Sieberziitig_3/2016

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Laufen für Menschen in Not

SWS

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Sieber Ziitig

Sozialwerke Pfarrer Sieber

auffangen – betreuen – weiterhelfen

Seelsorge ist mehr als Sorge um die Seele

Editorial «Was wir lediglich in unserer Seele zu wirken vermeinen, wirken wir in Wahrheit am Schicksal der Welt.» Vom jüdischen Philosophen und Sozialethiker Martin Buber stammt dieses Wort, das mich seit über dreissig Jahren begleitet. Meine damalige Tanzstundenpartnerin hat mir die Karte geschenkt, sie ist inzwischen arg vergilbt – aber das Wort hat nichts von seiner Kraft verloren. Die Menschen, die wir täglich um uns haben, erinnern uns daran: Was wir an der Seele eines Menschen zu wirken vermögen, wirkt weit über den einzelnen Menschen hinaus, und zwar im Guten wie im Bösen. Die Seelen sind oft verletzt, verstockt, verstört. Die Geschichtsbücher sind voll davon, was passiert, wenn verletzte Seelen entgleisen und andere mit ins Verderben ziehen. Gute Nachrichten schreiben sich demgegenüber oft unspektakulär, aber mindestens so wirkungsvoll: Heilung beginnt oft in der feinen Berührung einer verletzten Seele, einem wärmenden, stärkenden, schwebenden Kontakt. Einer Berührung, die dem Menschen Würde zuspricht, ihn aufrichtet, erleichtert. Die Menschen, die uns anbefohlen sind, stehen oft im Sinn des Wortes vor den wirklich letzten Fragen – Schuld, Vergebung, Versöhnung. Am physischen Zustand können sie und wir nicht mehr viel ändern. Während der Körper zerfällt, bleibt die Seele empfänglich für heilende Berührungen. Diese geschehen oft in der Stille, in der Begegnung, im Wort, im Lied, im Gebet – oder in einer Scheibe Salami, die sich ein Patient kürzlich wünschte, und die ihm sichtlich wohltat. Jedem Wort des Friedens, jedem Zeichen der Versöhnung, jedem noch so kleinen Akt der Vergebung haftet etwas Schicksalhaftes an: Was wir lediglich in den Seelen unserer Menschen zu wirken vermeinen, wirken wir in Wahrheit am Schicksal der Welt. • Christoph Zingg, Gesamtleiter

Nr. 3/2016

Seelsorge ist eine Einheit von zuhören, mitfühlen, mitdenken und handeln. Unser grosses Vorbild ist Jesus Christus. Schwächen und Auseinandersetzungen, geprägt von fatalsten Charaktereigenschaften, geht – will heissen, oft um Leben und Tod.

Die Seele des Menschen ist wie ein Lamm: Sie bedarf der behutsamen Pflege. (Bild: Pfarrer Sieber)

I

ch war als Seelsorger stets stark gefordert. Während der 25 Jahre Gemeindearbeit in Zürich-Altstetten zählten wir dort 60’000 Besucher. Über diese Besuche gäbe es Bücher zu schreiben. Aber als Pfarrer bin ich an das Seelsorgegeheimnis gebunden. Der Beruf eines Seelsorgers ist etwas Besonderes. Es gibt einen lateinischen Begriff dafür, der auf das Wesen der Arbeit eines Gemeindepfarrers, also eines von der Gemeinde beauftragten Seel­ sorgers, hinweist: die Vocatio arcana (innere, verborgene Berufung). Mit Recht wird gesagt, dass es in diesem Zusammenhang um das Innerste bei der Begegnung mit leidenden Menschen geht. Gott nimmt Teil am Schicksal eines Menschen, der den Seelsorger sucht. Der Seelsorger bekommt in vielen Fällen Einblick in ein Leben, bei dem es um Kriminalität, Krankheit, zerbrochene Beziehungen,

Zum Gemeindepfarrer gehört aber nicht nur der Begriff der Vocatio arcana, sondern auch jener des Parochus. Der Parochus war in der römischen Zeit ein Wirt mit einem grossen Haus am Rande römischer Heerstrassen. Er sorgte für Leib und Seele vorüberziehender Menschen. Er fühlte sich auch verantwortlich für die Zugtiere mit Fuhrwerken, die auf ihrem Weg eine Pause, ein Dach über dem Kopf und Futter brauchten. Man nannte die Stationen Karawansereien. Das waren die Motels früherer Jahrhunderte. Mich dünkt, dass früher viele Pfarrhäuser für diesen Zweck so gross gebaut wurden. Für die Seelsorgearbeit im umfassenden Sinn, wie sie mir und der ganzen Familie am Herzen lag, war die Erfahrung, dass es eine lebendige Gemeinde ohne die Seelsorgepflicht gar nicht gibt, von zentraler Bedeutung. Altstetten war ein Beispiel dafür, denn auch das Kirchgemeindehaus wurde sozusagen als moderne Karawan-

serei für diesen Dienst eingesetzt. Ich erinnere mich an die Zürcher Jugendunruhen, als die Kirchenpflege diskussionslos guthiess, dass nach der Schliessung des Jugendzentrums im Lindenhof-Bunker Hunderte von jungen Menschen im Kirchgemeindehaus untergebracht und mit Suppe bewirtet wurden. Im Pfarrhaus selbst war der letzte Winkel besetzt. Und nicht selten steckte die Polizei ihre Fahndungsnase in unser Haus. Die Polizisten waren dankbar, wenn auch sie den obligaten Besucherkaffee erhielten. Und Jesus Christus war für uns alle der grosse Hirte. Neben den vielen Menschen, denen ich Seelsorger zu sein versuchte, gab es auch viele Menschen, die mich beseelten. Sie bleiben mir als Seelsorger in Erinnerung. Dafür danke ich Gott.

• Pfarrer Dr. h.c. Ernst Sieber

br o t huuse

300 Wünsche für den Frieden Am Brothuusefäscht zeigte sich nur das Wetter von der griesgrämigen Seite.

wurden mit einem abwechslungsreichen Programm belohnt: Breakdance der Extraklasse, Tänze aus Indien, Führungen und ein gut bestückter Grill boten tolle Unterhaltung und schöne Begegnungen.

Rund hundert Personen liessen sich von Windböen und Regenschauern nicht vom Besuch des diesjährigen Brothuusefestes abhalten. Nachbarn, ehemalige Bewohnerinnen und Bewohner sowie Persönlichkeiten aus Stiftungsrat und Patronatskomitee

Zum Abschluss des Festes wurden dem stürmischen Wind über hundert Ballone anvertraut: Er trug 300 Wünsche und Segensworte weiter, welche die Festgemeinde zum Abschluss eines hoffnungsvollen Tages gesammelt hatte. (chz)


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