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BPM-Berufsfeldstudie
Personalfunktion in der Transformation
Status quo und Entwicklungen: Die diesjährige Berufsfeldstudie des BPM stand deutlich im Zeichen der Corona Krise. In Konsequenz verändern sich radikal die thematischen Prioritäten und auch die Anforderungen an die Personalfunktion.
Die Berufsfeldstudien sind eine Tradition des BPM, seit 2010 wird in kurzen Zyklen eine Vermessung der eigenen Profession vorgenommen. Die diesjährige, nunmehr vierte Studie wurde erstmalig in Kooperation mit der DGFP durchgeführt. Branchenübergreifend haben sich über 1.500 Personalmanager/innen im Juli dieses Jahres beteiligt.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Prioritäten in der Personalfunktion im Kontext der sog. Corona-Krise in der Mehrheit (55%) stark verschoben haben. New Work, also die Neu-Gestaltung von bestehenden Arbeits- und Wertschöpfungsprozessen, ist zum Thema Nr. 1 avanciert, dicht gefolgt von den Themenfeldern Digitalisierung von HR-Prozessen sowie Change-Management. An vierter Stelle folgt die Interne Kommunikation; dies wurde dann besonders stark priorisiert, wenn die Personalfunktion auf GF- bzw. Vorstandsebene verankert ist. (Abb. 1)
Abb. 1: Auswirkungen der Corona-Krise: Veränderte Prioritäten auf einen Blick
VOR CORONA:
Recruiting
Talent Management & Personalentwicklung
Digitalisierung von HR-Prozessen & HR Analytics
Change Management / Organisationsentwicklung
Employer Branding
Weiterentwicklung der Unternehmenskultur
Learning & Education
Performance Management
Interne Kommunikation
Arbeitsorganisation / New Work
Gesundheitsmanagement
Stellenabbau / Outsourcing
Organisationsdesign
Retention Management SEIT CORONA
Arbeitsorganisation / New Work
Digitalisierung von HR-Prozessen & HR Analytics
Change Management / Organisationsentwicklung
Interne Kommunikation
Stellenabbau / Outsourcing
Gesundheitsmanagement
Weiterentwicklung der Unternehmenskultur
Talent Management & Personalentwicklung
Learning & Education
Performance Management
Recruiting
Organisationsdesign
Employer Branding
Retention Management +9
+1
+1
+5
+7
+5
−1
−6
−2
−2
−10
+1
−8
±0
Der Einfluss der Personalfunktion auf strategische Entscheidungen bleibt jedoch weiterhin (zu) gering. So gab weniger als jeder Dritte (nur 29%) an, dass der HR-/People&Organization-Bereich (P&O) am Strategieprozess beteiligt ist und nur knapp die Hälfte (48%) attestierte sich selbst, die eigenen Ziele in der Organisation erreichen zu können. Selbstverständlich steht dies in Beziehung zur aufbauorganisatorischen Verankerung der Personalfunktion, denn die Ergebnisse bestätigen auch, dass je höher die Personalfunktion verankert ist, deren strategischer Einfluss stärker ausgeprägt ist. Hier sind seit der letzten Berufsfeldstudie 2017 keine Veränderungen festzustellen, demnach ist die Verankerung des HR-Bereichs als zentrale Einheit direkt unter der Leitungsfunktion mit 82% am meisten verbreitet; in Unternehmen mit 500 bis unter 5.000 Mitarbeiter sogar zu 87%. Bei einem Zehntel der Befragten ist die Personalfunktion als dezentrale Organisationseinheit auf nachgelagerten Hierarcheebenen verortet.
Einflussreiche HR-Einheiten zeichnen sich durch Agilität und digitale Tools aus
Die Studie zeigt auch, dass einflussreiche HR-Bereiche deutlich stärker digitale Kollaborations-, Management- und Kommunikations-Tools einsetzen. So nutzen gut zwei Drittel der HR-Abteilungen in Großunternehmen agile Arbeitsmethoden und Tools, in kleinen Unternehmen ist dies nur bei jedem Dritten der Fall. Effektive und agile HR-Bereiche attestieren sich deutlich mehr Einfluss. So zeigen die Ergebnisse hoch signifikante Unterschiede zwischen einflussreichen und (sich selbst attestierenden) nicht einflussreichen HR-Bereichen: Erstere reagieren schneller auf veränderte Anforderungen, führen Prozesse in der erforderlichen Geschwindigkeit durch und vermeiden unnötige Doppelarbeiten. (Abb. 2)
Purpose-Definition ist zunehmend etabliert
Einer der sieben BPM HR-Trends 2020 ist das Thema Purpose, also die Definition und Kommunikation des Organisationszwecks. Dies wird durch die Studienteilnehmer/innen bestätigt, denn 47% gaben an, dass ihre Organisation einen Purpose definiert hat und weitere 13% dies derzeit planen. Bei knapp der Hälfte dieser Organisationen (23%) hatte die HR-Einheit eine steuernde Funktion in der Entwicklung. In kleinen Unternehmen (weniger als 500 Mitarbeiter) haben 35% einen Purpose und sogar weitere 17% beabsichtigen dies zu tun. Stärker ist dies bei Großunternehmen ausgeprägt (mindestens 5.000 Mitarbeiter), denn hier sind es be-
Abb. 2: Performance
Fragen: Wie bewerten Sie die Performance Ihrer Organisationseinheit? Wie stark ist der Einfluss der P & O bzw. HR auf strategische Entscheidungen der Gesamtorganisation?
Auf veränderte Anforderungen können wir schnell reagieren.**
39% 61%
Wir können alle Prozesse in der erforderlichen Geschwindigkeit durchführen.**
39% 61%
Unsere Organisationseinheit erbringt Leistungen mit einem geringen Zeit- und Ressourcen-Aufwand.
35% 65%
Es kommt immer wieder zu unnötigen Doppelarbeiten.**
26% 74%
Fragen 12 und 26 (nmin = 263). **Hoch signifikante Unterscheide (Chi2-Test; p ≤ 0.01).
Einflussreiche HR/P&O-Einheiten Sonstige HR/P&O-Einheiten
reits 59% (vorhanden) und 13% (in Planung). Unterschiede zeigen sich auch hinsichtlich der Kapitalmarktorientierung, denn bei börsennotierten Unternehmen ist ein Purpose bei 56% und bei nicht-börsennotierten Unternehmen zu 42% vorhanden.
Und noch etwas war überraschend – die ausgeprägte Wechselbereitschaft. So gaben 54% der Teilnehmer/innen an, in den nächsten zwei Jahren einen Karriereschritt anzustreben. 47% beabsichtigen dies innerhalb und nur 7% außerhalb des HR-Bereichs zu tun. Und nahezu ein Viertel (23%) beabsichtigt dies außerhalb der eigenen Organisation umzusetzen.
Dies sind erste Erkenntnisse aus der Berufsfeldstudie 2020. Die Gesamtergebnisse werden aktuell zusammengefügt und sind im November auf der BPM-Internetseite kostenlos abrufbar.
Prof. Dr. René Sadowski ist Engagement Leader bei Egon Zehnder. Dr. Melanie Baier ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Quadriga Hochschule Berlin. Dr. Katharina Herrmann ist Personaldirektorin bei Hubert Burda Media & Vizepräsidentin des BPM. Prof. Dr. Jörg K. Ritter ist Professor für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Personal- und Organisationsentwicklung an der Quadriga Hochschule Berlin & Senior Advisor bei Egon Zehnder.