanzen (engl. life cycle assessment) gesetzt. Ziel der Initiative ist es, bis 2020 einen harmonisierten Rahmen für die Kommunikation der umweltbezogenen Produkt- und Unternehmensleistung an KonsumentInnen zu schaffen. Dabei gilt es, in Zukunft große methodische und politische Hürden zu bewältigen. Betrachtet man den Bausektor, so ist es insbesondere die Harmonisierung der erarbeiteten Resultate mit den bestehenden EPD-Programmen, die eine Herausforderung der nächsten Zeit darstellt. Die Ökobilanz liegt als gemeinsamer Nenner und zentrales Instrument der Zukunft allen Systemen zugrunde.

Adolf Merl

www.daxner-merl.com

Mit Sitz in Wien, bietet Daxner & Merl strategische Beratungsleistungen im Bereich Unternehmens- und Produktnachhaltigkeit, Nachhaltigkeitsberichterstattung, im nachhaltigen Lieferantenmanagement sowie im nachhaltigen Bauen. Zentrales Instrument zur Berechnung der Umweltwirkungen von verschiedenen Systemen stellen dabei Ökobilanzen dar. • Kernkompetenzen: • Nachhaltiges Bauen – Gebäudezertifizierung (ÖGNI: DGNB und BlueCard, ) • Umweltproduktdeklarationen (EPDs) • Ökobilanz-Studien (LCA) • Semi-automatisierte Ökobilanz-Modellierung (GaBi Software) • Externe Prüfung

Future 2016 | ImmoFokus

67


Future Trends

Mikrowohnungen

Klein, kleiner, am kleinsten

Autor: Erika Hofbauer

MICROWOHNUNG – MILESTONE. MILESTONE ist die neue Homebase in Wien für Studierende

E

s wird eng: Städte, vor allem Wien, wachsen immer schneller, Ein- und Zweipersonenhaushalte werden immer mehr, hohe Bau- und Grundkosten machen Wohnraum zunehmend teuer. Der Ausweg: Mikrowohnraum.

Für Hans Jörg Ulreich von Ulreich Bauträger sind Mikrohäuser bzw. -wohnungen sowohl Trend als auch die Zukunft – mit Einschränkungen: „Das gilt nur in den Ballungsräumen. Am Land bleibt das Einfamilienhaus an erster Stelle.“ Der urbane Trend – mehr Singlehaushalte, teure Grundkosten – ist Realität, „daher liegt man mit kleineren Wohnungen natürlich

68

ImmoFokus | Future 2016

richtig“, so Ulreich. Architekt Jakob Dunkl von querkraft architekten beschreibt den Trend so: „Kleinere Wohneinheiten werden derzeit von allen Bauträgern gefordert. Das ist aufgrund der Leistbarkeit leider eine unabwendbare Entwicklung.“ Er hält diese allerdings für unsinnig: „Wenn eher unwichtige Dinge wie Autos und Fernsehbildschirme immer größer werden, dann sollten Wohnungen nicht die gegenteilige Richtung einschlagen. Es muss politische Weichenstellungen geben, finanzielle Mittel in Richtung Wohnbau zu verschieben. Wir sind eine wohlhabende Gesellschaft - warum soll ausgerechnet beim Wohnen gespart werden?“


Leistbarkeit als Treiber

Wohnbauforscher Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) hat eine mögliche Antwort: „Wohnungen sind keine elektronischen Gadgets, wo immer mehr in immer kleineren Geräten untergebracht werden kann. Der Haupttreiber sind Preise und Leistbarkeit.“ Für die Kunden haben Quadratmeterpreise immer weniger

Fotos: Milestone Österreich GmbH

„Das gilt nur in den Ballungsräumen. Am Land bleibt das Einfamilienhaus an erster Stelle.“ Hans Jörg Ulreich, Ulreich Bauträger

Bedeutung, erläutert Amann, viel wichtiger ist die Gesamtmiete: „Man sieht sich sein Budget an und legt fest, wie viel für Wohnen aufgewendet werden kann. Dann schaut man, wie viel Platz man dafür bekommt“, erkennt auch Amann dies als Thema der Ballungsräume. Denn: „Bei Häusern funktioniert das anders. Die werden - zumindest im Durchschnitt - immer größer und nicht kleiner. Mikrohäuser sind hier eher ein Ausdruck von Lebensstil.“ Klar im Trend sieht auch Developer Hannes Horvath, Geschäftsführer der Hand GmbH, das Thema Mikrowohnraum: „Für Zielgruppen, die mit wenig Budget zentral wohnen wollen, wie z.B. Studenten oder Singles aller Altersgruppen, gab es viel zu wenig Angebot. Diese Zielgruppen werden nun von diesen neuen innovativen Produkten bedient.“ Außerdem: „Im Moment steigen die Grundstücks- und damit auch Wohnungspreise. Gleichzeitig sinkt die Kaufkraft der größten Nachfragegruppe – der guten alten Mittelschicht. Die logische Konsequenz sind kleinere und damit notwendiger Weise auch durchdachtere Wohnungsgrundrisse.“ Architekt Thomas Hayde will das Phänomen Mikrowohnungen weniger als Hype, sondern als eine neue, kreative Form des Wohnens für eine gewisse Zielgruppe sehen: „Immer mehr Menschen ziehen in Städte, da ergeben sich neue Anforderungen an das Wohnen. Smartwohnungen waren hier der erste Trend, nun folgen die Mikrowohnungen. Allerdings soll man deren Bedeutung im Hinblick auf den gesamten Wohnbau nicht überbewerten.“ Ähnlich sieht dies auch Jörg Wippel. Der „Wohnbau-Rebell“ und Geschäftsführer der wohngut Bauträger GmbH sieht den Trend zu Klein- und Kleinstwohnungen weniger als Hype, denn als so natürliche wie notwendige Reaktion auf gegenwärtige Realitäten: „Die Wohnkosten steigen stärker als die Löhne, die Singlehaushalte nehmen nach wie vor zu und die Pro-Kopf-Wohnfläche ist in den letzten Jahrzehnten so hybrid gewachsen, dass es höchst an der Zeit ist, hier auf die Bremse zu steigen.“ Grundsätzlich ist für ihn der Trend zu Mikrolösungen ein richtiger und nachhaltiger Weg. Allerdings braucht es dafür auch intelligente Planungsansätze: „Kleinstwohnungen sollten nicht deshalb billiger sein, weil sie eben klein sind. Sinnvoll wäre es, auch bei den Errichtungskosten smarte Lösungen zu finden. Denn wir brauchen

„Kleinere Wohneinheiten werden derzeit von allen Bauträgern gefordert. Das ist aufgrund der Leistbarkeit leider eine unabwendbare Entwicklung.“ Jakob Dunkl, querkraft architekten

speziell in Wien dringend günstigen Wohnraum für die steigende Anzahl einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen.“ Derzeit gehe nämlich auch die Produktion von Kleinwohnungen an diesen Gruppen vorbei, ist Wippel überzeugt. Er schlägt vor, sich vom Gemeindebau der 50er Jahre inspirieren zu lassen: „Die durchschnittliche Wohnungsgröße damals betrug rund 58 Quadratmeter. Die Raumorganisation war ökonomisch determiniert, die Wohnungen verfügten oft über keinerlei Freiflächen wie Balkone oder Gärten, dafür über großzügige Grünflächen in und um die Anlagen.“ Vor allem der letzte Punkt zeigt für Wippel, was bei der Planung von Mikrowohnungen besonders wichtig ist: „Das Wohnumfeld – (halb-)öffentliche Räume in guter Qualität, die auch das „Wohnen im Draußen“ attraktiv machen und eine gewisse Kompensation für die geringeren Wohnflächen darstellen.“ Gemeinschaftsräume notwendig

Dieser Ansatz wäre auch für Bauträger Ulreich Beispiel für gelungene Mikro-Wohnprojekte: „Der größte Irrglaube ist es, wenn man klein mit minderwertig oder schlecht ausgestattet verwechselt. Es muss sich natürlich auch bei Mikroprojekten für mich um qualitativ sicheren und hochwertigen Wohnraum handeln, ausgestattet mit ökolo-

Future 2016 | ImmoFokus

69


Future Trends

INNENAUSSTATTUNG MILESTONE..

gischen Materialien und Features, Licht und gutem Grundriss. Es braucht Gemeinschaftsräume, wie zum Beispiel Waschküchen oder gemeinsame Freiflächen, Fahrradkeller und Ähnliches.“ Für Wohnbauforscher Amann ist es wichtig, „dass die Dinge zusammenpassen. Wenn solche Mini-Apartments im gehobenen Sektor angeboten werden, muss die Ausstattung passen und vor allem die Lage. Für die neuen Urban Professionals ist U-Bahnnähe ein absolutes Muss. Mit knausrigen Produkten am Trend mitzunaschen wird höchstens kurzfristig klappen. Längerfristig halst man sich mit unstimmigen Produkten hohe Risiken auf.“ Auch Architekt Dunkl sieht die kreative Herausforderung darin, Menschen, die in kleinen Wohnungen leben, Gemeinschaftsräume anzubieten, die für ein kommunikatives Zusammenleben förderlich sind. Freilich ortet er zugleich die Probleme: „Will man bei Mikro-Unterkünften die Wohnbereiche großzügig anlegen und daher die Nebenräume besonders klein ausführen, so ist dies aufgrund der Vorschriften zur barrierefreien Ausführung, also der Nutzbarkeit für Rollstuhlfahrer, nicht möglich. Ein weiteres Problem sind die hohen Kosten pro Quadratmeter: Auch sehr kleine Wohnungen benötigen nämlich die gleiche haustechnische Ausstattung wie Bad, Küche, WC und alle elektrischen Ausstattungen wie großzügige Einheiten.“

70

ImmoFokus | Future 2016

Architekt Hayde will sich (noch) nicht zu einer Bewertung von guten oder schlechten Mikro-Projekten hinreißen lassen, nur so viel: „Grundsätzlich sehe ich Mikro-Angebote als eine neue kreative Form des Wohnens für gewisse Zielgruppen, die die gängigen Wohnungsangebote ergänzen.“ Er ist auch von einer guten sozialen Durchmischung überzeugt, die man erzielt, wenn in einem Wohnbau neben Mikrowohnungen auch größere Wohnformen vorhanden sind: „Einen großen Wohnblock nur mit Mikrowohnungen halte ich für keine gute Lösung.“

Problembereiche bei Mikrowohnraum

Wo sehen die Wohnexperten generell Probleme beim Thema Mikrowohnraum? Bauträger Ulreich: „Naja, im Moment hinkt das Gesetz dem Trend wieder hinterher. Alles unter 30 Quadratmetern ist im Neubau laut Wiener Bauordnung keine Wohnung und im Altbau nicht Kategorie A! Es macht also im Moment wenig Sinn, kleiner als 30 Quadratmeter zu bauen.“ Wohnbauforscher Amann formuliert es so: „Für den Vermieter bedeutet der Trend, dass die deutlich gestiegenen Kosten für Grund- und Baukosten leichter am Markt un-

„Wir verändern uns als Gesellschaft – das betrifft auch unsere Wohnbedürfnisse. Die Frage ist daher, ob das, was wir heute für lange Zeit in Stahlbeton gießen, auch morgen noch funktioniert.“ Hannes Horvath, Geschäftsführer der Hand GbmH


„Kleinstwohnungen sollten nicht deshalb billiger sein, weil sie eben klein sind. Sinnvoll wäre es, auch bei den Errichtungskosten smarte Lösungen zu finden.“ Jörg Wippel, Geschäftsführer der wohngut Bauträger GmbH

tergebracht werden können. Aus Mietersicht sind diese neuen Marktprodukte die Antwort auf eine schnelllebige Welt, in der man nicht weiß, wo und mit wem man im kommenden Jahr leben wird.“ Hand-Geschäftsführer Horvath ortet eher einen parallel verlaufenden Trend, der problematisch werden kann: Nämlich teureren Grundstückspreisen einfach mit lieblosen kleineren Wohnungen zu entgegnen. „Wir verändern uns als Gesellschaft – das betrifft auch unsere Wohnbedürfnisse. Die Frage ist daher, ob das, was wir heute für lange Zeit in Stahlbeton gießen, auch morgen noch funktioniert.“ Es werden viele kleine Wohnungen gebaut, die sich einfach nur an der Leistbarkeit orientieren, so Horvath. Die Flächen werden auf Basis heutiger Bedürfnisse, teilweise sogar möbliert, einfach reduziert, fühlt sich Horvath an die „P2-Grundrisse der DDR der 60er Jahre“ erinnert: „Gut durchdacht, millionenfach kopiert, Wohnungsknappheit gedämpft. Diese Plattenbauten sind bis heute soziale Brennpunkte.“ Thomas Hayde sieht zwar keine direkten Probleme in Sachen Mikrowohnungen, eher ein Ansichtsproblem, denn: „Die Mieten sind aufgrund der geringen Quadratmeter niedriger. Allerdings muss einem auch klar sein, dass

„Man sieht sich sein Budget an und legt fest, wie viel für Wohnen aufgewendet werden kann. Dann schaut man, wie viel Platz man dafür bekommt.“ Wolfgang Amann, Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW)

die Baukosten nicht „billiger“ sind. Es müssen selbstverständlich alle nötigen Bau-Standards eingehalten werden und es kommen erhöhte Kosten schon dadurch zustande, dass man z.B. anstelle von fünf Toiletten jetzt auf derselben Ebene zehn Toiletten aufgrund des geringeren Wohnraums einbauen muss. Die niedrigere Miete erzielt man über den geringeren Wohnraum.“ n

„Einen großen Wohnblock nur mit Mikrowohnungen halte ich für keine gute Lösung.“ Thomas Hayde, Architekt

Future 2016 | ImmoFokus

71


Digitalisierung

Das Haus hört zu

Wie Spracherkennung die Heimautomatisierung vereinfacht Autor: Uwe Fischer

K

annst Du bitte das Licht etwas zurückdrehen und Musik auflegen? Es war ein ziemlich stressiger Tag, und ich möchte mich etwas entspannen!“ Heute richtet sich der Wunsch noch an den liebevollen Partner oder Mitbewohner, in naher Zukunft könnte ihn das intelligente Haus gleich selbsttätig erfüllen. Spracherkennungssysteme, wie sie heute schon in jedem besseren Handy implementiert sind, sollen künftig auch die Kontrolle über das Smart Home übernehmen. Erste Lösungen sind in den Vereinigten Staaten bereits auf dem Markt, und auch wenn diese Anwendungen momentan noch etwas holprig erscheinen, geht die Entwicklung zügig voran. Reale Welt liefert keine strukturierten Daten

So arbeitet man bei IBM seit einigen Jahren eifrig an dem Projekt Watson, einer künstlichen Intelligenz, mit deren Hilfe es in Zukunft möglich sein wird, in ganz normaler Umgangssprache mit Maschinen zu kommunizieren. „Bisher mussten Computersysteme für alle Aufgaben programmiert werden und sie konnten nur mit strukturierten Daten wie Tabellen, Datenbankeinträgen oder Ähnlichem umgehen“, erläutert Marcus Kottinger,

72

ImmoFokus | Future 2016

der Watson-Experte bei IBM Österreich, die Hintergründe des so genannten „kognitiven Computing“. Die reale Welt liefert aber keine strukturierten Daten – die Menschen kommunizieren untereinander in natürlicher Sprache, bei der Grammatik und Redewendungen ebenso entscheidend für eine Aussage sind, wie Humor und Ironie. Und all das lernt Watson sukzessive zu verstehen. Der Computer erkennt nicht nur die einzelnen Wörter als solche, sondern setzt diese auch in Kontext zu den anderen Wörtern, analysiert die Sätze grammatikalisch, strukturell und sucht nach Zusammenhängen - Watson versucht damit, die Absicht hinter dem Gesagten zu erkennen und darauf eine logische Antwort zu entwickeln. Und das mit dem Hintergrund, in Sekundenbruchteilen auf praktisch das gesamte Wissen der Welt zugreifen zu können. Internet of Things

Vor allem in Verbindung mit dem vielzitierten „Internet of Things“, der Vernetzung von Geräten und Gegenständen unterschiedlichster Art und Herkunft, soll kognitiven Systemen wie Watson in Zukunft eine immer größere Bedeutung zukommen.


„Ihr Haus spricht mit Ihnen und Sie mit ihm.“ Marcus Kottinger, IBM Österreich

„In einem digital vernetzten Gebäude, egal ob Büro, Fertigungsstandort oder Wohnung, interagieren unterschiedliche Systeme und bieten so den maximalen Komfort für die Bewohner“, schildert Kottinger. „Mit Systemen wie IBM Watson kann das Home Automation System selbständig die Präferenzen der Person im Raum erkennen und darauf reagieren und sie ermöglichen eine Interaktion in natürlicher Sprache. Einfach gesagt: Ihr Haus spricht mit Ihnen und Sie mit ihm.“ Und die Zukunft, die Marcus Kottinger da schildert, liegt in gar nicht mehr so weiter Ferne. Der Online-Händler Amazon etwa bietet seinen US-amerikanischen Kunden seit ein paar Monaten ein zylinderförmiges, etwa 25 Zentimeter hohes Device namens „Amazon Echo“ an, das an einem zentralen Punkt in der Wohnung aufgestellt wird und auf Zuruf reagiert. Es liefert dem Benutzer dann beispielsweise einen Wetterbericht, liest ihm seine nächsten Kalendereinträge vor oder es schaltet das Licht ein und aus und lässt die Jalousien herunter. Alexa, wie das Gerät im Sinne der Vermenschlichung auch genannt wird, soll, wenn es nach den Entwicklern geht, zu einem „Familienmitglied“ werden, mit dem man plaudern kann, das einem beim Frühstück erzählt, was in der Welt gerade geschieht, und das den Benutzer darauf aufmerksam macht, dass auf dem Weg zur Arbeit ein Stau ist und dass es günstig wäre, eine halbe Stunde früher aufzubrechen. Vor allem aber soll Alexa den Anwender beim Online-Shopping unterstützen: Man muss nur seinen Wunsch äußern und automatisch wird bei Amazon ein entsprechender Bestellprozess angestoßen. In der ersten Phase gilt dies nur für digitale Güter, sprich: man kann sprachgesteuert Musik, Videos und elektronische Bücher einkaufen, später soll das System jedoch auch auf andere Waren ausgeweitet werden. Der Vorteil für den Händler liegt auf der Hand: Kaufentscheidungen werden auf diese Weise viel spontaner getroffen, als wenn man sich erst vor den PC setzen, sich einloggen und dann eine Bestellung eintippen muss.

Das amerikanische Startup-Unternehmen Ivee hat ebenfalls ein solches Spracherkennungssystem entwickelt, das allerdings, da es an keinen Großkonzern wie Amazon gebunden ist, sondern durch Crowd Funding finanziert wird, wesentlich offener und flexibler sein soll. So kann Ivee nachträglich in eine bereits bestehende Smart Home-Umgebung eingebunden werden und mit Geräten verschiedenster Hersteller kommunizieren. Damit kann das System beispielsweise auch Heizung und Klimaanlage kontrollieren. Wie Alexa ist auch Ivee – gesprochen wie Ivy – ein Mädchen. Die Entwickler denken allerdings bereits darüber nach, auch eine männliche Version auf den Markt zu bringen. Das Gerät selbst sieht aus wie eine kleine Stabantenne und ist Multiroom-fähig, das heißt, bei Bedarf kann in jedem Zimmer ein solches Device installiert werden, sodass man überall und jederzeit mit Ivee plaudern kann.

IVEE IS YOUR PERSONAL VOICE ASSISTANT. Ivee kann nachträglich in eine bereits bestehende Smart Home-Umgebung eingebunden werden und mit Geräten verschiedenster Hersteller kommunizieren. Damit kann das System beispielsweise auch Heizung und Klimaanlage kontrollieren.

Future 2016 | ImmoFokus

73


Digitalisierung

Amazon Echo ist ein FreisprechLautsprecher, den Sie mit Ihrer Stimme steuern können.

Alexa spricht nur amerikanisches Englisch

So wie Alexa versteht auch Ivee vorerst nur amerikanisches Englisch. Während man sich bei Amazon noch bedeckt hält, ob und wann das System auch außerhalb der USA verfügbar sein wird, verkündet man bei Ivee stolz, die Geräte schon in Bälde praktisch in die ganze Welt zu verschicken. An der Implementierung anderer Sprachen und Akzente wird bereits gearbeitet. Tüftler können ein derartiges System übrigens auch selbst realisieren: So findet man im Internet Bau- und Programmieranleitungen, wie man das Spracherkennungssystem von Google, das auf praktisch jedem AndroidHandy läuft, für die Steuerung eines Home Automation Systems zweckentfremden kann. Für den Normalanwender sind derart komplexe Anwendungen freilich nur schwer bis gar nicht zu realisieren, aber sie beweisen zumindest, dass sich der finanzielle Aufwand für die Hardware in Grenzen hält – immerhin soll das Ganze sogar mit einem Raspberry Pi, einem nur knapp 30 Euro teuren MiniaturComputer, funktionieren. Der wahre Wert der Anwendung liegt freilich in der Logik dahinter, sprich in der Software – und in der Intelligenz, die all das verwaltet und die viel

74

ImmoFokus | Future 2016

zu mächtig ist, um – zumindest nach dem heutigen Stand der Technik – in irgendeinem Gerät, das direkt beim Anwender steht, Platz zu finden. Und dort liegt auch das größte Problem, das freilich nicht verschwiegen werden darf und das allen derartigen Lösungen anhaftet: Die Spracherkennung erfolgt nicht in den kleinen Gerätchen, die im Haushalt stehen, egal, ob sie Alexa oder Ivee heißen oder selbst zusammengebaut wurden, sondern irgendwo in einem großen Rechenzentrum in der Cloud. Cloud heißt Wolke und es liegt nun einmal in der Natur einer Wolke, nicht wirklich greifbar zu sein. Natürlich versprechen die Anbieter der Services alle nur erdenkbaren Sicherheitsmaßnahmen und garantieren höchste Einhaltung der Privatsphäre, aber der Endverbraucher selbst hat keine Möglichkeit, zu kontrollieren, was mit seinen Daten tatsächlich geschieht. Er muss darauf vertrauen, dass das Automation System wirklich nur dann zuhört, wenn es von seinem Besitzer dezidiert dazu aufgefordert wird, und dass die Technologie nicht für einen umfassenden Lauschangriff, von welcher Seite her er auch immer kommen möge, missbraucht wird. n


WELCOME TO THE NEXT LEVEL! www.realcircle.at


Digitalisierung

Wie Hightech den Handel vorantreibt Die immer stärkere Urbanisierung verlangt nach neuen Handelskonzepten. Autor: Uwe Fischer

M

it einer immer älter werdenden Gesellschaft geht eine immer stärkere Urbanisierung Hand in Hand: In Erwartung einer besseren Infrastruktur und einer besseren Gesundheitsversorgung zieht es ältere Menschen vom Land in die Städte; die Jungen wiederum wittern in der Stadt bessere Ausbildungschancen und bessere Arbeitsmöglichkeiten, ganz abgesehen vom Kultur- und Unterhaltungsangebot, für das man gerne auf die ruhige, friedliche Landidylle verzichtet.

Versandhandel boomt am Land

Mit der Kaufkraft der Bevölkerung zieht sich auch der Handel sukzessive aus dem ländlichen Bereich zurück. Der gute alte Dorfgreißler ist eine vom Aussterben bedrohte Art, es ist heute durchaus normal, zwei oder drei Ortschaften weiter fahren zu müssen, um die wichtigsten Dinge für den täglichen Bedarf einkaufen zu können und auch Zustelldienste sind auf dem Land rar gesät.

76

ImmoFokus | Future 2016

„Lieferservice lohnt sich in Agglomerationen mit kurzen Wegen eher als auf dem Land“, schildert Thomas Harms, Spezialist für Einzelhandel und Consumer Produkte bei Ernst & Young, in seiner Analyse „Die Magie der Megacities“. Die kurzen Wege, gepaart mit einer relativ hohen Nachfrage, machen es möglich, dass sich frische und leicht verderbliche Ware in der Stadt heute schon binnen Minuten liefern lässt. Mit der ausgedünnten stationären Versorgung boomt auf dem Land dafür der Versandhandel und das mit steigender Tendenz. Ein Teufelskreis, der wiederum auf die regionale Wirtschaft zurückschlägt: Wenn man schon seine Waren über das Internet bestellen muss, dann wird man nicht mehr den nächstgelegenen, sondern den kostengünstigsten Anbieter wählen. Gefühl von Komfort und Zufriedenheit

Martin Schulz, Senior Economist am Fujitsu Research Institute in Tokio, beobachtet ak-


reale Geschäfte mit ihrer eigenen Corporate Identity und ihrem individuellen Flair wie in einem echten Einkaufszentrum präsentieren. Rakuten stellt die technologische Infrastruktur zur Verfügung und bietet den Besuchern die Möglichkeit, von einem Geschäft zum nächsten zu schlendern, für den weiteren Geschäftsablauf sind aber nach wie vor die einzelnen Firmen, die diese Plattform nutzen, verantwortlich.

„Lieferservice lohnt sich in Agglomerationen mit kurzen Wegen eher als auf dem Land.“ Thomas Harms, Ernst & Young

ribisch die Wirtschaftsentwicklung in den asiatischen Riesenmetropolen. Durch das rasante Wachstum der Städte sind eine ausgeklügelte Logistik und höchste Effizienz in so gut wie allen Bereichen des Lebens vonnöten, um die Versorgung nicht nur aufrecht erhalten zu können, sondern der Bevölkerung gleichzeitig das Gefühl von Komfort und Zufriedenheit zu bieten. Da vor allem die Mobilität bei derartigen Menschenmassen – allein im Raum Tokio leben fast 38 Millionen Menschen – eine gewaltige Herausforderung darstellt, ist man bemüht, die Strecken, die zur Erfüllung der Grundbedürfnisse jedes Einzelnen zurückzulegen sind, so kurz wie möglich zu halten.

Ausgereifte Informationstechnologie

Der Grund, weshalb sich ein Hightech-Konzern wie Fujitsu so intensiv mit der Urbanisierung und der Entwicklung von Megastädten beschäftigt, liegt auf der Hand: Um die logistische Herausforderung auch weiter meistern zu können, bedarf es einer ausgereiften Informationstechnologie, die Transportwesen, Einund Verkauf, Gesundheitswesen und Verwaltung sicher und zuverlässig kontrollieren und steuern kann. „Dabei können wir die bereits vorhandenen, über Jahrzehnte gewachsenen Systeme nicht einfach allesamt abdrehen und durch neue ersetzen“, schildert Schulz. „Vielmehr müssen wir neue Plattformen und Strukturen schaffen, auf die man die alten Systeme einfach aufsetzen kann.“

Wobei auch die klassische Mall und der Online-Handel immer stärker zusammenwachsen. Der japanische Online-Händler Rakuten, der seit einigen Jahren auch in Österreich aktiv ist, etwa hat das Konzept der „virtuellen Mall“ ins Leben gerufen, eine Plattform, auf der sich unterschiedliche

Ein typisches Beispiel dafür rollt seit einiger Zeit durch den Cyberport Store im Wiener City Gate: Ein kleiner Roboter, der anstelle eines Kopfes auf einem langen Giraffenhals einen Tablet-PC trägt, rollt durch das Geschäft und bietet den Kunden die Möglichkeit, zusätzliche Informationen zu den Produkten, die sie im Regal sehen, abrufen zu können. Auf den ersten Blick ein etwas riskantes Unterfangen, da der Kunde ja dann auch allfällige schlechte Bewertungen anderer Käufer sehen könnte, da aber in der Realität sowieso heute schon vor jeder größeren Anschaffung im Internet gegoogelt oder in diversen sozialen Netzwerken recherchiert wird, bietet der elektronische Shopping-Assistent dem Interessenten einfach die Möglichkeit, die Informationen, die er sonst über sein Smartphone abrufen würde, gleich vor Ort im Geschäft zu erfragen – und dann gleich dort zu kaufen und nicht vielleicht auf einen anderen Anbieter auszuweichen. Eine Schnittstelle zwischen dem traditionellen, stationären Handel und dem Online-Geschäft stellen übrigens auch die elektronischen Preisschilder dar, die nicht nur bei Cyberport, sondern auch in immer mehr anderen Geschäften die Regale zieren. Wenn sich beispielsweise aufgrund einer Marketingaktion die Preise für ein oder mehrere Produkte ändern, müssen keine neuen Preisschilder mehr geschrieben werden: Es reichen ein paar Mausklicks in der Zentrale und automatisch erscheinen auf den kleinen Displays die neuen, aktualisierten Preise.

„Die Produkte des täglichen Lebens kann man in kleinen Geschäften an praktisch jeder Ecke kaufen, alles andere bezieht man online oder man macht einen Shopping-Ausflug in eine Mall“, beschreibt Schulz den Alltag in der Megacity. Konzept der „virtuellen Mall“

Während es hierbei um Systeme geht, die für den Endverbraucher unsichtbar bleiben und ihr Werk im Hintergrund verrichten, wird der Handel von morgen auch von Technologien geprägt sein, die die Interaktion zwischen den Kunden und den Anbietern von Waren oder Dienstleistungen vereinfachen oder verbessern sollen.

„Der Wettbewerbsdruck, die laufende Innovation und das Internet-Business zwingen uns, Preise schneller anpassen zu können.“ Helmar Hipp, Cyberport-Geschäftsführer

„Der Wettbewerbsdruck, die laufende Innovation und das Internet-Business zwingen uns, Preise schneller anpassen zu können. „Mit dieser neuen Technologie sparen unsere Mitarbeiter kostbare Zeit und können sie besser und konsequenter für gute Kundenberatung und Service einsetzen“, beschreibt Cyberport-Geschäftsführer Helmar Hipp die

Future 2016 | ImmoFokus

77


Digitalisierung

„Wir müssen neue Plattformen und Strukturen schaffen, auf die man die alten Systeme einfach aufsetzen kann.“ Martin Schulz, Fujitsu Research Institute, Tokio

Herausforderung, die durch die sukzessive Verschmelzung der verschiedenen Handelskanäle entsteht. Das Einkaufserlebnis bereichern

Und dann gibt es noch Technologien, die zwar noch in den Kinderschuhen stecken und nur bedingt praxistauglich sind, doch ist dank des technischen Fortschritts damit zu rechnen, dass auch diese in den nächsten Jahren perfektioniert werden. Schon jetzt regen sie zumindest den Spieltrieb an und bereichern damit das Einkaufserlebnis. Dazu zählt etwa der virtuelle Spiegel, der es dem Kunden ermöglicht, verschiedene Kleidungsstücke anzuprobieren, ohne sich tatsächlich umziehen zu müssen. Ein Computer projiziert ein Abbild des jeweiligen Gewandes auf das reale Bild des potenziellen Käufers, so dass dieser gleich erkennen kann, ob der ausgewählte Style überhaupt zu ihm passt. Ob das entsprechende Kleidungsstück tatsächlich richtig sitzt oder an allen Ecken zwickt und zwackt, weiß der Computer freilich nicht – zumindest heute. Vor dem endgültigen Kauf heißt es dann doch noch zur echten Anprobe zu schreiten. Ein derartiges System, wie es etwa die deutsche Human Solutions Gruppe

78

ImmoFokus | Future 2016

präsentierte, erleichtert übrigens auch dem Personal im Geschäft die Arbeit: Die Verkäufer müssen nicht mehr den ganzen Tag über Berge von anprobierten und dann lieblos in eine Ecke geworfenen Kleidungsstücke sortieren und neu zusammenlegen, sondern können sich, wie es so schön heißt, stärker ihrer Kernkompetenz, sprich dem eigentlichen Verkauf von Waren, widmen. Dreidimensionaler Avatar

Das kalifornische Unternehmen Trupik machte aus der digitalen Anprobe sogar eine HandyApp, die derzeit in Indien der große Renner ist: Der Kunde wird bei einem Besuch im Laden aus verschiedenen Blickwinkeln fotografiert, daraus wird ein dreidimensionaler Avatar mit genau den körperlichen Proportionen der echten Person erstellt. Diesen Avatar kann man dann aufs Handy laden und wie eine Anziehpuppe mit verschiedenen Gewändern bekleiden. Hat man sich für ein Teil entschieden, schickt man eine Nachricht an die nächste Filiale – dort kümmert man sich darum, dass das Kleidungsstück genau in der gewünschten Größe herbeigeschafft wird und der Kunde es dann im Geschäft real anprobieren und kaufen kann. n


Ihr regionaler Partner von Welt Verwertung Gewerbeimmobilien Retail Büro Logistik/Industrie Hotel/Freizeit Investment Entwicklung von Investment- und De-Investment-Strategien Portfolio-Analyse Marktbeobachtung Chancen-/Risiko-Analyse Rendite-Optimierung und Risiko-Streuung Entwicklung und Auswertung von Kennzahlen

Die RCG ist Ihr erster Ansprechpartner für gewerbliche Immobilienprojekte in ganz Österreich. Wohnraum-Invest und Verwertung Wohnprojekte Eigentumswohnungen Mietwohnungen Vorsorgewohnungen Service rund um die Immobilie in Kooperation mit dem RE/MAX-Netzwerk Bewertung Marktberichte Hausverwaltung

www.remax-commercial.at office@remax-commercial.at Tel.: +43 (0) 1 90 890 50-0


BTVG Bauträgervertragsgesetz Praxiskommentar, 3., aktualisierte Auflage 2016

Buchtipps

EDITOR´S CHOICE: Lesenswert!

ISBN: 978-3-7073-3425-8 Verlag: Linde Verlag GmbH 308 Seiten 74,00 EUR inkl. MwSt.

Herbert Gartner

Praxisgerechte Kommentierung des BTVG auf dem neuesten Stand Seit Erscheinen der 1. Auflage 2008 hat der OGH zu einigen Problemfällen Stellung genommen und auch im Schrifttum wurden verschiedene Rechtsbereiche des Gesetzes behandelt. Dies hat in weiten Teilen des Kommentars eine entsprechende Überarbeitung und Ergänzung erforderlich gemacht. In der 2. Auflage, die Anfang 2013 erschien, wurden die OGH-Judikatur sowie die bis dahin erschienenen Kommentare und Fachartikel verarbeitet. Die nun vorliegende 3. Auflage wurde neuerlich aktualisiert und auf den „letzten Stand“ gebracht, da eine ganze Reihe von Entscheidungen des OGH veröffentlicht wurden, die für Bauträger und Vertragserrichter ebenso interessant sind wie für die Baufortschrittprüfer und die Finanzierungbanken. Seit 2012 veröffentlichte Fachartikel werden gewürdigt und Kommentarmeinungen besprochen. Das Werk nimmt auch auf die aktuellen Ergänzungen in der ÖNORM B 2120 und im informativen Teil der ÖNORM entsprechend Bezug und bietet somit eine umfassende Hilfestellung für die Praxis.

Praxisleitfaden zu den Anforderungen des KAGB

Risikomanagement für Immobilien und Sachwerte Antoinette Hiebeler-Hasner; Markus Metz ISBN: 978-3-503-15651-1 Verlag: Schmidt, Erich (Deutschland), 2016 130 Seiten

Sachwerte wie Immobilien, Flugzeuge oder erneuerbare Energien gelten als vergleichsweise sicher. Doch sind sie keineswegs per se risikoarm oder gar risikolos. Der Erfolg eines Investments hängt vielmehr davon ab, ob es gelingt, Risiken zu kontrollieren und angemessen mit ihnen umzugehen – mit anderen Worten: Die Qualität des Risikomanagements ist entscheidend. Dieses Buch beschäftigt sich daher mit der Implementierung von Risikomanagementsystemen für Sachwertanlagen. Neben möglichen organisatorischen Strukturen im Risikomanagement findet man

Smart City

Die Zukunft der Stadt Die Stadt neu denken Christoph Stroschein ISBN: 978-3-410-24824-8 Reihe: Beuth Innovation Verlag: Beuth, 2016 300 Seiten

• Checklisten, Merkblätter und zahlreiche Abbildungen, die die Bandbreite des Themas aufzeigen und helfen, ein effizientes Risikomanagement in die Tat umzusetzen.

Der Begriff „Smart City“ steht für die Integration von miteinander kommunizierenden Technologiesystemen in die vorhandene städtische Infrastruktur, um die wachsenden Herausforderungen durch zunehmende Urbanisierung und Klimawandel bewältigen zu können. Zentrales Element dieser Smart Technologies ist die Informationstechnologie, die eine Kommunikation zwischen den einzelnen betroffenen Bereichen und deren Schnittstellen gewährleistet. Dieser erste Band einer geplanten Reihe zu den verschiedenen Ansätzen von „Smart City“ ist als Gesamtbetrachtung angelegt:

Risikomanagement sollte keineswegs nur als notwendiges, vom Gesetzgeber gefordertes Übel verstanden werden. Der richtige Umgang mit Risiken trägt zu einem enormen Mehrwert sowohl für Anbieter von Sachwertanlagen als auch deren Investoren bei.

Er deckt sowohl die Historie, die ökologischen Erwartungen, die neuen Technologien und deren Konvergenzen, die sozialen Aspekte (Nutzer), die Veränderungen der Märkte und Finanzierungsmodelle als auch das Umsetzungsmanagement ab.

• alle wichtigen Methoden der Risikoidentifikation, -bewertung und -steuerung, • Anforderungen des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) und der AIFMRichtlinie, welche auch für Sachanlagen ein professionelles Risiko­ management fordern,

80

ImmoFokus | Future 2016


Priv. Doz. Dr. Barbara Wimpissinger

fachärztin für augenheilkunde

BEI UNS

MIT HEROLD BOOM – BEST OF ONLINE MARKETING: WEBSITES, SUCHMASCHINENMARKETING, SOCIAL MEDIA U.V.M.

Mehr auf www.heroldboom.at

Future 2016 | ImmoFokus

81


r e d n i e i S n e s e L : e b a g s u A n e t s h näc

Vorschau

d ukte – Vorstellung un od Pr ue ne , ln ge Re eue Energieeffizienz. N tneuheiten und die uk od Pr e, el pi is be is Information über Prax markt International: en ili ob m Im am en … führenden Unternehm oFokus Interview mit m Im e oß gr as D – Frankreich

er 2016 m m o S : n i m r ste Erscheinung

Coming soon …

ImmoFokus ist Mitglied bei:

BluePrint - der Transfer zwischen Theorie und Praxis

Impressum:

Media

Medieneigentümer: GNK Media House GmbH, 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10, Tel. +43.1.813 03 46-0, office@media-house.at, www.media-house.at Redaktionsanschrift: Millennium Tower, 1200 Wien, Handelskai 94-96 Geschäftsführer: Ronald Goigitzer, MMag. Philipp Kaufmann, Mag. Michael Neubauer Chefredaktion: Mag. Michael Neubauer Design&Layout: Caroline Abl Lektorat: Ulrike Riedl Autoren dieser Ausgabe: Mag. Andreas Altstädter, Mag. Patrick Baldia, Mag. Eva Brunnsteiner, MMag. Philipp Kaufmann, Jochen Seibert, Mag. Harry Weber, Mag. Michael Zettel Anzeigen: Ronald Goigitzer, Philipp Sturm Fotos: wenn nicht anders angegeben: www.cityfoto.at Druck: Niederösterreichisches Pressehaus Der ImmoFokus wendet sich im Sinne der Gleichstellung gleichermaßen an Frauen und Männer. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit kann es bei den Beiträgen vorkommen, dass nur die maskuline Ansprechform verwendet wird.

Future 2016 | ImmoFokus

82


Aluminium-Fassaden

Von Haus aus effizient.

ALUKÖNIGSTAHL unterstützt mit Schüco Aluminium-Systemen zukunftsorientiert die Optimierung des Energiehaushaltes eines Gebäudes durch exzellente Wärmedämmung bei Fassaden- und Öffnungselementen – bis hin zu Passivhaus zertifizierten Lösungen. Die Kombination mit integrierten Photovoltaikanlagen, systemübergreifender Automation, dezentraler Lüftungstechnik und perfektionierter Sicherheit erhöht zusätzlich den Wirkungsgrad der Systemeigenschaften. Für nähere Informationen bzw. Unterstützung kontaktieren Sie unseren bautechnischen Außendienst: tel 01/98 130-0 oder www.alukoenigstahl.com


Tel. 513 01 52-0 | www.arnold.immobilien

‌ und wo steht Ihr Investment?


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.