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Fünf Sterne für den Gratis-Toaster E-Commerce. Das Problem von gefälschten Produktbewertungen im Internet beschäftigt größere wie kleinere Händler gleichermaßen. Im Kampf gegen Fake-Bewertungen setzen sie auf künstliche Intelligenz – und Handarbeit. Kein schlechter Deal: Für eine positive Bewertung eines Produktes in einem Online-Shop erhalten die Käufer das Produkt vom Hersteller geschenkt. Hinter dem, was im Internet weitläufig als Angebot für „Tester“ firmiert, steckt in Wahrheit eine groß angelegte Betrugsmaschinerie. Zuletzt deckte der „Standard“ im November ein weit verzweigtes WhatsApp-Netzwerk von rund 200 Internetusern auf, die durch Fake-Bewertungen zu Gratisartikeln auf Amazon gelangten. Die Problematik betrifft aber nicht nur den Internet-Riesen, sondern durchaus auch kleinere Händler in Österreich. Die Masche ist überall die gleiche: Über WhatsApp-Gruppen organisieren Hersteller ein dezentrales Netzwerk an
Internetkunden, die mit vermeintlichen Schnäppchen oder Geheimtipps versorgt werden. Erwartet wird von den Nutzern, dass sie diese angepriesenen Produkte im Internet kaufen, auf den Shopping- Portalen mit positiven Kundenrezen sionen versehen und sowohl Kauf als auch Bewertung mit Bildschirmfotos dokumentieren. Diese Screenshots schicken sie dann an den Hersteller zurück, der ihnen ein paar Tage später den Kaufpreis auf ihr Paypal-Konto überweist. Die Kunden kommen so zu kostenlosen Handstaubsaugern, Smart Watches oder Kosmetikprodukten. Die Hersteller erkaufen sich damit bessere Sichtbarkeit auf den Shopping-Portalen – Produkte mit besseren Bewertungen werden etwa von Amazon in den Such ergebnissen höher gereiht.
„Da ist etwas faul“
Konkrete Zahlen zu den Fake-Bewertungen existieren nicht, betroffene Unternehmen lassen sich nur ungern in die Karten schauen. Bis zu 400 Millionen Dollar will Amazon allein 2018 in die Bekämpfung dieser Problematik investiert haben, unter anderem wurde maschinelles Lernen eingesetzt, um die häufig computergenerierten Fake-Bewertungen auszusieben. Die Summe lässt immerhin erahnen, wie virulent die Betrugsversuche mit den User-Rezensionen mittlerweile geworden sind. „Selbstverständlich sind auch wir betroffen. Und zwar dann, wenn wir auf externen Plattformen verkaufen und dort mit Anbietern in Konkurrenz stehen, die ihre Bewertungen manipulieren“, sagt Daniel Infanger, der das internationale
12 — März 2020
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