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Vertrieb von Kfz-Versicherungen – Alles nur ein

Alles nur

ein Mythos?

In Deutschland sind ca. 44 Mio. Autos zugelassen, die alle versichert sein müssen. Jedoch bleiben die Vermittler bei diesen Produkten häufig außen vor – heißt es zumindest. Sowohl Makler als auch Versicherer machen aber ganz andere Erfahrungen.

Im Herbst fallen die Blätter – und die Autobesitzer über ihre Computer her: Dann wird auf einschlägigen Vergleichsportalen nach dem günstigsten Tarif für die Kfz-Versicherung gesucht. Versicherungsvermittler bleiben von diesem ganzen Prozess unberührt, denn wer schließt noch ein so einfaches Produkt wie eine Kfz-Versicherung, bei dem weder Gesundheitsfragen noch ähnliche Stolperfallen lauern, über seinen Vermittler ab, wenn es doch Check24 und Co. gibt? Zumindest wird das teilweise so behauptet. Die Realität sieht allerdings etwas anders aus. „Die Aussage, dass die Kfz-Versicherung hauptsächlich online vertrieben wird, trifft auf die EUROPA nicht zu“, erklärt Falko Struve, Vorstandsmitglied der EUROPA Versicherung AG. Er erklärt aber, dass der Online-Vertrieb dennoch eine große Rolle spielt. „Wenn man unter online www.europa.de und das Onlineportalgeschäft versteht, dann ist es sicherlich ein wichtiger Zugangsweg. Allerdings ist das Vermittlergeschäft für die EUROPA auch in der Kfz-Versicherung ein mindestens gleichwertiger Vertriebsweg“, so Struve weiter. Bei der R+V macht man ebenfalls die Erfahrung, dass der personenbezogene Vertrieb bei der Kfz-Versicherung nach wie vor eine große Rolle spielt. „Wir vertreiben über alle Vertriebswege, auch über unseren großen Maklermarkt“, berichtet Harald Seliger, Abteilungsdirektor Underwriting und Vertrieb bei der R+V Allgemeine Versicherung AG.

Dass die Kfz-Versicherung nach wie vor eine große Rolle im persönlichen Vertrieb spielt, bestätigt auch Oliver Pradetto. „Etwa jede fünfte Versicherung die über uns abgewickelt wird ist eine Kfz-Versicherung“, berichtet der blau direkt-Geschäftsführer, der zugleich aber auch eine sehr ungleiche Verteilung dieser Versicherungsart bei den Maklern beobachtet. „Auffällig ist dabei, dass es einerseits Makler gibt, die so gut wie gar keine Kfz-Versicherungen verkaufen, das Risiko also quasi als Prinzip ablehnen. Andere vertreiben die Versicherung entsprechend häufig, weil sie das Produkt als Einstiges- & Bindeprodukt betrachten.“ Diese Makler seien allerdings untereinander sehr heterogen. „Innerhalb dieser Gruppe gibt es diejenigen, die wie zu Omas Zeiten alles persönlich und manuell für den Kunden erledigen. Denen steht die Gruppe derer gegenüber, die ihre Kunden dazu motiviert haben alles über ihre Webseite selbst zu erledigen“, so Pradetto weiter. Wie die Makler konkret mit dem Produkt Kfz-Versicherung umgehen, ist laut Pradetto eine sehr individuelle Entscheidung. „Ob ein Makler alles persönlich macht, das Risiko total ablehnt oder seinen Kunden lediglich die Möglichkeit bietet es selbst zu tun, die Unterscheidung hängt nie am Kunden, sondern ausschließlich an der Haltung des Maklers zu dieser Frage.“

Versicherer können Vermittler unterstützen

Auch im Vermittlergeschäft funktioniert der Vertrieb von Kfz-Versicherungen nicht vollständig offline. „Hier gilt wie immer bei der EUROPA, dass wir unsere Partner mit schnellen, schlan

ken und vielfach onlinebasierten Prozessen unterstützen“, so Falko Struve. Auch die VHV unterstützt Makler dabei, dass der Vertrieb von Kfz-Versicherungen keine Domäne der Vergleichsportale bleibt. „Gleichwohl bieten Online-Tools Maklern neue Möglichkeiten der Beratung. Mit innovativen Tools ermöglichen wir den Vertriebspartnern der VHV mit ihren Kunden in digitalen Kontakt zu treten. Damit können Sie ihren Kunden eine bedarfsgerechte Beratung bieten, über den Kanal, den die Kunden wünschen“, so Dr. Per-Johan Horgby, Mitglied des Vorstands, Kraftfahrt der VHV Allgemeine Versicherung AG.

Persönliche Beratung ist gefragt

Der Abschluss einer Kfz-Versicherung über ein einschlägiges Vergleichsportal mag leicht sein und schnell gehen – ob er am Ende auch zum gewünschten Versicherungsschutz führt, steht aber auf einem anderen Blatt. „Was vielfach unterschätzt wird und wo der Gang zum Vermittler vor Ort hilft, ist bei der Frage, welchen Versicherungs-

schutz man konkret braucht. Dies beinhaltet nicht nur die verpflichtende Kfz-Haftpflichtversicherung, sondern vor allem den individuellen Absicherungsbedarf des Kunden. Welche zusätzlichen Versicherungsbausteine brauche ich individuell? Beispielsweise eine GAP-Deckung für Leasingfahrzeuge ist nur wenigen ein Begriff und kann online schnell vergessen werden, wenn ich als Kunde nur auf den günstigsten Preis achte“, gibt Dr. Per-Johan Horgby zu bedenken. „Unsere Erfahrung ist, dass der Vermittler vor Ort als persönlicher Ansprechpartner für den Kunden nach wie vor sehr wichtig ist. Das gilt auch für die Kfz-Versicherung. Das Online-Geschäft wird zwar immer wichtiger, doch der Vermittler vor Ort und auch die Versicherungsmakler spielen beim Vertrieb der Kfz-Versicherungen immer noch eine weitaus größere Rolle“, sieht auch Michael Ludwig Abteilungsdirektor Kraftfahrt beim BGV, die persönliche Beratung als einen wesentlichen Vorteil an, den ein Vergleichsrechner nicht einfach ersetzen kann. Harald Seliger beobachtet sogar, dass mancher Kunde dem Online-Vertrieb den Rücken gekehrt hat. „In den vergangenen Jahren sehen wir verstärkt, dass Kunden wieder in den personengestützten Vertrieb zurückkommen, egal ob Ausschließlichkeit oder Makler.“ Das treffe besonders auf eine bestimmte Gruppe von Versicherten zu. „Das sind überwiegend die Kunden, die Stress gehabt haben, sei es, bspw. wegen einer falschen Police, die Rechnung stimmte nicht mit dem Angebot überein oder in der Schadensabwicklung hat es nicht gepasst. Ich glaube, hier liegt eine Chance für den personenbezogenen Verkauf.“

Dass im Bereich der Kfz-Versicherung der persönliche Vertrieb nach wie vor wichtig ist, unterstreicht auch die Vertriebswege-Statistik des GDV, wonach im vergangenen Jahr „nur“ ein Fünftel des Kfz-Neugeschäfts über den Direktvertrieb, also über die Webseiten von Versicherungsunternehmen oder Vergleichsportale, abgewickelt wurde. Vier Fünftel wurden also noch auf anderen Vertriebswegen verkauft. Vermittler sollten das Thema Kfz also weiterhin im Fokus haben. Denn mit einem kann er hier besonders gut punkten: Mit sich und seiner Expertise. (ahu)

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