retail | Q4 2021

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AKTUELL

NEUE REGELN FÜR DEN INTERNATIONALEN HANDEL Durch ein europäisches Lieferkettengesetz sollen Unternehmen Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards bei Zulieferbetrieben übernehmen. Text / Katharina Schmidt

Konsequenzen. Werden beim Kauf von Produkten für die Herstellung von Lebensmitteln oder auch Geräten – also in der Lieferkette – Menschenrechte oder Umweltstandards verletzt, soll das Folgen haben.

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VORBEREITUNG SINNVOLL Noch strengere Regeln sind in einem Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments vom 10. März 2021 mit Empfehlungen an die Kommission zur Sorgfaltspflicht und Rechenschaftspflicht von Unternehmen enthalten. Demnach sollen alle Unternehmen ungeachtet ihrer Größe für alle Stufen der Lieferkette die Verantwortung übernehmen. Anders als beim deutschen Gesetz sollen Unternehmen bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht nicht nur Bußgelder zahlen, sondern auch zivil- oder strafrechtlich haften. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag der EU-Kommission steht aber noch aus. Wann das europäische Lieferkettengesetz letztendlich in Kraft tritt, sei noch nicht klar, erläutert Patricia Grubmiller, Head of Legal beim Handelsverband. Sie rät Handelsunternehmen aber dazu, bereits jetzt eine erste Analyse ihrer Geschäfte auf potenzielle nachteilige Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt durchzuführen. Der Technologieanbieter CRIF wiederum hat im November 2021 eine neue Plattform vorgestellt, die es erstmals ermöglicht, Unternehmen nach ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) zu bewerten, zu zertifizieren und diese Information auch für Dritte zugänglich zu machen (mehr dazu auf Seite 11).

Foto / iStock

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chokolade, Kaffee, Bekleidung: Viele Konsumgüter für den europäischen Markt werden zumindest zum Teil in Ländern gefertigt, in denen soziale und ökologische Mindeststandards nicht oder nur unzureichend gewährleistet sind. Die Folgen sind etwa Umweltschäden sowie Zwangs- und Kinderarbeit in vielen produzierenden Staaten. So arbeiten laut Unicef, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, weltweit 79 Millionen Kinder unter gefährlichen oder ausbeuterischen Bedingungen – etwa auf Kakaoplantagen in Côte d’Ivoire oder auf Baumwollfeldern in Indien. Vor zehn Jahren hat der UN-Menschenrechtsrat Leitprinzipien verabschiedet, wonach sich Staaten und Unternehmen um die Einhaltung der Menschenrechte in der Lieferkette der von ihnen importierten Güter bemühen sollen. Immer öfter wird seither in einzelnen Staaten und auf Ebene der Europäischen Union über ein Lieferkettengesetz debattiert. Zuletzt hat etwa Deutschland Mitte Juni das „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ verabschiedet. Damit werden Unternehmen ab einer bestimmten Größe dazu verpflichtet, Verantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte und Umweltstandards in der Lieferkette zu übernehmen. Besonderes Augenmerk liegt hierbei auf dem eigenen Geschäftsbereich und beim unmittelbaren Zulieferer. Wird die Sorgfaltspflicht verletzt, drohen dem Unternehmen je nach Schwere des Verstoßes Bußgelder oder auch ein befristeter Ausschluss von öffentlichen Beschaffungsvorgängen.

/ Q4/2021


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