Fritz+Fränzi Kindergartenheft Frühling 17

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Schulweg Elternabend Oskar Jenni Jokertage Neue Freunde Lehrer Schulsport Jesper Juul Pausenplatz Noten Michèle Binswanger Hausaufgaben Znüni Fabian Grolimund Neue Medien Lernen

g 1 Jahr lan i nz Fr i t z + Fr ä g ra t i s

Schule

Frühjahr 2017

te Abo-Kar 18 auf Seite

Abenteuer Lernen


Wichtig ist, dass man nie aufhört zu fragen. (Albert Einstein, 1879–1955)

Gratis-Jahresabonnement zum Übertritt in die Primarschule Wie kann das Nebeneinander von Beruf und Familie gelingen? Wie organisieren wir die Mediennutzung unserer Kinder? Wie gestalten wir das Verhältnis zu ihren Lehrpersonen? Es sind diese und andere grosse Themen, mit denen sich Familien heute beschäftigen. Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi versucht Antworten zu finden. Lässt Eltern, Lehrpersonen und Fachleute zu Wort kommen. Informiert, analysiert, ordnet ein. Zum Übertritt Ihres Kindes in die Primarschule schenken wir Ihnen die vorliegende Ausgabe und ein Jahresabonnement des Schweizer ElternMagazins Fritz+Fränzi. Wir wünschen Ihnen, liebe Eltern, dass sich Ihr Kind wohlfühlt. Und Ihrem Kind wünschen wir viel Spass und dass es gute Freunde findet. Die Gutscheinkarte für das Jahresabonnement finden Sie auf Seite 19.

Herausgeberin des Schweizer ElternMagazins Fritz+Fränzi


Editorial

Liebe Eltern

Bild: ZVG

Im kommenden Schuljahr wird Ihr Kind vom Kindergarten in die Schule übertreten. Damit beginnt für Ihr Kind die Primarschulzeit. Der erste Schultag ist ein besonderer Tag im Leben aller Erstklässler und ihrer Eltern. In vielen Familien wird das Ereignis fotografisch festgehalten und gefeiert. Das ist schön. Doch manche Eltern sehen diesem Tag auch mit Unsicherheit, ja Sorge entgegen: Wird mein Kind diesen Schritt schaffen?

Ruth Fritschi Präsidentin der LCHStufenkommmission 4bis8, Kindergärtnerin

Es liegt mir am Herzen, zu betonen, dass – ebenso wie im Kindergarten – auch in der Schule das Kind als ganzheitliche Persönlichkeit im Mittelpunkt steht und als solche begleitet und gefördert wird. Natürlich erscheinen neue Fächer im Stundenplan, doch haben die Institution Schule und der Ihnen bekannte Kindergarten einiges gemeinsam: Beide haben die Aufgabe, die Selbst-, Sozial- und Sachkompetenz Ihres Kindes zu fördern.

Nichts ist wichtiger, als dass ein Kind ein gutes Gefühl von sich selber entwickelt. Freuen Sie sich an den Fähigkeiten Ihres Kindes und zeigen Sie ihm Ihre Freude darüber. Vergleichen Sie Ihr Kind nicht mit anderen – Ihr Kind ist und bleibt einzigartig. Seien Sie geduldig, setzen Sie Ihr Kind nicht unnötig unter «Ernst des Lebens wird die Schule genannt, Druck und haben Sie angepasste Erwartungen. Vertrauen Sie Ihrem Kind und der Lehrperson und doch dabei hat einer total verkannt, suchen Sie das Gespräch, wenn Sie Fragen haben. dass du lernst 1000 tolle Sachen,

hast Freunde und wirst viel lachen.» Sarah Ewald

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi thematisiert diese wichtigen Aspekte in diesem Sonderheft. Ich empfehle Ihnen die Ausgabe als Präsidentin der LCH-Stufenkommission 4bis8 und als erfahrene Praktikerin in der Schuleingangsstufe. Ich wünsche Ihnen viel Vertrauen und gute Lektüre!

Liebe Leserin, lieber Leser

Bild: Geri Born

Im vergangenen Frühjahr sprach mich eine Nachbarin auf unsere Ausgabe «Schöne Schulzeit» zum Übertritt in die Primarschule an. Ihrem Sohn stand dieser grosse Schritt gerade bevor. Ich freute mich über ihr positives Feedback. Noch mehr freute ich mich darüber, dass sie nicht die Einzige blieb, der unsere Arbeit gefiel – und das Heft in diesem wichtigen Lebensabschnitt Wegbegleiter sein durfte. Aufgrund der positiven Resonanz bringt die Stiftung Elternsein erneut ein Heft zu diesem Thema heraus und orientiert sich dabei an der «grossen Schwester». Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi widmet sich relevanten Erziehungs- und Bildungsthemen. Auf Seite18 finden Sie einen Gutschein für ein Gratis-Jahresabo! Evelin Hartmann Stv. Chefredaktorin

Haben Sie viel Freude mit dieser Ausgabe. Ihrem Kind wünsche ich vor allem Spass am Lernen und eine gehörige Portion Abenteuerlust. Herzlichst, Ihre Evelin Hartmann

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Inhalt Schule / Frühjahr 2017

Viele nützliche Informationen finden Sie auch auf fritzundfraenzi.ch und

facebook.com/fritzundfraenzi.

Bild: Ornella Cacace / 13 Photo

Cover Emma, 7, findet die Schule gar nicht so anstrengend. «Und dass es dort lässig wird, wusste ich schon von meiner Cousine.»

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Erziehung & Schule 08 D as fängt ja gut an! Die Psychologen Fabian Grolimund und Stefanie Rietzler erklären, wie Sie Ihr Kind auf den Übertritt in die Primarschule vorbereiten und in ihm die Freude an der Schule entfachen.

16 « Jedes Kind ist anders» Der Kinderarzt Oskar Jenni über individuelles Lernen, gute Lehrer und warum in den ersten Schuljahren die Leistung nicht im Vordergrund steht.

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Bilder: Sophie Stieger / 13 Photo, Marvin Zilm / 13 Photo, Keystone, ZVG

14 5 Tipps – was Kinder stark macht Wie Eltern das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl ihrer Kinder fördern.


16 Herr Jenni, wie können Eltern zum Schulerfolg ihrer Kinder beitragen?

24 Abenteuer Schule Warum es wichtig ist, dass Eltern und Lehrpersonen ein gutes Team bilden. 26 Schulweg – Chancen und Risiken Auf dem Schulweg lauern Gefahren. Aber er bietet Kindern auch viele Möglichkeiten, spielerisch zu lernen. 34 Du darfst spielen! Das freie Spiel bleibt auch nach dem Übertritt in die Primarschule wichtig – zur Erholung und um wichtige Fähigkeiten und Fertigkeiten zu lernen. 36 Kinderfreundschaften Was sollen Eltern tun, wenn sie von den Freunden ihrer Kinder nicht begeistert sind? Gelassen bleiben, raten Fachleute. 44 «Jetzt habe ich neue Freunde» Matilda, Leon und Emma erzählen von ihrem ersten Schultag. Und wollen gar nicht mehr aufhören, denn sie finden: «Schule ist cool.» 54 Elternabend auf Kinderstühlen Die vierfache Mutter Claudia Landolt über angestrengte Mütter und Väter, Zoff auf dem Pausenplatz und wie man als Eltern die Schule meistert. Eine Polemik.

34 Warum das freie Spiel auch nach dem ersten Schultag so wichtig ist.

58 Und jedem Anfang ... Ursi Steiner erinnert sich an ihren ersten Schultag als Lehrerin. Und verrät ein Geheimnis. 62 Problemzone Hausaufgaben Wie Eltern ihre Kinder sinnvoll beim Lernen unterstützen können.

Ernährung & Gesundheit 38 Gut genährt in die Schule Zum Lernen braucht es Energie. Wie ein optimales Znüni aussieht, weiss Ernährungsberaterin Marianne Honegger. 52 Schule und Gesundheit Welcher Schulthek ist der richtige? Braucht mein Kind einen neuen Schreibtisch? Soll ich seinen Biorhythmus umstellen?

38 Wie Eltern kleine Frühstücksmuffel zum Essen motivieren können.

Rubriken 03 Editorial 42 Jesper Juul Ein siebenjähriger Junge geht nicht gerne zur Schule. Seine besorgte Mutter wendet sich an Jesper Juul. Der dänische Familientherapeut und Buchautor weiss Rat. 53 Michèle Binswanger Wie Gemeinschaft ausserhalb der Familie geht, lernen wir unter anderem in der Schule, schreibt Michèle Binswanger in ihrer Kolumne. 66 Abgedruckt «Was hatten wir heute für einen schönen Tag»

Service 19 Abo

Digital & Medial 06 Früher – heute Von der Schiefertafel zum Tablet. 60 S chule und neue Medien Was Eltern bei der Medienbildung von der Schule erwarten dürfen – und was nicht.

23 Buchtipps 51 7 Fragen und Antworten zum Übertritt in die Primarschule 64 Impressum 65 Wussten Sie, dass …

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Bilder: Keystone, Salvatore Vinci / 13 Photo

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1941 Schrieben Primarschüler vor 70 Jahren noch auf Schiefertafeln wie im Mühlemattschulhaus in Liestal ...

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2017 ... gehört das Tablet heute zum Alltag der Projektschule des Hofmattschulhauses in Arth SZ wie bei diesen zwei Schülern einer 5. Klasse.

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Das fängt ja gut an!

Wie Eltern ihren Kindern den Schulstart erleichtern Viele Jungs und Mädchen freuen sich auf den ersten Schultag und kippen dann vor Nervosität fast um. Wie bringen Eltern ihre Kinder gut durch diese aufregenden Tage? Text: Fabian Grolimund und Stefanie Rietzler Bilder: Roshan Adhihetty / 13 Photo

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rinnern Sie sich noch an Ihren ersten Schultag? Meiner ist mir noch in guter Erinnerung. «Fa­­ bian, zieh dich schon mal an – ich muss noch mit deiner Kindergärtnerin sprechen», sagte meine Mutter mir damals und strich mir übers Haar. Sie wurde zu einem Gespräch in den Kindergarten gebe­ ten. Als die Kindergärtnerin und meine Mutter wieder in den Gang kamen, sass ich in Unterwäsche auf der Bank, sah die beiden gedanken­ verloren an und fragte: «Im Winter, tragen da die Könige die Krone über oder unter der Mütze?» «Sehen Sie, genau so ist er im­­ mer!», rief die Kindergärtnerin, «er ist einfach noch nicht schulreif.» Meine Mutter blieb gelassen und meinte: «Ja, dann geht er noch ein Jahr in den Kindergarten.» So kam für mich, Fabian, der grosse Tag erst ein Jahr später. Der erste Schultag ist für jedes Kind ein grosses Ereignis. Aber nicht nur bei den Kindern löst der Übertritt in die Primarschule einiges aus – auch Ihnen als Eltern werden schon lange vorher viele Gedanken durch den Kopf gehen. Die meisten Eltern schauen dem Übertritt mit gemischten Gefühlen entgegen: Stolz mischt sich mit Wehmut, Hoff­ 8

nung mit Sorge. Sie können aber einiges tun, damit der erste Schultag so entspannt wie möglich abläuft. Am besten bereiten Sie Ihr Kind und sich selbst gemeinsam auf das Abenteuer Schule vor. Die Kinder­ gärten legen einen sehr guten Grundstein, indem sie den Kindern wichtige Kompetenzen vermitteln und den Schulbeginn thematisieren. Sie als Eltern können die Kindergar­ tenzeit nutzen, um bei Ihrem Kind Neugier und Vorfreude zu wecken: • Üben Sie mit Ihrem Kind vorgän­ gig den Schulweg, damit es mög­ lichst von Beginn an alleine zur Schule gehen kann. Gespräche nach der Schule und auf dem Schulweg sind für die Entwicklung von Freundschaften zentral. • Besuchen Sie eine Theaterauffüh­ rung, ein Singspiel oder einen anderen öffentlichen Anlass der Schule, damit sich Ihr Kind das Schulhaus anschauen kann. • Machen Sie es neugierig auf die Schule, indem Sie von spannen­ den, witzigen und schönen Erleb­ nissen Ihrer eigenen Schulzeit erzählen. • Lassen Sie ab und zu einfliessen, was Ihr Kind in der Schule lernen wird und wie nützlich dies sein wird («Bald kannst du die Ge­­ schichten selbst lesen!»).

• Lesen Sie ihm Geschichten vor, die sich in der Schule abspielen oder den Schulanfang thematisieren. Die Vorfreude wächst weiter, wenn Sie mit Ihrem Kind die Schulsachen kaufen. Sie werden von der Schule vorgängig informiert, welches Mate­ rial Ihr Kind benötigt. Nehmen Sie sich einen Tag Zeit und lassen Sie den Einkauf zu etwas Besonderem werden. Die Schule beginnt: So können Sie Ihr Kind beim Lernen begleiten

Die meisten Kinder gehen in der ersten Zeit begeistert in die Schule und interessieren sich für ihre Haus­ aufgaben. Wie lange Kinder dieses Interesse aufrechterhalten können, hängt auch von ihren Eltern ab. Je mehr es Ihnen gelingt, sich auf Ihr Kind einzulassen, Interesse an der Schule zu zeigen und es bei den Hausaufgaben sinnvoll zu unterstüt­ zen, desto eher wird die Schule zu einer schönen Erfahrung für die ganze Familie. Sich auf das eigene Kind einzu­ lassen, kann auch bedeuten, gängi­ gen Ratschlägen nicht zu viel Beach­ tung zu schenken. So wird in vielen Ratgebern und Tipplisten für den Schulanfang darauf hingewiesen, dass die Kinder unbedingt einen ruhigen Ort und einen eige­ >>>

Der Besuch des Pausenplatzes kann die Vorfreude auf die Schule steigern.

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Erziehung & Schule

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>>> nen, ergonomisch sinnvollen Arbeitstisch benötigen, um konzentriert arbeiten zu können. In der Folge wird dem Kind ein Pult ins Zimmer gestellt, wo es fortan in Ruhe arbeiten soll. Nur: Viele Kinder sind in diesem Alter nicht gerne alleine. Abgeschieden und einsam in ihrem Zimmer, fühlen sie sich unwohl und werden zappelig. Die Kinder stehen immer wieder auf und verlassen unter einem Vorwand das Zimmer – beispielsweise um eine Frage zu stellen –, worauf die Eltern ärgerlich werden. Sie können also darauf achten, wo sich Ihr Kind wohlfühlt. Vielleicht will es die Hausaufgaben alleine im Zimmer erledigen. Vielleicht möchte es aber lieber in der Küche oder im Wohnzimmer arbeiten, während Sie Ihre E-Mails beantworten oder die Spülmaschine einräumen. Lassen Sie dies zu. Kinder freuen sich über eine wohlige Atmosphäre beim Lernen. Ein positives Klima entsteht, wenn die Eltern einfach da sind, ohne ständig danebenzusitzen oder ihre Hilfe aufzudrängen. Bringen Sie Ihrem Kind etwas zu knabbern, berühren Sie es beim Vorbeigehen kurz an der Schulter, lächeln Sie es an und stellen Sie ab und zu eine interessierte Frage zum Stoff, während Sie einer eigenen Tätigkeit nachgehen. Die Hausaufgaben werden in der Schule kontrolliert und die Lehrperson benötigt eine Rückmeldung darüber, wie gut das Kind den Stoff verstanden hat. Es ist daher sinnvoll, sich mit Korrekturen zurückzuhalten. Viele Kinder reagieren sehr empfindlich, wenn die Eltern auf Fehlersuche gehen oder mit Erklärungen aufwarten, die sich nicht mit denen der Lehrperson decken. Bald entzünden sich Konflikte, die sich gravierender auswirken als ein paar Fehler, weil sie die Lernmotivation des Kindes zunehmend schädigen. Falls Ihr Kind eine Aufgabe nicht verstanden hat, ist es 10

daher oft sinnvoller, der Lehrperson eine Notiz im Hausaufgabenheft zu hinterlassen. Es ist wichtig, dass das Kind auch in Sachen Hausaufgaben seine eigenen Erfahrungen macht. Zu guter Letzt ist es hilfreich, wenn Sie Ihrem Kind signalisieren, dass die Hausaufgaben Teil der Erwachsenenwelt sind, und es in dieser schönen Welt willkommen heissen. Vermeiden Sie Aussagen wie: «Das musst du halt einfach machen!» – laden Sie es lieber dazu ein. Vielleicht mit einer Aussage wie: «Hey Grosser, hast du auch noch Arbeit zu erledigen? Ich möchte noch meine Mails machen. Wollen wir gleich loslegen?» Mit einem guten Start ist viel gewonnen. Falls sich im Verlauf der Schulzeit Schwierigkeiten einstellen, ist es wichtig, dass Sie sich Hilfe holen, bevor heftige Konflikte oder immer länger werdende Hausaufgabenmarathons die Beziehung zu Ihrem Kind und dessen Lernmotivation untergraben. Wir haben zu diesem Zweck einen kostenlosen Online-Kurs für Eltern entwickelt und gemeinsam mit dem Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi eine Videoserie erstellt (siehe Box unten). Überprüfen Sie Ihre Einstellung zur Schule

Wenn Kinder in eine neue Situation kommen, suchen sie nach Orientierung. Die Aussagen, die die Eltern über die Schule treffen, beeinflussen die Wahrnehmung und die Erwartungen des Kindes. Vielleicht haben Sie Lust auf ein kleines Experiment: Lesen Sie die folgenden Aussagen durch und hören Sie in sich hinein. Was klingt in Ihnen an, wenn Sie die folgenden Aussagen und Fragen lesen? • Mit der Schule beginnt der Ernst des Lebens. • In der Schule dürfen die Kinder heute gar nicht mehr Kind sein. • In der Schule werden Kinder in ein Schema gepresst und verlieren ihre Individualität.

Kann ein Kind in einem System erfolgreich sein, das seine Eltern verachten?

• Zuerst lernen wir sprechen und gehen – dann stillsitzen und den Mund halten. Das ist die traurige Wahrheit. • ch war auch immer schlecht in Mathe/Deutsch. • Findet mein Kind wohl seinen Platz? • Wird die Lehrerin genügend auf mein Kind eingehen? Heute wird von den Medien und populären Experten aus Erziehung und Bildung manchmal ein sehr negatives Schulbild gezeichnet. Dabei geht unter, dass viele Kinder gerne zur Schule gehen und dass die meisten Lehrpersonen Menschen sind, die in der Lage sind, eine gute Beziehung zu ihren Schülern aufzubauen. Wer nach Fehlern und Unzulänglichkeiten im Bildungssystem und bei der Lehrperson seiner Kinder sucht, wird viele finden. Die Frage ist: Hilft das dem Kind, sich in der Schule wohlzufühlen? Kann ein Kind in einem System erfolg- >>>

«Mit Kindern lernen» Die Hausaufgaben können für Eltern und Kinder zu einem Problem werden. Der kostenlose Online-Kurs «Mit Kindern lernen» gibt Antworten auf die folgenden Fragen: • Wie kann ich mein Kind fürs Lernen motivieren? • Wie können wir Konflikte reduzieren? • Wie kann ich die Selbständigkeit meines Kindes fördern? • Welche Lernstrategien sind für Primar­schulkinder sinnvoll? Der Kurs besteht aus 12 Lektionen und 7 Kurzfilmen. Eltern können sich jederzeit anmelden auf: www.mit-kindern-lernen.ch

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Erziehung & Schule

Amory konnte es kaum erwarten, endlich zur Schule gehen zu dürfen.

Amory Straub, Zürich «Vor Aufregung habe ich meinen Namen vergessen» «Ich habe mich gefreut auf die Schule – riesig sogar, weil ich da neue Freunde finden würde. Im Kindergarten hatte es oft Streit gegeben, vermutlich, weil wir so eine kleine Klasse waren. Bevor die Schule dann endlich losging, war ich sehr aufgeregt. Wie das so ist als Erstklässlerin, das konnte mir keiner sagen. Meine grosse Schwester Valeria ist schon 17 und geht aufs Gymnasium, die weiss das nicht mehr. Vorbereitet habe ich mich eigentlich nicht. Obwohl, doch: Als mich meine Mutter am ersten Tag zum Unterricht begleitete, flüsterte ich ununterbrochen meinen Namen vor mich hin. Ich wollte nämlich vermeiden, dass noch einmal passiert, was damals am ersten Morgen im Kindergarten geschehen war: Da hatte ich vor lauter Aufregung meinen Namen vergessen! Auf dem Weg in die Schule schaue ich manchmal beim Kindergarten vorbei und werfe einen Blick durchs

Fenster. Ich vermisse den Kindergarten schon ein bisschen. Da hatten wir so viel Zeit zum Basteln und Singen, das macht mir mehr Spass als Rechnen und Schreiben. Was mir an der Schule am besten gefällt, sind die anderen Kinder. Und mein eigenes Pult. Ich hatte gar nicht gewusst, dass jedes Kind so eines bekommt. Auch das Schwimmen macht Spass, ich finde es super, dass mein grösstes Hobby jetzt ein Schulfach ist. Dann ist da noch Florence, sie ist eine Fünftklässlerin und wurde mir von der Schule als Gotte zugeteilt. Sie ist super! Als ich Streit mit einem Buben hatte, ist sie mir sofort zu Hilfe gekommen. Kinder, die neu in die Schule kommen, müssen davor keine Angst haben. Sie sollten sich bloss ihren Namen gut merken! (Dies erzählte uns Amory mit 7 Jahren. Inzwischen ist die Primarschülerin 8.)

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• in eine Schule kommen, in der ein angenehmes Klima herrscht, • die Möglichkeit geniessen, jeden Tag an einen Ort zu kommen, wo es Freundschaften knüpfen und mit anderen Kindern zusammen sein kann, selbst wenn es mitunter zu Konflikten kommen kann. Wir wollen durchaus keine Schönfärberei betreiben, doch uns beeindrucken die vielen engagierten Lehrpersonen, die sich Tag für Tag neu auf die Kinder einlassen und die Kinder auch in schwierigen Phasen gut begleiten. Es ist so vieles möglich, wenn Eltern und Schule kon­ struktiv zusammenarbeiten und ein Team bilden. Wenn Sie davon ausgehen, dass die zukünftige Lehrperson das Beste für Ihr Kind will und Schule ein positiver Ort sein kann, wird die Schulzeit entspannter, schöner, bunter – für Sie, Ihr Kind und die Lehrpersonen. >>>

>>> reich sein, das seine Eltern verachten? Kann sich ein Kind auf eine Lehrperson einlassen, die die Eltern als inkompetent abstempeln? Sie können Ihrem Kind helfen, indem Sie seinen Schul-Rucksack für ein Abenteuer rüsten, anstatt ihn mit Sorgen und Befürchtungen vollzupacken. Denn vielleicht wird Ihr Kind: • zu einer wunderbaren Lehrerin kommen, die es sehr gern haben wird und bei Schwierigkeiten ermutigt und stärkt, • sich für den Stoff interessieren und gerne lernen, • stolz sein auf seine ersten Schritte in der Welt der Grossen, • dort seine Stärken haben, wo Sie Ihre Schwächen hatten, • mit einer «schwierigen» Lehrperson viel besser zurechtkommen, als Sie sich momentan vorstellen können,

Fabian Grolimund

ist Psychologe und Autor («Mit Kindern lernen») und schreibt regelmässig für Fritz+Fränzi. Er ist Vater zweier Kinder.

Stefanie Rietzler

ist Psychologin, Buchautorin («Erfolgreich lernen mit ADHS») und leitet mit Fabian Grolimund die Akademie für Lerncoaching in Zürich.

Kurzfilme mit Hase, Biber und Co. Möchten Sie gerne wissen, wie Sie Ihr Kind für das Lernen und die Hausaufgaben motivieren können? Oder ist es Ihnen ein Anliegen, das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl von Kindern zu stärken? Möchten Sie als Lehrperson wissen, wie Klassen zusammenwachsen können? Zu diesen Lern- und Erziehungsthemen produziert das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi gemeinsam mit dem

Mit Kindern lernen In der Videoserie «Mit Kindern lernen» erfahren Eltern, wie man Kinder bei den Hausaufgaben unterstützt und sie zum Lernen motiviert.

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Team der Akademie für Lerncoaching Kurzfilme. Gemeinsam mit einem kleinen Hasen und einem Biber erläutert das Psychologenteam um Fabian Grolimund, wie Eltern und Lehrpersonen Kinder unterstützen können. Sie finden die bereits veröffentlichten Staffeln auf der Webseite von Fritz+Fränzi unter der Rubrik «Video»: www.fritzundfraenzi.ch.

Was Kinder stark macht In der Serie «Was Kinder stark macht» erfahren Eltern und Lehrpersonen, wie sich das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl von Kindern stärken lässt.

Schulfrust? Schullust! In der Serie «Gemeinsam sind wir Klasse» erfahren Lehrer/innen, wie sie mit der Klasse daran arbeiten können, dass alle – Kinder und Lehr­personen – gerne zur Schule kommen.

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Erziehung & Schule

Karín Straub-Hernández, Lehrerin, Zürich «Wenn Amory Schulaufgaben macht, halte ich mich im Hintergrund» «Amory konnte es kaum erwarten, in die Schule zu gehen. Als der grosse Tag näher rückte, haben wir gemeinsam ihren Schulsack ausgesucht. Aller Vorfreude zum Trotz spürten wir, dass unsere Tochter nervös war. Mein Mann und ich wollten keine zusätzliche Aufregung schüren – und haben deshalb bewusst keine bestimmten Vorbereitungen getroffen. Wir wollten es auf uns zukommen lassen. In den Sommerferien war das Thema Schulbeginn dann dauerpräsent. Wir haben am Familientisch darum hin und wieder das Gesprächsthema gewechselt, damit Amory auf andere Gedanken kommt. In den ersten Schulwochen war unsere Tochter regelrecht euphorisch: Alles war toll. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie auch durchblicken liess, dass es nicht immer nur rundläuft. Ich möchte, dass meine Tochter weiss, dass das ganz normal ist und zum Leben dazugehört. Also haben wir eine Art Ritual eingeführt: Amory berichtet mir jeden Tag, was in der

Schule gut gelaufen ist – dann sprudelt es nur so aus ihr heraus –, sie darf mir aber auch sagen, was ihr nicht so gut gefallen hat. Wenn Amory Schulaufgaben macht, halte ich mich im Hintergrund. Dass ich da bin, scheint mir aber schon nötig zu sein, damit die Sache auch erledigt wird. Morgens begleite ich Amory ein Stück weit zur Schule, nur gerade so weit, bis wir an der grossen Baustelle vorbei sind, die zurzeit im Quartier ist. Ich möchte meine Tochter unterstützen, wo es nötig ist, sie aber auch eigene Erfahrungen machen lassen. Manchmal bedeutet das für die Eltern, sich zurückzunehmen. So mische ich mich nicht ein, wenn es in der Schule Streit gibt. Ich weiss, dass Kinder manchmal ganz schön garstig zueinander sein können, und manchmal kommt dabei auch das eigene unter die Räder. Ich habe dann ein offenes Ohr und spende Trost – und bin gleichzeitig überzeugt davon, dass die Kinder den Rest untereinander ausmachen sollten.»

Lesen kann man überall: Karín Straub mit ihrer Tochter Amory. Sie besucht die erste Klasse.

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Elterncoaching

Was Kinder stark macht

5 Tipps für Eltern, die wirklich helfen

Wenn Kinder in die Schule kommen, sind sie mit vielen neuen Herausforderungen konfrontiert. Wie gut sie diese meistern, hängt nicht zuletzt von ihrem Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein ab.

Fabian Grolimund ist Psychologe und Autor («Mit Kindern lernen»). In der Rubrik «Elterncoaching» beantwortet er Fragen aus dem Familienalltag. Der 37-Jährige ist verheiratet und Vater eines Sohnes, 4, und einer Tochter, 1. Er lebt mit seiner Familie in Freiburg. www.mit-kindern-lernen.ch www.biber-blog.com

Kinder stossen im Verlauf ihres Lebens immer wieder auf Probleme. Als Eltern fühlen wir uns oft dazu gedrängt, für unser Kind sofort eine Lösung bereitzustellen. Dabei über­ sehen wir, dass jedes Problem auch eine Gelegenheit für das Kind dar­ stellt, zu wachsen und wichtige Pro­ blemlösefertigkeiten zu entwickeln. Indem wir nur so viel helfen wie nötig und das Kind mehr und mehr in die Entwicklung einer Lösung einbeziehen, leiten wir es an, Pro­ bleme selbst zu lösen. Ein Kind, das sich auf seine Fähigkeiten und seine Problemlösekom­petenzen verlassen sowie mit Rückschlägen und Miss­ erfolgen umgehen kann, ist auch zuversichtlich, wenn es mit Heraus­ forderungen konfrontiert wird. Wichtig ist, dass die Kinder ein gesundes Selbstvertrauen entwi­ ckeln. Es gilt aber nicht: je selbst­ sicherer, desto besser. Hilfreich ist ein positives, aber realistisches Bild von sich selbst, damit wir uns ent­ wickeln können, uns angemessenen Herausforderungen stellen und uns über kleine Fortschritte freuen kön­ nen. Wir müssen auch in der Lage

Damit wir uns entwickeln können, brauchen wir ein positives, aber realistisches Bild von uns selbst. 14

sein, unsere Schwächen und Schwie­ rigkeiten wahrzunehmen und uns richtig einzuschätzen. Dazu benöti­ gen Kinder wohlwollende, aber akkurate Rück­meldungen. Tipp 2: Zeigen Sie Ihrem Kind, dass sich Anstrengungen lohnen

Kinder lernen auch indirekt von Ihnen als Eltern, ob es sich lohnt, sich trotz Misserfolgen weiter zu bemühen. Wie effektiv schon ein kurzer Kontakt mit einem positiven Modell sein kann, zeigten die Psy­ chologen Perry und Penner. Sie führ­ ten Psychologiestudenten ein Video eines Psychologieprofessors vor. Dieser erzählte von seinen Studien­ zeiten und schilderte ein Ereignis, bei dem er wiederholt Misserfolge einstecken musste und nur durch gutes Zureden eines Freundes nicht aufgab. Er betonte, dass die Leistung vor allem von der eigenen Anstren­ gung abhänge und sich Fähigkeiten durch Übung trainieren lies­sen. Jene Studierenden, die das Video gesehen hatten, zeigten am Semesterende bessere Leistungen. Die Forschung zeigt, dass Kinder gut mit Misserfolgen umgehen kön­ nen, wenn sie glauben, dass sie sich durch Anstrengung verbessern kön­ nen. Sie geben hingegen rasch auf, wenn sie den Eindruck haben, eine Leistung hinge von Intelligenz oder Begabung ab. Kinder brauchen Eltern, die ihnen vermitteln: Du kannst dich durch Übung verbes­ sern; ich sehe (auch kleine!) Fort­ schritte und freue mich darüber.

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Illustration: Petra Dufkova / Die Illustratoren

Tipp 1: Nutzen Sie Probleme, um Ihr Kind zu stärken


Tipp 3: Fangen Sie Ihr Kind auf, wenn es Misserfolge einstecken muss

Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie in Ihrem Beruf trotz vollem Einsatz Woche für Woche hören müssten: «Du bist nicht gut genug! Deine Leistung reicht nicht!»? Viele Kinder machen diese Erfahrung tagtäglich – über Jahre hinweg. Wie können wir als Eltern oder Lehrperson Kinder in dieser Situa­tion stärken? Vielleicht gibt Ihnen der folgende Dialog zwischen der Mutter eines rechenschwachen Kindes und mir einen Hinweis: G.: «Wie schaffen Sie es, dass Ihre Tochter sich immer wieder auf das Rechnen einlässt, obwohl sie ständig Misserfolge erlebt?» Mutter: «Wissen Sie, ich erwarte von meiner Tochter, dass Sie täglich zehn Minuten mit mir übt. Da bin ich eisern. Ich habe aber gelernt, mich mit ihr zusammen über kleine Fortschritte zu freuen. Wenn sie mit einer Prüfung nach Hause kommt und eine 4 geschafft hat, gehen wir zusammen ein Siegerglace essen.» G.: «Und was, wenn sie mit einer ungenügenden Note nach Hause kommt?» Mutter: «Dann gehen wir ein Trostglace essen! Ich will, dass sie weiss: Wenn es gut lief, freuen wir uns mit dir. Wenn es schlecht lief, fangen wir dich auf.» Tipp 4: Geniessen Sie Momente zu zweit

Wenn Kinder in die Schule kommen, nimmt die Kommunikation mit den Eltern oft deutlich ab. Die Gleichaltrigen werden wichtiger, und die Kinder verbringen weniger Zeit mit den Eltern. Auf die Frage, wie es in der Schule war, antworten viele Kinder mit einem einsilbigen «gut». Damit wir mit unseren Kindern im Austausch bleiben und auch Persönliches erfahren, ist es hilfreich, wenn wir uns bewusst Zeit dafür nehmen. Kinder sprechen Themen, die sie beschäftigen oder ihnen sogar Sorgen bereiten, nicht gerne am Esstisch mit der Familie an. Sie können

als Mutter oder Vater darauf achten, Zeit mit einem Kind alleine einzuplanen. Statt dass man einen Ausflug zu viert macht, könnte die Mutter mit dem Sohn, der Vater mit der Tochter etwas unternehmen. Eltern sind regelmässig erstaunt, wie viel besser sie ihre Kinder kennenlernen und wie viel Nähe plötzlich wieder da ist, wenn sie sich ganz bewusst für ein Kind Zeit nehmen: nur zu zweit und ohne To-do-Liste im Kopf.

Du kannst dich durch Üben verbessern; ich sehe (auch kleine!) Fortschritte und freue mich darüber.

Tipp 5: Geben Sie Ihrem Kind die Möglichkeit, sich zu engagieren

Ein starkes Kind sagt von sich:

Kinder, die die Erfahrung machen, dass sie für ihre Familie, ihr Team oder ihre Klasse wichtig sind und einen Beitrag zu einem grösseren Ganzen beisteuern können, entwickeln ein höheres Selbstwertgefühl. Das konnte sogar die Forschung nachweisen: Kinder, die sich eine Stunde pro Woche ehrenamtlich für eine gute Sache betätigen sind zufriedener, übernehmen auch in anderen Bereichen wie der Schule mehr Verantwortung und entwickeln mehr Selbstvertrauen und höhere soziale Kompetenzen. Dabei haben Kinder vor allem dann das Gefühl, einen echten Beitrag geleistet zu haben, wenn sie etwas für sie Anspruchsvolles beitragen können. Ein 5-Jähriger ist stolz, wenn er den Tisch decken darf. Eine 10-Jährige würde vielleicht lieber einmal pro Woche für die ganze Familie kochen. Unsere Gesellschaft ist sehr auf das Individuum ausgerichtet. Dabei wäre das Gefühl der Zugehörigkeit ein wichtiger Schutz vor psychischen Problemen. Wenn wir uns etwas mehr auf andere konzentrieren als auf uns selbst, wächst unser Selbstwertgefühl. Wir lesen an den Gesichtern anderer Menschen ab, dass unser Beitrag geschätzt wird. Wir sehen eine gute Sache wachsen, freuen uns darob, empfinden unser Leben als wert- und sinnvoll. Zu­­ gleich weitet sich der Blick. Wir sind nicht mehr so stark auf uns fixiert,

Ich kann

denken weniger darüber nach, wie andere uns sehen, wie wir wirken und wie bedeutsam wir sind.

• mich über Erfolge freuen, • aus Misserfolgen und Fehlern ­lernen, • mich durch Anstrengung und Übung verbessern, • Probleme lösen und Schwierigkeiten überwinden, • mit anderen sprechen, wenn mich Sorgen quälen, • mir Hilfe und Unterstützung holen. Ich bin

• als Mensch liebenswert, • verantwortlich für das, was ich tue, • zuversichtlich, dass ich mit Proble­men und schwierigen Gefühlen umgehen kann, • mir bewusst, dass mein Wert als Mensch nicht von meinen ­Leistungen abhängt. Ich habe

• Eltern, die mir zuhören und sich Zeit für mich nehmen, • Menschen in meinem Leben, die mich so annehmen und lieben, wie ich bin, • Menschen, die mir helfen, wenn ich Hilfe brauche, und mich gleichzeitig darin bestärken, selbstbestimmt zu handeln, • Werte, die mir wichtig sind und für die ich mich einsetzen kann. Dieser Text ist erschienen in: Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi, Ausgabe 2 / März 2015.

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Interview

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Erziehung & Schule

« In den ersten Schuljahren kommt es nicht auf Leistung an» Wenn Kinder in die Schule kommen, sollten Eltern wie Lehrer ihre Erwartungen an die Möglichkeiten des Kindes anpassen, fordert Oskar Jenni, Co-Leiter der entwicklungspädiatrischen Abteilung des Kinderspitals Zürich. Denn Kinder sind unterschiedlich weit entwickelt. Ein Gespräch über individualisierten Unterricht, Schulpsychologen und Lernprobleme. Interview: Evelin Hartmann Bilder: Marvin Zilm / 13 Photo

Eine schöne, alte Stadtvilla am Fusse des Züribergs. Hier, unweit des Kinderspitals, finden Besucher die Räume der entwicklungspädiatrischen Abteilung. Oskar Jenni kommt die knarzende Stiege hinunter. Sein Gang ist schwungvoll, sein Händedruck fest. «Lassen Sie uns anfangen», sagt der Kinderarzt und zeigt auf ein freies Sitzungszimmer. Oskar Jenni ist voll bei der Sache. Herr Jenni, Kinder treten hierzulande mit sechs Jahren in die Schule ein. Auf welchem Entwicklungsstand sind sie in diesem Alter?

Das ist, wie in jedem Alter, sehr unterschiedlich. Ich würde sagen auf dem Stand eines viereinhalb bis sie­ beneinhalb Jahre alten Kindes.

eines Siebenjährigen sein, sein So­­ zial­verhalten entspricht aber eher dem eines Fünfjährigen. Die Norm ist, dass ein Kind Stärken und Schwä­ chen hat. Wie wir Erwachsenen auch. Wann ist ein Kind also schulreif?

Der Begriff Schulreife orientiert sich am Kind. Man schaut aufs Kind und fragt, ob es sprachlich, kognitiv, in seinem Sozialverhalten, der Selbstän­ digkeit, im Arbeitsverhalten und in

«Viele Lehrpersonen bemühen sich darum, jedem Kind gerecht zu werden.»

Können Sie uns das erläutern?

Kinderarzt Oskar Jenni betreut viele Kinder, die in ihrem Schulalltag nicht zurechtkommen.

Wenn eine Lehrerin eine erste Pri­ marklasse mit 20 sechsjährigen Kin­ dern vor sich hat, unterscheiden sich die Kinder in ihrem Entwicklungs­ alter um bis zu drei Jahre. So steht beispielsweise ein Junge, nennen wir ihn Ruben, auf dem Entwicklungs­ stand eines Siebenjährigen und kann bereits Schreiben, während die gleichaltrige Mara mit einem Ent­ wicklungsalter von fünf Jahren weit davon entfernt ist. Zusätzlich ist auch ein und dasselbe Kind nicht in allen Bereichen gleich weit entwickelt. Das heisst, Ruben mag in seinen schrift­ lichen Fähigkeiten auf dem Stand

seinen motorischen Kompetenzen so weit ist, den Schulalltag zu meis­ tern. Ob das Kind aber eingeschult werden soll, hängt auch von anderen Faktoren ab, etwa von der Schule, in die es kommen wird. Welches Leit­ bild vertritt diese Institution? Wie steht es um die Erfahrung der Lehr­ personen? Die Klassengrös­­se? Passt das Profil des Kindes in diese Schule oder nicht? Das ist die eigentliche Frage, die wir uns stellen müssten ... … was aber nicht der momentanen Praxis entspricht.

Stimmt, aber diese Art der Individua­ lisierung wäre kindgerecht. Es geht

darum, sicherzustellen, dass die Eigenheiten des Kindes mit den An­­ forderungen der Umwelt und in diesem Fall mit denjenigen der Schu­ le übereinstimmen. Man muss sich einfach bewusst sein: Kinder sind in ihrem Wesen sehr unterschiedlich, und man muss diese Variabilität zwi­ schen Kindern akzeptieren, das Kind so annehmen, wie es ist, und es sei­ nem Entwicklungsstand entspre­ chend fördern. Sie sprechen damit den individuali­ sierten Unterricht an.

Individualisierter Unterricht ist eine Herausforderung und gerät dadurch, dass Bildung ständig getestet, stan­ dardisiert und evaluiert wird, unter Druck. Die heutige Bildungspolitik geht nicht vom Kind aus, sondern wird von ökonomischen Interessen geleitet. Bildung wird als eine der wichtigsten wirtschaftlichen Res­ sourcen und Erfolgsfaktoren eines Landes verstanden. Und dieser Roh­ stoff gilt es aktiv und gezielt zu för­ dern. Das steht im Widerspruch zur Individualisierung. Werden die Lehrpersonen ihrer Auf­ gabe nicht gerecht?

Ich bin überzeugt, dass viele Lehr­ personen die grosse Vielfalt im Klas­ senzimmer anerkennen und sich darum bemühen, jedem Kind ge­­ recht zu werden. Auf der anderen Seite haben sie aber ein Bildungssys­ tem im Rücken, das von ihnen >>>

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule  Frühjahr 2017 17


Interview

Was können Eltern tun, wenn ihr Kind in der Schule Probleme hat?

Rasch das Gespräch mit der Lehrerin suchen. Ich wünsche mir, dass Lehr­ personen nicht nur Fachdidaktiker, sondern auch Entwicklungsspezia­ listen sind, dass sie wissen, wie mit einer Situation umzugehen, wenn ein Kind Probleme hat, über- oder unterfordert ist. Ist ein grosser Lei­ densdruck da, macht es Sinn, dass Lehrpersonen und Eltern gemein­ sam bei einer Fachperson wie etwa einer Schulpsychologin Hilfe suchen, das Kind abklären lassen und schau­ en, wo genau die Probleme liegen. Leistungsanforderungen kann man nur anpassen, wenn man weiss, wo das Kind in seiner Entwicklung steht. 18

Nun beklagen kritische Stimmen einen regelrechten «Abklärungswahn» an unseren Schulen.

Die differenzierte Abklärung eines Kindes sehe ich nicht als Problem. Mir macht vielmehr der Umstand

«Das Wichtigste einer Abklärung ist, ein genaues Bild vom Kind zu bekommen.» Sorgen, dass nach einer Abklärung sofort spezifische Therapien einge­ leitet werden. Aber das ist doch die logische Folge einer Abklärung.

Das muss nicht sein. Das Wichtigste einer Abklärung ist, ein möglichst genaues Bild vom Kind zu bekom­

men, sein Entwicklungsprofil zu ver­ stehen und das Verhalten zu analy­ sieren, um daraus zusammen mit den Lehrpersonen ableiten zu können, welche Strategien dem Kind helfen. Was heisst das konkret?

Wenn die Lehrerin das Sprachpro­ blem des Kindes erkennt, wird sie nicht zwei Wörter an die Tafel schreiben, gleichzeitig viel dazu er­ zählen und hoffen, dass das sprach­ gestörte Kind hinter ihrem Rücken versteht, was sie von ihm erwartet. Vielmehr sollte sie die Aufmerksam­ keit dieses Kindes beispielsweise mit visuellen Hinweisen verstärken. Sie sollte es beim Sprechen anschauen und wichtige Informationen mehr­ fach wiederholen. Die Folge einer Abklärung muss immer sein, das individuelle Profil des Kindes in Pas­ sung mit den Anforderungen in der Schule und zu Hause zu bringen. Ich kann mir aber trotzdem vorstellen, dass sich viele Eltern Sorgen >>>

Gerade in den ersten Schuljahren sollte das freie Spiel nicht zu kurz kommen.

Bild: Keystone

>>> verlangt, alle Kinder für die Wirtschaft fit zu machen und zum Beispiel die Leseschwäche, die jeder fünfte Jugendliche bei Schulaustritt zeigt, auszumerzen. Der Druck auf die Lehrpersonen ist enorm.

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Interview

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Frühjahr 2017  Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule


Erziehung & Schule

Oskar Jenni: «Ich rate Eltern zu Gelassenheit. Kinder sind robuster, als wir denken.»

>>> machen, dass ihr Kind in der Schule nicht erfolgreich ist. Eltern stehen tatsächlich unter einem grossen Druck. Man macht sie heute für den Erfolg ihrer Kinder verantwortlich. Doch die kindliche Entwicklung kann man nicht be­­ schleunigen. Können Eltern denn nichts tun?

Eltern sollen Vertrauen in die Fähig­ keiten ihres Kindes haben, Gebor­ genheit und Sicherheit vermitteln, aber auch Führung und Struktur geben und ihre eigenen Vorstellun­ gen und Wünsche zurückstellen. Es gilt, zu spüren, was ein Kind bewäl­ tigen kann und in welchen Situatio­ nen es überfordert ist und Unterstüt­ zung braucht. Und mehr nicht?

Die Gesellschaft geht von einem ver­ alteten Entwicklungsmodell aus, das sagt, dass das Kind von aussen ge­­ steuert werden kann. Dabei ist Ent­ wicklung ein ausserordentlich kom­ plexer Prozess, der vom Kind aus in engem Zusammenspiel mit der Umwelt gesteuert wird. Entwicklung ist eine Mischung aus dem, was das Kind selbst mitbringt, und dem, was ihm die Umwelt bereitstellt. Es gibt viele Untersuchungen, die zeigen, dass der elterliche Einfluss für eine erfolgreiche Schulkarriere eher ge­­ ring ist.

«Ein Kind, das zu früh eingeschult wurde, kann schon früh Misserfolge erleben.» Das hört sich entlastend an.

Ja, ob ein Kind erfolgreich ist, hängt von ganz vielen Faktoren ab. Von den Eigenschaften, die das Kind selbst mitbringt, vom Umfeld, das wir bereitstellen, und von den Vorbil­ dern. Das sind Treiber der Entwick­ lung, die eine grosse Rolle spielen.

Als Eltern hat man wenig Einfluss darauf, diese aktiv und gezielt zu beeinflussen und zu steuern. Also sollten Eltern sich früh überlegen, in welchem Schuleinzugsgebiet sie mit ihren Kindern leben wollen?

Das ist keine Garantie, dass es gut kommt. Es gibt Faktoren, die man im Vorfeld nicht beeinflussen kann. Wie ist die Lehrperson? Wie ist die Klassenzusammensetzung? Gibt es viele schwierige Kinder, die die Auf­ merksamkeit der Lehrperson bean­ spruchen? Fragen, die man nicht zuverlässig beantworten kann. Da plädiere ich dafür, dass die Eltern gelassen bleiben. Also kann man als Eltern im Vorfeld gar keinen Einfluss nehmen?

Einen gewissen Einfluss auf den Schulerfolg haben Eltern bei der Wahl des Einschulungszeitpunktes. Wenn das Kind in der Entwicklung oder in seinem Verhalten verzögert ist, dann rate ich, lieber etwas zuzu­ warten. So hat das Kind noch Zeit, weitere Entwicklungsschritte zu machen, und es kommt gestärkt in die Schule. Ein Kind, das zu früh eingeschult wird, kann schon früh Misserfolge erleben und den Rück­ stand nicht mehr aufholen. Es gibt eine Reihe von Studien, die belegen, dass eine zu frühe Einschulung Grund für späteres Schulversagen beziehungsweise schlechtere Leis­ tungen sein kann. Nun rückt der grosse Tag also näher. Wie bereite ich mein Kind auf die Einschulung vor?

Der erste Schultag ist ein grosses Ereignis im Leben, wer erinnert sich nicht daran? Man sollte das mit sei­ nem Kind entspannt besprechen. Welchen Schulthek wollen wir kau­ fen? Wie ist der Schulweg? Mit wem kommst du in eine Klasse, wie wird die Lehrerin sein? Ich bin überzeugt, dass die meisten Kinder den Über­ gang vom Kindergarten in die erste Klasse gut meistern. Vertrauen wir den Kindern. Sie sind ohnehin viel widerstandsfähiger, als wir denken. Meine Botschaft an die Eltern lautet:

In den ersten zwei Schuljahren soll­ te die Leistung des Kindes nicht im Vordergrund stehen. Es geht darum, das Schulleben kennenzulernen und nicht primär die Leistungsanforde­ rungen zu spüren. Und was kann ich als Mutter oder Vater dafür tun, dass mein Kind den Spass an der Schule auch über die ersten zwei Jahre hinaus behält?

«Bei schulischen Problemen ist es wichtig, als Eltern nicht in einen Rollenkonflikt zu geraten.» Wenn Eltern merken, dass ihr Kind nicht klarkommt, ist es falsch, sich auf die Probleme zu fokussieren, sich ständig mit dem Kind hinzusetzen, viel gemeinsam zu lernen und Haus­ aufgaben zu machen. Es ist dann wichtig, das Gespräch mit den Lehr­ personen zu suchen und schulische Aufgaben an die Schule zu delegie­ ren. Ansonsten geraten Eltern in einen Rollenkonflikt. Warum das?

Kinder brauchen die Eltern als Be­­ zugspersonen, die ihnen Geborgen­ heit und Sicherheit geben. Leistungs­ stress beeinträchtigt diese Beziehung. Eltern kommen oft zu mir und sagen: Die Beziehung zu meinem Kind ist gestört, wir streiten oft, aber nur bei den Hausaufgaben und Schulthe­ men. Sobald der Schuldruck weg ist, finden wir wieder zu uns. Also sind Eltern gar nicht für die Hausaufgaben ihrer Kinder ver­ antwortlich?

Bei denjenigen Kindern, die keine Probleme mit schulischen Anforde­ rungen haben und die Anforderun­ gen gut meistern, ist es wichtig, In­­ ter­­esse zu zeigen. Aber in dem Moment, in dem es Probleme >>>

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule  Frühjahr 2017 21


Erziehung & Schule

Es gibt ja auch Kinder, die ihre schulischen Anliegen mit ihren Eltern teilen wollen.

Darin liegt die grosse Herausforde­ rung für Eltern, nämlich zu spüren, welche Bedürfnisse das Kind hat, und diese dann zu fördern. Förde­

«Förderung ist dann sinnvoll, wenn das Kind in seinen eigenen Aktivitäten unterstützt wird.» rung ist dann wirksam, wenn das Kind in seinen eigenen Aktivitäten unterstützt wird. Dann macht es Fortschritte, fühlt, dass es etwas bewegen kann, selber wirksam ist, und es entwickelt ein gutes Selbst­ wertgefühl. Wenn man sein Kind immer in denjenigen Bereichen for­ dert, in denen es Schwächen hat, wird es dauernd Misserfolgserleb­ nisse haben und ein schlechtes Selbstwertgefühl entwickeln. Ein Kind muss immer mehr Erfolgs­ erlebnisse haben als Misserfolge.

Und jetzt ist er an einem Ort, der nicht zu seinen Fähigkeiten passt. Ich bin überzeugt, dass er den einge­ schlagenen Weg so nicht schaffen wird, trotz maximalem Einsatz sei­ ner Eltern. Sie selbst sind Vater von vier Söhnen im Alter von 10 bis 18 Jahren.

Sie sind in ihrer Persönlichkeit und ihren Begabungen sehr unterschied­ lich. Einer macht beispielsweise eine Försterlehre. Und das wollten Sie ihm als Akademiker nicht ausreden?

Nein, er geht seinen eigenen Weg und ist glücklich. Er hat einen star­ ken Charakter und liebt die Natur. Nach der Lehre hat er immer noch die Möglichkeit, Weiterbildungen oder sogar die Berufsmatur zu machen, wenn er das möchte. Man­ che wissen erst dann, was sie wollen, werden später reif. Ich bin da gelas­ sen. In der Schweiz haben wir ein durchlässiges Bildungssystem und

die jungen Erwachsenen haben auch später noch Chancen, ihre berufliche Laufbahn zu gestalten. Eine Über­ einstimmung von den eigenen Fähigkeiten und den Erwartungen und Anforderungen, welche die Umwelt an uns stellt – das ist ein zentrales Element für unser Selbst­ wertgefühl, unser Wohl- und Glücksempfinden. Im Erwachsenenalter können wir dies selbst steuern ...

... während Kinder das nicht können. Daher haben wir als Eltern die Ver­ antwortung, eine geeignete Passung, eine Übereinstimmung von Anfor­ derungen und Möglichkeiten für unsere Kinder zu finden und herzu­ stellen. Das ist eine zentrale Aufgabe des Elternseins, und gleichzeitig eine sehr anspruchsvolle … >>>

>>> gibt, ist es wichtig, diese an andere Personen zu delegieren.

* Anmerkung der Redaktion

Können Sie ein Beispiel nennen?

Ich kenne einen Jungen aus meiner Sprechstunde, der mit vier Jahren eine schwere Spracherwerbsstörung zeigte und dessen Eltern ihn täglich mit Förderung gedrillt haben. Jetzt, er ist mittlerweile am Gymnasium, haben die Eltern wieder Kontakt mit mir aufgenommen, da sie wegen der Schwierigkeiten einen Nachteilsaus­ gleich erwirken wollen. (Notwendi­ ge Anpassungen des Unterrichts oder von Prüfungen, um die behin­ derungsbedingten Nachteile eines betroffenen Schülers auszuglei­ chen.*) Ich bin echt erschrocken. Das Selbstwertgefühl dieses Jungen ist minimal, er wirkt depressiv. Man spürt die chronische Überforderung.

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Oskar Jenni Professor, ist Kinderarzt und leitet seit 2005 zusammen mit Bea Latal die Abteilung Entwicklungspädiatrie des Kinderspitals Zürich. Er ist verheiratet und Vater von vier schulpflichtigen Kindern.

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Service

Literatur zum Thema Uta Reimann-Höhn: Einmal 1. Klasse, bitte! So gelingt der Übergang vom Kindergarten in die Schule Wie kann ich mein Kind bestmöglich auf die Schule vorbereiten? Wie lässt sich der Übergang vom Kindergarten in die Schule optimal gestalten? Die Diplompädagogin und Lern­ therapeutin beantwortet die wichtigsten Fragen zum Schulstart. Dazu: Tests und Checklisten. Herder Verlag, 2011, 64 Seiten, ab Fr. 12.90

Adolf Timm und Klaus Hurrelmann: Stark in die Schule. Was Kinder vor der Einschulung brauchen Hier werden Eltern durch neun Kompetenzen geführt, die ein Kind erwerben sollte, um die Schule erfolgreich und glücklich zu meistern, darunter: Neugier, Selbstwert­ gefühl, Zielstrebigkeit, Freiheit, Resilienz. Das Autoren­­duo, zwei deutsche Jugendforscher, zeigt, dass es auf die richtige Balance ankommt, um grösser gewordene Erwartungen in Schule und Gesellschaft zu meistern. Beltz Verlag, 2015, 223 Seiten, ab Fr. 21.30

Doris Rübel: Wieso? Weshalb? Warum? Ich komme in die Schule In diesem Klapp-Bilderbuch entdecken Kinder spielerisch, was es mit der Schule auf sich hat: Vom Aussuchen des Schultheks über den Schulweg bis zum ersten Schultag werden viele Fragen beantwortet, die Schulanfängern unter den Nägeln brennen. Ravensburger, 2015, Ringbuch, 16 Seiten, Fr. 21.90

Irina Korschunow: Für Steffi fängt die Schule an Schultag! Zuerst wird Steffi bei der Klassenzuteilung vergessen, dann ist auch noch der Platz neben ihrer besten Freundin Marei besetzt. Wie die tapfere Steffi den turbulenten Schulbeginn mit tatkräftiger Unter­ stützung ihrer Eltern und ihres kleinen Hundes Murkel meistert, zeigt diese schöne Mutmach-Geschichte. Dtv junior Verlag, 2001, 73 Seiten, Fr. 13.50

Sabine Jörg und Antje Drescher: Der Ernst des Lebens «Wenn du in die Schule kommst, beginnt der Ernst des Lebens», sagen alle zu Annette. Doch dann kommt alles anders und Annette beschliesst, sich in Zukunft keine Angst mehr von den Grossen machen zu lassen. Thienemann-Esslinger Verlag, 2015, 32 Seiten, Fr. 17.90

Martin Baltscheit: Die Geschichte vom Löwen, der nicht schreiben konnte. Den Löwen stört es nicht, dass er nicht schreiben kann. Schliesslich kann er brüllen und die Zähne zeigen. Das reicht ihm. Erst als er einer lesenden Löwin begegnet und sich in sie ver­ liebt, kommt er ins Grübeln, denn «eine Löwin, die liest, ist eine Dame. Und einer Dame schreibt man Briefe. Bevor man sie küsst.» Beltz Verlag, 2014, 40 Seiten, Fr. 19.90

Links Viele wichtige Informationen rund um das Thema Gesundheit und Schulstart bieten die Schulärztlichen Dienste der Gemeinden, Städte und Kantone. Der Schulärztliche Dienst der Stadt Zürich zum Beispiel bietet unter anderem folgende Infoblätter: • «Informationsblatt für Eltern und Lehrpersonen – Bewegungsempfehlungen für Kinder» • «Information für Eltern von Kindern vor dem Eintritt in die 1. Klasse und in der Unter- und Mittelstufe – Der passende Schulthek» • «Information für Lehrpersonen und Eltern – Richtig Sitzen ist Einstellungssache!» • «Znüni und Zvieri» – Leckere und gesunde Rezepte für die Schule und den Hort Kostenlos zu bestellen bzw. herunterzuladen auf: www.stadt-zuerich.ch, Suchbegriff: Allgemeine Gesundheitstipps Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule  Frühjahr 2017

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Ein wichtiges Team – Eltern und Lehrpersonen Ein regelmässiger Austausch zwischen Eltern, Lehrerinnen und Lehrern schafft Vertrautheit. Warum das so ist und wie dieser gestaltet werden kann, lesen Sie in diesem Auszug aus dem Pro Juventute Elternbrief «Abenteuer Schulanfang».

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ine vertrauensvolle Zu­­ sammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule ist enorm wichtig. Tatsa­ che ist jedoch, dass Eltern und Lehrperson sich nicht aussuchen können. Daher ist es nicht selbstverständlich, dass man sich auf Anhieb sympathisch ist und die Ansichten des anderen teilt. Wichtig ist, dass Ihr Kind gerne in die Schule geht und eine gute Bezie­ hung zu seinem Lehrer oder seiner Lehrerin aufbauen kann. Gegensei­ tige Toleranz und Akzeptanz ist daher von Bedeutung. Ganz beson­ ders auch dann, wenn der Lehrer oder die Lehrerin zum grossen «Alleswisser» avanciert und nur noch er oder sie recht zu haben scheint! Nehmen Sie das nicht per­ sönlich, Kinder suchen sich neben den Eltern auch andere Erwachsene als Vorbilder. Sollten Sie mit der Lehrperson Ihres Kindes oder gewissen Abläu­ fen in der Schule uneins sein, so machen Sie Ihrem Ärger nicht vor Ihrem Kind Luft. Bringen Sie Ihre Kritik am besten persönlich an. Wenn das nicht hilft, können Sie sich an die Schulleitung, in zweiter Instanz an die Schulpflege oder den örtlichen Elternverein wenden. Von Zeit zu Zeit werden Sie von der Lehrerin, dem Lehrer zu einem Elternabend eingeladen. Dort erfah­ ren Sie mehr über Lehrmethoden, haben Gelegenheit, Fragen zu stel­ 24

len, Anregungen für den Unterricht zu geben oder auch einmal ein ver­ dientes Lob auszusprechen. Sie ler­ nen auch die Standpunkte anderer Eltern kennen und erhalten Tipps, zum Beispiel wie Sie Ihrem Kind zu Hause bei den Hausaufgaben helfen können. Ebenfalls wichtig sind Einzelge­ spräche, bei denen Sie etwas über die Leistungsfähigkeit und das Ver­ halten Ihres Kindes in der Schule erfahren. Und das nicht nur bei auf­ tretenden Problemen, sondern auch dann, wenn alles rundläuft! Auch ein vom Kind getrennt lebender Elternteil hat Anrecht auf Informa­ tion. Sollte das nicht funktionieren, so besprechen Sie das als Mutter und Vater und informieren Sie die Lehr­ person über Ihr Bedürfnis. Sollte Ihr Kind im Alltag hauptsächlich von Grosseltern oder anderen Bezugs­ personen betreut werden (wie einem Au­-pair), so empfiehlt es sich, diese ebenfalls an einem Einzelgespräch teilnehmen zu lassen. Ein regelmässiger Austausch schafft Vertrautheit und Sicherheit. Wie viele Begegnungen es dafür braucht, müssen Sie sorgfältig abwä­ gen, denn es gilt, auch die eigene neue Welt Ihres Kindes zu respek­ tieren. Elternmitwirkung

Die Schule macht ständig in allen Kantonen einen grossen Wandel

durch. Daher informieren Sie sich am besten vor Ort, wie das Schulsys­ tem und die Möglichkeiten für Elternmitwirkung in Ihrer Gemein­ de aussehen. In verschiedenen Städten und Dörfern gibt es Elternräte, die eng mit der Schuleinheit zusammen­ arbeiten, oder Elternvereine, welche die Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern unterstützen und fördern. Existiert bei Ihnen kein sol­ cher Zusammenschluss, so schlies­ sen Sie sich doch mit anderen enga­ gierten Eltern zu einer Elterngruppe zusammen. Konkrete Hilfestellung dafür und allgemeine Informatio­ nen zur Elternmitwirkung und Elternbildung erhalten Sie beim Schweizerischen Bund für Elternbil­ dung (SBE), bei der «Fachstelle Elternmitwirkung» und bei der grössten Elternorganisation «Schule und Elternhaus Schweiz» (S&E).

Lesetipp Pro Juventute Elternbrief «Abenteuer Schulanfang». Elternbrief Nr. 35 aus dem Set «Pro Juventute Elternbriefe 4.–6. Lebensjahr», Fr. 12.–, zu bestellen auf www.projuventute.ch/shop oder unter Tel. 044 256 77 33.

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Erziehung & Schule

Der erste Schultag Der erste Schultag ist ein grosses Ereignis im Leben eines Kindes. Wie können seine Eltern es bei diesem Schritt optimal begleiten? Fünf Praxistipps. Die meisten Kinder stehen am ersten Schultag unter einer inneren Spannung. Die einen sind ganz zappelig vor lauter Freude, die anderen ganz still. Begleiten Sie Ihr Kind am ersten Schultag und zeigen Sie Verständnis für seine Gefühle. Treten Sie den ersten Schultag in aller Ruhe, mit viel Vorfreude und gut vorbereitet an: • Vielleicht kochen Sie am Vortag das Lieblingsgericht Ihrer Tochter oder Ihres Sohnes? • Vor dem Schlafengehen suchen Sie gemeinsam die Kleider für den ersten Schultag aus und stellen den neuen Schulthek bereit. • Können Sie sich noch an Ihren Schulbeginn erinnern? Ihr Kind erfährt bestimmt gerne, wie es Ihnen damals erging. Vielleicht besitzen Sie noch ein Foto von sich als Erstklässler?

• Nehmen Sie sich am Morgen ausreichend Zeit fürs Aufstehen, Anziehen und vor allem fürs Frühstücken. Schulkinder brauchen einen energiespendenden und gesunden «Zmorge», um sich in der Schule konzentrieren zu können. Das gilt nicht nur für den ersten Schultag, sondern auch für jeden weiteren. Bringt Ihr Kind morgens wirklich keinen Bissen herunter, so trinkt es vielleicht wenigstens eine Ovomaltine oder ein Glas Milch und nimmt einen grossen Znüni mit in die Schule. • Feiern Sie als Familie diesen besonderen Tag Ihres Kindes: Halten Sie den Beginn des neuen Lebensabschnittes in Bildern fest, krönen Sie den ersten Schultag mit einem leckeren Dessert, überraschen Sie Ihr Kind zu Hause mit einer Schultüte … Quelle: Pro Juventute Elternbrief «Abenteuer Schulanfang». Siehe Lesetipp auf Seite 24.


Schulweg

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Erziehung & Schule

Auf eigenen Füssen Der Schulweg ist seit jeher ein Streitthema zwischen Eltern, Pädagogen und Verkehrsforschern. Denn besonders im Strassenverkehr lauern Gefahren. Kein Wunder, dass viele Eltern ihre Kinder den Schulweg nicht alleine gehen lassen wollen. Dabei bietet er viele Chancen für Kinder, spielerisch zu lernen. Text: Stefan Michel Bilder: Sophie Stieger / 13 Photo Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule  Frühjahr 2017 27


Erziehung & Schule

Yanniks Schulweg hat so einige Tücken.

Y

annik winkt seiner Mutter noch einmal zu, bevor er die Strasse hinuntergeht, die in den historischen Dorfkern von Wangen bei Brüttisellen ZH führt. Fünf Strassen kreuzen sich hier. Es herrscht reger Verkehr. Wangen ist ein beliebter Schleichweg, um den Stau um das Brüttiseller Kreuz zu umfahren. Der 6-Jährige wartet lange, bis sich eine Lücke auftut und er die Strassenseite wechseln kann. Eigentlich wäre Yanniks Schulweg so, wie man ihn sich wünscht: mitten durchs Dorf, vorbei an Fachwerkhäusern und gepflegten Gärten. Doch der Durchgangsverkehr verwandelt den idyllischen Spaziergang in eine tägliche Lektion Verkehrskunde. Trotzdem lässt ihn seine Mutter alleine gehen, obwohl ihr nicht ganz wohl ist dabei. «Yannik ist ein sehr vernünftiges Kind. Seinen kleinen Bruder werde ich wohl länger begleiten müssen», meint sie vorausschauend.

Der Schulweg ist viel mehr als nur eine Wegstrecke, er ist ein Ort des Lernens. 28

Für viele Kinder ist der Schulweg die einzige Möglichkeit, sich ohne Aufsicht zu bewegen, sich mit ihren Kollegen auszutauschen, Freundschaften zu schliessen oder zu streiten. Er bietet aber auch die Möglichkeit, Abstand vom Schultag zu gewinnen und sich auf zu Hause einzustellen. Aber er verlangt gerade jüngeren Kindern einiges ab. Sie müssen den Weg zur Schule selbständig finden, rechtzeitig dort sein und auf sich aufpassen. Der Schulweg ist viel mehr als die Strecke zwischen Wohn- und Schulhaus, er ist ein Ort des Lernens. Das ist die eine Seite. Die andere erschliesst sich einem beim Blick in die Statistik: Laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) werden jedes Jahr rund 400 Kinder auf dem Schulweg Opfer eines Verkehrsunfalls. Durchschnittlich zwei Kinder sterben. Das grösste individuelle Risiko tragen die 5-­bis 9­-Jährigen als Fuss­gänger und die 10- bis 14­Jährigen als Velo­fahrer. So verwundert es nicht, dass sich Eltern in den Monaten vor der Einschulung die Frage stellen: Wie kommt unser Kind sicher in die Schule und wieder nach Hause? Die grösste Sorge gilt dabei dem Strassenverkehr. Sind viel befahrene Strassen zu überqueren? Gibt es unübersichtliche Kreuzungen? Ist unser Kind vernünftig genug, um sich sicher an den Autos vorbeizubewegen? Und wie rücksichtsvoll und aufmerksam sind wohl die Autofahrer? Dabei hält der Verkehrsexperte Pascal Regli fest, dass Deutschschweizer Schulwege im nationalen Vergleich relativ sicher seien. Regli Frühjahr 2017  Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule


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leitet das Projekt «Sichere Schul­ wege» bei Fussverkehr Schweiz und kennt die elterlichen Sorgen. «Wie gross die Gefahr und die Bedenken der Eltern sind, spiegelt sich direkt in den sogenannten Elterntaxis wider. In der Romandie und im Tes­ sin ist der Anteil der Kinder, die zur Schule gefahren werden, viel höher als in der Deutschschweiz», erklärt er. So sind es in der Deutschschweiz weniger als 10 Prozent der Kinder, die täglich mit dem Auto zur Schule gebracht und wieder abgeholt wer­ den. Doch ihr Anteil steigt.

Stärken stärken. Lernen lernen. Die Schweizer Primarschule mit einem internationalen Touch.

Elterntaxis sind umstritten

Die Elterntaxis sind das am hitzigs­ ten diskutierte Thema im Zusam­ menhang mit Schulwegen. Offizielle Stellen wie die Kantonspolizei Zürich raten in der Regel ebenso entschie­ den vom elterlichen Fahrdienst ab wie Verkehrsorganisationen, bei­ spielsweise der TCS. Denn dass die Kinder im Auto sicherer >>> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule  Frühjahr 2017

Erreichbar in 10 Min. von Zug, 20 Min. von Thalwil

www.tagesschule-elementa.ch Tagesschule Elementa AG, Sarbachstrasse 8, 6345 Neuheim/ZG Tel. 041 755 06 50, info@tagesschule-elementa.ch


Schulweg

«Eltern müssen mit ihren Kindern immer wieder üben» Gewisse Situationen im Strassenverkehr können Kinder im frühen Primarschulalter nicht einschätzen, weil ihre Sinne noch nicht weit genug ausgebildet sind. Wie wichtig es daher ist, den Schulweg immer wieder zu üben, erklärt Barbara Schürch von der Beratungsstelle für Unfallverhütung bfu. Interview: Stefan Michel Frau Schürch, was muss ein Kind leisten, wenn es seinen Schulweg alleine geht? Das Kind muss den Weg finden und sich im Stras­s enverkehr richtig verhalten. Und es kommen viele Dinge dazu, die es ablenken, wie etwa der Abschied von zu Hause. Vielleicht hat das Kind auch ein bisschen Angst vor der Schule, oder es freut

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sich ganz besonders darauf. All das macht den Schulweg noch anspruchsvoller, denn das Kind muss sich auf sein Verhalten im Verkehr konzentrieren. Die Wahrnehmung eines 6- oder 7-jährigen Kindes ist noch nicht voll aus­ gebildet. Was kann es noch nicht? Kinder im frühen Primarschulalter haben aufgrund ihrer Körpergrösse noch keinen so guten Überblick. Wenn sie nach links und rechts schauen, wie sie es gelernt haben, machen sie das manchmal automatisch, statt bewusst wahrzunehmen und die Verkehrsumwelt gezielt nach Gefahren abzusuchen. Abzuschätzen, wie weit ein Auto entfernt ist, fällt ihnen schwer. Die Distanz in einen Bezug zur Geschwindigkeit zu setzen, also vorauszusagen, wie lange es dauert, bis das Auto vor ihnen steht, ist in diesem Alter sehr anspruchsvoll und oft noch nicht möglich. Ab wann haben sie ein sicheres Wahrnehmungsniveau erreicht? Altersangaben sind heikel, weil sich Kinder unterschiedlich entwickeln. Es gilt, das einzelne Kind zu beobachten und so

festzustellen, ab wann es sich zuverlässig und sicher verhält im Strassenverkehr. Lässt sich die Wahrnehmungsfähigkeit eines Kindes fördern? Ja, sie ist trainierbar. Es gibt spieleri­sche Übungen, die Spass machen. Das alt­be­ kannte «Ich sehe was, was du nicht siehst!» ist eine Möglichkeit, oder ein Hör-Memory, welches das Gehör schult. Wir begrüssen es sehr, wenn Eltern mit ihren Kindern solche Übungen machen. Sie sollten aber nicht erwarten, dass sich die Wahrnehmung der Kinder damit auf einen Schlag verbessert. Das geschieht in kleinen Schritten. Strassenübergänge stehen oft im Zentrum der Aufmerksamkeit, wenn es um Schulwegsicherheit geht. Welche weiteren Situationen können gefährlich sein? Besonders zu beachten sind Strassen ohne Trottoir, unübersichtliche Kurven, Hecken, die die Sicht nehmen, und Ausfahrten von einem Vorplatz. Da geht das Kind korrekt auf dem Trottoir, denkt, es sei sicher, und dann kommt plötzlich trotzdem ein Auto gefahren! Viele Kinder meinen ausserdem,

Frühjahr 2017  Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule


Erziehung & Schule

Studien belegen, dass Kinder am meisten lernen, wenn sie auf sich gestellt sind.

Yannik übt den neuen Schulweg schon jetzt.

>>> unterwegs sind, ist ein Trugschluss. Einerseits zeigen Statistiken, dass Kinder häufiger im Auto Opfer von Verkehrsunfällen werden als zu Fuss. Darüber hinaus gefährden die vor den Schulen kreuz und quer rangierenden Autos die Kinder, die sich dort bewegen. Verschiedene Schulleitungen appellieren daher an die Eltern, die Fahrdienste zu unterlassen. Die Aargauer Gemeinde Muri hat sogar ein Halteverbot um die Schulhäuser herum erlassen. So richten sich einige Aufklärungskampagnen vor allem auch an

wenn sie ein Auto oder einen Lastwagen sehen, dann sehe dessen Lenker auch sie. Eine weitere Herausforderung sind E-Bikes und andere Elektrofahrzeuge, die sich praktisch lautlos fortbewegen. Angenommen, das Kind hat den Kindergartenweg problemlos gemeistert. Nun kommt ein neuer Schulweg. Ist es dafür gerüstet, oder beginnt hier der Lernprozess bei null? In diesem Alter sollten die Eltern mit ihrem Kind jede neue Strecke anschauen und üben. Das gilt auch für den Weg in die Musikstunde oder den Sportunterricht. Wir empfehlen, zuerst gemeinsam zu gehen. Später können sich die Eltern aufs Be­­ obachten beschränken, etwa indem sie mit Abstand hinterhergehen, und schliesslich kann das Kind auch den neuen Schulweg alleine gehen. Was können die Eltern in den Monaten vor dem Schulbeginn tun? Üben, üben, üben. Sie sollten den Schulweg immer wieder mit ihrem Kind gehen. Nachdem die schwierigen Stellen geübt wurden, können Eltern das Kind erklären

Autofahrer, wie die TCS-Kampagne «Rad steht, Kind geht». Denn was viele Autofahrer nicht bedenken: Am Fussgängerstreifen stehende Erwachsene erkennen in der Regel, dass ein Auto bremst, dass die Distanz gross genug ist, um vor dem heranrollenden Fahrzeug die andere Strassenseite zu erreichen – Kindern fehlen das Auge und die Erfahrung dafür. «Wenn die Autofahrer wissen, dass das Kind erst losgeht, wenn das Auto steht, gibt es keine Missverständnisse», betont Helmut Gierer vom TCS. >>>

lassen, wie es sich verhalten soll. So erfahren sie, ob es verstanden hat, worauf es achtgeben muss. Die Eltern müssen ihm ermöglichen, Erfahrungen zu sammeln. Nur so können Kinder lernen, sich im Strassenverkehr sicher zu bewegen. Auf welche Verhaltensweisen sollten Eltern ihr Kind trainieren? Auf einen Nenner gebracht: Achtsamkeit. Das Kind muss sich auf sein Verhalten im Strassenverkehr konzentrieren. Ablenkung ist gefährlich. Auf dem Trottoir sollte es nicht spielen, weder mit dem Ball noch mit dem Trottinett. Strassenverkehr und Trottoir sind keine Spielplätze. Zudem müssen sich die Eltern selber an die Regeln halten. Ihr Vorbild ist entscheidend für das Verhalten ihres Kindes. Was muss ein Kind beherrschen, damit man es guten Gewissens alleine gehen lassen kann? Wir nennen es «stabiles Verkehrsverhalten». Als Mutter oder Vater muss man sich darauf verlassen können, dass sich das Kind in den Situationen, die es antrifft, richtig verhält. Auf bekannten Wegen ist das einfacher als

auf neuen. Letztlich hängt es auch vom Vertrauen in das Kind ab. Die einen muten ihm früh (zu) viel zu, andere sind (zu) beschützend. Einmal zu viel begleiten ist sicher besser als einmal zu wenig. Das Kind will alleine gehen, den Eltern ist nicht wohl dabei. Was raten Sie? Da sollte man ehrlich mit sich selbst sein: Bin ich zu ängstlich oder ist mein Kind wirklich noch nicht so weit? Überschätzt sich das Kind, dann muss es die Begleitung halt über sich ergehen lassen. Aber natürlich kann die Angst grösser sein, als sie begründet ist.

Barbara Schürch

leitet die Abteilung Bildung der bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung. Sie setzt sich unter anderem für einen guten Verkehrsunterricht an Schulen ein.

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule  Frühjahr 2017 31


Schulweg

Alles gut gegangen: Yannik wird freudig zu Hause erwartet.

>>> Wer sich jedoch täglich im Strassenverkehr bewegt, weiss, dass diese Botschaft noch nicht bei allen Verkehrsteilnehmern angekommen ist. Was also tun? Die Kinder mit dem eigenen Auto zur Schule zu fahren, ist eine Reaktion auf die Gefahren. Eine andere wäre, etwas zur Entschärfung zu unternehmen – indem Eltern beispielsweise die Gemeindebehörden auffordern, den Schulweg sicherer zu machen. Das können bauliche Veränderungen sein oder ein Lotsendienst an besonders heiklen Stellen. Wenn Gemeinde- oder Schulbehörden aktiv werden müssen, dauert es länger, dafür dient die Lösung dann auch den kommenden Jahrgängen. Das Pro­ blem vieler Eltern ist aber, dass sie nicht auf eine Lösung warten können. Ihr Kind muss jetzt zur Schule, es muss heute die gefährliche Strasse überqueren. Begleitdienste haben Nachteile

Der Schulweg unserer Kinder ist zu gefährlich – was können wir als Eltern tun? • • • • •

Schliessen Sie sich mit anderen Eltern zusammen. Dokumentieren Sie die Gefahr mit Fotos, Videos und Umfragen. Kontaktieren Sie als Erstes die Schulpflege oder die Schulleitung. Gelangen Sie erst an die Gemeindebehörden, wenn Sie nicht mehr weiterkommen. Schlagen Sie den langwierigen Rechtsweg nur ein, wenn alles andere keine Lösung bringt.

In Wangen bei Brüttisellen ZH wird der Dorfkern im Sommer 2017 zu einer Tempo-20Begegnungszone umgewandelt. Damit wird Yanniks Schulweg erheblich ungefährlicher. Ein positives Beispiel dafür, was Eltern mit ihrem Engagement erreichen können.

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Wer deshalb also nicht warten will, kann sich privat organisieren, beispielsweise mit einem sogenannten Pedibus: Jeweils eine Mutter oder ein Vater begleitet die Kinder mehrerer Familien. Der Kinderzug hat feste Abgangszeiten, sodass die Eltern wissen, wann die Tochter oder der Sohn am vereinbarten Ort sein muss, um sich dem Pedibus anzuschliessen. Einen Nachteil aber haben alle Begleitdienste: Die Kinder lernen nicht, den Verkehr selber zu meistern, denn es ist ja die er­­wachsene Begleitperson, die schaut, dass nichts passiert. Bezeichnend ist die Aussage einer Erstklässlerin aus Adliswil

Frühjahr 2017  Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule


Erziehung & Schule

Der Schulweg als Chance

Viele Studien sind zum Schluss gekommen, dass Kinder am meisten lernen, wenn sie auf sich gestellt sind, sei es unterwegs in die Schule oder im freien Spiel. «Bei der eigenständigen Erkundung ihres Wohn- und Schulumfeldes werden Kinder selbständig und unabhängig», wie die Erziehungswissenschaftlerin Maria Limbourg schon vor mehr als zehn Jahren schrieb. Der 6-jährige Yannik hat viel gelernt auf seinem knapp 700 Meter langen neuen Schulweg. In einer Selbstverständlichkeit überquert er viel befahrene Strassen, kennt die sicherere Seite einer Strasse ohne

Trottoir. Er orientiert sich mühelos in den Quartiersträsschen und weiss, wo er abbiegen muss. Auch wenn sich unterwegs Kameraden dazugesellen, behält er die flott durchs Dorf rollenden Autos im Auge. Auf diesem Weg wirkt Yannik um Jahre älter als beim Herumtollen mit seinem kleinen Bruder. Kinder, die ausschliesslich im Auto gefahren werden oder unter Aufsicht laufen, verpassen das. Ihnen entgehen Erkenntnisse und Erinnerungen, die sie vielleicht ein Leben lang begleiten. Dem gegenüber steht das Sicherheitsempfinden der Eltern. Denn sie tragen die Verantwortung. Die Entscheidung liegt letztlich bei den Müttern und Vätern, wie viel sie ihrem Kind zu­­ trauen – und wann und wo.

Bei der eigenständigen Erkundung ihres Wohnumfeldes werden Kinder selbständig.

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ZH: «Wenn ich allein gehe, dann passe ich auf. Wenn wir im Pedibus gehen, machen wir Quatsch.»

Stefan Michel

ist freier Journalist in Zürich. Seine Tochter, 6, hat den längsten Schulweg ihrer Klasse, aber einen wesentlich ungefährlicheren als Yannik in Wangen bei Brüttisellen.

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Erziehung & Schule

Du darfst spielen! Mit dem Übertritt in die Primarschule beginnt der «Ernst des Lebens», hiess es früher. Heute betonen Fachleute wie Karolin Weber, wie wichtig das Spielen auch nach dem ersten Schultag ist. Nicht nur zur Erholung, sondern um wichtige Fähigkeiten und Fertigkeiten zu lernen. Interview: Evelin Hartmann gross sind wie es selbst, und irgend­ wann baut es komplexe Gebilde nach Bauanleitungen. Trotzdem bleibt die Grundfunktion die gleiche: Wenn es sich um echtes Spielen handelt, geht es nicht ums Lernen, sondern um das Spielen an sich. Das Lernen pas­ siert nebenbei. Welche Eigenschaften werden im Spiel gefördert, speziell bei Kindern im frühen Primarschulalter?

Frau Weber, warum ist Spielen so wichtig in der Entwicklung eines Kindes?

Bei kleinen Kindern ist das Spielen der Königsweg des Lernens. Indem sie im Spiel Dinge entdecken, selbst ausprobieren, Situationen nachspie­ len, lernen sie quasi ganz nebenbei. Ihre Aktivitäten werden dabei in erster Linie von ihren Interessen und der Motivation geleitet, die eigenen

«In den Klassenzimmern von heute liegt mehr Spielmaterial bereit als früher.» 34

Fähigkeiten zu erproben und zu er­­ weitern. Im Spiel können sich viele Kinder über lange Zeit in eine selbst gestellte Aufgabe oder eine Rolle ver­ tiefen, eine hohe Konzentration auf­ rechterhalten und spezifisches Wis­ sen und Können erwerben. Gilt dies auch noch für Kinder im Primarschulalter?

Das Spiel verändert sich mit der Rei­ fung des Kindes. Es wird zielgerich­ teter, Regeln werden aufgestellt und beim Spielen eingehalten, das Spiel wird komplexer. Nehmen wir Lego­ steine als Beispiel: Zu Beginn steckt das Kleinkind die Steine irgendwie und zufällig zusammen. Nach ein bis zwei Jahren baut es Türme, die so

Und diese Kompetenzen sind wichtig für das Lernen?

Fachliches Lernen wäre ohne diese Kompetenzen gar nicht möglich. Nun hat man den Eindruck, dass das freie Spielen mit dem Übertritt in die Primarschule zugunsten des fachlichen Lernens stark in den Hintergrund rückt. Ist das auch Ihre Erfahrung?

Wenn man sich die Entwicklung der letzten zehn Jahre anschaut, glück­ licherweise nicht. In den Klassen­ zimmern liegt mehr Spielmaterial bereit als früher. Aber es ist schon so: Die Möglichkeiten des Kindes, auch ge­zielt und bewusst zu lernen, nehmen in diesem Alter zu – und

Frühjahr 2017  Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule

Bild: Keystone

Das freie Spiel bleibt auch nach dem ersten Schultag für Kinder wichtig.

Ende der 90er-Jahre hat es in Deutschland Untersuchungen in ersten Primarschulkassen gegeben. Dabei kam heraus, dass diejenigen Kinder, die während des Unterrichts auch regelmässig frei spielen durften, dass heisst sich aussuchen durften, was beziehungsweise womit sie spie­ len, stärker in den sogenannten Lernbegleitprozessen wie beispiels­ weise Durchhaltevermögen, Kon­ zentra­­tion, Kreativität waren als Kinder der Klassen, die dies nicht durften – ohne Defizite im Fachli­ chen zu haben.


Und was ist mit Computerspielen?

Solche Spiele erfüllen oft genau die Voraussetzungen, um sich über längere Zeit zu vertiefen und zu beschäftigen. Anspannung und Entspannung sind meist in einem optimalen Verhältnis, und das Erfolgserlebnis erfolgt sehr schnell und in grosser Zahl. Das stimuliert und macht zufrieden. Andererseits macht es aber auch einseitig abhängig. Darum gilt: Computerspiele gehören dazu, aber in einem kleinen und kontrollierten Rahmen.

Und in der Primarschule?

Auch auf der Primarstufe ist es nach wie vor möglich, gewisse Inhalte spielerisch zu lernen und zu üben. Viel wichtiger als der Lehrplan sind in dieser Frage das Methodenrepertoire und die Grundeinstellung der Lehrpersonen. Aber es gilt auch hier: Spiel kann nicht verordnet werden, weder von noch für Lehrpersonen.

Zur Person

Inwiefern wird das freie Spiel im Lehr­ plan 21 berücksichtigt?

Karolin Weber ist Kindergartenlehrperson, Mitglied der Redaktion 4bis8, Fachzeitschrift für Kindergarten und Unterstufe, und Mitautorin des Lehrplans 21.

Für die Vorschulstufe wird im Lehrplan 21 das Spiel als wichtiges EleAnzeige

Gut markiert in die Schule!

Wie wichtig ist es, dass auch die Eltern ihre Kinder nachmittags weiterhin frei spielen lassen?

Sehr wichtig. Eltern wie Lehrer müssen das Bewusstsein entwickeln, dass Kinder nicht nichts tun, wenn sie spielen. Spielen ist mehr als nur Ausruhen und braucht Zeit. In dieser Zeit suchen sich Kinder selbstgesteuert und aus eigener Motivation heraus eine für sie sinnvolle Beschäftigung. Das ist eine nicht zu unterschätzende Leistung. Welches sind geeignete Spiele für Kinder im frühen Primarschulalter?

Das können ganz unterschiedliche Brettspiele, Rollenspiele und vor allem Bewegungsspiele sein, Ballspielen, Toben, Velofahren, Skateboarden. Wichtig ist, dass Kinder nicht vorgegeben bekommen, was sie spielen sollen, sondern frei wählen können.

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Und es ist schwieriger, die Lernschritte und Erfolge zu beobachten. Aber es lohnt sich! Ein sehr abrupter Wechsel vom vorwiegend selbst gewählten Spiel wie im Kindergarten zum zielgerichteten, diktierten Lernen ist eine sehr grosse Umstellung. Die Kinder haben in den ersten Monaten in der Schule ein grösseres Aktivitätsbedürfnis, da sie mehr sitzen, aufmerksamer sein müssen als im Kindergarten. Sie wollen draussen sein, frei spielen. Andererseits ist ein «schulfähiges» Kind in der Regel in der Lage, sich auf die Anforderungen des schulischen Alltags einzulassen. Lernen ist ein Bedürfnis. Je besser die Schule auf die verschiedenen Lernwege und Voraussetzungen der Kinder eingeht, desto leichter fällt den Kindern die Umstellung. Ihre Motivation zu lernen bleibt oder steigert sich sogar noch.

Nicht viel. In der Regel geht es nicht mehr um das Spielen an sich, es verkommt zum Mittel zum Zweck. Das wird von Kindern schnell enttarnt.

ment der Entwicklung und des Lernens explizit in den Vordergrund gestellt.

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Es ist auch für Lehrer aufwendiger, den Unterricht so zu gestalten, dass Kinder sich die Lerninhalte spielerisch aneignen.

Was halten Sie von Spielen, die das Lernen fördern sollen, also von so­­ genannten Lernspielen.

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werden im Lehrplan berücksichtigt. Das Spiel behält seine Bedeutung, wird aber mehr und mehr durch zielgerichtetes Lernen ergänzt.

Gültig


Erziehung & Schule

Freundschaften lassen sich nicht erzwingen Der Schulbeginn ist ein grosser Schritt, bei dem die ganze Familie mitfiebert. Alle hoffen, dass das Kind leicht lernt und die Freude an der Schule anhält. Wichtig ist aber auch, dass sich Kinder gut in die Klassengemeinschaft einfügen und Freunde finden. Text: Susan Edthofer

«Kinder möchten sich ihre Freunde selber aussuchen und haben dafür eigene Massstäbe.» Susan Edthofer ist Redaktorin im Bereich Kommunikation von Pro Juventute.

N

ur noch drei Mal schlafen, bis ich zur Schule gehe», erzählt Tim seiner Grossmama voller Stolz. Auch Sophia und Emilie können den Schulbeginn kaum erwarten. Die beiden haben miteinander den Kindergarten besucht und sind Freundinnen. Der sechsjährige David ist hingegen eher schüchtern. Neue Situationen und Veränderungen bereiten ihm Mühe. Obwohl er sich auf die Schule freut und lesen und schrei­ben lernen möchte, hat er Angst. Vor dem Einschlafen spricht er aus, was ihn beschäftigt. «Meinst du, die anderen Kinder sind nett und mögen mich und wollen mit mir spielen?», fragt er seinen Vater besorgt. Anfangs fühlen sich Kinder meist etwas verloren

Als die Lehrerin am ersten Schultag die Schulhaustüre öffnet, blickt sie in lauter erwartungsvolle Gesichter. Unterschiedliche Stimmungen, aber auch Unsicherheit spiegeln sich in ihnen. Unbekümmert plappern die einen Kinder, zappelig hüpfen die anderen herum, still und in sich gekehrt umklammern einige die Hand von Mama oder Papa. Im Schulzimmer sind auf den Pulten bunt bemalte Namensschildchen verteilt, und jedes Kind soll sich seinen Sitzplatz suchen. Für Sophia und Emilie bedeuten die vorgegebenen Plätze eine herbe Enttäuschung, da sie nebeneinandersitzen wollten. Dieses 36

Unbehagen bleibt von der Lehrerin nicht unbemerkt. Sie erklärt den beiden, dass auch andere Kinder die Mädchen kennenlernen möchten. Sogleich erhellen sich die Mienen der Freundinnen. Nach dem geschützten Rahmen des Kindergartens fühlen sich die Erstklasskinder im grossen Schulhaus meist noch etwas verloren. Umso besser, wenn sie von den Lehrerinnen und Lehrern behutsam in diese neue Welt eingeführt werden. Doch bis sich der Schulalltag eingependelt und sich ein Gemeinschaftsgefühl gebildet hat, braucht es Zeit, Geduld und Verständnis. Denn erst müssen sich die Kinder an den Tagesablauf gewöhnen und sich in der neu zusammengewürfelten Klasse zurechtfinden. Während sie im Kindergarten zuletzt zu den Grossen gehört haben, sind sie jetzt in der Schule in der «Hackordnung» wieder nach unten gerutscht. Übungsfeld Pause

Auch der Pausenplatz ist Neuland. Schüchtern stehen die Erstklässlerinnen und Erstklässler in der Pause etwas abseits. Um sich an dieses neue Umfeld zu gewöhnen, essen die Kinder ihr Znüni beispielsweise im Schulzimmer. Die Pause ist dem Spielen vorbehalten. Oder sie bekommen ältere Schulkinder als Gotte oder Götti an die Seite gestellt. Deren Aufgabe ist es, darauf zu achten, dass sich die Erstklasskinder in der Pause wohlfühlen und mitspielen dürfen. So kann es vorkommen, dass man in den ersten Wochen ziemlich ungleiche Paare miteinander spielen sieht. Mit Hilfe dieser Freundschaften werden die jüngeren Kinder in die Pausenplatzkultur eingeführt, während die Grösseren lernen sollen, Verantwortung zu tragen und Rücksicht zu nehmen. Doch auch wenn Lehrpersonen dieses Miteinander begleiten: Konfliktfrei gestaltet sich der Schulalltag kaum. Früher oder später gibt es Momente, die schwierig sind, und jedes Kind wird Enttäuschungen verkraften müssen. Zum Beispiel wenn Thea merkt, dass sie weniger schön schreibt als Anna, oder Lars kein so tolFrühjahr 2017  Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule


les Pferd zeichnet wie Nora oder Tim nicht so kräftig ist wie Lukas. Vergleiche mit Freundinnen und Freunden oder Auseinandersetzungen in der Klasse gehören dazu. Nicht nur die Kinder, auch die Kinderfreundschaften verändern sich im Laufe des Aufwachsens. Zu einer Gemeinschaft zusammenwachsen

Für das Wohlbefinden und den Lernerfolg des einzelnen Kindes spielen das Klassenklima und der Zusammenhalt in der Klasse eine wesentliche Rolle. Freundschaften sind wichtig, doch sie lassen sich nicht erzwingen. Wie bei den Erwachsenen spielen Sympathie und Antipathie mit. In der Schule lernen die Kinder, gewisse Regeln einzuhalten und einander mit Respekt zu begegnen. Schliesslich kann man miteinander auch klarkommen, ohne enger befreundet zu sein. Viele Eltern sind sich zu wenig bewusst, dass Kinderfreundschaften oft unverbindlich und einfach zweckmässig sind: Man wohnt in der Nähe, verfolgt die gleichen Interessen, ergänzt sich gut und profitiert voneinander. Gerade bei jüngeren Kindern sind Freundschaften spontan, kurzfristig und dauern vielleicht bloss eine Spielsequenz: «Ich bin deine Freundin und darum darf ich mitspielen.» Manchmal machen sich Eltern Sorgen, weil sie über die Wahl der Freunde nicht unbedingt glücklich sind. «Warum hat der scheue Benjamin ausgerechnet den Klassenclown zum Freund auserkoren?», fragt sich seine Mutter mit einem Kopfschütteln. Doch Gegensätze ziehen sich an, und so sucht das Kind möglicherweise genau einen Gegenpol zu sich selbst. Das ist vielleicht auch der Grund, weshalb sich Lisa pausenlos von ihrer Freundin Anna herumkommandieren lässt. Im Umgang mit Freundschaften unter Kindern empfiehlt sich Gelassenheit. Kinder merken, dass Freundschaften sie stärken, und suchen sich Verbündete, mit denen sie spielen, lachen, Unsinn machen und Geheimnisse austauschen können.

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Der themenspezifische Elternbrief von Pro Juventute begleitet Eltern und Kinder beim Übergang vom Kindergarten in die Schule.

5 Fakten zum Thema Kinderfreundschaften, die Eltern wissen sollten • Bei jungen Kindern sind Freundschaften oft bloss zweckgebunden und dauern nur kurz. Erst mit dem Älterwerden bildet sich zwischen Freundinnen und Freunden auch eine emotionale Verbundenheit. • Eltern sollten sich möglichst wenig in Kinderfreundschaften einmischen. Kinder möchten sich ihre Freunde selber aussuchen und setzen oft andere Massstäbe als ihre Eltern. • Entstehen Konflikte, sollten Erwachsene sich zurückhalten und erst einmal beobachten, wie die Kinder mit der Situation umgehen. • Kinder sollten Probleme mit Gleichaltrigen selber lösen lernen und Schwierigkeiten mit ihren eigenen Strategien angehen. • Indem Eltern die Sorgen und Nöte teilen und gleichzeitig darauf vertrauen, dass das Kind seinen Weg meistert, wird es gestärkt, um sich in einer Gemeinschaft zurechtzufinden.

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Das Frühstück –

die Kraftquelle für mein Schulkind

Bild: Martina Meier

Wer in die Schule geht, braucht Energie. «Die holen sich Primarschüler am besten in Form einer ausgewogenen, vielfältigen Ernährung», sagt Marianne Honegger vom Schulärztlichen Dienst der Stadt Zürich. Die Ernährungsberaterin erklärt, wie ein optimales Znüni aussieht und wie Eltern kleine Frühstücksmuffel zum Essen motivieren. Interview: Evelin Hartmann Bilder: Martina Meier

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Ernährung & Gesundheit

Frau Honegger, wie sieht eine sinnvolle Ernährung von Schulkindern aus?

Vielseitig, farbenfroh und alle Lebensmittelgruppen berücksichti­ gend. Empfohlen werden beispiels­ weise zwei Portionen Obst und drei Portionen Gemüse am Tag. Diese liefern eine Vielzahl an Vitaminen, Mineralstoffen, Nahrungsfasern sowie sekundäre Pflanzenstoffe. Stärkeprodukte in der Vollkorn­ variante wie Reis, Getreideflocken, Brot oder Kartoffeln liefern Kohlen­ hydrate, Mineralstoffe und Nah­ rungsfasern. Milchprodukte, Hül­ senfrüchte, Fleisch, Fisch und Eier ergänzen die Mahlzeit mit Eiweiss. Fette und Öle liefern essenzielle Fett­ säuren. Aber welche Nährstoffe gelten als besonders wichtig in diesem Alter?

Auch für Kinder gelten die Empfeh­ lungen der Lebensmittelpyramide, wenn die Mengen entsprechend angepasst werden. Besonders wich­ tig im Wachstum ist eine gute Ver­ sorgung mit Kalzium und Vitamin D, denn diese beiden Stoffe unter­ stützen den optimalen Aufbau der Knochen. Die beste Kalziumquelle stellen Milch und Milchprodukte wie Joghurt und Käse dar. Über eini­ ge Gemüsearten wie Brokkoli, Grün­ kohl, Fenchel und Lauch kann der Körper ebenfalls gut Kalzium auf­ nehmen. Vitamin D übrigens wird – unter dem Einfluss der Sonne – zu rund 90 Prozent in der Haut gebil­ det. Auch deshalb ist viel Bewegung im Freien für Kinder so wichtig! Was und wie viel sollten Kinder in diesem Alter trinken?

Über den Tag verteilt etwa einen Liter, an besonders aktiven oder heissen Tagen natürlich mehr – vor­ zugsweise Leitungswasser oder ungezuckerten Tee. Sprechen wir über die erste Mahlzeit des Tages. Wie sollte ein optimales Frühstück aussehen?

Frühstück und Znüni sollten Ener­ gie liefern, die bis zum Mittagessen anhält. Mit diesen Lebensmitteln sind alle Nährstoffe abgedeckt:

Getreideprodukte, möglichst Voll­ kornbrot, Ruchbrot oder Haferflo­ cken, Müeslimischungen mit keinem oder möglichst geringem Zucker­ gehalt, ein Glas Milch oder eine Portion Frischkäse, Käse oder Jo­­ ghurt nature. Zusätzlich ein Stück Obst oder ein Deziliter ungezucker­ ter Fruchtsaft. Als Brotaufstrich empfehlen wir etwas Butter oder Margarine, Konfitüre oder Honig. Und gefrühstückt wird in Ruhe gemeinsam am Familientisch.

Gemeinsame Mahlzeiten sind wich­ tig. Sie bieten Kindern die Möglich­ keit, in Ernährungsfragen von ihren Eltern zu lernen. Aber ein ausge­ dehntes Familienfrühstück ist, mit Ausnahme des Wochenendes, im Alltag kaum umsetzbar. Wichtig ist also, dass Eltern ihren Kindern ein vollwertiges Frühstück anbieten. Was tun mit Frühstücksmuffeln?

Wenn das Frühstück in der Familie seinen festen Platz hat, gehört es auch für die Kinder zum Alltag. Was wir aber alle kennen: Wenn wir aus­ geschlafen sind und Zeit haben, haben wir mehr Appetit auf ein aus­ gewogenes Frühstück als an einem – vielleicht hektischen – Wochentag, an dem alle früh aus dem Haus müs­ sen. Für Kinder, denen es schwerfällt, am Morgen etwas zu essen, empfeh­ len wir, zumindest etwas zu trinken. Mit einem Glas Milch oder einem ungezuckerten Fruchtsaft werden gleichzeitig auch Energie und Nähr­ stoffe getrunken. Und das Znüni sollte dann etwas reichhaltiger gestaltet werden.

Genau, dann kann der Rest des Früh­ stücks beim Znüni nachgeholt wer­ den. Wenn Eltern jedoch die Mög­ lichkeit haben, schon frühmorgens immer wieder verschiedene Früh­ stücksvarianten anzubieten und aus­ zuprobieren, kann sich diese Geduld lohnen. Welche Lebensmittel gehören in eine Znünibox?

Idealerweise gehören zum Znüni ein ungesüsstes Getränk sowie eine Frucht oder ein Gemüse. Bei Früh­

«Wenn das Frühstück in der Familie seinen festen Platz hat, gehört es auch für die Kinder zum Alltag.» stücksmuffeln kann zusätzlich ein Stück Vollkornbrot oder ein kleines Sandwich angeboten werden. Für das Zvieri gilt das Gleiche. Kindern, die diese Zwischenmahlzeiten regel­ mässig stehen lassen, kann man das Obst in mundgerechte Stücke ge­­ schnitten mitgeben oder selbst kre­ ierte «Kinderspiesse» oder «Räuber­ brote» einpacken. Fragen Sie Ihre Kinder, was sie aus der grossen Aus­ wahl von sinnvollen Znünis gerne essen. Können sie mitbestimmen, erhöht sich gerade bei Znünimuffeln die Wahrscheinlichkeit, dass die Zwischenmahlzeit auch gegessen wird. Dass gezuckerter Eistee, Schokoriegel oder Butterkekse fürs Znüni ungeeignet sind, versteht sich von selbst. Aber was können Eltern mitgeben, denen morgens die Zeit fehlt, ein feines Sandwich zu schmieren oder kreative Obst-Gemüse-Spiesse zu gestalten?

Ein Apfel ist schnell gewaschen, ein Rüebli schnell geschält und zusam­ men mit einer Handvoll Nüssen, einigen Vollkorncrackern oder einem Stück Brot in die Znünibox gepackt. Wie steht es um Lifestyle-Produkte wie Smoothies? Sind diese eine schnell griffbereite, gesunde Alternative?

Grundsätzlich gilt: Je unverarbeite­ ter ein Lebensmittel ist, desto emp­ fehlenswerter ist es. Es ist aber nichts dagegen einzuwenden, hin und wie­ der eine Portion Obst durch einen Smoothie zu ersetzen. Allerdings sollte davon nicht mehr als ein Dezi­ liter pro Tag getrunken werden, da sie Fruchtzucker in sehr kompri­ mierter Form enthalten. >>>

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule  Frühjahr 2017 39


Bild: Martina Meier

Dos and Don’ts Ein gesundes Znüni und Zvieri • enthält immer Wasser oder ungesüssten Kräuter- oder Früchtetee • besteht aus einer Frucht und/oder einem Gemüse, ist bunt zusammengestellt und zuckerfrei • kann je nach körperlicher Anstrengung und Hungergefühl durch ein Getreide- und/oder Milchprodukt sowie mit Nüssen ergänzt werden • besteht idealerweise aus Produkten der Saison Nicht regelmässig – aber ab und zu • exotische Früchte wie Mango, Ananas, Papaya, am besten in Bioqualität • Trockenfrüchte • Fleisch und Fleischprodukte wie Trockenfleisch und Schinken, dabei die fettarmen Varianten wählen • Fruchtsaft, gemischt mit Wasser

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Nicht empfehlenswert • Schokoladen-, Milch- und Getreideriegel • Gipfeli, Zopf, weisses Toastbrot • gezuckerte Frühstückscerealien • Biskuits • Süssgetränke wie Eistee, Sirup, Cola, Energydrinks, künstlich gesüsste Getränke (Lightprodukte) • gesüsste, aromatische Milchmixgetränke (wie Schokodrink) • fette oder stark gesalzene Produkte wie Salzstangen, Chips, gesalzene Nüsse

Quelle: Gesundheitsförderung Schweiz

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Ernährung & Gesundheit

… und den gesunden Apfel wieder mit nach Hause bringen. Das ist so. Und wenn das hin und wieder vor­ kommt, ist das auch kein Problem. Zu einer ausgewogenen Ernährung gehören auch Süssigkeiten – in Mas­ sen. Wenn dies allerdings zur Regel wird, würde ich mit meinem Kind besprechen, was es gerne als Zwi­ schenmahlzeit essen würde. Meist können sich Eltern und Kind auf ein Znüni einigen, das gesund ist und dem Kind schmeckt.

Und was können Eltern tun, deren Kinder sich über Jahre hinweg an süsse, fettige Lebensmittel gewöhnt haben und nun kaum noch etwas anderes mögen?

Eine Veränderung der Geschmacks­ vorlieben braucht Zeit und muss langsam angegangen werden. Man kann beispielsweise das süsse Knus­ permüsli mit ungesüssten Getreide­ flocken mischen und das Mischver­ hältnis langsam zugunsten der Getreideflocken verändern. Und bei Obst- und Gemüsemuffeln gilt: Geduld haben und immer wieder anbieten. Zwang bringt nichts, mit gutem Beispiel vorangehen bewirkt viel mehr! >>>

>>> Nun kann ich meinem Kind noch so gesunde Znüni mitgeben, wenn das Gspänli in der Pause die süssen Leckereien auspackt, wird mein Kind unweigerlich nach diesen greifen ...

Zu einer ausgewogenen Ernährung gehören auch Süssigkeiten – in Massen.

Zur Person

Marianne Honegger ist Ernährungsberaterin FH im Schulärztlichen Dienst der Stadt Zürich.


Kolumne

Noah fühlt sich in der Schule nicht wohl Der siebenjährige Noah hat eine totale Abneigung gegen die Schule. Jeden Morgen beginnt für ihn ein neuer Kampf, er ist so traurig und verzweifelt, dass er sterben möchte. Noahs besorgte Mutter bittet Jesper Juul um Rat.

Jesper Juul ist Familientherapeut und Autor zahlreicher internationaler Bestseller zum Thema Erziehung und Familien. 1948 in Dänemark geboren, fuhr er nach dem Schulabschluss zur See, war später Betonarbeiter, Tellerwäscher und Barkeeper. Nach der Lehrerausbildung arbeitete er als Heimerzieher und Sozialarbeiter und bildete sich in den Niederlanden und den USA bei Walter Kempler zum Familientherapeuten weiter. Seit 2012 leidet Juul an einer Entzündung der Rückenmarksflüssigkeit und sitzt im Rollstuhl. Jesper Juul hat einen erwachsenen Sohn aus erster Ehe und ist in zweiter Ehe geschieden.

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Es geht nicht um einen Buben, der seine Lehrperson nicht mag, sondern um ein Kind, das mit der Realität der Schule überfordert ist.

empfunden. Die Mutter bittet Jesper Juul um seine Überlegungen. Jesper Juul antwortet

Sie teilen das Schicksal mit vielen Eltern. Denn für Eltern ist der Über­ gang ihrer Kinder in die Schule oft dramatisch, und sie suchen einen konstruktiven Weg, um mit der neuen Situation umzugehen. Ihre Zeilen lassen mich vermuten, dass Sie sich um geliebte Menschen sehr fürsorglich und rücksichtsvoll küm­ mern. (…) Aber nun zu Noah: Er ist ein Bub, der sich wohl etwas langsamer ent­ wickelt als seine Geschwister. Das macht ihn zum Opfer mütterlichen Schutzes und der Rechenschafts­ pflicht. Und jetzt hat er ernsthafte Probleme damit, in die Schule zu gehen. Was ausreicht, um sowohl Vater als auch Mutter um den nächt­ lichen Schlaf zu bringen. Auch wenn es jetzt etwas grau­ sam klingt, sollten Ihnen dennoch Noahs zwei grosse Probleme be­­ wusst sein: Das erste ist, dass er nicht gerne in die Schule geht. Das zweite, dass sein Selbstbild sehr schnell kippen kann, weil er sich ständig mit seinen Geschwistern vergleicht. Darüber hinaus verletzen seine Gefühle jene seiner Mutter, was wohl das Letzte ist, was er will.

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Illustration: Petra Dufkova/Die Illustratoren

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ine besonders verant­ wortungsvolle Mutter mit drei Kindern, To­­ bias, 10, Ronja, 8, und Noah, 7, schreibt, wie sehr sie die Einschulung ihres Soh­ nes Noah beschäftigt. Ihr Sohn fin­ det es schwierig, in die Schule zu gehen. Jeden Morgen ist es für ihn ein Kampf, sich für die Schule bereit zu machen. Noah ist richtig traurig und verzweifelt, dass er nun nicht mehr so viel Zeit zum Spielen hat. Die Ansprüche der Schule verunsi­ chern ihn stark. Die Mutter fragt sich, was hinter dieser Abneigung gegenüber der Schule steckt, und ist selber verunsichert. Es macht sie traurig, dass es ihrem Sohn so er­­ geht. Noah hat auch schon ausge­ sprochen, dass er sterben möchte. Seine Geschwister haben den Schul­ eintritt jeweils als etwas Positives


Deshalb denkt er, dass das Leben nicht lebenswert ist. Das bedeutet allerdings nicht, dass er einen Selbstmord plant, sondern nur, dass er sein Leben, so wie es jetzt ist, nicht aushält. Das ist nicht seltsam oder ausser­ gewöhnlich für Kinder. Noah weiss, dass er in die Schule gehen muss. Und es ist für ihn im Moment un­­ vorstellbar, das die nächsten zehn Jahre oder mehr auszuhalten. (…) Der ideale Weg zu einer Lösung mag im derzeitigen Schulsystem völlig unrealistisch erscheinen, ich erwähne ihn aber trotzdem: Spre­ chen Sie mit Noahs Klassenlehrper­ son und bitten Sie sie zu sich nach Hause. Noahs Erfahrungen in der Schule sind so negativ, dass er in der Schule kaum wahrnimmt, was die Lehrperson zu ihm sagt. Ausserdem ist ein Besuch zu Hause im Interesse aller Beteiligten: Wenn Sie die Lehr­ person davon überzeugen können, eine Stunde ihrer Zeit für einen Hausbesuch zu investieren, wird sie sich in den kommenden Jahren vie­ le Stunden an Konflikten, viele Erklärungen und Gespräche erspa­ ren. Hier geht es nicht um einen Buben, der seine Lehrperson nicht mag, sondern um ein Kind, das mit der Realität der Schule an sich über­ fordert ist. Dennoch sind die beiden «Hauptparteien» in diesem Konflikt Noah selbst und die Schule. Die Lehrperson personifiziert für Noah die Schule. Ich würde dem Lehrer oder der Lehrerin daher zu folgendem Ge­­ sprächseinstieg raten: «Noah, deine Mama glaubt, dass es für dich megaschwer ist, in die Schule zu gehen. Das macht uns traurig. Denn wir wünschen uns, dass es den Kin­ dern in der Schule Spass macht und dass sie es dort spannend finden. Aber wie es scheint, ist das bei dir nicht so. Deine Mama hat dir sicher schon gesagt, dass alle Kinder in die Schule gehen müssen, egal ob sie wollen oder nicht. Ich bin heute hier,

Eltern sollten abseits von ihrem Kind stehen und ihm ihre Lebenserfahrung anbieten.

um dir zu zeigen, dass ich alles tun möchte, um euch zu helfen. Viel­ leicht können wir, wenn wir mitein­ ander reden, herausfinden, wie du mir und den anderen Lehrpersonen dabei helfen kannst.» Auf diese Weise kann die Lehr­ person im Auftrag der Schule die Initiative ergreifen, damit Noah geholfen wird. Noah kann so einen Bezug zur Schule herstellen, den er alleine nicht aufbauen kann. Sie als Eltern konnten bisher nur abstrakt mit ihm über die Schule sprechen. Natürlich kann es passie­ ren, dass die Lehrperson diese Vor­ gehensweise als nicht üblich oder schwierig ablehnt. Was schade wäre, weil die Schule damit eine Möglich­ keit im Leben dieser Familie ver­ passt, um zu ihrer weiteren Zukunft konstruktiv beizutragen. Lassen Sie uns optimistisch sein: Stellen wir uns vor, dass Noah Lehr­ personen hat, die pädagogisch den­ ken können und deshalb auch bereit sind, Noah dort zu begegnen, wo er sich gerade befindet. Das be­­deutet nicht, dass sich damit das Problem auflöst. Sie und Ihr Mann haben jetzt die wichtige Aufgabe, die Ba­­ lance zwischen Empathie und Mit­ gefühl und der Realität des Lebens zu finden. Noah braucht Ihr Enga­ gement und Interesse als Rückhalt. Es wird wahrscheinlich mehrere Wochen oder Monate dauern, bis Noah sich artikulieren und darüber sprechen kann, was an der Schule so schwer ist für ihn. Denken Sie daran, dass Ihr Sohn jetzt in der Krise ist und deshalb keinen klaren Blick hat. Er braucht Zeit und viele Pausen abseits der Schule, in denen er nur spielen kann. Es ist wichtig, dass

sowohl Sie als auch Ihr Mann nicht ständig mit einem besorgten Gesicht herumlaufen. Wenn Sie das nämlich tun, nehmen Sie die Szene ein (weil Noah, wie alle Kinder, kooperieren möchte) und lassen ihn alleine zurück mit dem Szenario und dem Ausblick in die Zukunft, dass er sein eigenes Leben in die Hand nehmen muss und für das Wohlbefinden seiner Eltern verant­ wortlich ist. Klingt das schwierig? Ist es auch! Schliesslich möchte ich darauf auf­ merksam machen, dass es während der kommenden Zeit nicht nur darum geht, dass Noah sich in der Schule zurechtfindet, sondern auch darum, wie er seine Lebenskompetenz und sei­ ne individuelle Art, zukünftige Le­­ benskrisen zu bewältigen, aufbaut und entwickelt. Das kann er garantiert nicht in der Schule lernen, sondern nur zu Hause und gemeinsam mit Ihnen. Dazu ist es notwendig, dass Sie sich Ihrer eigenen Rolle bewusst sind: Die sollte sein, abseits zu stehen und ihm Ihre Lebens­ erfahrung anzubieten, ihn zu begleiten. Sie sollten nicht versuchen, seine Kri­ sen zu verhindern. (…)

Jesper Juul schreibt regelmässig für das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi. Seine Kolumnen entstehen in Zusammenarbeit mit

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule  Frühjahr 2017 43


Erziehung & Schule

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Frühjahr 2017  Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule


Der Übertritt in die Schule ist für jedes Kind ein grosses Ereignis. Sechs Erstklässler der Primarschule Hanfländer in Rapperswil SG erzählen, wie sie es erlebt haben. Aufgezeichnet von: Virginia Nolan Bilder: Ornella Cacace / 13 Photo

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Matilda Bickel, 7

«Als ich damals erfuhr, in welche Klasse ich komme, war ich richtig glücklich: Meine beste Freundin Emma war der gleichen Lehrerin zugeteilt worden! Gleichzeitig war ich traurig, weil ich meine Kindergartenlehrerin sehr gern hatte und mich gar nicht von ihr verabschieden mochte. Ich machte

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mir schon Sorgen, ob die Klassenleh­­ rerin in der Schule wohl auch so nett sei. Aber ich habe es wieder gut getroffen: Frau Possberg ist die beste Lehrerin überhaupt. Bis jetzt finde ich die Schule nicht streng – nicht einmal die Hausaufgaben. Mein älterer Bruder Finn mag die hingegen gar nicht. Am liebsten

gehe ich zur Musikschule, die müssen alle Kinder besuchen. Und ich mag Singen, Tanzen und Geschichten­ erzählen. Später will ich einmal Eiskunstläuferin werden. Ich trainiere dreimal pro Woche und habe meinen ersten Wettkampf hinter mir.»

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Erziehung & Schule

Lilly Schnider, 7

«Auf die Schule habe ich mich gefreut, aber ich war auch ganz schön nervös, als es so weit war – vor allem hatte ich ein bisschen Angst, dass ich mein Mami vermissen würde, jetzt, wo meine Schultage länger dauern als im Kindergarten. Aber mittlerweile habe ich mich prima eingewöhnt hier. An den ersten Schultag kann ich mich schon fast nicht mehr erinnern. Ich habe jedes Schulfach gerne, es gibt wirklich keines, das mir nicht gefällt. Am meisten Spass macht mir das freie Spiel am Morgen, bevor der Unterricht beginnt. Und natürlich Handarbeit! Unsere Klassenlehrerin, Frau Possberg, ist sehr nett. Jedes Mal, wenn wir eine Aufgabe besonders gut erledigen, bekommen wir von ihr eine Perle – bei der fünften dürfen wir dazu eine Süssigkeit auswählen. Ich habe schon einige Perlen und Süssigkeiten bekommen. In der Schule gefällt mir alles, so wie es ist. Ich bin wunschlos glücklich.»

Gian Irminger, 7

«Rechnen ist mein Lieblingsfach. Ich finde Zahlen cool und konnte im Kindergarten schon rechnen. Ich hatte so Kärtchen, mit denen ich übte, da stand vorne die Aufgabe und hinten die Lösung. Ich wusste das Resultat fast immer, war also gut vorbereitet auf die Schule. Buchstaben hingegen gefallen mir nicht so gut, die sind einfach schwieriger als Zahlen. Am ersten Schultag hat mich Mami begleitet, ich war recht nervös. Von meinem älteren Bruder wusste ich aber auch schon einiges über die Schule. Ich gehe lieber

hin als er. Ich habe jetzt ganz andere Freunde als im Kindergarten – manchmal vermisse ich die alten ein bisschen. Aber sie besuchen ja immerhin die gleiche Schule. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich in unserer Klasse einen Spieltag einführen – einen ganzen! Bisher gibt es nämlich nur den Spielmorgen, leider auch nicht allzu oft. Am liebsten spiele ich mit Autos, das könnte ich den ganzen Tag lang tun. Später will ich einmal Koch werden; ich habe zu Hause eine Spielküche und helfe beim Kochen mit.»

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule  Frühjahr 2017 47


Emma Oehri, 7

«Dass es in der Schule lässig wird, wusste ich schon von meiner Cousine. Sie ist 13 und hatte mir schon viel darüber erzählt, wie das so ist mit Rechnen und Schreiben. Ich wusste auch sonst, was auf mich zukommt, meine Mama war früher selbst Lehrerin. Ich mag jedes Fach gerne, aber das Schönste an der Schule sind die anderen Kinder. Ich hatte das Glück,

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schon viele Kinder in meiner Klasse zu kennen – zwei von ihnen sogar seit der Krippe. Meine Zwillingsschwester Mia besucht das gleiche Schulhaus, ist aber in einer anderen Klasse. Wir wollten das so, um nicht dauernd verglichen zu werden. Wir sehen zwar nicht gleich aus, aber doch verwechseln uns die Leute immer wieder. Mich dünkt die Schule nicht streng. Als ich damals in den

Kindergarten kam, war die Umstellung viel grösser. Auf den früheren Unterrichtsbeginn in der Schule haben wir uns schon im zweiten Kindergartenjahr vorbereitet: Zweimal in der Woche versuchten meine Schwester und ich, bereits ein bisschen früher da zu sein. So konnten wir uns langsam an die längeren Tage gewöhnen.»

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Erziehung & Schule

Cedric Gross, 6

«Am ersten Schultag war ich voller Freude, gespannt, nervös – alles zusammen. Mich nahm wunder, wie das Schulzimmer wohl aussieht. Es könnte schöner sein: In der Kuschelecke, da können wir uns hinlegen, wenn wir Bauchweh haben, fehlen mir die Plüschtiere. Ich freute mich auch auf die Hausaufgaben, dachte, die könnten vielleicht spannend sein. Im Kindergarten hatte ich die Lehrerin manchmal nach Rechenaufgaben gefragt und die zu Hause gelöst. Auch die Buchstaben übte ich mit den Eltern. Ich finde Rechnen und Lesen im Moment nicht so cool. Bis 20 läuft es super, aber ich kann nicht sagen, was 9 plus 38 macht. Und das D verwechsle ich ständig mit dem B. Am liebsten spiele ich – das dürfen wir jeweils, wenn wir mit einer Aufgabe fertig sind. Im Schulzimmer gibt es Autos, Helikopter, Bücher und Jonglierbälle. Gian schafft gleich drei aufs Mal! Stillsitzen fällt mir schwer, aber ich habe einen coolen Trick, der hilft: Ich stelle mir einfach vor, ich hätte Klebband am Füdli, das mich am Stuhl festmacht. Ich vermisse meinen Freund Noah aus dem Kindergarten. Naja, dafür bin ich im Fall von zwei anderen Buben froh, dass ich sie jetzt los bin.»

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule  Frühjahr 2017 49


Erziehung & Schule

Leon Nock, 7

«Ich gewöhnte mich eigentlich schnell an die Schule – wobei, so viele Kinder und so riesige Wandtafeln, das war schon neu für mich. Mit der Klasse bin ich zufrieden. Emma und Cedric kenne ich, seit wir fünf Monate alt sind, wir waren schon zusammen in der Krippe. Ich bin gut im Rechnen und kann schon bis hundert zählen. Mit Zahlen kenne ich mich schon lange aus, ich war durch die Krippe immer sehr viel mit älteren Kindern zusammen und habe vieles, was die konnten, einfach selbst ausprobiert. Ich bin neugierig. Ich frage die Lehrerin

deshalb oft nach zusätzlichen Hausaufgaben, weil ich mehr dazulernen will. Sie gibt mir nicht immer welche mit, aber wenn, dann erledige ich sie noch so gerne. In der Schule gefällt es mir gut, ausser letzthin, da hatte ich nach dem Bürzelbaum im Turnen Kopfweh. Ich wünsche mir, dass wir Kinder einmal für einen Tag Lehrer sein könnten und die Lehrer unsere Schüler. Dann würde ich den Erwachsenen beibringen, wie Spielen funktioniert. Die haben das nämlich verlernt.»

Virginia Nolan

staunte, wie viel Freude ihre kleinen Gesprächspartner an der Schule haben – und hofft, dass ihnen diese erhalten bleibt.

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Service

N E G A 7 F R zum Übertritt in die Primarschule Eltern drängen sich viele Fragen auf. Das sollten Sie wissen!

Text: Claudia Landolt

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Was braucht mein Kind an Erstausstattung? Ein Schulthek mit Schuletui, Finken und ein Turnsäckli. Hallenturnschu­ he sind nicht zwingend. Eine Mal­ schürze ist ebenfalls empfehlens­ wert. Beim Schulthek ist darauf zu achten, dass er zehn Prozent des Körpergewichts nicht überschreitet. Ein guter Thek muss eng am Rücken liegen und die Gurte sollten breit gepolstert sein.

auch Einladungen zu Schulanlässen und Sportveranstaltungen, ein Not­ fallblatt und zahlreiche weitere Infor­ mationsblätter, die ausgefüllt und visiert werden müssen. Zudem gibt es ein Elternbüchlein, in dem Lehrer wichtige Termine eintragen – und auch kontrollieren, ob das Kind die Post abgegeben hat. Auch alle Tests müssen unterschrieben werden. Des­ halb gilt die Devise: Halten Sie immer einen Kugelschreiber bereit!

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Können Eltern mitbestimmen, in welche Klasse ein Kind kommt? Nein. Fast alle Gemeinden haben einen eigenen Verteilschlüssel (Ge­ schlecht, Alter, Wohnort bezie­ hungsweise Schulweg, Nationalität). Interventionsversuche der Eltern kommen bei der Schulleitung nicht gut an. Aber gegen eine höfliche Fra­ ge kann niemand etwas einwenden. Die Begründung sollte man sich allerdings gut überlegen. Ein «Wenn unser Kind mit ihrer besten Freun­ din zusammen ist, fällt die Ein­ gewöhnung leichter» wird kaum ausreichen.

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Wann und wie erhalte ich die Informationen zum Übertritt in die Primarschule? Die Einteilungen kommen per Post, meistens Ende Mai oder Anfang Juni vor Beginn des neuen Schuljahres. In diesem Brief werden auch der offizielle Besuchstag sowie die wei­ teren Veranstaltungen mitgeteilt.

Mein Kind kommt in die erste Klasse und geht neu in einen Hort. Wie bereite ich es vor? Der Übertritt in die Primarschule ist eine grosse Umstellung für Eltern und Kind. Um die Kleinen nicht zu überfordern, legt man den Eltern nahe, die nachmittägliche Verweil­ dauer des Kindes im Hort behutsam zu steigern. In den ersten Wochen, so empfehlen Pädagogen, sollten die Kinder wenn möglich bereits am frühen Nachmittag abgeholt werden. Berufstätige Eltern sollten voraus­ schauend planen: Vielleicht kann die Oma, eine Freundin oder die Gotte das Bringen und/oder Abholen über­ nehmen? Plus: Eltern, deren Kinder eine Morgen- oder Nachmittagsbe­ treuung haben, sollten sich erkundi­ gen, ob das Angebot auch wirklich am ersten Schultag beginnt.

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Können sich Eltern über schlechte Noten beschweren? Die Beurteilung der Kinder in der ersten Klasse oder Eingangsstufe erfolgt in der Regel ohne Ziffernote, ist also notenfrei. Als Instrumente für die Beurteilung werden oft Beob­ achtungsnoten eingesetzt. Die Beur­ teilung mit Ziffernoten erfolgt nicht in allen Kantonen ab dem gleichen

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Wie viel Bürokratie kommt auf uns zu? Nicht wenig. Die ersten Wochen bis zu den Herbstferien sind vollgepackt mit Elternabenden und diversen Veranstaltungen. Ihr Kind erhält

Zeitpunkt. Noten werden jedoch nicht mehr mit dem Taschenrechner ermittelt, es handelt sich vielmehr um ein ganzheitliches Experten­ urteil. Trotzdem bringen Zeugnis­ noten immer wieder Eltern gegen die Lehrer auf, manche schalten sogar einen Anwalt ein. Beschwer­ defähig ist ein Zeugnis zwar, aber dass Rekursen stattgegeben wird, ist sehr selten.

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Was, wenn mir die neue Lehrerin total unsympathisch ist? Der Übertritt in die Primarschule bedeutet für Eltern vor allem eines: in manchen Dingen weniger Einfluss zu haben. Das kann die Kleider betreffen, die das Kind anziehen möchte, die Auswahl der Spielkame­ raden oder eben auch die Lehrper­ son. Es mag ja sein, dass diese Ihnen als allzu streng erscheint, aber das behalten Sie besser für sich. Denn in der Regel lieben Schulanfänger ihre Lehrperson. Mitreden können Sie trotzdem. Interesse, Anteilnahme und Unterstützung von Eltern sind in der Schule notwendig und er­­ wünscht. Zeigen Sie also Interesse daran, was Ihr Kind gerade erlebt und erfahren hat und womit es sich beschäftigt. Und bedenken Sie: Eltern kennen ihr Kind besser, aber Lehrer verstehen mehr vom Lernen.

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Ernährung & Gesundheit

Mein gesundes Schulkind Wie bleibt mein Kind in der Schule fit? Wie viel Schlaf braucht es und wie wichtig ist ein rückenschonender Schulthek? 5 Fragen an die Kinderärztin Andrea-Seraina Bauschatz zum Thema Schule und Gesundheit. Interview: Evelin Hartmann Frau Bauschatz, braucht es für den Schulsport spezielle Sportkleidung?

In der Unterstufe ist keine teure Sport- oder Funktionskleidung aus dem Fachhandel notwendig. Wichtig ist aber, dass T-Shirts und Hosen bequem und locker sitzen, damit Ihr Kind möglichst viel Bewegungsfreiheit hat. Die Sport- beziehungsweise Turnschuhe sollen den Fuss gut stützen. Grundsätzlich gilt: Je höher das Gewicht des Kindes, desto wichtiger ist ein qualitativ guter Sportschuh, welcher den Mittelfuss ausreichend stabilisiert und je nach Sportterrain auch die nötige Rutschfestigkeit gewährleistet. Meiner Erfahrung nach ist dies – mit Ausnahme von übergewichtigen Kindern – erst ab der Mittelstufe erforderlich oder dann, wenn die Bewegungen an­­ spruchsvoller werden. Mein Kind wird im Unterricht längere Zeit sitzen müssen. Reicht als Ausgleich der reguläre Schulsport?

Der Schulsport bietet idealerweise eine optimale Mischung aus Elementen, die Kraft, Herz-Kreislauf-System, Ausdauer, Beweglichkeit und Geschicklichkeit fördern. Das ist gut – aber reicht natürlich allein nicht aus. Kinder und Jugendliche im Schulalter sollten sich insgesamt mindestens eine Stunde täglich bewegen, Fussball, Fangis spielen, balancieren, rennen, Velo fahren und damit auch alle ihre Sinne trainieren. Je jünger Kinder sind, desto mehr Bewegung brauchen sie. Dabei sollte bereits bei Kindern schon so viel Bewegung in den Alltag eingebaut werden wie möglich: Treppen 52

steigen anstatt Lift fahren, den Schulweg zu Fuss oder mit dem Velo statt mit dem Bus zurücklegen. Worauf sollte ich beim Schulthek-Kauf achten, um den Rücken meines Kindes zu schonen?

Ihr Kind sollte beim Thek-Kauf dabei sein, damit dieser anprobiert und geprüft werden kann, ob er für ihr Kind optimal eingestellt werden kann. Es sollte sich gut damit bewegen können! Das Eigengewicht des Theks sollte so leicht wie möglich sein, seine Schultergurte verstellbar, gepolstert und mindestens 4 cm breit. Achten Sie auf ein ergonomisches und anliegendes Rückenpolster. Es kommt aber auch darauf an, wie Ihr Kind den Thek im Schulalltag trägt: über beide Schultern sowie an beiden Schulterblättern anliegend. Ausserdem kommt es auf das richtige Packen an: schwere Bücher nah am Rücken tragen, leichtere Dinge wie ein Mäppli vorne an der Verschlussseite einpacken. Weitere wichtige Infos zum Schulthek-Kauf finden Sie im Infoblatt «Der richtige Schulthek» des Schulärztlichen Dienstes der Stadt Zürich.

einstellt, finden Sie im Infoblatt «Richtig sitzen ist Einstellungssache» des Schulärztlichen Dienstes der Stadt Zürich. Und noch ein Hinweis: Eine gute Körperhaltung entwickelt sich ausschliesslich durch ausreichend Bewegung: Kampfsportarten, Schwimmen, aber auch Klettern, beispielsweise an Spielgeräten für ältere Kinder, fördern die Rumpfstabilität und damit eine gute Körperhaltung. Sollte ich den Biorhythmus meines Kindes umstellen, wenn es in die Schule kommt?

Wichtig ist, den Schlafbedarf seines Kindes zu kennen. Ausgeschlafen ist ein Kind, wenn es nach dem Aufwachen fit und ausgeruht wirkt. Angenommen, dies war bisher um 7 Uhr morgens der Fall, nach dem Schulstart wird der Wecker aber zukünftig um 6.30 Uhr klingeln: Dann empfiehlt es sich, abends diese halbe Stunde früher ins Bett zu gehen – und damit bereits zwei Wochen vor dem ersten Schultag zu beginnen. So lange braucht der Biorhythmus etwa, um sich umzustellen.

Ist es empfehlenswert, einen verstellbaren Kinderschreibtisch und -stuhl zu kaufen?

Ja, die Investition wird sich über die Zeit lohnen! Stuhl-Tisch-Kombinationen, die nicht der Körpergrösse entsprechen, führen zu Fehlhaltungen und damit Rückenbelastungen. Ein verstellbarer Tisch und Stuhl lässt sich auf die Körpergrösse einstellen – und wächst so über mehrere Jahre mit. Wie man beides richtig

Zur Person

Andrea-Seraina Bauschatz, Dr. med, ist Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin sowie Leiterin des Schulärztlichen Dienstes der Stadt Zürich.

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Kolumne

Die grosse Reise

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Illustration: Petra Dufkova/Die Illustratoren

Michèle Binswanger ist Journalistin, Buchautorin und Mutter zweier Kinder und lebt in Basel. Die studierte Philosophin schreibt regelmässig für das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi.

nd dann ist er plötzlich da, der grosse Tag: Der Thek ist gepackt, das Znünibrot gestrichen, das Kind mit einer Extraportion guter Laune und Zuversicht vorbereitet auf diesen grossen Schritt. Auf dem Weg zur Schule habe ich die vielen kleinen Schrittchen der Tochter an der Hand gezählt, denn sie muss ja diesen Weg bald alleine gehen. Um Stück für Stück zu lernen, noch ganz andere Wege alleine zu gehen. Bis sie einmal ganz auf eigenen Beinen wird stehen können. Aber jetzt noch nicht. Ich stehe inmitten der anderen Eltern auf dem Schulplatz, und ich denke: Lag ich nicht eben noch in den Wehen, warf meine Kleine nicht eben noch Randenbrei durch die Küche? Und jetzt ist sie bereits ein Schulkind, und morgen wird sie ausziehen. Gegenüber haben sich die Kleinen bereits um die Klassenlehrerin versammelt, einige kennen sich bereits vom Kindergarten, die meisten aber sind sich noch fremd und harren der Dinge, die da kommen werden. Die älteren Mitschüler, die alten Hasen, singen ein Willkommenslied. Man veranstaltet ein Seilziehen. Alle sind freundlich, fröhlich. Nur die Neuen stehen bei der Lehrerin und werfen ab und an einen Blick zu ihren Müttern und Vätern wie Passagiere an der Reling eines auslaufenden Dampfers. Und wir Eltern stehen am Pier, lächeln, winken und verdrücken vielleicht eine Träne. Die Kleinen wissen es nicht, aber wir schon. Wir schicken sie tatsächlich auf eine Reise weg von uns. Hinein in die Gesellschaft, deren Teil sie irgendwann sein werden. Später erzählte mir die Tochter von diesem ersten Schultag. Von der Aufregung und Neugier und Angst. Und wie alle Schüler in einer Traube ganz dicht an der Lehrerin dranblieben, auch in der Pause, weil sie nicht wussten, dass Pause Freiheit bedeutet. Nur die ganz Mutigen wagten es, sich ein paar Schritte von der Traube zu entfernen. Bis am Schluss nur noch die ganz Ängstlichen bei der Lehrerin standen. Ja, auch Freiheit will gelernt sein, und das ist nicht immer einfach. Kinder sind manchmal brutal, die Gesellschaft folgt ihren eigenen Regeln, und am Schluss muss jeder allein herausfinden, wie sich darin zu behaupten. Alleine seine Erfahrungen machen, alleine lernen, wie Frustration, Ungerechtigkeit, Hackordnungen, Langeweile zu bewältigen sind. Unseren eigenen Weg gehen, herausfinden, wer wir sind und werden wollen, werden können. Aber auch Freunde finden, Interessen, Gemeinsamkeiten. «Wir werden alleine geboren, leben alleine, sterben alleine», schrieb Orson Welles – und wird seither gern zitiert, wenn es um die Conditio humana geht. Aber so etwas kann nur jemand schreiben, der nie ein Kind geboren hat. Natürlich fühlen wir uns manchmal alleine, aber nur Mutterliebe, Zuwendung und Gemeinschaft machen uns zu Menschen. Und wie Gemeinschaft ausserhalb der Familie geht, das lernen wir unter anderem in der Schule. Es ist eine grosse Reise, zu der die Tochter da aufbricht. Aber ich weiss, sie wird es schaffen.

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule  Frühjahr 2017 53


Erziehung & Schule

Wie ich als Mutter lernte, die Schule zu meistern Und plötzlich drängt sich in die Liebesbeziehung zwischen Eltern und Kind ein grosser Rivale: die Schule. Unsere Autorin über Elternabende auf Kinderstühlen, nervöse Mütter und überforderte Väter. Eine Polemik. Text: Claudia Landolt

E

ndlich Freitag. Der letzte Schultag vor den Ferien. Zu Ende gehen ereignisreiche Monate, prall gefüllt mit schulischen Aktivitäten: Elternabende, Räbeliechtli-Umzug, Lesenacht, Advents-und Singkonzerte sowie Elternsprechstunde, Einschulungs- und Übertritts­ gespräche reihten sich quasi nahtlos aneinander. Man ahnt: Die wahre Herausforderung des Elterndaseins liegt nicht in der Vereinbarkeit von Karriere Schrägstrich Kind, sondern in der Schule. Solange der Steigerungslauf durchs Schulsystem noch nicht begonnen hat, ist das Elternleben vergleichsweise leicht. Es erschöpft sich in nächtlichen Weckrufen, entzückenden Spielzeughalden in der ganzen Wohnung und einer natürlichen Abneigung des Kindes gegen wetteradäquate Kleidung. Kaum stolpert der Nachwuchs aber auf die Schulbühne, geht es los mit den neuen Konfrontationsebenen. Statt des schützenden Nebels einer oder zweier Bezugspersonen gibt es plötzlich Unmengen davon: Lehrer, Assistenzlehrer, Heilpädagogen, Sozialarbeiter und Schulleiter. Universen, von deren Existenz das Kind nicht einmal ahnte. Elternabend auf Kinderstühlchen

Noch umwälzender ist es für die Eltern. Plötzlich drängt sich in die Liebesbeziehung zwischen Eltern und Kind ein grosser Rivale: die Schule. Mein ältester Sohn kam

Aus purem Enthusiasmus liess ich mich zur Elternvertreterin wählen – eine muss es ja machen. 54

vor sieben Jahren in die erste Klasse. Der Elternabend war ein grosses Ereignis. Aus purem Enthusiasmus habe ich mich dort zur Elternvertreterin wählen lassen, mit dem üblichen, von Eitelkeit nicht ganz freien Seufzer: Irgendeine muss es ja machen. Kraft meines Amtes habe ich unzählige Elternabende miterlebt. Einer ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Ein Vater beklagte sich sehr: Meinem Kind ist der Schulweg nicht zuzumuten. Die Strasse! Die Lastwagen! Und was, wenn es regnet? Der Gedanke, dass zwölf Minuten unbeaufsichtigter Heimweg für ein Kind auch Freiheit bedeuten kann, war in weiter Ferne. Da, auf den unbequemen Kinderstühlchen, die viel zu langen Beine irgendwo mühsam verstaut, zweifelte ich das erste Mal: Muss es tatsächlich irgendeine machen? Auch der nächste Elternabend, dieses Mal ging es um die Einschulung, entsprach so ganz und gar nicht dem, was wir Mütter und Väter erwarteten und vielleicht von der Krippe oder Kita her kannten. Ohne Umschweife erzählte die Lehrperson in einer Art Tribunalszene, was sie von Disziplin hält (sehr viel), welcher Stoff zu bewältigen sei (Lesen bis Weihnachten dank Peter und Susi), wer die Kinder sonst noch unterrichtet (Heilpädagogin, Werklehrerin, Musiklehrerin, Computerlehrerin) und welche Art von Papieren (unzählige) es in der nächsten Zeit auszufüllen gebe. Noten für eine Papierfigur

Spätestens da wurde uns allen klar, wie hoffnungslos passé das Schulmodell unserer Jugend heute ist. Als das Wort Promotionsordnung fiel und uns erklärt wurde, dass auch Vorsingen ebenso wie die Art und Weise, wie der Rand der Papierfigur ausgeschnitten werde, benotet würden, erwog meine Sitznachbarin die Schnapp­ >>> Frühjahr 2017  Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule


Bild: Sophie Stieger / 13 Photo

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Erziehung & Schule

>>> atmung. Ein Vater schrieb bereits die zweite Seite seines Notizbuchs voll, Schweissperlen auf der Nase. Ich rutschte auf dem Stuhl herum wie eine driftende Kontinentalplatte. Dabei kamen Stundenplan, Ersatzstunden-, Notfallstunden- sowie Nachholstundenplan noch gar nicht zur Sprache. Ganz zu schweigen vom Mithelfen beim Schlittschuhbinden oder der Art und Weise, wie man den Geburtstagskuchen mitzubringen habe (portioniert, mit Servietten). Schweigen breitete sich aus. Das erwartete Sperrfeuer der Detailfragen blieb aus. Viel zu perplex waren wir Mamas und Papas, die wir uns doch in den vergangenen zwei Kindergartenjahren eifrig im Loslassen geübt hatten. Und nun dieser geballte Haufen an Information. Ungepolstert. Was passiert da mit unseren Prinzen und Prinzessinnen? Die Macht zurückerobern

Die kommenden Wochen machten es klar. Denn in der Schule ist jedes Kind, selbst der folgsamste Prinz und die hübscheste Prinzessin, nur eines unter vielen. Gleiche Rechte und gleiche Pflichten gelten hier. Über Nacht werden aus kleinen Wunschkindern kleine Schulbürger. Gut möglich, dass die Lehrperson sogar ein anderes Kind dem eigenen vorzieht, und unweigerlich kommt der Tag, an dem das Kind eine Verbesserung zum zweiten Mal abschreiben oder drei Seiten Rechenaufgaben bewältigen muss, ob es nun darauf Lust hat oder nicht. Mit Sicherheit kommt auch der Moment, wo es wegen einer Dummheit nachsitzen muss oder sanktioniert wird. Dieser Gedanke ist unangenehm. Manche Eltern schäumen dann vor Empörung und tragen ihren verletzten Stolz in eine E-Mail, ein Gespräch. Noch mehr Nervosität grassiert nur noch in der fünften und sechsten Klasse, wenn die spielerische Leichtigkeit der Unterstufe abklingt und es darum geht, den Übertritt in die nächste Stufe durchzusetzen. Will man da wirklich dabei sein? Andererseits gibt es da auch die Gruppe der Eltern, die sich sofort mit dem gesamten Lehrkörper solidarisieren, zu jedem erdenklichen Anlass Selbstgebackenes beisteuern, ein Zusatzheft mit fakultativen Hausaufgaben einfordern oder nach den Schulanlässen noch freiwillig den Boden wischen. Noch ratloser aber stimmt mich auch nach vielen Jahren jene Spezies, die soziales Lernen als Unfug betrachtet und sich täglich alle Missetaten der anderen Kinder berichten lässt. Die Dinge, die meine Früchtchen heimlich taten und tun, gehen mich mit ganz wenigen Ausnahmen nichts an, denn: Hat nicht auch jedes Kind das Recht auf ein bisschen unstrukturiertes Eigenleben und Geheimnisse? Wollen wir wirklich alles wissen, was sie täglich treiben? Sind Kontrolle und allumfassender Schutz wirklich kindgerecht? Die Helikopter-Eltern sagen: Ja. Lautstark 56

Ich rutsche auf dem Stuhl herum wie eine driftende Kontinentalplatte.

beklagen sie sich am eigens einberufenen Spezialelternabend, bei den Nachbarn und in hartnäckigen Fällen sogar persönlich, dass der Tochter ein – nur ein! – Handschuh versteckt oder der Sohn auf dem Nachhauseweg mit Kirschsteinen beworfen worden sei – sogar zweimal! Schlichten ist nicht nötig

Auch das ist Schule: Zoff auf dem Pausenplatz. Ein Tummelfeld zwischen Adoration und Aggression. Wo man auch als Zehnjähriger noch prima Verstecken spielen kann und die Pausencracker kollektiv zerbröselt. Ein Ort aber auch, an dem man sich aus niedrigen Beweggründen voll krass konkrete Beschimpfungen an den Hals wünscht, eine Rauferei vom Zaun bricht oder im Fussballspiel einen sauberen Beinsteller riskiert. Empörte und atemlose Gemüter, manchmal auch körperliche Schrammen gilt es dann am Familientisch zu besänftigen und einige Dutzend vermisste Gegenstände neu anzuschaffen. Ja, auch meinem Kind wurde schon die Mütze in den Bach geworfen, eins an den Kopf gehauen und die Brille verbogen. Der Höhepunkt war ein zuoberst auf dem Index stehendes Schimpfwort, das ein eifersüchtiger Klassenkamerad meinem Erstklässler zurief (und das eigentlich mir galt). Dieser war so irritiert darüber, dass er sogar vergass, beim Mittagessen den Brokkoli auf dem Teller zu ignorieren. Unschöne Geduldsproben, gewiss, doch trotzdem bin ich zum Schluss gelangt: Nein, man muss tatsächlich nicht über alles reden. Ein Schulkind zu haben, bedeutet eben nicht, die individuellen erzieherischen Ideale in einer Art Grundsatzdebatte bei jeder Gelegenheit unaufgefordert zu artikulieren. Die Petzerei ihres Kindes zu belohnen, indem die Eltern ein anderes beschimpfen, obwohl sie nicht einmal dabei waren, dient letztlich nur der Ich-Bezogenheit, nicht aber dem Kind. Gibt es Streit, wird er ausgetragen. Punkt. Ein Kind siegt oder es erlebt eine Niederlage, ohne dass Erwachsene gleich mit Blaulicht und Sirene herbeieilen müssen. Schule ist Bildung, keine Dienstleistung. Das ist zwar den Lehrpersonen klar, aber leider nicht allen Eltern. Nach sicher 25 durchgestandenen, mehrheitlich launigen und friedvollen Elternabenden wuchs in mir die Erkenntnis, dass die Gefühle, die Eltern eines frischgeFrühjahr 2017  Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule


backenen Schulkindes überkommen, auf einem unschönen Sentiment basieren: der Eifersucht. Denn mit dem Schuleintritt ergreift eine neue Kraft Besitz von diesem (meinem) Kind und wird es prägen. Die Lehrpersonen tun dem Kind Gutes, auch wenn sie es niemals so lieben werden wie die eigenen Eltern und obwohl sie versuchen, alle Kinder der Klasse gleich zu behandeln. Das ist scheinbar leicht zu begreifen, emotional aber bleibt es schwierig. Deshalb werden viele Eltern immer misstrauisch sein. Doch sollte die elterliche Energie nicht lieber der Überlegung zufallen, wie man sich in der Diskussion um eine verbesserte Qualität bei Bildung und Erziehung einbringen könnte? Sich aus Kinderstreitigkeiten raushalten: ja! Das bedeutet eben nicht, sich aus der Schule rauszuhalten. Sondern neugierig zu sein und Anteil zu nehmen an dem, was das Kind ausser Haus erlebt. Denn es ist auch gut, wenn die Schule etwas von den Kindern fordert. Und sie ist auch Spass. Museumsbesuche, Realien­expeditionen, Universitätsausflüge, Wanderungen, Theateraufführungen, Schulfeste mit Geisterbahn: Von vielem konnte ich in meiner Schulzeit

nur träumen, aber selbst ich tat viele interessante Dinge. Also sollten Empörungsschreie in Gelassenheit umgelenkt werden oder zumindest jenen unterbehüteten Kindern zugutekommen, die an den Besuchstagen stets unbesucht bleiben. Oder jenem Kind, das immer zu spät und ohne Frühstück zum Unterricht kommt und Ausflüge verpasst, weil es morgens niemand weckt. <<<

Claudia Landolt

ist Mutter von vier Jungs zwischen fünf und dreizehn Jahren und damit zwingend gelassenheitserprobt. Allerdings wünscht sie sich des Öfteren eine Sekretärin für die Erledigung des organisatorischen Papierkrams.


Bild: Herbert Zimmermann / 13 Photo

Erziehung & Schule

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne … Eine Mischung aus Freude und Unsicherheit, Stolz und Selbstzweifeln – und eine üppige Cremeschnitte zur Belohnung: Auch Lehrpersonen haben Respekt vor dem ersten Schultag. Eine erfahrene Pädagogin erinnert sich an ihre erste Klasse. Text: Ursi Steiner 58

Frühjahr 2017  Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule


Schultaschen ausgepackt, Etuis und Farbschachteln wie Trophäen auf Pulten platziert. Summende Emsigkeit, Nervosität und unbändige Energie sind im ganzen Zimmer zu spüren.

«Als Lehrerin musst du vor allem eines: authentisch, also ehrlich sein.»

Eltern auf die Kinderstühle

Z

wei Stunden vor Schulbeginn stehe ich im Schulzimmer, kontrolliere unwichtige Dinge, rücke penibel platzierte Unterlagen und akkurate Bücherbeigen noch genauer vor mich hin. Ich präge mir zu den Vornamen der erwarteten Kinder die passenden Nachnamen ein, räuspere mich zum zwanzigsten Mal. Dann gestehe ich mir ein: Ich bin nervös, ja sogar supernervös. Dieses Gefühl, eine Mischung aus Freude und Unsicherheit, Stolz und Selbstzweifeln, belastet mich körperlich dermassen, dass ich mir bereits am frühen Morgen mein Mittagessen vorstelle. Mindestens dreigängig soll es sein, mit einer Cremeschnitte zum Dessert, ohne Rücksicht auf die Kalorienzahl. Im Gang lachen und schwatzen andere Lehrpersonen miteinander, erzählen von Ferien, laut, fröhlich. Für mich, die Neue, etwas zu laut und definitiv zu fröhlich. Gespannte Erwartungen

Endlich ist es so weit: Die Kinder kommen. Einige scheu und zögerlich, andere selbstbewusst und neugierig. Eltern stellen sich vor, kommen mit ins Schulzimmer, nehmen einen Augenschein, nicht nur vom Schulzimmer, sondern auch von der Lehrerin. Plätze werden gesucht,

Ich verschaffe mir Gehör, bitte die Kinder nach vorne in den Klassenkreis und biete den Eltern die kindgerechten Schülerstühle als Sitzgelegenheit in der zweiten Reihe an. Da sitzen sie nun, «meine» 22 Erstklässlerinnen und Erstklässler. 22 junge Augenpaare. Erwartungsvoll, neugierig, wach. Und im Stuhlkreis, etwas zurückversetzt, mindestens 22 weitere, ältere Augenpaare, nicht minder erwartungsvoll, neugierig und wach. Ich räuspere mich und stelle meine erste Frage: «Wer von euch hat denn in der letzten Nacht nicht so gut geschlafen?» Einige Finger schnellen hoch, wissendes Schmunzeln in der zweiten Reihe. Der Gedanke, als Lehrerin musst du authentisch, also ehrlich sein, lässt mich langsam auch meine Hand heben. Und plötzlich sind da viele Hände, wohlwollendes Lächeln in der zweiten Reihe, und die Spannung löst sich im spontanen, erlösenden Lachen aller. Es ging uns allen gleich.

Gefühl: wohlige Wärme, Vorfreude, Energie und Stolz. Vielleicht sollte ich heute doch auf die Cremeschnitte verzichten, allein schon wegen der Kalorienzahl. Aller Erfahrung zum Trotz

Heute, 30 Jahre später, kann ich diesen allerersten Tag als Klassenlehrerin noch ganz genau in meinem Gedächtnis abrufen. Ich erinnere mich an die Gesichter und sogar an die meisten Namen meiner damaligen Schülerinnen und Schüler. Doch der unruhige Schlaf in der Nacht vor dem ersten Schultag, der Gefühlswirrwarr und die Nervosität, all das begleitet mich trotz jahrelanger Erfahrung immer wieder. Zuverlässig meldet es sich zurück, wenn ich vor meiner neuen Klasse stehe. Was sich geändert hat? In den letzten dreissig Jahren einzig die Gedanken an die Cremeschnitte als Belohnung. Die verkneife ich mir mittlerweile.

Gemeinsame Ängste

Das war sie, unsere erste Gemeinsamkeit. Und somit war die Verbindung hergestellt, aus der eine Bindung, eine Beziehung wachsen können würde. Die Angst vor dem Neuen, dem Unbekannten hatte ein Gesicht und einen Namen, oder in meinem Fall viele Gesichter, viele Namen bekommen. Sie verlor schlagartig alle Bedrohlichkeit, als die ausgestandenen Ängste und Gedanken im Kreis erzählt und ausgetauscht wurden. Meine 22 Schülerinnen und Schüler verstanden mich und ich verstand sie. Und plötzlich war da in meinem Bauch ein ganz anderes

Ursi Steiner ist Primarschullehrerin, Kommunikationsexpertin sowie Autorin. Die Mutter zweier erwachsener Kinder lebt in Hünenberg See im Kanton Zug.

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule  Frühjahr 2017 59


Digital & Medial

« Für die Erziehung sind die Eltern zuständig» Schulstoff wird heute nicht mehr nur aus Büchern und an der Tafel vermittelt – sondern auch am PC und mit dem Smartphone. Was Eltern in Sachen Medienbildung von der Schule erwarten dürfen. Interview: Bianca Fritz

Frau Signer, kommt ein Kind in der Pri­ marschule automatisch mit Computer und Internet in Berührung?

Ja, das ist sehr wahrscheinlich. Zwar ist die Medienbildung in der Primarschule noch nicht obligatorisch, aber seit 1998 empfohlen, und sehr viele Schulen halten sich daran. Im Lehrplan 21, der nach und nach von den Kantonen eingeführt wird, sind Medienbildung und Informatik dann fächerübergreifend Pflicht. Und wie werden die Kinder in Sachen Medien gebildet?

Die Medien werden einerseits als Hilfsmittel eingesetzt – man schaut zum Beispiel einen Film oder fotografiert und stellt eine Präsentation zu einem bestimmten Thema zusammen. Andererseits wird die Mediennutzung, ihre Chancen und Risiken, auch selbst thematisiert – man spricht zum Beispiel über Werbung und ihre Wirkung. Ausserdem lernen die Schülerinnen und Schüler Grundlagen der Technik und wie diese funktioniert. Und was, wenn Eltern ihr Kind, wie es manche Medienkritiker empfehlen, bis zum zwölften Lebensjahr vom Com­ puter fernhalten wollen?

Im Grunde kann man da recht wenig machen – Medienbildung gehört nun einmal zu den Kompetenzen, die die Schule vermitteln soll, und 60

das geht nicht ohne Einsatz von Medien. Diese sind normales Unterrichtsmaterial. Kritische Stimmen gibt es natürlich immer. Die gab es auch gegen Bücher, zum Beispiel als sich eine Reihe junger Männer nach der Lektüre von Goethes Werther umgebracht hatte. Aber ich habe noch nie gehört, dass sich Eltern der digitalen Entwicklung komplett verweigert hätten. Inwieweit können Eltern denn von der Schule auch Unterstützung in Sachen Medienerziehung erwarten?

Ich würde sagen: Die Schule ist für die Medienbildung zuständig. Aufgabe der Lehrpersonen ist es, die Medienkompetenz der Kinder zu fördern und ihnen einen kritischen Umgang mit den Medien beizubringen. Medienerziehung ist aber Sache der Eltern – also zum Beispiel die Frage, wie häufig und wann ein Gerät genutzt werden darf. Und dann gibt es natürlich noch Felder, wo Eltern und Lehrpersonen in Dialog treten müssen: zum Beispiel, wenn das Kind in der Schule müde ist, weil es nachts zu lange am Handy hing. Ab wann braucht das Kind einen eigenen PC für die Hausaufgaben?

Das hängt ein bisschen von der Schule ab – aber in den meisten Familien wird es wohl so sein, dass dieses Bedürfnis nicht von der Schule aus-

geht, sondern dass das Kind sich irgendwann selbst ein eigenes Gerät wünscht. Für die Schule reicht im Normalfall das Familiengerät – und das ist in fast allen Schweizer Haushalten vorhanden. Mit Internetzugang?

Ja. Aber hier gilt natürlich besonders am Anfang: Begleiten Sie Ihr Kind. Geben Sie klar die Regeln vor, was es am PC machen darf, welche Funktionen es nutzen darf und wie lange. Manche Eltern haben damit Mühe, da sie noch keine Vorstellung davon haben, was mit PC, Tablet und Smartphone alles möglich ist. Es braucht aber keine spezielle Fortbildung für Eltern oder Ähnliches – nur ehrliches Interesse an dem, was das Kind macht.

Zur Person

Sara Signer ist an der Pädagogischen Hochschule Zürich zuständig für die Medienbildung angehender Lehrpersonen. Zudem arbeitet sie in der Kinder- und Jugendmedien­forschung und an der Entwicklung von digitalen Lernsystemen für den Unterricht, www.ifdl.ch. Sie hat eine viereinhalbjährige Tochter.

Frühjahr 2017  Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule


5 Fragen und Antworten zum Mediengebrauch Text: Bianca Fritz Ab wann darf mein Kind ein Smartphone haben?

Die meisten Medienpädagogen raten dazu, dass das eigene Smartphone erst mit dem Übergang von der Primarstufe in die höhere Schule in den Besitz von Kindern gehört. Einfach weil ein Smartphone kein Handy ist, sondern ein Computer mit Internetzugang. Und weil sich mit dem Smartphone die Mediennutzung der Kinder der elterlichen Kontrolle entzieht. Wie viel Zeit darf mein Kind vor Bildschirmen verbringen?

Solange Ihr Kind viel Zeit mit anderen Aktivitäten verbringt, Freunde trifft, Sport treibt und Hausaufgaben erledigt, schadet die Game-Session am Nachmittag nicht. Auch kurz­ zeitige exzessive Nutzungsphasen gehören heute fast zur Entwicklung. Es gibt aber Richtwerte, an denen sich Eltern orientieren können, entwickelt von Medien­psychologen der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW): kein Bildschirmkonsum unter 3 Jahren, bis zu 5 Jahren maximal 30 Minuten pro Tag und begleitet von Erwachsenen, bis 9 Jahre nicht mehr als 5 Stunden in der Woche, für die 10bis 12-Jährigen maximal 10 Stunden pro Woche. Bedenklich wird der Kon­­sum bei Jugendlichen ab 20 Stunden pro Woche. Ab wann darf mein Kind einen eigenen PC haben?

Das kommt darauf an, was auf dem PC installiert ist. Denn im PC stecken – ähnlich wie im Smartphone – potenziell viele Medien auf einmal. Auch hier hilft eine Faust­regel der ZHAW und des nationalen Programms «Jugend und Medien»: kein TV unter 3 Jahren, keine eigene Spielkonsole unter 6, kein Internet

unter 9, keine sozialen Netzwerke und kein unbegleitetes Surfen unter 12 Jahren. Kurz: «3-6-9-12». Welchen Sinn haben Internetfilter für den PC oder das Handy?

Filter können eine wichtige Ergänzung sein. Sie verhindern bis zu einem gewissen Grad, dass das Kind versehentlich auf pornografische oder gewaltverherrlichende Inhalte stösst. Filter können aber nicht verhindern, dass das Kind diese Dinge bewusst sucht und dafür öffentliche WLAN-Verbindungen und andere Geräte nutzt. Ausserdem lassen sich alle Filter auch ausschalten – die Anleitungen dafür finden sich auf Youtube. Daher ersetzen Filter in keiner Weise Gespräche und das Vertrauen zwischen Eltern und Kindern. Sagen Sie Ihrem Kind also, warum Sie einen Filter installieren. Und bitten Sie es, zu Ihnen zu kommen, wenn es auf etwas stösst, was ihm seltsam vorkommt. Ich möchte mit meinem Kind über Mediennutzung sprechen. Wie führt man ein solches Gespräch?

Bringen Sie Ihrem Kind bei, in entspannter Atmosphäre ganz selbstverständlich über Mediennutzung zu sprechen – in Form eines echten Dialogs. Erzählen Sie von Ihren eigenen Erlebnissen. Vielleicht davon, wie Sie nach einem Gruselfilm nicht mehr schlafen konnten. So lernt Ihr Kind, dass Medienerfahrungen ein Thema sind, das es nicht allein mit sich ausmachen muss. Regeln zur Mediennutzung sollten gemeinsam ausgehandelt werden – und zwar noch bevor ein neues Gerät ins Haus kommt. Ein tolles Tool mit guten Anregungen für Kinder- und Elternregeln findet man unter www.mediennutzungsvertrag.de.

5 Leitlinien für die Medienerziehung • Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, was es mit den Medien macht. Zeigen Sie ehrliches Interesse und lernen Sie selbst etwas dabei. • Überprüfen Sie Ihre eigene Mediennutzung. Sind Sie ein gutes Vorbild für Ihre Kinder? • Bieten Sie Alternativen. Denn warum sollte Ihr Kind nicht am Handy hängen, wenn sonst nichts los ist? • Legen Sie gemeinsam mit dem Kind Regeln für die Mediennutzung fest – und beachten Sie dabei auch die Altersfreigaben für Filme, soziale Netzwerke, Apps und Games. • Informieren Sie sich über die Risiken und weisen Sie Ihr Kind auf diese hin.

Links • www.jugendundmedien.ch Nationales Programm zur Förderung von Medienkompetenz, umfangreiche Datenbank mit Workshops und Beratungsprogrammen, Download von Broschüren und Studienergebnissen • www.swisscom.ch/medienstark Medien­nutzung an Beispielfamilien erklärt • www.mediennutzungsvertrag.de Hilfreiches Tool zum Zusammenstellen von Familienregeln in Sachen Mediennutzung

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Schule & Erziehung

8 knackige Hausaufgaben-Tipps für Eltern In den ersten Monaten geht es für Ihr Kind darum, das System Schule kennenzulernen. Leistung steht nicht im Fordergrund. Irgdnwann kommen sie aber, die Hausaufgaben. Und mit ihnen manchmal auch der Frust. Das muss nicht sein. Wie Eltern ihre Kinder unterstützen können. Text: Fabian Grolimund 1. Erinnern Sie Ihr Kind maximal ein einziges Mal an die Hausaufgaben Manche Eltern liegen ihren Kindern alle 20 Minuten mit den Hausaufgaben in den Ohren: «Was musst du heute alles für die Schule machen? Wann machst du es? Müsstest du nicht langsam mal anfangen?» Das nervt. Eine klare Abmachung wie «Vor dem Abendessen sind die Hausaufgaben erledigt» und die einmalige Erinnerung «Jetzt ist der letzte Moment, um anzufangen» um 17.30 Uhr genügen vollauf und bringen Entspannung. 2. Lassen Sie die Verantwortung beim Kind Das Kind macht die Hausaufgaben für die Schule oder – man darf ja träumen – für sich selbst. Das Kind mit unerledigten Hausaufgaben in die Schule gehen zu lassen ist oft heilsamer als ständiger Streit. Falls Sie befürchten, das Kind schreibe die Aufgaben morgens ab, können Sie eine Notiz für die Lehrperson im Hausaufgabenheft hinterlassen. Falls es einen Zeugniseintrag bei der Fleissnote gibt: Nutzen Sie dies für ein ernstes Gespräch – und machen Sie sich nicht gleich Sorgen, dass Ihr Kind wegen dieses Eintrags in der 4. Klasse später keinen Job findet. 3. Helfen Sie nur, wenn Ihre Hilfe angenommen wird Hausaufgaben-Diskussionen bringen nichts! Dafür die Regel: «Ich helfe dir nur, wenn du meine Hilfe annimmst.» Wenn das Kind anfängt zu nörgeln, sagen Sie: «Jetzt wird es unproduktiv. Ich gehe abwaschen. Ruf mich, wenn du weiterarbeiten möchtest», und gehen. Sie glauben gar nicht, wie viele Kinder einen Schritt auf die Hausaufgaben zu machen, wenn man dafür genügend Platz lässt. 4. Lassen Sie das Kind neben sich arbeiten Viele Kinder könnten durchaus selbständig arbeiten, geniessen aber die Zeit und die Aufmerksamkeit der Eltern. Die Lösung: Lassen Sie Ihr Kind neben sich arbeiten unter der Bedingung, dass es Sie nicht ständig unterbricht. Arbeiten Sie an etwas Wichtigem und sagen Sie zum Kind: «Wenn du mich 15 Minuten in Ruhe arbeiten lässt, darfst du die Hausaufgaben neben mir erledigen.» 5. Ermutigen Sie Ihr Kind zu mehr Selbständigkeit Planen Sie mit Ihrem Kind die Hausaufgaben. Fragen Sie, was es am einfachsten und was am schwierigsten findet. Ermutigen Sie es, die einfacheren Aaufgaben ohne Ihre Hilfe

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zu erledigen. Zeigen Sie Ihre Freude an der Selbständigkeit, indem Sie etwa sagen: «Schön, dass du das selbständig gemacht hast – ich bin deswegen gut vorwärtsgekommen und habe nun Zeit für dich.» 6. Erstellen Sie mit dem Kind einen  Hausaufgabenplan Einen Wochenplan zu erstellen ist für ein Kind höchst anspruchsvoll. Es muss sich dabei Fragen stellen wie: • Welche Aufgaben muss ich erledigen? • Wie viel Zeit benötige ich dafür? • Welche Materialien brauche ich für die einzelnen Aufgaben? • Was muss bis wann erledigt sein? • Wann habe ich an den jeweiligen Tagen Zeit, mich um die Aufgaben zu kümmern? Kinder werden nicht mit diesen Fragen im Kopf ge­­boren. Sie benötigen Eltern und Lehrpersonen, die ihnen dabei helfen, diesen inneren Dialog zu führen. Legen Sie die Fragen vor das Kind auf den Tisch und gehen Sie sie gemeinsam mit ihm durch. 7. Achten Sie auf regelmässige Pausen Kinder können sich nicht so lange konzentrieren wie Erwachsene. Als Richtwerte dienen folgende Zeiten: Alter: 5 bis 7 Konzentration: 15 Min.

7 bis 10 20 Min.

10 bis 12 12 bis 15 25 Min. 30 Min.

Danach ist eine kurze Pause sinnvoll: 5 Minuten reichen – am besten mit etwas, das entspannt, aber das Kind nicht in eine andere Aktivität hineinzieht: ein paar Minuten auf dem Trampolin hüpfen, ein Glas Wasser trinken, einen Keks essen, aus dem Fenster schauen. 8. Motivation ist wichtig! Achten Sie beim Planen darauf, dass die Arbeitseinheiten gegen Ende kürzer werden. So kommt Ihr Kind immer schneller vorwärts. Wenn Sie die Pausen ebenfalls im Plan mit einem Kästchen versehen, ist das Kind motiviert, die Pausen wieder zu unterbrechen, da es wieder einen Punkt abhaken kann. Diese Hausaufgaben-Tipps und der Test auf Seite 63 sind

erschienen in: Das Schweizer ElterMagazin Fritz+Fränzi, Ausgabe 6 / August 2015.

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Psychologie & Gesellschaft Hausaufgaben: Ein Beziehungstest!

Wie sieht die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Kind während der Hausaufgaben / des Lernens aus? Machen Sie den Selbsttest: Denken Sie an einen typischen Schultag und antworten Sie aus dem Bauch heraus. Nie bis selten 0

Manchmal 1

Oft 2

Fühle ich mich meinem Kind nahe? Werde ich ungeduldig? Gibt es Momente, in denen mein Kind und ich gemeinsam lachen? Bin ich kurz davor, die Nerven zu verlieren? Lobe ich mein Kind? Fühle ich mich von meinem Kind provoziert? Berühre ich mein Kind liebevoll am Arm oder streichle ihm über den Kopf? Kritisiere ich die Leistung meines Kindes?

0 0 0 0 0 0 0 0

1 1 1 1 1 1 1 1

2 2 2 2 2 2 2 2

Ermutige ich mein Kind? Weise ich mein Kind zurecht? Habe ich Freude am Umgang mit meinem Kind? Mache ich meinem Kind Vorwürfe, weil es sich nicht genügend konzentriert? Bilden wir ein gutes Team? Drohe ich meinem Kind mit Konsequenzen? Vertraue ich darauf, dass mein Kind seine Aufgaben auch alleine gut genug löst? Treibe ich mein Kind an? Freue ich mich über Fortschritte meines Kindes? Werde ich laut? Sorge ich für eine schöne Atmosphäre? Liege ich meinem Kind mit meinen Sorgen in den Ohren? Bin ich mir bewusst, wie viel mein Kind eigentlich leistet? Bestrafe ich mein Kind? Bin ich mir sicher, dass mein Kind seinen Weg finden wird? Verhalte ich mich meinem Kind gegenüber so, dass es mir hinterher leid tut? Frage ich mein Kind, wie es die Hausaufgaben angehen möchte? Sage ich meinem Kind, was es tun soll? Reagiere ich mit Humor, wenn es schwierig wird? Kontrolliere ich, wie gut mein Kind arbeitet?

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1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2

Wenn ich mein Kind beim Lernen oder bei den Hausaufgaben betreue: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28.

Auswertung: Rechnen Sie zuerst alle Punkte der Aussagen zusammen, die blau unterlegt sind. Tragen Sie sie in der untenstehenden Tabelle in die Spalte «positive Beziehungssignale» ein. Zählen Sie analog dazu alle Punkte der Aussagen zusammen, die weiss unterlegt sind, und tragen Sie diese in der Spalte «Negative Beziehungssignale» ein. Positive Beziehungssignale

Negative Beziehungssignale

wird eine Scheidung deutlich wahrscheinlicher. Das heisst: Die Zahl in der Spalte «Positive Beziehungssignale» sollte mindestens dreimal, besser fünfmal so gross sein wie die Zahl in der anderen Spalte. Ist dies nicht oder nur knapp der Fall, können Sie wie folgt vorgehen: Überlegen Sie sich, welches negative Beziehungssignal bei Ihrem Kind die heftigsten Reaktionen auslöst und welches positive Beziehungssignal bei häufigerem Einsatz die Stimmung beim Lernen am stärksten verbessern könnte. Notieren Sie sich hier Ihr Ziel: ____________________________________

Die Psychologie hat sich mit der Frage befasst, wie das Verhältnis zwischen positiven und negativen Beziehungssignalen aussehen muss, damit eine gute Zusammenarbeit möglich ist. Wie ein Team um Marcel Losada mehrfach bestätigen konnte, müssen die positiven Beziehungssignale mindestens im Verhältnis 3:1 überwiegen, damit eine produktive Zusammenarbeit möglich ist. In der Paarforschung konnte der Psychologe John Gottman zeigen, dass es ein Verhältnis von fünf positiven zu einer kritischen Aussage braucht, damit eine Beziehung stabil ist. Bei einem Verhältnis unter 5:1

Ich möchte seltener achten auf: __________________________________ Darauf möchte ich häufiger achten: _______________________________ Rufen Sie sich in den nächsten zwei Wochen Ihre Ziele jedes Mal kurz in Erinnerung, bevor Ihr Kind mit den Hausaufgaben oder dem Lernen beginnt. Die Stimmung zwischen Ihnen und Ihrem Kind wird sich schneller verbessern, wenn Sie sich bewusst auf einige wenige Veränderungen konzentrieren anstatt versuchen, alle Punkte gleichzeitig umzusetzen.

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Service

Vielen Dank

an die Partner und Sponsoren der Stiftung Elternsein:

Finanzpartner

Hauptsponsoren

Dr. iur. Ellen Ringier Walter Haefner Stiftung

Credit Suisse AG Rozalia Stiftung UBS AG

Impressum 17. Jahrgang. Erscheint 10-mal jährlich Herausgeber Stiftung Elternsein, Seehofstrasse 6, 8008 Zürich www.elternsein.ch Präsidentin des Stiftungsrates: Dr. Ellen Ringier, ellen@ringier.ch, Tel. 044 400 33 11 (Stiftung Elternsein) Geschäftsführer: Thomas Schlickenrieder, ts@fritzundfraenzi.ch, Tel. 044 261 01 01 Redaktion redaktion@fritzundfraenzi.ch Chefredaktor: Nik Niethammer, n.niethammer@fritzundfraenzi.ch

Inhaltspartner

Korrektorat Brunner Medien AG, Kriens Auflage der regulären Ausgabe (WEMF/SW-beglaubigt 2016) total verbreitet 101 725, davon verkauft 18 572

Business Development & Marketing Leiter: Tobias Winterberg, t.winterberg@fritzundfraenzi.ch Anzeigen Administration: Dominique Binder, d.binder@fritzundfraenzi.ch, Tel. 044 277 72 62

Auflage dieser «Schule»-Ausgabe 55 000 Preis Jahresabonnement Fr. 68.– Einzelausgabe Fr. 7.50, iPad pro Ausgabe Fr. 3.– Abo-Service Galledia Verlag AG Berneck Tel. 0800 814 813, Fax 058 344 92 54 abo.fritzundfraenzi@galledia.ch

Art Direction/Produktion Partner & Partner, Winterthur

Für Spenden Stiftung Elternsein, 8008 Zürich Postkonto 87-447004-3 IBAN: CH40 0900 0000 8744 7004 3

Bildredaktion 13 Photo AG, Zürich

Institut für Familienforschung und -beratung der Universität Freiburg / Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz / Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz / Jacobs Foundation / Elternnotruf / Pro Juventute / Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich / Schweizerisches Institut für Kinder- und Jugendmedien

Stiftungspartner Pro Familia Schweiz / Pädagogische Hochschule Zürich / Elternbildung CH / Marie-MeierhoferInstitut für das Kind / Schule und Elternhaus Schweiz / Schweizerischer Verband alleinerziehender Mütter und Väter SVAMV / Kinderlobby Schweiz / kibesuisse Verband Kinderbetreuung Schweiz

SPINAS CIVIL VOICES

Verantwortlich für diese Ausgabe Nik Niethammer, Evelin Hartmann

Verlag Fritz+Fränzi, Dufourstrasse 97, 8008 Zürich, Tel. 044 277 72 62, info@fritzundfraenzi.ch, verlag@fritzundfraenzi.ch, www.fritzundfraenzi.ch

78 Mal das Training verpasst. 55 Mal das Wochenende durchgearbeitet. 1 neues Medikament gegen Krebs entwickelt.

Mit Ihrer Spende fördern wir engagierte Forscherinnen und Forscher, um die Behandlungsmethoden gegen Krebs 64 immer weiter zu verbessern. PK 30-3090-1

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Service

Wussten Sie, dass … Text: Claudia Landolt

… Ihr Kind trotz Krankheit Haus­ aufgaben machen muss? Ist Ihr Kind krank, müssen Sie es bei der Lehrperson abmelden. Es muss die Hausaufgaben (und auch allfällige Tests) dennoch nachholen.

… Ihr Kind auch in der ersten Klasse Anrecht auf zwei Jokertage hat? Bei Jokertagen handelt es sich um ein Ferienguthaben, das eine Schülerin oder ein Schüler während eines Schuljahres ohne Angaben von Gründen beanspruchen darf. Dieses gibt es in allen Kantonen der Schweiz (Ausnahme Tessin) und variiert zwischen zwei bis vier Halbtagen und bis zu zwei ganzen Tagen. Diese können auch als Ferienverlängerungen eingesetzt werden. Um einen Jokertag einzuziehen, müssen Eltern die Lehrperson im Vorfeld informieren.

… es in der Schweiz eine offizielle Schule ohne Aufgaben, Prüfungen und Noten gibt?

In der staatlich bewilligten Villa Monte im Kanton Schwyz können Kinder lernen, wie und was sie wollen, sie gestalten ihren Alltag völlig frei. Die Hausregeln sind auf drei Punkte beschränkt: auf den respektvollen Umgang miteinander, das Einhalten von Ordnung und einen nicht zu überschreitenden Aktionsradius um das Haus.

… sich ein sechsjähriges Kind maximal fünfzehn Minuten konzen­trieren kann?

Höchstens eine Viertelstunde können sich fünf- bis siebenjährige Kinder im Durchschnitt konzentrieren. Bei Zehnjährigen steigt die Aufmerksamkeitsspanne auf etwa 20 Minuten. Das bedeutet: Die meisten Klagen über mangelnde Konzentration erwachsen aus un­­ realistischen Erwartungen von Erwachsenen. Das hat der Kölner Psychologieprofessor Gerhard Lauth festgestellt, der seit Jahren mit Kindern arbeitet. Das wissen die Schulen und arbeiten deshalb nicht nur mit

unterschiedlichen Unterrichtssequenzen, sondern bieten in den Schulzimmern auch Ruhe- und Leseecken an, ein Trampolin und auf den Gängen sogar einen sogenannten Töggelikasten, an dem die Kinder sich «abreagieren» können.

… sich in der Schweiz rund ein Fünftel der Bevölkerung in Ausbildung befindet?

Gemäss Bundesamt für Statistik befinden sich rund 1,5 Millionen Personen in Ausbildung. Der grösste Teil davon sind Kinder auf der Primarstufe; rund 450 350 waren es laut der letzten Erhebung. Das sind fast doppelt so viele wie auf der Tertiärstufe, also der höheren Berufsbildung an Fachhochschulen und Universitäten.

… Schwimmunterricht nicht überall obligatorisch ist? Schwimmen gehört zu den wichtigsten Bewegungskompetenzen, die ein Kind im Laufe der obligatorischen Schulzeit erlernen sollte. Entsprechend ist der Schwimmunterricht auch in den meisten kantonalen Lehrplänen vorgesehen. Diese Forderung wird von allen Lehrpersonen und auch von deren Dachverband LCH unterstützt. Deren konkrete Umsetzung sieht an vielen Schulen so aus, dass alle 14 Tage gemeinsam geschwommen statt geturnt wird. An anderen Schulen aber scheitert der Schwimmunterricht an der nicht vorhandenen Infrastruktur oder den sehr strengen Sicherheitsvorschriften.

… dass Laustanten vor allem nach den Ferien viel zu tun haben? Läuse sind harmlose, aber lästige Viecher, weil sie nicht nur ganze Klassen, sondern auch ganze Familien befallen können. In Schulen sind sie besonders nach den Ferien häufig anzutreffen, warum, weiss keiner. Läuse krabbeln im direkten Kopfkontakt von einem Haarschopf zum anderen. Um der Plage Herr zu werden, kann die Schulleitung eine Laustante kontaktieren, die in der Schule die Kinder untersucht und die Eltern über die mögliche Behandlung informiert.

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Schule  Frühjahr 2017 65


Abgedruckt

«Was hatten wir heute für einen schönen Tag» Das ist schon ein paar Wochen her, dass Anne in die Schule gekommen ist, aber ich werde den Tag nie vergessen. Sie haben eine wunderschöne Feier gemacht mit Schülern, Lehrern und Eltern als Publikum vor einer Bühne, auf der die Lehrerin stand und die neuen Schüler einzeln mit Namen rief. Jedes Kind musste auf die Bühne kommen, gab der Lehrerin die Hand und bekam eine Sonnenblume, und als alle da waren, erzählte sie ihnen eine Geschichte. Wissen Sie, was Antje und ich gedacht haben, als wir mit Anne im Auditorium sassen und warteten, dass sie aufgerufen wurde? Nie, haben wir gedacht, nie geht Anne allein an den ganzen Leuten vorbei, nie geht sie allein auf die Bühne, und nie gibt sie der Lehrerin allein die Hand. Never! Und was geschah, als die Lehrerin «Anne Hacke» rief? Anne stand auf, ging allein an den ganzen Leuten

vorbei, allein auf die Bühne, und allein gab sie der Lehrerin die Hand. Einmal hat sie sich umgeschaut unterwegs. Und ich sass da, und mir zitterte die Unterlippe, aber geheult habe ich erst nachts, als ich aufwachte und wieder daran denken musste. Steht das Kind auf und geht allein weg von uns, dachte ich – das ist schön und schwer zugleich. Erziehen heisst, dachte ich noch, Kinder in Unabhängigkeit und Selbständigkeit zu führen, und davon haben wir wieder ein Stück geschafft – Antje vor allem natürlich, aber ich auch ein bisschen. Antje hat übrigens gesagt, sie hätte nachmittags im Garten hinter der Hecke Anne und Felix belauscht, ihren Freund und Schulkameraden, und Anne hätte gesagt: «Ach, was hatten wir heute für einen schönen Tag, Felix. Und morgen haben wir wieder so einen schönen.» Und ich auch, Leute. Ich auch!

«Schöne Tage» aus: «Der kleine Erziehungsberater» von Axel Hacke, Verlag Antje Kunstmann, 2006, München

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SPINAS CIVIL VOICES

«WÄRE ICH ALS MÄDCHEN IN NEPAL GEBOREN, HÄTTE ICH MIR DAS SCHREIBEN WOHL SELBST BEIBRINGEN MÜSSEN.» Federica de Cesco, Autorin

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Mädchen in Armutsregionen werden oft unterdrückt, ausgebeutet und ihrer Rechte beraubt. Als eines der grössten Kinderhilfswerke der Welt fördert Plan International gezielt Mädchen. Denn Mädchenbildung bedeutet Entwicklung – nicht nur für die Mädchen selbst, sondern auch für die Zukunft ihres Landes. Danke, dass Sie helfen: PC 85-496212-5, www.plan.ch


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