Deutsche Fehnroute

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FerienstraĂ&#x;en


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Alexander Grebennikov Natalia Mavricheva Yury Kolesnichenko Cornelia Kaluschke Dipl.-Geogr. Knut Diers Barbara Lück Friedrich Reip Henriette Damsa, Ricardo Quintas Julia Hell AB „Spauda“

Mit freundlicher Unterstützung von IG Deutsche Fehnroute e. V. Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Einzige Ausnahme bilden die unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlichten Abbildungen. ist eine eingetragene Marke des Grebennikov Verlags. www.grebennikoff.de www.explorise.de

ISBN 978-3-941784-44-4 1. Auflage Berlin 2014 Explorise Ferienstraßen • Band 16


Deutsche Fehnroute S端dliches Ostfriesland hautnah erleben Dipl.-Geogr. Knut Diers

Berlin . Moskau


Inhaltsverzeichnis Deutsche Fehnroute

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Apen Die Botin des Ammerlandes

012

Barßel Das Seemannsdorf im Grenzgebiet

022

Deutsche Fehnroute – Idee eines Apothekers

034

Saterland Früher nur per Schiff zu erreichen Saterfriesisch – zu Gast auf der kleinsten Sprachinsel Europas

048

Ostrhauderfehn Richtung Süden nur noch Moor Die Emslandlager und Carl von Ossietzky

038

050

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Rhauderfehn Zwischen Moor und Meer

060

Papenburg Wiege der Kreuzfahrtriesen

072

Westoverledingen Leben zwischen Leda und Ems

084

Jümme Urtypisches Zweistromland

096

Boßeln ist wie Kegeln ohne Kegel

104


Leer Malerisch und genießerisch Abwarten und Teetrinken

106

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Moormerland Warftidyll und Hightech an der Ems

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Hesel Im Herzen der Fehnroute

126

Das Frauenkloster Barthe

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Großefehn Wo alles begann Fehnkultur, „braunes Gold“ und Klimaschutz von 1633 bis heute

146

Wiesmoor Die Blüte Ostfrieslands Warum Wiesmoor die „Gärtnerei Deutschlands“ wurde

150

160

Uplengen Die Gastfreundliche Die Internationale Dollardroute

134

162

172

Verlauf der Deutschen Fehnroute

174

Register

186

Abbildungsverzeichnis

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Deutsche Fehnroute Einmalig in Deutschland – der Rundkurs der 173 Gesichter Das zweitgrößte Garagentor der Welt oder das höchste Bauwerk im kontinentalen Westeuropa mit einer Höhe von 352 Metern – wer hätte das auf der Deutschen Fehnroute vermutet? Eher ins Bild passt da vielleicht der größte Wald Ostfrieslands oder die höchste Erhebung der ganzen Halbinsel mit immerhin 18,6 Metern. So hoch ist eine Wanderdüne nordwestlich von Remels. Den Gast erwarten auf der 173 Kilometer langen ­Deutschen Fehnroute viele Überraschungen. Jeder Kilometer bietet ein anderes Bild, zeigt ein anderes Gesicht der Landschaft. Warum sonst wäre die von einem fortschrittlichen Apotheker bereits im Mai 1992 ins Leben gerufene Rundtour durch das ­südliche ­Ostfriesland, durch Ems-, Sater- und Ammerland so erfolgreich geworden? Sie gehört heute zu den Traumstraßen Deutschlands. Man kann sie mit dem Auto oder auf dem Fahrrad abfahren. Sie erzählt Geschichten von einem Hightech-Sperrwerk in der Ems, Ein Wagen voller Torf, der als Brennstoff verwendet wurde.


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von nagelneuen, mehr als 300 Meter langen Kreuzfahrtschiffen, die von Papenburg über diesen Fluss in die Nordsee bugsiert werden. Sie bietet Deutschlands größtes Blumenreich in Wiesmoor und beeindruckende Relikte einer Eisenproduktion in Augustfehn. Sie hat einmalige Natur und Kultur zu bieten, die sich hautnah erleben lassen. Als die ersten Kolonisten ins Moor zogen Fehn klingt vielleicht nach märchenhaften Nixen, nach mystischen Fabelwesen. Das Wort bedeutet aber Moor. Fehn lehnt sich an das niederländische „Veen“ an. So ließe sich der Name des Sängers und Liedertexters Hermann van Veen aus dem Nachbarland als „Hermann aus dem Moor“ übersetzen. Aus Holland kam auch die Idee, die moorigen Feuchtböden für Wiesen, Äcker und Dörfer zu erschließen. Vor allem sollte der Torf abgebaut werden, denn er war als Brennstoff begehrt. Während des Dreißigjährigen Krieges aber stockte die Versorgung mit Torf aus dem Nachbarland. 1631 zogen daher die ersten Kolonisten, wie sie genannt wurden, im heutigen Papenburg ins Moor. Das waren ärmliche Gestalten, die wenige Alternativen zu dieser körperlich schweren Arbeit hatten. Die schmucke Stadt an der Ems ist die älteste und größte Fehnkolonie Deutschlands. Zwei Jahre später entstand Westgroßefehn, die älteste und größte Fehnkolonie in Ostfriesland. Folglich liegt Papenburg nicht in Ostfriesland. Das kann dem Gast mit einem Blickwinkel aus München, Zürich oder Berlin egal sein. Doch die Deutsche Fehnroute führt über viele Grenzen hinweg, verbindet früher oft verfeindete Landesteile und überwindet Religionsgrenzen.­ Papenburg im Emsland ist katholisch geprägt, Ostfriesland e ­ vangelisch. Die Runde startet in Apen. Das liegt am westlichen Rand des Ammerlandes, das sich zum Zwischenahner Meer hinzieht. Barßel gehört zum


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Landkreis Cloppenburg und somit zum Oldenburger Münsterland. Westlich grenzt das Saterland an. Es ist e ­ twas ganz Besonderes – die kleinste Sprachinsel Europas.

Torfschiff auf dem ­Splittingkanal in Papenburg bei der VonVelen-Anlage

Leben in der kleinsten Sprachinsel Europas Nur noch rund 2.000 Menschen sprechen Saterfriesisch, eine Schwestersprache des Ostfriesischen. Schon die Ortsschilder sind zweisprachig. Strücklingen heißt Strukelje. Wer hier mit den Einheimischen spricht, kann einen Eindruck von der Mischung aus Holländisch, Hoch- und Plattdeutsch gewinnen. Dass sich eine eigenständige Sprache erhalten konnte, lag an der abgeschiedenen Lage auf einem Geestrücken mitten im Moor. Wer die Menschen auf dieser Sandinsel, die infolge einer Eiszeit entstand, besuchen wollte, konnte nur mit dem Schiff kommen – über einen der Kanäle. Straßen gab es nicht. Noch heute lässt sich das größte Hochmoor Westeuropas, die Esterweger Dose, mit einer Torfbahn erkunden. Die Siedler, die das Moor erschlossen, hatten es nicht leicht. Sie gruben die Entwässerungsgräben per Hand und bauten sich Plaggenhütten aus Grasballen und Heideböden, Moos, Birkenstämmen und Reisig. Beißender Rauch erfüllte die feucht-kalte Hütte, wenn innen ein Lagerfeuer angezündet wurde. Der Reim „Des Ersten Tod, des Zweiten Not und des Dritten Brot“ beschreibt das schwere Schicksal der Generationen, bis die Menschen in der moorigen Umgebung überhaupt Fuß fassen konnten. Friedrich der Große trieb die Urbarmachung der Moore ab 1765 weiter voran. Fünf Museen entlang


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der Route zeigen sehr eindrucksvoll, wie sich Torf überhaupt anfühlt, wie die Kanäle und Nebenkanäle – die Wieken – gezogen wurden und wie sich die Schifffahrt entwickelte. Jedes Museum hat einen unterschiedlichen Schwerpunkt, deshalb lohnt es sich, jedes zu besuchen. Fehntjer fuhren um die ganze Welt Wer hätte gedacht, dass die Menschen im südlichen Ostfriesland Reedereien am laufenden Band gründeten? Noch heute ist Leer nach Hamburg der zweitgrößte Standort in Deutschland. Werften entstanden im 19. und 20. Jahrhundert massenweise. Die flachbödigen Torfschiffe legten die Arbeiter zu Tausenden auf Kiel. Mit ihnen gelangte das „braune Gold“ in die Städte oder die Industrieöfen. Zur Zeit der Windjammer war die Region auch weit vorn, was den Bau der Segelschiffe anging, die Fertigkeit der Segel- und Blockmacher für die Takelage, die Ausbildung der Matrosen und Kapitäne. Die Fehntjer, wie die Bewohner an den Moorkanälen heißen, bereisten die weite Welt. Eindrucksvoll ist auf Weltkarten in den Museen nachgezeichnet, wie viele Schiffe aus Papenburg oder Rhauderfehn ­gleichzeitig in Buenos Aires oder St. Petersburg lagen. Das Moor mit dem im Mai blühenden Wollgras, mit den brütenden Kranichen oder Gänsen im Herbst ist zu jeder Jahreszeit ein lohnendes Urlaubsziel.

Torfstich per Hand - das Leid der Kolonisten war groß.


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Erlebnispfade eröffnen dem Gast den Einstieg in diese Welt der Biotope. Aussichtstürme bieten beste ­Rundblicke. Mit „Paddel und Pedal“ lässt sich die Region auch sehr genau erkunden. Ein Netz an Stationen dieser Einrichtung überzieht ganz Ostfriesland und ist in Deutschland einmalig. Kanus und Fahrräder können ausgeliehen werden. Oft stehen ­Trekkinghütten zum Übernachten bereit.

Erkundungs­ touren mit „Paddel und Pedal“

Was ist ein Galerie-Holländer? Zum Bild der Fehnkultur gehören weiße Klappbrücken über den schnurgeraden Kanälen, Torfschiffe, Backsteinkirchen und typische Mühlen. Viele wurden liebevoll restauriert und sind auf der Deutschen Fehnroute zu besichtigen. Die Galerie-Holländer sind dabei sehr eindrucksvoll. Sie erheben sich über mehrere Stockwerke, die aus Stein gemauert sind. So konnten Flügel und Steert nicht mehr vom Boden erreicht werden, weshalb in einiger Höhe ein umlaufender Balkon – die Galerie – gebaut wurde.


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Dort oben zu stehen, ist ein erhebendes Gefühl und garantiert Weitblick. Oft gibt es Mühlenfeste mit Kaffee und hausgebackenem Kuchen. Gefeiert wird viel. In jedem Kapitel sind Hinweise auf die gängigen Feste zu finden, die rund ums Jahr veranstaltet werden. Der Fehntjer ist gesellig. Von Pfannkuchen und Wallhecken Entlang der Kanäle teilt er auch gern den Vorbei­ fahrenden mit, was ihn bewegt. Das kann ein Schild an der Hofeinfahrt sein, auf dem zum Beispiel Oles 18. Geburtstag verkündet wird oder Giselas und Herberts Silberhochzeit. Da stehen auch gebrauchte Kinderfahrräder oder alte Autos mit Preisschild zum Verkauf. Die Reise entlang der Fehnkanäle wird so zum u ­ nterhaltsamen Einkaufsbummel. Dann wieder laden Bauerncafés zum genießerischen Stopp mit h ­ erzhaftem Kuchen ein. Ein ­Pfannkuchenschiff liefert die leckere Mehlspeise zum Tee mit Stövchen in maritimer Atmosphäre. ­Wallhecken prägen die ­Landschaft, die einst als Windschutz für Acker und Vieh ­aufgeschüttet und bepflanzt ­wurden. Heute dienen sie zudem vielen Kleintieren und Pflanzen als Lebensraum. Das zweitgrößte Garagentor öffnet sich an der Werfthalle der Meyer Werft, in der die ­Kreuzfahrtriesen entstehen. Das größte steht in Cape Canaveral im US-Staat Florida. Das 352 Meter hohe Bauwerk sind die Antennen im Moor südlich von Ostrhauderfehn. Sie dienen der ­Kommunikation mit U-Booten. Das sind die vielen Gesichter der Deutschen Fehnroute – einmalig in Deutschland.

Die größten Kreuzfahrtschiffe der Welt werden in Papenburg gebaut.


Apen Die Botin des Ammerlandes Die westlichste Gemeinde im Ammerland war einst Schauplatz der Kriegszüge zwischen Ostfriesen und Oldenburgern. Heute herrscht Ruhe vor, was der Gast sofort spürt. Das einzige Süßwasserwatt in Nordwestdeutschland ist genauso eine Wanderung wert wie eine an den schnurgeraden Kanälen entlang. Die Tradition des Schinkenräucherns ist zu „erschnuppern“ und zu begutachten mit Auge und Gaumen im Schinkenmuseum. Und wer hätte gedacht, dass in Augustfehn einst härtestes Eisen gegossen wurde? Ein Stahlwerk gibt es immer noch. In Apen steht dagegen eine der größten Gewächshauswelten Deutschlands – Pavillons für Pflanzen und Menschen.

Rund um die Fehnkultur Süßwasserwatt Nachdem 2005 ein Deich am Aper Tief zurückverlegt wurde, um Überschwemmungsflächen zu schaffen, konnten Ebbe und Flut wieder wirksam werden. Seitdem befindet sich in Apen das einzige Süßwasserwatt im Nordwesten Deutschlands. Der Tidenhub liegt hier bei bis zu 80 Zentimetern – und das rund 50 Kilometer von der Dollartbucht entfernt. Das Tief dient auch dem Hochwasserschutz, es kann bis zu einer Million Kubikmeter Wasser aufnehmen. Der stete Wechsel von Süßwasser hat eine eigene Lebenswelt von Pflanzen und Tieren in der Flussauenlandschaft geschaffen. Mit Ferngläsern lassen sich die Vögel im Naturschutzgebiet Aper Tief vom Turm des Pumpwerks nördlich der Fläche aus sowie von zwei Plattformen auf der Südseite des 75 Hektar großen


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Gebiets beobachten. An der Hengstforder Mühle starten Wattwanderungen in Gruppen. Wanderwege Auf dem Kornweg geht es zwölf Kilometer ohne Höhenunterschied in einer Runde südlich von Apen entlang. Nordöstlich von Apen verläuft in etwa zehn Kilometern Länge der Deichweg in einer Runde. Der Polderweg führt in einer Schleife nach Augustfehn und zurück. Auskunft bei der Apen Touristik: Tel. +49 (0)4489 7373 www.verkehrsverein-apen.de Augustfehnkanal Der Kanal entwässert das Hollweger Moor in Westerstede und mündet ins Aper Tief an der Staaßenbrücke. Er führt mitten durch Augustfehn entlang an neueren Häusern, modernen Geschäften und Relikten der Eisenindustrie. Ein Relikt der Industriezeit ist die alte Brücke am neuen Stahlwerk in Augustfehn II. Sie überspannt den Fehnkanal und trägt am Geländer die Buchstaben „Stahlwerk Brücke“ (siehe Stahlwerk Augustfehn).

Angeln in Apen – das ist beliebt

Staaßenbrücke Es ist kein Tippfehler, sondern so schreibt sich diese Art der Klappbrücke. Sie ist nach dem einstigen Brückenwärter Christian Staaßen benannt, der am Aper Tief von 1911 bis 1945 die Schleuse-, Zieh- und Klappbrücken ­bediente. Sein Vater und Großvater konnten noch ­zusehen, wie vom Ammerland aus die ­Segelschiffe hier ­durchfuhren, um über die Ems in Nordsee und Atlantik oder ins Mittelmeer zu gelangen.


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Die Staaßenbrücke überspannte bis 1991 das Aper Tief südlich von Vreschen-Bokel und bildete mit der benachbarten Klappbrücke über den Nordloher Kanal ein Brücken-Ensemble. Heute steht sie ein paar Meter weiter an der Einmündung des Augustfehnkanals ins Aper Tief und dient Fußgängern und Radfahrern.

Frisch aufgeschnittener Ammerländer Schinken

Sehenswertes Schinkeneum Oben im dunklen Rauch- und Reifehaus von 1850 hängen sie – die Schinken der Bunten Bentheimer Schweine. Die älteste Schinkenräucherei im Ammerland versteht sich auf diese Tradition, die in Apen schon 1748 von „Schinken-Meyer“ begründet wurde. Der Aper Hafen war der Grund, sich hier anzusiedeln, denn von hier fuhren die Schiffe nach Emden und von dort der Schinken in alle Welt – bis Genuss-Tipp zur Ostasienkompanie. Arnd Müller erzählt beim Rundgang durch das Fehntreff Haus in Familienbesitz mit den Die Küche bietet Ammerländer knarzenden Holzbohlen gern die und ostfriesische Gerichte in „Geschichten unter dem Schinkenguter Qualität. himmel“. Warum dazu seit Jahren Bahnhofstraße 2 auch die Keulen des Bentheimer 26689 Augustfehn Landschweins gehören, einer Tel. +49 (0)4489 3833 bedrohten alten Rasse, liegt an der www.bahnhof-augustfehn.de besseren Fleischqualität. Es hat einen hohen Fettanteil im Muskel


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und viel Speck, was für Geschmack, Aussehen und beim Braten von Vorteil ist. Reifezeiten von bis zu zwei Jahren sind im Schinkeneum keine Seltenheit. „Der Schinken ist ein lichtscheuer Geselle und mag es gern textilfrei“, betont Müller, „also nicht in Beutel tun“. So hängen sie bei ihm unterm Dach frei und dunkel. Zum Salzen verwendet er auch nur Qualität: Das Tiefensalz der Saline Luisenhall in Göttingen garantiert besten Geschmack und optimalen Reifeverlauf, wie Müller nach vielen Versuchen herausfand. Das Haus, erfüllt vom Geruch des Buchenholzrauchs, ist zugleich Museum mit Objekten von 250 Jahren Schinkenherstellung und eine funktionierende Räucherei. Das gibt es in dieser Form nirgends sonst auf der Welt. Schinkeneum, Hauptstraße 212, 26689 Apen Tel. +49 (0)4489 6501, Öffnungszeiten: April bis Sep.: Mi-Fr: 9-13/15-18; Sa: 9-13 Uhr; Führungen für 5- bis 14-Jährige mit Taschenlampe „Mit Speck fängt man Mäuse“; www.schinkeneum.de Hengstforder Mühle Als Müllermeister Tönjes Brunken 1742 von der Großherzoglichen Oldenburgischen Regierung die Erlaubnis zum Mahlen erhielt und die Mühle errichtete, konnte niemand ahnen, dass die inzwischen zerstörte und ­wieder ­aufgebaute Mühle heute Teil eines idyllischen Ensembles in Apen ist. 1996 bis 1998 wurde die Mühle mit Spenden und Zuschüssen vollständig wiederaufgebaut. Sie gehört der Gemeinde, ein Förderverein unterhält das stattliche Bauwerk. Hengstforder Mühle Hauptstraße 306, 26689 Apen Besichtigungen anmelden: Tel. +49 (0)4489 7331

Die Hengstforder Mühle ist ein Schmuckstück.


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St.-Nikolai-Kirche Schon der Anblick ist reizvoll. Der Besucher sieht zunächst den stattlichen Glocken- und Torturm – wie die Kirche in rotem Backstein gehalten. Oben prangt eine Uhr mit ­goldenen Ziffern. Innen läuten zwei alte Glocken. Durch das Portal des Turms führt der Weg auf die Kirche zu, die mit Rhododendren und Blumen umkränzt ist und wie in einer Parklandschaft ruht. Die Saalkirche stammt aus dem 13. Jahrhundert, wurde 1339 erstmals urkundlich erwähnt und glänzt im Innern mit spätgotischen Wandmalereien. Weiß ist die vorherrschende Farbe. Rasch fällt der Blick nach rechts auf die Kanzel, über der ein Schalldeckel schwebt. Diese Holzarbeit stammt von Ludwig ­Münstermann, der das Kunstwerk um 1625 schuf. St.-Nikolai-Kirche, Hauptstraße 204, 26689 Apen Tel. +49 (0)4489 5341

Der Großherzog von Oldenburg ließ die Eisenhütte bauen und gründete Augustfehn.

Büste des Großherzogs Sie steht am Eisenhüttenplatz und zeigt Paul Friedrich August Großherzog von Oldenburg. Er lebte von 1783 bis 1853 und gründete ­Augustfehn 1850, das nach ihm benannt wurde. Nur sechs Jahre später stand in der kleinen Fehnkolonie die Eisenhütte. Mit den damals h ­ ochmodernen Öfen wurden bei einem ­Schmelzvorgang 300 Kilogramm Eisen von höchster Qualität erzeugt. Augustfehner Puddelöfen An die 14 Öfen, mit denen von 1856 an besonders hartes Eisen gegossen werden ­konnte, erinnern 14 frei geschmiedete Eisenblöcke auf Podesten. Sie stehen nahe der Büste von Oldenburgs am Eisenhüttenplatz mitten in Augustfehn. Der Künstler Alfred ­Bullermann hat die Werke g ­ eschaffen, die zum Kunstpfad ­Ammerland gehören.


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Stahlwerk Augustfehn Seit mehr als 140 Jahren ist das Stahlwerk Augustfehn in Betrieb. Der mittelständische Schmiedebetrieb stellt einbaufertige Werkzeuge für die Zementindustrie, ­Trockenbaggerei und das Recycling her. Am Eingang ist fast am ursprünglichen Ort die alte Doppeldampfmaschine zu sehen, mit der damals die Produktion lief. Im Vorgarten stehen noch sehr eindrucksvolle, alte ­Stahlpressen. Vor dem modernen Werk führt die

Ehemaliges Heizhaus der Eisenhütte

„Stahlwerk Brücke“ (mit diesen ­Buchstaben im Geländer) über den Augustfehnkanal. Stahlwerk Augustfehn, Am Kanal 134, 26689 Apen Tel.+49 (0)4489 710; www.stahlwerk-augustfehn.de Kapelle zu Vreschen-Bokel In dem kleinen Ortsteil – Bokeloh heißt Buchenwald – umrahmen zwei Teile eines Gotteshauses den Friedhof. Die Kapelle von 1456 steht getrennt vom 1858 errichteten Glockenturm. Beide sind aus rotem Backstein, der Turm war ursprünglich aus Holz. In ihm schwingen zwei Glocken, die ältere von 1716 aus Amsterdam, die jüngere von 1957 aus Bockenem im Harz. Die Kapelle steht auf einer Wurt, die gegen Hochwasser ­aufgeschüttet

Über Nacht Hotel Gasthof Bucksande Hier sind 23 Zimmer m ­ odern eingerichtet, das Restaurant lockt, es gibt W ­ ellnessbehandlungen sowie Kosmetik im Haus. Bucksande 1 26689 Apen Tel. +49 (0)4499 1530


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wurde. Sie ist eines der wenigen ­mittelalterlichen ­Bethäuser im Oldenburger Land, das die Reformation ­überstanden hat. Kapelle zu Vreschen-Bokel, Brückenweg/Hauptstraße 26689 Apen

Kultur und Erlebnis Fest der 1.000 Laternen Am letzten Juli-Wochenende gehen den Augustfehnern tausend Lichter auf. Das Ereignis ist stimmungsvoll, und zieht Menschen von nah und fern an. Kornmähen am Aperberg Südlich von Apen wird bei diesem historischen ­Erntefest alles wie früher gemacht – Kornmähen wie beim Großvater. Dazu feiert die Gemeinde mit ihren Gästen zünftig. Männeken-Theater Leuchtende, rote Männchen sind das Erkennungs­ zeichen des Figurentheaters mit 99 Sitzplätzen. Es ist für Kinder gedacht, doch kommen zu den Theater­stücken am Abend die Gäste von weit her. Das spricht für Qualität. Über Nacht Männeken-Theater Hauptstraße 377, 26689 Apen Landgasthof Tel. +49 (0)4409 8236 Hengstforder Mühle www.maenneken-theater.de Mit seinen 24 Gästezimmern, einige mit Terrasse, und der Liegewiese sowie dem kulinarischen Angebot im Restaurant ist das Haus eine gute Adresse. Hauptstraße 302 26689 Apen Tel. +49 (0)4489 92720 www.hengstforder-muehle.de

Tange-Examen Geschick, Neugier und etwas Sportlichkeit reichen aus, um das Diplom zu ­erhalten. Neben dem Dorfgemeinschaftshaus werden die Stationen wie Pullstockspringen oder Strukkbesensmieten ­absolviert. Natürlich gibt es auch ­Haltungsnoten. Auch ein


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­ oßeldiplom wird verliehen – das ist der Volkssport B in Ostfriesland. Tange-Examen, Buchung über die Apen-Touristik: Tel. +49 (0)4489 7373 Plaggenhütte von Oma Puls Es ist nur ein Nachbau dieser Behausungen, in denen die Siedler im Moor über Jahrhunderte Schutz fanden. Sie steht am Radweg der Deutschen Fehnroute am Nordloher Kanal, wo der Weg zum Camping- und Badesee Nordloh abzweigt. Aber in so einer Plaggenhütte wohnte hier Ende des 19. Jahrhunderts Oma Puls. Eine Tafel erinnert an ihr Schicksal. Sie war verstoßen worden, weil sie ein uneheliches Kind bekam. Außerdem erzählte sie öfter von Hexen, die sie im Moor gesehen habe. Ihre Tochter wanderte später nach Amerika aus und schickte ihrer Mutter öfter Kaffee. Oma Puls, 1823 geboren, wohnte mit Hühnern und einem Schwein, das sie an ein Tischbein gebunden hatte, sowie ihrem Hund in dem Unterschlupf. Alle zwei bis drei Wochen lief sie nach Apen zum Einkaufen. Oft legten die Menschen ihr auch ein paar Speisen in ihren Handkarren. 1916 starb sie an einer Lungenentzündung. Rhododendren – das Ammerland blüht auf! Im Mai und Juni tauchen die Blüten des Rhododendron das Ammerland in ein Farbenmeer. Eberhard Pühl, der in Gartengeschichte seine Doktorarbeit schrieb und den ältesten Rhododendrenwaldpark in Norddeutschland besitzt, verneigt sich vor einer kaum 20 Zentimeter hohen Rhododendron-Pflanze in seinem Maxwald-Park bei Westerstede. Aus dem Land am Himalaya stammen die buschigen Gewächse mit den prachtvollen Blüten ursprünglich. Die immergrünen Büsche blühen in großen roten, violetten oder weißen Blütenstutzen. Mehr als 350 Baumschulen züchten im Ammerland 90 Prozent aller in Deutschland herangezogenen Rhododendren.


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Die Schinken werden im Sommer in Schinkenbeuteln aufbewahrt.

Für Genießer Ammerländer Schinken Er wird nach alter Tradition sehr lange gereift (geräuchert und luftgetrocknet) mit Göttinger Salinensalz gepökelt und in Lokalen und Läden der Region verkauft. Es gibt Schinken, die 24 Monate, andere, die 45 Monate gereift sind. Sie werden auch als „slow food“ angeboten, denn sie gehören zur regionalen, genussreichen Küche. Smoortaal Der Räucheraal ist eine Spezialität am Ammerländer Meer und in der ganzen Region. Dort sind bis heute mehrere Räuchereien in Betrieb. Wer es rustikal liebt, kann den Aal wie früher mit der Hand vom Kopf- oder Schwanzende her abziehen. Das Fleisch wird von den Gräten abgeknabbert. Die fettigen Hände werden anschließend mit Schnaps gewaschen. Es liegt nahe, dann den Ammerländer Löffeltrunk ­anzuschließen. Ammerländer Löffeltrunk Mit der linken Faust hält man einen Zinnlöffel umschlossen, in dem sich Schnaps befindet. Ein ­Wechselgespräch vom Gastgeber mit den Gästen auf Plattdeutsch beginnt: Ik seh di (ich sehe dich), ik seh jo (ich sehe


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euch) – dat freit mi (das freut mich), dat freit us (das freut uns) – ik sup di to (ich trinke dir zu), ik sup jo to (ich trinke euch zu, stoße mit euch an) – dat do (tu das), prost! Dann wird der Schnaps getrunken und der Löffel so trocken geleckt, dass beim Ablegen aufs Handtuch keine Ränder entstehen. Sonst geht es von vorn los!

Ausflugstipps Park der Gärten Hier blühen nicht nur „Rhodos“, wie sie im Ammerland liebevoll genannt werden. Auf 140.000 Quadratmetern sind mehr als 42 Themengärten in eine malerische Parklandschaft eingebettet. Anregungen für den eigenen Garten bieten auch 30 Sammlungen, Veranstaltungen und Tipps vom Gärtner. Die „grüne Schatztruhe“ liefert faszinierende Einblicke in die Pflanzenwelt. Gartenkulturzentrum Niedersachsen – Park der Gärten, Elmendorfer Straße 40, 26160 Bad Zwischenahn Tel. +49 (0)4403 81960 ÖffnungsGenuss-Tipp zeiten: Apr. bis Okt.: Mo-So: 9.3018.30 Uhr; Ausgänge bis 21.45 Uhr Am Deich offen; www.park-der-gaerten.de Mit Radlerteller, Ammerland-

Rhododendronpark in Linswege Ein 2,5 Kilometer langer Rundweg mit vielen Bänken führt durch die Blütenpracht im flächengrößten Rhododendronpark Deutschlands, der 70 Hektar misst. Tausende der Pflanzen aus eigener und fremder Züchtung, teilweise bis sieben Meter hoch, zieren die Wege. Rhododendronpark Hobbie ­Alpenrosenstraße 7 26655 ­Westerstede Tel. +49 (0)4488 2294 Öffnungszeiten: ­ganzjährig Mo-Fr: 8-19 Uhr; www.hobbie-rhodo.de

platte und Fischvariationen bietet die Küche regionale Kost. An der Wiek 42 26689 Apen Tel. +49 (0)4489 5210 www.hotel-apen.de

Tourist-Information Hauptstraße 203 26689 Apen Tel. +49 (0)4489 7373 www.verkehrsverein-apen.de


Barßel Das Seemannsdorf im Grenzgebiet

Der Aufstieg lohnt sich und wird mit Rundumblick auf Bootshafen, Barßel und die Fehnlandschaft belohnt.

Der längste schiffbare Fehnkanal Deutschlands und der große Bootshafen mit Aussichtsturm haben Barßel bei Wassersportlern bekannt gemacht. Für einen Ort mit 13.000 Bewohnern im Binnenland gibt er sich reichlich maritim. Über Jahrhunderte war Barßel Heimat vieler Kapitäne. Nördlich um den Ortskern fließt die Aue, auch Barßeler Tief genannt. Südlich verläuft die Soeste. 40 Kilometer sind es bis zur Meeresbucht Dollart, weshalb früher oft Hochwasser in die Gemeinde drückte. Sie liegt nur einen bis sieben Meter hoch. 60 Kilometer Flussläufe, Kanäle und Seen sind ein großes Revier, auch für Angler. Das Moorund Fehnmuseum ist von überregionaler Bedeutung und verdeutlicht die Vergangenheit als Standort der Fehnschifffahrt. Barßel wurde 1330 erstmals erwähnt – als Ort der Schafzucht. Im 16. Jahrhundert stellte man auf Torfhandel um, was die Einnahmen immens steigerte. Ab 1857 brachte der Bau des Fehnkanals, 1880 nach der Gattin des Großherzogs „Elisabeth“ genannt, neuen wirtschaftlichen Aufschwung. Barßel liegt in einem spannenden Grenzgebiet: Es gehört als nördlichste Gemeinde zum Landkreis Cloppenburg sowie zum ­Oldenburger Münsterland, das sich bis Löningen, Vechta und Vörden Richtung Osnabrück hinabzieht. Es ist auch das Scharnier zwischen Ammerland (Apen) und dem Saterland (Strücklingen).


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Rund um die Fehnkultur Moor- und Fehnmuseum in Elisabethfehn Das innen und außen neu konzipierte Museum informiert vorbildlich und anschaulich über vier Bereiche: • das Leben im Moor mit der Naturkunde dazu • das Leben trotz Moor mit der Geschichte der Moorarchäologie sowie einer echten Moorleiche • das Leben vom Moor mit der Besiedlung und Kultivierung, der Torfindustrie, Schifffahrt und Moorheilkunde • das Leben mit dem Moor – die veränderte Wahr­nehmung des einst bedrohlichen Moores, das Stoff vieler Sagen ist, über die Ausbeutung bis zu heutigen Schutzgesetzen und dem Klimaschutz. Ein acht Meter hoher Aussichtsturm bietet einen guten Blick auf Elisabethfehnkanal, Klappbrücke und ­Außengelände des Museums, das in einem früheren Kanalwärterhaus von 1896 untergebracht ist. Acht Meter ist gleichzeitig die Höhe des ursprünglichen Hochmoors. So hoch war es, als es sich vor 8.000 Jahren bildete. Als dann im 19. J­ahrhundert (genauer um 1847) die Entwässerung begann, wurde es in wenigen Jahrzehnten als Torf abgebaut.

Moor- und Fehnmuseum in Elisabethfehn


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Im Moor- und Fehnmuseum sind viele Relikte des Torfabbaus zum Anfassen aufgestellt.

Es ist auf 1,30 Meter Höhe geschrumpft. Das wird einem hier vor Augen geführt. Anschaulich geht es weiter: Vor dem Haus liegen ­Moor-Eichen, die man anfassen kann. Hinter dem Haus kann jeder in einem Tretbecken barfuß durch das feucht-matschige Element waten und es so sinnlich erleben. Vor einer Moorkate wächst das seltene Moorglöckchen. Hier stehen weitere typische Pflanzen im Lehrgarten. Anschließend geht es über das 1,5 Hektar große Freigelände, auf dem Sodensammler und Torfbagger stehen. Der große und kleine Strenge-Bagger förderte den Schwarztorf mit Eimern, die an einer Kette befestigt waren. Rund 5000 Tonnen im Jahr wurden damit abgebaut. Auffällig ist auch das Muttschiff „Johanna“, das im Außengelände liegt. Menschen mit Behinderung haben das historische Torfschiff 2002 in Originalgröße nachgebaut. Auch eine Moorlok ist zu sehen. Zudem werden öfter Schaubacken und Museumsrallyes angeboten. Im Teestübchen warten schon Buchweizen-Pfannkuchen und eine Kanne ­Ostfriesentee. Moor- und Fehnmuseum, Oldenburger Straße 1 26676 Elisabethfehn; Tel. +49 (0)4499 2222, Öffnungszeiten: März bis Okt.: Di-So: 10-18 Uhr; www.fehnmuseum.de www.industriekultur-im-nordwesten.de


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Elisabethfehnkanal Es gibt vier handbetriebene Schleusen und sechs Klappbrücken an der reizvollsten Schifffahrtsstrecke im Nordwesten Deutschlands. Die Unterhaltung der Schleusen kostet Millionen. Marode ist zurzeit die Schleuse in Osterhausen. ­Werden die Schleusen jedoch ­stillgelegt, ist der längste voll intakte und schiffbare Fehnkanal Deutschlands am Ende. Die Fahrt durch die Schleusen und unter den weißen Klappbrücken hindurch ist ein Erlebnis und die ­Attraktion für Touristen und Wassersportler. 1893 wurde der Kanal in Betrieb ­genommen. Mit Volkslauf, Musik und Kunst wurden jüngst „150 Jahre Leben am Kanal“ gefeiert. www.elisabethfehnkanal.de Landschaftsfenster Nordloher Tief Nördlich der Bucksander Brücke an der Hauptstraße Barßel-Nordloh führt ein Weg nach Westen am Nordloher Tief entlang. Nach rund zwei Kilometern im Gebiet von Apen-Tange ragt ein Backsteinturm aus der flachen Moor- und Auenlandschaft. Es ist der Turm des Deichgrafen. Während weiter östlich noch Baumreihen und Wallhecken zu sehen sind, öffnet sich nach Norden die flache, ostfriesische Fehnlandschaft. Von oben lassen sich Schilf, Wasser und Vögel Über Nacht wie durch ein Fenster beobachten. Kiebitz und Wiedehopf sind hier Hotel Ummen zu Hause. Die „Landschaftsfenster“ Das Haus hat gemütliche wurden von einem Westersteder Zimmer und einen eigenen Architekten 2002 entwickelt und Fischteich. Regionale Küche an vier weiteren charakteristischen gehört daher dazu. Orten im Ammerland eingerichtet. Friesoyther Straße 2 Dieses ist der Turm eines Deichrich26676 Barßel ters, der über das WasseraufkomTel. +49 (0)4499 1576 und 2005 men am Deich wacht. Das Nordlowww.hotel-ummen.de her Tief wird vom Zwischenahner Meer gespeist und durchfließt als


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Aue weite Teile des Ammerlandes. Auf diesen letzten Kilometern um Barßel bis zur Mündung in die Soeste sind oft Ruderer, Paddler, Skipper und Angler unterwegs. Hier führte früher ein Heer- und Handelsweg von Münster nach Friesoythe vorbei. Der Graf von Oldenburg hatte eine Zollstätte eingerichtet. Heute verläuft die 43,5 Kilometer lange Tour „wasserreiches Fehngebiet“ hier vorbei, ein Radrundweg durchs westliche Ammerland. www.ammerland-touristik.de Tjalk „Angela von Barßel“ Wie bei einer Tjalk üblich, hat sie kaum Tiefgang. Das zeichnet das Plattbodenschiff aus, denn es soll in flache Kanäle fahren können. „Angela von Barßel“ ist ein Motorsegel- und Ausflugsschiff, das vom Barßeler

„Angela von Barßel“ setzt Segel – ahoi!

Hafen aus kleine Törns unternimmt. Es war 1896 auf einer holländischen Werft vom Stapel gelassen worden und wurde 1985/1986 restauriert. Die „Angela von Barßel“ ist 23 Meter lang, 4,35 Meter breit, hat 1,1 Meter Tiefgang und 93 Quadratmeter Segelfläche. Der Trägerverein fand auch heraus, welche Namen das Schiff vorher trug: Karl-Heinz, Sankt Georg, Geertje und Zeldenrust.


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Im 19. Jahrhundert waren Tausende dieser Fluss- und Küstenschiffe mit Brenntorf aus dem Moor unterwegs zu den großen Städten und Ziegeleien an der Ems. Auf dem Rückweg lagen Ziegel, Steine, Bauholz, ­Möbel, Dünger, Kolonialwaren und Ackergeräte im Rumpf. Sogar Schlick aus dem Wattenmeer für den Garten nahmen die Segler mit nach Hause. Vom Bootshafen Barßel aus startet die Tjalk zu Fahrten auf den Kanälen – etwa nach Elisabeth­fehn, an ­Ems und Weser. Gruppen buchen es auch für ­zweistündige Rundfahrten. Verein Angela von Barßel, Wilhelm-Busch-Straße 1c 26676 Barßel; Tel. +49 (0)4499 74466

Bootshafen an der Soeste Hier herrscht maritimes Flair. Am Hafen fließt die Soeste vorbei. Über Jümme und Ems ist der Hafen mit der Nordsee verbunden, so dass sich hier sogar die Tide bemerkbar macht. Den schönsten Überblick hat man vom Aussichtsturm an den roten Hütten der Paddel-und-PedalStation. Unten am Turm stehen die Tafeln eines Fischlehrpfades. Von oben sind Barßel mit der Kirche St. Cosmas und Damian zu sehen, der kleine rot-weiß gestreifte ­Leuchtturm zwischen Soeste und

Spaß beim Paddeln - in der Gruppe am schönsten

Genuss-Tipp Queen of Texas Das Lokal am Hafen mit dem American Breakfast erinnert selbst an ein Schiff und bietet texanische und ­mexikanische Kost. Deichstraße 1a 26676 Barßel Tel. +49 (0)4499 922435 www.queenoftexas-barssel.de


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Hafen, der lange Steg mit vielen Booten, der Wohnmobilstellplatz und die „Queen of Texas“, ein Lokal, das äußerlich einem Riverboat aus New Orleans ähnelt. Fünf Wassersportclubs und -schulen sind aktiv. Bootshafen, Hafenmeisterin, Ulmenstraße 11 26676 Barßel; Tel. +49 (0)174 5459734 Ehemalige Torfkoksfabrik mit Bienenlehrpfad Direkt am Elisabethfehnkanal gelegen wurde in dem Werk früher der Torf veredelt und als Torfkoks auf Schiffe geladen. Seit 1990 ruht der Betrieb, das Gelände ist umzäunt, und um den Abbau der Altlasten wie Phenole und Teer im Boden wird gestritten. Das Gelände ist inzwischen mit Moorbirke und Fichte bewachsen. In der Nähe befindet sich ein Bienen-Lehrpfad.

Sehenswertes

Seltenheit: die Mühle trägt ein weißes „Kleid“

Ebkenssche Mühle Schon der weite Blick über den Friedhof zur stattlichen Mühle hinauf ist ein packendes Motiv. In 22 Metern Höhe dreht sich das Flügelkreuz, die vier Flügel der dreistöckigen Galerieholländermühle haben ebenfalls 22 Meter Durchmesser. Doch ihr „Kleid“ strahlt weiß – das ist selten bei Mühlen, die außen meist in braun oder schwarz gehalten sind. Der gesamte Mühlenturm ist zudem aus Ziegelsteinen gemauert. Die 1892 von Friedrich Ebkens errichtete Mühle ist eine Mahl-, Pelde- und Ölmühle. Pelden (auch: pellen) bedeutet: Schälen von Gerste, um daraus Graupen, also die Körner, zu gewinnen. Der Ölschlag ist noch erhalten. Wellen und Zahnräder bestehen aus Gusseisen, sonst ist Holz üblich. Der Müller wollte etwas für die Ewigkeit schaffen. Schon um 1717 war dies


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ein Mühlenstandort, doch Blitzschlag zerstörte die Mühle 1852, bald danach auch das Nachfolgemodell. Im alten Müllerhaus befindet sich ein Restaurant (siehe Restauranttipp). Wenn es daneben klappert, könnte das der Storch sein: Seit 2011 bewohnt er ein Nest neben der Mühle. Ebkenssche Mühle, Mühlenweg 4, 26676 Barßel Besichtigungen auf Anfrage: Tel. +49 (0)4499 926870 Fahrgastschiff „MS Spitzhörn“ Es fährt vom Barßeler Hafen aus seine Runden durch die Flüsse. Dabei bietet das Sonnendeck Platz für 75 Passagiere, im Salon können 55 Gäste sitzen. Das 20 Meter lange und 4 Meter breite Boot hat nur 90 Zentimeter Tiefgang, weshalb es auch nicht auf Grund läuft. Störche und Fischreiher sind sogar ohne Fernglas von Bord aus zu ­beobachten. Manche erfüllen sich hier auch ihren Traum von einer Schiffshochzeit. Rundfahrten: Apr. bis Okt.: Sa, So: 15-17 Uhr www.barssel-saterland.de

Erlebnisweg an der Soeste Für Einzelwanderer, Familien und andere Erholungssuchende steht entlang der Soeste durch Barßel ein Rundweg mit Erläuterungstafeln zur Verfügung. In etwa zwei Stunden können die zwölf Stationen vom Ostufer des Hafens aus auf einem 1,8 Kilometer langen Hin- und 1,5 Kilometer langen Rückweg abgelaufen werden.

Über die Soeste zum Barßeler Tief – Ausflugsfahrten sind beliebt.


Barßel 030

Kultur und Erlebnis Längster Flohmarkt An Christi Himmelfahrt wird am Elisabethfehnkanal der längste Flohmarkt Deutschlands aufgebaut. Zwölf Kilometer ist er lang. Es lässt sich von Stand zu Stand gehen, was aber dauern kann. Hier wird so ziemlich alles Mögliche und Unmögliche angeboten. Das hat im Fehngebiet Tradition das ganze Jahr über: Oft stehen Gebrauchtwagen oder Kinderfahrräder mit Preisschild am Kanal – so wird hier verkauft. Großes Hafenfest Am vierten Wochenende im August füllt sich das Hafenbecken mit Schiffen. An Land sind Stände aufgebaut. Musik spielt. Chöre singen. Kaum jemand in der Gegend verpasst diesen maritimen Höhepunkt. Shanty-Chor Er erinnert an die Seefahrervergangenheit Barßels und liebt große Auftritte. Termine und Orte unter Tel. +49 (0)4499 2375 www.shantychor-barssel.de Singen und Spielen aus Leidenschaft: der Shanty-Chor

Fahrradrouten Es sind von Barßel aus zu fahren: die Moorerlebnisroute, die Boxenstopp-Route, die Ammerlandroute und die Cloppenburger Radtour. Rundflüge Von einem Rasenplatz östlich von Barßel starten Kleinflugzeuge. Rundflüge sind auch mit dem Tragschrauber oder im Ultraleicht-Trike im Angebot. Flieger-Club Barßel, Loher Straße 47 26676 Barßel; Tel. +49 (0)4499 495 www.flieger-club-barssel.de


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Für Genießer Mooro Er erlebte seine Geburtsstunde in der Apotheke von Elisabethfehn: der Mooro. Dort experimentierte der Inhaber Dr. Gustav Schünemann mit dem Kräuterlikör. Das war bereits 1954. Die „Apotheke am Moor“ war gewissermaßen Namensgeber. Schünemann ersann übrigens später auch die Deutsche Fehnroute. Die Flaschen fanden reißenden Absatz und wurden mit der Zeit immer größer. Die letzte Umstellung auf 0,7 Liter war 2010. Beim Ausschank sagen die Ober gern: „Ja, der kommt von unserem ­Apotheker.“ Kräuter hat der Magenbitter genug, Alkohol auch – der Gehalt liegt bei 33 Prozent. Er wird pur und ungekühlt, auf Eis oder als Cocktail serviert. Herstellung in Barßel; Tel. +49 (0)4499 925015 www.mooro.de

Radeln vom Hafen aus – viele Routen sind von hier aus möglich.


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Auf zur Tagestour mit Kajak oder größeren Kanu (rechts) – Barßel ist der Ort dazu

Ausflugstipps

Paddel und Pedal – ein Netz durch Ostfriesland Von der Station in Barßel aus lassen sich Tagestouren mit dem Kajak allein, zu zweit oder mit dem Kanadier zu dritt oder viert bewältigen. Große Freude bietet der zehnsitzige Mannschaftskanadier. Ebenso können Fahrräder ausgeliehen werden. Es gibt Kombinationen mit Kanu und Rad sowie mehrtägige Ausflüge, um die Idee auf neuen Wegen kennenzulernen. Das Konzept dieser deutschlandweit einmaligen Verbindung lautet „hier starten – dort Genuss-Tipp abgeben“. An 21 miteinander vernetzten Stationen auf der Müllerhaus gesamten ostfriesischen Halbinsel Wohnzimmeratmosphäre im ist dies möglich. Es gibt Tourenalten Backsteinhaus mit vorschläge, aber auch individuelle Kachelöfen und Holzdielen: Möglichkeiten. Unterkünfte sind Es lässt sich stilvoll und trotzdem teilweise Trekkinghütten, Tipis preiswert speisen, drei Biere sind oder andere Zelte. Ein Team berät im Ausschank. und kümmert sich auch um den Mühlenweg 4 Gepäcktransport. Grundeinwei26676 Barßel sungen im Paddeln für Anfänger Tel. +49 (0)4499 926870 gehören ebenfalls dazu. Lagerfeuer, www.muellerhaus-barssel.de Bogenschießen und Live-Musik runden oft die Ausflüge ab.


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Paddel und Pedalstation Barßel, Deichstraße, 26676 Barßel; Tel. +49 (0)174 5459734 www.naturerlebnisÜber Nacht paddelundpedal.de; Das gesamte Angebot: Tourismuszentrale Leer, Landgasthof Herzog ­Ledastraße 10, 26789 Leer Er liegt etwas außerhalb, ist Tel. +49 (0)49191 969630 ruhig, preiswert und gepflegt. www.paddel-und-pedal.de Carolinenhofstraße 10 26676 Barßel

Planwagen-Fahrt Durch die grüne Lunge ­Ostfrieslands mit dem Pferdeplanwagen – das ist ein ­Erlebnis von Hufeklappern und Langsamkeit. ­Beliebt sind die ­Halbtagesprogramme. Jutta Alberts, Möwenstraße 12 26676 Elisabethfehn Tel. +49 (0)4499 8062 www.barssel-touristik.de

Tel. +49 (0)4499 1539 www.hotel-landgasthof.de

Tourist-Information Theodor-Klinker-Platz 1 26676 Barßel Tel. +49 (0)4499 938080 www.barssel-saterland.de


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