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UND WAS GENAU IST SO POSITIV AM BREXIT? Ob der Brexit für die Briten eine überwiegend positive oder negative Sache ist, wird sich erst in ein paar Jahren herausstellen. Aber so viel steht jetzt schon fest: Den Einzelhändlern, die britische Waren nach Österreich einführen, bereitet er jede Menge Kopfzerbrechen. Insbesondere den kleineren. Text / Harald Sager
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» Wir beobachten, dass sich größere Firmen tendenziell leichter dabei getan haben, sich auf die Veränderungen einzustellen. « Bronwen Moore Leiterin der Britischen Handelsabteilung in Österreich
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UM ZWANZIG JAHRE GEALTERT
Bürokratie. Neue Zollformalitäten erschweren Importe für Händler wie Macho Style nach Österreich.
Zollgrenze. Durch das Abkommen mit der EU sollten aber keine zusätzlichen Zölle und Steuern anfallen, sofern die Produkte den Ursprungsregeln entsprechen. „Aber die neuen Erfordernisse sind nicht für alle Produkte gleich“, ergänzt Bronwen Moore. „Bei vielen Lebensmitteln sind zusätzliche Dokumente vorgeschrieben, das wirkt sich auf den diesbezüglichen Handel aus.“
Johnny Szewczuk, der Bobby’s Food Store und zwei Pubs in Wien betreibt, kann das nur bestätigen – und zwar aus eigener leidvoller Erfahrung: „Als Lebensmittelshop führe ich eine Menge verschiedener Artikel. Die haben jetzt alle unterschiedliche Zollnummern und müssen dementsprechend verzollt werden. Das ist noch das geringste Problem, weil die meisten Waren aus dem Vereinigten Königreich null beziehungsweise nur fünf Prozent Zoll haben. Aber den Speditionen macht die Erfassung der zahlreichen unterschiedlichen Produkte je nach Zollnummer eine gewaltige Zusatzarbeit, die sie sich auch etwas kosten lassen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Vor kurzem habe ich eine Palette im Warenwert von 5.000 Euro erhalten. Der Zoll kostete nur 120 Euro, aber für die Verzollung musste ich der Spedition 1.080 Euro bezahlen: für mich eine Verteuerung von 20 Prozent über Nacht!“ Will heißen: gegenüber Prä-Brexit-Zeiten. Die Konsequenz für Johnny Szewczuk: Er kann die höheren Einkaufspreise nur zur Hälfte weitergeben, den Rest muss er selbst absorbieren; und er bestellt, um den Speditionsaufwand gering zu halten, kaum noch kleinere Mengen. Folgerichtig war er gezwungen, sein Sortiment von 2.500 auf nur noch 1.500 Artikel zu reduzieren. Wenn das nur das einzige Problem wäre. Szewczuk: „Die britischen Lieferanten / Q4/2021
Fotos / Picturedesk, Unsplash
eichter ist es durch den Brexit nicht geworden, das steht fest. Wenn man sich bei heimischen Einzelhändlern umhört, wie sich der Austritt Großbrittaniens auf ihre Arbeit ausgewirkt hat, schwankt der Tenor zwischen „Phase der Kinderkrankheiten“ und „Katastrophe“. Bronwen Moore, Leiterin der Britischen Handelsabteilung in Österreich, sieht das etwas cooler: „Die Hauptauswirkungen auf den österreichischen Handel sind die neuen Zollformalitäten, die aber oft vom Großhandel übernommen werden. Sofern zusätzliche Kosten entstehen, können sie an den Einzelhandel und letztendlich den Konsumenten weitergegeben werden. Wir beobachten, dass sich größere Firmen tendenziell leichter getan haben, sich auf die Veränderungen einzustellen.“ Die wichtigste Veränderung für den Import von Waren aus dem Vereinigten Königreich ist die Einführung einer