Fr. 7.50 5/Mai 2017
Cybermobbing Wenn Kinder im Netz verletzt werden – und was Eltern tun können Fabian Grolimund Alles zu viel – wie Familien ihren Alltag entspannter erleben
MIT 68 S
EITEN
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Väter
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Editorial
Bild: Geri Born
Liebe Leserin, lieber Leser
Nik Niethammer Chefredaktor
Beschimpft, ausgeschlossen, gedemütigt: Mobbing ist für jeden Jugendlichen ein Trauma – ganz besonders, wenn es online und in den sozialen Netzwerken stattfindet. Studien belegen, dass jeder vierte Jugendliche schon einmal Opfer von Cybermobbing wurde. Im Mai startet die Stiftung Elternsein, Herausgeberin des Schweizer ElternMagazins Fritz+Fränzi, eine Kampagne gegen die Hetze im Netz: Unter dem Titel «Wenn Worte weh tun» will die Stiftung Kinder und Jugendliche dafür sensibilisieren, wie viel Leid sie mit einem abschätzigen Kommentar, einer beleidigenden Zeile oder einer schnell getippten Drohung anrichten können. Mehr Infos auf der Stiftungsseite unter elternsein.ch, Cybermobbing. Wenn Jugendliche im Internet hassen – ab Seite 50. 180 000! In Worten: Hundertachtzigtausend. Fritz+Fränzi hat nun fast so viele Leserinnen und Leser wie die Weltwoche. Das geht aus der neusten Leserschaftsstudie Mach Basic der WEMF hervor. Die Studie kennt viele Verlierer – und einen Gewinner: das Schweizer ElternMagazin. Satte 17 Prozent mehr Leserinnen und Leser verzeichnet unser Heft im Zeitraum von September 2015 bis September 2016. Ein beachtlicher Leserzuwachs in Zeiten, wo Informationen auf Papier immer seltener konsumiert werden. Wir sind mächtig stolz und danken Zeit, als Ihnen ganz herzlich für Ihr Vertrauen.
«Ich vermisse die ich morgens voller Elan aus dem Bett gesprungen bin. Damals. Mit 4.» Autor: unbekannt
Zwei Drittel aller Eltern sagen, dass sie regelmässig von Selbstzweifeln geplagt sind, obwohl sie täglich ihr Bestes geben. Gerade die frühkindliche Erziehung fordert und verunsichert Väter und Mütter in besonderem Masse. Der Eintritt in den Kindergarten bedeutet eine Zäsur – für die Eltern wie für das Kind. Dem wollen wir Rechnung tragen mit unserem neuen Magazin Kindergarten, das Mitte August erstmals erscheint. Wir wollen Eltern und ihr Kind begleiten beim Eintritt ins Schulsystem; wir wollen mithelfen, dass Mütter und Väter sich sicher fühlen und sich dem gesellschaftlichen Druck nach Perfektion ein bisschen widersetzen können. Dass sie ein starkes Selbstbild entwickeln und damit auch eine entspanntere Erziehung praktizieren können. Dass sie erkennen, dass sie nicht perfekt sein müssen, sondern dass hinreichend gut auch reicht. Bei ihnen und ihren Kindern. Dieser Ausgabe liegt nach 2015 und 2016 erneut ein Spezialheft zur Berufswahl bei. Wir kümmern uns auf 68 Seiten um die Auswirkungen der Digitalisierung auf unsere Arbeitsplätze, zeigen, dass gerade vermeintlich weniger attraktive Berufe die besten Perspektiven bieten, und begleiten Jugendliche (und ihre Eltern) auf dem Weg ins Berufsleben. Herzlichst – Ihr Nik Niethammer
850 Lehrstellen in 25 Berufen | www.login.org
Inhalt Ausgabe 5 / Mai 2017
Viele nützliche Informationen finden Sie auch auf fritzundfraenzi.ch und
facebook.com/fritzundfraenzi.
Psychologie & Gesellschaft 40 D as mach ich doch mit links! Früher wurden Linkshänder umerzogen. Heute plädieren Experten dafür, auf die Kinder keinen Einfluss zu nehmen. Extra-Scheren, -Stifte und -Messer erleichtern das Leben unter Rechtshändern.
Augmented Reality Dieses Zeichen im Heft bedeutet, dass Sie digitalen Mehrwert erhalten. Hinter dem ar-Logo verbergen sich Videos und Zusatzinformationen zu den Artikeln.
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Dossier: Väter 10 So wichtig und so unterschätzt Wie bedeutend sind Väter für die Entwicklung ihrer Kinder? Viel wichtiger, als sie selbst glauben, sagen Experten.
30 Männer im Hamsterrad Männerberater Martin Bachmann: Väter leiden unter einer doppelten Belastung. 32 Jesper Juul Wie wird man ein guter Vater?
Bild: Johan Bävman
Cover Unser Titelbild stammt aus der Fotoreihe «Swedish Dads» des schwedischen Fotografen Johan Bävma 4
Bilder: Johan Bävman, Daniel Winkler / 13 Photo, iStockphoto, Carla Kogelmann / De Beeldunie
20 Familie steht an erster Stelle Moderne Väter wollen heute mehr sein für ihre Kinder als Brotverdiener, sagt Familienforscher Wassilios E. Fthenakis.
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66
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Urs Moser, werden jemals alle Schüler die gleichen Chancen auf Bildung haben?
Wenn Kinder krank werden, brauchen sie Liebe und – die richtige Behandlung.
Was es braucht, damit Kinder für andere Menschen Mitgefühl entwickeln.
Erziehung & Schule
Ernährung & Gesundheit
Service
44 Elterngespräche Wenn Lehrperson und Eltern an einem Tisch sitzen, treffen oft zwei Welten aufeinander.
66 Medikamente für kleine Patienten Gerade bei Kindern sollten sich Eltern an die Angaben von Ärzten halten, sonst droht eine Überdosierung.
48 Verlosung
46 Spielend Schreiben lernen Schriftspiele fördern das Bewusstsein für unsere Sprache. 70 Herzenswarm Wie lässt sich Mitgefühl lernen? Und kann man Kindern Empathie beibringen? Experten sagen: ja!
Digital & Medial 50 C ybermobbing Beschimpft, bedroht, ausgelacht: Mobbing ist für jedes Kind ein Trauma. Besonders, wenn es online passiert. 60 Reine Konzentrationssache Um gut lernen zu können, müssen Kinder sich konzentrieren. So können Eltern sie dabei unterstützen. 61
Mixed Media
78 Unser Wochenende in ... … der Region Savognin Bivio Albula 80 Sponsoren/Impressum
Rubriken 03 Editorial 06 Entdecken 34 M onatsinterview Ob ein Kind aufs Gymnasium kommt, hängt immer noch von seiner Herkunft ab, sagt Bildungsexperte Urs Moser.
81 Buchtipps 82 Eine Frage – drei Meinungen Die Tochter will nicht Klavier üben – sollten sie ihre Eltern dazu anhalten? 83 Abo
42 Fabian Grolimund Was tun gegen das Gefühl von ständiger Überforderung? 47 Stiftung Elternsein Ellen Ringier über die Nähe der Grosseltern zu ihren Enkeln. 48 Mikael Krogerus Unser Kolumnist über das Sommerhaus seiner Träume. 62 Leserbriefe
Die nächste Ausgabe erscheint am 13. Juni 2017.
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 5
Entdecken
Puh – das stinkt! Erst ab dem Alter von fünf Jahren kombinieren Kinder ihre Seh- und Geruchseindrücke, wie Forscher aus Triest beobachteten. Die Kinder schnupperten erst den Duft von Rosen und gammeligem Fisch und wählten dann eines von zwei Gesichtern auf dem Bildschirm aus. Die Kleinen bevorzugten stets das fröhliche Gesicht, die Grösseren das zum Geruch passende.
3 FRAGEN an Sarah M. Springman, Rektorin der ETH Zürich
Das neue Abenteuer des Schnabelwesens Globi findet in der Hochburg der Schweizer Wissenschaft und Technik statt: der ETH Zürich. «Globi und die verrückte Maschine» heisst der 87. Band. Warum Kinder die begeistertsten Tüftler sind, weiss ETH-Rektorin Sarah M. Springman. Interview: Claudia Landolt Frau Springman, Sie sind Ingenieurin und Professorin für Geo technik. Wie haben Sie den Zugang zur Wissenschaft gefunden? Schon als Kind hat mich fasziniert, wie Wasser sich seinen Weg durch die Landschaft bahnt und wie diese sich anpasst. In den Ferien am Meer baute ich tagelang grosse Dämme. Noch heute begeistere ich mich für diese Dinge. Globis Begleiterin ist die ETH-Professorin Pauline Schrödinger. Eine Anspielung, mehr Frauen für technische Berufe zu begeistern? An der ETH werden junge Leute jeglichen Geschlechts hervorragend ausgebildet. Diversität ist uns wichtig, der Mix der Kulturen, Sprachen und Disziplinen. Wir sorgen für ein Klima, welches für Kind und Karriere von Mann und Frau gleichermassen vorteilhaft ist. Deshalb ist uns Frauenförderung ein Anliegen. Der Frauenanteil unter den Studierenden macht bereits 30 Prozent aus, und bei den Professuren steigt er stetig an. Kinder sind die geborenen Forscher. Was kann man als Eltern tun, dass Töchter und Söhne diesen Wissensdurst behalten? Indem man sie machen lässt. Kinder sind wie Globi: daufgängerische Lausbuben mit Mut, Entdeckungsdrang und kreativen Ideen. An der ETH wollen wir möglichst viele Kinder für Technik und Naturwissenschaften begeistern, und das möglichst früh.
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Bei Kindern unter
6 Jahren und bei Jugendlichen über
10 Jahren scheint der positive Einfluss von Haustieren auf das Selbstwertgefühl von Kindern am grössten zu sein. (Quelle: University of Liverpool)
Die Zeit heilt – auch Magersucht Anorexie und Bulimie sind sehr schwerwiegende Essstörungen, bei Magersüchtigen vereinzelt sogar mit tödlichem Ausgang. Doch die Prognose auf Heilung ist nicht ganz so düster, wie bislang befürchtet. Forscherinnen am Massachusetts General Hospital begleiteten 136 Frauen mit der Diagnose Anorexie und 110 mit der Diagnose Bulimie. Nach neun Jahren hatten zwei Drittel der Bulimikerinnen ihre Krankheit überwunden. Bei den Magersüchtigen hingegen waren zu diesem Zeitpunkt nur gut 30 Prozent geheilt, doch auch für die anderen gab es weiterhin Hoffnung. Eine Nachfrage nach 20 Jahren ergab, dass nunmehr auch zwei Drittel der magersüchtigen Patientinnen gesund waren. Das macht Hoffnung!
Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Bilder: ZVG, fotolia
«Kinder sind die geborenen Forscher, wenn man sie lässt»
Rubrik
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«Man wüsste ja, was zu tun wäre: Es braucht erschwingliche Krippenplätze, ein Steuersystem, das den Zweiterwerb durch die Frau nicht mehr bestraft, und einen Vaterschaftsurlaub für alle.» Markus Theunert in einem Online-Beitrag der NZZ zum Thema Teilzeitarbeit von Müttern und Vätern
Markus Theunert ist Leiter des Schweizerischen Instituts für Männerund Geschlechterfragen (SIMG), der Fachstelle von männer.ch.
Blutsbrüder Befreundete Kinder beeinflussen sich gegenseitig darin, wie sie Gefahren einschätzen und ob diese ihnen Angst machen. Dies ergab eine Studie der britischen University of East Anglia. 242 Schulkindern wurden Bilder gezeigt sowie bedrohliche und neutrale Geschichten vorgelesen. Danach ähnelten sich Freunde viel mehr darin, wie sie über Gefahren und Angst dachten, als nicht miteinander befreundete Kinder.
Flucht – wie erklär ichs meinem Kind? Souraya lebt wie ein normales Mädchen in Syrien, bis ihre Heimat durch den Krieg verwüstet wird. Zusammen mit ihrer Familie beginnt ihre gefährliche Flucht … Entstanden ist das liebevoll gestaltete Kinderbuch «Warum Souraya ihre Heimat verlassen musste» auf Wunsch verschiedener Lehrpersonen. Diese waren auf der Suche nach passendem Lehrmaterial zum Thema Migration und Flucht. Es soll Kindern zwischen acht und elf Jahren dieses anspruchsvolle Thema anschaulich und kindgerecht nahebringen. Der gesamte Erlös kommt dem Verein «StrickWärme – hilft Menschen auf der Flucht» zugute.
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Bilder: ZVG
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Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
© UBS 2017. Alle Rechte vorbehalten.
Rubrik
Es geht um viel mehr als den Sieg. Grosse Emotionen am UBS Kids Cup erleben. ubs.com/kidscup
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 9
Dossier
Kinder sind Frauensache. Das glaubten bis vor Kurzem auch die meisten Wissenschaftler. Doch seit einigen Jahren geraten zusehends die Männer in den Fokus der Forscher. Väter sind offenbar viel wichtiger für die Entwicklung eines Kindes als lange Zeit vermutet. Text: Jochen Metzger
Bilder: Johan Bävman
Bilder: Johan Bävman und Fabian Unternaehrer / 13 Photo
Dossier
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 11
Dossier
I
m Juni 2016 geschah etwas Merkwürdiges. Wissenschaft ler aus der ganzen Welt hatten einen Flug nach Detroit ge bucht, um dort den Bus Rich tung Westen zu besteigen. Nach einer Stunde erreichten sie ein schmuckes Uni-Städtchen namens Ann Arbor. «Wir hatten hier zum ersten Mal die führenden Leute aus der Väterforschung beisammen», erzählt Brenda Volling, Psychologie professorin an der University of Michigan. Seit mehr als 30 Jahren untersucht sie, was die Väter anders machen als die Mütter, wie sie mit ihren Kindern spielen – und wie wichtig sie für die Entwicklung ihrer Töchter und Söhne sind. «Anfangs hat mich kaum einer von den Kolle gen ernst genommen», erzählt Bren da Volling. «Die komplette For schung drehte sich nur um die Mütter.» Doch die Welt hat sich verändert. Für Familienpsychologen – und für die Familien selbst. Gemeinsam mit ihrer schwangeren Partnerin erle ben heute die meisten Männer den Moment, in dem das Bild ihres Kin des zum ersten Mal auf dem Moni tor eines Ultraschallgeräts erscheint.
Väter sehen sich selbst oftmals noch als Bezugsperson zweiter Klasse, als Aushilfs-Babysitter. 12
Im Kreisssaal hören sie den ersten Schrei, mit dem ihr Neugeborenes die Welt begrüsst. Sie wickeln, sie füttern, sie trösten, sie spielen. Noch vor wenigen Jahrzehnten war all das die Ausnahme. Inzwi schen geschieht es mit der aller grössten Selbstverständlichkeit – unsere Gesellschaft hat die Rolle des Vaters vollkommen neu definiert. Aber was heisst es heute, ein «guter Vater» zu sein? Immer neue wissen schaftliche Studien geben darauf überraschende Antworten. Und auch die Vernetzung zwischen den Wissenschaftlern wird zunehmend besser. So haben Forscher aus der Schweiz, aus Österreich und Deutschland ein eigenes Netzwerk namens CENOF gegründet. Die Abkürzung steht für «Central Euro pean Network on Fatherhood». Es ist kein Zufall, dass sich die deutschsprachige Gruppe einen englischen Namen gegeben hat: Väterforschung ist längst zu einem internationalen, weltweiten Projekt geworden. Noch ist es reine Grund lagenforschung, was in den Fach journalen erscheint. Doch ein paar Erkenntnisse der Wissenschaft kön nen Eltern schon heute sehr konkret in ihren Alltag mitnehmen. So bestreitet heute kaum noch ein Psychologe, dass Kinder von ihren Vätern in einem unglaublichen Mas se profitieren. Doch die Daten be leuchten auch eine komplett andere Seite des Familiensystems: Väter sehen sich selbst oftmals noch als Bezugsperson zweiter Klasse, als eine Art Aushilfs-Babysitter >>>
Bild: Johan Bävman
Die meisten Bilder zu diesem Dossier stammen aus der wunderbaren Fotoarbeit «Swedish Dads» von Johan Bävman (www.johanbavman.se). Die Schweizer Väter und ihre Kinder hat der Berner Fotograf Fabian Unternaehrer porträtiert.
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 13
Dossier
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Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Dossier
Bild: Fabian Unternährer / 13 Photo
Gute Väter trösten, gute Väter spielen, gute Väter helfen – gute Väter kümmern sich.
«In Erziehungsfragen vertraue ich auf meinen gesunden Menschenverstand» In der Familie von Philippe Klemenz, 46, TV-Journalist aus Zollikerberg ZH, herrschen klare Regeln. Der Vater von Rémy, 12, und Camille, 8, findet: Authentizität und Liebe schweissen uns zusammen. Aufgezeichnet von Martina Bortolani
«In Erziehungsfragen tausche ich mich selten mit anderen Vätern aus – ich regle das weitgehend im Selbstgespräch oder im Austausch mit meiner Frau. Und vertraue auf meinen gesunden Menschenverstand. Erziehungsfragen sind heikle, sehr private Themen, und jeder soll es so machen, wie er es richtig findet. Ich richte mich nach dem französischen Erziehungsstil. Trotz viel Zuneigung
>>> für die Zeiten, in denen Mama gerade nicht kann. «Die Väter haben noch immer nicht bemerkt, wie wichtig sie sind. Das ist unsere ent scheidende Botschaft als Forscher gruppe», sagt Brenda Volling. Mehrere Studien zeigen inzwi schen, was geschieht, wenn Väter sich selbst und ihre Aufgabe als Bezugsperson für die Kinder ernst nehmen. Wenn sie sich «gemeint» und verantwortlich fühlen, sobald ihr Baby schreit, sobald es später im Kindergartenalter «Zirkusdirektor»
und Aufmerksamkeit herrscht bei uns zu Hause keine Basisdemokratie. Ein Nein ist ein Nein. Es gibt Erwachsenen- und Kinderzonen, Elternzeit, Kinderzeit. Wenn wir Besuch empfangen, essen die Kids vor uns und ziehen sich dann in ihre Zimmer zurück. Bei uns liegen auch selten Spielsachen im Wohnzimmer herum, dafür haben Rémy und Camille liebevoll eingerichtete, eigene Zimmer. Meine Frau und ich wollten unser Leben als Erwachsene nie an der Garderobe des Kreisssaals abgeben. Ich sehe es nicht als meine Aufgabe als Vater, die Kinder die ganze Zeit zu bespassen. Meines Erachtens kommen unsere Kinder mit diesen klaren Regeln gut zurecht und haben darum auch früh gelernt, selbständig zu sein. Mit der Selbständigkeit wächst das Vertrauen der Kinder in ihre eigenen Fähig keiten. Aktuelles Beispiel: Rémy, Sechstklässler, wollte sich unbedingt für die Aufnahmeprüfung ans Gymi anmelden. Wir haben ihn unterstützt in diesem Wunsch, aber verlangt, dass er sich weitgehend
oder «Teegesellschaft» spielen will, sobald es als Schulkind Hilfe bei den Hausaufgaben braucht. Gute Väter trösten, gute Väter spielen, gute Väter helfen – gute Väter kümmern sich. Und wenn sie das tun, dann setzen sie für sich selbst und für die ganze Familie etwas in Gang, was die Emotions psychologin Barbara Fredrickson als «Aufwärtsspirale des Aufblühens» bezeichnet. Sie senken den Stress pegel ihrer Partnerin, sie festigen die Bindung zu ihrem Kind, sie erleben sich selbst als wirkungsmächtiger und zufriedener, sie verbessern die Beziehung zu ihrer Partnerin. Die ganze Familie profitiert davon. Sechs verschiedene Grundsätze bündeln die Erkenntnisse der aktu ellen Forschung. Nicht alle klingen besonders neu oder revolutionär. Doch sie erklären, warum die >>>
selbst darauf vorbereitet. Das hat er – und hat bestanden! Ein spannender Ansatz bei der Erziehung ist für mich der Humor. Die Ironie, der Schalk. Wunderbare Instrumente für mehr Elastizität im Zusammenleben. Das habe ich selber in der Pfadi gelernt. Dort haben wir schon als Backfische geübt, schwierige Situationen zunächst einmal mit Humor zu betrachten. Eine Fähigkeit, die mir jetzt als Vater hilft. Ich konnte so unsere Kinder früh darauf sensibilisieren, die vielen feinen Zwischentöne herauszuhören. Apropos Töne: Tanzen und Musik sind bei uns Formen der Kommunikation. Gerade wenn wir angespannt sind oder uns mal auf die Nerven gehen. Dann heisst es: Pump up the volume! Manchmal tanzen wir am Samstagmorgen alle in der Wohnung herum, um uns in eine gute Wochenendlaune zu versetzen. Es ist rührend, zu sehen, dass die Kinder ihren Gefühlen freien Lauf lassen können. Das leben wir ihnen vor. Authentizität schweisst uns zusammen. Und natürlich die Liebe.»
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>>> allermeisten Väter mit dem, was sie tun, genau auf dem richtigen Weg sind. 1. Gute Väter sind gute Partner
Traditionell haben Psychologen den Vätern eher eine Nebenrolle zugeschrieben. Die Geschichte ging so: Das Kind braucht in den ersten Lebensjahren vor allem eine sichere, vertrauensvolle, geborgene Bindung an einen Erwachsenen. So kann sich das Kindergehirn optimal entwickeln, so wird alles gut. «Tatsächlich ist die Bindungstheorie noch immer unser wichtigstes Werkzeug», sagt Brenda Volling. «Und ich glaube nicht, dass man sich von ihr abwenden sollte. Niemand wird bestreiten, dass diese erste Beziehung die Grundlage ist, auf der Kinder ihr Leben aufbauen.» Diese «erste Beziehung» scheint auf naturgegebene Weise die Beziehung zur Mutter zu sein. Klar: In ihrem Bauch wächst das Kind heran. Aus ihr wird es geboren. Von ihr wird es gestillt. Sie gibt dem Kind die Geborgenheit, die es braucht. Der Vater – so die traditionelle Aussage der Bindungstheorie – soll seine Partnerin unterstützen, wo er kann, und ihr das Leben leichter machen. «Ich kenne nicht eine einzige Studie, in der eine gute Paarbeziehung schlecht für das Kind gewesen wäre», sagt Brenda Volling. «Aber ich kenne viele Untersuchungen, die eine eindeutig schlechte Auswirkung auf die Kinder belegen, wenn die Eltern sich häufig streiten, wenn sie einander anschreien oder die Autorität des anderen untergraben. Die Kinder überfordert das, sie
Der Vater soll seine Partnerin unterstützen, wo er kann, und ihr das Leben leichter machen. 16
können nicht gut damit umgehen.» Gute Väter sind gute Partner – oder versuchen zumindest, gute Partner zu sein. Allerdings erfuhr die Bindungstheorie letzthin einige überraschende Erweiterungen. Forscher aus Israel haben untersucht, was geschieht, wenn nicht die Mutter, sondern der Vater zur ersten Bezugsperson eines kleinen Kindes wird. Die Ergebnisse waren eine Sensation: Die Väter zeigten dasselbe sensible und aufmerksame Verhalten, das man sonst bei Müttern beobachten kann. Im Gehirn ereignen sich Aktivierungsmuster, die eher für Mütter typisch sind, besonders in jenen Arealen, in denen Emotionen verarbeitet werden. Sogar der Hormonhaushalt der Väter veränderte sich. Die Psychobiologin Ulrike Ehlert von der Universität Zürich hat schon vor einigen Jahren herausgefunden, dass Väter kleiner Kinder häufig einen auffällig niedrigen Testosteronspiegel haben und dadurch vermutlich geduldiger mit ihren Kindern umgehen. Nun zeigt sich, dass auch die Produktion des Kuschelhormons Oxytocin bei Vätern schwankt: Sie geht auf ähnliche Weise in die Höhe wie bei jungen Müttern. Sogar ein Hormon namens Prolaktin wird in der Übergangsphase zur Vaterschaft vermehrt ausgeschüttet – bei den Müttern regt es die Milchproduktion an. Bei einigen Tieren sorgt Vater-Prolaktin für ein grösseres Engagement bei der Aufzucht der Jungen. Welche Funktion es bei Menschenvätern erfüllt, wird derzeit von Anthropologen an der University of Notre Dame in den USA untersucht. All diese Ergebnisse «legen den Schluss nahe, dass die Evolution noch andere Wege zur guten Elternschaft kennt als den alten Pfad über Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit, der allein den Frauen vorbehalten ist», schreibt der israelische Hirnforscher Eyal Abraham. Mit anderen Worten: Wenn ein >>>
Bild: Johan Bävman
Dossier
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 17
Dossier
«Ich lasse meine Kinder nicht im Stich. Niemals!» Indika, 46, ist Automechaniker mit eigener Garage in Höri ZH. Seinen Söhnen Kai, 18, und Yanik, 16, bringt er bei, dass es sich lohnt, Dinge zu hinterfragen. Aufgezeichnet von Martina Bortolani
«Eigentlich ist es ganz einfach mit dem Elternsein: Man darf die Kinder nicht im Stich lassen. Nie. Egal, was sie tun, man hat eine Pflicht, hinter ihnen zu stehen. Ich halte mich als Vater sehr streng an diesen Grundsatz. Es ist mir aber klar, dass meine Rolle für die Jungs immer ‹uninteressanter› wird und ich sie gehen lassen muss. Das fällt mir manchmal schwer, ich bin fürsorglich und habe die Zeit, als sie klein waren, genossen. Doch je älter sie werden, desto weniger
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brauchen sie mich. Das ist gut für sie und schlecht für die Eltern. Wir haben unsere beiden Söhne immer ziemlich verhätschelt. Meine Frau war zu Hause mit den kleinen Kindern, und ich habe in der Garage gearbeitet. Heute gehen beide ins Gymi. Kai, der Ältere, ist gerade an der Matur. Yanik macht den Abschluss in vier Jahren. Wenn sie zu Hause sind, lernen sie oft, und die gemeinsamen Stunden sind rar, aber schön. Ich sehe die Kids vorwiegend am Wochenende. Kai und Yanik konnte ich bis anhin beibringen, dass es sich lohnt, Dinge zu hinterfragen. Sich für andere Menschen und Politik zu interessieren. Und über Arm und Reich nachzudenken. Das bedeutet für mich auch, dass sie verstehen, warum ich Automechaniker geworden bin: weil ich diesen Beruf gern habe. Und nicht, weil es mir für einen akademischen Titel nicht gereicht hätte. Weder Kai noch Yanik haben ein handwerkliches Flair, beide sind Kopfmenschen. Es macht mich stolz, zu
Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Dossier
Wenn ein Vater will und die Gelegenheit dazu bekommt, kann er tatsächlich so etwas sein wie eine tolle Mutter. >>> Vater will und die Gelegenheit dazu bekommt, dann kann er tatsächlich so etwas sein wie eine tolle Mutter.
Bild: Fabian Unternährer / 13 Photo
2. Gute Väter raufen
Die zweite und womöglich wichtigere Erweiterung der Bindungstheo rie zielt jedoch in eine andere Richtung. Sie achtet nicht nur auf die Sicherheit und Geborgenheit der Kinder, sondern auf ihre Aktivierung, ihren Mut, ihren Forschergeist, ihren Wunsch, die Welt zu
beobachten, wie dezidiert ihre Ansichten mittlerweile sind. Wir führen oft intensive Diskussionen, die ich anregend finde. Dampf lassen sie raus, wenn sie Fussball oder Badminton spielen. Das tun wir manchmal auch zusammen. Meine Wurzeln sind in Sri Lanka. Ich wuchs in einer Lehrerfamilie mit vielen Geschwistern auf. Uns ging es verhältnismässig gut, aber das war nicht selbstverständlich. Darum predige ich den Kindern auch gerne, bescheiden zu sein. Mein Vater war ein Lebemann, meine Mutter eine stille «Chrampferin». Ich bin mehr wie sie. Ich gönne mir auch nicht so viel, probiere aber, mir meine Wünsche zu erfüllen. Im Moment interessiere ich mich sehr für Fotografie und belege auch Kurse. Yanik findet das cool. Manchmal sitzen meine Frau und ich mit Kai und Yanik am Tisch und schmieden Pläne für eine lange gemeinsame Reise. Das ist einer meiner grössten Wünsche. Es wäre schön, wenn wir ihn verwirklichen könnten. Wir werden sehen.»
erobern. «Väter tendieren dazu, auf eine andere Art mit ihren Kindern zu spielen», sagt Brenda Volling. «Sie spielen tendenziell körperlicher. Und lange Zeit hat die Forschung überhaupt nicht verstanden, wie wichtig dieses eher körperliche Spiel für die Entwicklung der Kinder ist.» Besonders Forscherteams aus Kanada und Australien beschäftigen sich seit einiger Zeit mit Rauf- und Kampfspielen von Vätern und Kindern. Die ersten Grunderkenntnisse dieser jungen Forschungsrichtung stammen übrigens aus der Beobachtung von Tieren. So fand man heraus, dass Ratten einen Teil ihrer Sozialkompetenz den spielerischen Ringkämpfen ihrer Kindheit verdanken und dass sie Probleme besser lösen, wenn sie sich als Jungtiere ausgiebig balgen dürfen. Natürlich sind Menschen keine Ratten. Wir raufen anders als andere Säugetiere – und die Eltern spielen bei uns eine viel grössere Rolle. Menschenkinder lernen eine Menge fürs Leben, wenn sie regelmässig mit ihren Vätern toben. Sie werden selbstbewusster und können besser mit Rückschlägen umgehen, sich besser in der Schule konzentrieren, ihre Gefühle besser regulieren. Eine australische Studie aus dem Jahr 2016 beschreibt sogar, dass Kinder, die häufig mit Papa raufen, besser auf ihren Körper achtgeben und seltener mit Verletzungen nach Hause kommen. Sie haben beim Toben offenbar gelernt, ihre eigenen Grenzen einzuschätzen, etwa beim sogenannten «Sockenspiel». Dabei versucht man, dem anderen eine Socke auszuziehen, ohne die eigene zu verlieren. Soll man sein Kind dabei gewinnen lassen? Manchmal ja und manchmal nein. Die meisten Forscher sind überzeugt: Kinder sehnen sich danach, zu spüren, wie stark Papa ist, wie gut er die Familie be schützen kann. Andererseits kann man bei den Kampfspielen aller Säugetiere beobachten, dass der Stärke-
re den Schwächeren manchmal ge winnen lässt – und damit signalisiert, dass alles nur ein grosser Spass ist. Gute Väter verlieren also manchmal und ermutigen ihre Kinder dadurch, sich anzustrengen. Aber meistens gewinnen sie. Tatsächlich verschwinden die guten Konsequenzen der Toberei, sobald man den Kindern immer den Sieg schenkt. Die beste Formel für gutes Raufen stammt vom australischen Väterforscher Richard Fletcher. Sie lautet: «Ich bin viel stärker als du. Und ich hab dich sehr lieb.» 3. Gute Väter lesen vor und fragen nach
Dass Väter gerne toben, ist keine Überraschung. Doch wie steht es mit ihrem Einfluss auf die sprachliche Entwicklung der Kinder? Man weiss, dass Frauen im Durchschnitt die besseren kommunikativen Fähigkeiten besitzen. Worte, Bücher, Vorlesen – all das scheint deshalb eher Muttersache zu sein. Doch auch hier haben Forscher den Einfluss der Väter lange unterschätzt. Kinder profitieren enorm davon, wenn ihre Eltern ihnen regelmässig vorlesen. Langfristig werden sie zu besseren Lesern; sie werden besser in Mathe; sie können sich besser konzentrieren; sie zeigen weniger Verhaltensauffälligkeiten. So steht es etwa in einer Studie der University of North Carolina, die dafür mehr als 5000 amerikanische Familien untersucht hat. Der Beitrag der Väter fiel dabei kleiner aus als der der Mütter. Sie lesen im Durchschnitt weniger vor – weil sie spät von der Arbeit nach Hause kommen, weil ihnen das Lesen kein Vergnügen bereitet oder weil sie glauben, es schlechter zu machen als ihre Partnerin. Die Arbeiten der Psychologin Natasha Cabrera von der University of Maryland haben jedoch gezeigt: Sobald Väter regelmässig vorlesen und das gerne tun, ist ihr Beitrag für die Entwicklung der Kinder >>>
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Dossier
>>> sogar noch grösser als der, den mütterliches Vorlesen erzielt. Auch wenn sie mit ihren Kindern diskutieren, tun Väter das anders; sie fragen häufiger nach, weil sie das Kind nicht genau verstanden haben. Der Wortschatz der Kinder wächst dadurch in erstaunlichem Masse. Forscher glauben: Väter wirken durch ihre Nachfragen wie eine «Brücke» hinaus in die Welt. Mag sein, dass Mama den Kindern jeden Wunsch von den Lippen abliest. Dem Rest der Welt muss man aber erklären, was man möchte – und die Gespräche mit Papa sind dafür das beste Trainingslager. 4. Gute Väter trösten – so gut es geht
Manche Dinge können Mütter in den meisten Gesellschaften >>>
«Glückliche Paare haben glückliche Kinder» Die meisten Väter arbeiten noch immer Vollzeit. Drücken sie sich vor ihrer Verantwortung? Väterforscher Wassilios Fthenakis kommt in seinen Studien zu einer völlig anderen Antwort. Interview: Jochen Metzger
Herr Fthenakis, Sie haben vor einigen Jahren das Selbstbild der Väter untersucht. Auftraggeber war das deutsche Familienministerium. Wie sehen sich die Väter denn?
Etliche Forscher haben immer wieder gefragt: Wie viele Stunden verbringt der
Vater mit den Kindern? Welche Aufgaben übernimmt er in der Familie? Von welcher Qualität ist die Vater-Kind-Beziehung? Mich hat dagegen das Idealbild, die subjektive Konstruktion von Vaterschaft interessiert, das Vaterschaftskonzept aus der Sicht der Väter und der Mütter. Und da habe ich mit meiner Kollegin Beate Minsel in der Tat etwas Überraschendes festgestellt: Zwei Drittel der Männer zwischen 22 und 45 Jahren definieren sich selbst im Sinne einer sozialen Vaterschaft. Das heisst: Nicht mehr das Brotverdienen steht an erster Stelle, sondern das Interesse an und die Beschäftigung mit den Kindern und der Familie. Das war ein völlig neuer Befund, den man bis dahin in dieser Form nicht kannte. Nur 33 Prozent haben das traditionelle Bild von Vaterschaft vertreten – nämlich das als Brotverdiener. Dieses Vaterschaftskonzept entsteht, sobald sie Väter werden?
Nein, das beginnt schon deutlich früher. Dieses Idealbild von der sozialen Vaterschaft findet man bereits bei jungen Männern Anfang 20, die noch gar keine Kinder haben. Es entwickelt sich also sehr früh und bleibt dann im weiteren Familienverlauf bestehen. Woher wissen Sie das so genau?
Weil wir Väter in unterschiedlichen Lebensphasen befragt haben. Was denken die jungen Männer darüber? Was passiert, wenn die Partnerin schwanger wird? Wie sieht das Selbstbild der Väter ein paar Monate nach der Geburt des ersten Kindes aus? Wie hat es sich verändert, wenn das Kind den Kindergarten besucht? Wenn es eingeschult wird? Wenn es in die Pubertät kommt? Wir haben uns also die Wendepunkte im Leben der Väter angesehen. Das verblüffende Er gebnis: Die Antwort auf die Frage, wie ein Vater sein soll, wird durch die gemachten Erfahrungen in der Vaterschaft kaum verändert.
Bild: Johan Bävman
Was erwarten denn die Frauen von ihren Partnern?
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Auch das hat uns überrascht: Die Frauen waren mit den Männern einer Meinung. Die meisten hatten das Idealbild einer sozialen Vaterschaft – nur ein Drittel der Frauen
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vertrat ein traditionelles Ideal und sah ihren Partner in erster Linie als Brotverdiener.
Welchen Einfluss hat das für Familie und Partnerschaft?
Wie gut passt das väterliche Ideal zu dem, was in den Familien tatsächlich passiert?
Wir haben darin die wichtigste Quelle für Probleme innerhalb der Elternbeziehung entdeckt. Wenn ein Mann ein egalitäres Selbstbild vertritt, Beruf und Familie ver einbaren möchte, seine Frau aber zu Hause bleibt und ein eher konservatives Konzept vertritt, dann kann man sehen, dass da durch das Wohlbefinden des Mannes beein trächtigt wird, Konflikte in der Partnerschaft entstehen und seine Akzeptanz und Wert schätzung gegenüber der Frau leidet. Dies erfolgt aber nicht in gleicher Weise, wenn die Frau ebenfalls egalitär ausgerichtet ist.
Da sehen wir, dass das Selbstbild in keiner Weise mit der Realität übereinstimmt. Väter und Mütter sagen zwar: Wir wollen beide für die Kinder da sein. Wenn dann aber das erste Kind geboren wird, geht der Vater weiter arbeiten – und zwar in Vollzeit, nicht selten mit Überstunden. In der Schweiz gilt das für mehr als 80 Prozent aller Väter, deren Kinder 14 oder jünger sind. Das sagen die aktuellen Zahlen des Bundesamtes für Statistik.
Gleichzeitig kann man sehen, dass die Mutter oft für viele Jahre aus dem Berufs leben ausscheidet. Mit der Geburt des ersten Kindes kommt es also zu einer Tra ditionalisierung des Familienmodells. Dafür gibt es einen einfachen Grund: Der Mann verdient meist mehr als die Frau – deshalb entscheiden sich beide übereinstimmend dafür, dass er sich stärker im Job engagiert und sie zu Hause bleibt. Danach kommen die meisten Paare kaum noch aus dieser Traditionalisierung heraus. Das verschärft sich sogar noch, wenn das Paar weitere Kinder bekommt. Die Bereitstellung von Betreuungsangeboten für die Kinder kann helfen, diese Traditionalisierung zu über winden. Der Mann verdient das Geld, die Frau kümmert sich um den Haushalt und die Kinder – dieses Modell hat über viele Generationen funktioniert. Was soll daran schlecht sein?
Es macht die Frauen unzufrieden, vor allem jene, die eigentlich gut ausgebildet sind und weiterarbeiten wollen, aber wegen der Kinder zu Hause bleiben. Diese Gruppe war in unseren Untersuchungen besonders unglücklich. Die Männer haben damit kein Problem?
Doch, natürlich. Die Väter erleben denselben inneren Konflikt, den man von berufstätigen Müttern kennt. Es fällt ihnen schwer, Beruf und Familie zu vereinbaren. Das gilt für mehr als ein Drittel der Väter. Neuere Studien bestätigen diesen Befund.
Wie bewusst ist den Vätern ihr eigenes Selbstbild?
Das ist unterschiedlich. Es gibt eine Gruppe von Männern, die das reflektieren. Die meisten erleben es jedoch unbewusst. Sie kommen in eine diffuse Situation hinein, in der sie sich irgendwie unwohl fühlen. Aber sie können sich nicht rational erklären, woran das eigentlich liegt. Sie sagen: Wenn Vater und Mutter unterschiedliche Idealvorstellungen von Vaterschaft haben, ergeben sich Konflikte. Was raten Sie Vätern konkret?
gibt es viele Möglichkeiten, den Kindern zu signalisieren, dass man an sie denkt. Auch wenn man unterwegs ist. Einige Väter gehen bewusst in Teilzeit oder bleiben komplett zu Hause. Ist es für die Kinder eigentlich egal, ob Vater oder Mutter ihre erste Bezugsperson ist?
Darauf gibt es zwei Antworten. Die eine lautet: Wenn man die Kompetenzen von Vätern und Müttern untersucht, findet man viel mehr Übereinstimmungen als Unter schiede. Beide sind von Anfang an gleich geeignet, Kinder zu erziehen. Und die zweite Antwort?
Männer führen einen Haushalt anders, als Frauen das tun. Frauen fühlen sich alleine für alles verantwortlich. Sie delegieren wenig, kontrollieren aber stark, ob das, was sie delegiert haben, umgesetzt wird. Und sie setzen die Standards relativ hoch. Die Männer auf der anderen Seite betrachten den Haushalt als gemeinsame Aufgabe der Familie. Sie delegieren mehr an die Kinder, sie setzen die Standards nicht hoch und kontrollieren nicht viel. Anders gesagt: Väter lassen mehr Freiräume. Und das fördert die Autonomie der Kinder.
Ein guter Vater sollte sehr viel Zeit und Energie in die Qualität seiner Partnerschaft investieren. Wie gut er und seine Partnerin sich verstehen, ihre Beziehung auf gegen seitige Wertschätzung aufbauen – das sind die Dimensionen mit der stärksten Vorher sagekraft für die Entwicklung der Kinder. Vereinfacht gesagt: Glückliche Paare sind in der Regel auch gute Eltern. Apropos Kinder: Wie sehr leiden die Kinder darunter, wenn ihr Papa den ganzen Tag bei der Arbeit ist?
Es ist ein Irrtum, wenn man glaubt, dass es nur auf die Anzahl der gemeinsam ver brachten Stunden ankäme. Wir sehen in unseren Studien, dass die Qualität der Begegnungen viel wichtiger ist. Die Väter kommen abends nach Hause und widmen sich ihren Kindern. Die gemeinsame Zeit findet also in einem entspannten Zusam menhang statt. Und die Väter nutzen diese Zeit meistens sehr intensiv. Ausserdem
Zur Person Wassilios E. Fthenakis ist in Griechenland geboren. Er leitete das Staatsinstitut für Frühpädagogik in München und war Inhaber des Lehrstuhls für Entwicklungspsychologie u. a. an der Freien Universität Bozen, Italien. Bis heute gilt er als der einflussreichste Väterforscher im deutschsprachigen Raum.
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 21
Dossier
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Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Dossier
Heute kuscheln mehr als 84 Prozent der Väter mit ihren Kindern und stellen darüber eine körperliche Nähe her.
Literatur • Wassilios E. Fthenakis u. a.: Engagierte Vaterschaft. Die sanfte Revolution in der Familie. Verlag Leske und Budrich, 1999, ca. Fr. 18.– • Richard Rohr, Thomas Gesterkamp, Wassilios E. Fthenakis: Vater, Sohn und Männlichkeit. Verlag Tyrolia, 2001, ab Fr. 6.– • Walter Hollstein: Was vom Manne übrig blieb. Das missachtete Geschlecht. Verlag Opus Magnum, 2012, ca. Fr. 26.– • Victor Chu: Vaterliebe. Verlag KlettCotta, 2016, ca. Fr. 26.– • Dave Engledow: Papa allein zu Hause. 77 Dinge, von denen Mama nicht wissen darf. Heyne-Verlag, 2015, ca. Fr. 14.–
Bild: Johan Bävman
Links • www.vaeter.ch (generelle Information) • www.vaternetz.de (Väterbücher) • www.avanti-papi.ch (Veranstaltungen) • www.vaterrechte.ch (Rechtliches) • www.mencare.swiss/de (Plattform zur Stärkung väterlicher Präsenz) • www.maenner.ch (Dachverband) • www.vaterverbot.ch (für Väter in Trennung/Scheidung) • Väter: Wer sie sind, was sie tun und wie sie wirken (Projekt Tarzan). Eine Studie von Prof. Margrit Stamm (2015). Download auf www.margritstamm.ch
>>> besser. Zum Beispiel trösten. So hat man untersucht, wie Eltern sich verhalten, wenn ihr Kind im Krankenhaus aus einer OP-Narkose erwacht. Väter wie Mütter versuchen, ihrem Kind ein Gefühl von Sicherheit und Ruhe zu vermitteln – vor allem über Berührungen und Körperkontakt. Die Mütter tun das jedoch intensiver und über einen längeren Zeitraum als die Väter. Die Männer haben in dieser Hinsicht allerdings deutlich aufgeholt. Die Berner Erziehungswissenschaftlerin Margrit Stamm hat nachgewiesen, dass heute mehr als 84 Prozent der Väter mit ihren Kindern kuscheln und darüber eine körperliche Nähe herstellen. Trotzdem: Noch immer gelingt es einem höheren Prozentsatz an Kindern und Jugendlichen, ein engeres Vertrauensverhältnis zur Mutter aufzubauen als zum Vater. Wenn sie Hilfe brauchen, dann gehen sie eher zu ihr als zu ihm. Welche Auswirkungen hat das auf die Entwicklung der Kinder? Mehrere Arbeiten aus den USA, Kanada und Israel kommen in dieser Frage zu identischen Ergebnissen: Schulkinder, die an beide Elternteile sicher gebunden sind, entwickeln eine höhere Sozialkompetenz und berichten von weniger Problemen im Alltag. Die gleichzeitige Bindung an Vater und Mutter wirkt als «Schutzfaktor» gegen Einsamkeit, Angstgefühle und Depression. Eigentlich hatte man diesen Effekt auch für jene Kinder erwartet, die nur an die Mutter sicher gebunden sind. Bei ihnen fiel der Schutzeffekt jedoch deutlich schwächer
aus. «Diese Ergebnisse zeigen, dass wir uns genauer anschauen müssen, welche Rolle eine enge Beziehung zwischen Heranwachsenden und ihren Vätern spielt», heisst es in einem Forschungsbericht der Universität Tel Aviv. «Manche Studien schauen nur auf die Männer, andere nur auf die Frauen», erklärt Brenda Volling. «Aber es bringt nichts, Väter und Mütter gegeneinander auszuspielen. Es geht schliesslich darum, das grosse Bild zu zeichnen und zu zeigen, wie Eltern gemeinsam das Beste für ihre Kinder tun können.» 5. Gute Väter bleiben (manchmal) zu Hause
Doch woran liegt es, dass die Väterforschung zuletzt so stark an Bedeutung gewonnen hat? Die Fachleute sagen: vor allem an den Vätern selbst – und an der Gesellschaft, in der sie leben. Väter verbringen heute vier Mal mehr Zeit mit ihren Kindern, als das noch in den 60er-Jahren der Fall war. «Damals ist Papa von der Arbeit heimgekommen und hat darauf gewartet, dass seine Frau ihm einen Martini serviert. Sein Job bestand darin, das Geld für die Familie zu verdienen. Die Erziehung war komplett Angelegenheit der Frau», sagt Brenda Volling. «Diesen Vatertypus gibt es heute kaum noch. Die Väter gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass sie an der Erziehung der Kinder beteiligt sind.» Mit anderen Worten: Es sind die neuen Väter, die eine neue Art von Forschung notwendig machen. Doch diese neuen Väter haben es nach wie vor schwer. In der Schweiz arbeiten mehr als 80 Prozent von ihnen noch immer Vollzeit und verbringen weniger Stunden mit ihren Kindern, als sie das gerne würden. Arbeit in Teilzeit wird von den Arbeitgebern häufig nicht unterstützt. Doch was geschieht, wenn Väter einen radikalen Schritt wagen, wenn sie ganz zu Hause bleiben und die Aufgabe des Brotverdie- >>>
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Dossier
6. Gute Väter sind echte Männer
Wie einige «Stay Home Dads» sich ihr männliches Selbstbild auf origi-
Wer als Vater ganz zu Hause bleibt, erscheint im Fernsehen fast immer als unmännlicher Versager.
nelle Weise zurückholen, hat der aus Jordanien stammende Väterforscher Tawfiq Ammari im März 2017 auf der Konferenz CSCW im amerikanischen Portland beschrieben. Er stellte fest, dass Vollzeitväter in Interviews und in selbstgeschriebenen Blogs immer wieder eine Art «Heimwerkersprache» verwenden, um über ihren Alltag zu berichten. Tatsächlich verrichten sie einige ihrer Tätigkeiten auf besonders männliche Art und Weise – etwa, indem sie Ku chenteig mit der Bohrmaschi- >>>
«Ich möchte wissen, worüber meine Kinder lachen oder streiten» Patrik Abächerli, 46, wohnt mit seiner Familie in Schachen LU. Der leitende Koch will seinen Kindern Kristina, 11, und Annika, 9, Vorbild und Freund sein. Aufgezeichnet von Martina Bortolani
Ich bekomme noch jedes Mal Gänsehaut, wenn ich abends die spielenden Kinder in unserer Strasse sehe und Kristina und Annika auf mich zurennen, «Papi, Papi!» rufen und mich umarmen. Diese Momente entschädigen für alles, auch für Phasen, die streng und aufreibend sind. Was ist ein guter Vater? Keine leichte Frage. Noten gibt man ja immer leichter
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den anderen, als sich selbst. Ich versuche grundsätzlich im Leben, ein aufrichtiger Mensch zu sein, das gilt auch für mich in der Vaterrolle. Ehrliches Interesse am Leben der Kinder scheint mir da unabdingbar. Ich möchte wissen, worüber sie lachen, mit wem sie spielen, streiten oder welche Kleider sie mögen. Nicht immer verstehe ich zwar alles in diesem rosaroten Universum, aber die Mädels spüren, dass es mich interessiert. Obwohl ich Vollzeit arbeite, als Koch an einer heilpädagogischen Schule, fühle ich mich zu Hause als Team mit meiner Frau. Wir sind nicht 3 plus 1, sondern 4. Entscheidend ist da, dass Mütter die Väter auch aktiv in alle Prozesse miteinbeziehen – und Vertrauen haben, dass der Papi vieles auch recht macht. Die Eltern sind da wichtige Vorbilder für die Kinder. Im Unterschied zu meinem Vater bin ich weniger der Patriarch. Das war vor 40 Jahren anders. Da war der Mann das Oberhaupt der Familie, Punkt.
Bild: Fabian Unternährer / 13 Photo
>>> ners an ihre Partnerin übergeben? Wassilios Fthenakis, die graue Eminenz der deutschsprachigen Väterforschung, hält das für eine «wichtige Erfahrung» (siehe Interview Seite 20). Eine Untersuchung aus Kanada zeigt jedoch eine andere Seite: Die Forscher wollten wissen, wie moderne Väter in Filmen und TV-Serien dargestellt werden. Das Ergebnis: Der engagierte, aber voll berufstätige Vater wird eher als sympathischer Gewinner gezeichnet. Wer dagegen als Vater zu Hause bleibt, erscheint fast immer als unmännlicher Versager, der sein Leben nicht auf die Reihe bekommt – Vollzeitpapa scheint zumindest auf der anderen Seite des Atlantiks noch immer kein begehrtes Karriereziel zu sein.
Das hat sich in unserer Generation stark verändert. Meine Frau arbeitet auch ein reduziertes Pensum, und ich bin oft am Mittwochnachmittag und an den Wochenenden mit der Familie zusammen. Dann machen wir Puzzles oder gehen in den Wald und halten eine Wurst übers Feuer. Oder wir geniessen es auch nur, zusammen zu Hause zu sein. Jeder tut dann irgendetwas. Das ist ziemlich gemütlich und gibt den Kindern und mir Sicherheit und Ruhe. Selbst bin ich in einer Gastronomiefamilie aufgewachsen und habe meinen Vater oft bei der Arbeit beobachtet. In einem Wirtsbetrieb verlaufen die Übergänge zwischen Beiz und Familie fliessend. Das ist mit ein Grund, warum ich mir vorgenommen habe, Privates und Geschäftliches zu trennen, sollte ich mal Vater werden. Jetzt bin ich es, und die Entscheidung stimmt für mich.»
Dossier
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 25
Dossier
>>> ne rühren oder die Halloween-Masken ihrer Kinder im Hobbykeller zusammenschrauben, statt sie im Laden zu kaufen. Doch auch die reine Interpreta tion ihrer Rolle ist betont maskulin. Die Väter inszenieren sich zum Beispiel nicht als «Hausmänner», sondern als «Familienunternehmer» («dadpreneurs»), die mit durchdachten Plänen die Haushaltsausgaben senken. Andere Väter holen sich ihren Männerstolz aus der Tatsache, dass sie gemeinsam mit den Kindern Reparaturen am Haus selbst erledigen, ohne einen Handwerker rufen zu müssen. Das Selbstbild als «Do it yourself»-Papa («DIY dad»), so schliesst Ammari, ermöglicht es den Vätern, ein als «typisch weiblich» gesehenes Leben zu führen, ohne deshalb ihr maskulines Selbstbild aufgeben zu müssen. Anders gesagt: Gute Väter kümmern sich wie eine Mutter um ihre Kinder – aber sie wollen dabei unbedingt echte Kerle bleiben. Im England der Nachkriegszeit gab es eine Serie sehr erfolgreicher Radiosendungen. Sie widmete sich einer einfachen Frage: Wie wird man eine gute Mutter? Der Macher der Reihe, der Psychoanalytiker Donald Winnicott, hat Unermessliches geleistet für das Wohlbefinden von Familien auf der Insel. Seine zentrale These lautete: Keine Mutter muss perfekt sein. Damit ihr Kind glücklich aufwächst, reicht es, wenn sie «gut genug» ist. Die Väterforschung des Jahres 2017 erzählt eine ganz ähnliche Geschichte: Mag sein, dass der eine Papa ein toller Partner ist, dass der andere rauft, vorliest, tröstet, zu Hause bleibt und sich dabei seine Männlichkeit bewahrt. Doch so lange er all das von Herzen tut, auf seine eigene Art, wird er «gut genug» sein – und für sein Kind der beste Vater, den man sich nur wünschen kann.
Gute Väter kümmern sich wie eine Mutter um ihre Kinder, wollen dabei aber unbedingt echte Kerle bleiben. Jochen Metzger Während der Recherche zu diesem Dossier hat der Hamburger Journalist, Buchautor («Alle Macht den Kindern») und zweifache Vater immer wieder mit seiner 20-jährigen Tochter diskutiert. Ihr Kommentar: «Papa, wir haben ’ne ganze Menge richtig gemacht!»
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Bild: Johan Bävman
Dossier
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017
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Dossier
Essay
Vater sein – ein Fazit Unser Kolumnist beschäftigt sich mit der Frage, ob ihn Kinder zu einem besseren Menschen gemacht haben, und erschrickt beim Gedanken, was man in der Erziehung alles falsch machen kann. Verrückt macht er sich deshalb aber nicht. Text: Reto Hunziker
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dener auch. Ich sei nicht mehr derart auf der Suche nach Erfüllung im Beruf, weil meine Tochter mir einen Sinn im Leben gegeben habe. Verständnisvoller sei ich, sagt sie, und belastbarer, effizienter. Ich könnte besser multitasken und Prioritäten setzen. Damit muss ich ja fast zwangsläufig einverstanden sein. Tatsächlich fühle ich mich heute in Situationen gewappnet, die mich früher nervös gemacht hätten. An meinem Wesen, bin ich aber überzeugt, haben die Kinder nicht gerüttelt: Ich finde, ich war schon vorher ein sehr überlegter, verantwortungsvoller und geduldiger Mensch – bloss hat das damals niemand derart auf die Zerreissprobe gestellt. Nicht mal mein Lifestyle hat sich wahnsinnig verändert, ich bin seit je am liebsten zu Hause. Meine eigenen Eltern hingegen sehe ich mit anderen Augen, seit ich selbst Vater bin, unverklärter, entromantisierter. Auch sie mussten oft ahnungslos, überfordert und genervt gewesen sein; als Kind empfand ich sie jedoch stets als souverän und fast schon altehrwürdig. Irgendwie bezweifle ich, dass meine Kinder dasselbe von mir denken werden. Ich hoffe, sie nehmen mich als authentisch wahr, denn das ist mir das Wichtigste. Wer sich so gibt, wie er ist, hat schon vieles richtig gemacht – das ist das Konzentrat, das ich aus all den Erziehungsratgebern mitnehme. Was nützt eine gute Strategie, wenn man sie halbherzig vertritt? Ich lote ad hoc aus, was für mich stimmt, und höre
dabei auf Hirn, Herz und Bauchgefühl. Sagt Jesper Juul dasselbe – fein. Widerspricht er – soll er doch. Klar ist es erschreckend, wenn man bedenkt, was man alles falsch machen kann in der Erziehung und welche Folgen das für das ganze Leben haben kann. Aber mich deswegen verrückt machen? Nein danke. Ein Kind ist für mich weder Projekt noch Heilsbringer, und auch als Vater habe ich nicht aufgehört, a priori Mensch zu sein. Einiges hätte ich nicht so erwartet. Zum Beispiel, dass man so wütend auf sein eigen Fleisch und Blut werden kann. Erst recht auf fremdes. Zum lebenslangen Lernprozess gehört wohl, einzusehen, dass deine eigenen Kinder überhaupt gar nichts mit dir gemeinsam haben müssen. Ich sehe das Kinderhaben in vielerlei Hinsicht als Geisterbahn: Du weisst nicht, was kommt, aber es wird garantiert deinen Puls hochjagen. Es bleibt eine Mischung aus Anspannung und freudiger Erwartung, aus Angst und Glück. Irgendwann fährst du aus dem Tunnel, bist erleichtert und rufst: noch mal!
Reto Hunziker ist freier Journalist. Er lebt mit Frau, Tochter und Stiefsohn in Zürich. Seine Patchworkfamilie sei manchmal verflixt und zusammengenäht, «aber wenigstens ist mir seit Jahren nicht mehr langweilig».
Bild: Johan Bävman
Hilf- und ahnungslos. So fühlte ich mich, als ich in den Nebenraum durfte, um meine Tochter zu sehen, die die Ärzte kurz zuvor ihrer Mutter aus dem Bauch geschnitten hatten. Da stand ich nun, schaute zu, wie das kleine Wesen gewogen und eingewickelt wurde, und hatte keine Ahnung. Ich wusste nicht, wie ich sie anfassen sollte. Wusste nicht, wohin ich schauen, wusste nicht, was ich denken sollte. Heute ist sie zweieinhalb und ich bin nicht mehr ganz so überfordert. Und doch bringen die Kleine und ihr Halbbruder (12) mich immer wieder in Situationen, in denen ich rat- und fassungslos denke: «Echt jetzt?», oder: «Was nun?». Es war vielleicht das Entmutigendste, was mich der grosse Altersunterschied meiner Kinder gelehrt hat: Egal, wie alt sie sind, es wird immer schwierig sein, immer kompliziert, immer anstrengend. Die Probleme verlagern sich, das NichtDurchschlafen wird abgelöst vom NichtAufstehenwollen, das Trötzeln mit 2 vom Trötzeln mit 10. Kinder fordern uns heraus, ob sie wollen oder nicht. Sie zwingen uns, die Komfortzone zu verlassen, Fehler zu machen und dazuzulernen. Positiv formuliert: Sie halten uns geistig fit. Negativ formuliert: Sie verschlingen unsere Energie. Haben mich die Kinder zu einem besseren oder zumindest anderen Menschen gemacht, wie man es mir prophezeite? Meine Frau sagt ja. Sie findet, ich sei reifer geworden, gelassener, zufrie-
Dossier
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 29
« Einem Mann, dem es gut geht, fällt es leichter, ein guter Vater zu sein» Ein Gespräch mit dem Männerberater Martin Bachmann über engagierte Väter, Kindergeburtstage und wie dauermüde Paare ihre Beziehung in Schwung halten. Interview: Reto Hunziker
Herr Bachmann, was sind heute die Probleme des modernen Vaters?
Zuerst einmal: Den modernen Vater gibt es nicht. Nach wie vor existieren diverse Varianten des Mannseins und Vaterseins. Dennoch gibt es Herausforderungen, denen sich wohl die meisten Väter im Jahre 2017 stellen müssen. Die da wären?
Eine Herausforderung ist, mit den vielen Freiheiten umzugehen. Wir haben heute viel mehr Möglichkei ten als früher, unser Leben zu gestal ten. Das bedeutet aber auch, dass wir uns öfter entscheiden müssen. Das klassische Rollenmuster ist in die Jahre gekommen, es ist nicht mehr a priori klar, was die Aufgabe der Mutter ist und was die des Vaters. Ergo müssen wir uns fragen: Was für ein Vater will ich sein? Wie alltags relevant möchte ich für meine Kin der sein? Diese Freiheiten sind also Fluch und Segen zugleich?
Genau. Die weicheren Rollenbilder erlauben es, dass wir Väter die Bezie hung zu unserem Kind aktiver gestalten können. So gibt es zum Beispiel immer mehr Väter, die Kin dergeburtstage organisieren. Das ist
«Mein Vater hat mir nie die Windeln gewechselt. Heute kommst du damit wohl nicht mehr davon.» 30
toll, aber auch eine Herausforde rung, weil das aktive Vatersein viel Planung erfordert.
jetzt die beste Zeit, die Vorteile über wiegen klar.
Alles unter einen Hut zu bringen: Arbeit, Familie, Hobbys. Viele Män ner, die bewusste und vielseitige Väter sein möchten, wollen zu viel, machen zu viel. Sie vergessen in all ihren Verpflichtungen, für sich selbst zu schauen. Kurz, sie verfügen über eine starke Aussenorientierung, ihre Innenwahrnehmung ist allerdings eher schwach.
Wenn sich heute ein Paar für das traditionelle Modell entscheidet, dann bewusster und nicht, weil es sich so gehört oder es gar keine ande re Wahl hätte. Das ist gut so, und deswegen sind diese Männer nicht schlechte Papis. Es sind einfach andere Papis.
Sich selbst gerne zu haben und für sich selbst Sorge zu tragen. Wenn es mir als Mann gut geht, fällt es mir auch leichter, ein guter Vater zu sein.
Nein, das beobachte ich so nicht. Klar ist aber: Wer den unkonventio nellen Weg geht, hat weniger Vorbil der. Und manche bleiben darob orientierungslos.
Was sind weitere Herausforderungen?
Was raten Sie diesen Männern?
Plakativ gefragt: Ist es heute schwieriger, Vater zu sein, als früher?
Mein eigener Vater sagt: «Ihr habt es toll, so viele Möglichkeiten wie ihr habt. Aber ich stelle es mir auch ver dammt anstrengend vor.» Und damit trifft er es sehr genau. Mit den Optio nen steigt auch der Planungsbedarf. Meine Eltern mussten wenig darüber streiten, wer was macht, mussten kaum etwas verhandeln. Mein Vater hat mir nie die Windeln gewechselt. Heute kommst du damit wohl nicht mehr davon. Aber jede Zeit hat ihre Schwierigkeit. Aber früher gab es doch auch engagierte Väter.
Natürlich gab es Ausnahmen, Väter, die sich total für ihre Kinder einge setzt und aufgeopfert haben, und das gegen die Rollenerwartung. Der Unterschied: Heute sind diese Väter deutlich zahlreicher. Für Väter ist es
Dennoch entscheiden sich auch heute viele Männer für die Versorgerrolle.
Angesichts der Pluralität dieser Vätermodelle: Steckt der Mann in einer Identitätskrise?
Inwiefern ist das Kind für die Eltern als Paar eine Zerreissprobe?
Im Vergleich zu früher haben wir weniger Kinder, dadurch werden sie für uns umso wichtiger. Kinder zu haben, ist in unserer Biografie rele vanter geworden als noch vor 30 Jahren. Das hat auch Konsequenzen. Mit Kindern sind wir etwa stärker an unseren Partner gebunden. In unserer schnelllebigen, oft beliebi gen Welt gehen wir eine intensive lebensorganisatorische Verbindung ein. Auch wenn wir schon viel kon fliktkompetenter geworden sind – das birgt immer noch viel Kon fliktpotenzial. Und Frustrationspotenzial?
Auch, ja. Dem Klischee zufolge kriegt ein rechter Mann alles geba cken. Das war schon immer Unsinn, jetzt hat es sich aber noch zugespitzt:
Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Dossier
Der Mann kann auch noch in der Vaterrolle scheitern. Und wenn die Beziehung in die Brüche geht, leiden Väter genauso wie Mütter. Beide Sei ten haben sich jahrelang engagiert, sich emotional auf die Kinder einge lassen. Was können wir tun, damit es gar nicht erst so weit kommt?
Bei aller Hingabe in die Elternauf gabe, wir dürfen uns als Person und als Paar nicht vergessen. Wir sind nicht nur Eltern, sondern auch Indi viduen und Liebende. Wir brauchen Zeit für Gespräche, Erlebnisse, Zeit für Sex. Auch wenn es natürlich nicht mehr so häufig ist wie vorher. Warum ist das so wichtig?
Wenn es mit dem Sex nicht mehr funktioniert, entstehen schnell ande re Konflikte. Emotionalität und Genitalität brauchen Zeit und Raum. Wie stellt man das als dauermüdes Paar an?
Gute Frage, aber machen muss man es trotzdem. Meine Empfehlung: ein gemeinsamer Abend pro Woche, ein gemeinsames Weekend pro Monat und eine Woche Ferien pro Jahr. Stichwort Patchworkfamilie: Was ist für Väter anders?
In der Praxis sind Patchworkkon stellationen oft ein Thema. Sie machen ein Familienleben noch komplizierter, weil alle Beziehungen gepflegt sein wollen. Ein Patchwork vater muss sich nicht nur Gedanken um seine biologische, sondern auch um seine soziale Vaterschaft machen.
Was ist in Ihren Augen die wichtigste Aufgabe eines Vaters?
Präsent zu sein, sichtbar, erlebbar zu sein, sich einzubringen. Es ist für Kinder wunderbar, wenn sie live miterleben können, wie ihr Papa sich organisiert, wie er gute und schlech te Tage handelt. Wir machen unseren Kids ein grosses Geschenk, wenn wir alltagsrelevant greifbar sind, als Menschen, Männer. Väter sollen lieben, lebendig sein, aber nicht perfekt.
Wer kommt ins Mannebüro Zürich?
Männer, die Sachen tun oder im Tun begriffen sind, die sie gar nicht wol len. Die Ohnmacht fühlen, Stress und Überforderung. Zum Beispiel der Vater eines 17-jährigen Lehrab brechers, der sagt: «Er sitzt nur noch faul zu Hause und mault. Ich bin kurz davor, ihm eine reinzuhauen.»
Zur Person Martin Bachmann ist Männerberater und Sexologe im Mannebüro Züri. Seit 16 Jahren berät er unter anderem Väter, die an ihre Grenzen stossen. Bachmann ist selbst Vater dreier Töchter und arbeitet Teilzeit.
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Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 31
Kolumne
Können Männer von Frauen lernen, Väter zu sein? Nein, sagt Jesper Juul. Männer können das Vatersein nur von anderen Vätern lernen – vor allem aber im Umgang mit ihren Kindern.
Jesper Juul ist Familientherapeut und Autor zahlreicher internationaler Bestseller zum Thema Erziehung und Familien. 1948 in Dänemark geboren, fuhr er nach dem Abschluss der Schule zur See, war später Betonarbeiter, Tellerwäscher und Barkeeper. Nach der Lehrerausbildung arbeitete er als Heimerzieher und Sozialarbeiter und bildete sich in den Niederlanden und den USA bei Walter Kempler zum Familientherapeuten weiter. Seit 2012 leidet Juul an einer Entzündung der Rückenmarksflüssigkeit und sitzt im Rollstuhl. Jesper Juul hat einen erwachsenen Sohn aus erster Ehe und ist in zweiter Ehe geschieden.
Verbote lähmen. Gleichwürdige Dialoge dagegen aktivieren und entwickeln das Gehirn. 32
scheitern könnte. Ich bin sehr verzweifelt, denn ich liebe ja alle beide, aber was kann ich tun? Jesper Juul antwortet
Ich fürchte, ich muss Ihrem Mann Recht geben. Mit Ihrem Verhalten untergraben Sie seine Rolle als Vater. Sie können ihm dabei helfen, dass er als Elternteil wächst – aber sie können es auch verhindern. Aus meiner Erfahrung, die mittlerweile von der Forschung bestätigt wird, weiss ich: Väter können von den Müttern ihrer Kinder nicht lernen, Väter zu sein. Auch nicht von anderen Müttern. Sie können es nur von anderen Vätern und im Umgang mit ihren Kindern lernen. Beide Elternteile lernen vor allem von ihren Kindern. In einer Familie ist das Wohlbefinden aller der zentrale Punkt. Ihr Mann liegt absolut richtig, wenn er behauptet, dass er durch Ihre Kritik an Würde verliert. Vor allem in den Augen seines Sohnes. Es darf nicht passieren, dass Ihre Situation sich zu einem Machtkampf um die Fürsorge und das Wohlbefinden des Kindes entwickelt. Kindern mit Einfühlungsvermögen begegnen
Wenn wir uns mit Elternschaft beschäftigen, sollten wir auch die Frage danach einbeziehen, wie wir jemand anderen zu lieben gelernt haben. Wie steht es um unsere Bereitschaft und Fähigkeit als Erwachsene, uns selbst und den anderen so zu lieben, wie er ist? Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Illustration: Petra Dufkova/Die Illustratoren
E
ine Leserin schreibt: Ich bin verheiratet, mein Mann stammt aus Portugal. Wir haben einen gemeinsamen siebenjährigen Sohn. Unser Problem ist, dass ich der Meinung bin, dass mein Mann «altmodisch» denkt, wenn es um die Erziehung unseres Sohnes geht. Wir lesen gerade beide «Dein kompetentes Kind». Ich empfinde das Buch als Inspiration. Bei meinem Mann habe ich das Gefühl, dass er immer vergisst, was wir besprochen haben, und dann einfach so weitermacht wie bisher. Er wird immer sehr wütend, wenn ich ihn auf sein Verhalten in Konfliktsituationen mit unserem Sohn anspreche und ihn an die Vereinbarung erinnere, die wir aufgrund unserer Gespräche getroffen haben. Mein Mann sagt, dass er sich dadurch angegriffen fühlt und dass die Stimmung in unserer Familie darunter leidet. Er ist auch der Meinung, dass wir keine Konflikte haben dürfen, wenn unser Sohn uns zuhört. Aber ich sorge mich um unser Kind. Ich bin beunruhigt. Es bedrückt mich der Gedanke, dass unsere Ehe vielleicht sogar daran
Für Eltern ist es schwierig – aber nicht unmöglich –, ihren Kindern mit Einfühlungsvermögen und Interesse zu begegnen, selbst wenn sie dies als Kinder selbst nicht erlebt haben. Viele Erwachsene sind als Kinder in Familien gross geworden, in denen ihre Gefühle und Verhaltensweisen nicht anerkannt und ernst genommen wurden. Einige dieser Menschen sind sich der dadurch entstandenen Schmerzen durchaus bewusst und wollen mit ihren Kindern einen anderen Weg gehen. Andere haben die Schmerzen schlichtweg vergessen und unterdrücken ihre Gefühle. Es fällt ihnen schwer, Neues zuzulassen. Die Fähigkeit, zu lieben, verfeinern
Das heisst nicht, dass diese Menschen dazu verdammt sind, ein Leben lang an ihrem Verhalten festzuhalten. Es kann in der zweiten oder dritten Generation durchaus gelingen, die Fähigkeit, zu lieben, zu verfeinern. Wenn sich Eltern aber ständig gegenseitig im Elternsein kritisieren, werden bald existenzielle Fragen auftauchen: nämlich danach, welchen Wert sie als Menschen haben.
Kinder sollten lernen, über ihre eigenen Gedanken, Gefühle, Erlebnisse und Werte zu sprechen statt über die anderer Menschen.
Veränderungen entstehen in den Pausen
So entwickeln sich Streitigkeiten über das Kind oft zu emotionalen Unterhaltungen. Um den Kindern ein Vorbild zu sein, sollten die Gespräche deshalb mit Sanftmut und Sorgfalt geführt werden. Veränderungen werden nicht während der Diskussion stattfinden, sondern vielmehr in den Pausen zwischen den Gesprächen – oft auch unbewusst. Die beste Art, wie Sie Ihren Mann unterstützen können, ist, ihn und Ihren Sohn deren eigenen Weg gehen zu lassen. Ihr Mann wird sich weiterentwickeln, um der beste Vater zu sein – und Ihr Sohn wird lernen, mit ihm zurechtzukommen. Es ist sehr schwierig für ihn, mit Eltern zu leben, die sich mit ihrer Ehe plagen und vergebens versuchen, die jeweils andere Partei als
besser oder schlechter darzustellen. Sollte sein Vater seine Männlichkeit dem Familienfrieden opfern, so hat Ihr Sohn ein nutzloses Vorbild als Mensch, als Vater und Partner.
Die Kolumnen von Jesper Juul entstehen in Zusammenarbeit mit
Im nächsten Heft:
Bild: fotolia
Pflegekinder In der Schweiz leben rund 15 000 Pflegekinder. Wie erleben diese eine Fremdplatzierung? Und wie ist das für die Pflegefamilie, die unterstützt, sorgt und nährt, aber ohne Rechte ist? Mit dieser anspruchsvollen Aufgabe befasst sich unser Dossier im Juni.
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 33
Monatsinterview
« Seine Kinder in schulischen Dingen zu puschen, bringt nichts» Ob es ein Kind aufs Gymnasium schafft, hängt in den meisten Fällen noch immer von seiner Herkunft ab, sagt Urs Moser. Der Bildungsexperte über die Gerechtigkeit des Schweizer Bildungssystems, sinnvoll verbrachte Freizeit und die Frage, ob Eltern die Hausaufgaben ihrer Kinder begleiten sollten. Interview: Evelin Hartmann Bilder: Daniel Winkler / 13 Photo
Durch einen verwunschenen Garten führt der Weg zum Institut für Bildungsevaluation. An der Haustür kein Schild, im Treppenhaus kein Wegweiser. Urs Moser steht auf dem Treppenabsatz. Blaues Hemd, modische Brille. «Sie sind hier schon richtig», sagt er und lächelt. Er führt die Besucher in ein Sitzungszimmer. Das Gespräch kann beginnen. Herr Moser, wie erreichen wir Chancengleichheit in der Schule?
Wir können uns ihr nur annähern, sie jedoch nicht erreichen. Chancengleichheit bleibt eine Illusion. Eine Illusion?
Ja, die Chancen sind nie für alle gleich. Kinder haben nur Chancen auf einen Bildungsabschluss, wie die Matura, wenn sie die notwendigen Voraussetzungen mitbringen und sich dafür entscheiden. Ob Kinder Chancen nutzen, hängt erstens von ihren Anlagen und dem Bildungshintergrund der Eltern ab und zweitens von ihren Entscheidungen. 34
Aber Kinder und Jugendliche sollten doch gleiche Chancen haben, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft?
Das sollte so sein, wird aber nie so sein. Nicht alle Eltern haben die gleichen Möglichkeiten, in die Bildung ihrer Kinder zu investieren. Eltern mit wenig Wissen und wenig Zeit, mit geringen emotionalen und finanziellen Möglichkeiten können ihr Kind nicht gleich unterstützen wie gebildete und wohlhabende Eltern, die alles daransetzen, dass ihr Kind erfolgreich durch die Schule kommt. Es kommt demnach immer auf den Bildungshintergrund der Eltern an.
Von Bedeutung können auch finanzielle Mittel sein, die für zusätzliche Förderung eingesetzt werden, oder die Kenntnisse der Möglichkeiten innerhalb unseres Bildungssystems. Aber solche Ungleichheiten müssen doch abgebaut werden!
Daran wird ja auch gearbeitet. Der Abbau von sozialen Ungleichheiten ist allerdings nicht ganz so einfach. Chancengleichheit setzt Bil- >>>
Monatsinterview
>>> dung voraus, weshalb zunehmend in die Frühförderung investiert wird – und zwar bereits vor dem Kindergarten. Nur lässt sich dies nicht so einfach umsetzen. Der Staat kann ja nicht ab Geburt für benachteiligte Kinder zum Beispiel Sprachkurse verordnen; er kann sie höchstens anbieten. Die Eltern haben das Recht, ihre Kinder innerhalb eines gesetzlichen Rahmens so zu erziehen, wie sie es für richtig halten. ... und sie nicht in den Sprachkurs zu geben.
Chancen sind immer an Personen gebunden. Diese entscheiden letztlich, ob sie eine Chance ergreifen oder nicht. Tun sie es nicht, heisst das noch lange nicht, dass das Bildungssystem ungerecht ist oder nichts gegen den Abbau von sozialen Ungleichheiten unternommen wird. Deshalb halte ich Chancengleichheit auch nicht für einen besonders treffend gewählten Begriff. Ich spreche lieber von Chancengerechtigkeit. Was wäre denn gerecht?
Ein Bildungssystem, das sich darum bemüht, soziale Ungleichheiten durch spezifische Angebote für Kinder aus sozial benachteiligten Familien zu reduzieren, und somit Chancen ermöglicht, herkunftsbedingte Defizite zu kompensieren. Und, welche Note geben Sie dem Schweizer Bildungssystem in Sachen Chancengerechtigkeit?
Keine schlechte. Die Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Schulstufen ist in den vergangenen Jahren deutlich besser geworden. Wer beispielsweise im Kanton Zürich eine Matura machen will, hat zahlreiche Möglichkeiten, dies zu tun. Man kann nach der sechsten Klasse ins Langzeitgymnasium übertreten, nach der achten oder neunten ins Kurzzeitgymi, eine berufliche Grundbildung mit Berufsmatura machen oder die Maturität nach der Berufsausbildung nachholen. Mit den kognitiven Voraussetzungen und der notwendigen Motivation schafft man das. 36
Was Kindern aus weniger bildungsna hen Familien entgegenkommen dürfte.
Absolut – wer in seiner Entwicklung weiter ist, sich mehr Wissen angeeignet hat und sich über die berufliche Zukunft im Klaren ist, kann Dinge anders bewerten und Entscheidungen bewusster fällen als in den Primarschuljahren.
«Akademiker erwarten, dass ihre Kinder ebenfalls ans Gymnasium gehen.» Nun müssen beispielsweise im Kanton Zürich Primarschüler eine Prüfung absolvieren, um ans Langzeitgymna sium zu kommen. In Luzern nicht, da zählt der Notendurchschnitt. Wie gerecht ist das?
Damit sprechen Sie eine zweite Ursache von sozialen Ungleichheiten an. Schaut man sich die Schnittstellen im Bildungssystem an, beispielsweise den Übergang von der Primarschule zum Gymnasium, lassen sich Schwächen nachweisen. Da geht es nicht nur fair zu und her. Ich könnte mir vorstellen, dass es in Luzern grundsätzlich leichter ist, ans Gymnasium zu kommen. Sollten Familien nicht besser dorthinziehen?
Sie als bildungsnahe Person könnten sicher Einfluss auf die Lehrperson nehmen, damit ihr Kind den Notendurchschnitt für das Gymnasium erreicht. In Kantonen ohne Aufnahmeprüfung ist der Druck auf die Lehrperson dem nach höher?
Natürlich. Aber es ist auch in Luzern nicht so, dass die Eltern einfach entscheiden, auf welche Schule ihr Kind kommt. Es gibt Beurteilungsgespräche über Noten, Leistungen und Verhalten, und am Schluss wird gemeinsam ein Entscheid gefällt.
Wenn Eltern bei der Wahl des passenden Schulangebots für ihre Kinder beteiligt sind, kann die Herkunft allerdings eine Rolle spielen. Eltern von Akademikerfamilien erwarten, dass ihre Kinder ebenfalls ans Gymnasium gehen. Unter diesem Gesichtspunkt scheint das Modell mit einer Aufnahmeprü fung gerechter.
Das könnte man so sehen. Es kommt zu einem unabhängigen Entscheid, mit dem die Eltern nicht direkt etwas zu tun haben. Indirekt sind sie jedoch auch am Prüfungsentscheid beteiligt, indem finanzstarke Familien ihren Kindern für stattliche Summen private Prüfungsvorbereitungen ermöglichen. Viele Bildungsexperten plädieren dafür, die Hausaufgaben abzuschaf
Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
fen, da sie Ungerechtigkeiten im Bildungssystem noch verschärfen. So ihre These.
Da bin ich anderer Meinung. Es würde nur dazu führen, dass sich Kinder aus bildungsfernen Familien nach der Schule gar nicht mehr mit schulischen Dingen beschäftigen, während bildungsnahe Eltern sich trotzdem mit ihren Kindern hinsetzen, das Gelernte überprüfen und ihnen eigene Aufgaben geben würden. Mit Hausaufgaben wird ja letztlich auch das Ziel verfolgt, bestimmte Fertigkeiten zu üben und die Kinder zum selbständigen Arbeiten hinzuführen. Zudem bieten Hausaufgaben eine Möglichkeit, Eltern und Kinder dazu zu bringen, miteinander über Schule und Unterricht zu sprechen. Meines Erachtens wird kaum mehr
Gerechtigkeit erreicht, indem man Angebote abbaut, nur weil sie nicht von allen Kindern gleich genutzt werden können.
«Manche Eltern können nicht dafür sorgen, dass ihre Kinder die Freizeit sinnvoll nutzen.» Was schlagen Sie vor?
Man könnte das Problem mit Hausaufgabenbetreuung nach dem Unterricht lösen oder gleich Tagesschulen einführen.
Was könnten Tagesschulen leisten?
Beim Ziel «Abbau von sozialen Un gleichheiten» geht es immer um eine sinnvolle Nutzung der Zeit. Manche Eltern können nicht dafür sorgen, dass ihre Kinder die Freizeit sinnvoll nutzen. Das kann eine Tagesschule leisten. Damit meine ich nicht, zwischen 16 und 18 Uhr unter Aufsicht büffeln. Sinnvoll Zeit verbringen bedeutet vor allem sich bewegen oder frei spielen, Sport treiben, musizieren, basteln, programmieren – einfach etwas, das Freude bereitet und in einem guten Rahmen stattfindet. Für Kinder, die nachmittags nicht betreut werden, weil die Eltern arbeiten, wäre das ein Riesenvorteil.
Urs Moser ist Mitglied der nationalen Projektleitung für Pisa-Studien.
Die Chancen sind aber auch zwischen städtischen und ländlichen Gebieten ungleich verteilt. >>>
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 37
Monatsinterview
>>> Definitiv! Die Chance, ein Gymnasium zu besuchen, hängt nicht nur von den Fähigkeiten und vom Elternhaus ab, sondern vor allem vom Wohnort. In Basel-Stadt ist die statistische Chance für den Besuch eines Gymnasiums doppelt so gross wie im Kanton St. Gallen. Warum das?
Der Kanton Basel-Stadt hat sich stärker auf die Nachfrage nach der gymnasialen Ausbildung ausgerichtet. Zum einen entspricht dies einem Bedürfnis der Schülerinnen und Schüler beziehungsweise ihrer Eltern, zum andern kann es aber auch als Reaktion auf den Fachkräftemangel interpretiert werden. Es gibt mehr gymnasiale Ausbildungsplätze als in anderen Kantonen. Weil es in Basel nicht mehr intelligente Schülerinnen und Schüler gibt als im Kanton St. Gallen, sind die Hürden für einen Platz im Gymnasium in Basel mit grosser Wahrscheinlichkeit niedriger als in St. Gallen. Aus der Perspektive der Bildungsgerechtigkeit betrachtet, wäre es wünschenswert, dass die Anforderungen für bestimmte Ausbildungen in jedem Kanton gleich sind. In einer unserer letzten Ausgaben berichteten wir über ChagALL, ein Förderprogramm für begabte Migranten (Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi, Februar 2017), die durch zusätzlichen Unterricht fit für das Kurzzeitgymnasium gemacht werden sollen. Ihre Eltern können ihnen diese Unterstützung nicht bieten. Helfen solche Programme?
Sehr sogar, weil das Programm einem Bedürfnis entspricht und die Jugendlichen ein Ziel vor Augen haben: den Übertritt in die Mittelschule. Dabei treffen zwei wesentliche Erfolgsfaktoren aufeinander: Die Schüler sind hochmotiviert, und die Betreuung im Programm ist ausreichend und effektiv. Beide Faktoren sind notwendige Bedingungen für den Erfolg eines Förderprogramms. Wie sehr sollten sich Eltern dafür einsetzen, dass ihre Kinder ihre Chancen
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ergreifen? Sollte ich beispielsweise als Mutter täglich die Hausaufgaben meines Kindes begleiten?
Es kommt darauf an, wie Sie das machen. Sich als Lehrperson auszugeben und dem Kind ständig zu erklären, wie es geht und was es zu tun hat, ist sicher nicht zielführend. Aber dass man ab und zu nachfragt: «Sag mal, hast du die Hausaufgaben erledigt?», oder: «Hast du dir auch schon einmal Gedanken gemacht, was du später tun möchtest?», ist sicher nicht falsch. Ich finde es wichtig, dass man die Kinder begleitet und ein ganz normales Interesse an schulischen Angelegenheiten und später an den beruflichen Interessen zeigt. Allerdings immer mit Mass und unterstützend.
«Wenn meine Töchter eine Lehrperson toll finden, möchte ich immer wissen, weshalb.» Nehmen sich Eltern, gerade wenn sie viel arbeiten, heute zu wenig Zeit für so etwas?
Das kann ich nicht beurteilen. Kinder brauchen keine langen Ge spräche über Hausaufgaben, aber emotionale Zuwendung und Unterstützung. Wie haben Sie es mit Ihren beiden, heute fast erwachsenen Töchtern gehalten?
Ich habe immer mit meinen Kindern über ihre Hausaufgaben gesprochen, weil mich das von Berufes wegen interessierte. Und ich habe mit ihnen auch über ihre schulischen und beruflichen Ziele gesprochen. In einer frühen Phase musste ich sie hin und wieder darauf hinweisen, dass sie etwas tun müssen, wenn sie ihre Ziele erreichen wollen. Aber so etwas lässt sich in einem ganz normalen
Alltagsgespräch klären. Je älter sie wurden, desto selbstständiger wurden sie. Davon träumen viele Eltern.
Ich sage nicht, dass es in allen Fällen so reibungslos laufen muss. Ich habe diesbezüglich mit meinen Kindern Glück gehabt. Aber ich habe auch von Anfang an ein gewisses Interesse an ihrer Schullaufbahn gezeigt, ohne sie mit ständigem Nachfragen oder Kontrollieren zu nerven. Wir unterhalten uns auch heute noch gerne über die Schule und die berufliche Zukunft. Und worüber genau?
Ein grosses Thema ist, ob der Unterricht interessant ist und ob die Lehrpersonen gerecht sind. Wenn sie eine Lehrperson besonders toll finden, möchte ich immer wissen, weshalb. Und selbstverständlich sprechen wir darüber, was nach der Schule alles möglich ist. Können Eltern ihre Kinder auch zu sehr puschen?
Natürlich – und es mag auch diese unglücklichen Kinder an den Gymnasien geben, die überfordert und fehl am Platz sind; aber es sind wohl kaum so viele, wie man aufgrund dieser Diskussionen immer wieder hört. Puschen bringt nichts, Unterstützung und angemessene Erwartungen hingegen schon. Wenn man auf die Kinder eingeht, merkt man meist, wo ihre Interessen liegen und wie man sie unterstützen kann. Und wenn ein Kind etwas anderes anstrebt als eine höhere Schullaufbahn, dann sollte man dem nachgeben?
Unbedingt. Ein Kind, das weder die kognitiven Voraussetzungen noch die Motivation mitbringt, kann man nicht durchs Gymnasium peitschen. Dafür sind die Anforderungen der Gymnasien in der Schweiz zu hoch. Und wenn das Kind zu einem späteren Zeitpunkt die Matura nachholen und studieren möchte, bestehen in der Schweiz genügend Chancen. <<<
Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Zur Person Urs Moser ist Titularprofessor für Pädagogik an der Universität Zürich und seit 1999 Geschäftsleiter des Instituts für Bildungsevaluation der Universität Zürich sowie Mitglied der nationalen Projektleitung für PisaStudien. Er ist Vater zweier Töchter und lebt mit seiner Familie in Zürich.
Evelin Hartmann, stellvertretende Chefredaktorin vom Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi, im Gespräch mit dem Bildungsexperten Urs Moser.
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Psychologie & Gesellschaft
Mit links durch den rechtshändigen Alltag Linkshändige Menschen müssen sich in einer rechtshändig dominierten Welt zurechtfinden. Das ist möglich, doch vor allem für Kinder nicht ganz einfach. Da sind Tücken, die es zu meistern gilt. Text: Susan Edthofer
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inkshändigkeit ist heute kein Makel mehr. Und doch hält der Alltag für Linkshänderinnen und Linkshänder nach wie vor einige Stolpersteine bereit. Geschrieben und gemessen wird von links nach rechts, Scheren, Messer, Gemüseschäler, Saucenlöffel oder Dosenöffner sind meist für Rechtshänder gemacht. Längst ist erwiesen, dass die Händigkeit angeboren ist. Noch vor fünfzig Jahren wurden Kinder umerzogen. Die Folgen: mangelnde Konzentration, Gedächtnis- und Wortfindungsstörungen. Was es bedeutet, wenn man nicht die bevorzugte Hand verwenden darf, merken rechtshändige Menschen erst, wenn sie die rechte Hand verletzt haben und alles mit links machen sollten.
«Die Händigkeit der Kinder sollte nicht beeinflusst werden.» Susan Edthofer ist Redaktorin im Bereich Kommunikation von Pro Juventute.
Falls sich nicht deutlich herauskristallisiert, ob ein Kind rechts- oder linkshändig ist, kann ein Händigkeitstest durchgeführt werden, um zu klären, mit welcher Hand das Kind schreiben und zeichnen soll. «Linkshändige» Tiere
Auch Tiere haben eine Ausprägung als Rechts- oder Linkspfoter. Offenbar geben die Fressspuren Aufschluss darüber, ob das Eichhörnchen den Tannzapfen in der rechten oder linken Pfote gehalten hat. In der Vogelwelt liegt die Anzahl der sogenannten Linksfüssler mit über 90 Prozent sogar noch höher als bei den rechtshändigen Menschen.
Wertung und Vorurteile
Überbleibsel der negativen Wertung gegenüber Linkshändigkeit finden sich noch heute in unserem Sprachgebrauch: Wer schlechte Laune hat, ist mit dem linken Bein aufgestanden. Wer in eine unangenehme Situation geraten ist, den hat es auf dem linken Fuss erwischt, und wer sich ungeschickt anstellt, besitzt zwei linke Hände. Ganz vorurteilslos scheint man linkshändigen Menschen auch heute noch nicht zu begegnen. Nach wie vor geistert der Mythos umher, dass Rechtshänder grundsätzlich analytisch denken und Linkshänder eher kreativ und emotional seien. Die Tücken des täglichen Lebens
Im Umgang mit Kindern ist es wichtig, keinen Einfluss zu nehmen. Solange nicht klar ist, ob ein Kind rechtsoder linkshändig ist, sollten Gegenstände so hingelegt werden, dass es wählen kann, mit welcher Hand es zugreifen möchte. Dass in Kindergärten und Schulen Scheren, Bleistiftspitzer und Füllfedern für Linkshändige vorhanden sind, sollte mittlerweile eine Selbstverständlichkeit sein. Im Hinblick auf das Schreibenlernen sollte die Händigkeit bis zum Schulalter festgelegt sein. 40
Was Eltern tun können – vier Tipps • Steht die Händigkeit Ihres Kindes noch nicht fest, sollten Sie Stifte oder Besteck so hinlegen, dass es selbst entscheiden kann, mit welcher Hand es die Dinge greifen möchte. • Besorgen Sie eine Linkshänderschere und Küchengeräte, die sich für beide Hände eignen. • Schuhe bzw. Schleife binden sollten seitenverkehrt gezeigt werden. • Der Arbeitsplatz Ihres Kindes soll linkshänderfreundlich eingerichtet sein: Der Lichteinfall kommt von rechts, das Blatt ist etwas schräg nach rechts gedreht. Bei einer korrekten Schreibhaltung zeigt das Ende des Stiftes zur linken Schulter.
Pro Juventute Elternberatung Bei Pro Juventute Elternberatung können Eltern und Bezugspersonen von Kindern und Jugendlichen jederzeit telefonisch (058 261 61 61) oder online (www.projuventute-elternberatung.ch) Fragen zum Familienalltag, zu Erziehung und Schule stellen. Ausser den normalen Telefongebühren fallen keine Kosten an. In den Elternbriefen und Extrabriefen finden Eltern Informationen für den Erziehungsalltag. Infos auf: www.projuventute.ch
Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Elterncoaching
Kinder unter Druck Fast täglich hören wir Berichte über Druck, Stress und Burnout – und immer öfter scheinen bereits Kinder darunter zu leiden. Warum ist das so? Und was hilft gegen zu viel Druck?
Fabian Grolimund ist Psychologe und Autor («Mit Kindern lernen»). In der Rubrik «Elterncoaching» beantwortet er Fragen aus dem Familienalltag. Der 37-Jährige ist verheiratet und Vater eines Sohnes, 4, und einer Tochter, 1. Er lebt mit seiner Familie in Freiburg. www.mit-kindern-lernen.ch www.biber-blog.com
Bei einigen Menschen ist die Angst, etwas zu verpassen, so gross, dass sie sich auf nichts mehr einlassen können. 42
Was zugenommen hat, ist ein Gefühl des ständigen, diffusen Bedrohtseins, das wir nicht recht einordnen können. Herausgreifen möchte ich nur zwei Aspekte, die zeigen: Es sind manchmal genau die Dinge, die wir am meisten schätzen, die uns unter Druck setzen. Freiheit
Noch nie in der Geschichte der Menschheit hatten wir so viel Freiheit und Wahlmöglichkeiten. Wir könnten und dürfen fast alles mit unserem Leben anfangen. Welchen Beruf möchten wir ergreifen? Die Auswahl ist so gross geworden, dass selbst die Berufsberater den Überblick verlieren. Wollen wir heiraten? Eltern werden? Wie organisieren wir uns als Paar? Wer arbeitet wie viel? Wer übernimmt welche Aufgaben? Kinderkrippe oder nicht? Welchen Platz wollen wir Religion oder Spiritualität in unserem Leben geben? Wo wollen wir wohnen? Wenn wir diese Fragen lesen, merken wir gleich: Freiheit bedeutet Stress! Denn wir müssen uns entscheiden. Die Angst, die falsche Option zu wählen, wächst mit den verfügbaren Möglichkeiten. Oft fühlen wir uns blockiert, weil wir nicht in der Lage sind, eine Entscheidung zu treffen. Bei einigen Menschen ist die Angst, etwas zu verpassen, so gross, dass sie sich auf nichts mehr einlassen können. Sie sind immer latent auf der Suche. Sie sind zufrieden mit ihrem Job, aber halten Ausschau nach etwas Besserem. Sie beschrei-
Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Illustration: Petra Dufkova / Die Illustratoren
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is heute fällt es mir schwer, nachzuvollziehen, warum Stress und Burnout die grossen Themen unserer Zeit zu sein scheinen. Hatten unsere Vorfahren nicht mit Problemen ganz anderen Kalibers zu kämpfen? Wenn unsere Grosseltern von früher erzählen, dann tauchen Themen auf wie Armut oder die Anforderung, sechs Kinder durchzubringen. Es wird vom Krieg erzählt und von Krankheiten, gegen die wir uns heute impfen können, die früher aber zum Tode führten. Auch unsere Eltern hatten es oft nicht leicht. Mein Vater erzählt von der Zeit im Internat mit Geistlichen, die beim kleinsten Vergehen zum Rohrstock griffen. Von Strafen, Härte und Gefühlskälte. Wie schön scheinen es im Vergleich dazu wir und unsere Kinder zu haben. Wir müssen nicht um unser Leben bangen. Unsere Kinder werden in der Schule nicht geschlagen, wenn sie die Hausaufgaben vergessen. Die realen Bedrohungen von früher haben für die meisten von uns hier in der Schweiz abgenommen.
ben die Beziehung als gut, fragen sich aber ständig, ob es nicht noch jemand gäbe, der oder die besser passen würde. Früher war für viele Kinder der Weg vorgezeichnet – sie sind in die Fussstapfen der Eltern getreten. Sie haben den Hof, den Betrieb, das Handwerk übernommen. Heute haben wir als Eltern nicht die leiseste Ahnung, was aus unseren Kindern einmal werden wird. Vielleicht werden sie einen Beruf ergreifen, der heute nicht einmal existiert. Wie also sollen wir sie auf die Zukunft vorbereiten? Dieser Unsicherheit begegnen wir mit der Losung: Ich muss meinem Kind alle Wege offenhalten. Zu gross ist die Angst, dass das Kind sonst in einer Sackgasse landet und uns später Vorwürfe machen wird. Möglichst viel Bildung, ein möglichst hoher Abschluss scheint das Ticket zu sein, das wir unseren Kindern mit auf den Weg geben wollen. Daneben sollen die Kinder ein möglichst breites Repertoire an Fähigkeiten und Interessen aufbauen. Nach einem Vortrag fragte mich eine Mutter: «Meine Tochter ist in der ersten Klasse und möchte nach der Schule einfach nur spielen, in den Garten gehen, sich um die Tiere kümmern und ihre Freundinnen treffen. Ich habe mich so erschrocken, als ich gehört habe, was die anderen Kinder in ihrer Klasse alles machen. Die anderen Eltern meinten, es sei doch wichtig, dass ein Kind ein Instrument lernt und Sport macht. Ich habe Angst, dass ich meine Tochter zu wenig fördere.» Potenzialentfaltung
Neben Freiheiten und Wahlmöglichkeiten steht auch die Entfaltung unseres Potenzials hoch im Kurs. Kinder sollen ihre Stärken entdecken, individuell gefördert werden. Wir hören immer wieder, dass unsere Kinder viel mehr könnten, wenn sie nur die richtige Lernumgebung erhielten – bis hin zur Aus-
sage, dass angeblich 98 Prozent der Kinder hochbegabt seien. Berichte von Menschen mit Downsyndrom, die es an die Uni geschafft haben, sollen uns zeigen: Alles wäre möglich mit den richtigen pädagogischen Ansätzen. Sehnsüchtig suchen wir auf der ganzen Welt nach Musterbeispielen. Nach Finnlands Pisa-Sieg im Jahr 2000 tingelten ganze Expertenscharen dorthin und berichteten von einer besseren Welt. Experten, Eltern und Lehrer waren und sind sich einig: Dort gelingt es. Andere Länder wie Deutschland und die Schweiz haben dagegen «Nachholbedarf». Solche Berichte haben etwas Bewegendes. Sie berühren und beflügeln uns. Manchmal sind sie ein Trost in schwierigen Zeiten. Sie geben uns das Gefühl: In meinem Kind könnte noch ganz vieles stecken – wir müssen es nur finden und zur Entfaltung bringen. Misstöne werden dabei gerne zur Seite ge wischt. Wie beispielsweise die Schülerbefragung im Rahmen einer gross angelegten Studie der Unicef aus dem Jahr 2007, die zeigte: In keinem anderen Land geben weniger Schülerinnen und Schüler an, gerne zur Schule zu gehen, als in Finnland. Ständiges Suchen nach besseren Lösungen, Hinterfragen des Bestehenden und Optimieren setzt Schulen und Familien unter Druck. Der Glaube, dass jedes Kind im Grunde hochbegabt ist und in ihm ein Genie schlummert, das geweckt werden will, bedeutet im Umkehrschluss: Wenn ein Kind nichts Aussergewöhnliches wird, haben wir versagt. Wir haben es versäumt, die ungeahnten Kräfte und Talente in ihm zum Vorschein zu bringen. Es scheint gar keine Option zu sein, sich mit weniger als dem Maximum zufrieden zu geben. Auf dem Weg zum Bahnhof mit zwei Teilnehmerinnen einer Weiterbildung erzählte eine Lehrerin, dass ihr Sohn nun endlich eine Lehrstelle in sei-
Zumindest im einen oder anderen Bereich weniger zu wollen, ist vielleicht gar kein schlechtes Mittel gegen Druck. nem Traumberuf gefunden habe. Darauf sagte die andere Teilnehmerin: «Ja – und heute mit dem dualen Bildungssystem kann er dann ja immer noch die Berufsmatura machen und sich weiterqualifizieren.» Ich nickte und sagte in ge wohnter Manier: «Ja, da haben wir in der Schweiz wirklich Glück.» Die Mutter sah uns genervt an und erwiderte: «Er macht jetzt einfach diese Lehre! Ihm gefällt’s. Das reicht. Jedes Mal, wenn ich davon erzähle, kommen mir die Leute gleich mit ‹Er kann ja dann immer noch…›.» Wer am Wochenende und in den Ferien lieber zu Hause bleibt, als seinen Horizont zu erweitern, wer seinen Job gut und gern genug macht, anstatt sich permanent nach dem nächsten Karrieresprungbrett um zusehen, wer dankbar ist, dass die Kinder gesund und zufrieden sind, ohne etwas Aussergewöhnliches zu sein, wer zugibt, dass man als Paar ein gutes Team ist, aber nicht jeden Tag von Leidenschaft gepackt wird, wirkt auf andere rasch etwas armselig. Und dennoch: Zumindest in manchen Bereichen weniger zu wollen und sich und seinen Kindern zu erlauben, durchschnittlich, gewöhnlich, langweilig oder einfach «gut genug» zu sein, ist vielleicht gar kein schlechtes Mittel gegen zu viel Druck.
In der nächsten Ausgabe: Belohnungen – gut gemeint ist nicht immer gut
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 43
Schule & Erziehung
« Eltern und Lehrpersonen wollen das Beste für das Kind» In Standortgesprächen zwischen Lehrpersonen und Eltern treffen oftmals verschiedene Perspektiven aufeinander. Sich gut darauf vorzubereiten, lohnt sich. Denn gelungene Gespräche können zur Förderung der kindlichen Entwicklung beitragen. Text: Ruth Fritschi
F «Gelungene Elterngespräche fördern den Lernprozess des Kindes.» Ruth Fritschi, ist Präsidentin der LCH- Stufenkommission 4bis8 und Kindergartenlehrperson. Sie schreibt regelmässig für unser Magazin.
ür sämtliche Lehrpersonen gehören Elterngespräche zum Berufsauftrag. Sie finden auf allen Stufen vom Kindergarten bis zur Berufslehre oder zum Gymnasium statt. In vielen Kantonen werden sie als Schulische Standortgespräche bezeichnet und verfolgen das Ziel und den Zweck, den Entwicklungs- und den Leistungsstand des Kindes anhand von Bezugsnormen einzuschätzen. Diese Beurteilung ist für Eltern, Kind und Lehrperson von hoher Bedeutung und wird von Seiten der Eltern und Kinder oft mit Spannung erwartet. Für uns Lehrpersonen sind Elterngespräche ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit. Gelungene Elterngespräche begünstigen und fördern den weiteren Lernprozess des Kindes. Meine Erfahrungen im Schulalltag zeigen, dass die meisten Lehrpersonen viel Zeit und Energie in eine transparente Beurteilung und in die Gesprächsvorbereitungen ste-
Die meisten Lehrpersonen besuchen eine Weiterbildung im Bereich Gesprächsführung und Umgang mit Problemsituationen. 44
cken. Auch nach einigen Jahren Be rufserfahrung wird immer wieder untereinander ausgetauscht, welche Faktoren zum guten Gelingen eines Elterngesprächs beitragen. Wertschätzende Beziehung
Die meisten von uns besuchen im Verlauf ihrer beruflichen Tätigkeit Weiterbildungen zu Gesprächsführung und Umgang mit Problemsitua tionen. Wenn ich an die Gespräche in unserem Teamzimmer denke, stelle ich fest, dass die meisten meiner Kolleginnen und Kollegen die entscheidenden Faktoren kennen: Es wird versucht, eine wertschätzende und gleichberechtigte Beziehung zu den Beteiligten aufzubauen, die Strukturierung des Gesprächs wird transparent gemacht, und wenn immer möglich wird eine konstruktive und kooperative Lösung des Problems angestrebt. Viele Lehrpersonen verwenden ein persönliches Gesprächsraster und kommen mit diesem erfolgreich zum Ziel. Und trotzdem passiert es mir und wahrscheinlich auch meinen Kolleginnen und Kollegen, dass wir in unangenehme Problemsituationen geraten. Zum Beispiel stellt ein Vater die Autorität der Lehrerin gleich zu Gesprächsbeginn in Frage. Mit drohendem Getöse versucht er die junge Lehrerin einzuschüchtern und unterstellt ihr, dass sie die Klasse
Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
nicht im Griff habe. Der Macht aspekt steht vorerst so sehr im Vor dergrund, dass an den Aufbau einer wertschätzenden und gleichberech tigten Beziehungsebene gar nicht mehr zu denken ist. Diese Situation verlangt von der Lehrerin geschick te kommunikative Verhaltenswei sen, um das Gespräch auf inhaltliche Einschätzungen und auf eine kons truktive und kooperative Lösung zu lenken. Der Umgang mit negativen Emo tionen kann als häufig erlebte Pro blemsituation beschrieben werden. Wenn die Beobachtungen und Ein schätzungen von uns Lehrpersonen nicht mit den Beschreibungen von zu Hause übereinstimmen, kann es sein, dass im Verlauf des Gesprächs Wut oder Frustration aufkommen, die eine kooperative Beziehung zwi schen den Beteiligten erschweren. Als erfahrene Lehrperson weiss ich, dass ich mich in solchen Situationen empathisch verhalten soll. Das bedeutet, dass ich die Standpunkte der Eltern nachvollziehen und nach fühlen können soll. Gleichzeitig sollte ich Distanz bewahren, um nicht emotional, sondern rational zu reagieren. Ich versuche, mich nicht aus der Fassung bringen zu lassen, immer
betont sachlich zu bleiben und irgendwie zu vermitteln, dass es um die optimale Förderung des Kindes geht. Doch gerade weil es um die optimale Förderung des Kindes geht, war und ist es auch schon mal sinnvoll, emotional zu reagieren, damit die Eltern sehen, dass auch ich nur ein Mensch bin und meine Sache leidenschaftlich vertrete. Diskretion ist Ehrensache
Ebenso bedarf es einigen Finger spitzengefühls, wenn Eltern intime Konflikte oder familiäre Probleme im Gespräch darlegen, die mich als Lehrperson tief in die Familie hin einblicken lassen. Mit dem Wissen, dass die Ursachen für schulische Probleme oft in der familiären Situa tion zu suchen sind, ist es wichtig, dass die Beteiligten bei der Lehrper son auf Diskretion und Verständnis stossen. In diesem Fall verlangt die Situation viel Sensibilität und der Umgang mit dem Gehörten profes sionelle Integrität. Wenn diese fami liären Informationen zu einer kon struktiven und kooperativen Lösung des Problems beitragen, sind sie soweit adäquat und hilfreich. Die geschilderten Situationen machen deutlich, dass es entschei dend ist, ob der Kontakt mit den
Es ist entscheidend, ob der Kontakt mit den Eltern von gegenseitiger Unterstützung und Kooperation geprägt ist – oder ob Abwehr da ist. Eltern von gegenseitiger Unterstüt zung und Kooperation geprägt ist oder ob Forderungen auf der einen und abwehrende Haltung auf der anderen Seite vorhanden sind. Meine Berufserfahrung zeigt, dass es sich lohnt, einen eigenen Gesprächsleitfaden zu haben und zu festigen. Er beinhaltet die Herstel lung eines positiven Kontakts, die Klärung eines vorliegenden Pro blems und die Eruierung von Lö sungsmöglichkeiten. Auch wenn die Situationen immer wieder unter schiedlich sind und die Fragen unterschiedlich beantwortet werden müssen, gibt mir mein eigener Leit faden Orientierung und Sicherheit. Und Eltern, die sich zur Vorbe reitung des Elterngesprächs auch ihre Aspekte überlegen, sind in den meisten Fällen kooperative Ge sprächspartner.
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Avadis Geldtipp Nr. 3
Auf die Kosten achten Die Kosten eines Fonds können die Rendite deutlich schmälern. Deshalb ist es wichtig, bei der Wahl eines Anlageprodukts alle Kosten und Gebühren zu berücksichtigen.
Viele Anleger wählen einen Fonds, weil er sich in der Vergangenheit gut entwickelt hat. In weniger guten Börsenzeiten schauen sie sich dann die Konditionen ihres Fonds genauer an und stellen mit Schrecken fest, dass ihnen hohe Gebühren belastet werden. Zu den eigentlichen Fondskosten kommen vielleicht noch Depot- und Transaktionsgebühren hinzu. So können sich die Gesamtkosten für einen aktiven Fonds rasch auf
über 2% summieren. Kosten, die zuerst an den Märkten «verdient» werden müssen.
ist es, bei einem Kostenvergleich alle Gebühren zu berücksichtigen.
TER enthält nicht alle Kosten Beim langfristigen Anlegen wirken sich schon kleine Kostenunterschiede sehr stark aus. Für den Anlageerfolg ist deshalb mitentscheidend, auf günstige Produkte zu setzen. Die Kosten eines Fonds werden in der Regel als «Total Expense Ratio» (TER) angegeben. «Total Expense» heisst jedoch nicht zwingend, dass sämtliche Kosten abgedeckt sind. So verrechnen manche Anbieter zusätzlich bis zu 2% des Anlagebetrags als Ausgabekommission. Entsprechend wichtig
Das Angebot von Avadis umfasst sieben Anlagefonds, die alle eine TER von unter 0,60% aufweisen. Avadis verlangt keine Depotgebühren und keine Ausgabe- und Rücknahmekommissionen. Weitere Informationen finden Sie unter www.avadis.ch/anlegen.
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Erziehung & Schule
Zuhören, singen, reimen Für den Schreiberwerb ist eine Erkenntnis zentral: Unser Schriftsystem ist eine Laut-Buchstaben-Schrift. Das heisst, dass gesprochene Laute in Schriftzeichen übertragen werden. Sprachspiele unterstützen Kinder bei der Entwicklung dieses Bewusstseins. Text: Johanna Oeschger
«Ich sehe was, was du nicht siehst … » Als Variante des beliebten Zugfahr-/ Autofahrspiels wird anstatt die Farbe der Anfangsbuchstabe des gesuchten Dings genannt («… und das fängt mit S an»). Silbenstufen Am Fuss einer Treppe denken sich die Kinder ein Wort aus, sprechen das Wort und gehen für jede Silbe eine Stufe hoch. Wer kommt am schnellsten die Treppe rauf? Liederkoffer Mit passenden Stichworten und Zeichnungen werden Lieder auf Zetteln dargestellt und in einer Schachtel gesammelt. Nun wird abwechslungsweise ein Zettel gezogen, der Liedtitel erraten – und gesungen!
Wörter, die beim Vorlesen «versehentlich» verwechselt wurden (« … hatten grossen Wurst») oder suchen auf der Buchseite ein Wort, das öfter im Text vorkommt («Wo steht … ?»).
Johanna Oeschger Bild: iStockphoto
Ein Kind, das noch nicht schreiben kann, richtet seine Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Bedeutung der Wörter; den Klang oder die formalen Merkmale nimmt es noch nicht bewusst wahr. Erst nach und nach entdeckt das Kind, dass es die gesprochene Sprache in Wörter, Silben und Buchstaben zerlegen und diese als Bausteine für das eigene Schreiben nutzen kann. Dieser Lernprozess beginnt bereits lange vor dem ersten Schreiben, wenn Reime und Lieder das Interesse an der Struktur der Sprache wecken oder wenn beim Vorlesen die Aufmerksamkeit auf die Laut-Schrift-Beziehung gelenkt wird.
ist Literatur- und Sprachwissenschaftlerin, unterrichtet Deutsch und Englisch auf der Sekundarstufe II und arbeitet als Mediendidaktikerin bei LerNetz.
Liederraten Aus welchen Liedern kommen diese Verse?
1. D Chöpfli heis i ds Wasser, d Schwänzli heis i d Höh 2. S müesst eine sii, wo rede cha – dä seit i mir denn alles nah 3. Blib doch au dr ganz Tag da, das i cha veruse ga 4. Chasch du rite? Chasch uf beidi Site? 5. Alli tüe si grunze, alli tüe si schmatze, und enand am Rügge chratze
Finde zu jedem Vers das passende Bild und schreibe den fett gedruckten Buchstaben zum Bild. Von links nach rechts gelesen ergeben die Buchstaben ein Lösungswort. Schicke das Lösungswort bis zum 31. Mai 2017 an fritzundfraenzi@lernetz.ch und gewinne mit etwas Glück eine CD mit vielen tollen Liedern! Tipp: Im Online-Artikel auf fritzundfraenzi.ch gibt’s die gesungene Version!
(Vor)Lesen So werden aus Zuhörern allmählich Selbstleser: Die Zuhörer korrigieren
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Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Stiftung Elternsein
«Generationensprung!» Ellen Ringier über die Nähe der Grosseltern zu ihren Enkeln.
Bild: Maurice Haas / 13 Photo
Dr. Ellen Ringier präsidiert die Stiftung Elternsein. Sie ist Mutter zweier Töchter.
Es wird schon an die zehn Jahre her sein, als meine beiden Töchter meine damals um die 80 Jahre alte Mutter besuchten, manchmal einzeln, manchmal zusammen. Eines Tages überraschten mich die beiden Teenager mit der Bemerkung, meine Mutter – ihre Grossmutter – hätte lange vor ihrer Hochzeit mit meinem Vater, also vor ihrem 25. Altersjahr, eine intime Beziehung mit einem jungen Mann gehabt. In New York, Ende der 40er-Jahre. Und sie hätte diesen jungen Mann sehr geliebt, sich aber nicht getraut, mit ihren Eltern – meinen Grosseltern – darüber zu reden und, und, und. «Was», habe ich mir gedacht, «erzählt meine Mutter denn da?» Meinen Schwestern oder mir hätte sie das niemals erzählt! Obschon meine Mutter eine für damalige Verhältnisse ausgesprochen aufgeschlossene Frau und Sexualität bei uns zu Hause kein Tabuthema war. Ganz besonders nicht, wenn es um Verhütung ging! Liefen wir einander bei Gelegenheit nackt über den Weg, schien uns das normal. Prüde waren wir alle ganz gewiss nicht. Aber achtsam. Man könnte auch sagen, respektvoll gegenüber der Intimität des anderen. Aber die Intimsphäre haben weder meine Eltern uns Kindern gegenüber noch wir Kinder gegenüber unseren Eltern je angesprochen. Es wäre mir im Traum nicht eingefallen, meine Mutter zu fragen, ob Papi ein guter Liebhaber gewesen wäre! Und hätte meine Mutter eine diesbezügliche Andeutung gemacht, hätte ich sie nicht hören wollen. Demgegenüber waren Sex-Themen zwischen mir und meinen besten Freundinnen durchaus ein beliebter Gesprächsstoff. Ich denke heute, dass es zwischen Eltern und Kindern eine wohl genetisch angelegte Schranke gibt, die man als eine natürliche Scham bezeichnen könnte. Mein Mann und ich würden unsere Töchter auch heute niemals fragen, wie ihre Partner denn so im Bett seien … Nicht, dass es mich nicht interessieren würde, aber das Mutter-Kind- genauso wie das Vater-Kind-
Verhältnis verbietet diese und ähnliche Fragen einfach. Und dies, obschon wir im Gegensatz zu meiner Jugendzeit in einer Welt leben, die sich nun wirklich nicht durch Tabus auszeichnet. Die Medien thematisieren nicht nur Intimes, Sexuelles öffentlich in Wort und Bild. Wer will, kann sich heutzutage nicht nur im Internet an jeder nur denkbaren sexuellen Perversion erfreuen. Und nun kommt also meine Mutter daher und erzählt meinen Töchtern von ihren ersten Liebeserfahrungen! Wie komme ich darauf, Ihnen das zu erzählen? Dieser Tage – wir sind mit einer Tochter und ihrem kleinen Sohn zusammen in den Ferien – beobachte ich, wie innig das Verhältnis unseres kleinen Enkels zu seinem Opa ist. Der zweijährige kleine Mann macht jede Faxe, ja jede Körperbewegung nach. Verschränkt mein Mann bei Tisch seine Arme, tut es der Kleine auch. Die beiden kommunizieren mit einer Leichtigkeit miteinander, als ob unser Enkel schon fliessend sprechen könnte. Mein Mann scheint den gutturalen Redeschwall bestens zu verstehen … Ich kann mich nicht erinnern, dass wir dem Brabbeln unserer eigenen Kinder je eine solche Aufmerksamkeit geschenkt hätten. Bei unseren Enkeln ist das ganz anders. Meine Tochter meint, Grosseltern hätten zu den Enkeln in einem gewissen Sinn eine viel grössere Nähe als zu den eigenen Kindern. Es gäbe, was dieses Thema angeht, immer eine Art Generationensprung. Wirklich? Werden mein Mann und ich unseren Enkelkindern eines Tages auch unsere Liebesgeschichten aus den 70erJahren erzählen?
STIFTUNG ELTERNSEIN «Eltern werden ist nicht schwer, Eltern sein dagegen sehr.» Frei nach Wilhelm Busch Oft fühlen sich Eltern alleingelassen in ihren Unsicherheiten, Fragen, Sorgen. Hier setzt die Stiftung Elternsein an. Sie richtet sich an Eltern von schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen. Sie fördert den Dialog zwischen Eltern, Kindern, Lehrern und die Vernetzung der elternund erziehungsrelevanten Organisationen in der deutschsprachigen Schweiz. Die Stiftung Elternsein gibt das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi heraus. www.elternsein.ch
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 47
Kolumne
Kein Sommerhaus, später
Mikael Krogerus ist Autor und Journalist. Der Finne ist Vater einer Tochter und eines Sohnes, lebt in Biel und schreibt regelmässig für das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi und andere Schweizer Medien.
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fRilingue organisiert Sprachcamps (F, E, D) im Frühling, Sommer und Herbst in der Schweiz und weltweit. Unterricht in 6er-Gruppen, Vollpension, Ausflüge, Spass und Action inklusive! CAMP 1: ArtCamp in Plasselb / 11–17 Jahre, 23. 7. – 5. 8. 2017, 2 Wochen ab Fr. 1250.– Sprachferien in den Bergen mit genialen Kunstworkshops. Wir werfen Theorie und Praxis in einen grossen Topf und malen dann ein buntes Bild daraus. Französisch oder Englisch mal ganz anders ERLEBEN! CAMP 2: Theater&Video-Camp in St. Imier / 13–17 Jahre, 16. 7. – 5. 8. 2017,
Bild: ZVG
2 Wochen ab Fr. 1250.–
Kreative Explosion der Fantasie im Berner Jura. Unser brandheisses SommerSprachcamp – Französisch und Englisch aktiv anwenden in spannenden Theater- und Videoprojekten u. a. mit Künstlern aus Paris. (Es wird pro Camp jeweils 1 Woche an 1 Person verlost)
Mehr Infos: www.frilingue.ch Wettbewerbsteilnahme auf www.fritzundfraenzi.ch/verlosung Teilnahmeschluss: 12. Juni 2017. Teilnahme per SMS: Stichwort FF CAMP1, FF CAMP2 an 959 senden (30 Rp./SMS)
Illustration: Petra Dufkova / Die Illustratoren
V
or vielen Jahren las ich eine Geschichte über den tragischen Umstand, «kein Sommerhaus zu besitzen». Ich verstand beim besten Willen nicht, was der Autor oder die Autorin zu so einem Text bewogen hatte. Ich war jung. Ich hatte keine Ahnung. Heute, 15 Jahre und zwei Kinder später, weiss ich, was gemeint war. Denn auch ich habe kein Sommerhaus. Das Sommerhaus, das ich nicht besitze, liegt nicht in meinem Heimatland Finnland. Vom windschiefen, fast hundert Jahre alten Haus führt kein steiler Weg hinunter zum See. Und unten angekommen, versteckt hinter einer kleinen Klippe, findet man nicht die alte Sauna, die mein Vater damals im Sommer 1984 nicht renovierte und in der es nicht so wunderbar nach Teerholz riecht. In der dunklen Hitze sass ich nie als Kind auf dem Boden und lauschte meinem Onkel, wie er jedes Mal den gleichen Witz machte, wenn die Hitzewelle
vom ersten Aufguss mein Gesicht traf wie eine glühende Peitsche: «Das hier, Kinder, ist besser als Sex.» Die Sauna hat auch keine Veranda mit kleiner Holzbank, auf der ich heute so gern nach dem Abkühlen sitze, die Füsse aufs Geländer gestützt, ein Bier in der Hand und den Blick aufs andere Seeufer gerichtet. Ich habe hier nicht jeden Sommer mit meinen Cousinen hinter dem Haus Himbeeren gepflückt (einmal zwei Liter in eineinhalb Stunden!), wir waren nie den ganzen Tag schwimmen und lagen nie auf den Felsen an der Sonne, um uns zu wärmen. Und nie sind wir mit dem alten Kahn rüber zur unbewohnten Insel gerudert, um dort Eierschwämmli zu sammeln und später dabei zuzuschauen, wie unsere Mutter sie mit Butter in der Pfanne briet. Abends sassen wir Kinder nie vor dem knisternden Kaminfeuer, das wir – das war eine eiserne Regel! – immer nur mit einem Streichholz und ohne Papier entfachen durften. Und nie weckte mich mein Vater in der Nacht des ersten Mittwochs im August, wenn die Krebssaison beginnt, um im Dunkeln, nur mit Taschenlampen bewaffnet, am Ufer die urtümlichen Tierchen zu jagen. Das Haus hat vieles nicht erlebt. Nicht den grossen Sturm von 1967 und nicht den Eiswinter von 1981, als unser Nachbar in seinem Haus erfror. Es hat auch nicht die Verbreiterung
der Strasse, den Streit mit den neuen Nachbarn und auch nicht das Ausheben der grossen Kiesgrube erlebt. Und jetzt, da ich eigene Kinder habe, komme ich nicht jeden Sommer mit meiner Familie hierher. Ich werde meinen Kindern also nie vermitteln können, was ich selber nie erlebt habe: Ich werde ihnen nie zeigen, wie man einen frisch gefangenen Fisch ausnimmt, nicht, wie man sich im Wald ohne Kompass orientiert, und auch nicht, wo der Felsen liegt, auf dem ich damals in jener Julinacht nicht die Freundin meiner Cousine küsste. Jetzt beginnt bald ein neuer Sommer. Und ich freue mich schon, mein nicht-existierendes Sommerhaus aus seinem Winterschlaf zu wecken. Vor neun Monaten hatte ich die Läden nicht verschlossen, das Ruderboot nicht an Land gezogen und den Schlüssel nicht unter die Treppe gelegt, und von genau dort werde ich ihn bald wieder nicht hervorfischen, um einen neuen Sommer zu begrüssen. Ach, wenn doch jeder so ein Sommerhaus hätte, wie ich es nicht habe.
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Digital & Medial
G N I B B O M R E B Y C
Wenn Jugendliche im Internet hassen
Beschimpft, ausgeschlossen, ausgelacht: Mobbing ist für jedes Kind, für jeden Jugendlichen ein Trauma – besonders wenn es online und in den sozialen Netzwerken stattfindet. Dort entfaltet Mobbing eine neue Dimension: Psychoterror, der Kinder in den Suizid treiben kann. Prävention und ein frühes Eingreifen sind entscheidend. Text: Irena Ristic
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Cybermobbing hat nur ein Ziel: Das Opfer soll leiden – bis zur psychischen Zerstörung.
Cybermobbing gehört zu den am meisten diskutierten Themen in den Medien. Weil es keine allgemeingültige Definition von Cybermobbing gibt, variieren die Angaben über die Zahl der Betroffenen stark. Die aktuellsten Zahlen liefert die JAMES-Studie von 2016, die sich seit vielen Jahren mit dem Medienumgang von Schweizer Jugendlichen beschäftigt. «Ist es schon vorgekommen, dass über dich Falsches oder Beleidigendes im Internet verbreitet wurde?», wollten die Macher der Schweizer Studie im letz- >>>
Bild:iStockphoto
D
er Satz im WhatsApp-Gruppenchat tut beim Lesen weh: «Ach leg dich einfach untern Zug, hilfst uns allen damit», schreibt Luca seinem Mitschüler Marius. «Da würde er sich selber und der Welt einen Gefallen tun», doppelt Luca nach. «Von der Brücke springen wär auch ok. Aber dafür hat der auch nicht die Eier». Der Grund für diese Hetze ist banal. Offenbar hat sich Marius zu oft im Unterricht gemeldet. Der Satz hat nur ein Ziel: Marius fertigzu machen.«Wie beim Mobbing im Klassenzimmer oder auf dem Schulhof besteht das Ziel der Cybermobber darin, ihr Opfer über einen längeren Zeitraum hinweg zu zerstören», sagt Cybermobbing-Expertin Catarina Katzer. Sie ist eine der führenden Forscherinnen auf dem Gebiet der Cyberpsychologie.
Auszug eines realen Chatverlaufs Luca Marius wieder voll am schleimen…was der heute wieder in englisch gebracht hat.. Sandro wie er der Berger in Arsch kriecht – macht mich so aggro der Pisser Luca word! Ich füg den Spast mal hinzu LOL Marius wurde von Noah zum Chat hinzugefügt Darf man sich jetzt im Unterricht nicht mehr melden oder was??? Luca ach komm leg dich einfach untern zug hilfst uns allen damit Sandro da würd er sich selber und der Welt n gefallen tun Luca Von der brücke springen wär auch ok…aber dafür hat der auch nicht die Eier… Sandro man könnt ihm ein bisschen nachhelfen ^^ hey Marius meld dich wenn du n schubs brauchst Leo RIP man – ich tröst dann die schwest Luca haha kannst vergessen alter die is auch froh wenn der weg is… LOL Laughing Out Loud (zum todlachen) RIP Rest in Peace (Ruhe in Frieden)
Digital & Medial
>>> ten Jahr von Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren wissen. Und: «Ist es schon vorgekommen, dass Dich jemand im Internet fertigmachen wollte?» Laut Gregor Waller, Projektleiter der JAMES-Studie, haben 24 Prozent eine der beiden Fragen mit Ja beantwortet. Das be deutet: Jeder vierte Jugendliche in der Schweiz wurde schon Opfer von Cybermobbing.
Ob online oder offline – Täter suchen Anerkennung. Aber auch Spass und Langeweile sind Motive.
Macht spielt eine grosse Rolle
Wie beim «klassischen» Mobbing sind mehrere Personen oder Gruppen am Cybermobbing beteiligt, die sich aus den Tätern, dem Opfer und den Bystandern (den Zuschauern, Duldern) zusammensetzen. Die Auslöser für den gruppendynamischen Prozess Mobbing sind vielfältig: «Aus einer harmlosen, online geposteten Neckerei kann sich eine Hassposting-Lawine entwickeln, die gar nicht im Sinne des Absenders war», sagt Medienwissenschaftler Martin Hermida. Die Motivation der Mobber ist jedoch oft dieselbe: «Ob online oder offline – Täter wollen Anerkennung», sagt Catarina Katzer. Auch Spass und Langeweile seien häufige Motive für Cybermobbing. Cybermobbing hört im Gegensatz zum klassischen Mobbing nie auf
Mobbing und Cybermobbing laufen meist parallel. Trotzdem unterscheidet sich Cybermobbing in vier Punkten vom klassischen Mobbing: • D er Anonymitätsgrad bei Cy bermobbing ist sehr hoch. Das Opfer sieht den oder die Täter nicht – was sein Ohnmachtsgefühl verstärkt. • Das Publikum kann von überall zusehen. • C ybermobbing verschwindet nicht. Videos, Fotos, Hasspostings können nie ganz gelöscht werden. • Cybermobbing-Opfer haben keinen Schutzraum. Jugendliche sind heute fast rund um die Uhr online. Die Täter kommen über das 52
Smartphone und den PC bis ins Kinderzimmer. Dass viele Jugendliche ihren Selbstwert an ihr Image in sozialen Netzwerken koppeln, erhöht den Psychoterror, der von Cybermobbing ausgeht. Mobbing zerstört das soziale Leben eines Jugendlichen Stück für Stück: Was mit Selbstzweifeln und Schlaflosigkeit beginnt, kann sich schnell zur Isolation und Depres sion entwicklen. Bei manchen Jugendlichen ist die Verzweiflung so gross, dass sie nicht mehr leben wollen. Der Suizid der 15-jährigen Kanadierin Amanda Todd ist ein tragischer Fall von vielen. Das Mädchen nahm sich das Leben, nachdem es wegen eines im Netz verbreiteten Nacktfotos über Monate hinweg online gemobbt worden war. Mädchen machen sich angreifbarer
Gerade das Sexting, der Austausch von erotischen Bildern, gibt Cybermobbern eine gefährliche Waffe in die Hand. Eine Tatsache, >>> Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Original-SMS zum Thema Cybermobbing aus der Pro Juventute Beratung und Hilfe 147 Hallo. Ich ha ä Kollegin, wo emä Typ es Föteli in Unterwösch gschickt hett, wo sie sehr gärn gha und ihm vertrout hett, är hett sie nach somene Föteli gfrogt. Är hetts denn in ä Gruppechat gschtellt, und die heis an fascht alli vo dr Schuel witer gschickt. Sie hett jetz Angscht, dass alli lache und sie Schlampe nennä. Ich mach mir grossi Sorge um sie. Was cha sie no mache?
147-Beraterin
Cybermobbing-Glossar Sexting, Grooming oder Happy Slapping – Gefahren, die Eltern kennen sollten. • Cyberstalking Auch Online-Stalking, also die Belästigung und/ oder Verfolgung durch eine Person, etwa durch den Expartner. • Sexting/Revenge Porn (Racheporno) Austausch von erotischen Bildern oder Sexvideos in einer Beziehung – oft auch als Liebesbeweis eingefordert. Nach der Trennung werden sie aus Rache oder Wut online verbreitet. • Outing Werden Geheimnisse einer Person böswillig online veröffentlicht, ist man «geoutet». • Happy Slapping (fröhliches Schlagen) Gewalttätige Übergriffe, von Ohrfeigen bis hin zu schwerer (sexueller) Nötigung, werden auf Video aufgezeichnet. Der Clip wird ins Internet gestellt mit dem Ziel, das Opfer erneut zu demütigen. • Cybergrooming (Anbahnen, Vorbereiten) Gezieltes Ansprechen Minderjähriger über das Internet mit dem Ziel, sexuelle Kontakte anzubahnen. Dabei werden Kinder und Jugendliche belästigt und zum Versenden von Nacktaufnahmen oder Treffen aufgefordert.
Hallo. Verständlich, dass du dir Sorgen um deine Kollegin machst. Was dieser Typ gemacht hat, ist Cybermobbing und ist nicht in Ordnung. Ehrverletzende Fotos herumzuschicken, ist strafbar, und deine Kollegin könnte ihn anzeigen. Dafür braucht die Polizei allerdings Beweise wie Bilder oder Kommentare. Deshalb solltet ihr zuerst alles speichern, was ihr bekommen habt. Dann kann deine Kollegin Kontakt mit dem Typ aufnehmen und ihm sagen, dass sie ihn anzeigt, wenn er nicht sofort das Bild von ihr löscht und alle, denen er das Bild geschickt hat, dazu auffordert, es auch zu löschen. Welche erwachsene Person könnte sie ausserdem unterstützen? Nachdem viele von eurer Schule beteiligt sind, wären die Schulsozialarbeiterin und euer Lehrer wichtige Personen. Unabhängig von deiner Freundin sollte die Schule zeigen, dass Mobbing und Cybermobbing fies sind und in eurer Schule gar nicht gehen. Kann sie hingehen oder magst du für sie dorthin gehen? Und nicht zuletzt ist es gut, wenn deine Kollegin jetzt so viel wie möglich mit Menschen zusammen ist, die sie gern haben und sie schätzen. Kolleginnen wie du. – Hilft das? Sonst kannst du gerne nochmal schreiben. Dein 147.
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 53
>>> deren sich viele Teenager nicht bewusst sind, wenn sie auf «Send» drücken. «Viele Mädchen, die zu unseren Workshops kommen, sind ganz verstört, wenn sie erfahren, dass es den Jungs nicht, wie behauptet, um einen Liebesbeweis geht», sagt Katzer. Davor sind auch Jungs nicht gefeit: «Ein aufgelöster Junge rief an. Er hatte sich dazu hinreissen lassen, sich vor der Webcam auszuziehen», sagt Friederike Adrian, Beraterin bei der Kinder- und Jugendanlaufstelle 147 von Pro Juventute. «Er hatte mit einem Mädchen geflirtet, das ihn zu diesem Spiel animiert hatte, und nun befürchtete er, dass Bilder oder ein Video gemacht wurden.» Auch sonst exponieren sich Cybermobbing-Opfer online oft zu sehr. Welche Ausmasse dies annehmen kann, zeigt das Youtube-Phänomen «Pretty or Ugly» (dt. «hübsch oder hässlich»). Dabei erzählen junge Mädchen von Mobbing und Hänseleien wegen ihres Aussehens, um dann mit einem scheuen Lächeln und unsicherer Stimme in die Kamera zu fragen: «Bin ich hübsch oder wirklich hässlich?» Sie möchten «ehrlich gemeinte» Bewertungen von Wildfremden aus dem World Wide Web in der Hoffnung, ihre von Unsicherheiten geplagte junge Seele aufzupäppeln. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, wie destruktiv «ehrlich gemeinte» On line-Kommentare für das verletzliche Selbstbewusstsein dieser Mädchen sein können. Mobbing mit strafrechtlichen Mitteln bekämpfen
Über eine Tatsache müssen sich alle Online-Hetzer allerdings im Klaren sein: Angriffe, Beschimpfungen und Bedrohungen in der virtuellen Welt sind keine Kavaliersdelikte und können strafrechtlich verfolgt werden. In der Schweiz beginnt die Strafmündigkeit mit zehn Jahren im Vergleich zu anderen europäischen Ländern schon sehr früh. 54
Wer sich im Netz besonders offen zeigt, macht sich auch angreifbar.
Zwar existiert hier, anders als in Österreich, kein Gesetzesartikel zu Cybermobbing, «trotzdem kann Cybermobbing in Tatbestände wie zum Beispiel Nötigung, Drohung, Ehrverletzung, Beschimpfung oder üble Nachrede aufgeschlüsselt werden», sagt Martin Niederer, stellvertretender Leiter des Jugenddienstes der Stadtpolizei Zürich. Auch die Eltern der Täter sind oft ahnungslos
Hören die Angriffe nicht auf, ist eine Anzeige oft das letzte Mittel: Bevor es aber so weit kommt, versuchen die Ermittler, Jugendlichen aufzuzeigen, was ihr Online-Verhalten alles nach sich ziehen kann. Dabei gehen die Polizisten in Schulkassen oder laden einzelne Jugendliche zu einem Gespräch auf den Polizeiposten vor. «Die meisten wissen durchaus, dass das, was sie da tun, ‹irgendwie nicht ganz okay ist›», erklärt Martin Niederer. Opfern von Cybermobbing rät er, auf gar keinen Fall Beweise zu löschen (siehe Tipps, Seite 57) und sich an ihre Eltern oder an eine andere Vertrauensperson zu wenden. Nicht nur die Eltern von Cybermobbing-Opfern fallen aus allen Wolken, wenn sie davon erfahren – auch die der Täter. Was können Mütter und Väter tun, wenn ihr Kind andere im Internet mobbt? «Sie müssen herausfinden, was hinter den Cyberattacken steckt, ob Probleme, Ängste, auch Gruppendruck oder eigene >>>
Tipps für Eltern zur Prävention Bringen Sie Ihrem Kind bei … • … keine persönlichen Kontaktdaten im Internet preiszugeben sowie Fotos und Videos nur sehr zurückhaltend zu veröffentlichen. Passwörter sollten nicht geteilt werden: Oft sind es gerade ehemalige beste Freunde, die später zu Mobbern werden. Auch persönliche Angelegenheiten oder Differenzen zwischen Freundinnen und Freunden sollten lieber offline und unter vier Augen besprochen werden. • ... dass Sexting das Risiko von Cybermobbing erhöht. Ein als Liebesbeweis geschicktes Nacktfoto kann nach einer Trennung aus Rache für Mobbingzwecke eingesetzt werden.
Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Digital & Medial
Ich erzähle
«Sie war gekränkt, dass ich mit ihrem Ex zusammenkam» Die 19-jährige Chiara aus Lausanne* erzählt von der schlimmsten Zeit ihres Lebens: Vor zwei Jahren wurde sie von ihrer damals besten Freundin online gemobbt – aus Eifersucht. Aufgezeichnet von Irena Ristic «Der Start an der neuen Schule war gar nicht so schlimm, wie befürchtet. Meine Familie war erst vor Kurzem nach Lausanne gezogen, wo mein Vater einen neuen Job antrat. Die neuen Schulkollegen nahmen mich total nett auf. Denise* wurde ziemlich schnell meine neue beste Freundin, sie war so cool und lustig. Ihr Vater kommt aus Zürich. Schweizerdeutsch wurde schnell unsere kleine Geheimsprache, die uns noch enger zusammenschweisste. Alles lief super. Der grosse Knall passierte, als ich mit ihrem Exfreund zusammenkam. Er trainierte im gleichen Basketballklub wie ich. Heute denke ich, dass es ein Fehler war, ihr nicht gleich davon zu erzählen. Aber ich fand es ja selbst ein bisschen komisch, dass er vorher mit Denise zusammen war. Auch wenn es schon über ein Jahr her war. Ich behielt also alles erst mal für mich. Doch jemand hatte uns offenbar gesehen und erzählte es Denise. Sie stellte mich sofort zur Rede – es endete in einem Megastreit. Ab dann herrschte Funkstille. Irgendwie dachte ich ja: Ich bin schuld Auch die Stimmung in der Klasse veränderte sich. Die Mitschüler ignorierten mich plötzlich. Egal, was ich fragte, keine Antwort. Dafür lachten und tuschelten sie, wenn sie mich sahen. Zuerst dachte ich, das geht vorbei. Meine Mutter bemerkte, dass ich mich zurückzog, und sprach mich darauf an. Doch ich schwieg. Irgendwie war ich ja, so dachte ich, auch schuld an der Situation. Mein Freund hielt zum Glück zu mir. Durch ein Mädchen aus der Parallelklasse erfuhr ich, was seit einigen Wochen hinter meinem Rücken ablief: Denise hatte eine WhatsApp-
Gruppe gegründet, zusammen mit anderen Schülerinnen aus der Klasse. Sie hiess «Fick-Schlampe Chiara». Sie setzte das Gerücht in die Welt, ich hätte gewusst, dass sie noch in ihren Ex verliebt gewesen sei, und ihn ihr darum absichtlich weggeschnappt hätte. «Fotze» und «Nutte» gehörten noch zu den harmloseren Dingen, die sie über mich schrieben. Meine «Freundin» behauptete zudem, ich hätte auch mit anderen Jungs aus dem Basketballklub Sex gehabt – auch «von hinten». «Als Pornobilder auftauchten, brach ich zusammen» Als auf Facebook Pornobilder auftauchten mit Sexszenen, auf denen ein Frauenkörper zu sehen war, auf den mein Kopf montiert war, brach ich zusammen. Ich konnte nicht mehr aufhören, zu weinen. Das war alles so ekelhaft. Meine Gefühle und Gedanken waren ein Riesenchaos. Ich war wütend und verzweifelt. Und langsam begann ich selbst zu denken, dass ich eine «Schlampe» sei. Meine Eltern reagierten geschockt, als ich ihnen endlich berichtete, was los war. Sie schalteten sofort die Schulleitung ein. Es kam zu einer Klassenaussprache im Beisein einer Schulpsychologin. Danach wurde es ein bisschen ruhiger, die Online-Hetze hörte zum Glück auf. Doch ich blieb die Aussenseiterin. Es wurde erst besser, als ich ein paar Wochen später auf eine Privatschule wechseln konnte. Das alles ist jetzt über zwei Jahre her. Mit Denise habe ich nie mehr gesprochen. Das einzige Gute aus dieser Zeit: Mein Freund und ich sind immer noch zusammen.»
* Namen und Orte wurden von der Redaktion abgeändert
«Und plötzlich gab es Sexbilder von mir im Netz. Mein Kopf auf einem anderen Frauenkörper. Das war zu viel.» Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 55
Liebes 147. Ich werde es mit meiner BT nie mehr gut haben. Sie mobbt mich im Internet und ich mag selber nicht mehr ich wünsche mir vil das ich sterben kann weil es zimmlich schmerzt was sie dort veröffentlicht Ich habe ihr immer vertraut und heute ist sie so zu mir jaa es muss ein Ende haben und sie sagt auch viel ich soll mich selber umbringen was fileicht gahr keine schlechte Idee ist.
147-Beraterin Hallo. Gut, dass du dich meldest. Dass deine Freundin dich im Netz mobbt, ist fies. Und ihre Aussage, dass du dich umbringen sollst, geht gar nicht. Jeder einzelne Mensch ist wertvoll. Schön, dass es dich gibt! Men schen, die daran denken, sich umzubringen, möchten oft nicht wirklich tot sein, sondern nicht mehr so weiterleben, wie es im Moment ist. Wir verstehen gut, dass du möchtest, dass das Mobbing ein Ende hat. Ganz wichtig ist, dass du dir noch mehr Unter stützung holst. Welcher erwachsenen Person vertraust du, so dass du dich an sie wenden könntest? Schreibst du es uns? Wir möchten gerne mit dir in Kontakt bleiben, bis du jemand hast. LG Dein 147.
>>> Opfererlebnisse», sagt Sozialpsychologin Catarina Katzer. «Wichtig ist, klarzumachen, dass sie als Täter Verantwortung zeigen müssen.» Nicht nur in der Schule, auch im Elternhaus sollten Kinder für das Thema sensibilisiert werden – am besten, indem man immer wieder darüber spricht und nicht erst, wenn das Kind sich seltsam verhält. Auch Mitschüler und Freunde können eine wichtige Rolle bei der Prävention einnehmen und sogar dazu beitragen, Cybermobbing in seinen Anfängen zu stoppen. Wer bemerke, dass jemand online fertiggemacht wird, sollte eingreifen und andere Mitschüler mobilisieren, um nicht alleine dazustehen, rät Katzer. Nicht immer ist dies ein einfaches Unterfangen, der Gruppendruck ist gross. Trotzdem: Zivilcourage zeigen kann eine wichtige Lektion auf dem Lebensweg eines Jugendlichen sein. «Oft kann Cybermobbing vorgebeugt und Schlimmeres verhindert werden.» >>>
Original-SMS zum Thema Cybermobbing aus der Pro Juventute Beratung und Hilfe 147
Eltern sollten S chuldzuweisungen vermeiden – auch wenn das oft schwerfällt.
Seite 58: «Je härter und gemeiner, desto mehr Likes» – ein Interview mit der Cybermobbing-Expertin Catarina Katzer
Irena Ristic ist Onlineredaktorin beim Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi. Zu ihrer Schulzeit wurden Unstimmigkeiten noch oldschoolmässig auf dem Schulhof ausgetragen.
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Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Digital & Medial
Wenn Worte weh tun Im Mai lanciert die Stiftung Elternsein, Herausgeberin des Schweizer ElternMagazins Fritz+Fränzi, eine Kampagne gegen Cybermobbing: Unter dem Slogan «Wenn Worte weh tun» macht die Stiftung auf die dramatischen Folgen von Cybermobbing aufmerksam und informiert die Öffentlichkeit zu den Themen Intervention und Prävention.
Tipps für den Ernstfall • Hilfe holen Unterstützung und Trost durch Eltern, Lehrpersonen, Freunde oder andere Vertrauenspersonen sind im Ernstfall essenziell. • Keine Schuldzuweisungen Ahnen Eltern, dass ihr Kind im Internet gemobbt wird, sollten sie es darauf ansprechen. Im Ernstfall gilt: nicht überreagieren, keine Schuldzuweisungen, Ruhe bewahren und dem Kind versichern, dass Sie gemeinsam eine Lösung finden werden. • Nicht mit einem Handy- oder Internetverbot reagieren Das Internet und das Handy spielen für die Freizeit und für die Schule des Kindes eine grosse Rolle. Ein Verbot sendet ein falsches Signal. • Keine Reaktion auf Online-Attacken Die Täter leben von der Rückmeldung des Opfers. Auch wenn die Versuchung gross ist: nicht zurückpöbeln. • Beweise sichern Unterhaltungen, Nachrichten, Videos oder Bilder speichern – inklusive Screenshots. • Internetseitenbetreiber kontaktieren Eltern können Internetseitenbetreiber auffordern, Inhalte über ihr Kind zu löschen. • Schule einschalten Eltern sollten sich an die Schule wenden und im Idealfall über die Schule mit den Eltern des Mobbers oder der Mobber im Gespräch versuchen, eine Lösung zu finden. • Anzeige erstatten Wenn alles nichts hilft: Polizei einschalten. Beleidigungen, Erpressungen und Drohungen sind strafbar.
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017
Die Kampagne beinhaltet einen Film, Anzeigen (siehe Seite 65) und einen Radiospot. Ziel der Kampagne ist es, Kinder und Jugendliche dafür zu sensibilisieren, wie viel Leid sie mit einem abschätzigen Kommentar, einer beleidigenden Aussage oder einer schnell getippten Drohung anrichten können. www.elternsein.ch
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Digital & Medial
« Je härter und gemeiner, desto mehr Likes» Warum wird Cybermobbing unter Jugendlichen so schnell zu Psychoterror? Sozialpsychologin Catarina Katzer kennt die Mechanismen. Im Interview erklärt sie ausserdem, wieso Medienkompetenz-Unterricht zu kurz greift und wie man Jugendlichen einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Internet vermittelt. Interview: Irena Ristic Frau Katzer, lässt sich Cybermobbing vom klassischen Mobbing trennen?
Cybermobbing und traditionelles Mobbing, etwa auf dem Schulhof, laufen meist parallel. Die Forschung zeigt: Ein Drittel der Täter war selbst Mobbingopfer. Das Internet ermöglicht ihnen, sich zu «wehren». Sie scheinen aber kein Verständnis für das Leiden der Opfer zu haben …
Das ist so. Die digitale Empathie ist nicht da. Um jemanden ins Klo zu tauchen, muss immer noch eine psychologische Schwelle überwunden werden. Online fällt das weg. Das Handeln im Netz schafft eine Distanz zu Opfern, weil man ihnen nicht in die Augen schaut. Man sieht nicht, wenn sie weinen oder sich am Boden liegend vor Schmerzen krümmen. Richtet Cybermobbing langfristig mehr Schaden an als Mobbing?
Der Traumatisierungsgrad ist bei Cybermobbing viel höher. Früher existierte zu Hause ein Rückzugsort. Dort konnte man durchatmen. Heute tragen Täter wie Opfer ihr Smartphone ständig mit sich. Zudem hat Cybermobbing einen extrem hohen Öffentlichkeitsgrad, die ganze Welt kann zuschauen. Die allumfassende Präsenz des Internets und das Wissen, dass es unmöglich ist, alle Bilder, Texte und Videos zu löschen, sind eine Belastung. Was macht das mit den Betroffenen?
Wir wissen aus der Forschung, dass Mobbing und Cybermobbing im 58
Gehirn die gleichen Schmerzregionen aktivieren wie physische Schläge. Wir haben bei Cybermobbing viele Fälle, wo Fotos immer wieder auftauchen. Das heisst: Das Opfer erlebt diesen Schmerz immer wieder. Sind junge Menschen online wirklich so brutal? Oder sind das Einzelfälle?
Die Online-Aggressivität hat klar zugenommen. Sie wird salonfähig. Aber das ist auch bei den Erwachsenen so. Heute sind 20 Prozent der Erwachsenen in Deutschland Opfer von Cybermobbing. Mobbing unter Arbeitskollegen findet längst nicht mehr nur im Büro statt. Ein Thema übrigens, über das viele Unternehmen nicht sprechen. Je grösser die Zahl der Fälle, desto kleiner die moralischen Bedenken?
Absolut. Nach dem Motto: Wenn es die anderen machen, dann wird das schon seine Richtigkeit haben. Wir nennen das in der Cyberpsychologie: sich in der Masse an das Netz abgeben. Meinungen und Anschuldigungen, die online gepostet werden, vermischen sich zu neuen Inhalten und entwickeln ein Eigenleben. Auf dieses Verhalten folgt dann ein zweiter Schritt, den ich als dramatisch erachte: In diesem Prozess bilden sich neue Einstellungen, die ins reale Leben übertragen werden. Was können wir präventiv tun?
Wir müssen die Online-Nutzung und alles, was dazugehört, in die Bildung hineintragen. Das Bewusst-
sein, dass vieles manipulierbar ist, wird gerade in der Schule nicht vermittelt. Wir brauchen intelligente Lernkonzepte, die über den aktuellen Begriff der Medienkompetenz hinausgehen, der aus meiner Sicht ohnehin zu kurz greift. Was meinen Sie damit konkret?
Jugendliche müssen Antworten auf Fragen erhalten wie: Was passiert mit meinen Emotionen online? Oder: Wieso bin ich online anders als real? Gibt es ein typisches Mobberprofil bei Jugendlichen?
Cybermobbing geht durch alle Bildungsschichten, die Unterschiede zwischen Gymnasium, Haupt- oder Berufsschule sind gering. Doch es gibt bestimmte Risikofaktoren: Die meisten Täter fühlen sich weniger kompetent in der Schule, häufig ist ihre Beziehung zu ihren Eltern negativ belastet. Sie haben im Vorgespräch erwähnt, dass der Belohnungseffekt beim Mobben eine grosse Rolle spielt. Was muss man sich darunter vorstellen?
Das ist eine neue Entwicklung: Auffälliges Online-Verhalten, unabhängig davon, ob negativ oder positiv, wird mit einem «Like» belohnt. Je härter und gemeiner draufgehauen wird, desto mehr «Likes». Stichwort Sexismus: Über Mädchen und Frauen wird online härter geurteilt. Können Sie das bestätigen?
Bei einer Online-Verurteilung wird klar zwischen Jungen und Mädchen Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
unterschieden. Das Mädchen wird, wenn ein Bild auftaucht, auf dem es in leichter Bekleidung zu sehen ist, gleich als «Bitch» beschimpft. Und es heisst: «Die hat sich so fotografiert, sie ist selbst schuld.»
Facebook oder in WhatsApp-Gruppenchats darüber reden, in wen sie verliebt sind oder dass sie abnehmen möchten. Dadurch werden sie an greifbar.
Was erleben männliche Cybermobbing-Opfer tendenziell häufiger?
Was raten Sie Eltern, wenn sie feststellen, dass ihr Kind online gemobbt wird?
Auch Jungs werden mit diffamierenden, peinlichen Nacktfotos oder durch Videomaterial mit sexuellem Inhalt im Internet blossgestellt. Aber oft ist es auch so, dass Jungs verprügelt werden, was gefilmt und anschliessend online gestellt wird. Dann feuert man sich gegenseitig an: Wer hat das brutalste Video?
Eltern müssen ihrem Kind klarmachen: Du kannst uns vertrauen, wir reagieren nicht über, du bist nicht schuld, wir finden eine Lösung. Wichtig ist, gemeinsam einen Plan zu entwickeln, den Internetanbieter zu informieren und die Schule einzubinden. Auch eine Expertenberatung kann hilfreich sein.
Mädchen sind online tendenziell ehrlicher. Sie öffnen sich in sozialen Netzwerken, indem sie etwa auf
Eltern müssen herausfinden, was hinter den Cyberattacken steckt, ob Probleme, Ängste, Gruppendruck oder eigene Opfererlebnisse. Wichtig
Mädchen böten durch ihr Online-Verhalten mehr Angriffsfläche, schreiben Sie in Ihrem Buch über Cybermobbing.
Und wie sollen Mütter und Väter von Cybermobbern mit der Situation umgehen?
ist, klarzumachen: Cybermobbing ist kein Kavaliersdelikt. Opfer brauchen Entschuldigungen und Hilfe. Täter müssen Verantwortung zeigen. Das ist oft schwer. Psychologischer Rat ist deshalb nie verkehrt.
Zur Person Dr. Catarina Katzer ist Sozialpsychologin und gilt als führende Forscherin auf dem Gebiet der Cyberpsychologie. Als Expertin berät sie unter anderem den Europarat und den Deutschen Bundestag. Ihr Buch «Cyberpsychologie. Leben im Netz: Wie das Internet uns verändert» (dtv) erhielt den «getAbstract International Book Award» für das beste deutschsprachige Wirtschaftsbuch 2016. Ihr erstes Buch, «Cybermobbing. Wenn das Internet zur Waffe wird», ist im Verlag Springer Spektrum erschienen.
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Digital & Medial
Funktioniert Lernen mit Handy? Darüber streiten sich Eltern oft mit ihren Kindern. Wir haben Tipps zusammengetragen, wie Sie Ihr Kind dabei unterstützen, Lernzeit effizient zu nutzen. Text: Michael In Albon
K
ennen Sie diese Situation? Ihr Kind setzt sich mit dem Handy an die Hausaufgaben und versichert Ihnen: «Ich lerne zusammen mit meinen Klassenkameraden.» Übersetzt heisst das: Hat Ihr Kind die ersten drei Sätze gelesen, beschwert es sich bei seinen Freunden über den Stoff. Daraus werden schnell 15 Minuten. Zurück bei den Hausaufgaben, muss Ihr Kind die gelesenen Sätze wiederholen, bevor es aufgrund der Menge verzweifelt, die noch vor ihm liegt – und alles beginnt von vorne. Allerdings ist Konzentration keine reine Willenssache. Kinder benötigen Kontrollmechanismen, um sich zu konzentrieren und nachzudenken. Die wichtigsten Mechanismen sind: Selbstkontrolle, Planung und Arbeitsgedächtnis. Sind diese Fähigkeiten gut entwickelt, fällt Lernen leicht. Damit sich diese Mechanismen aber entwickeln können, brauchen sie Training. Folgende Trainingstricks können helfen. Trick 1: Nur noch fünf Minuten
Bricht die Konzentration Ihres Kindes immer wieder ab oder möchte es aus Gewohnheit echten oder eingebildeten Bedürfnissen nachgehen, 60
Bild:Swisscom
Erst die Arbeit, dann das Handy
antworten Sie: «Nur noch fünf Minuten!» Manchmal reichen fünf Minuten aus, und Ihr Kind taucht noch einmal ins Thema ein. Wenn nicht, hat Ihr Sohn oder Ihre Tochter sich immerhin noch einmal für fünf Minuten konzentriert. Trick 2: Planen
Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, mit einer Planungsphase ins Lernen zu starten. So lernt Ihr Kind, sich auf das Wichtige zu konzentrieren. Dabei listet es die offenen Aufgaben einzeln auf und beurteilt sie nach Schwierigkeit oder Dauer. Womit Ihr Kind nun beginnt, ist individuell. Während sich die einen die schwierigste Aufgabe gleich zum Einstieg vornehmen, wärmen sich andere lieber mit ein, zwei Kleinigkeiten auf, bevor sie eine längere und intensivere Arbeitsphase starten. Scheint der Berg an Stoff unfassbar gross, hilft diese Methode, den Aufwand auf Häppchen zu verteilen. Trick 3: Offline gehen
Das Offensichtlichste fällt oft nicht leicht: das Smartphone ausschalten, um den regelmässigen Blick darauf zu vermeiden. Ist dies keine Alternative, kann es auch der Flugmodus sein oder Offline-Apps. Damit lassen
sich einzelne Anwendungen gezielt für einen selbst festgelegten Zeitraum blockieren. Ihr Kind kann das Handy so weiterhin zum systematischen Lernen nutzen. Studien belegen, dass schon die reine Anwesenheit des Smartphones ablenken kann – auch ohne Blinken oder Surren. Wenn es also anders nicht geht: Smartphone weg. Für die Konzentration sind auch Aktivitäten wie Yoga, autogenes Training oder Achtsamkeitsübungen hilfreich. Sie fördern die Selbstdisziplin und helfen bei der Entwicklung des Charakters. Und sie tun gut – nicht nur Kindern und Jugendlichen, sondern vielleicht auch den Eltern.
Michael In Albon
Michael In Albon ist Beauftragter Jugendmedienschutz und Experte Medienkompetenz von Swisscom.
Auf Medienstark finden Sie Tipps und interaktive Lernmodule für den kompetenten Umgang mit digitalen Medien im Familienalltag. swisscom.ch/medienstark
Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
MAMA, auf dem Spielplatz gehört das HANDY in die TASCHE! Ist das dieser autoritäre Erziehungsstil? Frage für mich. Tweet von @DieBrina007
Der rätselnde Gnom mit der Zauberflöte
Die Mammuts schlagen zurück Das hatten sich die kleinen Wilden anders vorgestellt: Das «Oberste Mammutgericht» hat gar nichts mit leckerem Steak zu tun, sondern es ist ein wahrhaft echtes Gericht. Mit Mammuts in Roben. Und die wollen die kleinen Wilden dafür zur Verantwortung ziehen, dass sie Mammuts jagen und verspeisen. Eingeschüchtert von den mächtigen Richtern, geloben die kleinen Wilden Besserung. Aber wie ändert man das Bild, das Mammuts von einem haben, wenn in ihre Köpfe keine neuen Erinnerungen mehr hineinpassen? Eine sehr witzige Geschichte voller Missverständnisse und Wirrungen für Kinder ab 8 Jahren, vorgelesen von Shakespeare-Schauspieler Peter Kaempfe. Jackie Niebisch: Die kleinen Wilden und das Oberste Mammutgericht. Jumbo Neue Medien, 2017, 1 CD mit 50 Minuten, ca. 13 Franken.
Der kleine Gnom findet eine Zauberflöte, mit deren Kraft er seinen Kosmos bereist und das Universum von Monstern befreit. In neun Welten trifft er auf Käfer, Affen, Pilzsammler oder Mönche und muss Aufgaben lösen. Logische Rätsel oder (musikalische) Merkspiele sind nur ein Teil der vielen Abenteuer, die der Protagonist in «Samorost 3» bestreiten muss. Durch die Flöte, die an Objekten eingesetzt wird, wird die Geschichte erzählt, und durch Gedankenblasen erfährt man, was zu tun ist. Hin und wieder muss man Dinge einsammeln und sie an richtiger Stelle einsetzen. Durch Tippen und Ziehen werden Sachen bewegt. Kleine, geheime Gimmicks schalten sogenannte Errungenschaften frei. Die App bietet tagelangen Spielspass, realistische HD-Grafiken und einen aussergewöhnlichen Soundtrack. Sie ist zudem kindersicher, sollte anfangs aber mit einem Elternteil gemeinsam gespielt werden, um das Prinzip zu verstehen. Kinder ab 10 Jahren werden schnell Spass mit dem putzigen weissen Gnom haben. «Samorost 3» kostet 5 Franken im Apple- und im Android-App-Store. samorost3.net laden, itz+Fränzi-App
Bilder: ZVG
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Diese Kritik wird veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von ene-mene-mobile.de, der Website für Kinder-App-Rezensionen von zwei Frauen aus Berlin.
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Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017
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Leserbriefe
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Sehr geehrte Frau Ringier Ich möchte Ihnen für die klaren Worten danken, die Sie im Hinblick auf die Präsidentschaft von Trump und den damit in Zusammenhang stehenden Bewegungen in Europa geäussert haben. Sie haben mir damit aus der Seele gesprochen. Meine beiden Töchter sind 9 und 7 Jahre alt. Während die kleinere noch kein unmittelbares Interesse an Politik hegt, hat die grosse Tochter die Wahl in den USA bereits mittels Zeitungsberichten verfolgt. Ich kann mich noch sehr genau erinnern, als sie mich fragte, ob der gewählte Präsident nicht derjenige sei, der im Wahlkampf derartig menschenverachtende Äusserungen getätigt und gelogen habe. Das «Warum» der Wahl konnte ich ihr nicht erklären, da ich es selber nicht verstand. Ich habe zwar nie selber für unsere Freiheiten «gekämpft», aber dennoch «kämpfe» ich fast täglich, diese in den kleinen Dingen zu bewahren. Ihre Worte waren daher fast schon tröstlich, und ich hoffe, dass viele Personen diese verinnerlichen werden. Birgit Weil (per Mail)
Lehrer und Schüler sind uneins, wie viel das Büffeln nach der Schule bringt. 10
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«Ich bin für Hausaufgaben ganz anderer Art»
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(Dossier «Hausaufgaben», Heft 4/2017) Ich bin 39 Jahre alt, Primarlehrerin und habe vier Kinder zwischen fünf und zehn Jahren. Meine Schullaufbahn verlief reibungslos; die Hausaufgaben waren schnell erledigt und Prüfungen im Eiltempo ins Kurzzeitgedächtnis gestopft. Ein klarer Fall von Hausaufgaben-Befürworterin also? Weit gefehlt! Hausaufgaben im klassischen Sinne sollten komplett gestrichen werden. Wir reden von Chancengleichheit, individuellem Lernen, Motivation, Freude. Doch wo bleibt das alles? Wieso kann ich es beim besten Willen nirgends sehen? Kann es sein, dass die Schwächsten zu Hause wieder am längsten an den Hausaufgaben sitzen? Dass Eltern wie Kinder organisatorisch wie auch inhaltlich oft überfordert sind? Dass Streit und Unruhe in die Familie kommen und das ganze Wochenende ruinieren? Dass die Freude an der Schule Jahr für Jahr schwindet? Das Leben birgt unendlich viel Spannendes, das zu entdecken sich lohnt. Wenn Platz für eigene Gedanken da ist und eine gute Atmosphäre zu Hause wie auch in der Schule herrscht, können Energien erst aufkommen und genutzt werden. Wie soll das gehen, wenn Abend für Abend die Qual der Hausaufgaben zum Thema wird? Ich befürworte Hausaufgaben ganz anderer Art. Die Eltern sorgen dafür, dass sie jeden Tag zehn Minuten intensiv mit ihrem Kind diskutieren, es ausreden lassen, ihm aktiv zuhören und es bei Anliegen unterstützen. Sie lassen ihm unverplante Zeitfenster, in denen es spielen darf, was es will. Die Kinder halten sich jeden Tag im Freien auf und schlafen genügend. Ämtli im Haushalt müssen täglich strikt gemacht werden. Wenn sich ein Kind für ein Thema interessiert, wird es dabei unterstützt. Auf diese Art und Weise fühlt sich das Kind ernst genommen und entwickelt Fähigkeiten ganz von alleine. So bleibt sogar Zeit fürs tägliche Lesen. Die ganze Familie sitzt bequem im Pyjama auf der Couch und liest, was immer sie will – und das alles ohne Druck. So wird Lesen nicht zu einer lästigen Hausaufgabe, sondern zur Kuschelzeit. Nicole Schlegel, Gossau SG (per Mail)
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Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Hausaufgaben sind sehr wichtig und gehören unter keinen Umständen abgeschafft. Mit einer allfälligen Abschaffung gehen wir wieder einmal in die falsche Richtung. Wir nehmen den Kindern die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln, denn heute gehört es zum guten Ton, dass alles abgeschafft wird, um den Kleinen das Leben zu erleichtern. Ich glaube, es hat niemand von uns gerne Hausaufgaben gemacht, aber im Leben wird man immer wieder in Situationen kommen, dass man Sachen nicht gerne macht, aber einfach machen muss. Mit Hausaufgaben lernen die Kinder, nebst Ämtli (welche die Kinder hoffentlich zu Hause haben) ebenfalls die Verant wortung zu übernehmen. Dies ist genauso wichtig, wie den Schulweg alleine oder mit Gspändli zu bestreiten. Es sind die Hausaufgaben der Kinder und nicht der Eltern. Viele Eltern projizieren heute den Erfolg bzw. Misserfolg Ihrer Kinder als Ihr eigenes Versagen. Viele Eltern machen ja die Hausaufgaben für die Kinder, und das kann es nicht sein. Auch Tadel von der Lehrperson, wenn die Hausaufgaben nicht erledigt sind, schwächen ein Kind nicht, im Gegenteil, es lernt daraus und hat einen weiteren Schritt in der Entwicklung gemacht. Das Lob der Lehrperson stärkt ebenfalls, wenn ein Kind die Aufgaben prompt erledigt hat oder sogar noch mehr gemacht hat. Es sind Lernfelder, die auf keinen Fall abge schafft gehören. Die Diskussionen, welche heute geführt werden, gehen immer in die gleiche Richtung. Möglichst alles abschaffen, dass es ja keine Belastung gibt für die Kinder und oft auch für die Eltern. Must have just fun … Aber das Leben und später das Berufsleben sind eben nicht nur Fun. Man muss auch mit Erfolgen und Misserfolgen umgehen können. Auch Hausauf gaben gehören zu diesen Übungsfeldern. Wir passen alles nach unten an, auch bei den Lernzielen usw. Bereits wird darüber diskutiert, wie man nach der Schule die Niveaus dem heutigen Stand anpasst, zum Beispiel bei Berufslehren oder beim Eignungstest fürs Militär. Wir müssen und dürfen den Kindern auch etwas zutrauen und nicht alle und alles in Watte packen.
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Leserbriefe Dossier
Nie mehr Hausaufgaben?
«Leichtigkeiten erleben»
Ärger: für Frust und regelmässig schafft vielen Familien nötig? Warum Sie sorgen in gaben wirklich Lernen Sind Hausauf Tricks geht das Hausaufgaben. Und mit welchen ales Thema. einfach ab? man sie nicht an ein hoch emotion Annäherung / 13 Photo leichter? Eine Text: Claudia
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Lehrer und Schüler sind uneins, wie viel das Büffeln nach der Schule bringt.
ElternMagazin Das Schweizer April 2017
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April 2017
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«Bindeglied zwischen Eltern und Schule» (Dossier «Hausaufgaben», Heft 4/2017) Schule ohne Hausaufgaben geht nicht. Hausaufgaben sind wirklich ein wichtiges Bindeglied zwischen Eltern und Schule. Unser Sohn hatte drei Viertel Jahre keine Hausaufgaben in der 5./6. Klasse. Da kamen bei den Eltern einige Unsicherheiten und Zweifel auf. Entweder verzichten dann alle Klassenstufen auf Hausaufgaben, oder alle Lehrer geben welche. Es funktioniert absolut nicht, wenn dies nur ein Lehrer macht. Monika Treier (per Mail)
Schreiben Sie uns! Ihre Meinung ist uns wichtig! Was machen wir gut? Was könnten wir besser machen? Lassen Sie es uns wissen! Sie erreichen uns über: leserbriefe@fritzundfraenzi.ch oder Redaktion Fritz+Fränzi, Dufourstrasse 97, 8008 Zürich. Und natürlich auch über Twitter: @fritzundfraenzi oder Facebook: www.facebook.com/fritzundfraenzi. Kürzungen behält sich die Redaktion vor.
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Hausaufgaben wirken – wie alles auf der Welt – immer in dem Geiste, in dem sie gegeben und gemacht werden. Da wir Geist grundsätzlich nicht beachten, haben wir verdientermassen Schwierigkeiten damit. Die praktischen Beispiele der neuen Ich-kann-Schule zeigen, dass wir ebenso gut Leichtigkeiten damit erleben könnten. Franz Josef Neffe, Deutsches COUÉ-Institut, D-Wittibreut (per Mail)
«Nun bleibt Zeit zum Lernen» Als unser Sohn, 11, in die Schule kam, ging er in seinen Hausaufgaben buchstäblich unter. Wochenplan war an unserer Schule grossgeschrieben. In der 1. und 2. Klasse musste er regelmässig an den Wochenenden arbeiten. Da ja alles fertig sein musste. Ob die Kinder es verstanden haben, war egal. In der 3. und 4. Klasse mussten die Kinder ihre Arbeiten sogar selber korrigieren. Mit Hilfe eines Lösungsordners. Unser Sohn und auch andere Kinder waren damit total überfordert. Mit Korrigieren alleine verbrauchte er so viel Zeit, dass zum Arbeiten nicht viel übrig blieb. Gespräche und Vereinbarungen mit Lehrpersonen brachten nichts. Heute geht er in die 5. Klasse. In derselben Schule, aber bei einem anderen Lehrer. Wochenplan ist kein Thema mehr, dafür hat er einen gut überschaubaren Arbeitsplan. Themen werden in einem Tempo erarbeitet, in dem alle Kinder folgen können. Für Schnelle gibts Zusatzfutter. Tests können mit guten Noten gelöst werden, weil nun Zeit zum Lernen bleibt. Hausaufgaben gibt es nicht mehr jeden Tag. Nun hat unser Sohn Zeit, «Kind zu sein», mit allem, was dazugehört. Seitdem schläft er ruhig ein, nässt das Bett nicht mehr und ist nicht mehr aggressiv! Unser Familienfriede wäre eigentlich wiederhergestellt, hätten wir nicht noch unseren zweiten Sohn – die Geschichte können Sie oben von vorne lesen … Barbara Christen (per Mail)
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Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 65
Ernährung & Gesundheit
Medikamente für kleine Patienten – das sollten Eltern beachten! Bild: iStockphoto
Ein Zäpfchen wird so schnell nicht schlecht, der Hustensaft der grossen Schwester schadet auch dem kleinen Bruder nicht. Oder etwa doch? Experten raten bei der Gabe von Medikamenten an Kinder zu äusserster Vorsicht. Text: Claudia Füssler
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Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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s ist später Sonntag abend, der Fünfjährige fiebert, die Packung mit den Zäpfchen ist aufge braucht und die dienst habende Apotheke ausgerechnet am anderen Ende der Stadt. Zum Glück liegen im Medikamentenschrank noch ein paar Fieberzäpfchen der grossen Schwester. Die ist erst elf, was soll da schon schief gehen? Eine ganze Menge, sagen Exper ten, und raten dringend davon ab, Kindern Medikamente zu geben, die nicht für ihr Alter zugelassen sind. Der kindliche Organismus ist im Wachstum. Organe entwickeln sich: Die Leber muss sich erst auf ihre lebenslange Aufgabe einstellen, auch die Niere ist in den ersten Jahren noch mit Feinjustierung beschäftigt. Immunsystem und Stoffwechsel kreisläufe funktionieren noch nicht wie bei einem Erwachsenen. Und in der Pubertät kommt ein chaotischer Mix aus Hormonen hinzu. All das, betont Dirk Mentzer vom Paul-Ehr lich-Institut, dem deutschen Bun desinstitut für Impfstoffe und bio medizinische Arzneimittel, spielt eine Rolle dabei, wie eine Substanz auf den Körper wirkt. «Erst seit etwa zwanzig Jahren gibt es umfangreichere Untersu chungen dazu, welchen Einfluss Medikamente auf den kindlichen Organismus haben», sagt der Kin derarzt. So habe man zum Beispiel herausgefunden, dass die Menge bestimmter Enzyme, die in der Leber für den Abbau der Arzneimit tel zuständig sind, altersabhängig stark schwankt. Das hat mitunter zur Konsequenz, dass Kinder unter zwei Jahren die doppelte Dosis des sen nehmen müssen, was für Erwachsene empfohlen wird. In anderen Fällen wiederum wäre das hochgefährlich. Eine einfache Faustregel, wie Dosen von Erwachsenen auf Kinder heruntergerechnet werden können, gibt es nicht. «Im Alter zwischen drei und zehn Jahren wachsen Kin
der, werden aber nicht dicker. Hier kann ich also nicht exponenziell rechnen, sondern muss das sich ver ändernde Verhältnis von Körper grösse zu Gewicht beachten», erklärt Mentzer. Und das für jede Substanz individuell.
Heuschnupfenpräparate und solche gegen Asthma sind für Kinder besonders heikel.
Fünf Zulassungsgruppen
Damit Eltern sicher sein können, dass ein Medikament ihrem Kind nicht schadet, verpflichten die euro päischen Arzneimittelbehörden die Hersteller von Medikamenten seit zehn Jahren dazu, die Wirkstoffe auch für die Verwendung bei Kin dern zu untersuchen. Dabei wird in fünf Subgruppen unterschieden: • Neugeborene • Säugling (0 bis 2 Jahre) • Kleinkind (2 bis 6 Jahre) • Kind (6 bis 11 Jahre) • Jugendliche (11 bis 18 Jahre) Ob diese Untersuchung stattgefun den hat und das Medikament für Kinder zugelassen ist, steht im Bei packzettel unter Indikationen und Anwendungsgebiete. «Der Prozess ist noch nicht abge schlossen, es kann also durchaus sein, dass sich bei manchen Medi kamenten noch kein Hinweis auf die Zulassung für Kinder findet», sagt Mentzer. Das bedeute dann nicht automatisch, dass das Medikament ungeeignet sei, doch hier empfiehlt sich auf jeden Fall, mit dem Arzt Rücksprache zu halten. Ein Fünftel nicht zugelassen
Etwa zwanzig Prozent der Arznei mittel, die niedergelassene Ärzte regelmässig verwenden, sind nicht für Kinder zugelassen, schätzt Ment zer. Dazu zählen blutdrucksenkende Mittel und solche gegen Krampflei den sowie bestimmte Antibiotika. Unter ärztlicher Kontrolle im Spital werden solche Stoffe im Notfall aber auch Kindern gegeben. Dirk Mentzer warnt vor gut ge meinten Medikamentengaben, die schnell zu einer Überdosierung füh ren können. Ein Klassiker sind Heu
schnupfentropfen, sogenannte Anti histaminika. «Das Kind leidet an der Allergie, die Eltern haben die frei verkäuflichen Tropfen zu Hause rumstehen und geben sie ihm. Das ist eigentlich ungefährlich. Doch dann geben die Eltern die Tropfen nochmals, weil sie irgendwie nicht zu wirken scheinen – so wird rasch eine Überdosierung erreicht, die zum Atemstillstand führen kann», erklärt Mentzer. Es hat bereits Todesfälle nach solchen versehent lichen Überdosierungen gegeben. Das Gleiche gilt für Sprays, die viele Kinder gegen Asthma ver schrieben bekommen, sogenannte Betamimetika. Wenn die einmalige Anwendung keine Wirkung zeigt, wird gerne wiederholt gesprüht – das kann zu Herzrasen und Herz rhythmusstörungen und da >>>
Das können Sie tun Bereiten Sie sich auf den Notfall vor. Nutzen Sie einen regulären Besuchstermin beim Kinderarzt, um mit ihm wichtige «Was, wenn ...»-Fälle zu besprechen. Was, wenn das Kind nach dem Impfen hohes Fieber kriegt? Wenn ein Zäpfchen nicht wirkt? Wenn der Husten trotzdem immer schlimmer wird? So wissen Sie im Ernstfall, wie und mit welchen Medikamenten Sie reagieren können. Wenn Sie Ihrem Kind versehentlich eine Überdosis gegeben haben, rufen Sie die Notfallnummer 145 der Tox Info Suisse an. Dort gibt es rund um die Uhr unentgeltlich ärztliche Auskunft bei Vergiftungen oder Verdacht auf Vergiftungen.
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 67
Ernährung & Gesundheit
Die bei Säften mitgelieferten Löffel führen zu einer ungenauen Dosierung.
>>> mit zum Tod führen. «Die wichtigste Regel lautet hier, keine Versuche mit einer Selbstmedika tion zu unternehmen, sondern sich genau daran zu halten, was der Arzt gesagt hat, und im Zweifel Rück sprache mit ihm oder einem Apo theker zu halten», sagt Mentzer. Dass die Pädiatrie in Sachen wis senschaftlicher Untersuchungen ein Stiefkind ist, findet auch Angela Caduff Good. «Da sind einfach immer noch viele Informations lücken vorhanden, die dazu führen, dass wir nicht immer wissen, ob ein Medikament für ein Kind sicher ist oder nicht», sagt die Fachapotheke rin in Spitalpharmazie vom Kinder spital Zürich. Sie weist darauf hin,
dass die in einem Beipackzettel auf geführten Nebenwirkungen eines Arzneimittels oft Studien mit Er wachsenen entnommen sind. «Es kann sein, dass die Substanz auf einen kindlichen Körper ganz anders wirkt und vielleicht Neben wirkungen verursacht, die man nicht erwartet oder die beim Er wachsenen in dieser Art gar nicht beschrieben sind», sagt Caduff Good. Sie empfiehlt daher, ein Kind, dem man ein Medikament gibt, immer etwas im Auge zu behalten und eventuelle Auffälligkeiten dem Arzt oder Apotheker zu berichten. So sei es auch immer möglich, dass Kinder oder Jugendliche – wie Er
Links • compendium.ch Die Internetseite des Arzneimittel-Kompendiums ist eigentlich für Fachleute gedacht, gibt jedoch auch Laien einen schnellen Überblick darüber, ab welchem Alter ein bestimmter Wirkstoff für Kinder zugelassen ist. • toxinfo.ch Die gemeinnützige Stiftung Tox Info Suisse hat auf ihrer Internetseite Informationen zur Prävention von Vergiftungen und einzelnen Giftstoffen zusammengefasst. • embryotox.de Die Internetseite des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums der Berliner Charité informiert über die Sicherheit von Arzneimitteln in Schwangerschaft und Stillzeit.
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wachsene auch – allergisch auf ein Mittel reagierten, unabhängig da von, ob es richtig dosiert ist oder nicht. Oder ein Medikament wird versehentlich überdosiert, wenn Eltern zum Beispiel zum gleichna migen, aber höher dosierten Fieber zäpfchen der grossen Schwester grei fen. «Es ist für Laien oft schwierig, eine Überdosierung zu erkennen. Dafür braucht es einen guten Indi kator. Wenn ein Medikament zum Beispiel laut dem Beipackzettel als Nebenwirkung müde macht, mein Kind aber wirklich extrem müde wird, dann würde ich schon stutzig werden», sagt Caduff Good. Sie ist selbst Mutter und weiss, wie schnell Eltern unsicher sind und sich Sorgen machen. «In einem solchen Fall kann die Tox Info Suisse kontaktiert werden» (24-Stunden-Notfalltelefon, Nummer 145). Dort erhalte man sehr kompetente Auskunft, sagt die Expertin. Spritzen sind besser als Löffel für eine genaue Dosierung
Um beispielsweise Über- oder Unter dosierungen bei der Verabreichung von in der Pädiatrie oft eingesetzten Lösungen und Sirupen möglichst zu vermeiden, sollte die nötige Medika mentenmenge so genau wie möglich abgemessen werden. Die gerade bei Säften mitgelieferten Löffel führten zu einer ungenauen Dosierung, sagt Caduff Good. «Besser sind Oralsprit zen, mit denen das Mittel exakt auf gezogen werden kann.» Einige Apo theken tauschen bei Medikamenten die zugehörigen Löffel daher gegen eine solche Spritze aus. Im Zusammenhang mit einer korrekten Medikamentenanwen dung ist es zudem wichtig, zu wis sen, wie es sich mit dem Verfallsda tum verhält. Auf jedem Arzneimittel ist vom Hersteller ein Verfallsdatum aufgedruckt. Das ist vor allem bei Flüssigkeiten jedoch nur so lange verbindlich, wie das Medikament nicht angebrochen ist. «Sobald Sie Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
bedachten Umgang mit Medikamenten und rät Eltern, sich gerade in diesem Zusammenhang immer wieder zu sagen: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. >>>
Tropfen oder einen Saft öffnen, sind diese häufig kürzer haltbar, als auf der Verpackung angegeben ist», erklärt Angela Caduff Good. Sie rät, sich auf der Flasche das jeweilige Anbruchdatum zu notieren. Falls im Beipackzettel die Haltbarkeit nach dem ersten Öffnen nicht vermerkt ist, kann die Apotheke Auskunft darüber geben. Wenn man sich nicht sicher ist, wann eine Flasche geöffnet worden oder ob das Medikament noch gut ist, gilt: Im Zweifel ist der Abfalleimer die bessere Entscheidung. «Wichtig ist auch, darauf zu achten, wie ein Medikament gelagert werden muss. Es kann sein, dass ein Medikament vor Anbruch bei Raumtemperatur, nach Anbruch aber im Kühlschrank gelagert werden muss», sagt Caduff Good. Sie empfiehlt generell einen
Claudia Füssler ist als Kind mit Schnupfen immer in eine heisse Badewanne mit etwas Eukalyptusöl gesteckt worden. Dieses Ritual liebt sie noch heute – auch wenn die Nase gar nicht läuft.
Altersgerechte Dosierung Dass viele Medikamente für Erwachsene für Kinder ungeeignet sind, zeigt sich oft schon in ihrer Form: Tabletten, Zäpfchen, Kapseln sind zu gross. Arzneimittel, die hauptsächlich für Kinder gedacht sind, liegen daher meist in einer entsprechenden Darreichungsform vor, solche, die für Kinder und Erwachsene gleichermassen geeignet sind, gibt es meist in mehreren Varianten. Als Faustregel sollte man sich daran orientieren, dass Kinder unter sechs Jahren Flüssigkeiten bekommen, danach sind die meisten in der Lage, auch eine Tablette zu schlucken. Achten Sie beim Arzt darauf, welche Darreichungsform er verschreibt. Wenn Sie beispielsweise wissen, dass Ihr Zehnjähriger Probleme damit hat, eine Tablette zu nehmen, fragen Sie direkt nach einem Saft.
Meine Impfung Dein Schutz Eltern und Bezugspersonen von Säuglingen impfen sich – und schützen damit die Kleinsten vor gefährlichen Krankheiten. www.sichimpfen.ch Impf-Infoline : 0844 448 448 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 69
gegen Masern und Keuchhusten
Erziehung & Schule
Herzenswarm Die Welt scheint immer k채lter zu werden. Umso wichtiger ist es gerade jetzt, Kindern Empathie gegen체ber anderen mitzugeben. Und dieses Mitgef체hl l채sst sich auch beibringen. Text: Julia Meyer-Hermann Bilder: Carla Kogelmann / De Beeldunie
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 71
Erziehung & Schule
Es ist die Empathie, die uns überhaupt zu sozialen Wesen macht.
V
or Kurzem hörte ich meine Tochter Fanny in ihrem Zimmer leise weinen. Schon beim Abendessen war sie auffällig ruhig gewesen, hat te aber auf meine Fragen nur brüsk «Es ist nichts!» geantwortet. Als ich den Kopf durch die geöffnete Tür hineinsteckte, sah ich meine Neun jährige auf ihrem Bett sitzen. Ihre Augen waren leicht gerötet, die Nase zog sie immer wieder lautstark hoch. «Ich schäme mich so», schluchzte sie. «Ich habe heute ganz laut über Nina gelacht.» Dann erzählte sie, dass sie in der Nachmittagsbetreu ung über Kästen gesprungen seien. Nina habe es als Einzige nicht ge schafft. «Sie ist ja nicht so sportlich, weil sie so dick ist», sagte Fanny. Es habe wahnsinnig komisch ausgese hen, wie Nina einfach auf dem Kas ten liegen geblieben sei. Einer habe gerufen: «Wie ein Sack!» Ein paar Kinder hätten gekichert, Fanny auch. «Ich habe erst aufgehört, als ich gesehen habe, dass Nina beinahe geweint hätte», flüsterte meine Tochter und warf sich in meine Arme. Mir stiegen ebenfalls Tränen in die Augen. Ich litt mit meiner Toch ter. Ich schämte mich für sie. Und ich konnte auch den Kummer des anderen Mädchens fühlen. «Was ist, Mama?», wollte meine Tochter wis sen, die natürlich merkte, wie mit genommen ich war. «Bist du mir böse?» War ich das? «Ich finde nicht gut, dass du gelacht hast», sagte ich. «Aber es ist gut, dass du jetzt ver stehst, wie es deiner Freundin ging.» Und dann erzählte ich meiner Tochter von einer Spezialeigenschaft 72
unseres Gehirns, die mich seit je fas ziniert. Von dieser Fähigkeit, empa thisch mitzuerleben, also tatsächlich zu empfinden, was einem anderen Menschen gerade widerfährt. «Lä gen wir beide jetzt in einer Maschi ne, mit der man in unseren Kopf sehen kann, dann würden bei uns im Gehirn die gleichen Punkte leuchten», sagte ich. «Läge ich mit Nina jetzt in so einer Gehirndurch leuchtungsmaschine, wäre das auch so», schlussfolgerte Fanny. Weil sie den Kummer ihrer Freundin auch fühlen würde – so als wäre es ihr eigener. «Krass!», fasste meine Toch ter zusammen. Und so sehr mir die ses Wort manchmal missfällt, so passend fand ich es diesmal. Empathische Zivilisation nötig
Empathie stammt ab vom griechi schen Wort «empatheia»: «em» bedeutet «hinein», «pathos» heisst «Leiden». Die Zusammensetzung beschreibt das Hineinfühlen in die Gemütszustände anderer. Früher dachte man, dass Menschen nur auf grund ihrer Lebenserfahrung ratio nal erfassen können, wie ihr Gegen über sich fühlt. Dann entdeckten Neurologen Mitte der Neunzigerjah re, dass bestimmte Zellen im Gehirn, die sogenannten «Spiegelzellen», das Erleben und die Emotionen von anderen widerspiegeln. Das gilt nicht nur für offensichtliche Zustände wie Trauer, Zorn oder Ekel, sondern sogar für weniger deutliche Regun gen wie Verlegenheit oder Einsam keit. Seitdem klar ist, dass es nicht um vermeintliche Gefühlsduselei geht, sondern um messbare Vorgänge, wollen Neurologen, Biologen, Psy
chologen und Pädagogen erkunden, wie Empathie entsteht: Woher kennt der Körper bestimmte Sachverhalte, bevor sie angesprochen werden? Wie funktioniert diese Verbindung zwischen zwei Menschen, die über eine rein rationale Ebene hinaus geht? Alle sind sich einig: Es ist die Empathie, die uns überhaupt zu sozialen Wesen macht. Der Sozio loge und Ökonom Jeremy Rifkin glaubt sogar, dass es gerade diese menschliche Eigenschaft ist, die unsere Zeit am meisten braucht. Er Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
fordert eine «empathische Zivilisa tion», weil die menschliche Fähig keit, sich in andere hineinversetzen zu können, den natürlichen Gegen pol zum Eigennutz und Narzissmus unserer Gesellschaft bildet. Weil sie uns bei dem helfen kann, was der deutsche Ex-Bundespräsident Johannes Rau zu seinem Motto machte: Versöhnen statt spalten. Die Begabung dazu tragen wir in uns. «Wir werden vermutlich mit der Voraussetzung zur Empathie gebo ren», sagt der Neuropsychologe Mat
thias Bolz, der am Leipziger MaxPlanck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften die kognitiven Fähigkeiten und Gehirnprozesse bei Menschen untersucht. «Jedenfalls ist diese Fähigkeit schon sehr früh in irgendeiner Art und Weise im Ge hirn angelegt.» Wie Kinder und Jugendliche emotionale Kompetenz entwickeln und lernen, Gefühle bei sich und anderen zu erkennen, erforscht die Psychologin Maria von Salisch von der Universität Lüneburg. Die ersten
Trainingseinheiten dazu hat man ab dem Tag null: Schon Babys eignen sich Wissen über verschiedene Emo tionen an. «Das vorsprachliche Ler nen konzentriert sich darauf, be stimmte Merkmale und Muster wiederzuerkennen. Immer wenn Mama mich auf den Arm nimmt, lächelt sie. Immer wenn Papa mich wickelt, macht er ein ganz bestimm tes Gesicht.» Ein Grossteil der Kom munikation zwischen Eltern und Kleinkindern beschäftigt sich damit, grundlegende Gefühle ken >>>
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 73
Erziehung & Schule
>>> nenzulernen und benennen zu können: Bist du traurig? Ärgerst du dich gerade? Mama ist gerade sehr müde. Du musst keine Angst haben. Können also schon Säuglinge fühlen, wie es anderen geht? Ich erinnere mich an das kollektive Wei nen in den Krabbelgruppen, das immer ausbrach, sobald ein Baby angefangen hatte zu schreien. Wie verzweifelt sich meine Kinder an
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hörten, wenn ein anderes unglück lich klang, obwohl es ihnen selbst gut ging. «Das ist keine erste empa thische Reaktion, sondern eine Ge fühlsansteckung», sagt die Entwick lungspsychologin Doris BischofKöhler. «Den Kindern in diesem Alter ist noch gar nicht bewusst, dass es um den anderen geht. Sie können noch nicht zwischen der eigenen Trauer und dem Kummer eines Freundes unterscheiden.»
Das Bewusstsein für die eigenen Ge fühle ist aber ganz entscheidend, um überhaupt mitfühlen zu können. Erst wenn ein Kind etwa achtzehn Mona te alt ist und anfängt, sich selbst im Spiegel zu erkennen, entwickelt es mit dem Gefühl für das eigene Selbst ein Empfinden dafür, wie es einem anderen geht. Diese Entwicklungs prozesse zu erforschen, ist nicht ein fach. Immerhin müssen dafür Klein kinder in einer möglichst natürlichen
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Alltagssituation beobachtet werden. In einer der Versuchsreihen von Doris Bischof-Köhler täuschte eine erwachsene Spielpartnerin einem Kind Trauer vor, weil ihr Teddy kaputtgegangen war. «Die Kinder, die sich noch nicht selbst im Spiegel erkennen konnten, verstanden die Situation nicht und reagierten entweder unbeteiligt oder wollten selbst getröstet werden.» Die anderen Kinder hingegen spiegelten die Emotion
der «Freundin», versuchten zu trösten und boten ein anderes Stofftier an.
zusammen mit den Einkäufen fünf Stockwerke hochtragen kann und er bitte, bitte selbst laufen möge. Er brüllt dann trotzdem: «Doofe Empathie-Lücken zugestehen Mama!», und bleibt schreiend im Es gibt im Alltag immer wieder Sze- Treppenhaus liegen. Und Fanny, nen, bei denen Eltern warm ums statt ihren Bruder an die Hand oder Herz wird, weil ihre Kinder «so lieb» eine Einkaufstüte zu nehmen, sprinsind. Mein dreijähriger Sohn Carl, tet die Treppen hoch und empfängt der seine grosse Schwester umarmt, mich oben mit: «Du bist aber nicht weil er sie nach einem Sturz trösten mehr so fit, Mama. Du schnaufst ja möchte. Der friedlich das Sandspiel- wie eine alte Frau.» zeug teilt, weil sein Freund seine Eine gängige Redensart lautet: Sachen vergessen hat. Meine Tochter Kinder sind grausam. So möchte das Fanny, die ruft, «Lassen Sie mich das Andreas Schick, Leiter des Heidelmachen», und dann einer alten Frau berger Präventionszentrums nicht im Supermarkt beim Aufsammeln stehen lassen. «Ich würde sagen, des heruntergefallenen Einkaufs dass Kinder grosse Experimentatohilft. ren sind», sagt er. «Sie entdecken Wenn mein Mann und ich uns noch den Umgang mit sich und mit darüber unterhalten, welche Cha- anderen. Das kann immer wieder raktereigenschaften uns bei unseren einmal dazu führen, dass sie die Kindern besonders wichtig sind, Grenzen anderer deutlich übersteht auf meiner Liste das Einfüh- schreiten.» lungsvermögen ganz weit oben. Wie Eine Freundin erzählte mir kürzwunderbar wäre es, wenn die beiden lich, dass ihre Tochter einen Verweis ein besonderes Gespür dafür hätten, bekommen habe. Ich war zunächst wer Trost und Unterstützung eher erfreut als schockiert, weil ich braucht, und entsprechend mitfüh- die Achtjährige bislang als musterlend handeln. Mein Mann weist gültig angepasst erlebt hatte. Umso dann meistens darauf hin, dass auch mehr überraschte mich, dass dieses Fanny und Carl mal schadenfroh, Mädchen zusammen mit drei unaufmerksam oder ruppig sein Freundinnen eine Klassenkameradürften, dass ich ihnen Empathie- din schikaniert hatte. Sie hatten Lücken zugestehen müsse. deren Schal in eine Toilette gestopft «Als ob ich ihnen die überhaupt und nacheinander draufgepinkelt, absprechen könnte», erwidere ich während das Opfer weinend vor der dann – und merke an, dass unser Tür stand. Ich konnte meiner FreunSohn mit dreieinhalb Jahren trotz- din ansehen, dass sie das genauso dem langsam mal verstehen könnte, schockierte wie mich. «Ganz schön wann seine Mutter ein kleines biss- gefühlskalt, was?», sagte sie. chen Unterstützung braucht. Dass Doch zum Glück sind Einfühich Carl noch so eindringlich erklä- lungsvermögen und Mitgefühl nicht ren kann, warum ich ihn nicht einfach nur Veranlagungssa- >>>
Einfühlungsvermögen und Mitgefühl sind nicht nur Veranlagungssache, sondern können auch trainiert werden. 75
>>> che, man kann sie trainieren. «Das ist ein Potenzial wie Intelligenz, das man gezielt fördern oder brachliegen lassen kann», sagt Psychologe Andreas Schick. «Wenn man die Achtsamkeit trainiert, also die eigenen Körperempfindungen und Emotionen besser bemerken und einordnen kann, dann kann man auch achtsamer und offener auf andere reagieren», sagt Matthias Bolz, der unter der Leitung der Neurowissenschaftlerin Tania Singer am Leipziger Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften ein mentales Training für Er wachsene durchgeführt hat. Kinder brauchen bei diesem Prozess die Begleitung durch Erwachsene.
«Emotionen-Coaching» nennt das Andreas Schick. Der Therapeut hat die Programme «Faustlos» und «Fäustling» mitentwickelt, um die sozialen Kompetenzen von Kindergartenkindern und Grundschülern zu fördern – und auch das Gruppengefühl zu stärken. In diesen Trainings lernen die Kinder, sich in andere hineinzuversetzen, und üben, was dem anderen gut tun könnte. Sie durchleben spielerisch verschiedene Situationen und sprechen anschliessend mit Erwachsenen darüber, wie man sich in der anderen Rolle gefühlt hat. In der Schule meiner Tochter ist dieses Konzept aufgegangen. In ihre Klasse geht ein Junge, der vom ers-
Kinder lernen sich noch selbst kennen. Das kann dazu führen, dass sie die Grenzen anderer deutlich überschreiten. 76
ten Tag an Mitschüler und Lehrer tyrannisierte. Die Mädchen nannte er «blöde Schlampen», etlichen Jungen hat Tom (der in Realität anders heisst) die Nase blutig geschlagen. Er bespuckte Erwachsene, zerstörte Tische und Stühle. Es verging monatelang kein Tag, an dem Fanny nicht mit einer neuen Horror-Story nach Hause kam – bis der Klassenlehrer mit seinen Schülern ein EmpathieTraining absolvierte. In Abwesenheit von Tom erzählte er zunächst dessen Geschichte: Der Junge war vor der Einschulung zwei Jahre lang im Krankenhaus gewesen, weil er Krebs gehabt hatte. In dieser Zeit hatte er überhaupt keinen Kontakt zu anderen Kindern gehabt, «Wir haben gespielt, wie Tom sich wohl fühlt», erzählte meine Tochter. «Ich glaube, er ist vor Angst ganz ausser sich.» Mit unterschiedlichen Rollen probte die Klasse, was eigentlich passiert, wenn einer ausrastet, wochenlang, immer wieder. Auch Tom lernte die Perspektive des Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Erziehung & Schule
Opfers kennen. Seitdem ist nicht alles gut. «Aber Tom ist schon viel ruhiger geworden, seit er zu uns da zugehört», sagt Fanny. Elternhaus als wichtigste Schule
Psychologe Andreas Schick ist davon überzeugt, dass man mit solchen Massnahmen Mobbing und Gewalt an Schulen reduzieren und die Offenheit gegenüber anderen för dern kann. Auch zu Hause muss das passieren, die wichtigste Schule fürs Einfühlungsvermögen ist das Eltern haus. Also darf ich als Mutter nie ausrasten, weil ich dann ein schlech tes Vorbild bin? Ich denke an die vielen Male, bei denen ich deutlich lauter geworden bin, als ich es selbst gut finde. Wo ich gesehen habe, dass meine Kinder schon verschüchtert waren und trotzdem rumgebrüllt habe. «Wenn man das Gefühl hat, über das Ziel hinausgeschossen zu
sein, ist das kein Drama, sondern zutiefst menschlich. Wichtig ist dann, dass man später das Gespräch sucht.» Dass man erklärt, warum man wütend war, und vielleicht sogar bespricht, wie sich die Wut anfühlt. Der Knackpunkt ist letztendlich der Schritt vom blossen Mitfühlen zum Handeln: Es reicht schliesslich nicht aus, die Empfindungen zu tei len und mitzuleiden, wenn daraus keine Hilfe erwächst für den, der sie benötigt. Das erfordert aber manch mal mehr Mut, als man hat. Auch meine Tochter wollte sich gerne bei Nina entschuldigen, über die sie gekichert hatte, wusste aber nicht so recht wie. Sie lachte nicht mehr, wenn wieder ein Witz über das Mäd chen gemacht wurde. «Aber ich traue mich auch nicht, zu sagen, dass ich das falsch finde», sagte sie. Ein paar Tage später hatte sie eine Lösung gefunden. Zusammen mit
ihrer besten Freundin stellte sie sich neben Nina, als die wieder gepie sackt wurde, und erzählte, wie ihr beim Rollschuhfahren am letzten Wochenende die Hose am Po geris sen sei. Und wie schlimm der Nach hauseweg gewesen sei. Nina habe sich gefreut, sagt Fanny. «Das konn te ich fühlen. Und es hat sich gut angefühlt.» <<<
Julia MeyerHermann 43, ist Journalistin und lebt in Hannover. Sie liest ihren beiden Kindern viel vor und ist immer wieder verblüfft, wie bereits blosse Erzählungen heftige empathische Reaktionen hervorrufen.
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Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 77
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Unser Wochenende …
Savognin Bivio Albula
in der Region
Text: Leo Truniger
Chur
Tiefencastel
Parc Ela
Salouf Riom
Bergün
Lai Barnagn
Savognin
Piz Ela
Tinizong Rona
Pensa
Piz Üertsch
Piz Calderas
… Möchten Sie sich ganz dem Forschen widmen? Dann bietet sich Ihnen der Forscherparcours auf der Alp Flix an. Die Tour durch die Moore an den Seen führt zu sechs Posten, an denen Ihre Kinder auf spielerische Art mehr über die Natur erfahren und die Artenvielfalt erkunden können. Mit dem Forscherkit von Professor Fix bauen Sie ein Wasserrad, giessen Tierspuren aus Gips, saugen Spinnen ein und beobachten diese in der Becherlupe. Spannende Informationen erhalten Sie aus dem Forschertagebuch. Erfrischung finden Sie im Berghaus Piz Platta oder auf dem Agritourismo-Hof der Familie Cotti mit Jurtenhotel und Pferderanch. Forscherparcours für 7 bis 12 Jahre; www.savognin.ch > Aktivitäten & Erlebnisse. www.agrotour.ch, www.flix.ch. Forscherkit Fr. 38.– in den Tourismusbüros und Hotels vor Ort
Alp Flix
Marmorera Piz Platta
Bivio
Julierpass Silvaplana
Entdecken … … In der Passlandschaft von Albula, Julier und Septimer in Mittelbünden befindet sich der Parc Ela. Der grösste regionale Naturpark der Schweiz umfasst rund 550 Quadrat kilometer, 200 davon sind unberührte Natur. Eine der schönsten Wanderungen im Park ist die Exploratour. Die Bergwanderung führt Sie vom Julierhospiz La Veduta durch das Val d’Agnel über die Fuorcla digl Leget nach Bivio. Dabei erleben Sie die Erdgeschichte hautnah: Sie wandern sozusagen vom Kontinent zum Ozean, der einst Afrika und Europa trennte, und sehen, wo sich der Urkontinent gespalten und wieder aufgetürmt hat. Hier ist der ehemalige Ozeanbo den nun mit Gras und Moos überwachsen. Mit dem leihbaren Exploratour-Kit können Sie sich mit Ihren Kindern als Forscher betätigen. Es enthält Forschungswerkzeug und Anleitungen für Experimente und Beobachtungen. Länge: 11,4 Kilometer; Wanderzeit: ca. 5,5 Stunden; für Familien mit Kindern ab 12 Jahren; www.parc-ela.ch, www.savognin.ch. Die informative und hilfreiche App Parc Ela gibt es für Android oder iPhone. Exploratour-Kit-Miete: Fr. 18.–
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Erleben … … Eine Bikertour zum Aufwärmen, nicht allzu anstrengend, für Familien und Ungeübte geeignet, ist der «Römer Trail». Den Namen verdankt die Tour dem Römerweg und den Fundstät ten. Von Savognin führt der Trail dem Fluss Julia entlang leicht ansteigend nach Tinizong. Dann wird es etwas steiler, aber der Römerweg nach Rona ist immer noch angenehm zu befahren. Weiter gehts zu den Maiensässen Plaz Beischen und nach Pensa mit Blick ins Val d’Err und nach Proschen und Rudnal, wo verschiedene Funde aus der Römer- und Bronzezeit gemacht wurden. Die Abfahrt durch den Wald nach Savognin schliesst die Tour ab. «Römer Trail» Savognin–Rona–Tinizong–Savognin. Start: Parkplatz Bergbahnen Savognin. Schwierigkeit: leicht; Länge: 17 Kilometer; Dauer: 2 Stunden; Aufstieg/Abstieg: 640 Meter. Bikes können Sie in den Savogniner Sportgeschäften mieten … Oder ist Ihrer Familie eher nach einem Tag mit Spiel, Spass und Erholung? Dann gehen Sie an den Badesee Lai Barnagn. Er liegt mitten in Savognin und hat im Sommer eine angeneh me Temperatur, die zum Verweilen lädt, aber auch Abkühlung verschafft. Kinder können da nicht nur schwimmen, sondern auch ein Badeparadies entdecken. Am Kiosk erhält man fast alles, was es für einen solchen Tag braucht. Badesee Lai Barnagn, Veia Barnagn, Savognin. Kiosk offen ab 13. Mai, je nach Witterung, ohne Speisen; ab 25. Mai von 10 bis 17 Uhr, mit Speisen; 8. Juli bis 20. August von 9 bis 19 Uhr, mit
Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Service
Bilder: Lorenz Andreas Fischer, ZVG
In der Weite des Parc Ela, auf dem Forscherparcours auf der Alp Flix, am Ufer des Lai Barnagn.
Speisen. Saisonende: 22. Oktober 2017. www.savognin.ch > Aktivitäten & Erlebnisse > Weitere Sommer-Erlebnisse
Übernachten … … Auf 1300 m ü. M. oberhalb von Savognin, in Salouf, befindet sich das Aparthotel Ela an ruhiger Lage. Zu mieten sind Studios und Wohnungen mit Bad/WC, TV/Radio, Südbalkon oder Sitzplatz. Hallenbad- und Saunabenützung im Hotel. Das Restaurant bietet regionale Spezialitäten, Biofleisch, frische Gemüse und Salate und ein reichhaltiges Frühstücksbuffet. Kinder bis 5 Jahre gratis im Elternzimmer, 6 bis 11 Jahre 50 Prozent, 12 bis 16 Jahre 30 Prozent. Hotel Ela, Salouf. Preisbeispiel: 2 Nächte für 2 Erwachsene und 2 Kinder (9 und 13) inkl. Frühstück: Fr. 358.–. www.hotel-ela.ch … Wenn Sie’s lieber privat mögen, ist der Hof Collet in Riom ein Tipp. In der gemütlichen 2-Zimmer-Wohnung im Parterre
finden 5 bis 6 Personen Unterschlupf. Die Wohnung besteht aus einem Schlafzimmer mit Doppelbett und Kajütenbett, einer Stube mit Bettsofa, TV/Radio und einer separaten Küche. Badezimmer mit Dusche/WC und Waschmaschine. Der Biobetrieb liegt an sonniger Lage nahe der Burg Rätia Ampla. Im Hofladen gibt es Fleisch von eigenen Natura-BeefKälbern, Wurstwaren von eigenen Kühen und Produkte von Gran Alpin, also aus ökologischem Bergackerbau. Hof Collet, Cadra 7, Riom. Preis pro Tag im Sommer: Fr. 60.–, im Winter: Fr. 80.– bis 100.–. www.collet-riom.ch
Gut zu wissen … … mit der Ela Card von Savognin Bivio Albula kommen Sie in den Genuss verschiedener Preisermässigungen. Bedingungen und Leistungen: www.savognin.ch > Unterkünfte & Angebote
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 79
Service
Vielen Dank
an die Partner und Sponsoren der Stiftung Elternsein:
Finanzpartner
Hauptsponsoren
Dr. iur. Ellen Ringier Walter Haefner Stiftung
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Impressum 17. Jahrgang. Erscheint 10-mal jährlich Herausgeber Stiftung Elternsein, Seehofstrasse 6, 8008 Zürich www.elternsein.ch Präsidentin des Stiftungsrates: Dr. Ellen Ringier, ellen@ringier.ch, Tel. 044 400 33 11 (Stiftung Elternsein) Geschäftsführer: Thomas Schlickenrieder, ts@fritzundfraenzi.ch, Tel. 044 261 01 01 Redaktion redaktion@fritzundfraenzi.ch Chefredaktor: Nik Niethammer, n.niethammer@fritzundfraenzi.ch Verlag Fritz+Fränzi, Dufourstrasse 97, 8008 Zürich,
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Auflage (WEMF/SW-beglaubigt 2016) total verbreitet 101 725 davon verkauft 18 572
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Preis Jahresabonnement Fr. 68.– Einzelausgabe Fr. 7.50 iPad pro Ausgabe Fr. 3.–
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Inhaltspartner Institut für Familienforschung und -beratung der Universität Freiburg / Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz / Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz / Jacobs Foundation / Elternnotruf / Pro Juventute / Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich / Schweizerisches Institut für Kinder- und Jugendmedien
Stiftungspartner Pro Familia Schweiz / Pädagogische Hochschule Zürich / Elternbildung CH / Marie-MeierhoferInstitut für das Kind / Schule und Elternhaus Schweiz / Schweizerischer Verband alleinerziehender Mütter und Väter SVAMV / Kinderlobby Schweiz / kibesuisse Verband Kinderbetreuung Schweiz
BRICKLIVE – FÜR ALLE LEGO®-FANS.
Übernachtungsangebot ab CHF 61 Vom 12. bis 21. Mai 2017 kommt die weltweit grösste Show für LEGO-Fans nach Basel. Während 10 Tagen können Kinder und Erwachsene in der Messe Basel auf über 15'000 m2 ihrer Leidenschaft frönen und nach Herzenslust mit den berühmten Steinen spielen. Mit dem attraktiven Spezialangebot von Basel Tourismus können Sie die LEGO-Show voll auskosten und verbringen die Nacht entspannt in einem Hotel Ihrer Wahl. Weitere Informationen und Buchung unter Tel. +41 (0)61 268 68 68 oder auf www.basel.com/bricklive. 80
BASEL.COM Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Buchtipps
Viola Rohner: Hier ist Minna! Illustrationen von Dorota Wünsch. Peter Hammer, 2016, Fr. 17.90, ab 5 Jahren
Wer den üblichen Erstlesereihen entwachsen ist und sich an ein erstes «richtiges» Buch wagen will, darf nicht gleich entmutigt werden. Zum Glück gibt es Kinderliteratur, die genau diese Zielgruppe bedient und die Freude am Lesen aufrechterhält.
Was kommt nach den Erstlesebüchern? Hier ist Minna!
Bilder: ZVG
M
inna ist ein «strammer Kerl», wie Opa Jan sie nennt. «Kleinigkeit», sagt sie, als ihre Mutter sie bittet, kurz auf die Waschmaschine aufzupassen. Und den Coiffeursalon führen, wenn Opa kurz weg ist? Minna kann das! Was sie in ihrem Alltag in der Phase zwischen Kindergartenabschied und Schulbeginn erlebt, erzählt sie in unbestechlicher Kinderlogik konsequent aus ihrer Perspektive. Als Altersangabe schreibt der Verlag bei «Hier ist Minna!» ab fünf. Tatsächlich eignet sich das Buch gut zum Vorlesen und es ist keine Frage, dass Fünfjährige schon ihre Freude daran haben können. Doch das Kinderbuch der Zürcher Autorin Viola
Rohner bringt Qualitäten mit sich, die zum Selberlesen einladen: Die Schrift ist gross und serifenlos, die Zeile endet mit dem Satz, was die Orientierung im Text erleichtert, und die vielen grossen Illustrationen tragen zum Textverständnis bei und bieten Raum für eine kurze Pause. Viele Verlage haben in den letzten Jahren erkannt, dass es Fortsetzungslektüre für jene Kinder braucht, die die reinen pädagogischdidaktischen Erstlesebücher schon gut meistern. Dicke Kinderromane sind oft noch zu umfangreich und können – müssen aber nicht! – entmutigen. Unterhaltsame und gut geschriebene Kinderliteratur in kurzer Form mit hohem Bildanteil und gut lesbarer Schrift sind hier eine Alternative.
Nebenan die Wildnis Das Abenteuer wartet gleich im Nachbargarten! Petra Posterts «kleiner Roman» über zwei Kinder, die ein verlassenes Haus entdecken, hat schon etwas mehr Text pro Seite, aber auch viele Bilder und eine zumutbare Länge. Tulipan, 2016, Fr. 14.90, ab 7 Jahren
Viele Grüsse, Deine Giraffe Als Giraffe sich langweilt, schreibt sie einen Brief – und bekommt Antwort vom Pinguin! Die Geschichte zweier ganz unterschiedlicher Brieffreunde von Megumi Iwasa eignet sich zum Vor- oder Selberlesen. Moritz, 2017, Fr. 16.90, ab 6 Jahren
Die supergeheime Körnchengang: Der ZweiMillionenKörnerschatz Serien sind bestes Lesefutter, auch schon für kleine Leserinnen und Leser. In der neuen Serie von Katja Alves sind unternehmungslustige Meerschweinchen die grossen Helden. Arena, 2017, je Fr. 13.90, ab 7 Jahren
Verfasst von Elisabeth Eggenberger, Mitarbeiterin des Schweizerischen Instituts für Kinder- und Jugendmedien SIKJM. Auf www.sikjm.ch/rezensionen sind weitere Buchempfehlungen zu finden.
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai 2017 81
Eine Frage – drei Meinungen
Unsere Tochter, 9, spielt seit Kurzem Klavier. Mit dem Üben nimmt sie es nicht so genau; sie meint, sie sei ein Naturtalent. Wie bringen wir ihr bei, dass tägliches Üben einfach dazugehört? Gisela, 45, und Tom, 39, Glarus
Nicole Althaus
Naturtalent oder nicht. Der Mensch hat eine natürliche Tendenz, das Vergnügen der Arbeit vorzuziehen. Wenn Sie wirklich wollen, dass Ihre Tochter übt, dann schreiben Sie es ihr vor. Freiwillig setzen sich nur die allerwenigsten Kinder ans Klavier. Und ein tiefes Verständnis für den Sinn täglichen Übens können Sie von einer Neunjährigen auch nicht erwarten. Erst Hausaufgaben, dann Üben, dann das Vergnügen. Wenn Sie sich daran halten, wird es Ihre Tochter auch tun.
Tonia von Gunten
Am besten lernt der Mensch, indem er sich für etwas begeistert. Mit Druck hingegen erreichen Sie auf Dauer gar nichts. Am allerwenigsten, dass Ihre Tochter dadurch ihre heutige Freude am Klavierspielen behält. Hören Sie ihr immer wieder beim Üben zu und erfreuen Sie sich an den kleinen Fortschritten. Es bleibt dabei zu hoffen, dass Ihre Tochter sich weiterhin fürs Klavierspielen interessiert – Naturtalent hin oder her!
Peter Schneider
Nicole Althaus, 48, ist Kolumnistin, Autorin und Mitglied der Chefredaktion der «NZZ am Sonntag». Zuvor war sie Chefredaktorin von «wir eltern» und hat den Mamablog auf «Tagesanzeiger. ch» initiiert und geleitet. Nicole Althaus ist Mutter von zwei Kindern, 16 und 12. Tonia von Gunten, 43, ist Elterncoach, Pädagogin und Buchautorin. Sie leitet elternpower.ch, ein Programm, das frische Energie in die Familien bringen und Eltern in ihrer Beziehungskompetenz stärken möchte. Tonia von Gunten ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern, 10 und 7. Peter Schneider, 59, ist praktizierender Psychoanalytiker, Autor und SRF-Satiriker («Die andere Presseschau»). Er lehrt als Privatdozent für klinische Psychologie an der Uni Zürich und ist Professor für Entwicklungspsychologie an der Uni Bremen. Peter Schneider ist Vater eines erwachsenen Sohnes. Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: redaktion@fritzundfraenzi.ch
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Mai 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Bilder: Anne Gabriel-Jürgens / 13 Photo, Pino Stranieri, HO
Dass sie kein Naturtalent ist, dürfte sie bald schon selber merken. Ob es sie dazu bewegt, anzuerkennen, dass sie deshalb mehr üben muss, wird sich zeigen. Bis dahin bleibt Ihnen wohl nichts anderes übrig, als sie zum täglichen Üben anzuhalten. Und sich schon mal darauf einzustellen, dass sie vermutlich keine zukünftige Martha Argerich in der Familie haben, sondern eine Hobbypianistin, die Ihnen später einmal wahlweise vorwerfen wird, dass sie immer auf dem Klavier üben musste, oder aber, dass ihre Eltern sie nicht konsequent genug zum Üben angehalten haben.
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Wie schmeckt Steak? Jetzt entdecken: in Ihrer Migros Metzgerei.
Geschmacks-Tipp vom Chefmetzger Kauen Sie jeden Bissen mindestens 20 Mal. So gibt das Fleisch sein volles Aroma frei. Probieren Sie es aus!
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