KLASSENKAMPF 39

Page 6

KLASSENKAMPF

SWÖ: Die Kolleg*innen kämpfen für

uns alle!

Arbeitszeitverkürzung bei

vollem Lohnausgleich – jetzt!

Editorial: Arbeitszeit runter, aber schnell!

Warum der Kampf der Kolleginnen und Kollegen alle Branchen betrifft und von allen Lohnabhängigen unterstützt werden muss

Seite 2

Türkei: Was für Erdoğan auf dem Spiel steht

Die türkische Invasion in Syrien, die eine unerhörte menschliche Katastrophe für die Menschen bedeutet, könnte den Sturz Erdoğans einläuten Seite 10

Deutschland: Der faschistische Terror weitet sich aus

Nach den Morden in Halle und Hanau ist wieder einmal eine Nazi-Terrorbande aufgeflogen. Auch in diesem Fall waren Polizeibeamte dabei

Seite 16

ISSN: 2220­0657

Für Rätemacht und Revolution! Nummer 39 | MÄRZ 2020 | 2,-- Zeitung der Gruppe Klassenkampf, öst Sektion des Kollektivs permanente Revolution

Der Kampf um Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich steht auf der Tagesordnung – führen wir ihn bis zum Sieg!

Seit dem 29.11.2019 wird über einen Kollektivvertrag für die rund 125.000 Beschäftigten im privaten Sozial­ und Gesundheitsbereich verhandelt. Während jeden Herbst über alle KV­Verhandlungen für die Metaller ausführlich berichtet wird, scheint die drittgrößte Beschäftigtengruppe in Österreich deutlich weniger interessant zu sein. Während Politiker*innen, Sozialexpert*innen und natürlich Betroffene über den „Pflegenotstand“ diskutieren, werden die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals kaum mitdiskutiert

DBei jeder echten oder vermeintlichen „Katastrophe“ werden „Freiwillige“ und „Blaulichtorganisationen“ gelobt – aber wo hört man etwas über Löhne, Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten in diesem Bereich? Die in der SWÖ (Sozialwirtschaft Österreichs) Beschäftigten sind wesentliche Erhalter sozialer Strukturen, bei denen sich der bürgerliche Staat „ab­

Arbeitgeber übergeben Einzige Forderung ist die Einführung einer 35­StundenWoche bei vollem Personalausgleich sowie gleichbleibendem Lohn und Gehalt ‚Die Beschäftigten im Sozialbereich leisten emotionale und körperliche Schwerstarbeit Wir fordern die 35­Stunden­Woche, um die Arbeitsbedingungen in Bereichen wie Pflege und Betreuung zu

DieKolleg*innen in der Sozialwirtschaft zeigen mit ih‐ren Streik- und Protestmaßnahmen, dass sie es satt‐haben, weiterhin gesellschaftlich wichtige und notwendige Arbeiten für miesen Lohn unter extrem hoher psychischer Belastung zu leisten.

putzt“ Ob es um die erwähnte Pflege älterer oder gesundheitlich beeinträchtigter Menschen geht (die nicht mehr im Arbeitsprozess stehen und daher keinen Mehrwert mehr produzieren können), um Opfer der sozialen Zerrüttung in der kapitalistischen Gesellschaft (Arbeitslose, Süchtige, Drogenabhängige ), um die grundlegende Betreuung von Kindern und Jugendlichen (Kindergärten, Lernbegleitung) – all das und viele mehr sind die Felder der Sozialberufe in Österreich

In einer Presseerklärung der GPA­djp zum Auftakt der KV­Verhandlungen hieß es: „Heute, Freitag, haben die Gewerkschaften GPA­djp und vida die Forderung der 125.000 Beschäftigten im privaten Gesundheits­und Sozialbereich (Sozialwirtschaft Österreich – SWÖ) an die

verbessern‘, erklärt GPA­djp­Chefverhandlerin Eva Scherz vida­Chefverhandlerin Michaela Guglberger ergänzt: ‚Es gilt den Pflegenotstand zu bekämpfen. Wer mehr Menschen in Pflege­ und Betreuungsberufen haben will, muss diese Berufe attraktivieren.‘ Von der Einführung einer 35­Stunden­Woche profitieren sowohl Vollzeit­Beschäftigte durch umgerechnet 18 Tage mehr Freizeit im Jahr als auch Teilzeit­Beschäftigte durch eine automatische Gehaltserhöhung von 8,6 Prozent, weil sich die Berechnungsbasis von momentan 38 auf 35 Stunden ändert und bei gleichem Gehalt der Stundenlohn steigt“

Dass hier zwei der größten Gewerkschaften im ÖGB (die GPA­djp vertritt mit 270.000 Mitglieder die meisten Lohnabhängigen, die vida rund 134 000) eine

Forderung aufgreifen, die der ÖGB bereits 1980 (!) aufgestellt hat – die Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden –liegt nicht zuletzt daran, dass die Beschäftigten in diesem Wirtschaftssektor immer wieder aktiv für bessere Arbeitsbedingungen gekämpft haben

Die Kolleg*innen in der Sozialwirtschaft zeigen mit ihren Streik­ und Protestmaßnahmen, dass sie es satthaben, weiterhin gesellschaftlich wichtige und notwendige Arbeiten für miesen Lohn unter extrem hoher psychischer Belastung zu leisten Die Verhandlungsführer der SWÖ lehnen die Forderung nach der 35­Stunden­Woche ab Sie sei „nicht finanzierbar“ In der Pflicht seien die Förderungsgeber – Staat, Länder, Gemeinden.

Die Beschäftigten im Sozialbereich führen seit Jahren einen Zweifrontenkampf – gegen die eigenen Geschäftsführer*innen, die den Arbeitsdruck erhöhen und oft genug einen Personalmangel herbeireden, der sich durch höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten leicht beseitigen ließe (allerdings nur dann, wenn die im Sozialbereich Tätigen nicht ins Burnout getrieben werden) Bei der Demonstration der Streikenden aus den SWÖ­Betrieben in Wien zeigte sich, wie groß die Empörung bei den Lohnabhängigen über die Hinhaltetaktik der Unternehmerseite und der Fördergeber mittlerweile ist

Der Kampf um die 35­Stunden­Woche in der Sozialwirtschaft kann und darf nicht isoliert bleiben Arbeitszeitverkürzung (AZV) ist eine wesentliche Forderung in allen Branchen Die türkis­blaue Kapitalist*innenregierung hat den 12Stunden­Tag möglich gemacht; türkisgrün ändert nichts daran, sondern diskutiert weiter über eine Anhebung des Pensionsalters, also eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit WKO­Präsident Harald

Editorial Klassenkampf 39/2020 2

Mahrer, williger Vollstrecker der türkisen Politik, hat den Braten gerochen, als er in der Pressestunde am 23 Februar erklärte: „Wir werden in Österreich mit einer generellen Arbeitszeitverkürzung das Licht abdrehen. Dann können wir uns alle weiße Leintücher umhängen und geordnet zum wirtschaftspolitischen Friedhof marschieren“. Nebenbei: Die WKO ist für den Sozialbereich gar nicht zuständig, aber der Kurz­Schützling muss sich natürlich gleich zum Schutzpatron der „Gesamtwirtschaft“ aufspielen. Wenn Ämtersammler Mahrer bei einer AZV zum wirtschaftspolitischen Friedhof marschiert, ist das ein durchaus angenehmer Nebeneffekt dieser Maßnahme (wir schauen da gerne zu dabei), aber sicher nicht ihr Hauptgrund

Die Schere zwischen Arm und Reich geht in Österreich immer weiter auf. Das reichste Prozent der Bevölkerung besitzt über 22 Prozent des Vermögens, die Hälfte der Bevölkerung nur 3,6 Prozent. Vor allem Frauen sind häufig in Sektoren mit niedrigen Löhnen (darunter den Pflegeberufen, im Handel, im Gesundheits­ und Bildungswesen, usw.) beschäftigt und daher besonders armutsgefährdet Während die Profite steigen, bleiben die Reallöhne zurück und die Arbeitslosigkeit, die durch Statistiken geschönt wird, trifft sehr junge und sehr alte Lohnabhängige besonders hart Geht es aber um höhere Löhne, um kürzere Arbeitszeit, um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung oder um die Pflege, ist nie genug Geld da Man glaubt, die österreichischen Kapitalist*innen und ihr Staat nagen am Hungertuch

Der Kampf um die Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn­ und Personalausgleich steht in allen Branchen auf der

Tagesordnung Das ist der Grund für die direkt und indirekte Einmischung der bürgerlichen Politiker*innen in die KVVerhandlungen Der Chefverhandler auf Seiten der SWÖ­Unternehmer ist Walter Marschitz, ein „gelernter“ ÖVP­Funktionär, der unter anderem Büroleiter im Generalsekretariat der Volkspartei war In der Zeitschrift „Falter“ gestand er ein, dass ihn der jetzige ÖVP­Klubobmann August Wöginger daran erinnert habe, dass „die 35­Stunden­Woche die Finanzplanung der Landeshauptleute“ durcheinanderbringen würde Und der oben erwähnte Herr Mahrer fürchtet durchaus zu recht, dass die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnund Personalausgleich auf den Privatsektor überschwappen könnte

Tatsächlich hat sich seit 2000 – der ersten schwarz­blauen Regierung – das soziale Klima in Österreich deutlich gewandelt Dass heute GPA­djp und vida unter dem Druck aus den Betrieben bei den KV­Verhandlungen bisher nicht nachgegeben haben liegt nicht zuletzt daran, dass die österreichischen Kapitalist*innen in den vergangenen Jahren konsequent an der Zerstörung des Systems der Sozialpartnerschaft gearbeitet haben Diese institutionalisierte Form der Klassenzusammenarbeit hat für die Unternehmer*innen und ihre politischen Sachwalter immer mehr an Bedeutung verloren, je schwächer die bürgerliche Arbeiter*innenpartei SPÖ und ihr Zugriff auf die Lohnabhängigen immer lockerer wurde Nun reagieren auch die schwerfälligen Gewerkschaftsapparate auf die neuen Verhältnisse, indem auch sie bereit sind, auf einen Konfrontationskurs einzuschwenken

Entscheidend wird es aber sein, dass

Komm zum ROTEN TISCH!

die kämpfenden Kolleg*innen klar machen, dass die Gewerkschaften ihnen dienen , ihnen verantwortlich und rechenschaftspflichtig sein müssen Das heißt: Kein KV­Abschluss, der nicht durch demokratische Abstimmungen der Belegschaften in Betriebsversammlungen gedeckt ist Die Gewerkschaften dürfen nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg Kompromisse mit den Unternehmervertretern schließen

Wir schlagen eine Reihe von Maßnahmen vor, um den Arbeitskampf in der Sozialwirtschaft zum Sieg zu führen und auf alle anderen Branchen auszuweiten:

• Offenlegung der Geschäftsbücher der Kapitalist*innen unter Arbeiter*innenkontrolle!

• Statt Arbeitslosigkeit – runter mit der Arbeitszeit! Aufteilung der vorhandenen Arbeit auf alle bei vollem Lohnund Personalausgleich!

• Ausweitung der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung auf alle Branchen! Solidaritätsstreiks mit den Kolleg*innen der SWÖ!

• Rücknahme des infamen 12­Stunden­Tag­Gesetzes von Kurz/Strache! Keine Anhebung der Lebensarbeitszeit!

• Betriebs­ und Stadtteilversammlungen, Versammlungen in Bildungseinrichtungen und am Land zur Diskussion und Propagierung dieser Forderungen! Kontrolle der KV­Verhandlungen durch diese Komitees!

• ÖGB und Teilgewerkschaften – raus aus den verlogenen Sozialpartnergremien. Für klassenkämpferische Gewerkschaften unter Kontrolle ihrer Mitglieder!

• Vorbereitung des Generalstreiks zur Durchsetzung der Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich!

Jeden zweiten Dienstag im Monat organisieren wir in der Westbahnstraße 35 im 7 Wiener Gemeindebezirk im kurdischen Lokal ZYPRESSE unseren ROTEN TISCH.

Der ROTE TISCH ist ein offenes Diskussionsforum, in dem wir mit Interessierten über die aktuelle Lage, die Artikel in unserer Zeitung oder über theoretische Fragen sprechen Die Themen findest Du auf unserer Homepage:

www.klassenkampf.net

Kontakt: gruppe.klassenkampf@gmail.com

Die Gruppe Klassenkampf im Internet: www.klassenkampf.net

Klassenkampf 39 /2020 Editorial 3

„Petit Bonaparte” Kurz hat Appetit auf die eigenen Institutionen

Wir verstehen uns alles andere als die Verteidiger der Institutionen des bürgerlichen Rechtsstaates, ganz im Gegenteil! Was sich vor den Augen der mehr oder weniger interessierten Öffentlichkeit weltweit seit Jahren abspielt, ist allerdings der ziemlich erfolgreiche Angriff auf Säulen der liberalen demokratischen Institutionen, wie Medien und Justiz, von reaktionären, üblicherweise als populistisch bezeichneten Bewegungen. Von den USA (Trump) bis Europa (PolenUngarn­Österreich) erleben wir nahezu flächendeckend die Erosion der Errungenschaften der liberalen bürgerlichen demokratischen Einrichtungen, die in der Tradition der Aufklärung standen und schließlich vom Kapitalismus gekapert wurden.

Österreichs rechtspopulistischer Kanzler Sebastian Kurz, zur Zeit mit grüner Garnierung an der Macht, hat sich auch in dieser Disziplin aus dem Repertoire der „starken Männer“ hervorgetan Bei einem „Hintergrundgespräch“ mit ausgewählten Journalist innen zog er „off­records“ über die staatsanwaltlichen Untersuchungen gegen mutmaßlich korrupte Politiker, vor allem der ÖVP aber auch der FPÖ, her und stellte in den Raum, dass hier sinistre „linke“ Netzwerke an der Arbeit wären

nären der den Staat durchsetzenden und zersetzenden Kapitalisten­Clique Bedenken über ihr berufliches Fortkommen hegt

Österreich und Sebastian Kurz stellen sich mit diesen Angriffen gegen die Justiz in eine Reihe mit den auch in der „Ausländerfrage“ mit den Türkisen auf einer Linie befindlichen Polen und Ungarn Nicht zufällig betont der wächserne Jungkanzler immer wieder, dass man nicht auf Länder, wie Polen oder Ungarn oder Poli­

Kurz hat die Unabhängigkeit der Justiz in Frage gestellt und damit sowohl die Richterschaft, Staatsanwälte als auch die Vertreter der Rechtsanwälte auf den Plan gerufen.

Sebastian

Später assistierte ihm seine treueste Gefolgsfrau, die frühere Richterin mit dem eisigen Blick und Herzen, Karoline Edtstadler, dass es für das Fortkommen von Politikern, wie Hartwig Löger (Ex­Chef der Uniqa­Versicherung, dann Finanzminister der ÖVP und unter Korruptionsverdacht)

oder KHG (Karlheinz Grasser), blauschwarzes Politchamäleon und wohl oberster Nehmer im Politbetrieb der ersten Jahre des Jahrhunderts unter Schwarz­Blau I , unerträglich sei angeklagt, angepatzt und schlicht von Untersuchungsbehörden zur Rede gestellt zu werden Dies von einer ehemaligen Richterin, die gegenüber jedem kleinsten Delinquenten die ganze unerbittliche Strenge des Gesetzes einforderte, die jedem ausländisch anmutenden Angeklagten die ganze Palette an inquisitorischen Mitteln des bürgerlichen Rechtsstaates zeigte, aber bei höchstgestellten Funktio­

tiker wie Matteo Salvini (italienischer Faschistischen­Anführer) „herabblicken“ dürfe und er meint damit nicht einen kosmopolitischen Ansatz der Offenheit gegenüber anderen Kulturen und Völkern, sondern er meint damit es abzulehnen die nationalistische, fundamental­religiöse, engstirnig­ausländerfeindliche Politik dieser Länder, geprägt durch FIDESZ, PIS oder LEGA NORD zu verurteilen

Sebastian Kurz hat die Unabhängigkeit der Justiz in Frage gestellt und damit sowohl die Richterschaft, Staatsanwälte als auch die Vertreter der Rechtsanwälte auf den Plan gerufen Diese wehrten sich gegen diese versuchte Immunisierung der türkisen Machthaber gegen rechtliche und parlamentarische Untersuchungen

Letztlich konnte auch die neue grüne Justizministerin Alma Zadic nicht umhin sich gegen diese Angriffe des Bundeskanzlers zu positionieren und es kam zu

einer sogenannten Aussprache zum Thema im Bundeskanzleramt (Messagekontroll bleibt auch örtlich erhalten), wobei die Deutungshoheit bei der ÖVP­Medienmaschinerie und Kurz/Edstadler mit ihren Botschaften im Mittelpunkt blieben So nebenbei schafft es der perfide Kanzlerdarsteller aus der vermeintlichen Defensive als Rechtsstaatszerstörer, der sogar von bürgerlich­liberalen Kreisen (Richter, Rechtsanwälte) Kritik erfährt, eine Botschaft an seine ganz rechts stehende von der FPÖ gewonnene Gefolgschaft abzusetzen, indem er konsequent und sehr bewusst den Nachnamen der Justizministerin laufend falsch ausspricht, um sie als Zuwandererin aus dem ehemaligen Jugoslawien kenntlich zu machen Das passiert nicht zufällig, sondern um sie öffentlich zu verunglimpfen und ihre Kompetenz in Frage zu stellen und eine entsprechende Duftmarke in dem Wählerklientel abzusetzen, dem dieser bonapartistische Träume verfolgende Typ seine Stimmen zu einem guten Teil verdankt.

Dieses als „demokratisch“ bezeichnete und gefeierte System ist in Wirklichkeit korrupt, sein parlamentarisches Deckmäntelchen schwer verrutscht Das Sichtbarwerden der Nacktheit des Parlamentarismus, die Offenlegung der Zusammenhänge zwischen Kapital und Gesetzen, soll durch die Behinderung und Untergrabung der Unabhängigkeit der Justiz zugedeckt werden Die türkis­grüne Regierung gibt den Handlanger für das Bedeckthalten der ganzen Verlogenheit dieser Demokratie­Farce

Wir sind wie gesagt nicht die Verteidiger und Bewahrer des bürgerlichen Staates und seiner Einrichtungen, wir sehen viel mehr im Staat ein Instrument der herrschenden Klasse zur Unterdrückung der Arbeiter innen und Lohnabhängigen Die Verschärfung der Angriffe der politischen Vertreter der Bourgouisie auf die eigenen Institutionen sollte allerdings als Alarmsignal verstanden werden und die Bereitschaft der Arbeiterklasse zum Widerstand vervielfachen.

Innenpolitik Klassenkampf 39 /2019 4

Medizin: "Invisible Hand" oder doch Puppenspieler?

Ein Virus geht um in der Welt – das Virus ist aus der Familie Corona und schreckt die Staaten und Märkte von China über Europa bis in die USA. Der Kapitalismus niest schon und hofft sich nicht stärker zu verkühlen

Das neuartige Corona­Virus ängstigt zu Recht ­ oder auch nicht ­ überproportional viele Menschen rund um den Globus und die Forderungen nach dem auf­den­Markt­bringen von Medikamenten und Impfstoffen gegen diese Krankheit wird allenthalben laut

Wir sollten diesen Anlassfall hernehmen und ein Schlaglicht auf die Mechanismen der Pharmaindustrie abseits der Corona­Hysterie werfen und die „invisible hand“ des Marktes, die vielleicht eher die Hände der kapitalistischen Puppenspieler sind, sichtbar machen

Erst zu Beginn dieses Jahres gingen Meldungen durch die Medien, dass schon wieder Engpässe bei gängigen Arzneimitteln in den Apotheken zu verzeichnen wären (Deutschland, Österreich und andere Länder). Führende Experten in Europa schlagen Alarm und reden von einem weder nationalen, noch europäischen, sondern von einem weltweiten Problem.

Die Schwierigkeiten bei der Medikamentenbeschaffung haben sich ausgehend von den USA auf Europa übergreifend in den letzten 10 Jahren zunehmend verschärft Mittlerweile sind laut EMA (Europäische Arzneimittel Agentur) von den Engpässen schon ganz grundlegende, bewährte und eigentlich keinesfalls teure Krebsmedikamente betroffen, ganz zu schweigen von Medikamenten für neuere Behandlungsmethoden

Die Preise für Medikamente sind generell in den letzten Jahrzehnten enorm gestiegen und machen für einen Großteil der Menschheit, ob in entwickelten kapitalistischen Gesellschaften oder in den imperialistisch ausgebeuteten Ländern lebend, einen kaum aufzubringenden Teil des Einkommens aus, wenn man einmal ernsthaft erkrankt ist

Die führenden Vertreter der kapitalistischen Institutionen selbst führen als Ursachen komplizierte Lieferketten und die

Fixierung der Kapitalgesellschaften und kapitalistischen Eigentümer der Pharmakonzerne auf den Preis an Medikamente werden fast ausschließlich in Indien und China billig und unter ausbeuterischen Bedingungen hergestellt und dann, unter Ausstoß von Unmengen an die Menschen weiter krank machenden und das Weltklima bedrohenden Treibhausgasen, unzureichend und offenbar nicht effizient auf der Welt verteilt

An dieser Stelle zeigt sich in wenigen Sätzen die komplette Niederlage der kapitalistischen Produktions­ und Verteilungslogik: Menschen erhalten nicht die nach wissenschaftlichem Fortschritt bestmögliche Gesundheitsversorgung zu für alle leistbaren Preisen, die Umwelt wird durch eine nicht notwendige Konzentration von Produktionsstandorten in Fernost über Gebühr belastet und das alles zur Steigerung des Profits einiger weniger.

Den Tendenzen, den Gesundheitssektor angepasst an angloamerikanische

Zum Beispiel: Gilead

Im September 2018 entschied das Europäische Patentamt (EPA), dass der US-Pharmakonzern Gilead sein Patent für das Hepatitis-C-Präparat Sofosbuvir, Handelsname Sovaldi, behalten darf „Ärzte ohne Grenzen“ und andere NGOs waren gegen das Patent vorgegangen

„Die Entscheidung erlaubt Gilead ein Patent auf eine pharmazeutisch in‐aktive Komponente, die im Körper während der Synthese von Sofosbu‐vir entsteht“, erklärte die Ärzteverei‐nigung nach der Entscheidung des EPA Organisationen aus 17 europäi‐schen Ländern hatten im März 2017 beim EPA Einspruch gegen das Pa‐

Entwicklungen auch in Österreich immer mehr zu privatisieren, muss die Forderung nach einem öffentlichen Gesundheitssystem unter Arbeiter*innen kontrolle entgegengehalten werden Darüber hinaus sind Pharmaindustrien zu vergesellschaften und unter die Kontrolle der Arbeiter*innen und Patient*innen zu bringen, um rationelle und gezielte Planung der wissenschaftlichen Forschung zu ermöglichen und dadurch den wirklichen Bedürfnissen der Menschheit zu entsprechen Alternativ wird der Kapitalismus weiter die verbrecherische Verschwendung von immer mehr Ressourcen, von menschlicher Arbeit und Menschenleben fortsetzen.

Setzen wir der unsichtbaren Hand der kapitalistischen Profiteure ein Modell der selbstverwalteten Produktion und Verteilung durch die Arbeiter*innen entgegen, wo geplanterweise zum Wohle aller Medikamente auf Basis des höchsten wissenschaftlichen Standards hergestellt werden.

Corona und seine Folgen können als Katalysator dienen, diese Zusammenhänge deutlicher zu machen.

tent eingelegt. Sie erhofften sich einen Durchbruch bei der Herstel‐lung von Sofosbuvir-Generika und deren Import in europäische Länder Das hätte auch ein Impuls für weite‐re Fortschritte bei der Bekämpfung von Hepatitis-C bedeuten können

„Momentan verlangt Gilead für eine zwölfwöchige Therapie mit Sofosbu‐vir in Europa bis zu 43 000 Euro In Ländern, in denen Sofosbuvir nicht von Patenten geschützt ist, kostet sie laut Ärzte ohne Grenzen nur rund 52 Euro“, meldete die Deutsche Apotheker Zeitung Online anlässlich des EPA-Urteils

Klassenkampf 39/2020 Gesundheitswesen 5

Arbeiterinnen aller Länder, vereinigt euch!

Die Unterdrückung und Mehrfachbelastung der Frauen ist auf die eine oder andere Art in allen Ländern weltweit eine allgemein bekannte Tatsache Seit seinem Bestehen profitiert der Kapitalismus von der sozialen Unterordnung der Frauen, weil sie ein Instrument der Spaltung der Arbeiterklasse ist. Das erlaubt ihm, über eine flexibles Arbeitskräfteheer zu verfügen: zur Unterwerfung erzogen und dazu zum Schnäppchenpreis Deshalb wird die Unterdrückung der Frau ­ und der Arbeiterin im speziellen ­ nicht verschwinden und sich nur als Folge von großen sozialen Kämpfen abschwächen

Heutzutage erklären die reaktionärsten politischen Strömungen, die mit allen sozialen Errungenschaften von mehr als einem Jahrhundert Arbeiter*innenkampf Schluss machen wollen, auch den von Frauen für Frauen erkämpften Rechten den offenen Krieg: von Donald Trump in den Vereinigten Staaten von Amerika bis zu den Ayatollahs im Iran, über die faschistoiden Parteien Europas, Bolsonaro in Brasilien oder Duterte auf den Philippinen. Unterstützt von den alten patriarchalen Religionen mit Bibel oder Koran in der Hand, setzen sie frauenfeindliche und machistische Ideologie, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Homophobie ein, um die soziale Unzufriedenheit auf Sündenböcke umzuleiten

In den letzten Jahren kam es in einigen Ländern wie Polen, Spanien, Argentinien, Brasilien oder dem Iran vermehrt zu Demonstrationen von Frauen für die soziale und politische Gleichstellung, zur Verteidigung des Rechtes auf Abtreibung und der Kontrolle über den eigenen Körper und das eigene Leben oder für gleichen Lohn Im Rahmen einer konstanten Verschlechterung der Lebensumstände der Arbeiterklasse, in welchem die Frauen die größte Last zu tragen haben, hat das vom bürgerlichen und kleinbürgerlichen Feminismus geschnürte Korsett begonnen, sich teilweise aufzulösen. Es kommen mehr und mehr spezifische Forderungen der Arbeiterinnen, der Migrantinnen, der ethnischen Minderheiten und jener, die die Gesamtheit der Arbeiterinnenklasse gegenüber ihren Ausbeutern betreffen, auf Angesichts des von den kapitalistischen Medien verbreiteten „Schwestern“­Feminismus ­ der einen Geschlechterkrieg führt und nur an zwischenmenschlichen Beziehungen interessiert ist ­ entwickeln die Arbeiterinnen einen „Klassenfeminismus“, indem sie sich auf bestimmte (in der Minderheit befindliche) Arbeiter*innenorganisationen und ­gewerkschaften stützen Endlich bricht sich im Feminismus der Klassenkampf eine Bahn, der die Unmöglichkeit unterstreicht, die Interessen weiblicher Vorstandsmitglieder mit denen der Arbeiterinnen an den Förderbändern ihrer Unternehmen oder mit denen der Zimmermädchen in den Luxushotels, in denen sie auf Geschäftsreisen absteigen, in Einklang zu bringen.

Da es jedoch keine wirklich revolutionäre Organisation mit einer kohärenten Klassenlinie gibt, sind die Ziele und Methoden der neuen Bewegung oft widersprüchlich und verwirrend und entziehen sich kaum dem Einfluss der dominanten Ideologie eines klassenübergreifenden Feminismus

Wir betrachten es als Verpflichtung und Notwendigkeit, dass sich die ganze Arbeiter*innenklasse und ihre Organisationen aktiv zur Verteidigung der Freiheit und Gleichheit der Frau auf allen Gebieten bekennt ­ bei der Verteidigung ihres Rechtes der Kon­

trolle über ihr Leben, ihren Körper und ihre Reproduktionsfähigkeit und bei der Verteidigung aller spezifischen Forderungen als besonders ausgebeutete und unterdrückte Arbeiterinnen

Wir glauben, dass nur eine globale programmatische Vision, die das Ziel beinhaltet, der Klassengesellschaft ­ welche die Wurzel aller Unterdrückung ist ­ ein endgültiges Ende zu setzen, dem Kampf für die Befreiung der arbeitenden Frauen die Orientierung geben kann, die ihn als integralen Bestandteil mit der endgültigen Befreiung der gesamten Arbeiterklasse vereint.

• Gegen jede Art der Diskriminierung und Unterdrückung von Frauen

• Für die Verteilung der Arbeit unter allen bei Arbeitszeitverkürzung und vollem Lohnausgleich bis zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit

• Gegen prekäre Arbeit und für reale Lohngleichstellung zwischen Männern und Frauen

• Gehälter, Unterstützungen und Pensionen, die allen Lohnabhängigen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen

• Umfassende, kostenlose und qualitativ hochwertige öffentliche Dienste für die Betreuung von Kindern, Kranken und abhängigen Personen

• Menschenwürdige Wohnungen für alle Arbeiterinnen und Arbeiter

• Allgemeine, religionsfreie, kostenlose und gemeinsame öffentliche Schule Für die sofortige Entfernung des Religionsunterrichtes aus der Schule und gegen die Finanzierung von privaten Schulen durch die öffentliche Hand

• Für eine wissenschaftliche Sexualerziehung mit Schwerpunkt auf Liebe und Respekt der eigenen und der sexuellen Freiheit der anderen

• Gegen jegliche Art der direkten oder indirekten Finanzierung religiöser Glaubensgemeinschaften

• Freie und kostenlose Verhütung und Abtreibung, bezahlt aus Mitteln der öffentlichen Gesundheitsdienste Für die Verteidigung eines allgemeinen, kostenlosen und weltlichen öffentlichen Gesundheitswesens Respekt und angemessene medizinische Behandlung von Frauen unter Berücksichtigung spezifischer Krankheitsbilder der weiblichen Biologie und von Frauenleiden.

• Gegen die Degradierung der Frauen zu Sachen und gegen ihre Vermarktung Für das Verbot und die Bestrafung der Zuhälterei Für das Verbot von Leihmutterschaften.

• Für das Recht auf volle Bewegungsfreiheit mit entsprechender Sicherheit für Arbeiterinnen, Arbeiter und Jugendlichen in Ausbildung Nieder mit allen Mauern und Grenzen!

• Gegen eine machistische Justiz. Entfernung aller reaktionären Richterinnen und Richter Für eine nicht­sexistische Justiz, in der Richterinnen und Richter von den Arbeiterinnen­ und Arbeiterräten gewählt werden und jederzeit absetzbar sind

• Für eine klassenlose Gesellschaft, ohne Ausbeutung und ohne Unterdrückung Für den Sozialismus!

CoReP (Deutschland, Österreich, Kanada, Spanischer Staat, Frankreich, Türkei)

Fração Trotskista – Vanguarda Proletária (Brasil)

Erklärung des CoReP (Kollektiv Permanente Revolution) 6

Spanischer Staat: Die PSOE–PODEMOS–Regierung will die Monarchie festigen

Der Internaciena Kolektivista Cirklo (Internationalistischer Kollektivistischer Zirkel) ist seit Jänner die Sektion des CoReP im Spanischen Staat Die Organisation vereinigt Genoss*innen mit unterschiedlicher politischer Vergangenheit und ist in klassenkämoferischen Gewerkschaften aktiv. Der IKC hat im vergangenen Jahr in die Bewegung in Katalionien eingegriffen ­ für das Selbstbestimmungsrecht der unterdrückten nationalen Minderheiten im Spanischen Staat, aber gegen die von Teilen der katalonischen Bourgeoisie propagierte Loslösung. Stattdessen progagiert der IKC den gemeinsamen Kampf aller im Spanischen Staat lebenden Lohnabhängigen, prekär Beschäftigten, Arbeitslosen und Renter*innen. Als Ausrdruck der nicht­nationalistischen Orientierung haben die Genoss*innen bewusst ihren Organisationsnamen auf Esperanto gewählt.

Die spanische politische Krise findet in einem neuen Rahmen des internationalen Klassenkampfes statt, wobei der unbefristete Streik im französischen öffentlichen Verkehrs (anderthalb Monate!) derzeit der wichtigste Meilenstein ist. Eine eindrucksvolle Welle von Rebellionen gegen Regierungen auf allen Kontinente (Algerien, Chile, Haiti, Libanon, Iran, Sudan, Hongkong….) hat der Welt die Zerbrechlichkeit des kapitalistischen Herrschaftssystems vor Augen geführt, das den Massen wachsende Armut aufzwingt. Eine Charakteristik haben diese Bewegungen gemeinsam: Die Mobilisierungen neigen dazu, sich der Kontrolle der alten reformistischen (politischen und gewerkschaftlichen) oder direkt bürgerlichen Führungen zu entziehen, so wie es bei den Unruhen in Katalonien im vergangenen Oktober der Fall war

In Spanien prägt zurzeit die Ernennung der neuen PSOE­Regierung mit Pablo Iglesias als Vizepräsident und vier PODEMOS­Ministern „die politische Atmosphäre " des Spanischen Staates Die Regierungsbildung erforderte die Enthaltung, wenn nicht sogar Zustimmung, aller Arten von regionalistischen, nationalistischen und für die Unabhängigkeit eintretenden Parteien. Die meisten ­ und vor allem die wichtigsten (ERC [katalanische bürgerliche Partei] und PNV [baskische

bürgerliche Partei]) repräsentieren direkt eine Fraktion der peripheren Bourgeoisien (die also nicht an den Schaltstellen des Zentralstaates beteiligt sind)

Kein Problem für unsere traditionellen Sozialdemokraten von der PSOE und die neuen von PODEMOS, diejenigen, die vor fünf Jahren noch „den Himmel stürmen“ wollten Das von ihnen angekündigte Regierungsprogramm stellt kein einziges strategisches Element für die Aufrechterhaltung des sozialen, politischen und wirtschaftlichen Status quo des Spanischen Staates in Frage.

Auf 50 Seiten voller Worthülsen wie „ wird überprüft, studiert, evaluiert, gefördert“ zeichnet sich das von Pedro Sanchez [Vorsitzender der PSOE] und Pablo Iglesias [Vorsitzender von PODEMOS] unterzeichnete Dokument viel mehr durch das aus, was die Regierung zu tun gedenkt

Nachdem zum Beispiel ein Abschnitt mit dem alten Wahlversprechen „Wir werden die Arbeitsrechtsreform von 2012 aufheben“ betitelt ist, wird in Folge klar, dass PSOE und PODEMOS nur einige der aggressivsten Aspekte dieser Reform aufheben wollen, während sie planen, einen Großteil davon (und alle früheren Arbeitsrechtsreformen in ihrer Gesamtheit) beizubehalten. Der Text verspricht scheinheilig „Fortschritte bei der Reduzierung von Prekarisierung und Armut“,

obwohl gerade diese Reformen für die weit verbreitete Ausweitung der Prekarisierung in der Arbeitswelt, die daraus resultierenden Hungerlöhne und den Verlust von sozialen Rechten angesichts der Macht der Unternehmer verantwortlich sind. In diesem Zusammenhang muss die Ankündigung eines „neuen Arbeiterstatuts“ als Absichtserklärung verstanden werden, die Arbeitsreformen in den Rang eines Verfassungsgesetzes zu erheben und die für die Unternehmer kostenfreie Entlassung von Arbeitern einzuführen. Dazu soll der von der PSOE verteidigte sogenannte „österreichische Rucksack“ umgesetzt werden [eine Art Abfertigung neu, bei der die Unternehmer einen geringen Beitrag in einen Fonds einzahlen, auf dessen Leistungen erst bei Kündigung oder Pensionsantritt Anspruch besteht. Das System würde geltende Abfertigungsregeln aufheben]

Das Regierungsprogramm sieht die Neubewertung der Renten nach dem CPI [Verbraucherpreisindex] vor, die durch den großen Kampf der Rentner gewonnen wurde, aber es sieht vor, die Rentenreform der Regierung Zapatero beizubehalten und eine weitere zu verabschieden [2013 wurde von der PSOE­Regierung das Pensionsantrittsalter von 65 auf 67 Jahre erhöht. Die folgende konservativ­reaktionäre Regierung der PP [Volkspartei] setzte dann die jährliche

Klassenkampf 39/2020 Spanischer Staat 7

Rentenerhöhung aus, was zu massiven Protesten führte.]

Das Wohnungsproblem, das Millionen von Familien zur Verzweiflung treibt, wird mit schönen Worten angegangen („es wird gebremst… , es wird angeregt ...“), während sich Hunderttausende von Wohnungen in den Händen der Banken und Geierfonds befinden, die von den neuen Machthabern nichts zu befürchten haben

Der Religionsunterricht wird nicht mehr Teil des Lehrplans sein, aber die Finanzierung des privaten, meist religiösen Unterrichts und der Religion an öffentlichen Schulen wird nicht angetastet Die skandalöse Finanzierung der katholischen Kirche bleibt ebenfalls unangetastet

durch die Regierung Rajoy nicht einmal ein wenig reduziert. Auch die berüchtigte Gefängnispolitik gegen baskische Gefangene, die von Felipe González eingeführt wurde, wurde nicht geändert [Vor dreißig Jahren beschloss die PSOE­Regierung, die baskischen politischen Gefangenen landesweit auf alle spanischen Haftanstalten zu verteilen. Die Maßnahme war damals schon illegal, da laut Gesetz jeder Häftling in einem Umkreis von 100 Kilometern um seinen Heimatort inhaftiert werden muss]. Die Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts des katalanischen Volkes nimmt bei der PSOE­PODEMOS­Regierung die Form eines Dialogangebots „im Rahmen der Verfassung" an, das nur dazu dient, Zeit zu gewinnen, um die katalanischen

DieRegierung PSOE-Pedro Sánchez hat die Repressi‐on gegen Katalonien durch die Regierung Rajoy nicht einmal ein wenig reduziert.

Auch das Ausländergesetz, die Existenz der CIE [Internierungszentren für Ausländer ohne Papiere], die Militarisierung der Grenzen gegen Migranten, die NATO­Mitgliedschaft und die Interventionen der spanischen Truppen im Ausland fügen sich nahtlos in den „reformistischen“ Willen der neuen Regierung ein

Der gesamte Repressionsapparat wird aufrechterhalten. Aber keine Angst – die Erhöhung der Zahl der "staatlichen Sicherheitskräfte" und "ein Infrastrukturplan für die Guardia Civil [militarisierte Polizei]" wird (zumindest in zwei Punkten des Programms) bereits angedacht

Nicht einmal das „Ley Mordaza“ [wörtlich: „Knebelgesetz“, das die Meinungsfreiheit stark einschränkt] wird aufgehoben: Die Koalitionspartner kündigen einfach an, dass sie ein anderes Gesetz beschließen werden, welches das alte „ersetzt“ Wir können annehmen, dass sie dies im Einklang mit dem „Gesetz zur digitalen Knebelung“ [das der Regierung erlaubt, Websites ohne Gerichtsbeschluss zu schließen] tun werden, das vor Kurzem von der Regierung Pedro Sánchez gebilligt wurde, um die Unterdrückung von Massenprotesten gegen die Verurteilung katalanischer ProUnabhängigkeitsgefangener zu verschärfen.

Die Regierung PSOE­Pedro Sánchez hat die Repression gegen Katalonien

Mobilisierungen der letzten Jahre und die immer wiederkehrenden Massenproteste im Baskenland zu schwächen. Es sind diese Mobilisierungen, welche die Monarchie, d h das derzeitige System der politischen Herrschaft des Kapitals im Spanischen Staat, direkt infrage stellen

Kurzum, die neue Regierung beabsichtigt, einige Reformen anzubieten, um innerhalb der Arbeiterklasse (zu der die Rentner innen gehören), der unterdrückten Nationalitäten und der sozialen Sektoren mit der größten Mobilisierungsfähigkeit, wie Frauen und Homosexuelle, Illusionen in einen „Wandel“ zu säen

Die Regierung hat bereits die ausdrückliche Unterstützung der Gewerkschaftsbürokratien erhalten und die Zusammenarbeit mit den nationalistischen Führern und der Mehrheit der LGTB und der feministischen Bewegungen zugesagt bekommen, wie das die PSOE­Regierungen schon früher bei anderen Gelegenheiten erreicht haben Aber die politische Stabilisierung, die die historische Krise der Monarchie beenden und „sozialen Frieden“ erreichen soll, ist die Quadratur des Kreises, denn keines der Probleme, die der politischen Krise der letzten Jahre zugrunde lagen, wird gelöst werden.

Die Lebensbedingungen der Arbeiter­

klasse haben sich in den letzten Jahrzehnten aufgrund der aufeinander folgenden Wirtschaftskrisen, der Angriffe aller Regierungen (einschließlich jener der PSOE) gegen die alten sozialen Errungenschaften und jetzt noch mehr aufgrund des ungezügelten Anstiegs der Wohnungspreise stark verschlechtert Es gibt 3,2 Millionen Arbeitslose, und bei den Jugendlichen unter 25 Jahren liegt die Arbeitslosenquote bei 33,4% Die Löhne holen die sinkende Kaufkraft nicht mehr ein, 92% der neuen Arbeitsverträge sind befristet und die meisten von ihnen bloß für Stunden oder Tage gültig Der echte Acht­Stunden­Tag ist ein alter Traum. Und die nächste Krise rückt näher Dadurch werden die Forderungen der Bourgeoisie an die Regierung noch massiver werden, sie beim Kampf um ihren Anteil am schwindenden Kuchen zu unterstützen und die Arbeiter­ und Sozialkämpfe ohne allzu große Rücksicht zu unterdrücken.

Aus dem gleichen Grund wird die Aggressivität der Parteien des Trifachito [PP, Ciudadanos, VOX ­ „Trifachito“ ist ein neu geprägter Begriff, der das Bündnis zwischen den reaktionären Parteien charakterisiert „Tri“ steht für die drei Parteien, „facha“ ist umgangssprachlich für faschistoid oder faschistisch] gegenüber der Regierung der „linken“ Koalition zunehmen Egal wie sehr sich die Regierung als loyaler Manager des Kapitalismus und Verteidiger der Einheit Spaniens erweist ­ wenn etwas schiefgeht, zieht es der „Herr“ vor, direkt zu regieren, statt mittels Lakaien und Vermittlern.

Darüber hinaus wird die Botschaft des faschistischen Populismus von VOX gegen diese Art von Regierung wahrscheinlich ihr Gehör unter den Schichten der Kleinbourgeoisie, die von Verarmung bedroht sind, und sogar in einigen Teilen der Arbeiterklasse vergrößern. Diese sozialen Schichten werden, wenn sie nicht mehr erwarten, dass die Regierung ihre Situation verbessert und nicht sehen, dass die Organisationen der Arbeiterklasse für eine andere Zukunft kämpfen, besonders empfänglich für die reaktionäreren und offen arbeiterfeindlichen Reden, die unter dem Banner des Vaterlandes, der Rasse, der Religion und der männlichen Vorherrschaft geschwungen werden.

Kurz gesagt, wird sich diese PSOE­PODEMOS­Regierung für die Stärkung der

Spanischer Staat Klassenkampf 39/2020 8

bürgerlichen „Regierbarkeit" des Staates einsetzen, aber sie wird keinen einzigen Tag Aufschub von den Parteien, den Medien und dem Staatsapparat in den Händen der spanischen Rechten, den Erben des Francismus in all seinen Schattierungen, gewährt bekommen

Es ist die Pflicht von uns RevolutionärInnen, die sich der Organisierung einer echten ArbeiterInnenpartei verschrieben

haben, die dafür kämpfen wird, der wirtschaftlichen, politischen und sozialen Fäulnis des Kapitalismus ein endgültiges Ende zu bereiten, klar auszusprechen: Trotz der Tatsache, dass eine andere politische "Stimmung" aufkommen mag, wird diese Regierung im Dienst der Bourgeoisie arbeiten und daher die Probleme der ArbeiterInnen nicht lösen. Auch wird sie die Nationalitäten im Spanischen

Staat nicht von der Unterdrückung befreien. Diese Regierung hat keine Zukunft. Nur wenn es uns gelingt, der Kapitalistenklasse die Macht zu entwinden und sie in die eigenen Hände zu nehmen, werden wir es verhindern, dass unsere Existenz von Tag zu Tag drückender und elender wird

Leo Trotzki über die spanische Revolution (1931)

Die Ausrufung der Republik ist jetzt die offizielle Kampflosung. Jedoch wird die Entwicklung der Revolution nicht nur die konservativen und liberalen Fraktionen der leitenden Klassen, sondern auch die republikanischen Fraktionen unter das Banner der Monarchie treiben ( ) Aber höchst wahrscheinlich wird die Monarchie von Madrid, wenn auch mit einem blauen Auge, sich bis zur Diktatur des Proletariats aufrecht erhalten

Die Republik ist selbstverständlich auch die Losung des Proletariats Aber für das Proletariat handelt es sich nicht einfach darum, den König durch einen Präsidenten zu ersetzen, sondern die ganze Gesellschaft von dem feudalen Unrat von Grund auf zu säubern. Hierbei tritt die Agrarfrage in den Vordergrund

Die auf dem spanischen Land herrschenden Beziehungen bieten ein Bild halb­feudaler Ausbeutung Das Elend der Bauern, besonders in Andalusien und Kastilien, das Joch der Junker, der öffentlichen Macht und der Kaziks3 haben schon mehr als einmal die Landarbeiter und armen Bauern veranlasst, ihren Unwillen öffentlich zu bekunden. Bedeutet dies, dass in Spanien, selbst mit Hilfe der Revolution, die Möglichkeit besteht, die bürgerlichen Beziehungen von den feudalen zu befreien? Nein, dies bedeutet nur, dass unter den in Spanien gegebenen Verhältnissen der Kapitalismus die Bauernschaft nicht anders als auf halb­feudale Weise ausbeuten kann Die revolutionäre Waffe gegen die Überbleibsel des spanischen Mittelalters richten, heißt die Waffe gegen die eigentliche Wurzel der bürgerlichen Herrschaft richten

Um die Bauernschaft dem Lokalismus und dem reaktionären Einfluss zu entreißen, benötigt das Proletariat eines klaren revolutionär­demokratischen Programms Der Mangel an Erde und Wasser, das Joch des Pachtzinses werfen klar und offen die Frage der Konfiszierung des privaten Grundeigentums zugunsten der armen Bauernschaft auf. Die Steuerlasten, die unerträglichen Staatsschulden, die bürokratischen Stehlereien und die afrikanischen Abenteuer erwecken die Frage nach einer billigen Regierung, die weder

durch die Latifundienbesitzer, die Bankbesitzer oder die Industrieherren, noch durch den liberalen Adel, sondern nur durch die Arbeiter selbst gesichert werden kann Die von der Geistlichkeit und den Kirchengütern ausgeübte Herrschaft rückt eine demokratische Aufgabe in den Vordergrund: Trennung von Kirche und Staat und Entwaffnung der Kirche, indem ihre Reichtümer dem Volk zurückerstattet werden Selbst die abergläubischsten Schichten der Bauernschaft werden diese entscheidenden Maßnahmen unterstützen, sobald sie überzeugt sein werden, dass die Summen der Staatskasse, die bisher der Kirche zugegangen waren, sowie auch die Kirchengüter selbst nach der Säkularisierung keineswegs in die Taschen der liberalen Freidenker wandern werden, sondern zur Wiederaufrichtung der erschöpften bäuerlichen Wirtschaft dienen werden

Die separatistischen Tendenzen stellen der Revolution die demokratische Aufgabe der nationalen Selbstbestimmung. Diese Tendenzen haben sich in der Periode der Diktatur verschärft und veräußert Aber der „Separatismus" der katalanischen Bourgeoisie ist nur ein Spiel mit der Regierung von Madrid, nur ein gegen das katalanische und spanische Volk gerichtetes Werkzeug, während der Separatismus der Arbeiter und der Bauern die äußere Hülle ihres sozialen Unwillens ist. Diese beiden Arten von Separatismus müssen streng von einander unterschieden werden Nun muss aber die proletarische Vorhut, um die national unterdrückten Arbeiter und Bauern von ihrer Bourgeoisie zu trennen, in der Frage der nationalen Selbstbestimmung die kühnste und aufrichtigste Stellung einnehmen Die Arbeiter werden bis zuletzt das Recht der Katalanen und Basken, ihr unabhängiges nationales Leben zu organisieren, verteidigen, wenn die Mehrheit dieser Völker sich für eine vollständige Trennung aussprechen würde Dies bedeutet jedoch nicht, dass die vorgeschrittenen Arbeiter die Katalanen und Basken der Unabhängigkeit entgegentreiben werden. Im Gegenteil, die wirtschaftliche Einheitlichkeit des Landes, mit weitgehender Autonomie der nationalen Gebiete, würde in Bezug auf Kultur und Wirtschaft den Arbeitern und Bauern große Vorzüge bieten

Klassenkampf 39/2020 Spanischer Staat 9
Das Kollektiv Permanente Revolution im Internet: www.revolucionpermanente.com

Türkei: KRIEGSTREIBEREI UND DIE REVOLUTIONÄRKOMMUNISTISCHE HALTUNG IN IDLIB

Die folgende Analyse stammt von unseren türkischen Genoss*innen von Patrosuz Dünya. Sie wurde vor dem Treffen zwischen Erdogan und Putin Anfang März 2020 veröffentlicht.

Seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs verfolgte das Erdoğan­Regime mit seiner Syrien­Politik klare neo­osmanische imperialistische Ziele. Mit Hilfe dschihadistischer Banden sollte die Herrschaft Assads beseitigt werden und die Türkei einen Teil der imperialistischen Herrschaft im Nahen Osten übernehmen Bereits angeklungen war diese Stoßrichtung im Frühjahr 2011, als es die ersten Proteste gegen Assad gegeben hatte: Man werde schon „in zwei Wochen“ in der Umayyaden­Moschee in Damaskus beten, verkündete Erdoğan, damals Regierungschef; seine Regierung, die seit Jahren an allen Kriegen in Syrien und im Nahen Osten als Provokateur beteiligt ist, zögert nicht, den Dschihadisten logistische und finanzielle Unterstützung zu gewähren

Gemeinsam mit den dschihadistischen Banden begann Erdoğan seine Eroberungs­ und Angriffspolitik – gegen Afrin, Cerabrus und Al­Bab Er griff in den Aufbau eines Piratenstaates in Syrien ein, indem er eigene Kolonialgouverneure für die besetzten Gebiete einsetzte. Erdoğan beschränkte seine imperialistischen Gelüste aber nicht auf Syrien, sondern wurde auch Juniorpartner bei der imperialistischen Intervention in Syrien

Der russische Imperialismus, der das Assad­Regime unterstützte, bewahrte es vor der Zerstörung und bildete die Basis für den Prozesses der Wiederherstellung seiner früheren Herrschaft Dies behinderte Erdoğns Vormarsch in Syrien Der Abschuss einer Suchoi­SU 24­Maschine der russischen Luftwaffe führte Ende November 2015 zu schweren Spannungen Erdoğan konnte dem von Russland verhängten Wirtschaftsembargo nicht standhalten, machte einen Rückzieher und

justierte seine Beziehung zu Russland neu Auf verschiedene Arten hat das Erdoğan­Regime immer seinen Einfluss in Syrien aufrechterhalten können, indem es aus den Widersprüchen zwischen dem US­amerikanischen und russischen Imperialismus Nutzen zog und an Bewegungsspielraum gewann Nun hat es sein Beharren auf die Kontrolle über Idlib in einen richtigen Krieg mit dem syrischen Regime verstrickt.

Erdoğans Präsenz in Syrien hängt von den dschihadistischen Terroristen ab, die er als Bauern in seinem Schachspiel der Macht benutzt. Die Stärkung des Assad­Regimes engt die Bewegungsfreiheit der Dschihadisten deutlich ein Damit wird Erdoğans Plan, die Hegemonie in Syrien zu erringen, empfindlich gestört Die Auseinandersetzungen zwischen Dschihadisten und dem Assad­Regime in der Region um die syrische Stadt Idlib, die zu Zusammenstößen an der türkisch­syrischen Grenze führten, haben die TSK (türkische Streitkräfte) und die syrische Armee in einen de facto Krieg geführt

Erdoğan hat sich wie üblich als Schirmherr der Dschihadisten gebärdet. Angesichts des Fortschritts der syrischen Armee lässt Erdoğan ständig militärisches Material und Munition zu den türkischen „Beobachtungsposten“ schaffen Erdoğan erkannte die Erfolge der syrischen Armee als Kriegsursache an Die Dschihadisten, die angesichts der syrischen Armee in die Defensive gerieten, überleben dank Erdoğan Dessen Erklärung zu diesem Thema ist eine offene Kriegserklärung: „Wenn den türkischen Soldaten in ihren Beobachtungsposten oder anderen Orten auch nur der kleins­

te Schaden zugefügt wird, dann werden wir ab heute die Kräfte des Regimes überall angreifen, ohne an Idlib oder die Grenzen des Sotschi­Abkommens gebunden zu sein“ (Erdoğan vor AKP­Mitgliedern am 11 Februar 2020, Zitat: n­tv) Laut Verfassung liegt die Befugnis für eine Kriegserklärung beim Parlament Die Tatsache, dass Erdoğan diesen Schritt alleine gesetzt hat, ist der offensichtlichste Hinweis darauf, dass das Parlament zu einem wertlosen Instrument des Präsidialsystems wurde

Das Assad­Regime rückte indes weiter vor und ignorierte Erdoğans Herausforderung Nach offiziellen Angaben sind mindestens 34 türkische Soldaten gefallen. Das Erdoğan­Regime pumpt weiterhin Waffen und Munition in die Beobachtungsposten und heizt dadurch den Krieg an Devlet Bahceli, Führer der faschistischen MHP und Koalitionspartner der AKP, sagte am 11 Februar: Es gelte "Damaskus zu erobern", um sich für die getöteten Soldaten zu rächen "Lasst uns Syrien niederbrennen. Lasst uns Idlib zerstören! Verdammter Assad!"

Bahçeli will so die nationalistische Basis für den Krieg stärken. Er kann es sich leisten, jene Dinge auszusprechen, die Erdoğan nicht sagen will, um keine diplomatische Krise auszulösen Aber er drückt damit lautstark den ultimativen Kriegskurs der AKP­MHP­Allianz aus

WARUM IST IDLIB FÜR ERDOĞAN SO WICHTIG?

Idlib ist eine Grenzregion unter der Kontrolle von Dschihadistengruppen, der Erdoğan beraubt wird, wenn das AssadRegime die Kontrolle übernimmt Der

Türkei Klassenkampf 39/2020 10

türkische Imperialismus würde einen wichtigsten strategischen Stützpunkt verlieren

Wenn Idlib unter die Kontrolle des Assad­Regimes gerät, bedeutet das für die mit der Türkei verbündeten Dschihadisten einen schweren Schlag Dies könnte eine neue Flüchtlingskrise auslösen, die Erdoğan in große Schwierigkeiten bringen würde.

Der Fall Idlibs würde dem Assad­Regime moralischen Auftrieb geben und Erdoğan zwingen, das Regime anzuerkennen Das könnte die Grundlage für die Wiedererrichtung der Kontrolle der Regierung in Damaskus (mit Unterstützung des russischen Imperialismus) über Regionen wie Afrin und Cerabrus sein, in denen Erdoğan einmarschierte und seinen eigenen Piratenstaat gründete Das würde bedeuten, dass die gesamte syrische Politik, die Erdoğan im Laufe der Jahre verfolgt hat, gescheitert ist Das würde seinen politischer Ruf nachhaltig schädigen

Kurz gesagt, die einzige Möglichkeit, wie Erdoğan seine imperialen Ziele in Syrien dauerhaft erreichen kann, ist die Herrschaft über Idlib, selbst wenn er sie auf ein Minimum zurückfahren muss Dieses selbst verschuldete Dilemma kann ihn zu allen möglichen Wahnsinnstaten treiben

WAS GEDENKT ERDOĞAN ZU TUN?

Wir können das Agieren Erdoğans, einen der Hauptakteure des syrischen Bürgerkriegs seit 2011, unter zwei Überschriften kategorisieren:

INTERNE UND EXTERNE ZIELE

Beide Aspekte sind miteinander verflochten und ergänzen einander Mit dem Beginn des „arabischen Frühlings“ versuchte er, sich als Führer des Nahen Ostens und der islamischen Welt zu vermarkten, indem er sich das Image des „gemäßigten Islam“ gab Mit diesem Image hat er rein imperiale Ziele verfolgt

Indem er sich mit islamistischen und dschihadistischen Gruppen verbündete, wollte er ein „Global Player“ im Nahen Osten werden. Syrien war zweifellos das Land, in dem er die größten Anstrengungen unternommen hat, um dieses Ziel zu

erreichen Erdoğan hat seine gesamte syrische Strategie auf den Sturz des AssadRegimes aufgebaut Ziel ist es, die dschihadistischen Gruppen an die Macht zu bringen und sie vollständig an den türkischen Staat zu binden. Kurz gesagt, Erdoğan möchte Syrien zu seinem Hinterhof machen

Ein weiteres Ziel ist die Fortführung der Kolonialpolitik gegen die Kurden in Syrien Seit dem syrischen Bürgerkrieg hat Rojava de facto einen unabhängigen Status und historische Errungenschaften erlangt Erdoğan will alle Errungenschaften der Kurden zerstören und sie zur

winden, mit der er konfrontiert ist Kann er in Syrien einen Sieg erringen, wird er ein Nationalheld und kann 2023 als selbsternannter „neuer Gründungsvater der Türkei“ wieder nach der Macht greifen Immer wenn der Kapitalismus in eine globale Krise gerät, folgt eine Phase protektionistischer Politik Er greift dann zu imperialistischen Kriegen, um diesen „Stau“ zu überwinden. Erdoğans Situation ist nicht anders Er muss Syrien dauerhaft besetzen, um die Krise abzuwenden, die ihn im Inneren bedroht. Er will seine eigene Bourgeoisie mobilisieren, um die zerstörten Städte wieder­

Knechtschaft verurteilen. Zu diesem Zweck marschierte er in Afrin ein und begann dort dschihadistische Banden und seinen eigenen Piratenstaat aufzubauen. Erdoğans Hauptziel ist es, Rojava zu besetzen und zu kolonisieren

Er möchte die politischen und wirtschaftlichen Blockaden beseitigen, die er durch militärische Operationen im Inneren erlebt hat Parallel zu Erdoğans imperialistischen Zielen hat sich das Präsidialsystem entwickelt. Er benutzte jede Methode, um dieses Ziel zu erreichen und erreichte es schließlich auch Aber das „Präsidialsystem“, das in seiner Ein­Mann­Herrschaft gipfelte, war bald nicht mehr funktionsfähig

Erdoğan kämpft ständig mit politischen Krisen Politische Akteure, die Alternativen zu Erdoğan sein könnten, werden von seinen Rivalen ins Spiel gebracht Die wachsende Wirtschaftskrise nagt an seiner Herrschaft. Erdoğan hat keine andere Alternative als die politische und wirtschaftliche Krise zu über­

aufzubauen, indem er die besetzten Gebiete ausplündert

Dies sind Erdoğans Hauptziele Aber er steht sehr starken Rivalen gegenüber, die diese Absichten verhindern werden. Um seine Ziele zu erreichen, müsste Russland die syrische Regierung und den Iran fallen lassen Erdoğan hat weder die wirtschaftliche noch die militärische Macht, um das zu erzwingen Auch werden seine Verbündeten nicht hinter ihm stehen:

Die Türkische Republik (TC) hat sich Manövrierspielraum geschaffen, indem sie die Widersprüche des russischen und US­Imperialismus in Syrien ausnutzt. Manchmal war sie mit Russland, manchmal mit den USA verbündet

Dieses Fenster hat sich jetzt geschlossen. Da Erdoğans Manövrierrahmen nicht mehr besteht, wird er aggressiv Er kann nicht akzeptieren, dass nun eine Phase des Stillstands eingetreten ist. Er versucht, den Krieg so weit wie möglich zu verlängern, um diesen Prozess zu been­

Klassenkampf 39/2020 Türkei 11

den Erdoğan will Israel als Unterstützer gewinnen und Russland herausfordern. Er träumt davon, die NATO für seine imperialistischen Ziele zu mobilisieren, wenn sich der Krieg verschärft Das ist aber zugleich der Knoten, den er nicht auflösen kann: Die USA können Erdoğan nur in Bezug auf einige seiner Interessen unterstützen. Sie werden zurückstecken, wenn Erdoğan einen „heißen Krieg“ mit Russland provozieren will Die Türkei ist Mitglied der NATO, aber die NATO hat keinen Einfluss darauf, ob dieser Krieg im Einklang mit ihren eigenen imperialistischen Zielen ist Erdoğans Ziele sind groß, aber er verkörpert lediglich eine regionale Kraft, die sich am Fuße der imperialistischen Pyramide befindet

Zusammengefasst: Erdoğan tut größer als er ist, und er ist hartnäckiger als je zuvor. In diesem Fall sind das die Steine auf seinem Weg, die sein Ende bedeuten können

WIE WIRD DIE HALTUNG RUSSLANDS SEIN?

Die Haltung Russlands gegenüber Syrien war von Anfang an klar Während das Assad­Regime kurz vor dem Sturz stand, hat sich mit dem Engagement Russlands in Syrien die Balance verschoben Das Regime erholte sich mit Unterstützung Russlands wieder und eroberte viele Regionen zurück, die von den dschihadistischen Gruppen kontrolliert wurden

Mit dieser Änderung des Gleichgewichts ist eine Alternative ohne Assad hinfällig Die Präsenz Russlands in Syrien hängt vollständig vom Weiterbestehen des Assad­Regimes ab Deshalb wirkt jede Attacke gegen Damaskus indirekt auf Russland zurück Der russische Imperialismus rückte in der Region nach, nachdem der US­Imperialismus im Nahen Osten an Macht und Initiative verloren hatte Russland spielt eine Rolle als Spielmacher im Gleichgewicht des Nahen Ostens. Der Weg, diese Position aufrechtzuerhalten und zu festigen, führt über den endgültigen Sieg des Assad­Regimes Das wiederum würde die Zerschlagung aller dschihadistischen Gruppierungen bedeuten, deren Schirmherr die türkische Regierung ist Erdoğan kann sich nach seinen vollmundigen Siegesversprechen nicht mit einer kleinen Pufferzone an der Grenze zu Syrien be­

gnügen Das wäre dann die von den westlichen Imperialisten angedeutete „diplomatische Lösung“

Allerdings hat Erdoğan in Idlib eine internationale Legitimitätskrise: unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung kämpft die türkische Armee im Bündnis mit islamistischen Milizen (HTS), die selbst die türkischen Behörden als terroristische Organisationen einstufen. Erdoğan ist bestrebt, der Schutzpatron der dschihadistischen Banden zu sein, die die Welt als Terroristen betrachtet, und versucht, dieselbe Methode in Libyen anzuwenden Aber im Libyenkrieg ist Russland der entscheidende Spielmacher. Auch dort stehen sich türkisch­imperialistische und russischimperialistische Ziele diametral entge­

nistische nationalistische Atmosphäre zu schaffen. Sie konnten jedoch nicht einmal ihre eigene Basis festigen Erdoğan versucht, die Sackgasse zu überwinden, in die er durch den Krieg geraten ist Aber die Idlib­Spirale zieht ihn in einen noch größeren Strudel In diesem Prozess sind Fraktionierungen und Brüche innerhalb der bürgerlichen Cliquen auf der Tagesordnung. Davutoğlu und Babacan, die sich von der AKP getrennt haben, sind in die politische Arena zurückgekehrt, und es gibt Brüche an den Rändern der AKP. Der Istanbuler Bürgermeister Imamoglu wird von bürgerlichen Medien als künftiger Präsident favorisiert Die Bourgeoisie hat also durchaus Alternativen zu Erdoğan Eine große Niederlage in Idlib könnte der Beginn des Prozesses sein, der sein Ende vorbereitet

gen Erdoğans Politik bereitet den Boden für militärische und wirtschaftliche Konfrontationen mit Russland auf, welche die Ausweitung des Krieges möglich erscheinen lässt Die Erklärungen aus Russland sind klar: bei Idlib gibt es kein Nachgeben.

WAS SIND MÖGLICHE SZENARIEN?

Nachdem Erdoğan den Angriff auf Syrien befohlen hatte, griffen die türkischen Streitkräfte und Dschihadistengruppen die syrische Armee in Idlib an Russland reagierte auf diese Attacken mit Luftangriffen Erdoğans tatsächlicher Krieg gegen Russland und Syrien hat begonnen. Erdoğan ist entschlossen, diesen Krieg auszuweiten, während Russland entschlossen ist, in Idlib keine Zugeständnisse zu machen Die wahrscheinlichste Möglichkeit wären schwere militärische Angriffe und Wirtschaftsembargos seitens Russlands. Ein mögliches Wirtschaftsembargo gegen die Türkei könnte eine große wirtschaftliche Katastrophe nach sich ziehen, die Krise in der Türkei verschärfen und den Klassenkampf befeuern

Erdoğan und seine widerlichen Massenmedien, die sich in ein Kriegspropagandaministerium verwandelt haben, versuchten rund um die Uhr eine chauvi­

Die immer wieder hochkochenden Gerüchte über „Verschwörungen“ der Gülen­Bewegung sind ein Vorwand für die AKP, politische Konkurrenten wie die CHP zu verfolgen Wenn es zu einer Niederlage in Idlib kommt. könnten diese medial verbreiteten „Warnungen“ die Grundlage für einen Staatsstreich durch eine der sich bekämpfenden bürgerlichen Fraktionen, z.B. der „Eurasier“ (Erklärung weiter unten) sein

"Erdoğan kämpft in Idlib", sagte Präsident Trump in einer Erklärung. „Im Moment kämpfen dort viele Parteien, aber ich verhandle mit Präsident Erdoğan“ Trump unterstützt Erdoğan offen und Erdoğan spielt ständig seine Kriegskarte mit der Unterstützung von Trump aus Die aktive Teilnahme der USA am Krieg würde eine globale Kriegsgefahr für die Menschheit bedeuten.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass Trump Erdoğan mitten im Krieg im Stich lässt, wenn sein „Freund“ zu einer Bürde für ihn wird Für Trump ist Erdoğan nur eine Figur auf dem Schachbrett

Erdoğan erklärt regelmäßig, dass die NATO eine Macht ist, die sich gegen Russland und Syrien durchsetzen kann Er fordert die NATO auf, ihn zu unterstützen. Obwohl es keine endgültige Erklärung für die Beteiligung an einem Krieg der Türkei gegen Russland gibt, ist es offensichtlich, dass die Regierungschefs der NATO­Staaten der aktuellen Situation mit Unbehagen gegenüber stehen

Türkei Klassenkampf 39/2020 12

Erdoğan, der keine NATO­Unterstützung erhalten wird, könnte bald ziemlich einsam dastehen

WAS SOLLTE DIE HALTUNG DER REVOLUTIONÄREN KOMMUNISTEN SEIN?

Da es an der Idlib­Front keine Kurden gibt, kann das Erdoğan­Regime keine chauvinistische, nationalistische Atmosphäre im Land schaffen wie bei den Militärschlägen gegen die kurdischen Regionen Trotzdem werden ununterbrochen nationalistische Reden geschwungen, um die Opposition gegen den Krieg zum Schweigen zu bringen Die bürgerliche Opposition wiederum kommt zahnlos daher: Das Bündnis mit den Dschihadisten sei „ein Fleck auf der Ehre“ der türkischen Armee Es sei ein Krieg im Interesse der USA, der hier geführt werde, usw

All diese „Argumente“ sollen das Regime reinwaschen und verschleiern, dass es nicht um eine „schlechte Außenpolitik“ geht, sondern dass die türkische Bourgeoisie in der Region, zurzeit mehrheitlich noch hinter Erdoğan vereint, ihre eigenen imperialistischen Ziele verfolgt Dass es dabei gemeinsame Interessen mit dem US­Imperialismus gibt, ändert nichts an der spezifischen Rolle der türkischen herrschenden Klasse

Um eine klare Haltung gegenüber dem Imperialismus und dem imperialistischen Krieg einnehmen zu können, muss man den Kampf gegen die imperialistischen Ziele „seines“ eigenen Landes ins Zentrum rücken Als kommunistische Aktivisten begnügen wir uns nicht damit, die individuellen Handlungen des einen oder anderen Akteurs zu beurteilen Wir beurteilen die Klasse, die sie vertreten, ihre Rolle und ihre Stellung im internationalen imperialistischen Gefüge des kapitalistischen Systems Wir sind keine Historiker, keine Soziologen, keine Strategen; wir sind auch keine Ratgeber „unseres“ bürgerlichen Staates. Für uns ist der Marxismus eine Handlungsanleitung, um die Welt zu verändern Als Marxisten führen wir unseren revolutionären Kampf mit der Perspektive, den imperialistischen Krieg in einen revolutionären Bürgerkrieg

umzuwandeln und leiten daraus unsere Agitation, Propaganda und organisatorischen Schritte ab Unser historisches und theoretisches Erbe gestattet uns, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden,

Die einzigen Kriege, die wir unterstützen, sind die Klassenkriege des revolutionären Proletariats gegen die Bourgeoisie, die Kriege zur nationalen Befreiung, welche die kolonisierten Nationen geführt haben, um ihre Unabhängigkeit zu erkämpfen. Unser theoretisches Erbe bestimmt unsere Haltung gegenüber Eroberungskriegen der Bourgeoisie: Der Hauptfeind steht im eigenen Land, unsere Haltung ist die des revolutionären Defätismus, der Zersetzung der bürgerlichen Armee Heute gilt es, dieses Erbe aus den verstaubten Bücherregalen zu holen und seine Rezepte anzuwenden. Der Weg, um einen konsequenten Kampf gegen den Imperialismus zu führen, muss im Inneren und nicht außerhalb gesucht werden Das heißt: auf dem revolutionären Weg des Sturzes des Regimes des

Syriens;

• Im Nahen Osten und in Syrien ist es legitim, dass Assad und der russische Imperialismus eine Lösung der Konflikte in ihrem Sinn vorschlagen;

• Der Hauptschuldige an den Kriegen in Syrien und dem Nahen Osten ist der amerikanische Imperialismus;

• alle Flüchtlinge aus Syrien sind Dschihadisten oder deren Angehörige;

• Frieden kann es erst geben, wenn das Assad­Regime, unterstützt von Russland, wieder die Regierungsgewalt in Syrien hergestellt hat Alle diese Positionen bewegen sich, sozial und politisch, im Rahmen des imperialistischen kapitalistischen Systems.

WARUM VERTEIDIGT DER SOZIALCHAUVINISMUS DIE TERRITORIALE INTEGRITÄT SYRIENS?

Präsidentenpalasts und des bürgerlichen Staates, im Kampf Klasse gegen Klasse

Heute existieren im nationalen Rahmen verschiedene Cliquen innerhalb der Bourgeoisie, die von Zeit zu Zeit miteinander in Konflikt geraten Weiters gibt es immer die Konflikte, die durch die innerimperialistischen Konflikte ausgelöst werden Wenn versucht wird, diese Situation unter dem alten Blickwinkel des „Kalten Krieges“ zu sehen, wenn der Imperialismus auf die USA und einige Staaten der EU reduziert, wenn China und Russland nicht auch als imperialistisch eingeschätzt werden, versinkt man im Nationalismus Solche Versuche führen dazu, China und Russland gegenüber dem US­Imperialismus zu rechtfertigen, als „fortschrittlicher“ einzustufen Diese deformierte Vorstellung vom Imperialismus ist heute die Grundlage der sogenannten „eurasischen Fraktion“. Sie umfasst bürgerliche und „sozialistische“ Kräfte, ihre Position zur „syrischen Frage“ lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

• Verteidigung der territorialen Einheit

Zuallererst sind alle Grenzen das Erbe der Kolonialmächte Sie wurden als Ergebnis imperialistischer Handlungen gezogen. Deshalb sind alle Grenzen künstlich und Kriege unvermeidlich, solange es sie gibt Perioden, die im imperialistischen kapitalistischen System als Frieden dargestellt werden, sind stets nur Phasen der Vorbereitung auf neue Kriege. Ein endgültiger Frieden auf globaler Ebene ist nur durch die Abschaffung des imperialistischen kapitalistischen Systems und die Errichtung einer kommunistischen Welt möglich.

Die „territoriale Integrität“ eines Landes zu verteidigen, die „Interessen des Landes“ zu verteidigen, das „Heimatland“ zu verteidigen, bedeutet zunächst, die herrschende Bourgeoisie und ihren Herrschaftsapparat, den bürgerlichen Staat, zu verteidigen. Wenn der gegenwärtige Staat kein Arbeiterstaat ist, wenn nicht die Arbeiterklasse an der Macht ist, ist die Verteidigung des „Vaterlandes“ und der „territorialen Integrität“ das Werk von Sozialpatrioten, nicht aber der Sozialisten Der Charakter des Sozialchauvinismus folgt einer Linie, die die Arbeiter und Unterdrückten ruhig stellt und die bestehenden Regierungen unangetastet lässt, ohne den bürgerlichen Staat anzutasten. In Kriegszeiten stehen die Sozialchauvinisten auf der Seite ihres bürgerlichen Staates und fordern die ar­

Klassenkampf 39/2020 Türkei 13

beitenden Massen auf, ihr „Vaterland“ aufseiten der Bourgeoisie zu verteidigen. Die Opposition gegen die imperialistische Kriegspolitik Erdoğans auf die territoriale Integrität Syriens zu reduzieren ist impliziter Sozialchauvinismus. Der Rahmen bleibt die Vertretung der Interessen des eigenen bürgerlichen Staates Der Invasionskrieg wird von diesen „Oppositionellen“ abgelehnt, um das Überleben und die Zukunft ihres bürgerlichen Staates zu sichern Sie raten stattdessen dem Erdoğan­Regime und auch der CHP, einen Kompromiss mit Assad zu schließen Diese „freundschaftlichen Ratschläge“ sind ein heimtückischer Chauvinismus, weil das Problem auf die „territoriale Integrität Syriens“ reduziert wird Denn die Region, die als „territoriale Integrität Syriens“ definiert wird und das Baath­Regime beruhen auf der Besetzung des Territoriums Westkurdistans Die Verteidigung der territorialen Integrität Syriens ist nichts anderes als die Behauptung, dass der bürgerliche syrische Staat das Recht hat, Westkurdistan zu kolonisieren

DAS ASSAD­REGIME UND DEN RUSSISCHEN IMPERIALISMUS IN SYRIEN ALS LEGITIM ANZUSEHEN, BEDEUTET, DIE SYRISCHEN WERKTÄTIGEN DEM DSCHIHADISMUS UND BAATHISMUS AUSZULIEFERN

Der imperialistische Teilungskrieg im Nahen Osten, der in Syrien Gestalt angenommen hat, wird an vielerlei Fronten ausgefochten. Allen Seiten ist gemein, dass sie nach Beendigung des Kriegs ihre jeweilige Hegemonie errichten wollen Der imperialistische Hegemonialkrieg, der seit Jahren in Syrien und im Nahen Osten stattfindet, hat die syrischen Werktätigen ohne eine alternative revolutionäre Front dem Würgegriff der Baath­Diktatur und des Dschihadismus ausgeliefert Das Assad­Regime ist dafür ebenso verantwortlich wie Russland, die USA, die Türkei und der Iran. Wenn der US­Imperialismus als einziger Verbrecher oder Haupttäter betrachtet wird, legiti­

miert das die Hegemonie des russischen Imperialismus und die Diktatur von Assad Die Sozialisten sind weder Anhänger einer Polarisierung zwischen Imperialisten noch einer Polarisierung zwischen bürgerlichen Fraktionen auf nationaler Ebene Ihre Haltung ist klar: „Klasse gegen Klasse“ Sie widersetzen sich allen imperialistischen Bestrebungen und den reaktionären Kräften, mit denen die Imperialisten verbündet sind

Als Alternative zur Baath­Diktatur und zum dschihadistischen Faschismus, unter denen die syrischen Arbeiter leiden, entrollen sie das Banner der proletarischen Revolution Keine der bestehenden Parteien kann Frieden bringen; sie erklären bei jeder Gelegenheit, dass Kriege, Ausbeutung, Unterdrückung und Armut in irgendeiner Form immer weiterbestehen werden. Heute ist der klarste Beweis dafür, dass es keinen Glauben an die Revolution, den Sozialis­

und so eine revolutionäre Front zu schaffen. Jede sozialistische Bewegung, die keine Klassenperspektive gegen die Ausbeuter hat, ist dazu verdammt, von bürgerlichen Cliquen gefördert und ausgenutzt zu werden. Heute versuchen sie, mit bürgerlichen Fraktionen eine „demokratische“ Orientierung im Kampf gegen die Diktatur Erdoğan in der Türkei zu entwickeln.

ES IST EINE LIBERALE IDIOTIE ZU BEHAUPTEN, DASS DER SIEG DES ASSAD­REGIMES DER REGION FRIEDEN UND STABILITÄT BRINGEN WÜRDE

mus und die Arbeiterklasse gibt, wenn man den russischen Imperialismus und das Assad­Regime als legitim ansieht und sie schüchtern, aber explizit, als Alternative anpreist „Sozialisten“, die das Assad­Regime und den russischen Imperialismus rechtfertigen, argumentieren, dass es in Syrien keine starke revolutionäre Front gibt Daher müsse der Sieg des von Russland unterstützten AssadRegimes gegen die Dschihadisten und den US­Imperialismus unterstützt werden Genau darin liegt der Grund, warum sich keine revolutionäre Front in Syrien bilden konnte. Diese Perspektive wird von „sozialistischen“, „kommunistischen“ Gruppen in Syrien vertreten Ein bedeutender Teil der syrischen Sozialisten, die das Vertrauen in ihre eigene Kraft, die historische Rechtfertigung ihres Programms und die Arbeiterklasse verloren haben, gingen zur Vaterlandsverteidigung über, indem sie sich der Armee ihres bürgerlichen Staates anschloßen Sie beschützten den bürgerlichen Staat, den es niederzureißen gilt, mit ihrem Blut Andere „sozialistische“ und „revolutionäre“ Gruppen haben sich mit der FSA (Freie Syrische Armee, AntiAssad­Kräfte der syrischen Armee) verbündet, um zivilen Widerstand zu leisten

Immer wieder wird das „Argument“ wiederholt, dass mit dem Sieg des Assad­Regimes Frieden und Stabilität in der Region einziehen, der Krieg enden wird. Dieses Argument ist nichts weiter als ein liberales Geschwätz Es ist wahr, dass die Kämpfe mit dem vollständigen Sieg des Assad­Regimes für eine Weile aufhören könnten. Denn in seiner jetzigen Form hat der syrische Bürgerkrieg seine Grenzen erreicht und ist in ein langes, blutiges Patt übergegangen. Nach dem Sieg des Assad­Regimes wird die Anwendung der syrische Verfassung und der Wiederaufbauprozess des Regimes beginnen.

In diesem Prozess werden die Forderungen der Kurden; die Widersprüche zwischen der gegenwärtigen De­facto­Autonomie und dem aus dem Krieg siegreich hervorgegangenen Assad­Regime zum Angelpunkt werden In diesem Prozess möchte das Regime den Kurden möglicherweise keinen rechtlichen Status gewähren, was die Möglichkeit eines neuen Krieges in sich trägt Auch wenn dieses Problem ohne Krieg gelöst würde, der imperialistische Krieg im Nahen Osten schwelt weiter Die Arena des Nahen Ostens ist das größte Spannungsfeld der Welt und gleichzeitig ein Brennpunkt reaktionärer Bestrebungen und politischer Gelüste, geprägt durch nationale, religiöse und sektiererische Auseinandersetzungen.

Einerseits bleiben der US­ und der is­

Türkei Klassenkampf 39/2020 14

raelische Imperialismus und das erweiterte Nahost Projekt seiner Verbündeten (z B Saudi Arabien) aufrecht Andererseits wollen in dieser Situation die Imperialismen Russlands und Chinas ebenfalls ihren Anteil am Nahen Osten sichern. Die Region wird also von zwei Seiten Ziel der Ausplünderung

Der Sieg des Assad­Regimes würde sich in die Ziele des russischen Imperialismus einfügen Syrien würde zum Hinterhof Russlands Der russische Imperialismus wird nicht zögern, Syrien für seine imperialistischen Ziele in der Region in Kriege aller Art zu verwickeln Kurz gesagt, die imperialistischen Säuberungen im Nahen Osten reißen die

Menschheit in einen neuen Weltkrieg

Unter diesen Bedingungen zu behaupten, dass die Verteidigung des künftigen Friedens und der Stabilität mit dem Sieg des Assad­Regimes erreicht würde, ist gleichbedeutend mit der Behauptung, dass die Bourgeoisie fähig ist, Frieden im Nahen Osten zu bringen, während tatsächlich die imperialistischen Kriegsglocken geläutet werden. Frieden im Nahen Osten ist nur durch proletarische Revolutionen und den Aufbau der Arbeiterräte im Nahen Osten möglich.

• Nein zum Krieg zwischen den Völkern und dem Frieden zwischen den Klassen!

Das CoReP im Internet

• Türkische Truppen, raus aus Syrien!

• Sterbt nicht für die Interessen des Präsidentenpalasts, unterstützt ihn nicht!

• Der Frieden im Nahen Osten kommt nur durch die Arbeiter, die für ihn kämpfen!

• Bauen wir Selbstverteidigungskomitees auf!

• Es leben die Arbeiterräte des Nahen Ostens!

• Für die Revolution brauchen wir eine Revolutionäre Partei! Bereiten wir ihren Aufbau vor!

Auf der internationalen Website des CoReP findest Du unsere wichtigsten Grundlagentexte und aktuelle Erklärungen in zahlreichen Sprachen:

www.revolucionpermanente.com

Die Publikationen der Sektionen des CoReP kannst Du bei uns

bestellen:

gruppe.klassenkampf@gmail.com

IMPRESSUM:

Eigentümer, Herausgeber, Verleger, Druck: Gruppe Klassenkampf Druckort: Wien Offenlegung nach §25 Mediengesetz: 100%-Eigentümer der periodischen Druckschrift KLASSENKAMPF ist die im Parteienverzeichnis registrierte politische Partei GRUPPE KLASSENKAMPF (früher: Trotzkistische Gruppe Österreichs/TGÖ) Die Partei ist an keinen anderen Medienunternehmen finanziell beteiligt

Erklärung des CoReP (Kollektiv Permanente Revolution) 15

Deutschland 2019/2020:

Der faschistische Terror marschiert

In der Nacht von Mittwoch, 19.02.2020, auf Donnerstag, 20.02.2020, wurden in Hanau (Hessen), Großraum Frankfurt am Main, 9 Menschen erschossen Anschließend erschoss der Täter, Tobias Rathjen, seine 72­jährige bettlägerige Mutter und sich selbst. Bei den neun Erschossenen handelt es sich um sieben Menschen aus zugewanderten kurdischen und türkischen Familien, einen Bosnier und eine Polin Erste Auswertungen von Videobotschaften und einem „Manifest“ auf seiner Website belegen eine zutiefst rassistische Gesinnung.

Die politisch führenden Kräfte in Deutschland erklärten diesen neuen faschistischen Anschlag mit dem gesellschaftlichen Klima, dass die AfD mit ihren Reden und Aktionen in den Jahren ihres Bestehens geschaffen habe Doch das greift zu kurz

Das Ausmaß des faschistischen Terrors in Deutschland ist mittlerweile unübersehbar und kann nicht mehr, wie noch in den vergangenen Jahrzehnten versucht, weggeleugnet werden. Sowohl in der alten BRD als auch in der ehemaligen DDR hat es immer ein faschistisches Potenzial von ca 10% der Bevölkerung

„28.594 Personen haben das abonniert “ (22 02 2020)

Ein anderer Ausdruck des entwickelten rassistischen und faschistischen Spektrums sind die „Reichsbürger“. Diese gehen davon aus, dass das „Deutsche Reich“ immer noch existiert Sie erkennen den Staat BRD nicht an. Im April 2018 vermeldete der Verfassungsschutz, dass 18000 sich als „Reichsbürger“ verstehen 1200 von ihnen hätten noch waffenrechtliche Erlaubnisse. 450 seien seit 2017 mit Hilfe des Verfassungsschutzes diese Erlaubnis entzogen worden Wie viele „waffenrechtliche Erlaubnisse“ sich

ImJanuar 2018 berichtete der Verfassungsschutz, dass Reichsbürger aus mehreren Bundesländern eine be‐waffnete Armee planten, um sich "auf den Tag X" vorzu‐bereiten.

gegeben. Sowohl in der BRD als auch in der DDR konnten alte Nazis Unterschlupf in den aus Anlass der Staatsgründungen 1949 neu gegründeten Parteien finden In der alten BRD konnte der Altnazi KurtGeorg­Kiesinger, sogar CDU­Bundeskanzler werden, mit einem, ehemals von den Nazis verfolgten, SPD­Vizekanzler Willy Brandt an seiner Seite (1 Große Koalition 1966 bis 1969)

In der DDR konnte sich in Chemnitz schon früh eine rechtsradikale Szene entwickeln, die niemals von der SED­Parteiund Staatsbürokratie aktiv bekämpft oder gar vernichtet wurde Die 2018 gebildete Gruppe „Revolution Chemnitz“ konnte ungehindert Aktivitäten entfalten Die seit 2009 aktive „Pro Chemnitz“­Gruppe und ihre Demonstrationen bildeten den Nährboden. Diese Gruppe hat immer noch ungehindert ihre facebook­Präsenz:

tatsächlich in faschistischen Händen befinden, kann niemand sagen Im Januar 2018 berichtete der Verfassungsschutz, dass Reichsbürger aus mehreren Bundesländern eine bewaffnete Armee planten, um sich "auf den Tag X" vorzubereiten

Einen Waffenschein kann man beantragen, wenn man persönlich in ständiger Bedrohung lebt Oder aber eben als Mitglied in einem Schützenverein Der Attentäter von Hanau war ebenso Mitglied eines solchen Vereins wie der Attentäter von Kassel, Stephan E , der 2019 den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) erschoss. Morddrohungen haben auch andere lokale Repräsentanten des bürgerlichen Staates erhalten. Insbesondere die Bürgermeister vieler Städte bekommen immer wieder Morddrohungen per E­Mail oder solche,

die sie psychisch fertig machen sollen („Wir wissen, wo du wohnst.“). Einige sind daraufhin von ihrem Amt zurückgetreten Christoph Landscheid, der Bürgermeister von Kamp­Lintfort im Ruhrgebiet, musste sein Recht vor Gericht einklagen, den großen Waffenschein zu erhalten und eine Waffe haben zu dürfen zu seinem Schutz und dem seiner Familie Erst daraufhin erhielt er Personenschutz, woraufhin er auf den Waffenschein verzichtete

In Berlin­Neukölln (siehe TAGESSPIEGEL de vom 08 10 2019) macht sich faschistischer Terror, unterstützt von der NPD, seit 2011 verstärkt breit. Auf das Haus der 58­jährigen Sozialarbeiterin Christiane Schott gab es seit 2011 sieben Anschläge, nachdem sie rechte Wahlkampfhelfer darauf hingewiesen hatte, dass sie keine NPD­Werbung in ihrem Briefkasten haben will Unter anderem waren danach Brandbomben durch ihre Fensterscheiben geworfen worden, und erst vergangenes Jahr war ihre Hauswand mit den Worten „Deutschland erwache“ beschmiert worden.

Seit Mai 2016 verzeichnete die „Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus“ 55 Angriffe auf Bürger in Neukölln Darunter sind Morddrohungen, Graffiti­Schmierereien, Sachbeschädi­gungen und allein 14 Brandanschläge auf Autos

Die Generalbundesanwaltschaft (GBA) in Karlsruhe wollte die Ermittlungen zu den rechten Anschlägen in Neukölln nicht übernehmen Bislang hätten in dem Komplex keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für die Annahme einer Zuständigkeit der GBA vorgelegen Der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte sich schon einmal vergeblich an die GBA gewandt In einem zweiten Schreiben von ihm, das am 17 September 2019 bei der GBA eingegangen war, wies er daraufhin, dass es ganz offensichtlich der Fall sei, dass solche rechten Straftaten, wie der Mord an Lübcke, in ihrer Gefährlichkeit unterschätzt worden seien. „Wir sollten nicht warten, bis aus Brandanschlägen Morde werden “ (Geisel

Deutschland Klassenkampf 39/2020 16

im Tagesspiegel, 08 10 2019)

Christiane Schott wohnt in der Britzer Hufeisensiedlung, wie viele andere betroffene Bürger, die sich aktiv gegen Rechtsextremismus einsetzen Sie alle bemängeln, dass die Berliner Polizei bisher keine Ermittlungsergebnisse vorgelegt hat, und fragen, warum keine der Taten bisher aufgeklärt wurde. Auch der Mord an dem 22­jährigen Berliner Burak Bektas im Jahr 2012 wurde nicht aufgeklärt Bektas wurde in unmittelbarer Nähe vom Krankenhaus Neukölln erschossen Seit Mai demonstrieren Mitglieder der „Initiative Basta“ regelmäßig vor dem Landeskriminalamt (LKA) Berlin Die Initiative setzt sich für die Aufklärung rechtsextremistischer Straftaten ein Nach einer Veranstaltung zum Thema „Rechter Terror in Berlin“ Ende September in Neukölln äußerte der frühere Polizeidirektor, Michael Knape, sich „beunruhigt“ darüber, dass das LKA mit seiner Technik und dem Know­How es bisher nicht geschafft habe, der Staatsanwaltschaft mutmaßliche Täter zu liefern „Wir müssten in der Lage sein, endlich diesen Tätern das Handwerk zu legen“, sagte er.

chen Willen Niklas Schrader (Die Linke), Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus, sagt, dass es Hinweise auf „rechte Handlungsweisen und Straftaten in der Polizei“, gebe Die Linke fordert die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, die die GrünenAbgeordneten Benedikt Lux und June Tomiak die Einsetzung eines Sonderermittlers. Wie der frühere Berliner Sonderermittler im Fall Amri, Bruno Jost, soll diese Person die Vorkommnisse

Berlin­Neukölln in Brand gesteckt Mittlerweile gibt es drei Tatverdächtige für diese Anschlagsserie: Ex­NPD­Mann Sebastian T , der frühere AfD­Bezirkspolitiker Thilo P und Julian B

Seit Jahren beklagt die Amadeu Antonio Stiftung die große Diskrepanz zwischen der Zählung von Todesopfern rechter Gewalt von staatlichen Behörden und von unabhängigen Organisationen sowie Journalistinnen und Journalisten Wo von der Bundesregierung lediglich 75 Tötungsdelikte als rechts motiviert gewertet werden, ergeben Recherchen der Amadeu Antonio Stiftung eine weitaus höhere Zahl: Mindestens 178 Todesopfer rechter Gewalt seit dem Wendejahr 1990 sowie 11 weitere Verdachtsfälle Der von uns in die Grafik eingefügte QR-Code führt zu der interaktiven Landkarte, auf der die Nazi-Morde dokumentiert sind

Doch dazu braucht es einen tatsächli­

in Neukölln untersuchen, dem Innenausschuss berichten und der Frage nachgehen, „ob Maßnahmen gegen verdächtige Personen von Mitarbeitern des LKA unterlaufen wurden“. Frank Zimmermann (SPD­Abgeordneter) mahnt einen „zeitnahen“ Bericht an den Innenausschuss über rechtsextreme Umtriebe und rechten Terror in Neukölln an. Eine bei der Polizei neu geführte Statistik soll rechtsmotivierte Verstöße von Polizisten erfassen Die von SPD­Innensenator Geisel eingesetzte Sondereinheit „Besondere Aufbauorganisation Fokus“ hat begonnen, alte und neue Fälle zu überprüfen Erste Ergebnisse wurden vorgelegt. Im Rahmen dier Anschlagsserie wurde z.B. am 01.02.2018 das Auto des Linken­Politikers Ferat Kocak in

Gegen Julian B. wurde bereits mehrfach in Zusammenhang mit der Anschlagserie und weiteren rechtsextremen Angriffen ermittelt. Es handelt sich um einen mehrfach vorbestraften Neonazi, der in der Vergangenheit bereits für ähnliche Taten verurteilt wurde 2010 wurde seine Wohnung im Zusammenhang mit einem Brandanschlag auf das Haus der Demokratie in Zossen durchsucht 2007 wurde B verurteilt, weil er mit anderen Neonazis einen aus Äthiopien stammenden Mann in Schönefeld angegriffen und schwer verletzt hatte Julian B wurde im Februar 2017 dabei beobachtet, wie er gemeinsam mit Sebastian T. mögliche Anschlagsziele in Nord­Neukölln ausspähte

Er war auch der Betreiber der vor einigen Jahren gelöschten Facebook­Seite „Freie Kräfte Neukölln“. Julian B. hatte am 9 November 2016, am Gedenktag der Novemberpogrome 1938, als Verantwortlicher der Facebookseite „Freie Kräfte Neukölln“ eine Karte Berlins veröffentlicht Auf dieser haben sich 68 jüdische

Deutschland 17
Klassenkampf 39/2020

und israelische Einrichtungen und Gedenkstätten befunden. Umrahmt wurde die Karte laut dem damaligen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts, den Julian B selbst auf Facebook verbreitete, von dem Schriftzug „Juden unter uns“ und dem Kommentar „Heut ist so ein schöner Tag! Lalalala“ Wegen dieser Karte wurde gegen Julian B. wegen Volksverhetzung ermittelt – das Verfahren wurde aber eingestellt (TAGESSPIEGEL, 17 02 2020)

Berlin­Neukölln zeigt, dass nichts „im grünen Bereich“ ist Und: vielleicht wird gerade hier der Bock zum Gärtner gemacht Am 19 02 2020 berichtet der Berliner TAGESSPIEGEL, dass in einer WhatsApp­Gruppe faschistische Inhalte

Peter Beuth, CDU) eingestellt, einige Polizisten wurden entlassen. Anfang Februar wurde noch gegen 13 Polizisten ermittelt Größtenteils ging es um das Teilen von rechtsextremen Sprüchen und Bildern

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main musste zugeben: „Es gab mehrere Chatgruppen " In einer dieser Gruppen sei der Berliner Polizist gewesen. Auslöser für die Ermittlungen seit 2018 Herbst waren mit „NSU 2 0“ unterschriebene Drohbriefe gegen die türkischstämmige Anwältin Seda Basay­Yildiz. Diese hatte Strafanzeige gestellt

Fünf Beamte des 1 Polizeireviers hatten in einer WhatsApp­Gruppe Hitler­Bilder und rassistische Parolen gepostet und wahrscheinlich Seda Basay­Yildiz

Am19.02.2020 berichtet der Berliner TAGESSPIEGEL, dass in einer WhatsApp-Gruppe faschistische Inhal‐te geteilt worden seien. Ein 2019 aus Hessen nach Berlin gewechselter 35 Jahre alter Polizeioberkommissar war Wortführer dieser Gruppe. Er darf vorläufig nicht arbei‐ten - bei vollen Bezügen.

geteilt worden seien. Ein 2019 aus Hessen nach Berlin gewechselter 35 Jahre alter Polizeioberkommissar war Wortführer dieser Gruppe Er darf vorläufig nicht arbeiten ­ bei vollen Bezügen. Auch ein Disziplinarverfahren wurde eingeleitet Über eine Suspendierung samt möglicher Kürzung der Bezüge und eine Entfernung aus dem Dienst kann angeblich erst auf Grundlage der weiteren Ermittlungen entschieden werden Das Beamtenrecht schützt ihn.

Der Polizist sei Mitglied „in einem WhatsApp­Gruppenchat, in welchem auch Gewaltdarstellungen und rechtsextreme Inhalte ausgetauscht“ wurden. „Auf seinem Handy wurde etwas gefunden“, hieß es aus der hessischen Justiz In der Chatgruppe sollen mehr als 50 Personen gewesen sein, hessische Polizisten und andere Der Berliner Abgeordnete der Linken, Niklas Schrader, twitterte: „Die Serie von „Einzelfällen“ reißt nicht ab “

Im Bundesland Hessen, aus dem der Polizist stammt, wird seit Längerem wegen rechtsextremistischer Verdachtsfälle gegen Polizisten ermittelt Ursprünglich waren 38 Beamte, die zu einer Chatgruppe gehörten, im Visier. 17 Untersuchungsverfahren wurden laut dem hessischen Innenministerium (Minister:

Anfang August 2018 in einem Fax bedroht Seda Basay­Yildiz hatte im NSUProzess Opfer vertreten Eine Beamtin des 1 Reviers in der Frankfurter Innenstadt hatte über ihren Dienstcomputer das Melderegister zu Basay­Yildiz abgefragt – ohne dienstlichen Anlass Sie und vier weitere Kollegen betrieben bei WhatsApp eine gemeinsame faschistische Chatgruppe Das Verfahren wurde mehrfach auf weitere Beamte ausgedehnt.

In Hessen, so eine Umfrage unter 17 000 Beamten, fürchtet mehr als jeder vierte Polizist eine Islamisierung Deutschlands. Gegen Berliner Polizisten wurden im vergangenen Jahr 17 interne Disziplinarverfahren wegen möglicher rechtsmotivierter Taten eingeleitet. In den Disziplinarverfahren geht es dabei um Dienstvergehen von Beamten Im Januar hatte die Polizei von einem Beamten berichtet, der eine rechtsextreme Chatnachricht versendet haben soll In den vergangenen Jahren wurden Fälle von Berliner Polizisten bekannt, die rechtsextreme Taten begangen haben.

Der parlamentarische Aufstieg der AfD, Sympathien mit faschistoiden Inhalten und Methoden bis weit in die CDU hinein („Werteunion“, über 4000 Mitglieder und in allen CDU­Landesverbänden

vertreten) ermutigen die Faschisten dazu, ihr Haupt zu erheben. Dabei wissen die „Biedermänner“ der CDU und anderer Parteien sehr wohl, dass die „Brandstifter“ der AfD, NPD und anderer faschistischer Vereinigungen sich nicht bändigen lassen Im Gegenteil Der Faschist Höcke hat mit seiner AfD in Thüringen bei der Wahl des FDP­Kandidaten Kemmerich die CDU, und die FDP, vorgeführt. Seitdem taumelt die CDU auf Landes­ und Bundesebene von einer Krise in die nächste

Die Repräsentanten des bürgerlichen Staates aus der CDU werden selbst von zugewanderten Mitgliedern der CDU kritisch gesehen Ali Toprac (geboren 1969 und seit 1971 in Deutschland; Alevit; Bundesvorsitzender der „Kurdischen Gemeinde in Deutschland e V “ (siehe WIKIPEDIA)) meint zu Hanau: Deutschland brauche „keine schönen Worte, sondern Maßnahmen, die uns schützen“ Wenn die politisch Verantwortlichen die Minderheiten einer Gesellschaft nicht schützen können, machen sie entweder zu wenig oder das Falsche Und: Er habe es als einen Affront empfunden, dass „ein Zündler wie Horst Seehofer (CSU­Bundesinnenminister der Großen Koalition aus CDU, CSU und SPD unter Angela Merkel (CDU)) dort auf der Bühne stehen durfte“. Und Volker Bouffier, Hessens Ministerpräsident (CDU; in Koalition mit den Grünen), dessen Partei im Nachbarbundesland im Osten zusammen mit Björn Höcke „aus Versehen“ einen Landeschef gewählt habe „Wem so etwas tatsächlich aus Versehen passiert, ist hochgradig ungeeignet.“ Und er fügt hinzu, dass ihm seine guten Manieren verböten, diese Leute auszubuhen (Nach: TAGESSPIEGEL, 21 02 2020)

„Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“

(Bertolt Brecht: „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui “ , geschrieben 1941)

Bremen, 25 02 2020

Deutschland Klassenkampf 39/2020 18

Thüringen 2019 / 2020: Aufstieg und Fall des Bodo Ramelow (DIE LINKE)

Wie wird der Faschismus geschlagen?

Noch einmal zur Erinnerung: Die Landtagswahlen in Ostdeutschland hoben jeweils die Partei des bisherigen Ministerpräsidenten wieder auf den Schild. Oberstes Gebot war, die faschistoide AfD nicht zur stärksten Partei werden zu lassen Man wähnte sich stark in der „Solidarität der Demokraten“ Diese „Solidarität der Demokraten“ sollte in Thüringen zur erneuten Installierung einer LINKE/SPD/ Grüne­Regierung unter dem bisherigen LINKE­Ministerpräsidenten Bodo Ramelow führen. DIE LINKE (31,0%), SPD (8,2%) und Grüne (5,2%) verfehlten jedoch mit zusammen 44,4% die erforderliche Mehrheit. Außer einer großen Koalition aus DIE LINKE und der CDU gab es kein mögliches Parteienbündnis für die Bildung einer Regierung. Es sei denn, die AfD (23,4%) wäre in den Kreis der „Demokraten“ aufgenommen und als möglicher Koalitionspartner akzeptiert worden

In dieser Situation tritt die Führung der Partei DIE LINKE, einschließlich des thüringischen Ministerpräsidenten Ramelow, als Retter in der Not bürgerlicher Herrschaft auf Da die wichtigste Abstimmung, die Verabschiedung des Landeshaushalts für die Jahre 2020 und 2021, wohlweislich schon vor der Landtagswahl 2019 durchgezogen wurde, könnte „business as usual“ praktiziert werden. Die bisherige Koalitionsregierung könnte gemäß Landesverfassung solange kommissarisch im Amt bleiben, bis eine neue Regierung gewählt würde oder Neuwahlen durchgeführt werden Bei den wenigen, noch eventuell möglichen wichtigen Abstimmungen bis dahin wäre eine partielle Unterstützung seitens der CDU nötig Die Bundes­Co­Vorsitzende der Partei DIE LINKE, Katja Kipping, hatte daher im Namen der Mehrheit des Bundesvorstandes eine Zusammenarbeit mit der CDU als Möglichkeit propagiert

Nach einer historischen Achterbahnfahrt des Parlamentarismus in Thüringen ist es nun dazu gekommen, mit einem neu gewählten Ministerpräsidenten Ramelow und dem alten Regierungspersonal von SPD und Grünen, dem „Hofstaat“ Ramelows (TAZ, 05 03 2020) Ohnehin versteht Ramelow die Welt nicht mehr In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung, erschienen online am 14 02 2020, sagte er: “Alle sagen, dass ich hier das Bürgerlichste bin, was rumlatscht... Ich komme aus einer großbürgerlichen Familie “

Was war passiert?

Ohne Not hatte Ramelow auf einer Neuwahl des Ministerpräsidenten und der Bildung einer neuen Koalitionsregierung aus DIE LINKE, SPD und Grünen bestanden Warum, hat er nie erklärt Er spekulierte auf Stimmen aus der CDU Allerdings war er nicht bereit, zur Wahl anzutreten, falls es keine Übereinkunft, wie

bürgerlichen Parteien CDU und FDP wurde für einen historischen Moment Realität. CDU, FDP und AfD stimmten für Kemmerich als Ministerpräsidenten Dieser hatte weder eine Koalitionsregierung in Aussicht noch ein Regierungsprogramm. Er wollte einer „Expertenregierung“ vorstehen, also einem bonapartistischen Regime

Der Sturm der mit dieser Abstimmung ausgelösten Empörung führte in CDU und FDP zu erheblichen Störungen und zu fünf Rücktritten: von Mike Mohring, dem CDU­Landesvorsitzenden, von Kemmerich (FDP) vom Amt des Ministerpräsidenten sowie von Annegret Kramp­Karrenbauer (CDU­Bundesvorsitzende) noch im Jahre 2020, bis zur Neuwahl einer/eines neuen Bundesvorsitzenden Auch der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte (CDU), musste sein Amt aufgeben. Er hatte die Abgeordneten der CDU, FDP und

SeitThüringen kommt die CDU nicht mehr zur Ruhe. Die Fliehkräfte beginnen zu wirken. Die politischen Divergenzen, wie die kommende kapitalistische Krise in Deutschland und Europa zu beantworten wären, können nicht länger unter dem Deckel gehalten werden.

von der CDU verlangt, zwischen LINKE, SPD, Grüne und CDU über 22 Projekte der CDU geben würde Derweil kündigte der CO­Bundesvorsitzende der AfD, Gauland, an, seine Partei würde im ersten Wahlgang Ramelow wählen Das war für Ramelow natürlich nicht tragbar. Also stellte die AfD, wie angekündigt, einen eigenen Kandidaten zur Wahl des Ministerpräsidenten, den unbekannten ehrenamtlichen Bürgermeister Kindervater (Gemeinde Sundhausen im Unstrut­Hainich­Kreis) Die FDP mit ihrem Landesvorsitzenden Kemmerich sprang in die Bresche. Die von der AfD so ersehnte Anerkennung als bürgerlichkonservative Kraft durch die anderen

AfD, die Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten gewählt hatten, als "Mitte" bezeichnet Das AfD­Bauernopfer Kindervater, er erhielt im dritten Wahlgang ja nicht die Stimmen der AfD, hat mittlerweile seinen Rücktritt als ehrenamtlicher Bürgermeister erklärt

Seit Thüringen kommt die CDU nicht mehr zur Ruhe Die Fliehkräfte beginnen zu wirken Die politischen Divergenzen, wie die kommende kapitalistische Krise in Deutschland und Europa zu beantworten wären, können nicht länger unter dem Deckel gehalten werden Friedrich Merz (aus der CDU von NRW), der in den Augen der CDU­Parteibasis der aussichtsreichste Kandidat für den Vorsitz

der CDU ist, steht für die rigide Durchsetzung der Kapitalinteressen. Er hat sich schon von dem Amt als Aufsichtsratsvorsitzender der deutschen Blackrock­Dependance verabschiedet, um dem Vorwurf der Interessenkollision aus dem Weg zu gehen Als ob das noch Bedeutung hätte!

Das Duo Armin Laschet (NRW­Ministerpräsident und NRW­CDU­Parteivorsitzender) und Jens Spahn (aus der CDU von NRW; Bundesgesundheitsminister) bilden ein liberal­konservatives Gespann. Laschet repräsentiert dabei den bisherigen innenpolitischen Kurs der CDU­Kanzlerin Merkel, einschließlich der Flüchtlingspolitik, kritisiert aber ihre Politik auf europäischer Ebene Das tut Merkel jedoch nicht weh Schließlich gibt es noch einen weiteren Einzelkandidaten, Röttgen, ebenfalls aus der CDU NRW. Er präsentiert sich als Liberaler Seine Kandidatur gilt jedoch eher als Racheakt an Merkel, die ihn einst geschasst hatte. Immerhin versucht die CDU, einem programmatischen Richtungskampf aus dem Weg zu gehen und die Kandidaten für den Parteivorsitz als „Team“ zu präsentieren. Da passt Röttgen, der, entgegen allen Bemühungen um eine „Team“­Lösung, als Erster offiziell seine Kandidatur für den Parteivorsitz angekündigt hatte, nicht so gut hinein Er plädiert unter anderem dafür, die Gründe für den Aufstieg der AfD zu analysieren und zu beseitigen. Es gehe um eine „Grundidee von

Deutschland“ (SZ, 18 02 2020)

Über den Parteivorsitz wird nun auf einem Sonderparteitag am 25 April 2020 in Berlin entschieden Im Dezember 2020 geht es um die Kanzlerkandidatur Da wird dann auch die CSU in Gestalt ihres Vorsitzenden Markus Söder, wie jetzt schon angekündigt, ihren Einfluss geltend machen

In der Weimarer Republik war Thüringen 1930 der erste deutsche Teilstaat, in dem die NSDAP mit dem aus München eingeschleppten Wilhelm Frick (1877­1946, hingerichtet) ein Regierungsmitglied stellte.

Als thüringischer Innenminister „säuberte“ er den Schuldienst von Kommunisten, setzte KPDund SPD­Bürgermeister ab und nazifizierte den Beamtenapparat „Entartete Kunst“ wurde aus der Öffentlichkeit entfernt Nach einem Misstrauensantrag der SPD im April 1931 musste er aus der Regierung ausscheiden Ausschnitt aus dem Vorwärts (SPD-Zentralorgan)

einmal mehr der Möchtegern­Landesvater Bodo Ramelow. Ganz im Sinne der „Solidarität der Demokraten“ bedankte er sich bei der AfD für ihr diszipliniertes Wahlverhalten ohne neuerliche Manöver Er gab dem AfD­Kandidaten Kaufmann für das Amt der Landtagsvizepräsidentin seine Stimme Üblich ist, dass jede Fraktion im Parlament eine/n Vizepräsidenten/ in stellt. Seine Begründung: Er habe mit seiner Stimme den Weg frei machen wollen „für die parlamentarische Teilhabe, die jeder Fraktion zugebilligt werden muss“ (SZ, 06 03 2020)

Ungeachtet dieser Entwicklungen verkommt die neuerliche Wahl von Bodo Ramelow zum thüringischen Ministerpräsidenten fast zur Randnotiz Ganz im Sinne der „Solidarität der Demokraten“ wird er im dritten Wahlgang (einfache Mehrheit der Stimmen genügt) mit 42 Stimmen bei 20 Enthaltungen (CDU; 1 von 21 Stimmen der CDU ging an die AfD) von LINKE, SPD und Grünen gewählt Die FDP, die, wie AfD und CDU, im Wahlkampf massiv gegen die „rot­rot­grüne“ Regierung Stimmung gemacht hatte, verließ vor der Abstimmung den Saal Sie wollte sich weder für den einen noch den anderen Kandidaten entscheiden müssen.

Zuvor hatte Ramelow zweimal gegen den Faschisten Höcke (AfD, 22 Sitze) die relative Mehrheit erhalten.

Damit hätte man zur Tagesordnung übergehen können Doch die Pointe setzte

Damit hat der Sozialdemokrat Ramelow eindeutig gegen Parteibeschlüsse seiner Partei DIE LINKE gehandelt. Schon hat dort das Sammeln der Kräfte gegen dieses Verhalten und die Stellungnahme des Geschäftsführenden Parteivorstandes vom 07.03.2020 dazu begonnen.

Doch was kann die Arbeiterklasse den sich „bürgerlich­demokratisch“ gebärdenden Faschisten entgegen setzen? Ein Blick in die deutsche Geschichte gibt einen Fingerzeig: der unbefristete Generalstreik gegen den Kapp­Putsch am 13 März 1920, der gemeinsam von Sozialdemokraten und Kommunisten organisiert wurde Nach 100 Stunden war der Spuk vorbei

Bremen, 09 03 2020

Deutschland Klassenkampf 39/2020 20
„Solidarität der Demokraten“Kapitulation vor den Bürgerlichen

Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.