Romantische Straße

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Ferienstraßen

Romantische Straße Bayerische Pracht und Noblesse


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978-3-941784-29-1 1. Auflage Berlin 2012


Romantische StraĂ&#x;e Bayerische Pracht und Noblesse

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Inhaltsverzeichnis Einleitung

008

Rund um Würzburg Welterbe und Weinkultur

012

Die alten Meister

014

Würzburg Unterm Götterhimmel

018

Durchs liebliche Taubertal Von Kröten, Neidköpfen und bitteren Quellen

028

Aus altem Schrot und Korn

030

Tauberbischofsheim Für Genussmenschen

032

Lauda-Königshofen Zwölfmal gut

036

Bad Mergentheim Romantische Gesundheitsstadt

044

Weikersheim Zwischen den Epochen

052

Röttingen Die Stadt der Sonnenuhren

060

Creglingen Wo Rosen blühen

066


Im Glanz der stolzen Reichsstädte Frank und frei bis ins Donau-Ries

072

Rothenburg Inbegriff der Romantik

074

Schillingsfürst Auf der Frankenhöhe

080

Feuchtwangen Ein Vergissmeinnicht

086

Dinkelsbühl Die Morgengabe

092

Wallerstein Im Donau-Ries

098

Das Nördlinger Ries – einschlagend!

102

Nördlingen Rundum geschützt

106

Harburg Idylle pur

114

Donauwörth Auf der Insel

118

Rain am Lech Die Blumenstadt

126


Durchs Lechfeld Von Schlachten und Rรถmerlagern Im Reich der reichen Fugger

138

Augsburg Venedig des Nordens Die Puppen aus der Kiste

136

142

152

Friedberg Stolze Herzogstadt

156

Durch den Pfaffenwinkel Himmelweisende Kirchen und Berge

164

Barocke Pracht und Rokoko-Prunk

166

Landsberg Am wilden Lech

170

Hohenfurch Tor zum Pfaffenwinkel

182

Schongau Die Rรถmerstadt

184

Peiting Im Welfenreich

188

Rottenbuch Im Ammertal

194


Wildsteig Mit Panoramablick

200

Steingaden Auf der „Wies“

202

Im Land der Könige Wo es Schlösser auf die Spitze treiben

206

König Ludwig II., der größte Romantiker

208

Halblech Im Königswinkel Die Königsschlösser

212

214

Schwangau Das Dorf der Könige

216

Füssen Am Ziel der Reise

224

Romantisch reisen ohne Auto

234

Register

238

Abbildungsverzeichnis

242


Romantik Ein Gefühl geht auf Reisen Was ist an einer Straße romantisch? Die Fernstraße zwischen Würzburg und Füssen, Deutschlands erste Ferienstraße, schmückt sich nicht zufällig mit dem Titel Romantische Straße, den ihr 1950 die Stadt Augsburg verliehen hat. Stand die Epoche der Romantik mit ihren Ideen von Freiheit, Frömmigkeit und Naturschwärmerei Pate? Auch deren Blüten finden sich an der Romantischen Straße. Aber Romantik ist hier viel mehr – sie ist in erster Linie ein Gefühl. Romantik ist die Sehnsucht nach einer heilen Welt, nach unzerstörter Natur. Sie ist die Flucht aus einer sich immer schneller drehenden Welt in das Reich der Märchen und der Fantasie. An der Romantischen Straße sind Sehnsuchtsorte aufgefädelt wie Perlen an einer Kette: mittelalterliche Städtchen, alte Burgen, traumhafte Landschaften. Wer sich auf die Romantische Straße einlässt, erlebt ihren ganz eigenen Zauber – einen Zauber, den man nur selbst erleben und erspüren kann. Dieses Buch will einladen sich dem zu öffnen und bietet hierfür den notwendigen praktischen Rahmen. Früher eine Heeresstraße, die Augsburg mit Italien verband: die Via Claudia Augusta


009

„Nuremberga“, Holzschnitt aus dem 15. Jahrhundert

Die Romantische Straße ist die Urmutter allen Reisens. Schon vor 2.000 Jahren kamen die ersten „Fernfahrer“ aus dem Süden – in Gruppen und mit schwerem Gepäck. Die Romantische Straße hieß noch Via Claudia und war eine Heeresstraße, die Augsburg, das alte Augusta Vindelicorum, mit Italien verband. Kaiser Augustus hatte damals seine Legionen über die Alpen in den Norden geschickt, um das Land der Vindeliker zu erobern. In Augusta Vindelicorum errichteten die Besatzer ihr erstes und wichtigstes Militärlager, und noch heute begegnet man in Augsburg den Römern auf Schritt und Tritt. Majestätisch grüßt der Kaiser die Bürger der Stadt vom Augustusbrunnen auf dem Rathausplatz. Wer in Augsburg bauen will, braucht Zeit und gute Nerven, denn auf römische Spuren trifft man auch im Untergrund. Der Denkmalschutz kennt kein Pardon, wenn aus der Erde Irdenes, Speerspitzen und Mauerreste aus historischer Zeit auftauchen – Fundstücke, die aus der reichen Geschichte dieser Stadt erzählen. Über die historische Via Claudia führt die Romantische Straße von Augsburg bis zu ihrem Endpunkt in Füssen. Südlich von Landsberg sind heute noch Reste der früheren Heeresstraße zu sehen. Auch der nördliche Streckenabschnitt von Würzburg bis Augsburg ist keine künstliche Konstruktion auf dem Reißbrett der Tourismusmanager. Auch hier reist der Romantiker auf jahrhundertealten historisch bedeutenden Trassen, auf den wichtigsten Handelsstraßen des Mittelalters. 28 Mitgliedsorte der Arbeitsgemeinschaft Romantische Straße vermitteln heute auf 385 Kilometern Einblicke


010

OstalgäuPanorama mit Blick auf Schloss Neuschwanstein

in ein Land des Barock und Rokoko. Neben großartiger Pracht finden die vielen Kleinode am Wegesrand nicht immer die ihnen gebührende Beachtung. Gerade auch dem Verborgenen ist dieser Reiseführer auf der Spur. An der Würzburger Residenz, an der Altstadt von Rothenburg und am romantischen Schloss Neuschwanstein führt natürlich kein Weg vorbei. Neben diesen Höhepunkten auf Deutschlands beliebtester Ferienstraße aber macht dieses Buch auch die Geschichten der Kleinode entlang der Romantischen Straße erlebbar. Wer weiß schon, dass im kleinen Röttingen die Zeit von der Sonne bestimmt wird und warum die Schillingsfürster den Igeljägern ein Denkmal setzten? Dass die besten Trüffelpralinen weltweit und der knusprigste Karpfen Frankens aus der Festspielstadt Feuchtwangen kommen? Oder dass die Rettung von Tiepolos Götterhimmel in Würzburg dem amerikanischen Besatzungsoffizier Skilton zu verdanken ist? Die Idee des Augsburger Bürgermeisters Ludwig Wegele, so kurz nach dem Krieg die Romantische Straße zu gründen, war ziemlich kühn. Der Politiker wollte nach Krieg und Terror vor allem den US-amerikanischen Soldaten und ihren Familien ein anderes, ein freundliches Bild von Deutschland zeigen.


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Der Blasturm in Schwandorf, Gemälde von Carl Spitzweg, ca. 1870

Auch wenn es heute viele Besucher aus der ganzen Welt zur Romantischen Straße in Bayern zieht: Die wirklich echten Romantiker sind und bleiben die Deutschen selbst. Denn romantische Gefühle haben mit Identität, Kultur und Heimat zu tun. Nirgendwo lässt sich das romantische Ideal eines harmonischen Ganzen besser orten, das Gefühl des Erhabenen und des Wunderbaren intensiver erleben als zwischen Würzburg und Füssen. Romantik ist Tiepolo, ist Spitzweg, ist Riemenschneider, ist König Ludwig. Wer diesen Romantikern auf seiner Reise begegnet ist, wird dieses große Gefühl nie mehr vergessen. Versprochen! Marilis Kurz-Lunkenbein


Rund um Würzburg Welterbe und Weinkultur Das Maindreieck zwischen Volkach, Ochsenfurt und Würzburg ist gefährlich. Denn wenn man nicht aufpasst, bleibt man gleich am Beginn der Romantischen Straße in Würzburg hängen. Hier ist alles dem Wein und seiner Kultur untergeordnet. Die Villenhänge sind dicht von Weinbergen übergrünt. Um Weltkultur und Weinerbe auf sich wirken zu lassen, braucht man viel Zeit. Zeit, um das Leben zu genießen, um durch die Straßen und Gassen zu bummeln, den Gärtnern und Bauersfrauen auf dem Markt zuzusehen und das einzigartige Welterbe der Stadt zu bewundern. Manchmal aber scheint die Zeit stehen zu bleiben, und man will überhaupt nicht mehr gehen. Bei einem guten Schoppen Wein und einer deftigen fränkischen Brotzeit könnte man in Würzburg seine romantische Reise beenden, bevor sie überhaupt angefangen hat.


013

WĂźrzburg hieĂ&#x; im Mittelalter Herbipolis


Die alten Meister Drei herausragende K端nstler sind eng mit W端rzburg und seiner Umgebung verbunden: Tilman Riemenschneider (Bildhauer und Holzschnitzer), Balthasar Neumann (Barockbaumeister) und der venezianische Maler Giovanni Battista Tiepolo.


015

Tilman Riemenschneider (1460–1531) Er war einer der Größten, der in der Sprache der Hände reden konnte, ein Bildhauer, der meisterliche Darstellungen von Händen schuf. Um 1460 wurde er in Heiligenstadt auf dem Eichsfeld geboren, bei seinem Vater, dem Münzmeister, lernte er wohl das Stempelschneiden in Metall und Holz. Ab 1479 begab er sich auf Wanderschaft am Oberrhein und in Oberschwaben, 1483 wurde er in Würzburg Mitglied der Zunft für Maler, Bildhauer und Glaser. Durch seine erste Heirat 1485 erwarb er das Meister- und Bürgerrecht mit Haus und Werkstatt, in der seine großen Kunstwerke, die heute noch in Würzburg, Creglingen und Rothenburg zu sehen sind, entstanden. Bei seinem Scherenberg-Grabmal im Würzburger Dom fragen sich seine Bewunderer noch heute, wie ein Mensch soviel Realismus und Poesie zugleich aus Stein erschaffen konnte. Balthasar Neumann (1687–1753) Der im böhmischen Eger geborene Neumann war Handwerker von der Pike auf. Er lernte den Beruf des Glocken- und Geschützgießers, wurde eingeweiht in das Wissen über Ernst- und Lustfeuerwerkerei und über das Brunnenmachen. Seine Wanderjahre führten ihn in die berühmte Gießhütte des Ignaz Kopp in Würzburg, wo er in Geometrie, Feldmesserei und Architektur ausgebildet wurde. Die Heirat mit der Würzburger Geheimratstochter Maria Eva Engelberta Schild verschaffte ihm Beziehungen zu den höfischen Beamten. Er wurde zunächst Baudirektor des Würzburger Domkapitels und später für das gesamte militärische, kirchliche und zivile Bauwesen der Hochstifte Würzburg und Bamberg und für die Privatschlösser des Fürstbischofs Friedrich Carl von Schönborn. Hinzu kamen Straßen-, Brücken- und Wasserbau. In seiner beispiellosen Karriere schuf Neumann als federführender Architekt die Würzburger Residenz. Heute erinnert

Ein Meister der Hände: Tilman Riemenschneider Heiligblut-Altar in der Rothenburger Jakobskirche (links)


016

eine schlichte Gedenktafel in der Bürgerkirche am Würzburger Markt an den großen Stadtplaner, Schlossarchitekten und Kirchenbaumeister.

Neumanns Barockkirche St. Paulin in Trier Architekt der Ewigkeit: Balthasar Neumann (oben)

Giovanni Battista Tiepolo (1696–1770) Tiepolo, Sohn eines kleinen venezianischen Schiffseigners, wurde zu einem der bedeutendsten Maler des ausgehenden Barock und des Rokoko. Nach seiner Malerlehre arbeitete er mit 18 Jahren selbstständig und wurde mit 21 Meister. Mit Altarbildern und Fresken für Kirchen und Schlösser in Venedig, Udine, Mailand, Bergamo und Vicenza machte sich Tiepolo einen Namen als virtuoser Maler über Oberitalien hinaus. Als ihm angeboten wurde, nach Würzburg– damals ein unbekanntes Provinzstädtchen – zu kommen, stand er am Höhepunkt seiner Laufbahn und seines Könnens. Schon vorher gab es Versuche, Tiepolo mit ehrenvollen Aufträgen ins Ausland zu holen. Der Würzburger Bankier Mehling konnte ihn im Auftrag des Fürstbischofs überreden, sich und seine Kunst auch in Deutschland zu verewigen. Die Herausforderung, eine Residenz solchen Ranges ausmalen zu dürfen und eine ungewöhnlich hohe Bezahlung dürften ihn in die Provinz gelockt haben. Das Treppenhausfresko ist von seiner Ausdehnung her das größte Fresko überhaupt, das je ein Künstler gemalt hat. Der Götterhimmel gilt heute noch als sein Hauptwerk.


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Giovanni Battista Tiepolo, Vision des Heiligen Clemens, um 1730


Würzburg Unterm Götterhimmel Würzburg ist unmittelbar ein erster kunst- und kulturhistorischer Höhepunkt der romantischen Reise. Die Barockstadt liegt mitten im Fränkischen Weinland und wird überragt von der mächtigen Festung Marienberg. Heinrich von Kleist schrieb schon 1800 an seine Braut: „In der Tiefe, sagte ich, liegt die Stadt wie in der Mitte eines Amphitheaters. Die Terrassen der umschließenden Berge dienten statt der Logen.“ Diesen von Kleist beschriebenen Blick auf die im Talkessel des Mains eingebettete Stadt genießt man am besten vom Käppele oder noch besser vom Fürstengarten der Festung Marienberg aus. Da liegt einem Würzburg zu Füßen mit Dom und Neumünster als Kern der einst geistlichen Stadt. Durch ihren Vorplatz abgehoben liegt östlich davon die Residenz der Fürstbischöfe. Außerhalb der Unterstadt klettern Vorstädte und Siedlungen die Hügel hinauf. Der Steinberg im Norden, seit alters her ein großer Weinberg von 90 Hektar Fläche, ist fast ausschließlich im Besitz der drei großen Weingüter Residenz mit barockem Hofgarten


019 Würzburg

Würzburgs: Bürgerspital, Juliusspital und Staatsweingut. Die Besitzverhältnisse dürften den Weingenuss allerdings kaum stören. In Würzburg schnitzte Tilman Riemenschneider seine unvergleichlichen Skulpturen, baute Balthasar Neumann seine Barockbauten, malte Tiepolo seinen Götterhimmel. Obwohl 1945 vieles in Würzburg in Trümmer sank, strahlt die Stadt im dritten Jahrtausend wieder wie einst. Kultur, Landschaft und Bocksbeutel sind eben eine unschlagbare Kombination. Zwischen 1642 und Mitte des 18. Jahrhunderts gaben drei Fürstbischöfe der Stadt ein barockes Gesicht. 1720 legte Baumeister Balthasar Neumann den Grundstein zur Residenz. Der italienische Barockmaler Giovanni Battista Tiepolo schuf dort das größte zusammenhängende und stützenfreie Deckengemälde der Welt. Das Fresko hielt sogar den schweren Luftangriffen des 16. März 1945 stand. Damals wurde die Stadt zu etwa 80 Prozent zerstört. Der Wiederaufbau dauerte Jahrzehnte.

Geschichte und Geschichten Ein Dach für Tiepolo Nur wenige Minuten, nachdem 230 Bomber am 16. März 1945 Kurs auf Würzburg genommen haben, ist die weltberühmte Residenz eine Ruine. Dass Tiepolos Fresken gerettet wurden, ist ausgerechnet einem Die Romantische Reise beginnt Am Rennweg, direkt am Eingang zum Würzburger Hofgarten, beginnt die 385 Kilometer lange Reise vom Main zu den Alpen, von Würzburg nach Füssen. Am offiziellen Ausgangspunkt der Romantischen Straße grüßt eine Stahl-Glas-Stele mit dem Routenverlauf in acht Sprachen. Mit Welterbe und Weingenuss geht es von Anfang an in die Vollen. Zehn braun-weiße touristische Wegweiser mit Logo und Schriftzug „Romantische Straße“ führen nach dem Besuch der Barockstadt vom Residenzplatz aus auf den richtigen Weg nach Tauberbischofsheim.


Würzburg 020

Weltkultur: der Götterhimmel in der Residenz

amerikanischen Offizier zu verdanken. Der 36-jährige John Davis Skilton landete im Juni 1945 in Würzburg. Die Residenz mit den Gerippen der Gewölbe von Balthasar Neumann und den Deckenfresken von Tiepolo drohten – schutzlos dem Regen ausgesetzt – für immer verloren zu gehen. Kunsthistoriker Skilton vergaß, dass er im Feindesland stand. Er erkannte, dass die Kunstwerke und das Gewölbe sofort gegen Feuchtigkeit geschützt werden mussten. Doch leichter gesagt als getan. Alle Holzvorräte wurden von einer US-Pioniertruppe kontrolliert. Als schwerer Regen einsetzte, beschaffte Skilton dennoch auf abenteuerliche Weise genügend Holz, um die Residenz mit notdürftigen Dächern zu schützen. Im September 1945 fand sogar ein Richtfest statt, für das Skilton mitten im Hungerland Brot und Leberwurst organisiert hatte. Skilton verließ Würzburg im Oktober 1945, blieb aber der Stadt bis zu seinem Tod eng verbunden.


021 Würzburg

Der Bocksbeutel Der Beutel vom Bock hat der markanten und nur in Franken erlaubten Flaschenform ihren Namen gegeben. 1726 beschloss der Würzburger Stadtrat, den Wein zum Schutz vor Panscherei in Flaschen abzufüllen. Damit man sie besser transportieren konnte, wurden die runden Flaschen an zwei Seiten abgeflacht, wodurch die typische Bocksbeutelform entstand. Der Name leitet sich wohl vom Hoden des Ziegenbocks ab, der schon im Altertum gegerbt und als Feldflasche benutzt wurde. Der Bocksbeutel ist als Markenzeichen durch das Deutsche Weingesetz geschützt. Nur Weine bester Qualität dürfen in diese Flaschenform abgefüllt werden.

Sehen und erleben Die Fürstbischöfliche Residenz Die Fürstbischöfliche Residenz gehört seit 1981 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ihr grandioses Treppenhaus von Balthasar Neumann und Tiepolos barocker Götterhimmel sind ein absolutes Muss. Das monumentale, 1753 vollendete Deckenfresko mit seinen 677 Quadratmetern Fläche gilt als die größte allegorische Darstellung von Himmel und Erde weltweit. Noch mehr Barock und Tiepolo gibt es im frisch renovierten Kaisersaal. Eine Legende erzählt übrigens, dass die gewagte Statik der freitragenden Kuppel über dem Treppenhaus schon im 18. Jahrhundert Stoff für Spekulationen geboten hat. Balthasar Neumann aber soll Zweifler selbstbewusst beschieden haben: „Unter der Kuppel kann man eine Batterie Kanonen abfeuern, ohne dass sie einen Riss bekommt.“ Der Venezianer Giovanni Battista Tiepolo hat diese Begebenheit in seinem Deckenfresko festgehalten. Am Rand seines Gemäldes sitzt Balthasar Neumann in Gala-Uniform, fröhlich auf einer Kanone

Bombenfest: Balthasar Neumanns Gewölbe


Würzburg 022

Blick auf die Residenz von Süden

reitend. 200 Jahre später ging am 16. März 1945 ein Bombenhagel über Würzburg nieder und legte große Teile der Residenz in Schutt und Asche. Neumanns Kuppel aber hielt stand, obwohl auf ihr tonnenschwer der Brandschutt lastete. Tiepolos Götterhimmel, in dem die Erdteile der Stadt Würzburg huldigen, blieb der Nachwelt erhalten, genau wie es der große Baumeister vorausgesagt hatte.


023 Würzburg

Die alte Mainbrücke Im Mainfränkischen Museum bewundert man die spätgotische Schnitzkunst von Tilman Riemenschneider. Später geht es mit Würzburgs Nachtwächter durch die Gassen der Altstadt und über die alte Mainbrücke mit ihren zwölf barocken Heiligen. Diese Figuren aus Sandstein zeigen die drei irischen Missionare Kilian, Kolonat und Totnan, die heilige Jungfrau Maria, dargestellt als Patrona Franconiae, die heiligen Bischöfe Bruno und Burkard sowie Karl den Großen und dessen Vater Pippin. Auffällig ist der dramatische Faltenwurf ihrer Gewänder. Im Sommer versammeln sich auf der Fußgängerbrücke viele Straßenmusikanten. Mainkai 1, 97070 Würzburg Vom Weindorf bis zum Weihnachtsmarkt Eine gute Zeit zum Verweilen am Main ist eigentlich immer. Zum länger Bleiben empfehlen sich aber FeierTage wie das „Weindorf“ Ende Mai/Anfang Juni, wenn die Winzer auf dem Marktplatz ihre besten Tropfen ausschenken. Dazu gibt es Musik und fränkische Schmankerl. „Umsonst & draußen“ Ende Juni ist ein Open-AirFestival auf den Mainwiesen, das jedes Jahr Tausende junger Leute in die Stadt zieht. Anfang Juli wird der Heilige Kilian – Würzburgs Stadtpatron – mit Prozession und Trachtenumzug beim Kiliani-Volksfest gefeiert. Ja, und dann gibt es noch das Africa-Festival, die Barockfeste, das Hofgarten-Weinfest, die Italienische Nacht, das

Brückenheilige wachen über Stadt und Fluss


Würzburg 024

Für Genießer Alte Mainmühle Mainkai 1 Mo–So: 11–22.30 Uhr Tel. 0931 16777 www.alte-mainmuehle.de Hauptgerichte 15–26 Euro Würzburger Ratskeller Langgasse 1 Mo–So: 11–22 Uhr Tel. 0931 13021 www.wuerzburger-ratskeller.de Hauptgerichte 10–20 Euro Weinhaus zum Stachel Gressengasse 1 Di–Sa: 11–24 Uhr Tel. 0931 52 770 www.weinhaus-stachel.de Hauptgerichte 18–30 Euro Weinstein (Reisers am Stein) Mittlerer Steinbergweg 5 Mo–Sa: 17–24 Uhr Tel. 0931 286901 www.der-reiser.de Hauptgerichte 10–20 Euro Menüs ab 33 Euro

Hoffest am Stein, den Hafensommer, das Stadt- und Theaterfest, die Mainfrankenmesse, den Literarischen Herbst, die Bachtage und schließlich den Weihnachtsmarkt.

Für Genießer Der Stein-Wein-Pfad Der Würzburger Stein ist ein echter Edelstein. Ein Stein-Wein-Pfad führt als Panoramaweg durch seine Weinberge. Zwei Weißweinsorten gedeihen am Würzburger Stein besonders gut: der Riesling, der seit dem 15. Jahrhundert angebaut wird, und der Silvaner, die typische Frankenrebe. Dichter, Denker und Gelehrte schätzen seit Jahrhunderten den Steinwein. Goethe wurde ohne ihn „verdrüsslich“, Tucholsky konnte nicht genug von ihm bekommen. Richard Wagner ließ sich von ihm beflügeln, und Wilhelm Röntgen erholte sich vom Strahlenforschen bei einem frischen Schoppen. „Ein sonderbarer Ort, da der beste Wein wachsen thut“, wird Matthäus Merian als Zitat zugeschrieben. Blaue Zipfel und Meefischli Um Frankenwein geht es in allen urigen Lokalen und den gemütlichen Weinstuben der Stadt. Dazu gibt’s dann als „Feschber“ (Vesper) eine kräftigende Häckersbrotzeit mit den legendär guten fränkischen Wurstwaren. Häcker sind in Franken die Arbeiter in den


025 Würzburg

Weinbergen, die das Unkraut hacken, eine kräftezehrende Arbeit, entsprechend üppig sind heute noch die Portionen. Hungrig waren auch die Kärrner, die Männer, die mit Karren die Fracht von den Mainschiffen abtransportierten. An sie erinnert die Kärrnergasse, aber auch eine typische RindfleischSpezialität, der Kärrnersbraten. Unbedingt probieren sollte man auch die Blauen Zipfel, Bratwürste, die in Essigsud gegart werden und dadurch ihre leicht bläuliche Farbe bekommen. Durch und durch regional sind auch die exotisch klingenden Meefischli. Das sind kleine silbrige Fische, meist Lauben oder Rotaugen, die aus dem Main (fränkisch: Mee) kommen. Man isst sie – knusprig gebraten – mit Haut, Kopf, Schwanz und Gräten. Weinlokale mit Steinwein Neben den vielen barocken Kunstschätzen laden auch Würzburgs Weinlokale zum Genießen ein, zum Beispiel bei Scheufele und

Für Genießer Bürgerspital zum Hl. Geist Theaterstraße 19 Ende März bis Ende Okt.: Sa 14 Uhr: öff. Kellerführung: 6 Euro inkl. kl. Weinpräsent. Mai bis Okt. am 1. und 3. Sa im Monat 15 Uhr öff. Weinbergsführung mit kl. Weinprobe:7Euro Treffpunkt ist der Infopavillon am Weingut am Stein Tel. 0931 3503451 www.buergerspital.de Juliusspital Klinikstraße 1 2. März bis 16. Dez. Fr und Sa 17 Uhr Führung: „Blicke hinter die Kulissen“, jeden So 10.30 Uhr Führung: „Die Stiftung Juliusspital“ mit Holzfasskeller inkl. Weinprobe: 11 Euro Tel. 0931 3931400 www.juliusspital.de

Ganz erhaben: Festung Marienberg Haus zum Falken am Marktplatz (links)


Würzburg 026

Für Genießer Staatlicher Hofkeller Rosenbachpalais Residenzplatz 3 2. März bis 23. Dez.: Fr 16.30 und 17.30 Uhr Sa, So: 10, 11, 12, 14, 15, 16 Uhr öff. Kellerführungen durch das historische Kellergewölbe mit Weinkeller inkl. Glas Wein: 7 Euro Treffpunkt: Frankonia-Brunnen (Residenzplatz) Mai bis Aug. jeden 1. und 3. Sa 15 Uhr, Sept. bis Okt. jeden Sa 15 Uhr Führung am „Würzburger Stein“ inkl. Glas Wein: 8 Euro Treffpunkt: Info-Pavillon (Mittlerer Steinbergweg gegenüber vom Weingut Stein) Tel. 0931 3050923 www.hofkeller.de

Über Nacht ★★★★ Maritim Hotel Würzburg Pleichertorstraße 5 Tel. 0931 30530 www.maritim.de DZ 140–215 Euro Jugendherberge Würzburg Fred-Joseph-Platz 2 www.jugendherberge.de Tel. 0931 42590 p. P. 21,40–33,60 Euro

Steinwein in der „Alten Mainmühle“ mit Blick über die Stadt und auf die Festung Marienberg. Bis 1920 drehte sich hier noch das Mühlrad. Auf zwei Terrassen direkt über dem Fluss genießt man die Spezialitäten der fränkischen Küche. Romantischer geht’s kaum. Auch der „Würzburger Ratskeller“ im historischen Rathaus wartet mit echter fränkischer und internationaler Küche auf. Im „Weinhaus zum Stachel“ ist es an einem lauen Sommerabend am schönsten,


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wenn im Renaissance-Innenhof die Kerzen auf den Tischen flackern und den Steinwein im Glas zum Funkeln bringen. Auf dem Höhepunkt des Bauernkrieges 1525 tagten hier die Anführer, darunter auch Götz von Berlichingen. Das elegante Restaurant „Weinstein“ liegt mitten in den Weinbergen des Würzburger Steins. Hier kann man sich von einem Sternekoch kulinarisch verwöhnen lassen und moderne Kunst an rustikalen Backsteinwänden bewundern. Führungen mit Genuss sind in vielen Weinkellern möglich. Im Bürgerspital zum Hl. Geist gibt es neben einer Flasche „Würzburger Stein“ aus dem legendären Jahr 1540 eine komplette Sammlung aller Jahrgänge seit 1958, die in der Schatzkammer des Weinkellers aufbewahrt werden. Im Juliusspital ist unter dem Fürstenbau ein Rathaus mit Holzfasskeller aus dem Jahr 1699 erhalten. In diesem romanischem Herzstück der Kellerei sind heute noch die prachtTurm voll geschnitzten Fässer aus der Barockzeit bis in die Gegenwart zu besichtigen. In den zehn Meter hohen Der Kiliansdom: Gewölben des Hofkellers unter der Residenz stehen Romanik im noch das 50.000 Liter bergende „Deputatsfass“ für die Großformat (links) Hofbeamten und ein Barockfass, das zur Lagerung des legendären Jahrgangs 1540 bestimmt war – beide leider leer. Touristeninformation Wer in den Weinstuben der SpitäAm Congress Centrum ler seinen Schoppen genießt, tut 97070 Würzburg übrigens ein gutes Werk, denn von Telefon: 0931 372335 deren Ertrag werden Altenheime www.wuerzburg.de und eine Klinik finanziert.


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