Formel-Woche 29/2013

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18. Dezember

Ross Brawn - Das Genie im Porträt

REGLEMENT

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Wie entstehen Formel-1-Regeln? Alessio Picariello - der Champion des ADAC Formel-Masters

Daimler

Die Ă„nderungen der bevorstehenden Saison


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Weihnachtspause für Formel-Woche

Nun sind sie also geschafft, die ersten 29 Ausgaben von Formel-Woche. Nach unserem Relaunch nach etwa der Hälfte im Sommer haben wir das Konzept ein bisschen geändert und sind auf die konstruktive Kritik eingegangen. Weil das ganze Projekt eine Menge Zeit in Anspruch nimmt, haben wir uns dazu entschieden, in den kommenden beiden Wochen keine Ausgaben zu produzieren. Weiter geht es somit im neuen Jahr, am nämlich 8. Januar. Unsere Leser erwartet dann eine umfangreiche Vorschau auf die Rennsaison 2014. Bis dahin wünschen wir frohe Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr. Ferrari

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Inhalt

Mancheiner kann's auch im Winter nicht lassen

News

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Auf dem Sprung in die F3

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Inhalt

Die Besonderheit der Normalität Strategiespiele mit Schumacher Wie werden F1-Regeln gemacht? Sorgen ohne Grund? Budget begrenzt, Startnummern frei, Punkte doppelt Kommt Todt jetzt in Gang? Neues Team ab 2015? Block: Die Formel-1 wird nicht sterben Arbeit nach der Qualifikation Reifenstapel haben ausgedient PÊrez wechsel zu Force India News

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Portrt Ross Brawn

von Johannes Mittermeier Jahrelang galt er als Schumachers Superhirn. Und eigentlich tut er das noch heute, obwohl die ganz großen Erfolge zuletzt ausgeblieben sind. Ross Brawn hat Spuren hinterlassen in der Formel 1. Dass sie weit in die Tiefe reichen, liegt an der imposanten Titelsammlung - aber auch am Mensch.

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ls Michael Schumacher die Boxengasse hinabrollt, lauscht er ganz behutsam der Stimme in seinem Ohr. Es ist dieses Gefühl von angespannter Erwartung und gleichzeitig tiefster Sorge vor dem, was da kommen möge. Wissensdurst und Realitätsangst. Ein schaurig schönes Gemisch. „It‘s looking good“, sagt die Stimme dann, in dieser ruhigen Tonlage, wie sie es immer getan hat, es sieht gut aus. Schumacher aber denkt, dass es nur der sanfte Aufschub vor dem krachenden Scheitern ist, er wartet förmlich darauf, dass die Stimme sich erneut meldet und sagt: „It was looking good“, es sah gut aus. Tatsächlich spricht Ross Brawn kurz darauf ein weiteres Mal ins Teamradio, wieder sachlich-unaufgeregt, und was er zu berichten hat, lässt das Rennfahrerherz seines Lieblingspiloten kurzzeitig in unerforschten Sphären hüpfen: „It is looking bloody good!“ Es sieht verdammt gut aus! Schumacher verlässt die Tempo-80-Zone. Wenige Minuten später ist der Lenker zu Tränen aufgelöst, als er seinem Denker danken will: „You are great, Ross“, schluchzt er in den Funk. Es ist der Tag, der alles verändert. Der 8. Oktober 2000 in Suzuka. Michael Schumacher wird zum dritten Mal Formel-1-Weltmeister. Zum ersten Mal mit Ferrari. Nach fünf Aufbaujahren, vier vergeblichen Anläufen, einer weiteren Achterbahn-Saison und dem ganz eigenen Kapitel Japan. Dieser erste Titel ist die Pflicht. Alles, was danach folgen sollte, gereicht zur Kür. Auch für Ross Brawn. „Es kann nur einen geben“ Wer A sagt, muss auch B sagen. Wer Brawn sagt, kommt schwerlich an drei prägnanten Schlagwörtern vorbei: Schumacher. Superhirn. Rosen. Mercedes kommt an ihm vorbei, und viele bedauern das. Wenn die neue Saison beginnt, wird sich der weise Mann nicht mehr auf der silbernen Kommandobrücke platzieren. Noch im Frühjahr hatte er auf die Frage, ob es ihn 2014 bei Mercedes in leitender Position geben werde, das Prinzip

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Die Besonderheit der Normalität


Hoffnung bemüht: „Eines Tages muss ich meine Karriere beenden, aber ich will erst aufhören, wenn wir an der Spitze stehen. Dann wird der Tag kommen, an dem ich feststelle, dass ich dem Team weniger geben kann.“ Mercedes steht nicht an der Spitze, und trotzdem kam ominöser Tag wahrscheinlich eher als Brawn angenommen hatte. In der Vergangenheit hatte er die Marschroute bestimmt. Als sich kein rascher Erfolg des ambitionierten Projekts einstellte, warb er Top-Ingenieure ab und installierte sie bei Mercedes: Bob Bell, Aldo Costa, Geoff Willis, schließlich Paddy Lowe, der zusammen mit dem Österreicher Toto Wolff die neue Doppelspitze bilden wird. Lauda nennt Brawn den „Architekten“ des entstandenen Bauwerks, dieser wiederum weiß um die

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Portrt Ross Brawn Vorzüge der Austria-Combo Wolff und Lauda: „Beide haben eine stärkere Verbindung hergestellt zwischen dem Daimler-Vorstand in Stuttgart und dem Team in England, das zählte sicher nicht zu meinen Stärken. Ich habe mich auf die Arbeit in der Fabrik konzentriert, das wurde von mir verlangt.“ Lauda war es auch, der federführend die Verpflichtung Lewis Hamiltons vorantrieb. Ein echter Coup, denn der Star-Pilot ersetzte keinen Geringeren als Rekordweltmeister Michael Schumacher. Als „großartigen Lehrer“ huldigte Hamilton nun Ex-Boss Brawn. Acht Fahrer-WM-Titel und ebenso viele bei den Konstrukteuren verzeichnete der gewiefte Techniker in seiner Karriere, das ist mit das Beste, was die Formel 1 je hervorgebracht hat. Er unterfütterte die zahlreichen Triumphe mit einer angenehmen, sympathischen Art, die ganz anders ist als diese zappelignervöse Geschäftstüchtigkeit, die der PS-Zirkus so gern an den Tag legt. Dieselbe noble Zurückhaltung erzählt man sich bekanntlich von Red-Bull-Genie

6 Adrian Newey, was die starke Vermutung aufdrängt, dass sich Besonderheit letztlich in banaler Normalität bemisst. Brawn ist wie Newey: Kein Lautsprecher und erst recht kein Schausteller in dieser pulsierenden Matrix, die meist an Bodenhaftung verliert. Er hat es mit harter, stiller, ehrlicher Arbeit dorthin geschafft, wo viele hinwollen, aber nur ein winziger Bruchteil landet - ganz oben. Sein Credo: „Nichts passiert über Nacht. Du kannst nicht darauf hoffen, dass alles gleich funktioniert. Du darfst bei Fehlern nicht mit dem Finger auf die Schuldigen zeigen, sondern die Ursache der Fehler abstellen." Ross Brawn wurde zu einem Großen seiner Zeit. Viel gewonnen, sehr viel sogar, aber bescheiden geblieben. Der Brite ist zweifacher Ehrendoktor. Mit summa cum lauda. 88 aus 91 Nachdem Brawn 1976 sein Studium der Messtechnik an der United Kingdom Atomic Energy Authority in Oxford abgeschlossen hatte, bekam der Atomwissenschaftler beim Formel1-Team March seinen ersten Job. Ganz klassisch, zunächst an der Fräsmaschine, dann in der Formel-3-Abteilung als Mechaniker. So hatte auch

Abschied bei Mercedes Ende November wurde bekannt, dass Brawn, 59, den Daimler-Konzern verlässt. Obwohl Mercedes in der Formel 1, nicht da ist, wo sie der Brite sehen wollte. Obwohl der Trend nach oben zeigte, mit dem zweiten WM-Rang nach drei mageren Jahren zuvor. Und obwohl sein Erfahrungsschatz angesichts der revolutionären Regelumstürze nicht abträglich gewesen wäre. Dass dennoch die Trennung erfolgte, muss triftigere Gründe als ein gekränktes Ego beherbergen, gleichwohl es müßig ist, darüber im Nebel zu stochern. Man hätte

sich nicht über die konkrete Aufgabenverteilung, den Zuschnitt der Rolle einigen können, war aus Firmenkreisen zu hören, Brawn scheide im Guten. Übliche Floskeln, aber auch die Wahrheit? Die neue Struktur, die sich Mercedes verpasste, hatte den Teamchef bereits entmachtet und sie hätte es weiter getan. Nicht nur, dass Anfang 2013 Toto Wolff als neuer Kommandeur zum Rennstall stieß, der Brawns Kernkompetenz teilweise untergrub. Nun hatte auch der ehemalige McLaren-Mann

Paddy Lowe seine Arbeit früher als gedacht aufgenommen. Und über allem schwebte mit Ex-Weltmeister Niki Lauda ein unabhängiger wie einflussreicher Aufpasser, der mit prüfendem Auge auf die Geschicke des silbernen Teams schielte. Zu viele Köche verderben den Brei? Ross Brawn spricht, politisch korrekt, vom „richtigen Zeitpunkt“, den Hut zu nehmen, gibt jedoch zu bedenken, dass drei Chefs (mindestens) einer zu viel sind: „Es kann nur einen geben, der die wichtigen Entscheidungen trifft.“ JM


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Das war 1978, und beim Vorstellungsgespräch erwartete ihn Team-Mitbegründer Patrick Head persönlich. „Ich hatte Glück, sie stellten mich ein, obwohl ich nicht erste Wahl war. Sie hatten die Stelle jemand anderem zugesagt, der dann aber ablehnte“, erinnert sich Brawn, milde lächelnd. Manche mögen es tatsächlich Glück nennen, andere Fügung, wieder andere Schicksal. So oder so: Brawn überzeugte den gestrengen Head, stieg zum Entwicklungsmanager und leitenden Aerodynamiker auf. Im Folgejahr holte Williams seinen ersten Formel-1-Sieg (durch den unvergessenen Clay Regazzoni), 1980 und 1982 mit Alan Jones und Keke Rosberg sogar die Fahrer-Weltmeisterschaft. Da galt Ross Brawn, logisch, bereits als einer der hellsten Köpfe der Szene - was ihn jedoch nicht vor Tätigkeitsfeldern bewahrt hatte, die

nicht zu seinen Hauptaufgaben zählten: „Als ich ins Team kam, waren wir nur elf Leute. Ich entwickelte Teile fürs Auto, war Mechaniker an der Strecke und fuhr auch mal den LKW. Man musste halt die Dinge erledigen, die anfielen." 1983 wechselte der Brite, damals 29 Jahre alt, zu Lola, offiziell als ChefAerodynamiker, „auch wenn ich formell gesehen gar keine Qualifikationen vorweisen konnte. Doch so war es halt. Heute ist das ganz anders, da stellt man Professoren und Doktoren ein.“ 1986 wurde Brawn Chefkonstrukteur bei Arrows, weitere drei Jahre später kehrte er der Formel 1 vorüber Bridgestone

sein späteres McLaren-Pendant Ron Dennis angefangen, bis er meinte, sich nicht länger die Finger schmutzig machen zu wollen. Bei Ross Brawn verlief der Ämteraufstieg so: „Mein Vater war schon in den Motorsport involviert, also stand ich diesem Sport sehr nahe. Ich war es gewohnt, mit ihm zu Rennen zu reisen", erklärt er im Interview mit „sportingmemories. org“. „Ich war Anfang zwanzig, lebte mit meinen Eltern in Reading und las in der Zeitung, dass Williams einen Metallarbeiter suchte."

Einige behaupten, sein ehemaliger Ferrari-Kumpane und derzeitige FIA-Präsident Jean Todt wolle ihn zum Weltverband lotsen, als Konterpart zu Bernie Ecclestone. Oder gibt es gar ein Comeback in Rot? Am Rande des Rennens in Brasilien traf sich Brawn mit dem Teamchef der Scuderia, Stefano Domenicali. Die Türen stehen ihm offen, bis dahin waltet Gelassenheit. „Ich hatte noch nie Angst um meinen Job, habe immer das getan, wonach ich mich gefühlt habe. Wenn das nicht zu den Vorstellungen anderer Menschen passt, dann ist das schade, aber ich werde mich deshalb nicht verändern.“ Dass der Technik-Fetischist die Formel 1 endgültig verlässt, glaubt fast keiner. Zu straff ist die Bindung, zu ausfüllend die Aufgabe, zu elektrisierend die Materie. Brawn wird pausieren, so wie 2007, als die Akkus nach einer schlauchenden Ferrari-Dekade Ladezeit benötigten. Sicher ist nur, dass nichts sicher ist: „Ich hatte nie einen Plan, dorthin zu gelangen, wo ich heute bin. Die Gelegenheiten kamen und ich habe sie genutzt.“ JM

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Das Williams-Team war die erste Station in der Formel-1 für Ross Brawn (rechts)

Optionen für die Zukunft Brawn ist weiterhin ein begehrtes Objekt auf dem internationalen Laufsteg. Mit Williams wird er in Verbindung gebracht, McLaren wirft ihm offenbar den Köder Honda aus. Ein cleverer Schachzug, ist Brawn doch erstens HobbyFischer und zweitens historisch mit dem japanischen Hersteller verbunden. 2008/2009 hatte er aus den Honda-Trümmern sein eigenes Team geformt, das sinnigerweise auf den Namen BrawnGP hörte und mit Jenson Button am Steuer völlig überraschend den WM-Titel einfuhr. Einen symbolischen Dollar hatten Brawn die Teamanteile „gekostet“, für kolportierte 100 Millionen verkaufte er anschließend an Mercedes...


gehend den Rücken. Bei Jaguar zeichnete er 1991 als technischer Direktor für den Gewinn der Sportwagen-WM verantwortlich. Noch im selben Jahr aber erweiterte sich sein Lebenslauf um den ausschlaggebenden Spiegelstrich: Benetton. Der italienische Formel-1-Rennstall verpflichtete Brawn für seine TechnikAbteilung. Es dauerte nicht lange, bis ein junges, aufstrebendes Talent zum Team stieß, das Maßstäbe setzen sollte. 1994 wurde Michael Schumacher unter der Regie Ross Brawns erstmals Champion. Es war der Beginn einer beispiellosen Erfolgsstory mit redlich bekanntem Verlauf. Sieben Titel. Zwei mit Benetton, fünf auf Ferrari. Ross Brawn hatte Schumacher mit einjähriger Verzögerung, 1997, zur Scuderia begleitet. Er brachte den genialen Designer Rory Byrne mit, einen Südafrikaner, der das Tandem des Strategen Brawn und des Piloten Schumacher zu einem Triumvirat ausdehnte. Der französische Teamchef Jean Todt sorgte dafür, dass sich die Mechanismen verzahnten. Bis zur Perfektion aber brauchte es fünf Jahre, einen Rammstoß (Villeneuve), einen harten Konkurrenten (McLaren) und einen Beinbruch (Silverstone). Dann kam der 8. Oktober 2000. Suzuka als Monument. Es musste einfach

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Portrt Ross Brawn

klappen in diesem Jahr, eine weitere Niederlage hätte das Gesamtgebilde ins Wanken bringen können. Doch diesmal wurde das Puzzle komplettiert. It is looking bloody good.. Als Schumacher 2006 zum ersten Mal zurücktrat, hatte er Brawn im Schlepptau. Ein Jahr zum Durchatmen, zur Entspannung, zur Rosenzucht. Dieses Hobby haftet wie ein kitschiges englisches Klischee an ihm, doch Legende ist nur die Person Brawn. Nicht die Rosen, denn die gibt es wirklich. Manchester United, Rosengarten, Fliegenfischen 2008 stieg er bei Honda ein, da lag das Team am Boden. Am Saisonende zogen die Japaner den Stecker, und Brawn übernahm auf eigene Gefahr. Diffus aber war 2009 höchstens der Weltmeister... Mercedes wollte nach den Sternen greifen, feierte in drei Jahren bloß einen Sieg, durch Nico Rosberg in China 2012. Seitdem entkernt sich die Führungsspitze vom alten Gehäuse: Neben Schumacher trennte man sich 2012 auch von Norbert Haug, der 22 Jahre lang den Posten des Mercedes-Motorsportchefs bekleidet hatte. „Er wird immer einer der Allergrößten im Renngeschäft bleiben“, sagt Haug über Brawn. 2013 hatte es der Vater zweier Töch-

ter nochmals wissen wollen. Im Zuge der Reifentest-Affäre vertrat er Mercedes vor Gericht. Mit der Routine und Coolness eines Grandseigneurs zentralisierte Brawn die ungefilterte Verantwortung auf sich. Das kam an. Und Mercedes ohne schmerzliche Sühne davon. Seinen Abgang verhinderte die Rolle des Schutzpatrons allerdings nicht mehr. Nun wird sich der Manchester-UnitedFan wieder seinem Rosengarten widmen, daheim in Henley-on-Thames, ehe er sich neu orientiert. Hat er nun irgendwelche Präferenzen? „Es wird darauf ankommen, worauf ich Lust habe. Ums Geld ging es mir nie. Ich habe immer für meine Leidenschaft, den Motorsport, gelebt.“ Freilich: Hier spricht der Gleichmut eines Multimillionärs... Seine Freizeitaktivitäten sind trotzdem herrlich geerdet. Fliegenfischen zum Beispiel, das klingt ziemlich normal, beinahe dröge. Einmal fing er einen Marlin, den mit etwa 100 Stundenkilometern zweitschnellsten Fisch der Erde. „Der war größer als ich selbst! Sie können sich also vorstellen, dass das ein Riesentier war.“ Größer als er selbst. Ein Riesentier. Wer will, darf Ross Brawn ruhigen Gewissens beim Wort nehmen.


Portrt Ross Brawn

Bei Mercedes war das alte Erfolgduo Michael Schumacher und Ross Brawn für drei Jahre wieder vereint.

„Der Speed war sofort da. Aber es hat einige Zeit gedauert, bis Michael wieder in den Rennmodus gefunden hat. In der Vergangenheit benutzte er die Testfahrten dazu, das Auto und die Reifen besser zu verstehen. Da hat die Testbeschränkung nicht gerade geholfen. Das größte Problem aber war das Auto. Natürlich bin ich enttäuscht darüber, dass er der Welt nie richtig zeigen konnte, wozu er auch im Alter noch in der Lage war.“

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von Johannes Mittermeier Kurz vor Weihnachten 2009 war dem cleveren Briten eine Sensation gelungen: Mit freundlichem, aber bestimmtem Nachdruck bewegte er Renn-Rentner Schumacher zum Comeback. Dieser enthüllte hinterher, dass es nicht der erste Überredungsversuch gewesen war: „Er hatte mich jedes Jahr angesprochen. Er sagte: 'Hör mal, überleg dir das, bei mir im Team wäre ein Platz frei.'“ 2010 griff Schumacher wieder ins Lenkrad - ohne Erfolg. Brawn bringt Licht ins Dunkel.

Brawn hatte die gewonnene Zeit durch frische Reifen und geringeres Gewicht, abzüglich An - und Abfahrt sowie potentielle Störfaktoren wie Überrundungen detailgenau hochgerechnet, Schumacher die Theorie mit gnadenloser Präzision in die Tat umgesetzt. Sechs Jahre später foppte das Duo erneut die Konkurrenz, als eine bis dato einzigartige Vier-Stopp-Strategie den Sieg in Magny-Cours sicherstellte. Auch wenn die Renn-Action in diesen Zeiten zu wünschen übrig ließ: Auf hochinteressante Fernduelle an den Kommandoständen konnte man sich verlassen. Michael Schumacher gewann 91 Formel-1-Rennen. An 88 war Ross Brawn beteiligt, dieser immer etwas müde dreinblickende Engländer mit dem Karma eines gemütlichen Bären. Als Schumacher zum Dominator wurde, der etliche Siege zu einem Gutteil dem taktischen Geschick Brawns zu verdanken hatte, erfand die deutsche Presse den Spitznamen „Superhirn“. Und weil sich dieser bis heute gehalten hat, ohne viel von seiner Mystik einzubüßen, muss etwas dran sein. Trotz der desillusionierenden Mercedes-Phase - Brawn blieb das Superhirn.

Mercedes

So wie früher, als Ross Brawn dirigierte und Michael Schumacher Gewehr bei Fuß stand. Das Meisterstück der Symbiose von taktischer Finesse und fahrerischer Klasse wurde 1998 in Ungarn uraufgeführt. Ein Rennen für die Annalen. In der ersten Hälfte ein vermeintlich vorhersehbares Prozedere, mit überlegenen McLaren-Mercedes und dem chancenlosen Jäger Schumacher. Dann zog Ross Brawn einen Joker. Anstatt, wie ursprünglich vorgesehen, zweimal zum Nachtanken zu kommen, plante er situativ einen dritten Stopp ein - der entsprechend kürzer ausfiel und die schicke Aufgabe enthielt, mit fast leerem Tank Sprintrunden hinzulegen. Über Funk fragte Brawn seinen Piloten: „Kannst du in 18 Runden 25 Sekunden herausholen?“ Schumacher konnte - und entschied eine der packendsten Strategie-Schlachten der Formel-1-Geschichte für sich.

Mercedes

Die Umstände hatten sich komplett verändert. Vor allem mit den empfindlichen Reifen wurde Schumacher, der seit jeher einen scharfen Fahrstil pflegte, nie warm. Brawn: „Einmal die Grenze überschreiten - und der Reifen erholt sich nie mehr. Es ist nicht mehr möglich, 15, 20 Qualifikationsrunden am Stück zu drehen.“

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Strategiespiele mit Schumacher

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10 Wie werden F1-Regeln gemacht?

von Michael Zeitler Gerade wurde mit den neuen Regeln die halbe Formel-1 auf den Kopf gestellt. Die Anpassungen wurden über den unten gzeichneten Weg ins Reglement aufgenommen. • Teams: McLaren, Red Bull, Ferrari, Mercedes, Williams + bestplatziertestes Team in der WM (derzeit Lotus) • 18 Stimmen: Einfache Mehrheit

1 Strategiegruppe 6 Stimmen

6 Stimmen

Teams

1 Stimme

6 Stimmen

FIA

Bernie Ecclestone

• 25 Stimmen: 70%-Mehrheit

2 Kommission 1 Stimme

FIA

Bernie Ecclestone

1 Stimme

Pirelli

2 Stimmen

1 Stimme

Motorhersteller

8 Stimmen

Sponsorvertreter

11 Stimmen

Teams

Streckenbetreiber

3 FIA-Motorsport-Weltrat 1 Stimme

Präsident

1 Stimme

Stellvertreter

7 Stimmen

Vize-Präsidenten

14 Stimmen

3 Stimmen

Mitglieder nationale Sportbehörden

Serienchefs FIA

FIA

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F1-Regeln


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F1-Regeln

FIA

Sorgen ohne Grund? Der F1-Regelgebungs-Prozess scheint trotz großer Kritik zu funktionieren. Wird dennoch zu wenig an die kleinen Teams gedacht? von Michael Zeitler Die Feuerprobe ist bestanden. Die neuen Regeln, die beschlossen wurden, sorgen zwar für Diskussionen, doch viele Experten machten sich vor allem aus zwei Gründen Sorgen: Erstens tagte der FIA-Weltrat vor der Sitzung der F1-Kommission. Eigentlich ist der Durchlaufprozess für neue Regelung folgender: In der Strategiegruppe werden Vorschläge ausgearbeitet, in der F1-Kommission werden sie ausformuliert, abgestimmt oder abgelehnt. Und schließlich muss der Weltrat des Automobilverbands FIA (als Ausrichter der F1-WM) diese absegnen. Wobei Ferrari angeblich ein Vetorecht besitzt… Regelgebung flexibel Weil der Weltrat – er tagt nur vier Mal im Jahr – seine Sitzung aber vor jener der F1-Kommission einberief, hätten die neuen Regeln eigentlich gar nicht beschlossen werden dürfen. Doch man bewies richtigerweise Flexibili-

tät: Die FIA stattete der F1-Kommission mit ihrem Mandat aus, so dass die F1-Kommission auch Entscheidungskompetenzen hatte. Das ist nicht ungefährlich: Eigentlich müsste die FIA als ausrichtender Verband die Regeln selbstständig ausformulieren. In den meisten Sportarten wird das Reglement von übergeordneten Instanzen und nicht von den Teilnehmern bestimmt. Gerade in der Formel-1 ist das anders, auch wenn die FIA in allen drei Instanzen vertreten ist. Sie ist aber nicht die stärkste Kraft in den einzelnen Gremien. Auch wenn sich der RegelgebungsProzess also als flexibel erwiesen hat, so bleibt dennoch die zweite Befürchtung – und die eigentlich entscheidende: Die Regeln werden vor allem von und für die großen Teams gemacht, die kleinen Rennställe bleiben auf der Strecke. In der Strategiegruppe sitzen sechs Teams und davon sind

In der F1-Kommission sind dann zwar alle Teams vertreten, aber hier fällt ihre Stimmgebung nicht besonders ins Gewicht. In der Strategiegruppe haben sie immerhin ein Drittel der Stimmen! Die anderen zwei Drittel besitzen je zur Hälfte der Chefvermarkter Bernie Ecclestone und der Automobilweltverband FIA. Als Max Mosley noch FIA-Präsident war, da bildete Mosley mit Ecclestone ein starkes Gespann. Inzwischen ist Ecclestone aber eher auf der Seite der großen Rennställe, weil er um ihre Werbewirksamkeit weiß. Regelgebung für die Großen? Doch das Konzept der Strategiegruppe hat sich dennoch bewährt. Die FIA wollte die Budgetobergrenze – und sie bekam sie. Das ist ein Regelwerk für die kleinen Teams, nicht für die Großen. Nun müssen aber die Details ausgearbeitet werden, erst danach ist ein abschließendes Urteil möglich. Viele jetzt beschlossene Regeln zeigen durchaus, dass in Wirklichkeit an den eigentlichen Problemen vorbeigeredet wird und stattdessen Regeln aufgestellt werden, die eigentlich keiner braucht. Beispiele sind die doppelten WM-Punkte im Saisonfinale oder die festen Startnummern. Darüber würden die kleinen Teams wohl kaum philosophieren, sie fragen sich eher: Wie kann man die Bedingungen ändern, damit auch kleine, von Konzernen und Investoren unabhängige Teams langfristig überleben und konkurrenzfähig F1-Sport betreiben können. Denn die Einnahmen der Teams aus dem großen Budgettopf sind eigentlich so hoch wie nie zuvor. Die Formel-1 hat also ein Ausgabenproblem, das mit festen Startnummern und doppelten Punkten nicht zu beheben ist.

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fünf bereits auf Dauer fest bestimmt: Das sind die Topteams Red Bull, Mercedes, Ferrari und McLaren – und das ist der Traditionsrennstall Williams. Als sechstes Team kommt das bestplatzierteste Team in der Konstrukteurswertung dazu, derzeit also Lotus (Rang vier).


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Red Bull Content Pool

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F1-Regeln

Budget begrenzt, Startnummern frei, Punkte doppelt 2015 kommt die von vielen Teams herbeigesehnte Budgetobergrenze und beim Saisonfinale gibt es künftig doppelte Punkte. Viele weitere neue Regeln. von Michael Zeitler In der F1-Kommission wurden vergangene Woche einigen Weichen gestellt. Viel wird seither über die neuen Regeln diskutiert. Ab Januar 2015 soll eine Ausgabengrenze für F1-Teams greifen. Bis Juli 2014 wird der Automobilweltverband FIA gemeinsam mit den F1-Teams und Chefvermarkter Bernie Ecclestone die genauen Eckdaten der Budgetobergrenze austüfteln. Das wird nicht einfach: Es muss geklärt werden, wie die Überprüfung aussehen und ein Vergehen geahndet werden soll – und man muss sich auf genaue Zahlenwerte einigen. Im November wurden folgende Zahlen herumgereicht: Der Startwert soll bei 200 Millionen Dollar liegen (148 Millionen Euro) – was wohl ungefähr die Hälfte dessen ist, was Topteams wie Red Bull derzeit ausgeben – und dann auf fünf Jahre jährlich um zehn Prozent gesenkt werden. Nach fünf Jahren dürften die Teams also nicht mehr als 118 Millionen Dollar (rund 87 Millionen Euro) ausgeben. Das wäre ein Wert, der vernünftig und auch für neue Rennteams realistisch wäre. Und das wäre ein Plan, der auch für die Topteams nicht zu radikal wäre.

Damit dürften Massenentlassungen und dergleichen verhindert werden. Zuvor wurde auch über eine Mitarbeiterobergrenze diskutiert: Geplant war ein Maximum von 300-350 Mitarbeiter, also rund die Hälfte der Mitglieder, die derzeit von den Topteams beschäftigt werden. Noch wichtiger als die Zahlenwerte wird die Frage sein: Wie soll überprüft werden, ob die F1-Teams sich an die Ausgabengrenze halten? Bei Teams wie Sauber ist das nicht schwer, die meisten F1-Rennställe sind aber in ein Firmengeflecht eingegliedert mit mehreren Zweigstellen. Am konkretesten kann man das am Beispiel Mercedes erläutern: Wenn im Rennteam in Brackley das Budget am Ende ist, wie soll man dann kontrollieren, ob nicht das Mercedes-DTM-Werksteam HWA in Deutschland Teile oder Simulationen für die Formel-1 entwickelt oder testet? Auto-Motor-und-SportRedakteur Michael Schmidt gab sich diesbezüglich vor einigen Wochen im Interview mit Formel-Woche zuversichtlich: Die Finanzämter würden die Verschleierungstechniken kennen und würden es jetzt schon schaffen, die Ausgaben der Firmen lückenlos aufzudecken.

Doch viele Fans und Fachleute bleiben pessimistisch. Sie glauben: Eine Budgetobergrenze würde den großen Teams noch mehr helfen, weil meistens die großen Teams von Werken und Firmen unterstützt werden, bei denen man Kosten auslagern könnte, während die Strukturen in Mittelfeld-Teams wie Sauber deutlich klarer sind, das Reglement für sie daher auch schwerer zu umgehen sein wird. Vor allem weil sie überhaupt nicht das Geld haben, um mehr auszugeben. Das Ziel einer Kostendeckelung ist lediglich, die Ausgaben der Großen im Zaum zu halten, damit es mehr Chancengleichheit auf der Strecke gibt und die Teams überleben können. Bis Juli muss auch geklärt werden, wie die Motorhersteller behandelt werden. Weil das Motorreglement auch in der Turbo-Ära Schritt für Schritt wieder eingefroren wird, wird in diesem Bereich über kurz oder lang ohnehin nicht mehr viel Geld investiert werden (ähnlich wie bei den V8-Motoren), doch bis dahin müsste es eigentlich auch für Motorhersteller ein externes Budgetlimit geben. Das langfristige Ziel, wenn sich die Budgetobergrenze bewährt, könnte nämlich sogar eine


F1-Regeln nungen lediglich darüber auseinander, ob sie überwachbar sei, nicht aber darüber, dass sie auch unbedingt notwendig ist. Bei der Entscheidung über die doppelten Punkte ist das anders. Hier fragen sich viele: Muss das sein?

Und schließlich muss geklärt werden, was bei einem Verstoß gegen das Ausgabenlimit passiert. Diskutiert wurde beispielsweise über einen Abzug von der Hälfte der Punkte in der Konstrukteurswertung. Red Bull wäre dann statt Erster nur Fünfter geworden – aber man hätte 13 der 19 Rennen gewonnen, viel Ruhm und Sponsoren geerntet und hätte den Fahrerweltmeister gestellt – um den es ja eigentlich geht. Natürlich wäre vielleicht auch der Hohn und der Spott für das Team groß, aber das Risiko könnten manche eingehen. Unnötig, aber spannender? Die doppelten WM-Punkte im Finale

Der Zweck, der damit beabsichtigt wird, liegt auf der Hand: Die Weltmeisterschaft soll so lange wie möglich offen und spannend gehalten werden. Von den 64 WM-Entscheidungen bisher fielen 27 im Finale, mit dem neuen Reglement wären sogar 46 erst im letzten Rennen entschieden worden, doch die meisten davon in den Anfangsjahren, in denen weniger als zehn Rennen pro Jahr anstanden und daher doppelte Punkte mehr ins Gewicht gefallen wären als heute. Red-Bull-Motorsportkonsulent Dr. Helmut Marko enthüllte gegenüber Sport Bild, dass sogar angedacht war, die letzten vier Saisonrennen doppelt zu bepunkten.

Für die meisten Diskussionen sorgte die Entscheidung, ab 2014 beim WMFinale die doppelte Anzahl an Punkte für die einzelnen Plätze zu vergeben. Der Sieger würde also 50 statt 25 und der Zehntplatzierte zwei statt einen Punkt erhalten, also nach dem Modell 50-36-30-24-20-16-12-8-4-2. Bei der Budgetobergrenze gehen die Mei-

Doch in Jahren, in denen ein Fahrer die WM dominierte – wie 2013 Sebastian Vettel – hätte auch diese Regel kaum Einfluss gehabt. Gerade für Nostalgiker wurde die Punkteausschüttung schon viel zu oft verändert: Bis 1959 gab es das System 8-6-4-3-2 plus einen Punkt für die Schnellste Rennrunde, ab 1960 fiel der Punkt

für die beste Rennrunde weg, dafür bekam der Sechstplatzierte noch einen Punkt. Von 1961 bis '90 bekam der Sieger neun statt acht Punkte, ab 1991 sogar zehn Zähler. Ab 2003 gab es dann Punkte für die ersten acht, nach dem Verteilungsschlüssel 10-86-5-4-3-2-1. Seit 2010 werden sogar Punkte für die ersten zehn Fahrer vergeben: 25-18-15-12-10-8-6-4-2-1.

Nach neuen Regeln wäre Fernando Alonso Weltmeister von 2011

Zehn andere Weltmeister Zehn Mal hätte es sogar einen anderen WM-Ausgang gegeben: 1953 wäre nicht der eigentlich so dominierende Weltmeister Alberto Ascari Erster geworden, sondern Juan-Manuel Fangio, denn Ascari blieb im Finale nach einer Kollision mit Onofre Marimon ohne Punkte. Fangio hätte dafür den WM-Titel 1956 an Stirling Moss verloren, der das Finale in Monza im Maserati gewinnen konnte. Moss, der Mann mit den meisten Vizemeisterschaften, wäre auch 1958 der Weltmeister geworden. Damals verhinderte er die Disqualifikation von Mike Hawthorn in einem selbstlosen Akt, doch mit der doppelten Punktzahl im Finale wäre das gar

nicht mehr notwendig gewesen, dann wäre Moss ohnehin Weltmeister geworden. Jochen Rindt wäre 1970 nicht posthum Weltmeister geworden, dafür Ferrari-Pilot Jacky Ickx, der das aber gar nicht wollte. Dafür war Rindt bis zu seinem tödlichen Crash in Monza zu dominant. Das Ferrari-interne Titelduell 1979 wäre mit der neuen Regelung dank des Sieges beim USA GP zugunsten von Gilles Villeneuve statt Jody Scheckter ausgegangen. 1981 hätte Alan Jones den Titel verteidigt und wäre damit der lachende Dritte im Kampf mit Carlos Reutemann und Nelson Piquet gewesen.

Das dramatische Saisonfinale 1984, bei dem sich Niki Lauda gegen seinen McLaren-Stallgefährten Alain Prost um einen halben Punkt durchsetzte, wäre nicht annähernd so spannend geworden. Der Weltmeister wäre Prost gewesen. Auch die Aufholjagd von Michael Schumacher 2003 in Japan hätte nicht mehr gereicht, um Kimi Räikkönen am Titelgewinn zu hindern. Und wir hätten zwei Ferrari-Weltmeister mehr: Im legendären Finale 2008 in Brasilien hätten die Massa-Fans statt den Anhängern Hamiltons jubeln können und an gleichem Ort hätte Fernando Alonso 2012 Sebastian Vettel doch noch abgefangen. MZ

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technische Öffnung des Reglements sein. Damit würde die Formel-1 technisch wieder zur Königsklasse werden. Derzeit läuft die SportwagenWM diesbezüglich immer mehr den Rang ab.

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Weil die Zuverlässigkeit immer besser geworden ist, können die kleinen Teams trotzdem nicht häufiger Punkte abgreifen wie noch mit den alten Systemen. Damals fielen die Fahrer häufiger mit technischen Gebrechen aus, deswegen gab es bis 1991 auch Streichresultate: Nicht alle Rennen kamen in die Wertung, wobei die Regelungen wie viele und welche Resultate der Fahrer zählten, sich auch mehrmals unterschied.

die Nummer eins, der Teamkollege die Nummer zwei und so weiter. Das ändert sich ab 2014: Um die Piloten besser zu identifizieren, sollen sich die Fahrer bis Weihnachten eine Zahl zwischen 2 und 99 aussuchen (die Nummer eins ist für den jeweiligen Weltmeister reserviert, sofern er sie will), mit der sie dann ihre gesamte F1-Laufbahn über fahren werden. Die ersten Nummernwünsche wurden eingereicht.

Nett, aber unnötig? Die festen Startnummern für die Fahrer

Bevorzuegen mehrere Fahrer die gleiche Nummer, entscheidet der WMStand des letzten Jahres. Das wird vor allem für 2014 entscheidend sein, ebenso wenn ein Fahrer ein Comeback gibt. Dann muss sich der Rückkehrer eine neue Zahl aussuchen.

Bisher bekommen die Fahrer die Startnummern je nach Abschneiden ihres Teams in der Konstrukteurs-WM zugesprochen. Der Weltmeister erhält

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F1-Regeln

Jacques Laffite absolvierte die meisten Rennen mit der selben Startnummer (26)

Ein paar interessante Zahlen, die Autosport auflistet: Jacques Laffite fuhr die meisten Rennen mit einer Startnummer. 132 seiner 176 Rennen trug er die Nummer 26 (also bei all seinen Rennen mit Ligier). Michael Schumacher fuhr als siebenmaliger F1-Weltmeister 120 Rennen mit der Startnummer eins (Sebastian Vettel liegt gegenwärtig bei 58 Grand Prix mit der begehrtesten aller Zahlen). Gerhard Berger absolvierte immerhin 112 Rennen mit der 28. Fernando Alonso fuhr schon 76 Rennen mit der 5! Was wenig überrascht: Fahrer mit der Startnummer 1 haben die meisten Rennen gewonnen (181), die 5 kommt auf 130 Siege. Es empfiehlt sich von der 22 Abstand zu halten. 274 technisch bedingte Ausfälle erlitten Fahrer mit dieser Nummer, mehr wie alle anderen und einen mehr als die 15. Die Statistik gibt auch den Verschwörungstheorektikern Recht, wonach die 2 mehr Pech als die 1 hat (also Teamkollegen von Weltmeistern wie in den letzten Jahren Mark Webber): Die 2 gewinnt mit 221:163 technischen Ausfälle!

Was sich sonst noch ndert Strafenkatalog beschlossen: Ab 2014 sammeln die F1-Fahrer wie die Autofahrer Punkte: Bei zwölf Punkten innerhalb von zwölf Monaten ist der F1-Lappen für ein Rennen weg. Laut Speedweek werden die Punkte so vergeben: Bei einer Verwarnung gibt es einen Punkt, bei einer Durchfahrtsstrafe oder einer Rückversetzung in der Startaufstellung um drei Plätze zwei, bei einer Stop-and-Go-Strafe oder einer Rückversetzung um fünf Ränge drei und bei einer Rückversetzung von zehn Plätze deren fünf Punkte. In diesem Jahr hätte Esteban Gutiérrez mit 15 Zählern einmal zuschauen müssen. Strafen absitzen: Die Turbomotoren werden 2014 in sechs Elemente eingeteilt: Getriebe, Motor, Turbolader, Energierückgewinnungssysteme und Batterien. Jede Einheit muss fünf Rennen überstehen, wird bei einem Fahrer ein sechstes Teil verwendet, dann gibt es pro Einheit eine Rückversetzung in der Startaufstellung um fünf Plätze. Wird also bei allen sechs Einheiten ein sechstes gebraucht, dann wären das 30 Plätze. Bei nur 22 Teilnehmern müsste der PoleSetter dann von Rang 22 statt von Platz eins starten. 2013 wäre es dann gut gewesen, nicht so 2014: Dann muss der Fahrer beim nächsten Rennen weitere acht Plätze zurück, bis die Strafe abgesessen und alle 30 Plätze aufgebraucht sind. Wir wünschen den Rennkommissaren viel Spaß beim Rechnen… Pflichtboxenstopps abgewendet: Die F1-Kommission hat auch drei Vorschläge abgeblockt: Das Lotus-Team wollte zum Beispiel die Wintertestfahrten um eine Woche nach hinten verschieben (das spricht nicht dafür, dass Lotus beim Entwicklungsplan im Soll liegt). Es wird auch keine Erhöhung des Mindestgewichts geben: Wegen den schwereren Turbomotoren wird das Mindestgewicht von Fahrer und Auto ohnehin schon von 642 auf 690 Kilogramm angehoben, diskutiert worden war über 700 Kilogramm, aber Mercedes, Lotus und Ferrari stimmten dagegen. Damit bleiben größere und schwerere Fahrer benachteiligt. Am meisten Beifall gab es aber für die Entscheidung, keine Pflichtboxenstopps einzuführen. Pirelli will wegen den Turbomotoren härtere Reifen bauen, mit denen man wohl mit nur einem Reifenwechsel über die Runden kommt. Um die Rennen spannend zu halten, wurden zwei Pflichtboxenstopps angesetzt, aber von allen F1-Teams abgewehrt – sie fürchten, dass sie so strategisch eingeschränkt werden könnten. MZ


FIA-Prsident Jean Todt

Jean Todt hat die Wahl zur FIA-Präsidentschaftswahl einstimmig gewonnen. Nur Zufriedenheit gibt es mit der ersten Amtszeit aber nicht. von Michael Zeitler er Gegenwind für Jean Todt schien zuerst recht rau zu sein: Besonders David Ward polterte gegen die Strukturen im Automobilweltverband FIA – und gegen die Amtsführung von Todt. Doch weder Ward, noch Mohammed bin Sulayem sind dann im Letzten gegen den Franzosen überhaupt erst zur Wahl angetreten – zu gering wären ihre Chancen gewesen.

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Todt war Rennleiter bei Peugeot und Ferrari, in der Sportwagen-, Rallye- und F1-WM. Er hat also ein riesiges Netzwerk und besonders auch aus Asien und Arabien viel Unterstützung. Das sicherte ihm 2009 den Sieg gegen Ari Vatanen, der sich damals gegen seinen ehemaligen Chef zur Wahl stellte. Vatanen fuhr im Peugeot-Werksteam Rallyes. Unvergessen ist der Sieg per Münzwurf 1989 bei der Rallye Dakar. Todt ließ damals das Glück entscheiden, welcher seiner beiden Piloten (Vatanen und Ex-F1-Pilot Jacky Ickx) auf den Sieg angesetzt werden würde. Mosley besser? Todt setzte sich 2009 gegen den Finnen mit 135:49 der Stimmen durch und wurde damit Nachfolger von Max Mosley. Zusammen mit F1-Chefvermarkter Bernie Ecclestone bildete er über Jahre ein starkes Gespann. Doch Mosley geriet gegen Ende seiner Amtszeit immer mehr in das Kreuzfeuer der Kritik. Seine Sparmaßnahmen trieben die Hersteller fast dazu, eine eigene Konkurrenzserie zu gründen. Ob das passiert wäre, sei dahin gestellt, Mosley aber musste gehen. Mit ein paar Jahren Abstand glauben viele: Mosley wäre in den Krisenzeiten aber der richtige Präsident gewesen. Todt dagegen hat sich bisher zu sehr zurückgehalten. Er operierte an anderen Stellen, gründete eine Frauen-Kommission, setzte sich für grüne Technologien ein, sorgte für mehr Sicherheit im Straßenverkehr – alles lobenswerte Projekte, doch die kleinen F1-Teams fühlten sich im Stich gelassen. Aber das war abzusehen: Mosley hat seine Karriere in kleinen Teams wie March begonnen, Todt war bei Werken wie Peugeot und Ferrari angestellt. Und Mosley wusste als Anwalt um seine juristischen Mittel. Ihre persönliche Geschichte ist eine jeweils ganz andere. Eigentlich wollte Todt nur einmal kandidieren. Er hat es sich aber anders überlegt. Nun wacht er auch langsam auf, greift auch in der Formel-1 immer mehr an. Er will sich endlich für eine Budgetobergrenze einsetzen, er will neue Teams in die Formel-1 holen und er steht für ein paar andere Dinge, die in die richtige Richtung gehen. Jeder hat seine zweite Chance verdient.

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Kommt Todt jetzt in Gang?

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Pirelli

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Formel-1 Zukunft

Neues Team ab 2015? Die FIA eröffnet eine Bewerbungsphase für ein neues F1-Team. Vergebene Mühe oder Wende nach Negativ-Rekord? von Michael Zeitler ährend F1-Chefvermarkter Bernie Ecclestone lieber weniger Teams und dafür drei Wagen pro Rennstall haben will, geht der Automobilweltverband FIA einen anderen Weg: Nach dem Aus von HRT Ende 2012 will man 2015 oder 2016 wieder ein zwölftes F1-Team. Interessenten können bis 14. Januar der FIA vorlegen, unter welchen Voraussetzungen man in die Formel-1 einsteigen könnte. Bis 10. Februar muss die vollständige Bewerbung mit samt der Einschreibegebühr von etwas mehr als 100.000 Euro hinterlegt sein, bis 28. Februar will die FIA das beste Angebot abwägen und die Entscheidung treffen, wer als neuer Rennstall hinzustoßen wird.

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Zyniker scherzen: Da wird die FIA mit reichlich Arbeit eingedeckt sein. Mit anderen Worten, es besteht größter Zweifel innerhalb der F1-Szene, dass es auch tatsächlich ein zwölftes Team geben wird. Derzeit kann sich den Aufbau eines eigenen F1-Teams schlicht kaum jemand leisten. Auch die Zeit würde knapp werden, ein F1Einstieg für 2016 wäre realistischer. Es halten sich hartnäckig Gerüchte, dass es Interesse in der USA an einem F1-Rennstall gibt. Doch da geht es eher um eine Übernahme von Lotus

oder Sauber. Und Namen, die hinter den Plänen stecken, wurden bisher nicht enthüllt. Das muss aber kein schlechtes Zeichen sein. Auch Nicolas Todt, dem FIA-Präsidentensohn und seinem GP2-Rennstall ART wird F1-Interesse nachgesagt, aber vor einigen Jahren zog ART die Bewerbung zurück – die Formel-1 war zu teuer. Budgetobergrenze die Wende? Ab 2015 wird es zwar eine Budgetobergrenze geben, aber wie die genau aussieht, ob sie wirkungsvoll und überprüfbar ist, ob sie eingehalten wird und ob sie es den kleineren Teams leichter machen wird – all das muss man erst abwarten. Marussia und Caterham haben sich reinlegen lassen: Sie kamen 2010 in die Formel-1, weil ein Ausgabenlimit von rund 50 Millionen Euro geplant war. Auf diesem Niveau wäre ein F1-Rennstall finanzierbar – und es würde zahlreiche Interessenten für einen neuen F1-Rennstall geben. Gerade die Beispiele Marussia und Caterham schrecken aber ab. Nicht mal Fans glauben inzwischen, dass ein neuer Rennstall in der Formel-1 Fuß fassen könnte. In vier Jahren schaffte keine 2010 dazu gestiegene Mannschaft einen WM-Punkt! Keiner hält es

mehr für denkbar, dass es ein F1-Debüt geben kann wie das vom SauberTeam 1993, als man gleich beim ersten F1-Rennen punkten konnte – und das, obschon es damals nur Zähler für die ersten sechs Fahrer gab. Oder gar ein Debüt wie beim Wolf-Team 1977, das mit dem späteren Weltmeister Jody Scheckter den Einstand sogar gewinnen konnte! Allerdings basierte das Team auch auf den Resten des Williams-Teams. Auch dass gleich bis zu drei neue Teams hinzustoßen wie 1985 (Minardi, Zakspeed, Haas) oder 1988 (Rial, EuroBrun, Scuderia Italia), scheint mehr als unrealistisch. Stimmen die Voraussetzungen, also die finanziellen Rahmenbedingungen, dann wäre das aber durchaus möglich. Doch so schwer wie heute war es noch nie, ein F1-Team zu gründen. Das zeigt auch die Statistik: Weil auch 2014 kein neues Team kommt, gibt es seit vier Jahren keinen neuen Rennstall, das ist gemeinsam mit der Periode von 1997 (Stewart) bis 2002 (Toyota) die längste Spanne in der F1-Geschichte überhaupt. Früher kamen jedes Jahr neue Teams, andere verschwanden wieder. Teams wie ART und Carlin hätten vor 25 Jahren noch F1-Sport betrieben, jetzt ist das illusorisch und sie liebäugeln nun mit anderen Serien wie der IndyCar.


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Block

Eine Reihe von neuen F1-Regeln, das heißt auch wieder eine Reihe von vielen und kontroversen Diskussionen. Was gibt es nicht alles für Ideen, für Denkmodelle, ja auch für waghalsige Experimente. Kein Reglement wird in ihrem Grundgerüst öfter geändert als das in der Formel-1. Doch egal, wohin der Weg der Formel-1 führt, sie wird immer existieren. Wer an Fußball denkt, der denkt an die Fußball-Weltmeisterschaft, an die Champions-League, an die Bundesliga und viele andere Wettbewerbe. Wer an den Rennsport denkt, der denkt an die Formel-1. Zumindest der Durchschnitts-Zuschauer. Manche schauen noch Moto-GP oder Langstrecken-WM, alle anderen Serien sind aber – machen wir uns nichts vor – Randerscheinungen, die eher für geringes Interesse sorgen. Natürlich ändert sich das Gesicht der Formel-1: Von Adeligen und Akteuren zu Profis und Berufsrennfahrer. Von technischer Vielfalt zu einem fest gestrickten Reglement, von bis zu 39 gemeldeten Fahrern zu gerade noch 22. Von offenem Wettbewerb hin zu Showelementen wie DRS. Von unbegrenzter Teilnahme-Möglichkeit hin zu möglichen drei Wagen je Team. Jede einzelne Entwicklung kann man kritisieren oder gut heißen – aber der Königsklasse kann es nichts anhaben. Denn letztlich ist der Rennsport die Formel-1. Die Akteure nutzen diesen Umstand nicht aus: Die FIA müsste den Herstellern die Stirn bieten und das Reglement machen, die Teilnehmer müssten sich dran halten. Das ist in jeder anderen Sportart so, nicht aber in der F1. Auch wenn die Akteure mit einer Konkurrenzserie drohen. Zumal das leere Worthülsen sind: Welche Hersteller wären denn 2010 für eine Konkurrenzserie noch aktiv gewesen? Honda, BMW und Toyota stiegen aus, als sich die Weltwirtschaftskrise voll entfaltete. Aber man darf nicht übermütig werden: Man muss schauen, dass der FormelSport attraktiver als andere Rennserien bleibt (nicht wie auf anderen Kontinenten, wo sich vermehrt GT- oder Stockcars durchsetzen) und die Formel-1 muss unbedingt im Free-TV bleiben. Dann ist die Zukunft gesichert.

Was macht Bernie Ecclestone aus der F1? © Ron McQueeney

Michael Zeitler

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Die Formel-1 wird nicht sterben


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LAT

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F1-Regeln

Arbeit nach der Qualifikation Auch wenn es gerne vereinfacht heißt, dass zwischen der Qualifikation und dem Rennstart an den Fahrzeugen keine Veränderungen vorgenommen werden dürfen, zeigt das Reglement, dass dies so nicht stimmt. von Daniel Geradtz In Artikel 34 des diesjährigen Formel1-Regelwerks ist eigentlich nur eine lange Liste von Bedeutung. Diese Aufzählung offenbart alle Maßnahmen, die unter den so genannten Parc Fermé Bedingungen ausgeführt werden dürfen. Die Autos werden nach der technischen Abnahme, die unmittelbar nach der Qualifikation folgt, wieder in die Hände der Teams übergeben, die dann unter Umständen nachbessern müssen. Die eigentliche Wortbedeutung (etwa geschlossenes Gebiet), also ein Bereich, zu dem der Zugang strikt begrenzt ist, hat damit ihren Sinn eingebüßt. Erneuert wurde der Begriff mit der Einführung des Einzelzeitfahrens im Jahr 2003. Damals, als das Nachtanken noch gestattet war, spielte ebenso die geladene Benzinmenge eine Rolle. Denn nach der Qualifikation durfte nicht mehr nachgetankt werden. Es galt, einen Spagat zwischen guter Rundenzeit und Renntaktik zu finden. Heute ist nimmt die Reifenwahl diese Rolle ein. Zumindest für die ersten zehn, die im Rennen genau jenen Satz verwenden müssen, mit dem die schnellste Zeit erzielt wurden. Die strategische Relevanz hat sich angesichts von nur zwei Reifenmischungen stark reduziert.

Im Vergleich zu früher hat der Begriff nun eine erweiterte Bedeutung. Galt bis vor wenigen Jahren nur der unmittelbare Zeitraum der technischen Kontrolle durch die FIA als Parc Fermé, so ist es nunmehr die gesamte Zeit zwischen Qualifikation und Rennen. Eigentlich beginnt die Beschränkung aber schon früher. Denn im Reglement heißt es: „Jedes Fahrzeug, das zum ersten Mal die Boxengasse in Q1 verlässt, steht bis zum Rennstart unter den Bestimmungen des Parc Fermé.“ Was den Teams erlaubt ist Danach folgen im sportlichen Regelwerk insgesamt 24 Ausführungen, die die Prozedur erläutern. Neben Standardmaßnahmen, die im Laufe der Qualifikation ohnehin notwendig sind, wie Reifenwechsel, das Anlassen des Motors oder das Anbringen von zusätzlichen Kühlern und Lüftern, werden den Teams weitere Maßnahmen zugestanden. So dürfen neben kosmetischen Arbeiten, Reinigung des Fahrzeugs und Ersetzen beschädigter Teile (hier spielt allerdings auch die Sicherheit eine große Rolle), ebenso essentielle Bestandteile ersetzt werden. Neben der Hauptbatterie für die Fahrzeugelektronik, die ausgetauscht werden darf, kann auch

die zentrale Speichereinheit des KERS ausgebaut und bei Bedarf sogar über Nacht in den Händen der Team behalten werden. Was genau die Teams daran arbeiten dürfen, steht nicht im Regeltext. Um die sportliche Transparenz zu wahren, sind die Teams dazu angehalten, jene Teile, die vom Fahrzeug entfernt wurden, so zu platzieren, dass der jeweilige technische Beobachter, der immer für ein Fahrzeug verantwortlich ist, diese auch zweifelsfrei zuordnen kann. Denn dieser muss genau Buch darüber führen, was in seinem Verantwortungsbereich geschieht. Will ein Team mehr als die im Reglement benannten Teile ausbessern (siehe Kasten), so muss es sich erst beim technischen Delegierten der FIA die schriftliche Erlaubnis einholen. Diese wird allerdings nur bei wichtigen Gründen erteilt. Muss es schnell gehen, kann der Passus umgangen werden: In der Qualifikation selber und in der Startaufstellung, handeln die Teams in eigener Verantwortung. Sind sie davon überzeugt, dass sie die Erlaubnis zum Austausch bekommen würden, können sie entsprechend agieren. Die Zustimmung der FIA wird


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Rennleiter Charlie Whiting kann darüber hinaus selbst eine über eine weitere Auflockerung im Einzelfall bestimmen. Dieser tritt genau dann ein, wenn sich die Wetterbedingungen zwischen Samstag und Sonntag maßgeblich ändern. Viel darf dann allerdings auch nicht gearbeitet werden. Lediglich die Kühleinlässe dürfen den neuen Bedürfnissen angepasst werden. Schummeln unmöglich

Weil die Fahrzeuge über Nacht in den Boxen der Teams abgstellt werden, wird die Einhaltung der Parc Fermé Regelung durch ein Kamerasystem überwacht. Trotz der umfangreichen Änderungen im technischen Reglement für das kommende Jahr bleibt der Artikel über die Auslegung der Parc Fermé Bestimmungen gänzlich unberührt.

Die Ausnahme ist die Regel Diese Teile wurden beispielsweise nach der Abu Dhabi Qualifikation bei Lewis Hamilton ausgetauscht. • Obere Querlenker hinten • Untere Querlenker hinten • Zugstrebe hinten • Sturz-Einstellscheiben • Umlenkhebel • Radträger/Antriebswelle • Stabilisator hinten • Stabilisatorverbindung hinten • Stoßdämpfer hinten • Dritter Dämpfer hinten • Querlenkerverkleidungen • Bremssättel vorne und hinten • Bremsbeläge vorne und hinten • Bremsverkleidungen hinten • Unterboden • Seitenkasten rechts hinten • Antriebswellemanschetten • Hinterachssensoren Ferrari

Da alle Arbeiten akribisch dokumentiert werden müssen, veröffentlicht der Automobilweltverband vor den Rennen jeweils eine Liste, welche Bauteile an welchen Fahrzeugen ausgetauscht wurden. Der Konkurrenz bleiben so mögliche Schwachstellen nicht verborgen.

Unabhängig von den grundsätzlichen Bestimmungen laut Artikel 34 haben sich die Teammitglieder auch an die nächtliche Arbeitssperre zu halten. Diese kann in wenigen Ausnahmesituationen allerdings umgangen werden. So genannte Joker sind pro Team nur zweimal einsetzbar. Ohnehin sind ohne Sondergenehmigungen nur Arbeiten bis maximal 3,5 Stunden nach dem Ende des Qualifikationstrainings erlaubt.

Was die Regeln sonst noch vorsehen Wie alles in der Formel-1 sind die Abläufe auch für das Parc Fermé streng im Regelwerk verankert. So sollen nach dem Rennen die Piloten unverzüglich ihre Boliden dort abstellen. Weil Sebastian Vettel sich daran in Indien nicht hielt, bekam Red Bull eine Geldstrafe. Er parkte stattdessen auf Start-Ziel. Außerdem soll das Parc Fermé so nah wie möglich am Podest liegen, damit die ersten drei einen

möglichst kurzen Weg zur Siegerehrung haben. Der Zugang ist stark limiert und praktisch nur FIA Offiziellen und Fahrern gestattet. Für die Teilnehmer der Siegerehrung stehen per Reglement exakt drei Wasserflaschen im Parc Fermé zur Verfügung. Mehr Wasser oder gar andere Getränke sind nicht erlaubt. Auch die Piloten stehen bis zur Er-

mittlung ihres Gewichts in gewisser Weise unter Parc Fermé Regularien. Sie müssen zusammen mit dem Fahrzeug das Mindestgewicht erreichen. Erst nach der technischen Abnahme werden die Boliden wieder an die Teams übergeben. Danach gelten auch die Ergebnisse als offiziell bestätigt. DG

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überprüft und schließlich im Nachgang erteilt.

F1-Regeln


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Tecpro International

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Tecpro Barriere

Reifenstapel haben ausgedient Seit einiger Zeit kommen zur Absorbierung der Energie bei einem Unfall Tecpro-Barriere statt den bewährten Reifenstapeln zum Einsatz. von Daniel Geradtz usgerechnet durch Michael Schumachers schweren Unfall beim Großen Preis von Großbritannien in Silverstone 1999 wurde eine neue Dimension der Streckensicherheit ins Rollen gebracht. Beim Einschlag in der Stowe-Kurve am Ende der langen Hangar-Straight versagten die Bremsen am Ferrari des Deutschen, der daraufhin mit nur geringer Verzögerung in die Reifenstapel einschlug. Diese offenbarten dabei eine Schwachstelle, denn sie wurden nicht durch ein Band nach vorne abgedeckt. Schumacher stieß damit förmlich zwischen die einzelnen Stapel und brach die Verbindung auf. Am Ende wurde er schließlich nicht durch die Reifen zum Stehen gebracht, sondern durch die harte Mauer dahinter. Der Datenschreiber registrierter damals zwar nur eine Aufprallgeschwindigkeit von relativ moderaten 107 km/h, doch die Verzögerung an der Mauer war stark.

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Die FIA machte sich danach zur Aufgabe, für die Zukunft ein sichereres Sys-

tem entwickeln zu lassen. Neben dem Motorsportweltverband war auch die DEKRA bei den Planungen involviert. 2005 wurden die Tecpro-Barrieren eines französischen Herstellers erstmals eingesetzt. Schon ein Jahr später erhielt man auf der Motorsport World Expo einen Preis für die beste Sicherheitsentwicklung. Der Siegeszug begann. Heute hat man bereits einen Großteil der alten Reifenstapel ersetzt. Auf neuen Rennstrecken setzt man erst recht von Beginn an auf die Technologie. Der Yas Marina Circuit oder der Circuit of The Americas wären ohne die Elemente heute nicht vorstellbar.

brauchen vier Arbeiter 15 Tage. Würde man über die gleiche Strecke Reifen installieren, wären bei doppelter Arbeitskraft 53 Werktage notwendig. Die Zeitersparnis ist vor allem bei typischen Stadtkursen wie Monaco oder Singapur Geld wert.

Effizienter als Reifen

Die Konstruktion besteht aus zwei grundlegenden Typen von Blöcken. Zum einen sind es so genannte absorbierende Blöcke, die in der Regel rot gefärbt sind, auf der anderen Seite gibt es aber auch die verstärkenden Einheiten (grau).

Die Vorteile liegen auf der Hand. Das System ist effizienter, absorbiert 40 Prozent mehr Energie als die traditionellen Reifenstapel, nimmt dafür aber erheblich weniger Platz in Anspruch. Auch die Montage gestaltet sich wesentlich einfacher. Um einen Kilometer der Tecpro Barrieren anzubringen,

Denn müssen Reifen aufwendig untereinander verschraubt werden, damit die Stabilität gewahrt bleibt, können die einzelnen Tecpro-Elemente schnell und problemlos miteinander verbunden werden. Auch hier spricht man wieder von vier Servicekräften des Herstellers, die dies innerhalb weniger Minuten schaffen.

Die roten Elemente werden direkt an der Mauer platziert und dienen so


Tecpro International

als eigentlicher Puffer. Erst mit dem Abstand von zwei absorbierenden Blöcken folgt eine geschlossene und verbundene Linie der verstärkenden. Diese werden durch drei Nylonstränge beisammen gehalten, sodass ein Auseinanderbrechen nicht möglich ist. Im inneren der Plastikhülle befindet sich ein Energie absorbierender Schaum und eine Metallplatte, die dem ganzen Element Stabilität verleiht. Je nach Intensität des möglichen Einschlags kann die Anzahl der jeweils angebrachten Reihen ergänzt werden. Dadurch, dass die äußere Reihe nicht im Boden verankert ist, kann diese bei einem Aufprall flexibel reagieren. So wird die Aufprallenergie rund um den Einschlagspunkt gleichmäßig an die umliegenden Elemente verteilt, die dann das Objekt buchstäblich umschließen. Zudem wird ein Boo-

merang-Effekt, der die Boliden wieder zurückwirft, vermieden. So wurde bei Test selbst ein Aufprall mit einer Geschwindigkeit von 187 km/h auf einen Verzögerungswert von 55 Greduziert, der für den menschlichen Körper kurzzeitig verkraftbar ist. Weitere Versuche ergaben, dass die Blöcke selbst bei einer Geschwindigkeit von 218 km/h nicht von Formel-1-Fahrzeugen überwunden werden. Umweltfreundlicher als Reifen Auch wenn sie in der Struktur und ihrem Zweck unterschiedlich sind, haben beide Blockarten die gleiche Dimension. Bei einer Höhe von 1,2 Metern, sind sie 150 cm lang und 60 cm tief. Das im Inneren hohle rote Element wiegt 80 Kilogramm, der andere Block bringt wegen seiner Füllung und der Verbindungsstränge 40 kg mehr auf die Waage.

Der Hersteller stellt außerdem den Umweltschutz als wesentlichen Vorzug der Techno-Barriere heraus. Denn in den geschlossenes Systemen ist es nun nicht mehr möglich, dass sich über den rennfreien Winter dort einnisten. Zudem habe das Müllaufkommen entlang der Piste abgenommen. Denn früher haben Viele die Abfälle in die Reifenstapel geworfen. Nicht nur die Rennstrecken vertrauen auf die Technik. Überall, wo temporäre Strecken aufgebaut werden, wie zum Beispiel dem Rache of Champions oder Stadionprüfungen bei Rallye-Events, greift man inzwischen auf Tecpro-Barrieren zurück. Die Idee stammt ursprünglich aus dem Kaltsport, wo allerdings nur die Funktion der Streckenabgrenzung im Vordergrund stand. Die neue Dimension, was die Sicherheit betrifft, kam es später hinzu.

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Tecpro International

Tecpro Barriere Tecpro International

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Force India: Fahrerpaarung so stark wie nie? Das Force-India-Team ist mit unterschiedlichen Besitzern und Namen seit 1991 in der Formel-1. Seither hatte das Team schon viele starke Fahrerpaarungen. Von 1993 bis ’95 fuhren zum Beispiel Rubens Barrichello und Eddie Irvine für Jordan. Beide wurden später Stammfahrer bei Ferrari und gewannen dort auch Rennen, auch wenn sie stets nur Wasserträger für Michael Schumacher waren. 1997 setzte Jordan auf zwei junge Nachwuchsfahrer und landete damit einen Glückstreffer: Ihre Namen waren Giancarlo Fisichella und Ralf Schumacher. 1998 fuhr Schumacher gegen Ex-Weltmeister Damon Hill, doch der war trotz seines Sieges im Chaosrennen von Belgien nicht mehr auf der Höhe seiner Leistungen. Dafür war die Fahrerpaarung aus HeinzHarald Frentzen und Jarno Trulli 2000 und 2001 sehr stark. Auch Force India hatte zuletzt immer starke Paarungen, wie Giancarlo Fisichella-Adrian Sutil oder Paul di Resta-Nicolas Hülkenberg. MZ James Moy

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Formel-1 Transfermarkt

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Pérez wechselt zu Force India! Sergio Pérez wurde bei Force India, Adrian Sutil bei Sauber offiziell bestätigt. Damit sind nur noch vier Cockpits zu vergeben. von Michael Zeitler In der letzten Woche sind zwei Cockpits besetzt worden – allerdings blieb eine größere Überraschung aus: Sergio Pérez wechselt zu Force India, Adrian Sutil dafür zu Sauber. Pérez komplettiert damit das Fahreraufgebot von Force India als Teamkollege von Nicolas Hülkenberg. Die beiden sind fahrerisch richtig stark, Force India hat eine der besten Paarungen überhaupt im Feld. Weil Hülkenberg 2011 als Test- und 2012 als Stammpilot bereits bei Force India war und Pérez dazu eine etwas höhere Fehlerquote aufzeigt, ist Hülkenberg der Favorit im teaminternen Duell – doch das könnte noch richtig spannend werden. Force India hat fahrerisch damit die zwei besten Fahrer geholt, die auf dem Markt verfügbar waren. Die Pérez-Verpflichtung soll angeblich auch 15 Millionen Euro durch Sponsor Telmex in die Teamkasse einbringen, doch das dürfte nicht das Hauptargument für die Pérez-Verpflichtung gewesen sein. Der Mexikaner galt 2012 bei Sauber als Überflieger, setzte mehrmals Highlights und raste öfter Mal auf das Treppchen. Sein Aufstieg ins Topteam McLaren 2013 war logisch, kam aber zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: McLaren erlebte 2013 das schwächste Jahr seit 1980, Pérez konnte daher kaum brillieren – aber durchaus mit Jenson Button mithalten. Und Button

ging gegen Lewis Hamilton in drei gemeinsamen Jahren immerhin als Sieger hervor! Pérez und Hülkenberg sind auch zwei Fahrer, die intelligent fahren, Reifen und Benzin schonen können und trotzdem Spitzen-Zeiten auf den Asphalt brennen können. Mit den Benzinbegrenzungen und den neuen Turbomotoren könnten diese Eigenschaften 2014 noch wichtiger werden. Beide wurden mit mehrjährigen Verträgen ausgestattet, werden also bis mindestens Ende 2015 im Team bleiben. Nächster Deutscher bei Sauber Für Paul di Resta und Adrian Sutil war damit bei Force India kein Platz mehr. Di Resta liebäugelt mit einem DTM-Comeback (hier wurde er 2010 Meister), Adrian Sutil dockte indes bei Sauber an. Für Sutil ist es der erste Teamwechsel, denn seit 2006 war er bei Force India angestellt. Sutil ist bei Sauber einer von vielen deutschen Fahrern in der Teamgeschichte: Heinz-Harald Frentzen, Nick Heidfeld, Sebastian Vettel und Nicolas Hülkenberg fuhren ebenfalls bereits für den Schweizer Rennstall. Wer Teamkollege von Sutil wird, ist noch unklar. Als Kandidaten werden Giedo van der Garde, Esteban Gutiérrez, Sergey Sirotkin und – im Falle einer Fusion mit Marussia – auch Jules Bianchi gehandelt.


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Formel-1 Transfermarkt

Sebastian Vettel

Red Bull Renault

Lewis Hamilton

Mercedes

Daniel Ricciardo

Nico Rosberg

Fernando Alonso

Ferrari

Romain Grosjean

Lotus Renault

Pastor Maldonado

McLaren Mercedes

Kevin Magnussen

Jenson Button

Nico Hülkenberg

Adrian Sutil

Force India Mercedes

Sauber Ferrari

Kimi Räikkönen

Sergio Pérez

Esteban Gutiérrez

Jean-Eric Vergne

Toro Rosso Renault

Daniil Kvyat

Valtteri Bottas

Williams Mercedes

Felipe Massa

Jules Bianchi

Marussia Ferrari

Max Chilton

Giedo van der Garde bestätigte Fahrer

Caterham Renault nicht bestätigte Fahrer

Heikki Kovalainen

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Mögliches Fahrerfeld 2014


Lotus/LAT

24 Boullier in Wechsel-Stimmung? Gerüchte überschlagen sich, wonach Eric Boullier sein Amt als Lotus-Teamchef räumen und den Rennstall verlassen werde. Der Franzose übernahm 2010 die Rolle des Teamchefs, nachdem die Investorengruppe Genii Capital das Team in Enstone von Renault gekauft hatte. Boullier war zuvor Teammanager im GP2-Rennstall DAMS. Der 40-Jährige wird nun mit Ferrari und Force India in Verbindung gebracht. Sein Weggang könnten Vorboten eines großen Erdbebens bei Lotus sein. Schenkt man Medienberichten Glauben, dann hat Investor Andrew Ruhan dem Team 60 Millionen Euro geliehen, die er jetzt zurückhaben will. Dafür will er Gerald Lopez und Eric Lux von Genii Capital als Teambesitzer loswerden und den Rennstall verkaufen. Aus Amerika soll es einen Interessenten geben. Boullier selbst dementierte die Gerüchte um einen möglichen Lotus-Abgang bereits. MZ

Dennis zurück in die Rolle des Teamchefs? Seit Wochen kursieren Gerüchte, wonach der McLaren-Teilhaber Ron Dennis wieder zurück ins F1-Tagesgeschäft will. Angeblich plant der Brite, der 1980 das McLaren-Team übernommen und zu einem der erfolgreichsten F1-Rennställe aufgebaut hatte, die Übernahme der 25%-Anteile, die seit Jahrzehnten der Araber Mansour Ojjeh besitzt. Ojjeh ist krank, zwischenzeitlich musste man sogar mit dem Schlimmsten rechnen! Im Fall einer Dennis-Rückkehr müsste Martin Whitmarsh seinen Chefsessel räumen. Whitmarsh wurde 25 Jahre lang von Dennis als Nachfolger aufgebaut, 2009 übernahm er die Rolle des Teamchefs. Dennis kümmerte sich zuletzt vor allem um die Intensivierung der Sportwagen-Programme von McLaren, allerdings nur mit mäßigem Erfolg. McLaren dementiert die Dennis-Gerüchte bisher. MZ

Vier Teams testen in Bahrain Die Randdaten für den Pirelli-Test in dieser Woche stehen fest: Vier Teams werden in Bahrain die Reifen für 2014 testen. Neben den drei Spitzenteams Red Bull, Mercedes und Ferrari wird auch das zweite Red-Bull-Team – Scuderia Toro Rosso – mit von der Partie sein. Erst sagten auch McLaren und Force India zu, doch die beiden Teams fehlen nun doch. Für Red Bull wird Testfahrer Sébastien Buemi fahren, für Ferrari ebenfalls die beiden Tester Pedro de La Rosa und Jules Bianchi, für Mercedes Nico Rosberg sowie die beiden Stammfahrer Jean-Eric Vergne und Daniil Kvyat bei Toro Rosso. Die Daten werden den anderen Teams offen gelegt. Die teilnehmenden Rennställe erfahren erst im Nachhinein, welche Mischungen sie jeweils erprobt haben. Damit soll verhindert werden, dass für die Teams wettbewerbsverzerrende Vorteile entstehen. MZ

Ferrari in die LMP1? Die Gerüchte sind nicht neu, sie halten sich aber hartnäckig: Ferrari könnte mit einer Rückkehr in die Sportwagen-WM liebäugeln – und zwar in der Top-Klasse LMP1. Als Basis könnte der F1-Turbomotor dienen, der ab 2014 zum Einsatz kommen wird. MZ

Ingenieure in Wechsel-Laune Nicht nur bei den Fahrern herrscht momentan ein munteres Bäumchen-Wechsel-dich-Spiel, auch bei einigen Ingenieuren stehen Teamwechsel an. Besonders das Williams-Team ist auf Einkauftour gegangen: Von Lotus holte man sich den führenden Aerodynamiker David Wheater, von Red Bull Shaun Whitehead, ebenfalls eine Verstärkung für das Aerodynamik-Spitzenteam. Williams sicherte sich auch zwei Chefingenieure: Jakob Andreasen von Force India und Tom McCullough von Sauber. McCullough kam nach ersten Berufserfahrungen bei Reynard und Panoz 2002 zu Williams und wechselte erst 2013 von Williams zu Sauber. Nun kehrt er an seine alte Wirkungsstätte zurück. Dafür geht Xevi Pujolar zu Toro Rosso. Williams soll auch an den Diensten von Rob Smedley interessiert sein, doch bisher wurde der Wechsel nicht offiziell kommuniziert. Smedley war bei Ferrari jahrelang Renningenieur von Felipe Massa, der nach acht Jahren bei Ferrari 2014 für Williams ins Lenkrad greifen wird. MZ

Ferrari

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F1-News

Schon aktuell ist Ferrari in der GT-Wertung der WEC aktiv


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Für Briscoe ist es eine Rückkehr: 2005 gab er bereits sein IndyCar-Debüt für das GanassiTeam, erlebte in Joliet aber einen schweren Crash. Er kollidierte mit Michael Andretti, wurde in die Fangzäune geschleudert, wobei sein Dallara Honda Feuer fing. Die Liste seiner Verletzungen, die er dabei erlitt, war riesig. Beidseitige Schlüsselbeinbrüche, eine Fußfraktur, schwere Prellungen an Armen, Beinen und am Rücken, sowie Atembeschwerden, weil er bei dem Crash auch giftige Dämpfe eingeatmet hatte. Auch das Indy-500 2013 bestritt Briscoe für Ganassi. Bei Penske sammelte Briscoe sieben IndyCar-Siege, 2009 schloss er die Saison als Gesamt-Dritter ab. Insgesamt 50 Kandidaten meldeten bei Ganassi Interesse am vierten Cockpit an, darunter auch Testpilot Alex Tagliani. Er könnte nun für Ganassi SportwagenRennen bestreiten. MZ

Asensi Carricondo

Indy Lights Harvey debütiert mit Schmidt Peterson Die IndyCar-Nachwuchsklasse Indy-Lights kann einen prominenten Neuzugang vermelden: Jack Harvey wird in der kommenden Saison für das Meister-Team Schmidt Peterson fahren. Der Brite, 2013 einer der Spitzen-Piloten in der GP3, will aus Kostengründen seine Karriere in Amerika fortsetzen. Sein Teamkollege könnte Yann Cunha werden, der 2013 in der Renault-World-Series unterwegs war. Bisher sind sechs Fahrer für die kommende Indy-Lights-Saison bestätigt: Neben Jack Harvey sind das: Matthew Brabham und Zach Veach für Andretti, Alexandre Baron für Belardi, Lloyd Read für Bryan Herta/Jeffery Mark und Zack Meyer für Moore. In der vergangenen Saison gab es sieben regelmäßige Starter, hinzu kamen einige Gastfahrer. MZ

IndyCar Briscoe ersetzt Franchitti Das Warten hat ein Ende: Ryan Briscoe wird den nach seinem schweren Texas-Unfall zurückgetretenen Dario Franchitti bei Ganassi ersetzen. Genau genommen wird Tony Kanaan den Ganassi Dallara Chevrolet mit der Startnummer 10 übernehmen und Briscoe übernimmt dessen Wagen. Doch unterm Strich hat sich Ganassi mit dem 32-jährigen Australier einen starken Fahrer ins Team geholt. Neben Briscoe und Kanaan werden auch Scott Dixon und Charlie Kimball für den erfolgsverwöhnten Rennstall an den Start gehen.

WSbR Fantin wechselt zu Draco In der Renault-World-Series sind die ersten Plätze besetzt. Pietro Fantin wechselt von Arden Caterham zu Draco Racing. Der Brasilianer hinterließ bei den Testfahrten offenbar einen guten Eindruck. In seiner Debütsaison blieb er hinter den Erwartungen zurück: Der 21-Jährige wurde 2013 nur Gesamt-21., auch in der britischen Formel-3 konnte er keine Glanzpunkte setzen. Fortec hat wie erwartet Oliver Rowland aus dem Formel-Renault-2.0-Eurocup befördert. Mit dieser Strategie hatte Fortec in den vergangenen zwei Jahren Erfolg: Robin Frijns wurde 2012 Meister, Stoffel Vandoorne 2013 Vizemeister. Auch Pierre Gasly steigt auf. Der Franzose fährt nächstes Jahr für das Arden-Team und wird außerdem in den Red-Bull-Juniorkader aufgenommen. Das Arden-Team hat zudem die Partnerschaft mit Caterham beendet. MZ

FORMEL-WOCHE 29/2013

F3-EM Auer wechselt zu Mücke Lucas Auer wechselt vom einen Topteam (Prema Power) zum anderen (Mücke). Der Neffe von Ex-F1-Pilot Gerhard Berger ist der erste bestätigte Fahrer im deutschen Rennstall von Peter Mücke. Auer wurde im Vorjahr mit einem Sieg in Brands Hatch Gesamt-Vierter und war damit einer der besten Rookies. 2014 will der Österreicher nun den Titelgewinn. Das Prema-Power-Team hat indes Dennis van de Laar angeheuert. Der Niederländer war letztes Jahr bereits für Van Amersfoort in der F3-EM, wurde aber nur 20. Auch Esteban Ocon und Antonio Fuoco gelten bei Prema Power so gut wie fix, sind aber noch nicht offiziell bestätigt worden. Auch andere Teams testen neue Fahrer – und die die ebenfallas neuen Motoren. Carlin hat das neue VW-Aggregat mit Tom Blomqvist und Jordan King getestet. Neben Nicolas Latifi könnten beide Fahrer die kommende F3-EM für das Team von Trevor Carlin bestreiten. T-Sport hat mit dem Spanier Alexander Toril getestet, der 2013 in der Formel-3-Open Fünfter wurde. MZ

Internationele News


ADAC Motorsport

FORMEL-WOCHE 29/2013

Portrt Alessio Picariello

26 Auf dem Sprung in die F3

Nach seinem Sieg im ADAC Formel-Masters ist der Belgier Alessio Picariello auf dem besten Weg in die nächste Nachwuchsserie. von Daniel Geradtz as letzte Saisonrennen ist schon eine gefühlte Ewigkeit her, doch erst in den vergangenen Tagen erhielt Alessio Picariello den Lohn für seinen Titelgewinn im ADAC Formel-Masters: den Pokal für den Gesamtsieger des Jahres 2013. Zwischen dem Finale auf dem Hockenheimring am 29. September und der Ehrung durch den ADAC am vergangenen Wochenende vergingen elf Wochen. Trotz der vergangenen Zeit bleiben seine Erfolge nachhaltig in Erinnerung.

D

Der Belgier dominierte die unterste deutsche Nachwuchsserie im Formel-Sport wie bisher noch keiner. Die Errungenschaften fasst er auf seiner Facebook-Präsenz so zusammen: „24 Rennen, 12 Siege (Rekord), 16 Podiumsplätze (Rekord), 388 Punkte (Rekord), 144 Vorsprung auf den Zweiten (Rekord), die Meisterschaft vom ersten bis zum letzten Rennen angeführt (Rekord).“ Dass er nur fünfmal auf der Pole-Position stand, was keine neue Bestleistung ist, kann angesichts dessen, was Picariello aus den Voraussetzungen heraus geholt hat, fast schon vernachlässigt werden. Zweites Jahr im Formel-Masters In einer durchaus beachtenswerten Debütsaison 2012 im Team von Schiller-Motorsport fing Picariello durchaus stark im ADAC Formel-Masters an. Gleich beim ersten Wochenende in Oschersleben fuhr der damals 18-Jährige unter die ersten drei und verpasste zudem einmal das Podium nur knapp. Zu Saisonmitte setzte er noch ein paar Glanzlichter: Dem ersten Sieg am Nürburgring folgte erneut ein dritter Rang an gleicher Stelle. Beides konnte er kurz darauf in Spielberg wiederholen. Ansonsten war er konstant in den Punkten. Für einen Anfänger war das nicht schlecht, aber um ganz vorne mitzufahren reichte es nicht. Erst recht nicht gegen die beiden überlegenen Fahrer Marvin Kirchhöfer und Gustav Malja. So langet es für Picariello in der Gesamtwertung zu Rang sechs. Mit seinem Wechsel zu Mücke-Motorsport vor der Saison 2013 lud sich, der Mann, der sein Cockpit nach jedem Sieg mit einem weiteren Aufkleber des Pokémon Pikachu verziert, Druck auf. Die Mannschaft aus Berlin gehört seit jeher zu einer der besten im Nachwuchsbereich. Picariello stand fast schon unter dem Zwang, eine konstant gute Leistung bieten zu müssen. Aber schon beim Auftakt wurde er der Rolle gerecht. Auf Anhieb zwei Siege und ein weiterer vierter Rang. Mit einem Vorsprung von 30 Zählern auf seinen ersten Verfolger konnte er vom Start weg seine meisterliche Fahrt einläuten. Zehn weite-


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ADAC Motorsport

Zusammen mit seinen Teamkollegen Maximilian Günther, Kim-Luis Schramm, Hendrik Grapp und Giorgio Maggi wurde Mücke Motorsport zudem zum Sieger in der Teamwertung gemacht. Da immer die besten zwei Piloten eines Rennstalls punktberechtigt sind, gingen somit nicht weniger als 15 Saisonerfolge an das Team von Peter Mücke, das wie schon in der Vergangenheit offiziell unter der Nennung ADAC Berlin-Brandenburg e.V. antrat. Es war der erste Sieg in der Teamwertung. In der Fahrerwertung war man jedoch schon 2011

erfolgreich. Es siegte damals Pascal Wehrlein, der der Truppe bis in die DTM treu geblieben ist. Der Mann aus Schwaben lege eine ähnliche Dominanz an den Tag.

pe auch 2014 seine sportliche Heimat wird oder ob er möglicherweise innerhalb des Mücke-Teams in die F3 aufsteigt, ist bisher noch nicht bekannt.

Mit dem Titeltriumph hat sich Picariello nicht nur wärmstens für einen Aufstieg in die Formel-3 empfohlen, sondern profitierte auch von einer Kooperation zwischen dem ADAC und dem ATS-Formel-3 Cup. Damit wird dem Sieger jeweils in F3-Testtag gestattet. „Ich werde alles geben, um nächstes Jahr in der Formel-3, an den Start zu gehen“, sagte der Mann, der im italienischen Montemarano geboren wurde, die meiste Zeit seiner Kindheit aber in Belgien verbrachte.

Seine ersten Gehversuche im Motorsport fingen vor zwölf Jahren an. Nachdem Picariello schon mit vier zum ersten Mal in einem motorisierten Kart saß, nahm er 2001 auch an den ersten Wettkämpfen teil. 2002 folgte schließlich die erste vollständige Saison. Der Einstieg war eher unkonventionell. Picariello sagt, dass seine Familie bis dahin nichts mit Motorsport zu tun gehabt habe. Sein Vater habe lediglich die Formel-1 vor dem Fernseher verfolgt. Von daher hätte es näher gelegen, wie fast jeder Junge mit dem Fußballspielen zu beginnen. Doch war der Spaß an der Rennerei erstmal geweckt, konnte ihn niemand mehr davon abhalten.

Aufstieg in die Formel-3? Nach dem Test wagte er einen ersten Vergleich zu seinem bisherigen Arbeitsgerät: „Das Formel-3-Auto hat deutlich mehr Power und viel mehr Abtrieb, der grundlegende Fahrstil ist jedoch gleich.“ Die Unterschiede lägen vor allem in Hochgeschwindigkeitskurven. Seine ersten Formel-3 Kilometer absolvierte er mit Performance Racing auf der Formel-1-Piste von Barcelona. Ob die britische Trup-

Der Umstieg in den Formel-Sport ließ bis 2010 auf sich warten. Bei drei seiner insgesamt sechs Gastrennen in der Formel-Renault 2.0 NEC sicherte er sich den Klassen-Sieg. Schließlich folgte im Jahr darauf eine gesamte Saison. In der Gesamtwertung wurde er Sechster.

FORMEL-WOCHE 29/2013

re Triumphe folgten, Picariello stand demnach bei der Hälfte aller Rennen ganz oben auf dem Podest. Drei Mal musste er sich mit dem zweiten oder dritten Rang begnügen, ebenfalls drei Mal musste er gänzlich auf die Champagnerdusche verzichten, sammelte aber immerhin Zähler. Hinzu kamen je ein Ausfall in Spielberg und ein weiterer ausgerechnet bei seinem Heimspiel in Spa-Francorchamps. Dennoch reichte es zum vorzeitigen Titelgewinn ein Wochenende vor dem Ende der Saison. Und schon zu diesem Zeitpunkt standen einige seiner Rekordmarken fest, denen er in Hockenheim noch das Sahnehübschen aufsetzte.

Portrt Alessio Picariello


Impressum Herausgeber: Daniel Geradtz Chefredakteur: Michael Zeitler Redaktion: Johannes Mittermeier Alexander Millauer Layout: Daniel Geradtz Michael Zeitler


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