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Hotel & Praxis
by GW VERLAG
Nachhaltigkeit kann auch stylish sein
Heidelbergs Stadtteil Bahnstadt ist eine der größten „Null-Emissionssiedlungen“ der Welt. Mit der Eröffnung des Hotels Qube Bahnstadt ist ein komplett nachhaltiges und ressourcenschonendes Hotel hinzugekommen. Die Qube Hotels in Heidelberg sind Vorreiter für den Erfolgsfaktor „Nachhaltigkeit“. Dabei kommen Stil und Ambiente nicht zu kurz. Von Antje Urban
Der Weg in die Zukunft, zu mehr Umweltbewusstsein und nachhaltigerem Handeln, führt für viele Hoteliers zuweilen nur über kostenreiche Umstrukturierungen, Um- oder Ausbau. Etwas, das sich Johannes Arndt im Heidelberger Stadtquartier Bahnstadt leichter machen konnte. In der größten Passivhaussiedlung Europas hat er sein Hotel Qube Bahnstadt inmitten eines Gebäudeensembles aus Wohnungen, Geschäften und Büros platziert. Die Bahnstadt gilt als Leuchtturmprojekt im klimaneutralen Städtebau – und mit ihr nun auch das neue Hotel, das beim Heizen und Kühlen eine maximale CO2-Einsparung erreicht. Für die Stadt Heidelberg und den Eigentümer der Immobilie, die Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz, war Arndt der ideale Hotelpartner. Denn als einer der wenigen Hoteliers kann er auf elf Jahre zurückblicken, in denen er sein erstes Hotel Qube im Stadtteil Bergheim bereits nach Kriterien des nachhaltigen und ökologischen Wirtschaftens betreibt. Im Jahr 2012 wurde dieses als erstes Hotel der Region mit dem Prüfsiegel Certified Green Hotel ausgezeichnet. „Wir waren damals sehr stolz darauf, aber ich muss gestehen, dass es zu diesem Zeitpunkt kaum einen Gast wirklich interessiert hat. Wir waren der Zeit voraus. Können aber heute enorm von unseren Erfahrungen profitieren“, sagt er. Das erste Passivhaus-Hotel Deutschlands in der Bahnstadt habe ihn gereizt. Dass sich die Planung und der Bau des Gebäudekomplexes über fünf Jahre hinzogen und letztlich die Eröffnung kurz vor dem ersten Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 stattfand, konnte er allerdings nicht ahnen.
Man sieht dem Hotel das grüne Gewissen nicht an
Neben seinem Anspruch an Nachhaltigkeit setzt Arndt auch in seinem zweiten Hotel auf edles Design und hochwertige Materialien. „Der umweltbewusste Gast legt schließlich ebenfalls Wert auf ein stilvolles Interieur und gehobenen Service“, sagt der Diplom-Kaufmann. So sieht man dem mit vier Sternen klassifizierten Boutique Hotel das grüne Gewissen nicht an. Stattdessen besticht das Interieur mit urbanem Chic: Dunkle Grautöne, massive Türen und Eichenholzparkett, großflächige Gemälde im Eingangsbereich sowie in den 84 Zimmern schwere Ledersessel, Nussbaum-Sekretäre und Philippe-Starck-Natursteinbäder. Das dunkel anmutende Ambiente mit vielen Lichtakzenten verströmt Großstadtflair und Wärme zugleich. Ein Hotel, das so, statt im beschaulichen Heidelberg, auch in jeder Metropole zu finden wäre. Doch mit dem hundertprozentigen Fokus auf Nachhaltigkeit dann eben doch nicht. „Unsere Bemühungen im Bereich Nachhaltigkeit zielen auf einen langfristigen Erfolg ab, der im ökonomischem, ökologischen und sozialen Bereich erreicht werden soll.“ So wurden beim Bau schon baubiologische Standards nachhaltig erfüllt und auf umweltverträgliche Baumaterialien geachtet. Zugleich ist es gelungen, viel Nutzfläche auf wenig überbauter Fläche zu generieren, wodurch im Verhältnis zu den entstandenen Quadratmetern nur wenig Fläche versiegelt wurde. Die Wände wurden mit mineralischer Biosil-Farbe gestrichen, die nicht nur ein Ökoprofil ohne Emissionen besitzt, sondern auch allergikergeeignet ist. „Nahezu die gesamte Kühlung für den gastronomischen Bereich wird über einen zentralen Kompressor erzeugt, was den Verbrauch erheblich senkt. Des Weiteren wird die hierbei gewonnene Wärmeenergie zur Warmwassererzeugung genutzt“, erklärt der Hotelier. Alle Zimmer verfügen über eine zentrale Stromabschaltung, die zu einer Abschaltung der elektrischen Verbraucher beim Verlassen des Zimmers führt. Dadurch wird der Stand-by-Betrieb elektronischer Geräte verhindert und der Bereich um das Bett kann zur Vermeidung von Elektrosmog stromkreisfrei geschaltet werden. Das gesamte Hotel wird über Fernwärme der Stadt Heidelberg versorgt. Zirka 95 Prozent der Energie wird aus Kraft-Wärme-Kopplung gewonnen. „Diese gemeinsame Erzeugung von Wärme und Strom gehört zu den thermodynamisch wirkungsvollsten Prozessen der Energieerzeugung.“ Auch beim Wasserverbrauch und beim Müll wurden viele Maßnahmen etabliert, die auf Einsparungen und Vermeidung ausgelegt sind. Bei so viel Perfektion setzt sich das Team dennoch
Fotos: Hotel Qube Heidelberg
Komplett nachhaltig und ressourcenschonend: Das Hotel Qube im Heidelberger Stadtteil Bahnstadt
Das Herz des Hotels ist der große Barbereich mit Restaurant. Hier sollen sich Einheimische und Touristen begegnen
PROFILE
nDas Hotel Qube Bahnstadt ist ein Boutique-Hotel mit
Schwerpunkt Tagungen & Meetings. n Das Vier-Sterne-Haus wurde 2020 fertiggestellt. Gastgeber sind Johannes und Tina Arndt. n Das Hotel ist eines der ersten Passivhaus-Hotels
Deutschlands und hinsichtlich Nachhaltigkeit state-of-the-art n 84 Zimmer, drei Konferenzräume sowie eine Dachterrasse mit Ausblick n www.qube-hotel-heidelberg.com
Diplom-Kaufmann und Hotelier Johannes Arndt
Zusammen mit Hoteldirektor Vasco Krummenerl (links) hat Johannes Arndt das Hotel Qube Bahnstadt im Frühjahr-Lockdown 2020 eröffnet Ausgeklügelte Technik, auch in den Zimmern, soll für Strom-, Wasser- und Mülleinsparungen sorgen. Insgesamt drei Konferenzräume für „green meetings“ stehen zur Verfügung
hier noch Ziele: „Wir haben uns meßbare Ziele gesetzt, die wir konkret formulieren und realistisch terminieren. So planen wir für den gesamten Wasserjahresverbrauch einen Wert von unter 3,0 Kilokubikmeter. Unser Ziel für den Stromjahresverbrauch liegt bei unter 0,20 MWh“, erklärt Arndt.
Nachfrage nach Green Meetings
Als Tagungs- und Businesshotel sieht sich das Qube Bahnstadt für die Zukunft von „green meetings“ gut aufgestellt. Drei Tagungsräume mit zusätzlichem Arbeitszimmer stehen zur Verfügung. „Die Nachfrage nach verantwortungsvollen Konzepten steigt im Tourismus und in der Tagungsbranche“, so Arndt. Die Lage direkt am Hauptbahnhof und der direkte Autobahnanschluss sind darüber hinaus vorteilhaft. Und die berühmte, quirlige Heidelberger Altstadt, deren Besuch zu jedem Aufenthalt dazu gehört, ist seit Kurzem dank einer Haltestelle direkt vor dem Hotel in einigen Minuten zu erreichen. Heidelberg als Touristenmagnet möchte sich aber auch noch mehr Konferenzgeschäft in die Stadt holen. Angrenzend an die Bahnstadt entsteht daher bis 2022 ein neues Konferenzzentrum, von dem das Qube nur in Fußnähe entfernt ist. Selbstverständlich gibt es auch viele Wettbewerber – das weiß Arndt: „Natürlich werden gerade zu den vielen bestehenden noch viele weitere Hotels gebaut, aber wir stehen in erster Reihe und verfolgen ein einmaliges Konzept.“
Begegnungsort für Heidelberger und Touristen
Das Herzstück des Qube Hotels ist die große Bar mit dem angrenzenden Restaurantbereich. Hier wünscht sich Arndt nach überstandenem Lockdown endlich reges Leben. Schließlich konnte der Hotelbetrieb seit der Eröffnung im März 2020 noch nicht wirklich Fahrt aufnehmen. „In unserer Signature Bar mit der gesamten Klaviatur guter Drinks sowie im Restaurant mit Frischeküche sollen Gäste aus der Region mit Menschen aus aller Welt aufeinandertreffen und eine gute Zeit miteinander verbringen.“ Denn die Gebäudestruktur verbindet das Hotel mit den umliegenden Wohneinheiten. Aus dem Restaurant blicken die Gäste in den grünen Innenhof des Quartiers. Man schaut auf Balkone und in beleuchtete Wohnzimmer. Das sorgt zudem für weltstädtisches Flair und der Gast befindet sich mittendrin im modernen, zukunftsträchtigen Heidelberger Stadtteil.
Beispielhafte Maßnahmen mit nachhaltiger Wirkung
n Zentrale Stromabschaltung beim Verlassen des
Zimmers, kein Stand-by-Betrieb elektronischer
Geräte n Neueste Minibars mit hochwertiger Dämmung und
Absorptionstechnik sparen zirka 30 Prozent Energie im Vergleich zu herkömmlichen Kühlgeräten ein n Im gesamten Hotel wird durch den Einsatz von
Energiesparlampen beziehungsweise LED-Technik
bis zu 80 Prozent Energie eingespart n Einsatz von Wasser-Durchlaufbegrenzern in allen
Hotelzimmern bei Waschbecken und Duschen n Wassereinsparungen in der Gastronomie mit besonders sparenden Gläserduschen sowie
Dosieranlage für Reinigungsmittel in der
Spülmaschine n Einbau einer zentralen Entkalkungsanlage, die die
vorhandenen Rohrsysteme schützt und WC-Steine überflüssig macht n Seife- und Duschgel-Nachfüllbehälter auf den
Zimmern n Keine Einweg-Portionsverpackungen beim
Frühstücksbüfett. Regionale und saisonale Küche, dadurch kurze Transportwege der Lieferanten, was die Gesamtenergiebilanz positiv beeinflusst