mio April 2022

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NACHGEFRAGT & VORGESTELLT

Alle an einem TISCH Es braucht ein Dorf, um ein Kind großzuziehen, so besagt es ein viel zitiertes Sprichwort. Nicht eine Person allein sollte zuständig sein für die Kinder, sondern mehrere. Die Betreuung auf viele Schultern verteilt. Und genau das dachten wir uns auch, als wir irgendwann zusammen mit unseren drei Kindern die Koffer in Berlin packten – und zurück in die alte Heimat zogen. Ins Bergische bei Köln. Aufs Land. Dahin, wo auch ich mit Großeltern, Tanten, Onkeln, Cousinen und Cousins aufgewachsen war. Auf einen ehemaligen Bauernhof. Seit fast exakt zehn Jahren leben wir nun so. Tür an Tür mit Oma und Opa, mit dem Onkel der Kinder und noch einigen mehr. Es ist ein Haus der offenen Türen. Jeder kann jederzeit rein oder raus. Und das ist Fluch und Segen zugleich. Wenn ich als Mama mal wieder „doof“ bin, können die Kinder rasch zu Oma rüberflitzen und werden mit offenen Armen empfangen. Das ist toll für die Kleinen, für mich eher nur halbtoll. Oder wenn mir mal die Hutschnur platzt (welche Mama kennt es nicht?), weil der Teenager zu lang auf meinen Nerven rumtrampelte – und plötzlich jemand in der Küche steht. In diesen Momenten habe ich schon wenig Privatsphäre und das kann unangenehm sein.

Ich bin Lisa und wohne mit Mann und drei Kindern in der Großfamilie auf einem Hof im Bergischen bei Köln. Zusammen mit Katharina betreibe ich das Blog-Magazin StadtLandMama. Wir lieben den Austausch und unser Leben als Enddreißigerinnen – meistens. Außerdem möchten wir mit unserem Buch „WOW MOM: Der MamaMutmacher für mehr Ich in all dem Wir“ Mütter ermutigen, mehr auf ihre eigenen Bedürfnisse zu hören. www.stadtlandmama.de

Aber natürlich gibt es auch diese Bilderbuch-Momente, in denen das Klischee zutrifft. Hier ist einfach niemals jemand allein. Wenn ich mal weg muss, kann ich die Kinder zu Hause lassen, weil sie ja nach nebenan gehen können, wenn was ist. Wenn Oma ins Krankenhaus muss, kann Opa bei uns mitessen. Wenn Milch fehlt, gehen wir einfach kurz an Onkels Kühlschrank. Und wenn wir am Donnerstagabend um 19 Uhr alle um einen großen Tisch zum Familienessen zusammenkommen, dann entspricht das durchaus der romantischen Vorstellung des Großfamilien­ lebens. Diese Tradition gab’s schon in meiner Kindheit. Und auch wenn die strenge Oma uns Kinder öfter mal zurechtwies – Ellbogen vom Tisch! Gerade sitzen! –, so war doch all das Teil einer heimeligen Kindheit, in der wir immer jemanden zum Spielen hatten und uns verlässlich trafen. Es ist ein besonderes soziales Gefüge, in dem wir da leben, ein hochdynamisches. Im Großen und Ganzen ist es aber vor allem der Zusammenhalt, der uns ausmacht. Und der hoffentlich auch unseren Kindern später diese warmen Er­ innerungsmomente an ihre Familien­ bande beschert …

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