UNI FRIZZ Frankfurt Sommersemester 2022

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›› UNI FRIZZ SPRACHE

Wie halten es die Hochschulen mit dem Gendern?

TEILHABE FÜR ALLE © Tim Mossholder by Unsplash

Studierende, Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Professor:innen. An einigen Hochschulen im deutschsprachigen Raum ist das Verwenden von gendersensibler Sprache verpflichtend. Da droht auch schon mal Punktabzug für die, die es verweigern. Wie ist das an den hiesigen Hochschulen? UniFRIZZ hat sich umgehört.. ›› Daniela Halder-Ballasch

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endersensible Sprache, was ist das eigentlich? Sie „bezeichnet einen Sprachgebrauch, der in Bezug auf Personenbezeichnungen die Gleichbehandlung von Frauen und Männern und darüber hinaus aller Geschlechter zum Ziel hat und die Gleichstellung der Geschlechter in gesprochener und geschriebener Sprache zum Ausdruck bringen will“, sagt Wikipedia.

ROSA UND HELLBLAU „‚Mitmeinen‘ reicht nicht, wenn alle angesprochen werden sollen!“, schreibt das Büro für Gleichstellungsfragen der Uni Magdeburg auf seiner Webseite. Gendern soll sprachlich alle Menschen einschließen, Klischees und Stereotype überwinden. Also kein „schwaches Geschlecht“, kein „typisch männliches Verhalten“, keine Strampler in rosa für Mädchen und in hellblau für Jungs. „Es gibt eben nicht nur Piloten oder Mechaniker, sondern auch Pilotinnen und Mechanikerinnen“, sagt Margit Göttert, die Frauenbeauftragte der Frankfurt University of Applied Sciences. „Man weiß aus Untersuchungen, dass sich etwas in unseren Köpfen ändert, wenn wir uns dies vergegenwärtigen: Stereotypen werden aufgeweicht, Dinge werden selbstverständlicher.“

BUNTER FLICKENTEPPICH Eine Sprache, die alle Menschen einschließt. Das klingt in der Theorie gut, erzeugt aber in der Praxis oft Widerstände. Teilnehmer, Teilnehmende oder alle, die teilnehmen? Welche Formulierung ist gendersensibel genug? In Deutschland gibt es (noch) keine einheitliche Verfahrensweise. Auch nicht an Hochschulen. Einige gendern nicht, andere tun es und bieten dazu Handreichungen. Und an manchen Hochschule außerhalb Deutschlands wie der FH Vorarlberg, der Universität St. Gallen oder der Fachhochschule des bfi Wien können Lehrende selbst entscheiden, ob sie das Gendern als notenrelevantes Kriterium ansehen. Dieser bunte Flickenteppich an Möglichkeiten spiegelt die Unsicherheit im Umgang mit der gendersensiblen Sprache.

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DR. ANJA WOLDE, ZENTRALE GLEICHSTELLUNGS-BEAUFTRAGTE DER GOETHE-UNI Wie halten Sie es an der Hochschule mit der gendersensiblen Sprache? Es gibt eine Broschüre dazu, aber das sind keine Regeln oder Vorgaben, sondern Empfehlungen für die Hochschulangehörigen. Sie sollen zeigen, welche Möglichkeiten man beim Gendern hat. Als Sonderzeichen verwenden wir den Genderstern. Wie reagieren die Studierenden in Bezug auf die gendersensible Sprache? Dazu kommen bei mir nur wenige Rückmeldungen an. Meine vage Beobachtung ist, dass das danach variiert, wie viel Reflexion es zum Thema Gender an sich gibt. Insbesondere in den sozialund geisteswissenschaftlichen Fächern wird das Gendern stärker erwartet als zum Beispiel in den Naturwissenschaften. Was halten Sie persönlich von der gendersensiblen Sprache? Sprache bildet Wirklichkeit nicht nur ab, sondern formt sie auch. Und sie kann neue Verhältnisse schaffen. Daher ist es wichtig, was wir sprechen. Wenn es größere Gruppen gibt, die sich in der Sprache nicht repräsentiert und gesehen fühlt, dann ist es doch ein Gewinn, so zu sprechen, dass sich möglichst viele auch angesprochen fühlen. Was läuft falsch in der Debatte rund um die gendersensible Sprache? Vielen haben den Eindruck, dass die Idee, mit Sprache sensibler umzugehen bedeutet, dass da etwas verboten werden soll. Das stimmt nicht. Es geht nicht um Verbote. Es geht um ein Bemühen, so viele Menschen wie möglich anzusprechen und zu repräsentieren. Zu welcher Fraktion gehören Sie: Bürgermeisterkandidat oder Bürger:innenmeister:innenkanditat:innen? Zu keiner. Das eine ist so schlecht wie das andere. Ich würde hoffen, dass man das kreativer löst: Personen, die für das Amt des Bürgermeisters kandidieren. Hier ist die Benennung des Amtes keine geschlechtliche Bezeichnung mehr. f rizz-frankfurt.de


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