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Dieselgate hinterlässt Spuren – Interview mit

Dieselgate hinterlässt Spuren

Wohin werden sich die Beiträge in der Kfz-Versicherung entwickeln? Ist Wachstum wichtiger als Kundentreue? Muss es für Elektrofahrzeuge künftig völlig neue Versicherungstarife geben? Wohin entwickeln sich Telematik-Tarife. Und bedeutet autonomes Fahren irgendwann das Aus für die Kfz-Versicherung? Alles spannende Fragen, über die finanzwelt mit Dr. Per-Johan Horgby, Vorstand Kraftfahrt der VHV Versicherung, gesprochen hat.

finanzwelt: Das Jahreswechselgeschäft 2020 steht vor der Tür. Womit gehen Sie in diesem Jahr ins Rennen? Dr. Per-Johan Horgby: Wir setzen auf unseren bewährten Tarif KLASSIK-GARANT, der sich mit dem Zusatzbaustein EXKLUSIV zu einem Premium-Schutz mit maximaler Sicherheit ausbauen lässt. Darüber hinaus bieten wir mit dem VHV TELEMATIK-GARANT lukrative Rabattchancen. Grundsätzlich wurden die Kfz-Tarife für Privat und Gewerbe zum Oktober neu kalkuliert – es ist ein attraktiver Tarif entstanden. Wie bereits im letzten Jahr, bieten wir diesen nicht nur für das Wechselgeschäft, sondern für alle unsere Kunden bis zum 30.03.2020 an. Zudem haben wir Anpassungen bei den Tarifmerkmalen, den SF-Staffeln und den Leistungen vorgenommen.

» Wir können uns vorstellen, dass der Mensch 2050 vielleicht nicht mehr singulär eine Kfz-Versicherung abschließt, sondern die Mobilität eines Menschen als Ganzes versichert wird. «

finanzwelt: Welche Entwicklung erwarten Sie für die Wechselsaison hinsichtlich der marktweiten Kfz-Prämien? Dr. Horgby: Wir glauben, dass der Markt weitestgehend stabil bleibt. Warum? Erstens: die Prognose vom GDV ist, dass die Combined Ratio im Jahr 2019 bei 99 % liegen wird. Damit macht die Branche zwar keine Verluste, aber das ist eine Verschlechterung zum Vorjahr um 3 %. Zweitens: Im Flottenbereich machen fast alle Anbieter Verluste – und das seit Jahren. Und Drittens: Die Auswirkungen des

24 sogenannten „Dieselgates“ auf die Autoversicherungen setzen sich fort, das heißt die Ersatzteilpreise steigen wie nie zuvor. All das führt dazu, dass es keinen Spielraum für Preissenkungen im Markt gibt.

finanzwelt: Die VHV ist der viertgrößte deutsche Kfz-Versicherer. Sind Sie langfristig zufrieden mit diesem Platz – oder wollen Sie mehr? Dr. Horgby: Wachstum ist der Applaus der Kunden – und der Makler! Wenn wir den Job gut machen, dann werden wir weiterwachsen. Wir gehören zu den größten Kfz-Versicherern in Deutschland, unser Marktanteil in der Kfz-Versicherung liegt wie im Vorjahr bei ca. 5 %. Das Vertrauen unserer Kunden ist groß und sicherlich werden wir noch mehr Kunden für die VHV gewinnen können. Ein stetiges und nachhaltiges Wachstum gemeinsam mit unseren Vermittlern und Kunden ist das, was die VHV ausmacht.

finanzwelt: Was bedeutet denn der Umstieg auf E-Mobilität für Ihr Geschäft? Dr. Horgby: Beim Thema Elektromobilität geht es primär um eine weitere Antriebsart der versicherten Fahrzeuge, wie auch um Benziner oder Dieselmotoren. Die Schadenentwicklung spricht aktuell nicht dafür, dass man für E-Fahrzeuge ein eigenes Produkt benötigt, wie sie bei einigen Wettbewerbern zu finden sind. Gleichwohl kann es mit zunehmender Verbreitung für die Branche spannend werden. So hat ein E-Auto weniger Systemkomponenten, wenn man z. B. an den Antriebsstrang denkt. Dem gegenüber steht jedoch der hohe Wert der Antriebsbatterie, die im Falle eines Verkehrsunfalls häufig ausgetauscht werden muss. Hieraus erwachsen natürlich auch Bedarfe, unsere Sachverständigen für Elektrofahrzeuge kontinuierlich weiterzubilden.

finanzwelt: Und das Thema Autonomes Fahren? Dr. Horgby: Das ist ein spannendes Thema, mit dem sich die VHV seit mehreren Jahren beschäftigt. Die Technik kann helfen, Unfallschwere und Häufigkeit zu senken. Hier muss sich der Mensch jedoch auch auf die Technik einlassen, sie verstehen und aktiv nutzen. Daher rechnen wir nicht mit einem „Big Bang“, sondern mit einer längeren Übergangsperiode, wie man es schon von Assistenzsystemen kennt.

finanzwelt: Lassen Sie uns ganz allgemein in die Zukunft schauen, sozusagen einen Blick in die Glaskugel wagen. Die Mobilität der Menschen wird sich nicht nur deutschland-, sondern weltweit grundsätzlich verändern? Welche Auswirkungen halten Sie für die herkömmliche Versicherung von Kraftfahrzeugen für denkbar? Dr. Horgby: Wir können uns vorstellen, dass der Mensch 2050 vielleicht nicht mehr singulär eine Kfz-Versicherung abschließt, sondern die Mobilität eines Menschen als Gan

Dr. Horgby: Wir haben im vergangenen Jahr Vermittler befragt, welche Social-Media-Kanäle sie nutzen und welche Unterstützung von Versicherern sie sich wünschen. Die Ergebnisse haben uns gezeigt, dass Vermittler vor allem über WhatsApp und Facebook mit ihren Kunden kommunizieren. Ein Großteil der befragten Vermittler hat uns in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass sie sich mehr Unterstützung in Form von Posts, Bildern und Videos wünschen und VHV Versicherungstipps gerne tei

zes versichert wird. Dennoch wird es auch hier weiterhin eine Daseinsberechtigung für Kfz-Versicherungen geben. Nur wäre in einem solchen Szenario vielleicht nicht nur ein einzelnes Auto je Kunde zu versichern, sondern das Nutzungsverhalten des Kunden – je nach Wahl des genutzten Verkehrsmittels.

finanzwelt: Welches Highlight werden Sie auf der DKM präsentieren? Dr. Horgby: Die VHV hat auch in diesem Jahr wieder einige interessante Highlights zu bieten. So können unsere Vertriebspartner das neue Maklerverwaltungsprogramm „meinMVP“ vor Ort testen. Zudem stellen wir die neue leistungsstarke Privathaftpflicht und das neue Gewerbeprodukt Firmenprotect Handel, Handwerk und Dienstleister (HDD) am Stand und in Workshops vor. Und zu guter Letzt gibt es alle wichtigen Infos zu der seit 2007 von den Vertriebspartnern als Nummer 1 bewerteten Kfz Versicherung der VHV.

finanzwelt: Sie haben kürzlich Social-Media-Tipps für Vermittler veröffentlicht. Das ist eher ungewöhnlich. Was versprechen Sie sich davon?

finanzwelt extra Kfz 05 | 2019 len würden. Deswegen stellen wir auf dem Facebook-Kanal der VHV Posts, Bilder, Charts und vieles mehr zur Verfügung, was gerne geteilt werden kann. Wir möchten aber auch Vermittlern, die noch nicht auf Social-Media aktiv sind, Mut machen. Social-Media eignet sich gut für die Neukundenansprache und dient als Kontaktmöglichkeit. Deswegen gibt es von uns regelmäßig Tipps für den Weg zum eigenen Social-Media-Account.

finanzwelt: Welche Hilfe bietet denn die Digitalisierung – der VHV selbst, aber auch den freien Vermittlern? Dr. Horgby: Ich sehe in der Digitalisierung für die VHV eine langfristige, nachhaltige Entwicklung, die der VHV als Versicherungsunternehmen viele Möglichkeiten bietet. Die Digitalisierung fordert uns aber auch, denn mit den technischen Möglichkeiten wachsen natürlich auch die Erwartungen. Damit wir sowohl den Erwartungen der Kunden als auch den Erwartungen der Vermittler gerecht werden können, nutzen wir all diese Möglichkeiten. Die VHV verbessert nicht nur Produkte, sondern optimiert auch die technologische Unterstützung sowie die Prozessunterstützung für regulatorische Anforderungen. (hdm)

(Noch) kein großes Thema

Eine sinnvolle neue Art der Mobilität oder nur ein neues Sicherheitsrisiko auf der Straße? An den seit kurzem in Deutschland zugelassenen E-Scootern scheiden sich die Geister. Eines verbindet alle Scooter: es ist eine Versicherung nötig. Manche Produktanbieter erkennen hier bereits Potenzial, andere lassen (noch) die Finger davon.

Was wäre die deutsche Sprache ohne sehr ausführliche und komplizierte juristische Formulierungen? Am 15. Juni trat die „Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen mit Lenk-/Haltestange im Straßenverkehr“ in Kraft. Da diese Bezeichnung alles andere als alltagstauglich ist, werden die Gefährte landläufig mit einem deutlich griffigeren Begriff bezeichnet: „E-Scooter“.

Für die Zulassung der neuen Gefährte ist eine Versicherung nötig, für die es bereits erste Anbieter gibt. Zu diesen zählt auch die Versicherungsgruppe

26 BGV/Badische Versicherungen. „Wir möchten unsere Kunden rundum begleiten. Die E-Scooter gehören zu einer neuen Art der Mobilität, die sich gerade entwickelt. Daher haben wir uns entschlossen, eine Haftpflichtversicherung für E-Scooter anzubieten. In den kommenden Monaten werden wir genau beobachten, wie sich der Markt entwickelt und unser Angebot gegebenenfalls anpassen“, erläutert Michael Ludwig, Abteilungsdirektor Kraftfahrt beim BGV. Am Markt muss sich das Produkt aber offenbar erst noch etablieren. „Die Nachfrage nach den Haftpflichtversicherungen für E-Scooter ist bei uns bislang (Mitte August, Anm. d. Red.) verhalten. Wir haben Verträge im zweistelligen Bereich abgeschlossen“, so Michael Ludwig weiter. Ähnliche Erfahrung hat die SV SparkassenVersicherung gemacht, die ebenfalls Versicherungen für E-Scooter anbietet. „Die Nachfrage ist bisher sehr verhalten. Allerdings spiegeln sich hier die ausbleibenden Käufe bei den E-Scootern

wider – und das hat die Politik anders eingeschätzt. Diese nämlich hatte sich von den Scootern eine Lösung des Verkehrsproblems versprochen, was sich bislang nicht bestätigt“, erklärt Dr. Klaus Zehner. Der stellvertretende Vorsitzende des Vorstands der SV SparkassenVersicherung sieht im Preis ein wesentliches Problem, warum die Gefährte bislang noch nicht den gewünschten Erfolgt haben. „Die wenigen für die Straßen zugelassenen Fahrzeugtypen sind in der Anschaffung sehr teuer.“

Welches Marktpotenzial die E-ScooterVersicherungen derzeit bieten, lässt sich bislang nur schlecht einschätzen, da aktuell noch keine Zahlen über deren Verbreitung vorliegen. Aus diesem Grund gibt es auch Versicherer, die auf das Produkt bislang verzichten. „Die EUROPA Versicherung bietet derzeitig, wie viele andere Marktteilnehmer, noch keine Versicherungsprodukte für E-Scooter an. Für dieses Geschäft fehlt uns noch aussagekräftiges Datenmaterial für eine nachhaltige Beitragskalkulation“, erklärt Falko Struve, Vorstandsmitglied der EUROPA Versicherung AG. Aus dem gleichen Grund hat auch die R+V bislang den Markt für E-Scooter-Versicherungen gemieden, zumindest teilweise. „In das Geschäft mit E-Scooter-Vermietflotten sind wird bislang bewusst nicht eingestiegen,

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