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Homeoffice für Anfänger

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Risikomanagement

Risikomanagement

Routiniert im Homeoffice

Ein Gastbeitrag von

Friederike Fabritius

Das Homeoffice hat in den vergangenen Monaten das Büro abgelöst. Viele Angestellte sind zu Hause sogar noch produktiver. Doch hat die Heimarbeit ihre Tücken. Besonders unser Gehirn braucht bestimmte Routinen, um nicht zu überhitzen. Hier sind acht Brain Hacks für einen erfolgreichen Arbeitstag in den eigenen vier Wänden.

Wo sind Sie am produktivsten? Im Homeoffice oder im Büro? Eine Studie der Stanford Universität ergab, dass Menschen, die im Homeoffice arbeiten, 13 Prozent produktiver sind. Diese Zahl erhöht sich auf 22 Prozent, wenn Menschen selbst entscheiden, ob sie aus dem Büro oder von Zuhause aus arbeiten möchten. Auffällig sind dabei große individuelle Unterschiede: Einige Menschen sind im Homeoffice produktiver, während andere weniger leisten als im Büro. Was können wir aus der Stanford-Homeoffice-Studie lernen? Das Homeoffice verbessert die Produktivität. Aber nur wenn man es richtig macht.

#1 Sorgen Sie für digitale Unterbrechungen

Vielen Menschen fällt es schwer, Grenzen zu ziehen, wenn das Zuhause zugleich das Büro ist. Was genau passiert, wenn Sie immer „on“ sind?

Das Gehirn schrumpft. Genauer gesagt, ein Bereich des Gehirns, der für die gezielte Steuerung von Aufmerksamkeit verantwortlich ist. Umso häufiger Sie auf Ihrem Handy zwischen verschiedenen Applikationen wechseln, desto mehr wird Ihr Gehirn geschädigt. Ihre Fähigkeit, sich zu konzentrieren, nimmt rapide ab. Der IQ sinkt um bis zu 10 Punkte. Sie machen 50 Prozent mehr Fehler und brauchen 50 Prozent länger, um eine Aufgabe zu erledigen. Sie fühlen sich gestresst und Ihre Laune ist am Boden.

Was können Sie dagegen tun? Wenn Sie sich einfach nur vornehmen, weniger Zeit am Handy zu verbringen, können Sie davon ausgehen, dass Sie es nicht tun werden. Warum? Jede Gewohnheit ist mit einer bestimmten Situation verknüpft. Daher hilft es, spezifisch zu sein: Erstellen Sie eine „Wenn-dann-Verknüpfung“. Diese Methode ist wissenschaftlich validiert und funktioniert für alle Bereiche des Lebens: „Wenn es 18 Uhr ist, dann …“ „Wenn ich mit meinen Kindern zusammen bin, dann ...“ „Wenn Wochenende ist, dann …“

Teilen Sie Ihre Verfügbarkeit Ihren Teams und Kunden mit, damit diese nicht in Panik geraten, wenn Sie einmal nicht direkt antworten.

#2 Bewegung schützt Sie vor

Stresshormonen

Die Auswertung der Daten von Fitness-Uhren haben gezeigt, dass sich Menschen im Lockdown weniger bewegen. Menschen treiben Sport meistens deswegen, um den Körper zu trainieren. Um das Gehirn fit zu halten, lösen sie wiederum Kreuzworträtsel oder Sudoku. Doch der effektivste Weg, das Gehirn zu trainieren, ist tatsächlich die körperliche Bewegung. Denn auch das Gehirn ist Teil des Körpers.

Wenn Sie sich bewegen, setzt Ihr Gehirn einen Cocktail aus Botenstoffen frei, die Ihre Leistung steigern. Dopamin hilft Ihnen, besser zu denken, besser zu lernen und erhöht

Ihre Motivation. Serotonin verbessert Ihre Laune und Ihren Schlaf. Das positive Stresshormon Noradrenalin gibt Ihnen einen Kick, wenn Sie sich träge fühlen.

Sport reguliert auch das Stresshormon Cortisol in Ihrem Körper. Das ist wichtig, weil zu viel Cortisol Ihr Gehirn buchstäblich schrumpfen lässt und Ihre Denk- und Lernfähigkeit beeinträchtigt. Nicht nur das: Der gesamte Körper gerät außer Balance. Die Entzündungswerte steigen und unsere Lebensqualität nimmt rapide ab. Wenige Dinge beeinträchtigen unsere Gesundheit wie chronischer Stress. Die Folge sind Bluthochdruck und eine Reihe anderer Erkrankungen. Experten schätzen, dass bis zu 90 Prozent aller Krankheiten durch Stress verursacht werden. Nichts steigert die Gehirnleistung so sehr wie Sport, und dennoch verbringen viele Menschen ihre Arbeitszeit bewegungslos vor einem Bildschirm. Aber wie genau können Sie also mehr Bewegung in Ihr Leben integrieren? Auch hier liegt der Schlüssel zum Erfolg darin, die neue Gewohnheit mit einer bestimmten Situation zu verknüpfen. Stellen Sie sich einen Timer und nehmen Sie sich immer nach einer Dreiviertel Stunde genau 15 Minuten Zeit, um sich zu bewegen. Nutzen Sie Telefonkonferenzen für einen Spaziergang. Sprechen Sie mit Ihrem

Team, während Sie auf Ihrem Heimtrainer sitzen. Machen Sie morgens einen Spaziergang, bevor Sie sich an Ihren Schreibtisch setzen.

#3 Entspannen Sie Ihr Gehirn

Von zu Hause aus zu arbeiten ist an sich nicht besonders stressig. Aber: Viele machen sich aktuell Sorgen um ihre finanzielle Zukunft oder ihre Gesundheit.

Die meisten Menschen versuchen, negative Emotionen mit Willenskraft zu kontrollieren. Das ist zwar möglich, aber schwierig. Nicht alle von uns haben das Potenzial zum buddhistischen Mönch. Hier ist ein viel einfacherer Tipp, der sofort funktioniert: Entspannen Sie Ihren Körper, und das Gehirn wird folgen. Körper und Gehirn sind verbunden. Wenn Ihr Körper entspannt ist, wird sich auch Ihr Gehirn entspannen. Es ist schwierig, Gefühle zu kontrollieren, aber um einiges einfacher, den Körper zu kontrollieren.

Hier ein paar Beispiele: Atmen Sie tief durch Nehmen Sie ein heißes Bad Nehmen Sie eine aufrechte Körperhaltung ein Lächeln Sie für ein bis zwei Minuten

Es ist nicht das Ziel, zwanzig Techniken zur Auswahl zu haben. Am besten ist es, wenn Sie eine Technik auswählen und täglich üben.

#4 Schlafen Sie routiniert

Die Zahl der rezeptpflichtigen Verschreibungen gegen Schlafstörungen ist zwischen Februar und März dieses Jahres um 15 Prozent gestiegen. Dieser Anstieg folgt auf fünf Jahre des Rückgangs. Was ist da los? Durch die Daueranspannung, ausgelöst durch die Corona-Krise und ihre Folgen, schütten Menschen verstärkt das Stresshormon Cortisol aus, das wiederum unseren Schlaf beeinträchtigt. Aber Ihr Gehirn braucht den Schlaf, um zu lernen. Während des Schlafes überträgt Ihr Gehirn Informationen vom Kurzzeit- zum Langzeitgedächtnis. Giftstoffe werden abtransportiert und das Gehirn erlangt seine neurochemische Balance zurück.

Was können Sie tun, um besser zu schlafen? Der einfachste Weg, um Ihren Nachtschlaf zu verbessern, ist Stressreduktion am Tag. Dennoch gibt es ein paar zusätzliche Dinge, die Sie tun können. 1. Halten Sie sich an einen Rhythmus: Haben Sie einen Wecker zum Aufstehen? Richten Sie einen zweiten Wecker ein, der Sie daran erinnert, rechtzeitig ins Bett zu gehen. 2. Bewegen Sie sich. Menschen, die sich viel bewegen, schlafen besser. 3. Meiden Sie Koffein, Nikotin und Alkohol, insbesondere nach 16 Uhr. 5. Halten Sie Ihr Schlafzimmer dunkel, kühl und frei von

Bildschirmen. 6. Bekommen Sie genug Licht? Schon 3060 Minuten Tageslicht am Morgen haben einen positiven Effekt auf unseren

Schlaf.

#5 Sagen Sie regelmäßig auch mal „nein“

Wie gelingt es zu arbeiten, wenn kleine Kinder im Haus sind? Ich kenne diese Herausforderung, weil ich fünf Kinder habe, allesamt jünger als 8 Jahre.

Viele Menschen fragen mich: Wie schaffen Sie das alles?

Mein Geheimnis? Ich schaffe nicht alles. Mein Erfolg begründet sich in all den Dingen, die ich nicht mache. Ich habe drei bis fünf Prioritäten im Leben und meine Antwort auf alle anderen Anfragen lautet: „Nein.“ Setzen Sie Grenzen und managen Sie die Erwartungen anderer. Nein zu sagen ist eine Fähigkeit, die Sie lernen können.

#6 Suchen Sie Körperkontakt und Sinn

Wir sind soziale Wesen. Einsamkeit beeinträchtigt unsere geistige Gesundheit und kann sogar unsere Lebensdauer um acht Jahre verkürzen. Wussten Sie, dass die Forstdienste in Island einsame Menschen dazu ermutigten, während des Lockdowns einen Baum zu umarmen? Das mag verrückt klingen, aber die Strategie ist wissenschaftlich fundiert. Egal ob Sie ein Haustier, einen Baum oder Ihren Ehepartner umarmen. Es funktioniert. Bei körperlicher Berührung werden die Botenstoffe Dopamin, Serotonin und Oxytocin freigesetzt. Sie bekommen einen sofortigen Wohlfühlschub und Angstzustände werden reduziert.

Wenn körperlicher Kontakt keine Option für Sie ist, funktioniert Folgendes für alle: Sinnhaftigkeit. Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die ein sinnerfülltes Leben führen, niedrigere Entzündungswerte aufweisen. Es lohnt sich zu wissen, warum Sie morgens aufstehen.

#7 Führen Sie Telefon- statt

Videokonferenzen

Warum sind virtuelle Meetings so anstrengend? Videokonferenzen aktivieren den Bedrohungsmodus in Ihrem Gehirn. Starren Sie wildfremden Menschen in die Augen, wenn Sie in einen Aufzug steigen, oder schauen Sie auf den Boden? In Web-Meetings kann es leicht zu einer „visuellen Überreizung“ kommen, denn das Gehirn verarbeitet große Gesichter als eine mögliche Bedrohung.

Was können Sie dagegen tun? 1. Verkürzen Sie die Standardlänge von Meetings auf fünf bis 45 Minuten. 2. Setzen Sie auf Telefon statt Videokonferenzen. Für Ihr

Gehirn ist weniger mehr. 3. Erlauben Sie Teilnehmern, die VideoFunktion zu deaktivieren, je nach persönlicher Präferenz.

#8 Planen Sie Einzelmeetings nur für sich

Letzte Woche sprach ich mit einem meiner Klienten: Er sagte: „An einem guten Tag habe ich ungefähr 10 Videokonferenzen. An einem schlechten Tag sind es bis zu 15.“ Ist das unsere neue Normalität? Hierfür gibt es eine einfache Lösung. Planen Sie ein Einzelmeeting nur für sich: Blockieren Sie Ihren Kalender, beseitigen Sie Ablenkungen und nehmen Sie sich Zeit für das, was wirklich wichtig ist.

Die Neurowissenschaftlerin Friederike Fabritius hat beim Max-Planck-Institut für Hirnforschung gearbeitet und war bei McKinsey im Management Consulting tätig. Die 39-jährige Speakerin ist Lead-Autorin des Buchs „The Leading Brain. Neuroscience Hacks to Work Smarter, Better, Happier“.

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