Deutsche Technikstraße

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FerienstraĂ&#x;en


© Grebennikov Verlag GmbH Herausgeber Verlagsleitung Redaktion Texte Weitere Beiträge Stillektorat Korrektorat Design Layout, Satz Druck & Verarbeitung

Alexander Grebennikov Natalia Mavricheva Cornelia Kaluschke Patrick Lindner Dr. Gabriele Knoll, Anna Schnekker, Dietmar Stanka Friedrich Reip Barbara Lück Henriette Damsa, Ricardo Quintas Daniela Schwebke AB „Spauda“ Mit freundlicher Unterstützung vom Verein Deutscher Ingenieure e. V. Besonderer Dank für die inhaltliche Mitarbeit an Thomas Müllenborn und Michael Spiekerkötter Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Einzige Ausnahme bilden die unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlichten Abbildungen. ist eine eingetragene Marke des Grebennikov Verlags.

www.grebennikoff.de www.explorise.de

ISBN 978-3-941784-43-7 1. Auflage Berlin 2014 Explorise Ferienstraßen • Band 13


Deutsche TechnikstraĂ&#x;e Die Welt der Technik erkunden Patrick Lindner

Berlin . Moskau


Inhaltsverzeichnis

Deutsche Technikstraße

008

Süden Der Süden in Bewegung

010

Nürnberg

012

Schweinfurt

022

Ingolstadt

026

München

032

Berchtesgaden

042

Furtwangen

044

Stuttgart

048

Die Entstehung des Mercedes-Benz Museums

054

Heilbronn

056

Sinsheim

060

Speyer

064

Mannheim

068

Wetzlar

072


Westen Es begann mit Stahl – die SMS group

078

Imsbach

084

Völklingen

088

Bonn

094

Jülich

098

Lennestadt

102

Düsseldorf

106

Wuppertal

112

Bochum

116

Oberhausen

122

Dortmund

128

Recklinghausen

138

Waltrop

142

Bielefeld

146

Paderborn

150


Norden und Osten Die Technikstraße Nord und Ost

154

Papenburg

156

Bremerhaven

160

Bremen

166

Hamburg

172

Hannover

180

Minden

186

Göttingen

190

Wolfsburg

194

Magdeburg

200

Berlin

206

Wismar

216

Stralsund

220

Schauplätze erneuerbarer Energien

224

Register

226

Abbildungsverzeichnis

228


wiederentdecken

8 L채nder 30 Routen 941 St채dte

Das neue Routen-Portal explorise.de Das Unbekannte im Bekannten entdecken


Deutsche Technikstraße Technik bedeutet Fortschritt. Sie formt die Umwelt des Menschen laufend neu und ist Ausdruck einer ihm innewohnenden Neugier. „Technik“ allein auf Werkzeuge, Industrieanlagen oder Mikroprozessoren zu reduzieren, wird ihrem Einfluss auf die Kulturgeschichte des Menschen nicht gerecht. Vielmehr muss technische Innovation als Ausdruck von Kreativität, Fleiß, Mut oder ferner Träumerei begriffen werden – eben als Antriebsfeder, die den Menschen dorthin gebracht hat, wo er heute steht. Wir möchten Sie einladen, mit uns Orte zu entdecken, an denen Technik und Innovation zu ganz unterschiedlichen Bedingungen stattgefunden haben, sei es durch die Erschließung neuer Energiequellen, der Erfindung effizienter Werkstoffe oder den Aufbau ungekannter Informationsnetze. Hieraus entwickelten sich drei große Routen, die jede für sich von einer anderen Facette deutscher Technik erzählt. „Made in Germany“ ist ein Garant für Qualität und deutsche Ingenieurskunst – und das rund um den Globus. Doch nicht auf allen Gebieten ist der Technikstandort Deutschland führend. Deshalb rief der VDI Verein Deutscher Ingenieure e. V. 2006 mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft SACHEN MACHEN ins Leben. Als erste bundesweite Technik-Initiative verfolgt SACHEN MACHEN drei Ziele: die Begeisterung des Nachwuchses für Innovationen und Technologien, die Steigerung der Innovationskraft und die Verbesserung des Images des Technikstandorts Deutschland. Dies gelingt mit zahlreichen Aktivitäten. Die Deutsche Technikstraße richtet sich an die breite Öffentlichkeit und macht die Leistungen von Ingenieuren quer durch alle Bundesländer erlebbar.


009

Wir beginnen unsere Reise im Süden Deutschlands und tasten uns von Nürnberg aus über Ingolstadt, München und Stuttgart bis nach Wetzlar vor. Entlang der „Technikstraße West“ durchleben wir die Hochzeit der deutschen Industrialisierung und die Ära der Wirtschaftswunderjahre. Dabei geht es nicht selten hinab in dunkle Tiefen, wie wir in Imsbach, Bochum oder Dortmund feststellen. Abschließend widmen wir uns dem Nordosten Deutschlands und fahren von der niedersächsischen Meyer Werft in Papenburg über die Hansestädte Bremen und Hamburg weiter nach Wolfsburg und Berlin, bis wir in Stralsund einkehren. Sie sehen, die Deutsche Technikstraße ist für jeden gedacht, genauso wie Technik unser aller Leben auf unterschiedliche Weise beeinflusst. Wir hoffen, Ihnen mit diesem Reiseführer einen nützlichen Helfer an die Seite zu stellen, der Sie auf spannenden Entdeckungstouren durch das Technikland Deutschland informieren und unterhalten wird. Nähere Informationen zur VDI­Initiative SACHEN MACHEN unter www.sachen­machen.org


Der Süden in Bewegung Über der Südseite des Technikstandorts Deutschland wehen seit rund hundert Jahren zwei Flaggen: Auf der einen prangt ein dreistrahliger Stern, der von einem Silberkreis umschlossen wird, auf der anderen ein blau-weißes Karomuster, umrundet von einem dicken schwarzen Band mit drei Buchstaben. Mercedes-Benz und BMW sind ohne Zweifel die bekanntesten Technik­ unternehmen südlich des Weißwurstäquators und haben seit ihrer Gründung Automobil- und Industriegeschichte geschrieben. Keinesfalls dürfen aber auch die jüngeren Zuffenhausener Porschewerke oder das Ingolstädter Audi-Forum in dieser Riege fehlen, haben sie doch in gleicher Weise zum Mythos des auto­ verrückten Südens beigetragen. Zwischen Oberfranken und Schwarzwald hat allerdings auch Innovation stattgefunden, die nichts mit Mobilität zu tun hatte, zumindest nicht an Land. Wussten Sie, dass im Unterfränkischen Schweinfurt 1903 das deutsch­ landerste Walzenwehr errichtet wurde und fortan die Regulierung des Mains erlaubte? Oder dass im hessischen Wetzlar, dem Endpunkt un­serer Route, das Herz der optischen Industrie Deutschlands schlägt? Dazwischen erwarten uns viele spannende Momente in Museen und Kulturstätten, die das Gedenken an die Meilensteine der deutschen Technikgeschichte leben­dig halten. Neben dem Aufenthalt an berühmten Mu­seumsstandorten wie Speyer, Sinsheim oder Nürnberg haben wir vor allem die kleinen Spezialmuseen von Furt­wangen (Deutsches Uhrenmuseum), Mannheim (Technomuseum) oder das Experimenta Science Center in Heilbronn lieben gelernt – oft inmitten einer wunder­ baren Naturkulisse. Wir wünschen auch Ihnen viel Freude beim Entdecken und sagen „Pfüati“ und bis bald!


011


Nürnberg Stadt der Nymphe Noris

Der Standort von TÜV Rheinland in Nürnberg

Im Jahre 1650 schuf der Nürnberger Mediziner Johann Hellwig in einer lyrischen Dichtung die Figur der anmutigen Nymphe Noris, die von Einwohnern der nordbayrischen Stadt bis heute zur Umschreibung ihrer schönen Heimat herangezogen wird. Das moderne Nürnberg nähert sich unaufhaltsam seinem tausendjährigen Jubiläum und kann auf eine Fülle geschichtsträchtiger Ereignisse zurückblicken, sei es als kaiserliche Tagungsstadt, Herrin der königlichen Herrschaftsinsignien, Heimat von Kunstschaffenden wie Albrecht Dürer und Veit Stoß oder auch als Startpunkt Deutschlands erster Eisenbahnstrecke. Die malerische Lage an den Ufern der Pegnitz und ihre unmittelbare Nähe zu den Königreichen Bayern und Preußen machten Nürnberg schon im 16. Jahrhundert zu einem Umschlagplatz für den europaweiten Handel und begünstigten ab dem 19. Jahrhundert das Heranwachsen zum Industriestandort. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte sich die Unternehmerstadt bereits einen exzellenten Ruf für ihre Zweirad- und


013 Nürnberg

Spielzeugindustrie erarbeitet, was auch den Ursprung für die jährlich stattfindende und weltgrößte Spielzeugmesse in Nürnberg darstellt. In den Nachkriegsjahren sattelte die Großstadt um und ist inzwischen Standort für Informations- und Kommunikationstechnik, Logistik und das bedeutendste Zentrum deutscher Drucktechnik, was neben vielen technikbegeisterten Touristen auch eine steigende Zahl von internationalen Facharbeitern in die Metropolregion schwemmt.

Qualitätssicherung für die Kleinen TÜV Rheinland Hier geht es süßen Plüschtieren an die Ohren, und Spielzeugautos bekommen eine ganz besondere Abreibung – alles im Namen der Sicherheit. Seit den 1950er Jahren betreibt der TÜV Rheinland eine Prüfstelle, die kinderbezogene Produkte und Spielzeuge aller Art auf eine unbequeme Probe stellt. In ihrem Tagesgeschäft sind die 400 Mitarbeiter am Standort Nürnberg alles andere als zimperlich, wenn es darum geht, Produkte auf die Einhaltung gesetzlicher Schad­ stoffgrenzen und deren Funktionstüchtigkeit zu durchleuchten. Spielzeugtest: Hier geht es Stofftieren an den Kragen.

Das Unsichtbare sichtbar machen: Überprüfung der Inhaltsstoffe beim TÜV Rheinland


Nürnberg 014

Da hilft kein Ziehen und Zerren: Härtetest für Textilien und Koffer

Die „Probanden“ durchlaufen im Rahmen des Checks mechanische, elektrische, chemische, elektromagnetische und nicht zuletzt akustische Prüfungen. In den Prüfhallen und -laboratorien der Spielzeugprüfung und diversen gemeinschaftlich genutzten TÜVPrüfstellen befinden sich zum einen Stationen für Belastungstests und Schadstoffnachweise, zum anderen kann es Spielzeugen in abgeschotteten Feuer- und Druckkammern an den Kragen gehen. Auch Rollenprüfstände sind vorhanden und lassen Spielzeugautos oder Inline-Skates sprichwörtlich „durchdrehen“. An vielen Punkten erklären TÜV-Fachleute, wie jeder Verbraucher beim Kauf von Spielzeugen deren Qualität beurteilen kann. Hierfür benötigt man nicht etwa mobiles High-Tech-Equipment, sondern lediglich seine fünf Sinne. Machen Sie immer einen Geruchs- und Fühltest: Riecht das Spielzeug streng oder hat es scharfe Kanten, kann es unter Umständen gefährlich für Ihr Kind sein. Handelt es sich um ein elektronisches Spielzeug, sollte man unbedingt einen Lautstärketest machen. Besonders bei Babys ist das Gehör hoch­empfindlich und kann bei übermäßiger Geräusch­kulisse bleibende Schäden davontragen.


015 Nürnberg

Wer Lust bekommen hat, den Profis in Nürnberg bei ihrer verantwortungsvollen Arbeit über die Schulter zu schauen, kann sich einer geführten Gruppentour an­schließen. Der Blick hinter die Kulissen der Spielzeugprüfstelle Nürnberg ist ein spannendes Erlebnis für kleine und große Technikfreunde. Die jeweiligen Besichtigungstermine können entweder der Homepage des TÜV Rheinland entnommen oder telefonisch erfragt werden. Kontakt: Rainer Weiskirchen, TÜV Rheinland Tel. +49 (0)911 655 4230

Expertin vom TÜV Rhein­ land prüft die Sta­bi­li­tät von Schwimm­hilfen für Kleinkinder.

Damit Sport nicht zum Mord wird: Fitness­ geräte im Test


Nürnberg 016

Genuss-Tipp

Zwei Seiten des Fortschritts

Das Museum Industriekultur Wer sich für Technik und Kultur Tinto tapas y vino begeistert, wird im Museum InLessingstraße 6 dustriekultur spannende Stunden 90443 Nürnberg verleben. Nach seiner Gründung Tel. +49 (0)911 65084531 Mitte der 1980er Jahre entstand www.tinto-tapas.de auf dem ehemaligen Gelände einer Schraubenfabrik ein neuartiges Hybrid-Museum, das Industrie- und Sozialgeschichte miteinander verwebt. Entlang einer 500 Meter langen, unterirdischen Museumsstraße können Besucher knapp zweihundert Jahre Nürnberger Industrialisierung Revue passieren lassen. Die abenteuerliche Zeitreise setzt ein im Jahre 1835, als die erste Dampflokomotive schnaubend den Nürnberger Bahnhof verließ und hiermit Deutschlands Industrialisierung einläutete. Ein unverwüstliches Exponat zur Frühindustrialisierung ist die vollständig erhaltene zweizylindrige Kolbendampfmaschine aus der Manufaktur J. W. Spaeth. Bei Bedarf könnte das 15 PS starke Kleingerät auch heute noch mühelos seine Schichten fahren. Eine Spur brachialer ist dagegen ihr musealer Nachbar: Die Tandemdampfmaschine von MAN ist ein Urgestein des ehemaligen Eisenwerks von Julius Tafel, befeuerte sie doch mit 1.100 Pferdestärken schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine ganze Walzstraße im Alleingang.

Ein Stück deutscher Kultur­ geschichte – der TanteEmma-Laden


017 Nürnberg

Leben und Fühlen wie 1900 Wie sich die rapide technische Ent­wicklung des Wirt­ schaftsraums Nürn­berg auf dessen Einwohner aus­ ge­wirkt hat, ver­gegen­wärtigen diverse Nachbauten zeitgenössischer Geschäfte und Arbeiter­wohnungen. Besonders anschaulich wird der Be­griff „Fortschritt“ in Anbetracht dreier Küchenmodelle aus den Jahren 1900, 1930 und 1960: Im Rota­tions­prinzip erklärt die „Sprechende Küche“ die Bedeutung der Elektri­fizierung an praktischen Alltags­beispielen – vom Kühlschrank bis zur Waschmaschine. Ein lehr­reiches Vergnügen für ­kleine und große Besucher.

Wo einst ge­arbeitet wurde, sind nun Aus­stellungen be­heimatet.

Sammlung historischer Fahrräder


Nürnberg 018

Neben Vergangenem richtet das Museum In­dustrie­­kultur seinen Blick auch nach vorne und zeigt Klughardt Hotel garni Zukunftsvisionen der AutomobilTauroggenstraße 40 oder Freizeit­indus­trie. Wechselnde 90491 Nürnberg Sonderausstellungen von bildenTel. +49 (0)911 919880 den Künsten, Industriedesign über www.hotel-klughardt.de historische Exponate bis zu Film­ vorführungen runden das Portfolio des ­Mu­seums im östlichen Nürnberg ab. Museum Industriekultur, Äußere Sulzbacher Straße 62 90491 Nürnberg; Tel. +49 (0)911 2313875 Öffnungszeiten: Di – Fr: 9 –17 Uhr; Sa, So: 10 –18 Uhr www.museen.nuernberg.de/industriekultur Über Nacht

Technik am Zug Das Verkehrsmuseum Nürnberg Das Verkehrsmuseum Nürnberg ist ein Zusammenschluss aus dem Firmenmuseum der Deutschen Bahn AG und dem Museum für Kommunikation. In unmittelbarer Nähe zum Nürnberger Staatstheater und zum Germanischen Nationalmuseum gelegen, vermittelt der imposante Gebäudekomplex, welcher Fortschrittsglaube einst mit dem Zugverkehr verbunden war. Die im

Der Bayerische Hofzug sieht ­besonders ­elegant aus.


019 Nürnberg

Jahre 1899 als „Königlich-Bayerisches Eisenbahnmuseum“ eröffnete Institution ist das älteste Eisenbahnmuseum Deutschlands und wurde darüber hinaus zum „Ankerpunkt“ der „Europäischen Route der Industriekultur“ gekürt. Verkehrsgeschichte in drei Etappen Die Ausstellungen des Bahnmuseums gliedern sich in drei historische Etappen. Der erste Abschnitt schildert das „Jahrhundert unter Dampf“ von seinen zarten, knapp sechs Kilometer langen Anfängen im Jahre 1835 bis zu seinen unglaublichen Ausmaßen von über 62.000 Kilometern Schienennetz im Jahre 1919. Es geht weiter mit den wechselhaften Jahren der Weimarer Republik und des nationalsozialistischen Terrors, in denen die Eisenbahn als industrielles Zugpferd häufig für Propagandazwecke missbraucht wurde. Den kritischen Diskurs scheut das Museum nicht und zeigt in seinen Hallen be­drückende Exponate jener Epoche. Der dritte historische Teil der Ausstellung widmet sich den Wirtschafts­wunderjahren und veranschaulicht, wie sich das ehemals gesamtdeutsche Eisenbahnnetz auf „Getrennten Gleisen“ entwickelt hat.

Die herrschaft­ liche Fassade des Verkehrs­ museums im Herzen Nürnbergs


Nürnberg 020

Elektronische Lokomotive, die zur Deutschen Reichsbahn gehörte

Zugverkehr Interaktiv Neben umfassendem Informationsanspruch punktet das Verkehrsmuseum mit zwei Fahrzeughallen, in denen 40 waschechte Oldies bestaunt werden können. Werfen Sie einen Blick auf den britischen „Adler“, die erste Dampf­loko­motive, die jemals auf deutschen Gleisen fuhr, oder auf den türkis-goldenen Hofzug von Bayernkönig Ludwig II. Wer lieber den Überblick behält, kann sich das Geschehen auch aus der Vogelperspektive anschauen. Im Maßstab 1:87 zeigt die 80 Quadratmeter große Miniatureisenbahn-Anlage das alltägliche Treiben von ICEs, D-Zügen und Güterbahnwagen. Für Kinder wird Bahnfahren sogar noch spannender: Im KIBALA (kurz für Kinder-Bahn-Land) können kleine Besucher auf 1.000 Quadrat­metern Fläche spielerisch alles zum Thema Eisenbahn in Deutschland erfahren. DB Museum Nürnberg, Lessingstraße 6, 90443 Nürnberg Tel. +49 (0)180 4442233, Öffnungszeiten: Di – Fr: 9 –17 Uhr Sa, So, Feiertage: 10 –18 Uhr; www.dbmuseum.de


021 Nürnberg

Nürnberg-Tipps

Modelleisen­

bahnen sind nicht Wer eine Verschnaufpause von den anregenden nur für Kin­der Museumsbesuchen braucht, dem sei angeraten, spannend. durch die Stadt zu flanieren. Aufgrund seiner geschichtlichen Bedeutung kann Nürnberg mit imposanten Bau­werken von der Romanik bis zur Postmoderne aufwarten. Besonders sehenswert sind die Nürnberger Burg, die Frauenkirche und der Gebäudekomplex des alten Rathauses, in dessen Fassade sich mehr als 300 Jahre Architektur­geschichte vereinen. Wem der Sinn eher nach bildender Kunst steht, sollte einen Abstecher ins Albrecht-Dürer-Haus unter­nehmen und die Heim- und Arbeitsstätte des Malers und Huma­nisten besichtigen. Eine besonders ge­lungene Attraktion ist die dortige Druckwerkstatt, in der historische Kunsttechniken Touristeninformation vor­geführt und er­läutert werden. Zu besonderen An­lässen gibt sich Königstraße 93 sogar Maler­gattin Agnes Dürer 90402 Nürnberg in Gestalt einer ver­kleideten Tel. +49 (0)911 23360 Schauspielerin die Ehre und führt www.tourismus.nuernberg.de Gäste durch ihr geschichtsträchtiges An­wesen.


Schweinfurt Zwischen Industrie und Kunst

Skulpturen, ­wohin man blickt: die GutermannPromenade

Die zweite Station unserer Reise über die deutsche Technikstraße führt uns ins wirtschaftlich prosperierende Schweinfurt, das weltweit für seine Wälzlagertechnik und Maschinenbautradition bekannt ist. Die ehemalige Reichsstadt liegt eine gute Autostunde von Nürnberg entfernt und empfängt ihre Besucher mit pittoresken Uferpromenaden entlang des Mains. Ihre strategisch wertvolle Lage am Maindreieck sicherte der Stadt eine Schlüsselposition im mittelalterlichen Handelswesen, was Begehrlichkeiten auf Seiten diverser Landesherren weckte. Im Kräfte­messen zwischen dem Fürstenhaus der Henneberger und dem Bischof von Würzburg wurde die Stadt in den Jahren von 1240 bis 1250 nahezu völlig zerstört. Das sogenannte „Erste Stadtverderben“ brannte sich ins Gedächtnis Schweinfurts und wiederholte sich tra­gischerweise im Jahre 1554 bei kriegerischen Aus­ ein­andersetzungen mit Markgraf Albrecht II. Erneut


023 Schweinfurt

wurde die Stadt zerstört und benötigte knapp sechzig Jahre, um wieder auf die Beine zu kommen. Dem Kampf­ geist jener Generationen zollen Schweinfurter Sehens­ würdigkeiten wie das Alte Gymnasium, das Renaissance-­ Rathaus und der Ebracher Hof bis heute Tribut. Am Ende des 19. Jahrhunderts avancierte die heiß­ umkämpfte Stadt zum metallverarbeitenden Zen­ trum und wurde in den Nachkriegsjahren zu einem Standort der Großindustrie ausgebaut. Heute gilt das wohlhabende Schweinfurt insbesondere als Primus der europäischen Wälzlagerfertigung und pflegt sein Renommee durch ein nüchtern-modernes Stadtbild sowie eine Vielzahl kultureller Einrichtungen.

Stadtpanorama Schweinfurts am Main

Schweinfurt und sein Meer Nirgendwo in Schweinfurt tritt das enge Verhältnis zwischen Wasser, Stadt und Industrie so deutlich zu Tage wie entlang der GutermannPromenade im Süd­ostteil der Stadt. Über Nacht Die Flaniermeile wurde nach dem Schweinfurter Heimatforscher Hotel Ross und Lehrer Hubert Gutermann Hohe Brückengasse 4 (1892–1974) benannt, der sich 97421 Schweinfurt zeitlebens um die Archivierung Tel. +49 (0)9721 20010 der städtischen Geschichte bewww.hotel-ross.de mühte. Ihm zu Ehren ließ die Stadt


Schweinfurt 024

weitläufige Grün­flächen zuseiten der befestigten Ufer­ promenade an­legen und spickte sie mit Skulpturen und Industriedenk­mälern aller Art. Wer die Schweinfurter Attraktionen erleben ­möchte, startet am besten beim Georg-Schäfer-Museum in Höhe der Maxbrücke. Neben dem Museum mit seiner bedeutenden Sammlung deutscher Malerei des 19. Jahrhunderts kann man auch das welterste Walzenwehr entdecken, das vor seiner Demontage drohende Überflutungen von der Mainstadt abwehrte. Kons­truiert vom königlichen Baurat Ludwig Freytag, galt das Wehr im Jahre 1903 als technische Sensation. Allein die In­stallation des 88.000 Kilogramm schweren Verschluss­körpers stellte ohne moderne Hydrauliksysteme eine fast unlösbare Herausforderung für das damalige In­genieursteam dar. Allen Umständen zum Trotz konnte das Bauprojekt Genuss-Tipp erfolgreich abgeschlossen werden und hielt das Schmelzwasser des Hess Restaurant Weinstube Mains sechzig Jahre lang beständig im Zaum. Dank seiner ZuverlässigFischerrain 67 keit entwickelte sich das Bauprinzip 97421 Schweinfurt zu einer waschechten SchweinTel. +49 (0)9721 185888 furter Erfolgsgeschichte und fand www.weinstube-hess.de deutschlandweit Nachahmer.

Perspektiv­ wechsel: Mit dem Main im Rücken auf Schweinfurt blicken


025 Schweinfurt

Im Jahre 1963 wurde das Regulierwerk zur Cramermühle schließlich trockengelegt und als Industriedenkmal etwa 400 Meter von seinem ursprünglichen Standort entfernt neu aufgebaut.

Schweinfurt-Tipps Neben einer Handvoll architektonischer Sehenswürdig­ keiten wie dem Schrotturm oder dem RenaissanceRathaus verfügt Schweinfurt über ein breitgefächertes Netz an Museen, die mit teils hochklassigen Exponaten den Vergleich mit Häusern in Großstädten nicht zu scheuen brauchen. So beherbergt die Kunsthalle Schweinfurt im ehemaligen Ernst-Sachs-Bad eine Sammlung zeitgenössischer Kunst aus der Region und eine umfangreiche Sammlung zum expressiven Realismus. Wechselnde Sonderausstellungen erweitern das Museumsprofil. Albrecht Dürer-Fans werden nach dem Nürnberger Dürer-Haus sicherlich einen Blick ins „Museum Otto Schäfer“ werfen wollen: Hier sind rund tausend illustrierte Drucke aus dem 15. und 16. Jahrhundert ausgestellt, darunter eine fast vollständige Sammlung von Stichen des Altmeisters. Kunsthalle Schweinfurt, Rüfferstraße 4 97421 Schweinfurt; Tel. +49 (0)9721 514734 www.kunsthalle-schweinfurt.de Wem ein Museumsbesuch zu wenig Action verheißt, der sollte einfach die Wände hochgehen – genauer gesagt die historischen Mauern der Wallanlage. Eigens für Hobbykletterer wurde ein Bereich der alten Stadtmauer zum Kletterpark umgebaut, Touristeninformation der ohne Gebühr mit eigener Ausrüstung bestiegen werden kann. Markt 1 Der freigegebene Bereich befindet 97421 Schweinfurt sich am Unteren Wall in Schweinfurt Tel. +49 (0)9721 513600 und bietet eine gute Gelegenheit, www.schweinfurt360.de um mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen.


Ingolstadt Im Zeichen des blauen Panthers Eine herrliche Altstadt und märchenhaft an­mutende Relikte historischer Befestigungsanlagen heißen Besucher in Ingolstadt willkommen. Überall wimmelt es von mittelalterlichen oder barocken Bauten, sei es die Asamkirche Maria de Victoria, der Herzogkasten oder die Alte Anatomie. Jede Attraktion der Donaustadt zeugt auf ihre Weise von 1.200 Jahren bewegter Geschichte, die das einstige Kammergut zur Großstadt heranwachsen ließen. Im Wappen Ingolstadts thront ein feuerspeiender ­blauer Panther. Seine Gestalt steht für die Uneinnehm­ barkeit der mittelalterlichen Festungsstadt, den wachen Geist ihrer Universitätsgründer oder für ihre gegenwärtige Wirtschaftskraft. Das moderne Ingolstadt blickt gerne zurück, aber noch lieber nach vorne: Seit 1985 unterhält der Automobilkonzern Audi hier seinen Hauptsitz und gleichzeitig eine der größten Produktionsstätten für Autos. Wie kein anderes Unternehmen fördert es die städtische Kulturlandschaft und macht Ingolstadt zum Anziehungspunkt für Autofans aus der ganzen Welt.

Science-Fiction schon heute: die Produktion im Audi-Werk


027 Ingolstadt

Audi Forum Ingolstadt Zwischen Nostalgie und Zukunft Es hat etwas von Weihnachten: strahlende Augen, seliges Lachen, die ganze Familie ist in heller Aufregung – und plötzlich hat das lange Warten ein Ende. Blitzblank poliert und ausgestattet mit allen gewünschten Extras rollt der Neuwagen auf seine frischgebackenen Besitzer zu – wahrlich ein rührender Moment. Über 400.000 Menschen besuchen jährlich das Audi Forum Ingolstadt, von denen rund 120.000 mit Begleitperson ihren Neuwagen im Kundencenter persönlich in Empfang nehmen. Die Kunden erhalten ein abwechslungs­reiches Programm mit attraktiven Angeboten wie einer Tour durch die hochmodernen Produktionsanlagen des Automobilherstellers. Weitere Tourismusangebote wie ein Hubschrauberrundflug können optional hinzugebucht werden. Das Audi Forum Ingolstadt befindet sich im Norden Ingolstadts direkt am Werk in der Ettinger Straße; seit 1992 haben Privatkunden die Möglichkeit, ihre Fahrzeuge hier abzuholen und dies mit einem Städtetrip zu verbinden. Das Forum in seiner heutigen Form verfügt über eine Gesamtfläche von 77.000 Quadratmetern und ist seit dem Jahr 2000 in Betrieb.

In Reih und Glied – Park­ bereich auf dem Gelände des Audi Forums


Ingolstadt 028

Über Nacht

Ab ins Werk

Produktionsführungen bei Audi Natürlich muss man nicht jedes Mal Ara Hotel Comfort ein Auto kaufen, wenn man den Theodor-Heuss-Straße 30 Ingenieuren und High-Tech Ro­ 85055 Ingolstadt botern bei ihrer spannenden Arbeit Tel. +49 (0)841 95550 über die Schulter schauen möchte. www.ara-hotel.de Zahlreiche Führungen durch das Werk Ingolstadt sind öffentlich und setzen individuelle Schwerpunkte. Ein Klassiker für Einsteiger ist die Überblickstour „Produktion kompakt“: Hier wird erläutert, welche Montageschritte überhaupt notwendig sind, um aus einem Haufen Werkstoff ein fahrtüchtiges Auto zu formen. Autofans können sich unter anderem Besichtigungen zu den Themen Logistik, Produktionssystem oder Lackierungen anschließen.

Spannende ­Einblicke für jedermann

Erlebnisführungen im Audi museum mobile Das Audi museum mobile umfasst in einem 22 Meter hohen Rundbau eine Dauerausstellung von mehr als 60 historischen Automobilen sowie 30 Motor- und Fahrrädern. „Bewegung“ ist nicht nur das Leitmotiv der Ausstellung – auch das Museumsgebäude selbst erweist sich als überaus agil. In den beiden oberen Stockwerken symbolisieren sogenannte „fahrende Wände“ die Unaufhaltsamkeit von Zeit und Geschichte. Auf einem kreisenden Paternoster präsentiert Audi


029 Ingolstadt

Zeitreise per Etagenwechsel im Audi museum mobile

Tradition auf 14 Plattformen automobile Schmuckstücke, die gelegentlich ausgetauscht werden und Themengebieten wie „Motorsport“ oder „Prototypen“ gewidmet sind. Die unterste Etage bietet eine Modellauto-Chronologie (Maßstab 1:43) aus mehr als hundert Jahren. Im Kino auf der gleichen Etage kann sich der Besucher mit einem faszinierenden Filmbeitrag auf seine Zeit­ reise durch den Automobilbau einstimmen. Die über hundert­jährige Unternehmensgeschichte wird im Rückwärtsgang erzählt. Wer seine automobile Zeitreise hingegen chronologisch sortiert bevorzugt, kann auch

Interessante Geschichte


Ingolstadt 030

einfach im dritten Stock beginnen. Zu besichtigen sind unter anderem die legendären Rennwagen der 1930er Jahre, darunter ein Auto Union Typ C/D 16-ZylinderBergrennwagen oder eine Rekonstruktion des im Krieg verschollenen Stromlinien-Wagens „Avus“. Wechselnde Ausstellungen auf der ersten Museumsetage runden die Reise in die Audi-Geschichte ab und locken auch viele Einheimische regelmäßig ins Museum.

Und sonst so? Zusatzangebote des Audi Forum Ingolstadt Nicht nur das Automobil findet im Audi Forum Ingolstadt seinen Platz, auch Kunst und Kultur sind häufig und gern gesehene Gäste. So avancierte die renommierte Konzertreihe „Jazz im Audi Forum Ingolstadt“ seit 2001 zu einem Aushängeschild des Ingolstädter Musiklebens. Größen der nationalen und inter­natio­ nalen Jazz-Szene gaben einander hier schon die Türklinke in die Hand, darunter Paul Kuhn, Ray Brown, Chris Barber, Herb Galler und Al Porcino. Integriert in das Kundencenter ist das Audi Programmkino. In diesem Filmkunsttheater mit 75 Plätzen werden neben ausgesuchten aktuellen Filmen auch preisgekrönte Klassiker und besondere Filmbeiträge und Reportagen aus aller Welt gezeigt. Für Kinder und Jugendliche bietet „Audi young and fun“ einen aufregenden Einblick in die Audi-Themenwelten mit spannenden Aktionsmodulen, innovativen Fahrsimulatoren und multimedialen Wissensspielen. Für kulinarische Genüsse sorgt ein Genuss-Tipp verheißungsvolles GastronomieQuartett: Die „Bar & Lounge“ serviert Audi Forum Ingolstadt Drinks, Snacks und Kaffeespezialitäten; das Marktrestaurant offeriert Erlebnisgastronomie fantasievolle Frisch-Gerichte; das 85045 Ingolstadt elegante „fine dining“-Restaurant Tel. +49 (0)841 8941071 „AVUS“ besticht durch sein stilvolles www.audi.de/foren Ambiente und gehobene Küchen­


031 Ingolstadt

Kultur hat einen festen Platz im Audi Forum Ingolstadt.

kunst; und aus der Weingalerie kann man nach allen Erlebnissen einen edlen Tropfen mit nach Hause nehmen. Audi Forum Ingolstadt, 85045 Ingolstadt Tel. +49 (0)800 2834444; www.audi.de/foren

Ingolstadt-Tipp Bierfans aufgepasst: Durch das Herz Ingolstadts fließt nicht nur Motoröl, sondern auch der schmackhafte Hopfensaft. Am 23. April 1516 verkündete Herzog Wilhelm IV. auf dem Landständetag in Ingolstadt das bayerische Reinheitsgebot für Bier. Infolgedessen durfte bei der Herstellung des goldgelben Trankes „allain Gersten, Hopfen und Wasser genommen und gepraucht werden“ – eine eiserne Regel, die bis heute Bestand hat. Der Geburtsstunde des ersten deutschen Lebens­ mittelgesetzes gedenkt heute ein Schauspielertrupp, der die frohe Kunde des reinen Bieres durch Ingolstadt trägt und auf dessen kulturelle Bedeutung hinweist. Der passagenweise Originaltext Touristeninformation des Reinheitsgebots ist ebenso im Paket enthalten wie der gesang­ Rathausplatz 2 liche Vortrag der „Bierarie“ und des 85049 Ingolstadt „Bierliedes“. Der 15-minütige KurzTel. +49 (0)841 3053030 vortrag kann von Einzelpersonen www.ingolstadt-tourismus.de oder Gruppen gebucht werden. www.ingolstadt-erleben.de


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