›› FRIZZ EXIT Redaktion: Heidi Zehentner SPEAKERS‘ CORNER
INTERVENTION IM BAHNHOFSVIERTEL
Ich wünschte hier wäre I wish here was Je souhaite qu‘il y ait ici ›› ichwuenschtehierwaere.net
„Ein warmes Bett ... keine Polizei ... eine öffentliche Toilette für Frauen ... legale Drogen ... eine Bibliothek ... ein Jugendzentrum ... eine Ampel ... Seenotrettung für alle ... ein Zuhause .... weniger Verkehr ... Parkbänke ... Bäume ... eine Spielstraße... ein Trinkwasserbrunnen ... eine offene Gesundheitsstation ... Sozialwohnungen“ Die Wünsche, die die Menschen im Bahnhofsviertel haben, sind so unterschiedlich wie sie selbst. Ihnen ein Forum zu geben, um besser gesehen und wahrgenommen zu werden, hat sich die Initiative „Common Ground“ zum Ziel gesetzt.
I
m Frankfurter Bahnhofsviertel prallen Gegensatze aufeinander wie sonst kaum mehr in Deutschland, Banken und Junkies, Szeneläden und Rotlicht-Etablissements. Reich und Arm. Doch gerade Letzteren fehlt zumeist die Möglichkeit, ihre Vorstellungen von einem besseren Leben im Kiez kundzutun. „Wir wünschen und wir wollen Raum zum Wünschen aufmachen“, erklärt die Bahnhofsinitiative „Common Ground“ ihren Plan für ein lebenswerteren Bahnhofsviertel. Sie markieren mit rot-weißen Stickern Orte, an denen ein anderes, solidarischeres und menschenwürdigeres Viertel vorstellbar wäre als graue Häuserblocks, Straßen ohne Übergang, leerstehende Läden, Sperrmüll. Auf die Sticker kann jede:r ihren oder seinen Wunsch schreiben. Neben realen Wünschen mit der dringenden Bitte um eine Frauentoilette oder eine Parkbank zum Ausruhen, sind auch Sehnsuchtswünsche nach dem Meer, der Familie … mehr Gerechtigkeit formuliert. Das Viertel werde bedrängt durch ständige Polizeieinsätze, verstärktes racial profiling, Kriminalisierung von Drogennutzenden, Verfolgung von Dealer:innen, menschenfeindliche Berichterstattung und dem ständigen Ruf nach Sauberkeit und Ordnung, so die Initiative. „Uns stört das Nicht-Benennen der Ursachen – die Klassengesellschaft, die Not, die aus der Kriminalisierung der Drogen kommt, der Rassismus, der verhindert, dass Leute zu Wohnungen kommen, die patriarchalen Strukturen und Sexismus.“ Das Bahnhofsviertel ist aber auch gleichzeitig ein Ort, an dem viele ankommen und durchkommen. Und auch hier sieht die Gruppe dringenden Handlungsbedarf, denn es gehe nicht nur um Sauberkeit und Sicherheit, sondern auch um einen Ort, der Frankfurtbesucher:innen alle Facetten des Viertels aufzeigen, jede und jeden willkommen heißen könne. Ein Ort, der Begegnungen aller Art ermöglichen und der so toll und besonders sein könnte und auch schon ist. „Common Ground“ ärgert es, dass über die Köpfe der meisten Leute hier hinweg scheinbar alle besser wissen würden, was das Bahnhofsviertel brauche: Ordnung, Sauberkeit, Polizei, im besten Fall noch mehr Sozialarbeiter:innen. Verdrängung, Verwaltung, Verschleierung ... Aber wer entscheidet, was gebraucht wird und wie werden die Maßnahmen beschlossen, die das Leben in diesem Viertel prägen? Wer wird dabei nicht gefragt? Und was wird dabei nie berücksichtigt? „Wir wollen endlich mal wieder anfangen, einfach draufloszuträumen, der Fantasie keine Grenzen mehr zu setzen, und nicht zu verstummen, weil wir glauben, dass eh nichts passiert, weil wir als Einzelne sowieso nichts in der großen Stadtplanungspolitik bewirken können.“ Überall kleben die kleinen rot-weißen Zettel mit darauf vermerkten Wünschen und es bleibt zu hoffen, dass diese auch von Entscheidungsträgern wahrgenommen und vor allem ernstgenommen werden. Nicht zuletzt zeige man auf, dass die einfachen Leute, diejenigen, die durch Armut, Obdachlosigkeit, Suchterkrankung ... keine Stimme haben, nicht aufgegeben haben, zu träumen von einem besseren Leben im Bahnhofsviertel. Ich wünschte, hier wäre …
VORSCHAU
2021
Mir gegenüber baut sich gerade ein großer Bildschirm auf, auch mein Mann wird nun komplett ins Homeoffice wechseln, sprich seiner Arbeit in unserem Wohnzimmer nachgehen. Und das ist gut so, das trage ich zur Gänze mit und befürworte auch eine strenge Regelung. Wir müssen die Pandemie in den Griff bekommen. Die Maßnahmen sind für mich nachvollziehbar, doch die derzeitige Situation ist immer schwerer ertragbar. Die Hoffnung schwindet und das Gefühl von ungerechter Verteilung der Kontaktbeschränkungen steigt. Medizinische Masken tragen in den Öffentlichen ist Pflicht, doch was nutzt das, wenn die Bahnen voll sind? Wir treffen nur noch eine einzige Person, doch in den Kirchen dürfen es bis zu zehn aus verschiedenen Haushalten sein? Eine junge Frau wurde kürzlich von einem regionalen Sender befragt, warum sie trotz dringlicher Bitte, es nicht zu tun, ein überlaufenes Winterfreizeit-
Heidi Zehentner, Redaktionsleitung
gebiet aufsuchen würde. Ihr Kind habe noch nie Schnee gesehen, so die sich völlig im Recht mutende Mutti, und hält ihr eineinhalbjähriges (!) Kind in die Kamera …! Ich zählte und zähle zu jenen, die an die Maßnahmen glauben. Würden sich alle daran halten, würden die Inzidenzzahlen radikal nach unten gehen. Das ist wissenschaftlich bewiesen. Wenn sich alle daran halten … Wenn nicht, Lockdown in Wellen forever?! Und doch hat 2021 in mancherlei Hinsicht auch Gutes zu verzeichnen. Das Impfen hat begonnen und wird sich mit der Zeit auch sicherlich flüssiger umsetzen lassen. Die CDU geht auch zukünftig einen moderaten Gang und Amerika hat einen neuen Präsidenten, einen, der Hoffnung macht. Und die brauchen wir alle gerade am allermeisten.
Kommunalwahl 2021 in Frankfurt. Am 14. März wird an die Wahlurnen gebeten. Was SPD, CDU, GRÜNE und Co. für uns tun wollen, verraten wir in der Märzausgabe.
Die nächste Ausgabe erscheint am 28. Februar
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Februar 2021
frizz-frankfurt.de