3 minute read

Corona und der Immobilienmarkt – Winzige

Winzige Ursache, massive Wirkung

Im Laufe der vergangenen Jahrtausende hat der Mensch dafür gesorgt, dass zahlreiche große Tierarten wie Mammuts von der Erde verschwanden. Gegen Kleinstlebewesen wie Viren sind wir hingegen machtlos – das führt uns die aktuelle Corona-Pandemie einmal mehr vor Augen. Es handelt sich dabei längst nicht nur um eine gesundheitliche, sondern um eine gravierende wirtschaftliche Krise, die sich sehr unterschiedlich auf den Immobilienmarkt auswirkt.

„Neuartige Lungenkrankheit in China entdeckt“. So oder so ähnlich lauteten in den letzten Tagen des vergangenen Jahres die ersten Schlagzeilen über das neuartige Coronavirus, das bald den Namen COVID-19 erhielt. Wohl niemand konnte damals auch nur ansatzweise die krassen Auswirkungen auf die weltweite Wirtschaft erahnen. Nachdem die Gefahr zunächst vollkommen verharmlost wurde, zeigte sich plötzlich, wie eklatant schlecht Deutschland und Europa auf die Pandemie vorbereitet waren. Des

halb sah sich die Politik gezwungen, eine beispiellose Einschränkung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens zu verordnen. Die Folgen davon sind auch auf dem Immobilienmarkt deutlich zu spüren, wenn auch ungleichmäßig. „Nicht alle Immobiliensegmente sind gleich stark von der Krise betroffen“, meint Thomas Olek, CEO der publity AG. Laut Statistischem Bundesamt gab es im vergangenen Jahr in deutschen Beherbergungsbetrieben 495,6 Mio. Übernachtungen, pro Tag also ca. 1,3 Mio. Weil durch die Corona-Pandemie in allen Bundesländern touristische Übernachtungen über Wochen verboten wurden und wegen der Absage von Großveranstaltungen und der Kontaktsperre auch der Geschäftsreiseverkehr fast vollständig zum Erliegen kam, standen Hotels wochenlang fast leer. Dass sich die Situation schnell wieder ins Gegenteil verkehrt, ist derzeit nicht absehbar: Zwar ist das Beherbergungsverbot in einigen Bundesländern wieder gelockert

oder aufgehoben (Anmerkung: Text entstand Anfang Mai). Jedoch sind alle Großveranstaltungen bis Ende August abgesagt und ob im Herbst die Messesaison, die ebenfalls für eine hohe Nachfrage nach Hotels sorgt, wie gewohnt stattfinden kann, steht derzeit noch in den Sternen. Etwas besser geht es da schon den Einzelhändlern, die nun alle wieder öffnen dürfen. Vom Shutdown waren jedoch ausschließlich Geschäfte des nicht-täglichen Bedarfs betroffen die deshalb auch sehr konjunkturabhängig sind und die Krise somit in doppelter Hinsicht zu spüren bekommen. Thomas Olek geht davon aus, dass Hotel- und Einzelhandelsimmobilien die Segmente sein werden, die durch die Krise am meisten unter Druck geraten dürften. Als Grund hierfür führt er die über einen längeren Zeitraum weggebrochenen Umsätze sowie die damit verbundene Zurückhaltung von Investoren an. „Das wird sich bei der Entwicklung der Kauf- und Mietpreise und auch bei Leerstandsraten deut

Thomas Olek

CEO publity AG

lich bemerkbar machen. Bei Transaktionen mit Hotels könnten die Preisund Wertabschläge bei bis zu 40 % und bei Einzelhandelsobjekten bei 10 bis 20 % liegen“, prognostiziert der publity-Chef. Wenn die Corona-Krise vorbei ist, dürften auch die Zeiten für Hotelimmobilien wieder besser werden, schließlich ist derzeit keine Technik in Sicht, die deren Funktion auch nur ansatzweise ersetzen kann. Ganz anders sieht es hingegen im Einzelhandel aus, wo bereits heute ein großer Teil des Non-Food-Geschäfts im Internet gemacht wird. Laut Thomas Olek könnte es durch die Krise eine strukturelle Verschiebung zugunsten des Online-Handels kommen: „Fan

Jörg Kotzenbauer

CEO ZBI Zentral Boden Immobilien Gruppe

den die Einzelhandelsumsätze bisher zu 70 % im stationären Bereich und 30 % online statt, könnte das Verhältnis nach der Krise bei 50/50 liegen.“ Völlig gegensätzlich dürfte laut dem Immobilienexperten die Entwicklung bei einer anderen Art von Gewerbeimmobilien verlaufen: „Anders schätze ich die Lage bei Büroimmobilien ein. Denn die Nachfrage von internationalen Investoren nach Top-Immobilien in Top-7-Städten Deutschlands ist nach wie vor sehr hoch. Für die nächsten zwölf Monate halte ich Preissteigerungen insbesondere bei großen Büroobjekten von mehr als 20 % für möglich.“ Eher skeptisch für das gesamte Segment der Gewerbeimmobilien ist man hingegen bei der ZBI Gruppe und justiert deshalb die Investmentprioritäten neu. „Aufgrund der aktuellen Lage fokussieren wir uns stärker auf Wohnimmobilieninvestments mit möglichst geringen Anteil an Gewerbeeinheiten“, erläutert CEO Jörg Kotenzbauer, der aktuell aber durchaus Opportunitäten sieht: „Wir profitieren dabei von der Zurückhaltung einiger anderer Marktteilnehmer. Denn während der Kreis der Investoren, die in Wohnimmobilien investieren, zurzeit eher abnimmt, bleibt unser Interesse an dieser Anlageklasse konstant.“ Die Krise sorgt aber auch dafür, dass die ZBI bei der Auswahl der Investmentobjekte anders vorgeht. So achtet das Unternehmen laut Jörg Kotzenbauer bei den Investments derzeit insbesondere darauf, dass es den Mietern der Objekte eine für sie bezahlbare Miete anbieten kann. „Daher sollte der Kaufpreis noch mehr als bisher in einem gesunden Verhältnis zu den realisierbaren Mieten stehen.“ (ahu)

This article is from: