4 minute read

Wechselwochen – Auf die Plätze

Auf die Plätze...

Es geht wieder los. Wie jedes Jahr machen sich die deutschen Autofahrer die Mühe, Anbieter und Preise zu vergleichen – und dann eventuell zu wechseln. Ob sie so langfristig sparen, steht allerdings dahin. Denn die Beitragsentwicklung ist ein ständiges Auf und Ab. Denn nach den zu Anfang groß angekündigten Telematik-Tarifen gilt es in jedem Fall lange zu suchen. Der große Durchbruch ist ihnen bislang nicht gelungen.

Für die Kfz-Versicherer stehen die heißesten Wochen des Jahres bevor – und Millionen Autofahrer denken über einen Anbieterwechsel nach. So die jedes Jahr wiederkehrende Lesart. Stimmt sie aber auch? Das Marktforschungs- und Umfrageinstitut YouGov hat vor einem Jahr bei den Kfz-Haltern nachgefragt – und es spricht nichts dagegen, dass die Situation in diesem Jahr wesentlich anders sein wird. Offenbar verhält es sich hinsichtlich der Wechselbereitschaft wie mit Scheidungsverfahren vor Gericht: Es geht nur ums Geld. Autofahrer können bis zum 30. November ihre Kfz-Versicherungen kündigen und sich nach neuen Angeboten umsehen. Und von dieser Möglichkeit machten die Versicherungskunden beim letzten Mal wieder vermehrt Gebrauch. Die Wechselbereitschaft war nach einem Rückgang 2017 wieder deutlich angestiegen: 23 % der Befragten dachten über einen Wechsel nach. Wie im Vorjahr hatten 7 % der wechselbereiten Befragten den Wechsel ihrer Kfz-Versicherung bereits vollzogen. Mehr als ein Viertel (27 %) wollten noch im selben Jahr zu einem anderen Anbieter wechseln, zwei Drittel planten den Wechsel im nächsten Jahr. Zwei Drittel der Befragten wollten durch den Wechsel ihrer Kfz-Versicherung Geld sparen. Bei 15 % war ein höherer Tarif Grund für den Wechsel. Ein besserer Service oder schlechte Erfahrungen mit dem aktuellen Anbieter waren im Vergleich dazu nachrangig: Lediglich 6 % wechselten ihre Kfz-Versicherung, da sie sich besseren Service wünschten. Nur 4 % waren mit Schadenabwicklung oder Betreuung ihres aktuellen Versicherers unzufrieden und wollten deswegen wechseln. „26 % der Wechselbereiten denken ohnehin jedes Jahr über einen Wechsel ihrer Kfz-Versicherung nach“, sagte Peter Mannott, Team Manager Custom Research.

Makler interessiert die Beitragsentwicklung kaum

Lange Jahre hatten die Kfz-Versichere dabei über nicht auskömmliche Beiträge geklagt. Und jetzt? Ist das Beitragsniveau eigentlich auskömmlich? Michael Ludwig, Abteilungsdirektor Kraftfahrt bei der BGV, sagt dazu: „Im Privatkundensegment ja, entsprechende Beitragsanpassungen in Größenordnung der Inflationsentwicklung nehmen wir vor.“ Dr. Jürgen Cramer, Vorstandsvorsitzender der Sparkassen DirektVersicherung, beurteilte dies hingegen völlig anders:

„Die Nicht-Versicherungstechnik geht zunehmend mit den Erträgen Richtung Null. Die Combined Ratio muss also deutlich unter 100 liegen, will man die kalkulatorischen EK-Kosten erwirtschaften. Ob man das vor dem Hintergrund des angedrohten Preiswettkampfs wird erreichen können, ist aus meiner Sicht eher zweifelhaft.“ Folgt man Oliver Pradetto, Geschäftsführer bei blau direkt, sehen die

Makler dies entspannt: „blau direkt lebt mit jedem Beitragsniveau gut. Für den Makler macht es kaum einen Unterschied, ob der Kunde 420 oder 440 Euro Durchschnittsbeitrag entrichtet. Sind die Preise niedrig, kann der Makler neue Kunden gewinnen. Sind sie hoch, profitiert der Makler durch wachsende Bestandseinnahmen.“ Die ganze Preiskampfgeschichte im Kfz-Versicherungsmarkt sei mehr eine Sache der Versicherer, wenn sie neue Kunden wollten und ihnen nichts einfalle, senkten sie den Preis. Geschäftsführer Kfz-Versicherung bei CHECK24. „Erfahrungsgemäß steigen die Kfz-Versicherungsbeiträge bis zum Sommer noch weiter an.“ Der Langzeittrend zeige: Die Durchschnittspreise für eine Kfz-Haftpflichtversicherung steigen kontinuierlich an. Im November 2018 kostete der Pflichtschutz für den Pkw im Schnitt 276 Euro pro Jahr. Das sind 45 % mehr als im November 2009 (191 Euro). Die Preisschwankungen innerhalb eines Jahres werden dagegen kleiner. Der Unterschied zwischen dem günstigsten

lerne man, wie mit der Digitalisierung im Kfz-Bereich und bei Versicherungs-Produkten umzugehen sei. Beim Telematik-Produkt setze man auf größtmögliche Transparenz, um Vorbehalte etwa hinsichtlich des Datenschutzes abzubauen. Telematik-Lösungen bedeuteten eine große Chance für Kunden, und die Akzeptanz werde mit zunehmender Verbreitung vergleichbarer Produkte weiter zunehmen. Das sehen aber nicht alle Versicherer so, beispielsweise die BGV. Ludwig sagt: „Wir

Stellt sich die Frage, ob es tatsächlich viel zu sparen gibt. Offenbar lohnt sich langfristig gesehen ein Wechsel nur für eine bedingte Zeitspanne, wie CHECK24 nach der vorigen Wechselsaison festgestellt hat.

Gibt es eigentlich viel zu sparen?

Die Beiträge für die Kfz-Versicherung zogen nach der Wechselsaison im vergangenen Herbst kräftig an. Seit dem Tiefpunkt im November 2018 sei der durchschnittliche Kfz-Haftpflichtbeitrag um 17 % gestiegen. Für den Zeitraum November bis Januar sei dies der stärkste Anstieg seit Jahren gewesen. „Der Preisanstieg nach der Wechselsaison 2018 fällt außergewöhnlich stark aus“, sagte Dr. Tobias Stuber,

finanzwelt extra Kfz 05 | 2019 und dem teuersten Monat lag 2009 bei 37 %, 2018 waren es nur 17 %. Ein besonderes Highlight für Kunden zum Sparen sollten eigentlich mit Rabatten versehende Telematik-Tarife werden. Doch nur noch elf Versicherer bieten Kunden laut finanztip. de solche Tarife an. Im vergangenen Jahr seien es noch 14 gewesen. Einer der aktuellen Anbieter ist die VHV, wie Dr. Per-Johan Horgby, Vorstand Kraftfahrt bei der VHV, bestätigt: „Die VHV hat mit dem VHV TELEMATIKGARANT vor ca. vier Jahren ein KFZ-Telematik-Produkt in Deutschland auf den Markt gebracht. Wir sehen Telematik-Lösungen in der Kfz-Versicherung weiterhin als eines der Zukunftsfelder an. Es lohnt sich, schon jetzt Wissen aufzubauen.“ Gemeinsam mit Vermittlern und Kunden haben hierzu ein Modell zur automatischen Übersendung der Kilometerzahl mit Hilfe eines Smart-Steckers getestet, sind nach einer gewissen Pilotphase aber wieder davon abgekommen.“ Man beobachte die Kundenakzeptanz von Telematik-Tarifen weiter und werde hier zum richtigen Zeitpunkt wieder aktiv. Deutlich rigoroser ist Dr. Cramer: „Wir waren der erste deutsche Kfz-Versicherer, der im Privatkundengeschäft ein Telematik-Angebote brachte. Nämlich 2013. Und wir waren auch der Erste, der wieder ausstieg. Grund: Kosten höher als Nutzen.“ Und Pradetto sieht ebenfalls keine Zukunft für das Projekt: „Das ist immer noch ein Flopp. Es ist nicht erkennbar, dass der Daten-Striptease des Kunden ihm gewichtige Vorteile bringt.“ (hdm)

This article is from: