Intelligente Gebäude
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Extra 7/2017 Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik
Editorial
Null Energie und Ravioli D
as vorliegende «Extra 2017», die diesjährige Gemeinschaftsausgabe von HK-Gebäudetechnik und ET Elektrotechnik, ist wiederum dem Thema «Intelligente Gebäude» gewidmet. Die Intelligenz wird meistens der Gewerke-verbindenden Gebäudeautomation zugeordnet. Jede Lösung für eine einzelne Gebäudekomponente kann aber ebenso für sich allein intelligent sein. Auch das Planen und Bauen soll intelligent erfolgen, also effizient und jeder Schritt im idealen Zeitpunkt. Planen und Bauen mit BIM (vgl. Umfrage Seite 95) kommt auch in der Schweiz immer mehr in Fahrt. Unserer BIM-Umfrage zeigt: Die Interessensgemeinschaft «Bauen digital Schweiz» arbeitet aktuell mit Hochdruck an der Definition eines schweizweit brauchbaren Datenformat-Standards, nach dem die Bauteilkataloge dann einheitlich aufgebaut werden können. Gemäss neusten Einschätzungen des britischen Energiekonzerns BP wird die globale Energienachfrage bis 2035 um ca. 30 Prozent steigen (vgl. Hintergrund-Artikel Seite 103). Der Verkehrssektor (PKW, LKW, Schiffe, Flugzeuge) wird weiterhin der bedeutendste Verbraucher von Öl bleiben. Sein Anteil am weltweiten Verbrauch soll 2035 bei nahezu 60 % liegen. Ich hoffe aber doch, dass der dabei angenommene weltweite Elektrofahrzeug-Anteil an der globalen Fahrzeugflotte von nur 5 % übertroffen wird. Natürlich ist die Sichtweise von BP die eines grossen Energiekonzerns, der sich aus Eigeninteresse nicht so schnell aus dem Markt der fossilen Energien zurückziehen will. Ziemlich nach dem Motto «mal grob weiter wie bisher». Immerhin: sogar nach den Einschätzungen von BP liegt die Erhöhung der Energienachfrage wesentlich unter dem Wachstum des globalen Bruttoinlandsprodukts, ist gegenüber früheren Meinungen also klar entkoppelt vom Wirtschaftswachstum. Dies vor allem dank steigender Energieeffizienz durch technologische Verbesserungen. Der Kohleverbrauch soll um 2025 seinen Höchststand erreichen. Und ab 2030 soll der grösste Teil des Nachfragewachstums nicht mehr als Treibstoff für den Verkehr verbraucht werden, sondern für die Herstellung von Kunststoffen oder anderen Produkten. Auch der neuste Energy Outlook 2035 von BP passt offensichtlich nicht zum Pariser Klimaabkommen vom Dezember 2015, in dem sich die internationale Staatengemeinschaft zu mehr Klimaschutz verpflichtet hat. Das Abkommen trat knapp ein Jahr nach der Verabschiedung in Kraft und wurde bereits von etwa 150 der 197 Vertragsstaaten ratifiziert.
Wie können die Widersprüche zwischen Energy Outlook 2035 von BP, also heutiger Realität inklusive dem bequemen Wunsch «weiter wie bisher» und dem Klimaabkommen verkleinert werden? Verliert die Welt weitere wertvolle Jahre, indem das lästig-fossile Klimaproblem lieber verdrängt als die unausweichliche Herausforderung entschlossen angenommen wird? Gelingt es der Politik, weltweit und für jedes einzelne Land geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, sodass noch rechtzeitig wirksame Massnahmen im Sinne des Klimaabkommens umgesetzt werden? Im Gebäudebereich gibt es viele überzeugende Lösungen, die bereits heute realisiert werden können, ohne dass dafür zuerst politische Mehrheiten gefunden werden müssen. Dieses Heft enthält einige Beiträge mit konkreten Beispielen für zukunftsfähige Lösungen in verschiedenen Bereichen der Gebäude- und Elektrotechnik. Wir haben schon über viele Nullenergie- bzw. Plusenergie-Gebäude in der Schweiz berichtet. Im Artikel ab Seite 12 wird das «Aktivhaus B10» in Stuttgart vorgestellt. Es ist ein Beispiel für konsequent nachhaltiges Bauen und erzeugt doppelt so viel Strom aus nachhaltigen Energiequellen wie es selbst benötigt. Das gilt in der Jahresbilanz. Für die Gesamtlösung «Sommer und Winter» sind zusätzlich effiziente Saisonspeicher nötig. Für die Stromversorgung zeigt das PSI: wenn die Schweiz optimal in den europäischen Strommarkt integriert wird, kann sie viel beitragen im Bereich der Speichertechnologien. Und: ein Alleingang der Schweiz würde rund das Doppelte kosten (vgl. Artikel Seite 106). Und was hat es mit den Ravioli auf sich? Das erklärt uns René Senn in seinem kritischen Beitrag ab Seite 4: man soll nicht übertreiben mit der Digitalisierung, wieder vermehrt auf die wirklichen Bedürfnisse des Kunden eingehen und sich immer wieder fragen: Ist das technisch Machbare im konkreten Fall auch nützlich?
Peter Warthmann, Chefredaktor
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2017
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Inhaltsverzeichnis
4 – 51 Intelligente Gebäude Die Digitalisierung ist längst in unseren Gebäuden angekommen. Im Wohnbau sprechen wir vom Smart Home, im Zweckbau von Gebäudeund Raumautomation oder umfassender auch von Building Automation. Die Digitalisierung ermöglicht es, ein Gebäude dank Vernetzung unterschiedlicher Gewerke energieeffizient sowie wirtschaftlich zu betreiben und bietet den Benutzern mehr Komfort und Sicherheit. (Bild: Jürg Altwegg)
54 – 58 Fernwärme im Jura Das Fernwärmenetz Pruntrut entstand aus bescheidenen Anfängen und wird bald zwei Drittel des Wärmebedarfs der Kleinstadt decken. (Bild: Manuel Fischer)
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Inhaltsverzeichnis
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Videotechnik
Die Videoüberwachungstechnik gewinnt als technischer Baustein im Gebäude oder im öffentlichen Raum an Bedeutung. Moderne Systeme ermöglichen neben der reinen Beobachtung und Dokumentation sicherheitsrelevanter Vorgänge eine gezielte Detektion und Analyse von Ereignissen. Sämtliche Bilder können dabei an einer oder mehreren Überwachungsstationen dargestellt werden. Zusammen mit Gefahrenmelde- und Überwachungstechniken ermöglicht die Videotechnik eine umfassende Lagebeurteilung. (Bild: istockphoto.com)
Intelligente Gebäude 4 Die Digitalisierung ist wie eine Büchse Ravioli 8 Ein zentrales Nervensystem für Gebäude 12 Null Energie, null Emissionen und Rückstände 20 Smarte Vernetzung über Funk und Stromleitung 30 Grundlagen der Videoüberwachung 38 Brandmeldeanlagen – einfach bis anspruchsvoll 41 Sicherheit durch automatische Funktionskontrolle 42 Intelligente Strukturen für intelligente Gebäude 44 Ein aussergewöhnliches Hotel 47 Kommunikationsmodule für 3G-«UMTS»-Technik 50 Energiegesetz umgesetzt
Gebäudetechnik 52 «Wasser und Sonne nicht gegeneinander ausspielen» 54 Fernwärme aus einheimischen Quellen 59 Mikro-BHKW produziert viel Strom und wenig Abgase 64 Integrale Steuerung für Photovoltaikanlagen 68 Grundwasser als Wärmequelle für nachhaltige Heizungslösung 72 Neue Vorschriften zu Radon 77 Komfortlüftung im Mehrfamilienhaus 82 Fachfirma für Lüftungsreinigung und Raumlufthygiene 84 Vorstoss in Nanowelten 88 Wasserschäden im Haus müssen nicht sein
Building Information Modeling (BIM) 91 Fachtagung: Gebäudetechnik digital und modular 95 Umfrage: Planen und Bauen mit BIM
Hintergrund 103 Der lange Weg zu einer globalen Energiewende 106 Strom für die Schweiz
Aus- und Weiterbildung
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Radon: Neuer Referenzwert 300 Bq/m3 in Gebäuden Die ganze Schweiz ist ein Radonrisikogebiet. Die neue Strahlenschutzverordnung tritt 2018 in Kraft, was auch auf dem Bau zu Neuerungen führen wird. (Bild: istockphoto.com)
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108 23 Aufgaben zum Thema Gebäudeautomation 110 Was bedeutet das neue Ausbildungskonzept des VSEI? 111 Weiterbildungen im Umbruch der Digitalisierung 112 Aus- und Weiterbildung, Stellenanzeigen US3 Stellenanzeigen, Impressum
Zum Titelbild:
B10, das nachhaltig gebaute Projekthaus in Stuttgart, produziert mehr Energie als es verbraucht, verursacht keine Emissionen und kann vollständig in den Stoffkreislauf zurückgebaut werden. (Ausführlicher Artikel auf Seite 12)
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Intelligente Gebäude
Intelligente Gebäude: Ist das technisch Machbare im konkreten Fall auch nützlich?
Die Digitalisierung ist wie eine Büchse Ravioli Die Digitalisierung erobert zurzeit die Welt, Europa und damit auch die Schweiz. Internet of Things (IoT), Industrie 4.0 und BIM sind in aller Munde. Die Digitalisierung eröffnet neue Chancen, kann uns aber auch zum gläsernen Kunden machen. Für die Transformation sollten wir uns weiterbilden, die Kundenbedürfnisse beachten und uns vor allem Zeit lassen.
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ie Digitalisierung ist längst in unseren Gebäuden angekommen. Im Wohnbau sprechen wir vom Smart Home, im Zweckbau von Gebäude- und Raumautomation oder umfassender auch von Building Automation. Die Digitalisierung ermöglicht es, ein Gebäude dank Vernetzung unterschiedlicher Gewerke energieeffizient zu betreiben und für den Nutzer ein Wohlfühlklima zu schaffen. Zusätzlich soll das Gebäude Daten sammeln, das heisst dem Betreiber ein Regelinstrument liefern, anhand dessen er das Verhalten des Gebäudes und den Einfluss der Gebäudeautomation besser kennenlernen und es noch effizienter betreiben kann. Die Entwicklung der dafür nötigen Technik verläuft mittlerweile rasend schnell. Bestehende Produkte werden laufend verbessert, neue
am Laufmeter entwickelt. Ihre Anbindung und Vernetzung innerhalb des Gebäudes über Intranet oder für den Zugang von aussen auch über Internet sind Teil der Entwicklung. Ob wir es wollen oder nicht.
Steht der Kunde wirklich im Fokus? Bei all dieser Dynamik in der Produktentwicklung darf der Nutzer nicht aus den Augen gelassen werden. Die Digitalisierung ist nicht einfach nur etwas Tolles. Nein, sie birgt auch neue Gefahren. Eine davon ist, dass sie am Kunden vorbei entwickelt wird, dass die Hersteller am technisch Machbaren herumtüfteln und sich nicht fragen, was für den Kunden wirklich nützlich ist. Dies lässt sich mithilfe einer Analogie zu Ravioli einfach und kurz erklären: Ravioli können einer-
Gourmet-Automation oder aus der Dose. Der Kunde entscheidet, der Kenner erkennt die Bedürfnisse.
seits eine sehr einfache Mahlzeit aus der Dose sein oder als Gourmetmenu zubereitet werden. Es kommt auf die Bedürfnisse der Esser an. Ich kann mich noch sehr gut an die Augen meines sechsjährigen Sohnes erinnern, als er in einem ziemlich exklusiven Restaurant im Tessin an wundervoller Aussichtslage nur vier oder fünf Ravioli in seinem Teller vorfand. «Und was ist mit dem Hunger, Papa?», fragte er leicht verzweifelt. Auch für mich war es nicht einfach. Ich kann ja nicht drei solcher Portionen bestellen, bis mein hungriger Sohn endlich satt ist. Fazit: Dienstleistung, Preis, Leistung und Erwartung des Kunden stimmten hier nicht überein. Billige Ravioli aus der Dose hätten hier bessere Dienste geleistet. Die Bedienung war nicht aufmerksam genug, dies zu erkennen, und
hat sich eventuell um die Chance gebracht, meinen Sohn als Erwachsenen wieder zu bewirten. Viel eher wird er mit seinen Kindern einen grossen Bogen um dieses Restaurant machen. Aber zurück zur Gebäudeautomation. Auch hier gibt es die passende Auswahl. Gourmet-Ravioli, das heisst hochwertige Bussysteme und Dosen-Ravioli, online bestellbare Plugand-Play-Systeme, wie zum Beispiel Sprachsteuerungen. Diese sind im Moment der absolute Hype. Sie können für ältere oder behinderte Menschen ein Segen sein, der sie etwas unabhängiger macht: auf Zuruf eine Türe öffnen, ein Fenster schliessen, eine Jalousie steuern oder das Licht dimmen. Aber brauchen auch «Normalos» Sprachsteuerungen, oder will der Hersteller nur beweisen, dass er in der Lage ist, sie zu entwickeln? Ich behaupte deshalb an dieser Stelle: Unterschiede zwischen der Gebäudetechnik und einer Büchse Ravioli gibt es keine. Es gibt Feinschmecker- und Discounter-Ravioli in verschiedensten Variationen. Oder selbstgemachte. Und es gibt das Smart Home oder das Gebäudetechnik-System aus der Dose, aber es gibt auch die speziell für den Kunden zubereitete Technik.
Ausbildung wichtiger denn je Wie aber schaffen wir es, dem Kunden die richtigen Ravioli zum richtigen Zeitpunkt zu servieren? Durch Flexibilität und Weiterbildung. Die Branche ist gefordert, sich mit aktuellen, neuen und digitalen Produkten ernsthaft auseinanderzusetzen. Dies braucht Mut und Ausdauer. Nur so schaffen es Planer und Installateure, sich frühzeitig in einem Bauprojekt mit den effektiven Bedürfnissen der Kunden auseinanderzusetzen, um ihnen passende Lösungen zu bieten. Nur mit Ausund Weiterbildung sind sie in der Lage, Nachhaltigkeit und Sicherheit eines Systems zu evaluieren und diejenigen Funktionen zu installieren, die der Kunde erwartet, aber nicht mehr. Wenn die Lösung auch noch bezahlbar ist, ist das Kundenbedürfnis optimal abgedeckt. Und genau das muss das Ziel unserer Branche sein. Denken Sie doch daran, wenn Sie das nächste Mal eine Büchse Ravioli öffnen.
Wie viel darfs denn sein? Eine weitere Ravioli-Analogie ist die der Menge. In Militärzeiten durfte ich einer ganzen Kompanie Ravioli ausgeben. Mit dem Effekt, dass ich am Schluss selber keine Ravioli mehr sehen konnte. Noch heute höre ich mit Gruseln ihr Flutschen in die nicht immer sauberen Teller, Gamellen und sonstigen Behältnisse. Auf die Gebäudeautomation übertragen heisst dies, dass wir kurz vor der digitalen Übersättigung stehen. Jeder wird bei diesem Thema zum Experten, selbst wenn er zu analogen Zeiten nicht wusste, wie etwas genau funktionierte. Digital scheint alles irgendwie einfacher. Das Thema ist aber so omnipräsent, dass es zu Widerständen in der Branche und bei den Kunden führen könnte. Die Übersättigung können wir eventuell mit den richtigen Argumenten verhindern. Denn die Digitalisierung bringt für die Kunden viele sehr sinnvolle Dinge. Herauszufiltern, welche es sind und welche nicht, braucht Engagement. Timo Allemann von Fischer Architekten formulierte es an der Smart Home-Tagung 2012 treffend: «Etwas Intelligentes zu entwickeln, braucht Innovation und Forscherdrang. Wird etwas als wirklich intelligent wahrgenommen, dann
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rade jemand ihren Namen sagt, auch noch Echo Look vor, der zusätzlich mit einer Kamera ausge010101 rüstet ist. Und Apple sprang an der 010101 11010 Entwicklerkonferenz vom Juni 2017 01010101 10101010101 10101010101 mit dem HomePod auf diesen Zug 1010101011101 01010101010101 01010101010101 1010101010101110 auf. Die Süddeutsche Zeitung 10111010101010101010 011010101010101010101 schrieb zu diesem Thema in ihrer 011010101010101010101 0101010101010101010101110 10101010101010101000101010101 Ausgabe vom 1. Juni kritisch: 101011010101010101010101 101011010101010101010101 00101011101010101010101010101010 «Smart Homes erinnern immer 101010101010101010111010101010101010 010 10101011010101010101010101 10101011010101010101010101 mehr an Strafvollzug. Amazon 1011010101000111010101010101010101010101010 01010101010101010101010101110101010111010101010 bringt mit Echo Look ein Gerät auf 0101010101011010101010101010101 0101010101011010101010101010101 den Markt, das immer zuhört und 01010101010101011010101010101010101 01010101010101011010101010101010101 Eine Unmenge an Daten wird das Smart Home oder die Gebäudeautomation liefern. Wissen wir, wie immer zusieht. Was macht diese damit umgehen? 101010101010101011010101010101010101 101010101010101011010101010101010101 Dauerüberwachung mit einer GeHadeckt es einen Bereich am Rande vorstellen, dass nach einem 10101010101010101011010101010101010101 sellschaft?» Es scheint im Moment, 10101010101010101011010101010101010101 des für uns Vorstellbaren ab. Intelli- cker-Angriff der Sicherheitsgedanke als hätte die Menschheit nur da10101010101010101011010101010101010101100 10101010101010101011010101010101010101100 in der Branche wieder mehr an Begent ist immer auch pionierhaft.» rauf gewartet, sich freiwillig abhö100101100101010100111001011001101100110011001 sinkt Klar, die100101100101010100111001011001101100110011001 Zukunft ist digital, das deutung gewinnt. Offenbar ren zu lassen. ist unbestritten. Aber die rasante aber unser Instinkt für diese GefahEin weiteres extremes Beispiel Entwicklung birgt die Gefahr, dass ren mit zunehmender Digitalisiefür diesen Trend ist IFTTT, was so zwei Dinge auf der Strecke bleiben. rung. Zu verlockend sind die Angeviel bedeutet wie If This Than That. Erstens, wie bereits erwähnt, das bote und die angepriesenen VorteiIFTTT kann Daten unterschiedlicher Kundenbedürfnis, und zweitens die le. Noch vor rund 15 Jahren, als erste Geräte miteinander vergleichen und Integratoren begannen, Webcams Nachhaltigkeit. dadurch eine Aktion auslösen. Was an Gebäuden zu installieren, war sich im ersten Moment spannend Freiwillig im Big-Brother-Haus? die Aufregung gross. Was passiert, anhört, benötigt aber alle unsere Mit Nachhaltigkeit ist in gewissem wenn plötzlich jemand Fremdes Daten. So verbindet sich zum BeiSinn auch die Sicherheit gemeint. auf diese Kameras zugreift? spiel mein Smart Home mithilfe Heute scheint dies vergessen, Wenn alles mit dem Intranet oder von IFTTT mit meinem BMW. Wenn gar mit dem Internet verbunden wir können, um bei den Ravioli zu ich damit in die Nähe meines Hauwird, sind Gebäude von aussen ein- bleiben, vegane, gluten- und lakses komme, schaltet sich das Licht facher angreifbar, als wenn sie au- tosefreie Variationen kaufen, das ein oder das Wasser für die Badetark funktionieren. Ich möchte heisst Produkte wie die kleine Kawanne wird schon mal eingelassen, nicht den Teufel an die Wand ma- mera von Netto, die laufend Bilder natürlich in meiner Wohlfühl-Temlen, aber weshalb sollte es nicht auf von allen Gästen aufnimmt und peratur. Das Negative daran ist, einmal für Hacker interessant wer- mich per SMS informiert, wenn dass ich IFTTT ständig meinen den, wenn eine grosse Anzahl von meine Lieben nach Hause kommen. Standort liefere und es auch weiss, Gebäuden über eine gewisse Tech- Auch Amazon stellte kürzlich neben ob ich zu Hause bin oder nicht. Eine nologie verfügt? Ich könnte mir gut Alexa, die ja ständig lauscht, ob gespannende Information für alle mit krimineller Energie. Zudem laufen die Daten über zentrale Server, die oft in den USA stehen. Was damit passiert, wissen wir nicht. Und wir liefern sie kostenfrei und geben gewitzten Firmen jede Gelegenheit, daraus Profit zu schlagen. Wollen wir das? Netatmo zum Beispiel hat sich so ein weltweites Netz von Tausenden Wetterstationen in über 175 Ländern aufgebaut und musste nicht eine einzige davon installieren oder kaufen. Vor einigen Jahren war so etwas noch undenkbar, heute ist es dank Digitalisierung und intelligenter Vernetzung ein Business-Modell. Leider können uns die Experten, die solche Geräte vertreiben, nicht Auf den Komfort vernetzter Gebäudetechnik kann heute nicht mehr verzichtet werden.
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Intelligente Gebäude
technisch machbar
Sicherheit
Komfort
finanzierbar
Der Kunde und seine Bedürfnisse
sinnvolle Gesamtlösung
Optimum
nachhaltig
Stand der Technik
stehen im Zentrum flexibel, adaptierbar
langlebig
wirklich sagen, wie sicher die gesammelten Daten sind. «So sicher wie auf dem digitalen Bankkonto», wird oft versichert. Aber stimmt und genügt das? Bis wir es wissen, tun wir wohl gut daran, nicht voll auf die digitale Schiene zu setzen, sondern die Hoheit über unser eigenes System zu wahren.
Auswertung von Daten Die Digitalisierung bringt uns zudem einen riesengrossen Haufen Daten. In grossen Gebäuden können Unmengen von Energie-, Verbrauchs- und Status-Daten anfallen. Je mehr Gebäude jemand besitzt, desto mehr könnte er aus diesen Daten herauslesen und damit den Gebäudebetrieb optimieren. Aber ist das überhaupt machbar? Stellen wir uns vor, wir hätten die Energieverbrauchsdaten im Viertelstunden-Rhythmus der letzten 20 Jahre von 20 zwanzigstöckigen Gebäuden … Wer kann damit etwas anfangen? Watson von IBM könnte es. Watson kann aus Milliarden von Datensätzen kognitiv Dinge herausfiltern, strukturierte und unstrukturierte Daten verarbeiten, die richtigen Informationen aus Datensätzen und anderen Dokumenten hinzuziehen und dann fundierte Empfehlungen abgeben. Und Watson lernt, er wird immer gescheiter, je mehr Daten er erhält, das ist sein Schlüssel zum Erfolg. Er könnte also die Gebäudedaten auswerten, wenn ihm jemand die Aufgabe stellen würde. Wir Menschen müssen aber
einfach zu bedienen
zuerst lernen, mit diesen enormen Datenmengen umzugehen.
Lernen braucht Zeit Auch die Höhlenmenschen mussten lernen, ihre Werkzeuge richtig einzusetzen, sonst wären sie verhungert. Der Übergang, beziehungsweise die Evolution vom Mammutjäger zu den Dosen-Ravioli brauchte unendlich viel Zeit. Zeit ist auch der Schlüsselfaktor bei der Digitalisierung. Obwohl Zeit Geld ist, sollten wir viel davon in neue digitale Lösungen investieren, die echte Kundenbedürfnisse erfüllen und nicht einfach für das technisch Machbare stehen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die digitale Transformation ihre Zeit braucht, damit sie nachhaltig ist. Deshalb sollten wir vielleicht besser von digitaler Evolution sprechen. Das Tempo der Evolution entspräche dem Mensch besser als die derzeitige Hyperdynamik der digitalen Entwicklung. Kurz gesagt: Wir müssen dem Digitalen Zeit lassen, sich nachhaltig zu entwickeln, und dem bisher analog denkenden Menschen die Zeit, sich daran zu gewöhnen und zu verstehen, was passiert. ■
Infos Autor: René Senn, www.raumconsulting.ch
Der Kunde und seine Bedürfnisse und Ziele müssen wieder vermehrt im Zentrum der Lösung sein.
Digitalisierte Gebäude
Ein zentrales Nervensystem Vernetzt, energieautark, anpassungsfähig und vor allem intelligent – so soll das Gebäude der Zukunft sein. Durch die voranschreitende Digitalisierung in der Gebäudetechnik wird diese Vision schon bald Realität.
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b ICT, Automobil-, Medien- und Unterhaltungsindustrie, Finanzsektor oder Pharma – die digitale Transformation hat mittlerweile fast alle Branchen erfasst und mit neuen Wettbewerbern und Geschäftsmodellen begonnen, die Märkte zu verändern. Nun setzt sich die Digitalisierung auch in der Gebäudetechnik durch und verändert damit von Grund auf, wie Gebäude in Zukunft geplant, gebaut, genutzt und letztendlich auch bewirtschaftet werden. Wenn man nur den Energieverbrauch betrachtet, ist das Potenzial der Digitalisierung bereits enorm: Zum einen sind Gebäude für über 40 % des weltweiten Energieverbrauchs und für einen Grossteil des CO2-Ausstosses verantwortlich, und zum anderen sind sie einer der grössten Aufwandsposten in der Bilanz von Unternehmen. Ihre Betriebskosten machen fast 80 % der Gesamtkosten über den gesamten Lebenszyklus aus. Die automatische und effiziente Kontrolle sowie die Steuerung von Licht, Lüftung, Hei-
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zung und Sicherheitssystemen sind daher ein wichtiger Hebel und bei Neubauten bereits Realität. Doch die wahre Revolution findet im Hintergrund statt.
Der digitale Gebäudezwilling Entgegen der heute üblichen baubegleitenden Planung wird beim Building Information Modeling – oder kurz BIM – das gesamte Gebäude mit allen Gewerken parallel und abgestimmt geplant und im virtuellen Digitalmodell simuliert, getestet und bei Bedarf korrigiert. So können Fehler und Unstimmigkeiten einfach in der Software geändert werden und müssen nicht mühevoll auf der Baustelle behoben werden. Das Gebäude wird also quasi zweimal gebaut: einmal virtuell auf dem Computer und erst dann physikalisch in der Realität. Man spricht hier von den «Digital Twins», den Gebäudezwillingen. Die zeitgleiche Planung der verschiedenen Gewerke ermöglicht nun auch gewerkeübergreifende, koordinierte Lösungen, die in der
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Vergangenheit durch die Vergabepraxis nur selten realisiert werden konnten. Durch die virtuelle Planung und die Nutzung eines gemeinsamen Datenmodells können nun auch detaillierte Varianten in einer frühen Phase zur Optimierung des Gebäudes geprüft werden: • Welche Auswirkungen hat die Wahl eines bestimmten Fassadentyps auf die Bau- und Investitionskosten sowie auf die spätere Wartung, Reinigung und die Behaglichkeit der Nutzer? • Welchen Einfluss hat eine zusätzliche Tür auf künftige Evakuierungsszenarien, den Komfort oder die Heizkosten? Lassen sich solche Fragen bereits vor dem ersten Spatenstich exakt beantworten, können Bauvorhaben günstiger, einfacher und nachhaltiger sowie der Betrieb sicherer, komfortabler und effizienter werden. Bislang scheiterte die durchgängige Gebäudedatenmodellierung unter anderem auch an den
Effiziente Steuerung von Licht, Lüftung, Heizung und Sicherheitssystemen durch intelligente Vernetzung. (Bild: istockphoto)
für Gebäude technischen Voraussetzungen. Mit «Cloud Computing» – praktisch unlimitierter Rechenleistung und Speicherkapazität sowie der permanenten Verfügbarkeit von Netzen und Endgeräten – steht der Umsetzung jetzt eigentlich nichts mehr im Wege. Eigentlich. Denn eine breite Nutzung wird insbesondere durch die Kleinteiligkeit der Branchen mit ihren zahlreichen Akteuren und deren unterschiedlichen Interessen immer noch gebremst. Diese Büros, Betriebe und Personen, die einzelne Prozesse oder Gewerke des Gebäudes bearbeiten, agieren traditionell unabhängig voneinander. Die mit BIM erreichbare enge Kooperation ist neuartig und erfordert zum Teil auch angepasste Prozessschritte und Geschäftsmodelle. Hinzu kommen die vergleichsweise hohen Anschaffungskosten zur Einführung entsprechender Systeme, fehlende Standards und Schnittstellen sowie der Umstand, dass erst wenige Hersteller BIM-geeignete Daten für ihre Bauteile liefern können. Ausserdem ist das derzeitige Vergabeverfahren problematisch, da die «digitale» Planung und Simulation meist nicht budgetiert ist und auch noch durch keine Position in den geltenden Honorarordnungen vertreten ist. Trotzdem wird jetzt schon deutlich, dass die BIM-konforme Gebäudedatenmodel-
Intelligente Gebäude
lierung bei öffentlichen Bau- und Infrastrukturprojekten zunehmend vorgeschrieben wird – auf EU-Ebene ist die Einführung dieser Methode bereits beschlossene Sache.
Alles wird kommuniziert und ausgewertet Ein weiterer Grundpfeiler der Digitalisierung in der Gebäudetechnik ist die mittlerweile weit vorangeschrittene Vernetzung von Maschinen, Geräten, Komponenten, Sensoren, Aktoren und anderen Objekten zum sogenannten «Internet der Dinge». Diese Verschmelzung von realer und digitaler Welt legt die Basis zum einen für die Vernetzung der unterschiedlichen Gewerke, zum anderen aber auch für neue digitale Services und Geschäftsmodelle. Mit Remote-Service-Lösungen etwa können Probleme an verschiedensten Komponenten schnell und effizient aus der Ferne erkannt und behoben werden. Präventive Wartungskonzepte können Ausfallzeiten minimieren, indem die Komponenten dem Hersteller melden, dass sie nicht mehr einwandfrei funktionieren. Und dies, lange bevor ein Schaden tatsächlich auftritt und zur Unterbrechung führt. Die sogenannte «Business Continuity» ist ein wichtiger Faktor bei der heutigen Geschäftsplanung. Sensoren und Aktoren liefern aber zuhauf weitere wertvolle Informationen, die heute allerdings noch weitgehend ungenutzt bleiben. Durch eine intelligente Auswertung mit «Big Data»-Anwendungen könnten diese riesigen, unstrukturierten Datenmengen in Echtzeit zu transparenten und vernetzten Kennzahlen kombiniert werden: Intelligente Algorithmen werten Trends aus und erkennen Muster im Nutzerverhalten oder im Verbrauch. Damit bieten sie fundierte Entscheidungsgrundlagen, erlauben vorausschauende Strategien und eine kontinuierliche Optimierung. In Kombination mit cleveren Selbstoptimierungsfunktionen erhalten Gebäude auf diese Weise ein zentrales Nervensystem: Sie werden intelligent.
Das intelligente Gebäude erhöht die Produktivität und spart Energie Diese Gebäudeintelligenz kommt insbesondere auch den Benutzern zugute. Durch die optimale Abstimmung der Umgebung bezüglich Licht, Luftqualität, Temperatur und Feuchtigkeit fühlen sich die Benutzer im Gebäude wohl, was einen direkten Effekt auf die Arbeitsproduktivität zur Folge hat. Neben diesem Effekt hat das intelligente Gebäude einen positiven Einfluss auf die Energieeffizienz. Dies wird umso wichtiger, da auf europäischer Ebene Rufe nach sogenannten «Zero Net Energy Buildings» laut werden, also nach Gebäuden, die kaum noch externe Energie beziehen. Intelligente Gebäude kommen dieser Forderung nach – sie sind nicht mehr nur Energiekonsumenten, sondern neu auch -produzenten mit lokalen Systemen wie Photovoltaik, Windkraft oder Blockheizkraftwerken. Stichwort: dezentrale Energieversorgung. Die so erzeugte überschüssige Energie speisen die Gebäude in ein allgemeines Stromnetz ein oder speichern sie selbst – beispielsweise in Elektrofahrzeugen, die mit dem Gebäude vernetzt sind und als temporäre Akkus genutzt werden, solange sie nicht für ihren ursprünglichen Zweck im Einsatz sind.
Intelligente Gebäude
Intelligente Gebäude ermitteln Verbraucher und aktuelle sowie vorausschauende Nutzerbedürfnisse, steuern sich selbst und beziehen Energie nur dann, wenn sie ausreichend verfügbar und entsprechend günstig zu haben ist. Auf diese Weise wird die Gebäudeintelligenz letztendlich auch zu einer Stabilisierung des gesamten Stromnetzes beitragen. Wichtige Ansätze dafür liefert zum Beispiel Siemens mit den cloud-basierten Gebäudemanagement- und Energiemanagementplattformen.
Die Evolution des Gebäudes Unter dem Strich bringt die Digitalisierung Gebäude in Sachen Effizienz, Sicherheit, Komfort und Behaglichkeit auf den nächsten Level. Durch die Allgegenwärtigkeit von Sensoren und der intelligenten Auswertung der von ihnen gelieferten Daten werden Gebäude künftig
zu dynamischen Ökosystemen, die smart auf ihre Umgebung reagieren und ihre Vorteile langfristig auch im Verbund mit anderen Gebäuden und Infrastrukturen ausspielen (intelligente Verteilnetze oder «smart grids»). Die digitale Transformation in der Gebäudetechnik bringt aber einen Paradigmenwechsel für die gesamte Branche mit sich: Es wird neue und sich verändernde Geschäftsmodelle geben. Software avanciert zum zentralen Faktor, Offenheit und Transparenz sind Trumpf, Verlierer sind in sich geschlossene und proprietäre Systeme. Aus diesem Transformationsprozess ergeben sich Chancen, die erst in der digitalen Welt gedeihen und überleben können. Neue Geschäftsmodelle verändern aber bereits jetzt die Spielregeln des Markts und können die Kräfteverhältnisse in den angestammten
Märkten umbilden. Dadurch werden traditionelle Konkurrenzsituationen abgelöst durch komplexere Konstellationen, in denen Unternehmen über ein Netz aus Partnerschaften und Allianzen in sogenannten «Ecosystems» miteinander verbunden sind, aber gleichzeitig als Konkurrenten am Markt auftreten. Dabei gewinnen auch Partnerschaften zwischen traditionellen Industrieunternehmen und grossen IT-Playern zunehmend an Bedeutung. Siemens und IBM beispielsweise, haben mit ihrer Allianz bereits darauf reagiert. ■
Infos Helmut Macht, CTO www.siemens.com/ buildingtechnologies Bearbeitung: Hansjörg Wigger
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Triple Zero Standard für nachhaltiges Bauen
Null Energie, null Emissionen und Rückstände In der Stuttgarter Weissenhofsiedlung steht das erste Aktivhaus – kurz «B10» genannt – nach seinem Standort am Bruckmannweg 10. Dank eines selbstlernenden Gebäudeautomationssystems erzeugt das Aktivhaus doppelt so viel Strom aus nachhaltigen Energiequellen wie es selbst benötigt. Mit dem Überschuss versorgt es zwei Elektroautos und das benachbarte Weissenhofmuseum.
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as Aktivhaus B10 ist Teil eines Forschungsprojekts. Dieses untersucht, wie innovative Materialien, Konstruktionen und Technologien unsere gebaute Umwelt nachhaltig verbessern können. Während der gesamten Projektlaufzeit werden Energieerzeugung und Energieverbrauch sowie eine Vielzahl weiterer für die Gebäudeforschung relevanter Daten kontinuierlich gemessen und an der Universität Stuttgart wissenschaftlich ausge-
wertet. Nach Abschluss des Forschungsprojekts soll das Gebäude zurückgebaut und andernorts neu errichtet werden. «B10 ist ein Prototyp, der zeigen soll, wie sich das Prinzip eines Aktivhauses auf den verdichteten Wohnungsbau in Grossstädten übertragen lässt», erklärt Werner Sobek, Architekt und Entwickler des Triple Zero Konzeptes. Das Gebäude soll nicht nur höchsten Ansprüchen an Ästhetik und Nutzerkomfort ent-
sprechen, sondern auch mehr Energie erzeugen als es selbst benötigt (zero energy), keinerlei Emissionen erzeugen (zero emissions) und vollständig in den Stoffkreislauf rückführbar sein (zero waste). Voraussetzung für das Erreichen der gesteckten energetischen Ziele sind – neben aktiven Massnahmen wie der Gebäudeautomation – auch diverse passive Massnahmen, die mit den Gegebenheiten des Bauplatzes zusammenhän-
Forschungsprojekt B10 – Beispiel für nachhaltiges Bauen
Vorgefertigte Module – hier die Technikmodule – ermöglichen einen flexiblen und effizienten Aufbau.
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Intelligente Gebäude
gen. So ist der Baukörper nach drei Seiten hin vollständig geschlossen und mit einer sehr gut gedämmten Wandkonstruktion versehen, um die Wärmeverluste so gering wie möglich zu halten.
Vorfertigung und Modularität Die Kubatur geht neben den genannten energetischen Parametern auch auf einen innovativen Planungs- und Bauprozess zurück. Planer und Ausführende haben von der ersten Konzeptphase an sehr eng zusammengearbeitet, um in einem zu weiten Teilen parallel verlaufenden Entwicklungsprozess zu innovativen Lösungen an den Schnittstellen der Disziplinen zu kommen. Nur so war es möglich, im äusserst knappen verfügbaren zeitlichen Rahmen die zahlreichen technischen Anforderungen zu bewältigen, die sich aus dem hohen Innovationsgrad des Gebäudes ergaben. Ziel des Projektteams war es, die sonst übliche Trennung der Gewerke und die damit einhergehende Konzentration auf eine nicht-serielle Produktion vor Ort zu überwinden. Durch eine nahezu vollständige Vorfertigung des Gebäudes unter fabriksauberen Bedingungen konnte der Baukörper innerhalb eines Tages (in zwei Teilen) angeliefert und mit der Verglasung geschlossen werden. Die gesamten Innenausbauten inklusive der Einbauteile von Küche und Bad waren zu diesem Zeitpunkt bereits installiert. Um den Grad der Vorfertigung weiter zu erhöhen und um gleichzeitig ein Maximum an Flexibilität bei späteren Neuplanungen zu ermöglichen, wurden Module (Technik, Küche, Nasszelle) konzipiert, die unabhängig vom restlichen Gebäude vorgefertigt wurden. Vorbild für diese Technik-Racks war der Automobilbau, bei dem zur Steigerung der Effizienz einzelne Elemente unabhängig vom eigentlichen Fertigungsprozess vorgefertigt und später als Ganzes in das Automobil eingefügt werden.
Rückbaubarkeit und Adaptivität Die modulare Gestaltung kommt nicht nur dem Bauprozess, sondern
im Umkehrschluss auch dem Rückbauprozess zugute. An die Stelle eines zerstörenden Abrisses tritt ein zerstörungsfreies Demontieren und Sortieren der unterschiedlichen verbauten Materialien. Das Gebäude versteht sich als Gast, der nur vorübergehend in seiner jetzigen Umgebung ruht. Es ist so konstruiert, dass es am Ende seiner Nutzungszeit problemlos rückgebaut oder versetzt werden kann. Das Gebäude selbst wurde in einer hoch wärmegedämmten Holztafelbauweise ausgeführt. Die Holzbauteile wurden weder gestrichen noch anderweitig beschichtet, um eine perfekte Rezyklierbarkeit zu gewährleisten. Die aus unbehandeltem Holz bestehenden Wände sind innen und aussen mit Textil bespannt – eine leicht um- sowie rückbaubare Konstruktion, die sortenrein zerlegt werden kann. Hierdurch konnte auch auf den sonst üblichen Aussenputz verzichtet werden, ebenso auf das Einbringen von klassischen Fundamenten und Leitungen in das Erdreich. Eine wichtige Innovation ist die Steuerung des Gebäudes über eine vorausschauende, selbstlernende Gebäudeautomation und die Kopplung der Energieströme zwischen dem Gebäude, den Elektromobilen und umliegenden Gebäuden (das benachbarte Weissenhofmuseum), also die Schaffung eines Smart Grid im Quartier. Die Westfassade bildet im heruntergeklappten Zustand eine Terrasse sowie den Zugang zum Gebäude. Der Zugangsbereich ist auch mit den zum Gebäude gehörenden Elektro-Smarts befahrbar. Das Auto kann so in die Wohnung einfahren, was ein Be- und Entladen unmittelbar in der Wohnung erlaubt. Dadurch, dass das Fahrzeug auf einem drehbaren Bodenelement zum Stehen kommt, kann das Gebäude wieder im Vorwärtsgang verlassen werden. Ziel ist es zum einen zu untersuchen, inwieweit hierdurch Vereinfachungen beim Ein- und Aussteigen für ältere und/oder behinderte Menschen möglich werden. Zum anderen soll untersucht werden, inwiefern das Parken eines
Schliessbare Fassadenklappen verringern die Nachtauskühlung im Winter und Überhitzung im Sommer.
Elektrofahrzeugs im temperierten Innenraum seine Reichweite erhöhen kann (da während des Fahrens weniger Strom für das Heizen bzw. Kühlen des Fahrzeugs verwendet werden muss).
Energiekonzept Heizen: Das Gebäude wird über eine hocheffiziente Wasser-WasserWärmepumpe beheizt. Die Wärmepumpe kann über eine Hydraulikmatrix auf zwei Wärmequellen zugreifen. Erste (und wichtigste) Wärmequelle ist ein 15 m3 grosser Eisspeicher, der sich unmittelbar neben dem Gebäude im Erdreich befindet. Aufgrund der minimalen Quellentemperatur im Eisspeicher von 0 °C ermöglicht der Eisspeicher bei hohen Jahresarbeitszahlen einen sehr effizienten Betrieb der Wärmepumpe. Als zweite Wärmequelle für das Gebäude dienen die auf dem Dach installierten Photovoltaik-Module mit integrierter Solarthermie (PVT). Sobald diese Module in den Wintermonaten und in der Übergangszeit eine ausreichende solare Einstrahlung erhalten (und sich dadurch auf Temperaturen oberhalb der Temperatur des Eisspeichers erwärmen), werden sie automatisch als Wärmequelle angefahren. Hierdurch kann die Quellentemperatur der Wärmepumpe erhöht werden, was sich wiederum positiv auf die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe auswirkt – und den Primärenergiebedarf für das Beheizen des Gebäudes weiter senkt. Da die für das Heizen aktivierbaren Flächen bewusst grosszügig angelegt wurden, kommt das Sys-
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tem mit niedrigen Vorlauftemperaturen aus. Auch dies wirkt sich positiv auf den Wirkungsgrad der Wärmepumpe aus und maximiert den Zeitraum, während dessen das Gebäude über die mit der PVT-Anlage gewonnene Wärme direkt beheizt werden kann. Kühlen: Die Kühlung des Gebäudes erfolgt – neben der natürlichen Belüftung über die Glasfassade – hauptsächlich über den Eisspeicher: Im Winter wird dem Eisspeicher Wärme entzogen, bis der Speicher komplett durchfriert. Diese Kälteenergie wird im Sommer zum Kühlen des Gebäudes verwendet; der Eisspeicher nimmt hierbei als Langzeitspeicher überschüssige Wärme aus dem Gebäude auf, sodass er ab dem Herbst wieder zum Heizen herangezogen werden kann. Die Kühlung über den Eisspeicher ist passiv, da nur die Antriebsenergie für die Umwälzpumpen benötigt wird. Im Sommer kann über die PVTModule auf dem Dach eine gezielte nächtliche Auskühlung herbeigeführt werden. Sofern das System einen Kühlbedarf im Gebäude registriert und gleichzeitig günstige Aussenbedingungen (klarer Nachthimmel, Regen oder niedrige Aussentemperaturen mit Wind) herrschen, kann über den Fussboden und die Decke effizient Wärme abgeführt werden. Hierfür zirkuliert ein Wasser-Glykol-Gemisch durch Fussboden und Decke. Dieses Wärmeträgermedium wird anschliessend durch die PVT-Module gepumpt. Die PVT-Module geben dann ihrerseits die aufgenommene Wärme an die Umgebung ab. Lüftung: Die mechanische Belüf-
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tung des Gebäudes erfolgt über ein Kompaktlüftungsgerät mit Hochleistungswärmetauscher und Sommerbypass. Der Sommerbypass erlaubt eine freie Kühlung über die Lüftungsanlage, wenn die Innenraumtemperaturen höher sind als die Aussentemperaturen. Dadurch kann Kühlenergie eingespart werden. Die Steuerung der Lüftungsanlage erfolgt bedarfsabhängig und wird – von den Raumsensoren kontrolliert – über das Gebäudeautomationssystem gesteuert. Dies minimiert den erforderlichen Luftvolumenstrom – und führt gleichzeitig zu geringeren Wärmeverlusten und angenehmen Luftfeuchtewerten im Gebäude. Eine algorithmusgestützte Steuerung der Glasfassade bewirkt, dass das Gebäude zu einem grossen Teil natürlich gelüftet und gekühlt werden kann, ohne dass es für die Nutzer zu unangenehmen Zugerscheinungen kommt. Dazu wertet der Algorithmus die aktuell am Standort herrschenden Aussenbedingungen (Lufttemperatur und Windgeschwindigkeit) sowie die Raumtemperatur aus und ermittelt daraus die nötige Fenster-Öffnungsfläche, die dann (falls vom Nutzer gewünscht) automatisiert und sensorgesteuert umgesetzt werden können. PVT-Anlage: Das auf dem Gebäude befindliche PVT-Modul ist eine Kombination aus Photovoltaik und Solarthermie, d. h. es produziert gleichzeitig Strom und Wärme. Hinter den monokristallinen Solarzellen befindet sich ein RohrMäander, der zur Gewinnung der Solarthermie genutzt wird. Dadurch kann die aufgrund der
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Grundstückssituation stark begrenzte Dachfläche besonders effizient genutzt werden. Zusätzlich werden Moduloptimierer eingesetzt, die für jedes Modul den jeweils bestmöglichen Betriebspunkt suchen; dies ist aufgrund der nicht vermeidbaren partiellen Verschattung auf dem Grundstück von grosser Bedeutung für die Effizienz der PVT-Anlage. Die prognostizierte durchschnittliche Jahresstromproduktion der PVT-Anlage auf dem Dach beträgt rund 8300 kWh. Eisspeicher: Der Eisspeicher ist eine kugelförmige Zisterne (15 m3), die mit Wasser gefüllt und mit einem Wärmetauscher versehen ist. Der Eisspeicher bietet eine hohe Energiedichte, mit der Wärme und Kälte besonders effizient gespeichert werden können. Für den Phasenübergang von fest zu flüssig (d. h. von Eis zu Wasser) wird genauso viel Wärmeenergie benötigt wie für die Erwärmung der glei-
chen Menge H2O von 0 °C auf 80 °C; umgekehrt wird diese Wärmeenergie beim Phasenübergang von flüssig zu fest wieder freigesetzt. Diese Tatsache lässt sich in Verbindung mit einer Wärmepumpe sehr gut dafür nutzen, das Gebäude effizient zu heizen bzw. zu kühlen. Da der Eisspeicher bei B10 nicht nur als Wärmequelle (im Winter), sondern auch als Wärmesenke (im Sommer) eingesetzt wird, ist er gegenüber dem Erdreich durch eine Schicht Glasschotter gedämmt; ein unkontrollierter Wärmeaustritt ins Erdreich wird so verhindert. Die Dämmung sorgt dafür, dass der (nach der Heizperiode durchgefrorene) Eisspeicher möglichst lange für die Kühlung des Gebäudes herangezogen werden kann. Die Regeneration des Eisspeichers erfolgt bei Bedarf gezielt über die PVT-Module. Die Hydraulikmatrix ist eine über Mischmotoren gesteuerte Verschaltung von Rohrleitungen inner-
halb des Gebäudes mit diversen Controllern und Pumpen. Die Matrix ermöglicht es auf einfache und effiziente Weise, für die einzelnen Komponenten der technischen Gebäudeausrüstung die bestmöglichen Vorlauf- und Rücklauftemperaturen bereitzustellen. Das System koppelt alle Erzeuger von Wärme und Kälte direkt mit den Speichern und anderen Abnehmern von Wärme und Kälte. Das Gebäudeautomationssystem entscheidet auf Basis aller verfügbaren Messdaten und Prognosen, wie die Hydrauliksteuerung am effizientesten einzusetzen ist. Die Hydraulikmatrix dient nicht nur der möglichst effizienten Beheizung des Gebäudes, sondern eröffnet auch für die Kühlung viele interessante Möglichkeiten. So ermöglicht sie z. B. eine Nachtauskühlung des Gebäudes über die PVTModule oder die direkte Kühlung über den Eisspeicher. ➔
Sonnenschutz: Zum Schutz des Innenraumes vor sommerlicher Überhitzung durch solare Einstrahlung wurde ein aussenliegender Lamellenraffstore verbaut. Bei Bedarf können ausserdem die Fassadenklappen geschlossen werden, wodurch der Eintritt von Solarstrahlung komplett verhindert wird. Der aussenliegende Sonnenschutz bietet den gleichen Schutz vor sommerlicher Überhitzung wie ein Sonnenschutzglas mit gleichem gtotal. Da der aussenliegende Sonnenschutz aber im Winter beliebig hochgefahren werden kann, ermöglicht er bei Bedarf deutlich höhere solare Gewinne, als dies mit einem Sonnenschutzglas der Fall wäre. Wärmedämmung: Für die Wärmedämmung des Gebäudes wurden in grossen Teilen des Wand-, Boden- und Deckenaufbaus Vakuumisolierpaneele (VIP) eingesetzt, um trotz der geringen Wandstärke eine sehr gute Wärmedämmung zu erhalten. Im Bereich der Glasfassade wurde ein speziell entwickeltes Vakuumisolierglas verbaut, das ei-
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ne sehr gute Wärmedämmwirkung bei geringen Verglasungsdicken ermöglicht. Um im Winter die Nachtauskühlung über die Glasfassade zu reduzieren, können die Fassadenklappen geschlossen werden, sodass die Wärmedämmeigenschaft der Gebäudehülle weiter verbessert wird. Hausbatterie: Erzeugt das Gebäude Strom, der nicht für den Betrieb oder das Beladen der Elektrofahrzeuge benötigt wird, kann er in einer Lithium-Ionen-Mangan-Phosphat-Batterie gespeichert werden. Die Batterie hat eine Speicherkapazität von 11 kWh. Sie garantiert eine unterbrechungsfreie Stromversorgung, sodass auch bei einem Stromausfall im Netz ein störungsfreier Betrieb des Gebäudes und auch der Messtechnik (für das Forschungsprojekt besonders wichtig) gewährleistet ist. Das Energiemanagement des Hauses belädt die Batterie nach Überprüfung mehrerer Parameter. So erfolgt eine Ladung nicht nur wenn das Gebäude weniger Leistung be-
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Intelligente Steuerung sämtlicher Energieflüsse und Systemkomponenten.
zieht als die Solaranlage momentan liefert. Eine Beladung erfolgt z. B. auch, wenn in den folgenden Stunden eine Hochstromtarifphase erwartet wird oder wenn der Ladezustand der Batterie (SOC = State of Charge) bei weniger als 20 % liegt. Eine Nutzung erfolgt umgekehrt bevorzugt, wenn eine Hochstromtarifphase vorliegt oder wenn Lastspitzen abgefangen werden müssen. Die Batterie trägt somit zu einem wirtschaftlicheren Betrieb des Gebäudes und gleichzeitig auch zu einer Entlastung des öffentlichen Netzes bei.
Gebäudeautomation und Energiemanagement Die Gebäudeautomation von B10 läuft über eine zentrale Steuereinheit. Alle technischen Komponenten des Gebäudes inklusive der Elektromobilität sind in dieses Haussteuerungssystem eingebunden. Türen, Fenster, Licht, Heizung, Kühlung, Stromzufuhr: Sie alle können mittels einer eigens entwickelten App über ein Smartphone oder einen Tablet-Computer angesteuert werden. Um die Nutzung möglichst einfach zu machen, verfügt die App
Infos Die Werner Sobek Firmengruppe mit über 300 Mitarbeitenden fokussiert auf Projekte mit hochwertiger Gestaltung und Engineering mit minimalen Energie- und Materialverbrauch, wernersobek.de, aktivhaus-b10.de Bearbeitung: Hansjörg Wigger
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über eine dynamische und kontextabhängige Bedienoberfläche. Diese Oberfläche kann sich an Tages- und Jahreszeiten ebenso wie an die Gewohnheiten der Nutzer anpassen. So rücken beispielsweise bei Dunkelheit die Bedienelemente zur Lichtsteuerung in den Vordergrund; wenn die Elektroautos geladen werden müssen, rücken die Bedienelemente für die Ladetechnik weiter nach vorne – die Bedienung wird dadurch so einfach und intuitiv wie möglich. Eine taktile Interaktion mit der Haustechnik ist nicht mehr erforderlich. Alle Sensoren und Aktuatoren kommunizieren per EnOcean-Funk miteinander. B10 verzahnt die Energiesysteme von Elektromobilität und Gebäude zu einem integral gemanagten Gesamtsystem. Es vereint somit die Ladeinfrastruktur und die Anlagentechnik für die Erzeugung, die Speicherung und das Management von Energie in einem zentralen Element – B10 wird hierdurch zum Bindeglied zwischen Nutzer, Gebäude, Fahrzeug und Smart Grid. B10 soll aufzeigen, wie Elektromobilität und Netzinfrastruktur über die Anbindung an Gebäude, die als Energietankstellen funktionieren, optimal ineinandergreifen können. Das Haus der Zukunft wird zum wichtigen Bindeglied für eine emissionsfreie (da aus regenerativen Quellen gespeiste) Elektromobilität sowie für eine erhöhte Netzstabilität. Das bedarfsoptimierte Management von Verbrauch und Speicherung von Energie ist deshalb ebenso wie die Vernetzung des Energiemanagements von Gebäude und Elektrofahrzeugen ein Kernpunkt des Forschungsprojekts. Das Energiemanagement erfasst die Komfort- und Mobilitätsbedürfnisse der Nutzer sowie die Lastprognosen für einzelne Geräte und berechnet
daraus den künftigen Stromund Wärmebedarf. Externe Einflussgrössen wie Wetter, PV-Ertragsprognose und Strompreisentwicklung fliessen in die Berechnung mit ein. Energieverbrauch und Energieerzeugung können dadurch für einen Tag im Voraus prognostiziert werden. Durch dieses Prinzip können thermische und elektrische Energieverbräuche optimal gesteuert und aufeinander abgestimmt werden. Das Energiemanagement lenkt so alle Energieströme vorausschauend – wobei der Komfort der Nutzer immer im Vordergrund steht. Aktive Eingriffe der Bewohner sind jederzeit möglich – für einen optimalen Gebäudebetrieb aber nicht erforderlich. Das Energiemanagement berücksichtigt sämtliche Energieflüsse im Haus. Bei einem eventuellen Energieüberschuss kann beispielsweise ein Schnellladen des Autos herbeigeführt werden, wenn die Energie nicht anderweitig (in der Hausbatterie oder über das Smart Grid in der Nachbarschaft) benötigt wird. Bislang gibt es in der Gebäudetechnik noch keine einheitlichen Kommunikationsstandards. Durch neue Systeme wie, beispielsweise für die Ladestation für Elektroautos und elektrische Pufferspeicher im Gebäude, kommen weitere Standards hinzu. Voraussetzung für einen reibungslosen und effizienten Betrieb von Gebäude und Fahrzeug ist aber, dass alle Systeme in ein zentrales Energiemanagement eingebunden werden. Damit dieses Energiemanagement nicht eine Vielzahl von Programmiersprachen und -standards beherrschen muss, werden sich in Zukunft hoffentlich offene und herstellerunabhängige Kommunikationsplattformen durchsetzen. ■
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Smarte Vernetzung über Funk und Stromleitung
Einfache Lösungen für anspruchsvolle Bauten Mit innovativen Technologien lassen sich Gebäudeautomationslösungen schnell und einfach umsetzen. Das eröffnet dem Installationsgewerbe zusätzliche Geschäftsmöglichkeiten sowohl in neuen Bauten als auch bei Umbauten, Renovationen oder Nachrüstungen.
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Der STC-dS dient zur Erweiterung des Digitalstrom-Systems mit Produkten, die auf der EnOcean Funktechnologie basieren.
bwohl der Nutzen von Gebäudeautomationssystemen unbestritten ist, scheitert deren Umsetzung oftmals wegen schwierigeren baulichen Bedingungen. Bei der Vernetzung von technischen Geräten zum Überwachen oder Steuern von Licht, Storen, Heizung sowie Unterhaltungselektronik denken viele Anwender sowie Installateure zunächst an aufwendige Verkabelung. Diese kann gerade bei sanierungsbedürftigen oder denkmalgeschützten Bauten nicht oder nur mit einem grösseren Aufwand umgesetzt werden. Für diese besonderen Anforderungen eignen sich sowohl die EnOcean Funktechnologie als auch die Digitalstrom-Lösung. Beide Technologien, die schon seit Jahren im Markt für Smart Home-Anwendungen etabliert sind, ermöglichen eine variable und individuelle Wohnungsplanung und können flexibel von überall her bedient werden.
Energieautarke Funktechnik Führende Unternehmen aus der Gebäudetechnik haben sich 2008 zur EnOcean Alliance zusammengeschlossen. Die Grundidee von
EnOcean ist die batterielose Funktechnik, die geringste Energiemengen aus der Umwelt sammelt, um Sensorwerte aufzunehmen sowie über Gateways an ein übergreifendes Gebäudeautomationssystem weiterzuleiten. Nutzbare Energie aus der Umwelt (Energy Harvesting) entsteht durch Bewegung (beim Drücken eines Schalters), durch Licht (Solarzelle) oder eine Temperaturdifferenz. So übermittelt zum Beispiel ein Funkschalter beim Drücken oder Loslassen der Taste ein Funktelegramm an einen zugeordneten Empfänger und kann so Leuchten ein-/ausschalten oder dimmen.
Vernetzung über bestehende Stromleitung Mit der Digitalstrom-Technologie werden elektrische Geräte im Haus oder der Wohnung mit einer eigenen Intelligenz ausstattet, miteinander vernetzt und ermöglichen so ein reibungsloses Zusammenspiel. Herzstück der Technologie sind intelligente Lüsterklemmen. Die Kommunikation läuft über die bestehende Stromleitung, daher sind aufwendige bauliche Arbeiten für die Installation nicht nötig. Wie Geräte zusammenspielen wird auf Softwareebene festgelegt. Das Digitalstrom-System verknüpft viele einzelne Schritte zu einem individuellen Smart Home-Konzept.
Innovative Lösungen, einzeln und kombinierbar Thermokon, ein führender deutscher Hersteller von hochwertiger
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Raumklimafühler FTW06 LCD dS.
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Das Design-Raumbediengerät thanos.
Sensorik, Raumbediengeräten und Gründungsmitglied von EnOcean, bietet für EnOcean und Digitalstrom ein umfassendes Produktsortiment an. Beide Technologien lassen sich einzeln oder kombiniert einsetzen und ermöglichen die Steuerung von Licht, Storen, Raumklima und vielem mehr.
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Für die Kombination beider Technologien in einem System wird der Gateway STC dS Gateway IP verwendet. Das Design-Raumbediengerät thanos gibt es in beiden Varianten, in EnOcean und in Digitalstrom. Zum Beispiel können auf der Basis der Digitalstrom-Architektur bis zu acht unterschiedliche Funktionsgruppen abgebildet werden. Je nach Konfiguration arbeitet das Gerät beispielsweise als Bediengerät für Beleuchtung, Beschattung, Heizung, Audio, Video, Anwesenheit oder AppTaster. Darüber hinaus können die beiden Geräte auch für die Funktion Kommen/Gehen verwendet werden. Die Visualisierung von Appartement-Ereignissen (Alarm, Panik, Feuer) sowie Zuständen (Wind, Hagel, Regen) ist ebenfalls möglich. Das Unterputz-Raumbediengerät FTW06 LCD dS dient zur Temperaturerfassung, Sollwertverstellung, Lüfterstufenverstellung und Präsenzmeldung. Das Gerät mit integriertem Regler Heizen/Kühlen, enthält digitale Eingänge für Fensterkontakt/Taupunktwächter sowie analogen Ausgängen für Stellventile. Das Raumbediengerät ist kompatibel mit Schalterrahmen zahlreicher Schweizer Hersteller und bietet dadurch vielseitige Designmöglichkeiten.
Die Raumklimafühler FTW06 dS und FTW04 dS messen die Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit am Installationsort und senden die Messdaten direkt an das Digitalstrom-System. Das ermöglicht einen geschlossenen Regelkreis für die präzise und komfortable Steuerung des Raumklimas. Der FTW06 LCD dS in weisser Ausführung eignet sich für die Unterputz-Wandmontage ist und passt zu zahlreichen Schalterrahmen verschiedener Hersteller (z. B. Feller EDIZIOdue). Der FTW04 dS im reinweissen Kunststoff-Gehäuse ist für die Aufputz-Wandmontage.
bar reduziert werden: Mithilfe der speziellen Remote-CommissioningFunktion können alle Geräte der EasySense-Familie ohne mühsames Ablaufen im Gebäude in Betrieb gesetzt werden. Möglich macht dies die Nutzung von EnOcean-Funktelegrammen und des airScan USB-Transceivers. Die Einbindung in das Digitalstrom-System ist denkbar einfach. Die Thermokon-Geräte sind Digitalstrom-ready und können über die Digitalstrom-App einfach und intuitiv konfiguriert werden. ■
Einfache Planung und Inbetriebnahme Für eine unkomplizierte Umsetzung einer funkbasierten Architektur bietet Thermokon zwei praktische Planungstools. airScan ist ein Feldstärke-Messsystem, das mit ampelfarbiger Darstellung (RSSI) die empfangenen Signalstärken zuverlässig anzeigt an und so eine optimale Platzierung der Sender und Empfänger ermöglicht. Im täglichen Einsatz listet airScan auf der gut strukturierten Oberfläche alle empfangenen Telegramme übersichtlich pro Produkt auf. Mit airConfig kann der Aufwand für die Parametrierung aller Geräte der EasySens-Familie spür-
Infos Für die HLK- Branche: Thermokon Sensortechnik Schweiz AG 8303 Bassersdorf Tel. 044 752 50 00 www.thermokon.ch Für das Elektrogewerbe: Asera AG 8303 Bassersdorf Tel. 044 755 50 60 www.asera.ch Bearbeitung: Hansjörg Wigger
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Planungshilfe für Loxone Gebäudeautomation
Vielseitiger Problemlöser Der ComtexisPlanner löst viele Problemstellungen bei der Planung und Umsetzung von Smart-HomeProjekten und unterstützt Planer sowie Installateure bei ihrer Arbeit. Das praktische Planungstool hilft im schnell wachsenden Markt der Gebäudeautomation Fuss zu fassen und sich von Mitbewerbern zu differenzieren.
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• planen und erstellen des Schemas • planen und bauen der Unterverteilung • Änderungswünsche während des Baus vom Bauherrn • Übergabe, Schulung, Support und Service nach Beendigung des Projekts.
ie bekommen vermehrt Anfragen von Kunden die Interesse an einem Smart Home haben, wissen aber nicht so richtig damit umzugehen, da Sie noch zu wenig solche Objekte realisiert haben. Sie machen sich Gedanken, ob Sie Mitarbeiter schulen sollen und ob sich der Aufwand dafür für die wenigen Projekte im Jahr lohnt. Weitere Hemmnisse, die Sie hindern im
Problemlöser ComtexisPlanner
stark wachsenden Smart-HomeMarkt einzusteigen sind vielleicht: • die Beratung der Endkunden mit vielen individuellen Ansprüchen • aufwendige Offerten; was einbauen, Zeitaufwand für die Programmierung • erstellen von klaren, aussagekräftigen Projektunterlagen (z. B. ein Lasten-/Pflichtenheft)
Der ComtexisPlanner hilft allen Installateuren, Planern und Endkunden die Kosten für eine Loxone-Gebäudeautomationslösung sehr einfach und komplett berechnen zu können. Sobald ein paar einfache Angaben mittels Drag & Drop gemacht wurden, zeigt der ComtexisPlanner einen verbindlichen Preis an, welcher alle Kosten beinhaltet. Zum Beispiel beim Erstellen der Offerte, Pflichtenheft, bei der Auftragsbestätigung, den Apparatenplänen, Schemas, beim UV-Tableau und sämtlichem Einbaumaterial, bei allen Bus- und Lautsprecherkabeln, allen Sensoren inkl. Taster, PIR etc. Der Installateur wird bei der Planung und Beratung entlastet, was dazu führt, dass er sein Risiko erheblich senken kann und gleichzeitig kompetente Gebäudeautomation mit einer hohen Kundenzufriedenheit anbieten kann. Durch die klare Struktur und die transparenten Dokumente (Apparatenplan, Pflichtenheft etc.), kann der Installateur seinem Kunden ein «Rundum-Sorglos-Packet» anbieten. Der Installateur weiss genau was er zu liefern hat und der Kunde ist sich vom ersten Tag an bewusst, was er bekommt. Dies führt zu einem effizienteren Ablauf
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des Projekts und schlussendlich zu einer erhöhten Profitabilität auf dem Projekt. Der ComtexisPlanner hat ein Projektlog, bei welchem alle Änderungen dokumentiert werden sowie eine Dokumentenablage, wo alle Pläne. Unterlagen, Schemas, Mails etc. grösstenteils automatisch abgelegt werden. Somit ist die Endabrechnung weniger aufwendig und vermindert unnötige Diskussionen. Zudem erhält der Endkunde ein Mail mit dem Zugang zum Projektraum und kann dort die Freigabe erteilen oder aber Änderungswünsche anbringen.
Präsentation an der Ineltec 2017 Besuchen Sie uns am Stand B 164 an der Ineltec 2017 und gehören Sie zu den ersten, welche den ComtexisPlanner anwenden. Unter allen Besuchern verlosen wir 1 Woche Skiferien in einem Loxone-Chalet in den Schweizer Bergen. ■
Infos Comtexis AG 5400 Baden Tel 056 221 50 60 info@comtexis.com www.comtexis.com Ineltec Stand B164
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Eine smarte Elektroinstallation überzeugt auch ästhetisch
So oder so? Elegant oder klobig? Mit NOXnet lassen sich Taster mit beliebigen Funktionen belegen – in diesem Beispiel benötigen die genau gleichen Funktionen nur einen Viertel des Platzes einer konventionellen Installation.
Ein hochmoderner Neubau, ein gelungener Umbau, stilvoll eingerichtete Räume – und dann das: Eine unschöne Ansammlung von klobigen Tastern. Und das nur, um Licht und Storen zu bedienen und die Raumtemperatur zu regulieren. Gut informierte Bauherren wissen, dass die Entscheidung für ein Smart Home auch ästhetische Vorteile bringt. Aber nicht nur das. Heute sind vielen Leuten die Vorteile eines Gebäudeautomationssystems bekannt. Man hat eine grobe Ahnung, was so ein Smart Home bringt: Lichter und Storen zentral bedienen, Beschattungsfunktionen automatisieren, eine Anwesenheitssimulation kreieren, Multimedia-Anwendungen einbeziehen usw. Beim Planen weiss man normalerweise noch nicht, wo welche Funktion praktisch sein wird. Musik auch im Bad? «Zentral-Aus» auf jedem Stockwerk oder nur beim Ausgang? Welche Storen möchte man zusammen bedienen? Oder doch alle einzeln? – Genau dafür ist ein Smart Home (auch) da. Änderungen sind jederzeit problemlos möglich, ohne dass die schönen neuen Wände «aufgespitzt» werden müssen …
Farbige Taster, Touchpanels
Die eleganten Elektroniktaster sind nicht nur praktisch, sie sind auch in verschiedenen Farben und graviert erhältlich (z. B. EDIZIOdue). Und wenn die Bedienungswünsche zu umfangreich werden, ist ein Touchpanel die (Er-)Lösung. Das gibt es zum Gebäudeautomationssystem NOXnet in vier Grössen und Ausführungen.
Echtes Bussystem NOXnet ist ein sicheres, drahtgebundenes System, das praktisch alle Automatisierungswünsche erfüllt. Innoxel liefert dem Elektroinstallateur «Alles aus einer Hand». Innoxel übernimmt auch die Beratung der Bauherrschaft, damit der Installateur und der Architekt sich um ihr Kerngeschäft kümmern können. ■
INNOXEL System AG 3661 Uetendorf Tel. 033 345 28 00 info@innoxel.ch www.innoxel.ch
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Gebäude-Automationssystem Sallegra
So smart kann Ihr Haus sein Alles wird einfacher, viel komfortabler und auch noch günstiger. Was wie ein verlockendes Versprechen klingt, ist für die Besitzerin einer Landhausvilla in Süddeutschland Wirklichkeit geworden.
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rau P.* hat ihr Haus mit der Gebäude-Automation Sallegra, der Premiumlinie der Satelco AG, ausrüsten lassen. Alle Geräte und Funktionen wurden mit ihr gemeinsam ausgewählt, für ihre Bedürfnisse massgeschneidert zusammengestellt und auf ihre persönlichen Wünsche hin angepasst. «Ich hatte schon vor Sallegra eine Basis-Gebäude-Automation eingebaut, aber ich habe sie sehr selten verwendet, da sie nicht wirklich intuitiv zu bedienen war – man musste viel mitdenken, und dann kann man ja gleich selbst das Licht oder die Alarmanlage einschalten», erinnert sich Frau P. Das ist jetzt anders, denn Sallegra ist eine besonders variable und jederzeit erweiterbare Form der Gebäude-Automation. Das Smartphone der Hausbesitzerin klingelt, auf dem Display er-
scheint das Gesicht eines Paketkuriers. Und obwohl sie unterwegs ist, kann Frau P. mit ihm kommunizieren. Wie das funktioniert? Über die Sallegra Remote-App ist ihr Smartphone mit der IP-Türsprechstelle des Hauses verbunden. Klingelt jemand dort, meldet es das Handy und sie kann über Video und Audio bequem Kontakt aufnehmen. Den Paketkurier bittet sie, ihre Lieferung diesmal beim Nachbarn abzugeben. «Genial einfach», findet sie und schiebt das Smartphone zufrieden in ihre Tasche zurück.
Vorprogrammierte Szenarien für zu Hause Wenn sie zu Hause ist, findet Frau P. die vorprogrammierten Szenarien, die sie über ein übersichtliches Touch Panel, das eigens für Sallegra entwickelte Multitouch Panel, wählen kann, besonders praktisch.
«Wenn ich zum Beispiel das Haus verlasse, muss ich nicht wie früher extra einen Rundgang machen um zu testen ob alle Lichter, Heizung und Herd aus sind. Ich muss nur mein Smartphone mitnehmen. Sobald ich dann gehe, schalten sich alle von mir gewünschten Lichter aus, Geräte wie der Fernseher oder der Herd schalten sich komplett ab.» Ebenfalls zentral steuert man vom Schlafzimmer aus alle Lichter im Haus. «Bevor ich abends ins Bett gehe, drücke ich auf «zentral aus» und kann mir sicher sein, dass keine Lichter mehr brennen. Das bestätigt mir dann nochmals die bei Sallegra eingebaute Sprachausgabe. Sie benachrichtigt mich auch bei anderen Vorgängen im Haus, wie zum Beispiel einer Gas- oder CO2-Warnung. Und wenn ich nachts einmal aufwache, weil ich ein Geräusch gehört habe, kann ich mit ei-
Einfache Bedienung mit übersichtlichem Touch Panel. Bei einem Alarm mit dem Handy auf Kameras zugreifen und sehen was passiert. 4
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nem einzigen Fingertipp auf das kleine Touch Panel neben meinem Bett alle Lichter im Haus anschalten – mein ganz persönlicher Panikknopf ist das, er gibt mir ein ganz neu gewonnenes Sicherheitsgefühl», so Frau P. Auch die Rollläden und Jalousien sind durch Sallegra gut vernetzt. Sie sind direkt mit der Wetterstation vernetzt und fahren bei einer Sturmwarnung automatisch nach oben. «Falls ich einmal eines der elektronischen Fenster gekippt habe und unterwegs bin, schliesst es sich bei Regen und Sturm von selbst», ergänzt Frau P. Und wenn sie im Urlaub ist, erweckt die intelligente Steuerung von Sallegra durch vorprogrammierte Szenen mehrmals täglich den Eindruck, dass jemand im Haus ist – die Rollläden können herauf- und herunterfahren, Lichter gehen an und wieder aus – viele weitere Features sind machbar. Und sie merkt an: «Auch von unterwegs aus habe ich das Haus jederzeit im Blick. Meldet das Handy einen Alarm, kann ich von jedem Ort der Welt aus auf alle Kameras zugreifen und sehen, was dort passiert. Zusätzlich zeichnen die Kameras automatisch auf, wenn die Bewegungsmelder eine Aktivität registrieren. Sallegra steigert al-
Intelligent automatisierte Landhausvilla. so nicht nur den Komfort, sondern auch die Sicherheit im Haus. Und Energie spare ich auch noch dabei – bis zu 40 % sind möglich – das finde ich natürlich toll», sagt sie.
Energiesparen durch smarte Thermostate Das ist möglich, da Sallegra auch die Thermostate im Haus intelligent steuert. Öffnet man zum Beispiel die Fenster, registriert das die Heizung und geht auf Stand-by. Ganz nach Wunsch der Besitzerin regelt das System die Temperatur zu bestimmten Uhrzeiten, zu denen sie nicht daheim ist um drei Grad herunter. Pünktlich zu Ihrer Rückkehr sind die Räume dann wieder auf Wohlfühltemperatur beheizt. Besonders gut gelungen ist bei Sallegra auch die Einbindung in die heute allgegenwärtigen Multimedia-Systeme. «Ich kann in jedem Raum Musik aus meinem zentralen Datenspeicher erklingen lassen, meinen Fernseher nutze ich nicht nur zum Filme schauen, sondern auch als grosse Bildschirmoberfläche. So kann ich dort viele Dinge parallel steuern – im Internet surfen, einen Film online ansehen oder ein Rezept googeln. «Diese Features sind bei Sallegra selbstverständlich», bestätigt Thomas Theurer, CEO von Satelco und verantwortlich für die Entwicklung der Premiumlinie. «Es ist uns gelungen, mit Sallegra die intelligente Home Automation auf ein ganz neues Level zu bringen. Alles ist möglich, und das System ist so intuitiv bedienbar,
dass es jeder ohne Vorkenntnisse steuern kann. Ausserdem entwickeln wir mit jedem Kunden persönlich die für ihn ideale Smart Home-Lösung. Von Anfang an bestimmt der Endkunde jeden einzelnen Schritt mit, wir beraten ihn individuell und können so das optimale Angebot erstellen.» Ein weiterer Pluspunkt von Sallegra ist die jederzeit mögliche Erweiterung des Systems. Merkt der Kunde, dass er doch gerne weitere Funktionen oder Hardware, zum Beispiel Kameras oder eine hochmoderne Video-Türsprechstelle hätte, bekommt er diese Features reibungslos nachgerüstet. «In der Landhausvilla gab es schon ein grundlegendes System, das wir erweitert, modernisiert und perfekt auf die individuellen Bedürfnisse unserer Kundin angepasst haben», so Theurer. «Aber wir können natürlich auch einen Neubau, Mehrfamilienhäuser und Firmengebäude von Beginn an mit Sallegra ausrüsten und so auf jeden Kundenwunsch eingehen. Und das Beste daran: Das Ganze bieten wir zu einem attraktiven Preis an, der oft weit unter dem der Konkurrenz liegt.» Auch das war, wie sie bestätigt, ein Argument, warum sich Frau P. für Sallegra von Satelco entschieden hat. ■
Infos Frau P: auf Wunsch anonymisiert Satelco AG Switzerland, 8804 Au/ Wädenswil, Tel. 044 787 06 07 satelco@satelco.ch, www.satelco.ch
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2017
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Einbau von LED-Leuchten in gedämmte Hohldecken
Innovatives LED-Einbaugehäuse ThermoX® LED
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Vier Bauformen für den luftdichten Einbau von LED-Leuchten in gedämmte Hohldecken ThermoX® LED – Das Multitalent
ThermoX® LED Einbaugehäuse ist geeignet für den Einbau von schwenkbaren und starren LEDLeuchten in unterschiedlichste Deckenkonstruktionen. Die Montage ist problemlos möglich sowohl in Paneel- oder Kassettendecken, als auch in fugenlose Unterdeckenkonstruktionen aus Gipskarton, Mineralfaser-, MdF- oder Spanplatten mit Einfach- oder Zwischenlattung.
Energieeffizienz inklusive Luftdichtheit ist eine primäre Anforderung energieeffizienter Gebäude. Wenn Einbauleuchten in gedämmte Hohldecken eingebaut werden, besteht die Gefahr von unerwünschtem Luftaustausch. Dieser wird durch den Einsatz von ThermoX® LED Einbaugehäusen effektiv verhindert. Ein Lamellenkranz am äusseren Dosenrand dichtet die Einbauöffnung hermetisch ab, das Einbaugehäuse selbst ist luftdicht. Für das dichte Einführen von Kabeln oder Leitungen sorgt ein Dichtelement, welches um die Kabel oder Leitungen gelegt werden kann und die Einführungsöffnung sicher verschliesst. Weder Staub noch Schmutz können in die Zwischendecke eindringen und die Funktion des Kühlkörpers beeinträchtigen.
Wärme wird schneller und effektiver abgeführt. Die Wellung bedeutet gleichzeitig eine geringere Auflagefläche für die Dampfbremse. Sie wird so noch besser vor den Einflüssen übermässiger Wärme geschützt und bleibt langfristig funktionsfähig.
Präventiver Brandschutz Durch das effiziente Wärmemanagement werden die Dampfbremsfolie und die umgebende Isolation sicher geschützt. Die Luftdichtheit des Gehäuses wiederum verhindert die Verschmutzung des Kühlkörpers der Leuchte, und es können sich keine Partikel ansammeln. Einem Schwelbrand im Zwischenboden wird zuverlässig vorgebeugt.
➌ ➊ Ein Dichtelement verschliesst die Einführungsöffnung ➋ Lamellen verschliessen die Einbauöffnung luftdicht. ➌ Eine Ausbuchtung im Gehäuse bietet genügend
Schwenkraum für die Ausrichtung von Schwenkspots.
➍ Wenig Auflagefläche für die Dampfbremse.
Sie bleibt vor Hitzeeinwirkungen geschützt.
➎ Dank der Spreiztaschen werden Klemmenspots sicher im Gehäuse verankert.
➏ Ein Einbau in der Dachschräge ist problemlos möglich.
Sichere Befestigung von Klemmenspots Ab sofort verfügen alle vier Grössen der ThermoX® LED Einbaugehäusefamilie über Spreiztaschen. Diese nehmen die Klemmfedern von Einbauleuchten auf und verankern das Leuchtmittel sicher im Gehäuse. Die Montage der Leuchten bleibt dabei werkzeugfrei. Spot einschieben und er hält! ThermoX® LED Einbaugehäuse sind in vier Baugrössen für LED-Leuchten von 6,6 – 10 W verfügbar. ■
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Optimales Wärmemanagement Der Boden der ThermoX® LED Einbaugehäuse ist gewellt. Dadurch entsteht eine grössere Oberfläche und die durch das Leuchtmittel erzeugte
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Infos Agro AG, Installationsmaterial 5502Hunzenschwil, www.agro.ch
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Montagefilm
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Plug & Play. Mit dem KNX/USB-Modul wird das Home-Panel 7" zur KNX-Steuerzentrale.
Clevere Nachfolgelösung B-Port des Einfach das ETS-basierende KNX/USB-Modul in den USB-Port X-SteuerHome-Panel 7" einstecken und schon stehen sämtliche KNX-Steuerfunktionen für die gesamte Gebäudetechnik zur Verfügung. Das ist clever und macht das moderne Home-Panel 7" zur idealen Nachfolgelösung des KNX-Touch-Panels 7". So können Sie und Ihre Kunden auch in Zukunft auf die bewährte KNX-Bedienoberfläche zählen. www.feller.ch/knx
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Grundlagen der Videoüberwachung
Augen, die nie ermüden Die Videoüberwachungstechnik gewinnt als technischer Baustein innerhalb eines ganzheitlichen, homogenen Sicherheitskonzepts stetig an Bedeutung. Moderne Systeme ermöglichen über die reine Beobachtung und Dokumentation sicherheitsrelevanter Vorgänge eine gezielte Detektion und Analyse von Ereignissen. Sämtliche Bilder können dabei an einer oder mehreren Überwachungsstationen dargestellt werden. Im Zusammenspiel mit Gefahrenmelde- und Sicherheitstechniken gestattet die Videotechnik eine umfassende Lagebeurteilung, ohne dass der Ort des Geschehens direkt betreten werden muss.
(Bild: istockphoto.com)
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n den letzten Jahren hat sich die Videotechnik enorm weiterentwickelt. Unabhängig davon, ob eine Anlage auf Basis von Analogtechnik oder IP-Technologie errichtet werden soll, sind die Aufgaben zur Auswahl der Kameras, Objektive, Schutzgehäuse und Konsolen gleicher Art. Erst mit der Übertragung der Bildsignale sind Unterschiede zwischen Analogtechnologie und IP-Technik zu berücksichtigen. Die Funktion einer Kamera ist dabei mit der eines menschlichen Auges vergleichbar. Sie nimmt ein Objekt oder eine Person über ein Objektiv wahr und speichert die Aufnahme auf einen Chip. Heutige sicherheitsrelevante Anlagen werden immer um-
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fangreicher und komplexer und weisen zudem variierende Sicherheitsbedürfnisse auf. Mit einem Videoüberwachungssystem ist der Sicherheitsdienst immer im Bild, täglich 24 Stunden und sieben Tage pro Woche. Die heutigen Lösungen reichen von unterschiedlichen Kameratypen über Bildanalysesysteme bis zu Videomanagementstationen, welche die aufgezeichneten Bilder auswerten und bei einem Ereignis automatisch das zuständige Personal informieren.
Licht und Objektive Um mithilfe von Videokameras Objekte sichtbar zu machen, wird eine Lichtquelle benötigt. Dabei kann es
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sich um eine künstliche Lichtquelle oder aber auch das Sonnenlicht handeln. Zu unterscheiden ist prinzipiell normales, sichtbares Licht und Infrarotlicht, das für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar ist. Je nach Einsatzort und Anforderungen kann entweder mit normalem, sichtbarem Licht oder mit Infrarotbeleuchtung gearbeitet werden. Infrarotbeleuchtung wird dann eingesetzt, wenn etwas möglichst unauffällig und diskret überwacht werden soll oder bei schwierigen Lichtverhältnissen (z. B. Aussenüberwachung). Im Unterschied zur normalen Beleuchtung benötigt man zur Überwachung infrarottaugliche (IR) Kameras mit dem entsprechenden IR-vergüteten Objektiv. Diese Kamera liefert tagsüber ein normales Farbbild und schaltet bei unzureichender Beleuchtungsstärke auf den IR-sensitiven Schwarzweissmodus um. Das Objektiv einer Kamera definiert das Sichtfeld, steuert die Lichtmenge und stellt das Bild scharf durch Verschieben der Linsen im Objektiv. Ein wichtiger Faktor bei der Auswahl einer Kamera ist das erforderliche Sichtfeld. Es umfasst den Abdeckungsbereich der Kamera und die gewünschte Detailgenauigkeit und wird durch die Brennweite des Objektivs und die Grösse des Bildsensors festgelegt. Die Brennweite eines Objektivs ist der Abstand zwischen der optischen Linse (optischer Mittelpunkt im Objektiv) und der Stelle, an der alle Lichtstrahlen an einem Punkt zusammenlaufen
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(Brennpunkt). Je länger die Brennweite, desto enger ist das Sichtfeld.
Kameratechnik und -Typen Kameras unterscheiden sich im Wesentlichen durch ihre Möglichkeit, Farb- oder Schwarzweissbilder zu liefern, ihre Auflösung und ihre Bauform. Welche Kamera für ein Projekt eingesetzt werden soll, hängt von den Aufgaben der Kamera ab. Jede Person und jeder Gegenstand gibt Wärmestrahlen ab. Mit einer Wärmebildkamera können Personen und Gegenstände ohne zusätzliche Lichtquellen auf grosse Distanzen erfasst werden. In Aussenbereichen bieten sie den Vorteil
HD-SDI Kameras: Die Abkürzung HD SDI steht für «High Definition Serial Digital Interface». Unter HD SDI versteht man die nicht komprimierte Übertragung von digitalen Signalen. Das Besondere an der HD SDI Technologie ist, dass analoge Schnittstellen nun auch HD-Signale wiedergeben können. Die Technologie ermöglicht somit hochauflösende Bilder ohne Umrüsten auf IP-Video. Diese Technologie stammt aus dem professionellen Studiobereich und wird heute vielfach für die Aufzeichnung von HDTV-Programmen genutzt. Dank dieser Technologie wird es möglich, analoge Überwachungsbilder in Echtzeit zu übertra-
Bild einer Wärmebildkamera für Perimeterschutz. (©Siemens Schweiz AG)
einer weitgehenden Wetterunabhängigkeit. So haben Regen, Schnee, Nebel oder Gegenlicht einen wesentlich geringeren Einfluss auf das Bild. Daher sind Wärmebildkameras in Verbindung mit Videosensorik für den Perimeterschutz oder die Überwachung von Gebäudefassaden geeignet. Einige Wärmebildkameras verfügen über eine zusätzliche Intelligenz zur präzisen Auswertung von Temperaturen auf Oberflächen. Die Temperaturen werden in einem Farbraster dargestellt. Werden vordefinierte Temperaturschwellenwerte erreicht, löst die Kamera einen Alarm aus, der an eine beliebige Aussenstelle weitergeleitet werden kann.
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gen und darzustellen. Eine hohe Auflösung ist für HD SDI Aufzeichnungsgeräte selbstverständlich. HD SDI Überwachungssysteme können besonders einfach installiert werden, da es sich um geschlossene Systeme handelt. IP-Kameras: Eine IP-Kamera, häufig auch als Netzwerk-Kamera bezeichnet, besteht aus einer Kamera und einem Computer, die zu einer intelligenten und kompakten Einheit zusammengefasst sind. Zu den Hauptkomponenten einer IP-Kamera gehören ein Objektiv, ein Bildsensor, ein oder mehrere Prozessoren sowie ein Speicher. Die Prozessoren werden für die Bildverarbeitung, Komprimierung, Videoanalyse und Netzwerk-
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funktionen eingesetzt. Der Speicher wird für die lokale Aufzeichnung von Videosequenzen und für die Speicherung der Firmware der IP-Kamera (dem Betriebssystem) verwendet. Wie ein Computer verfügt die IP-Kamera über eine eigene IP-Adresse und ist direkt mit dem Netzwerk verbunden. Sie kann deshalb überall platziert werden, wo eine Netzwerkverbindung verfügbar ist. Als ein komplett autarkes System kann eine IP-Kamera eigenständig Videos innerhalb eines Netzwerks übertragen. Zudem bietet sie Webserver-, FTP und E-Mail-Funktionen und viele IP-Netzwerk- und Sicherheitsprotokolle. IP-Kameras verfügen zum Teil über digitale Ein- und Ausgangskontakte. Die Eingänge können an alarmgebende Sensoren angeschlossen sein, wobei die Kamera auf einen Alarm unterschiedlich reagiert. So ist es möglich, einen Versand von Bildern, E-Mail oder SMS auszulösen. Mit den Ausgängen können Schaltungen, beispielsweise für Beleuchtung oder Gefahrenmeldeanlagen, vorgenommen werden. IP-Kameras verfügen oft über Bildspeicher mit Ringspeicherfunktion, mit deren Hilfe gezielt Voralarmbilder versandt werden können. Moderne IP-Kameras verfügen über Analysefunktionen, intelligente Analysealgorithmen zur Echtzeiterkennung von sicherheitsrelevanten Objekten oder Ereignissen. Zusätzlich bieten sie die Übermittlung von Eventdaten sowie die Anzeige von Metadaten in einem Webbrowser wie auch in Videomanagementsystemen. Boxkameras: Dieser Kameratyp eignet sich insbesondere für den Einsatz im Innenbereich. Für die Montage gibt es diverse Halterungen, zum Beispiel Decken- oder Wandhalterungen. Die Kamera sollte nicht direkt Feuchtigkeit ausgesetzt werden. Um die Kamera vor Manipulationen zu schützen, sollte der Montageort und die Montagehöhe so gewählt werden, dass die Kamera nicht einfach zu erreichen ist. Wird eine Kamera im Aussenbereich eingesetzt, benötigt diese zwingend ein Aussengehäuse. Um die Scheiben vor dem Beschlagen
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zu schützen, haben alle Gehäuse eine Scheibenheizung. Das Dach auf dem Gehäuse dient als Sonnendach, sodass die direkte Sonneneinstrahlung vermieden und die Bildqualität nicht beeinflusst werden. Herrschen extreme Umgebungsbedingungen vor (wie in Autobahntunnels), gibt es spezielle Gehäuse, beispielsweise aus rostfreiem Edelstahl. Ein Mini-Dome besteht im Wesentlichen aus einer unbeweglichen Kamera, die fest in einem kleinen Kuppelgehäuse installiert ist. In ihren Grundfunktionen entspricht sie der Standardkamera und kann in einer beliebigen Richtung ausgerichtet werden. Ihr grösster Vorteil liegt dabei in ihrem unauffälligen Design. Zudem ist die Ausrichtung der Kamera nur schwer zu erkennen. Ausserdem ist die Kamera durch das Kuppelgehäuse vor Manipulationsversuchen gut geschützt. Die Kameras sind oft mit einem Variofokusobjektiv be-
Unterschiedliche Standardkameras mit Aussengehäuse. (©Siemens Schweiz AG) stückt, damit das Sichtfeld der Kamera angepasst werden kann. Mini-Domes sind in der Regel feststehende Kameras ohne Motorzoom. Eine PTZ-Kamera (Pan-Tilt-Zoom) lässt sich manuell oder automatisch schwenken oder neigen und kann einen Bereich oder ein Objekt vergrössert oder verkleinert darstellen. Mechanische PTZ-IP-Kameras werden überwiegend in Innenbereichen und Umgebungen eingesetzt, bei denen ein Bediener verfügbar ist, und können an der Decke oder an
der Wand montiert werden. Der optische Zoom einer PTZ-IP-Kamera liegt in der Regel zwischen 10 und 36 Mal. PTZ-Dome-Kameras können einen grösseren Bereich abdecken, da sie eine grössere Flexibilität beim Schwenken, Neigen und Zoomen haben. Sie ermöglichen kontinuierliche Schwenks um 360 Grad und eine Neigung von 180 Grad. PTZ-Dome-Kameras eignen sich aufgrund ihres Designs, der Befestigungsart und des schwer erkennbaren Sicht-
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winkels der Kamera für unauffällige Installationen. Eine PTZ-DomeKamera zeichnet sich auch durch mechanische Robustheit beim kontinuierlichen Betrieb im Rundgangsüberwachungsmodus aus. Dabei wechselt die Kamera automatisch in festgelegter oder zufälliger Reihenfolge von einer voreingestellten Position zur nächsten. Es können in der Regel bis zu 20 «Rundgänge» eingerichtet und zu verschiedenen Tageszeiten aktiviert werden. In diesem Modus kann eine PTZ-Dome-Kamera einen Bereich abdecken, für den normalerweise
Bewährte Übertragungstechnik über Fernmeldekabel. (©Siemens Schweiz AG)
mehrere fest ausgerichtete Kameras erforderlich wären. Ein Nachteil ist allerdings, dass jeweils nur ein Zielbereich überwacht werden kann, sodass die anderen Positionen während dieser Zeit unbeaufsichtigt bleiben. Der optische Zoom einer Dome-PTZ-Kamera liegt in der Regel zwischen 10 und 35 Mal. Diese Art von Kameras wird in Innenräumen gewöhnlich an der Decke befestigt und in Aussenbereichen an einem Mast oder an einer Wand.
Übertragungsarten Die Übertragung der Videosignale bei analogen Kameras ist streng an die Videonorm (EN 62676-4) gebunden. Damit ist geregelt, wie die Bilder von der Kamera (Quelle) an die Wiedergabetechnik (Senke) übertragen werden. Die Norm bestimmt, in welcher Form das Gemisch aus Bild- (Farbe oder S/W), Synchron- und Austastsignalen (FBAS oder BAS) zu übertragen ist
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und legt Signalspannungen sowie den komplexen Leitungswiderstand fest. Damit ist es möglich, Kameras beliebiger Hersteller an eine analoge Videoüberwachungsanlage – und sei diese noch so komplex – anzuschliessen. Koaxialkabel: Das ist die einfachste Art der Übertragung von analogen Videosignalen zwischen Kamera und Monitor. Dabei gelten dieselben Bedingungen für alle Übertragungsstrecken auf Basis Koaxialkabel zwischen Quellen (z. B. Videozentralentechnik, andere Signalempfänger) und Senken (z. B. Videomonitore, Bildspeicher, Videoprinter usw.). Eine bewährte Übertragungstechnik für analoge Videosignale ist die über eine physikalische Doppelader in einem geschirmten Fernmeldekabel. Im Gegensatz zu Koaxialtechnik, bei der nur auf der Empfangsseite ein Verstärker eingesetzt ist, werden dazu Sender und Empfänger benötigt. Funkübertragung: Die Übertragung von Videosignalen über Funk wird überall dort eingesetzt, wo eine Verlegung von Kabeln nicht oder nur mit hohem Aufwand möglich ist. Es sollte jedoch stets geprüft werden, ob eine Kabelverlegung wirklich völlig ausgeschlossen ist. In die Überlegung sind die Kabel zur Spannungsversorgung von Kamera und Sender mit einzubeziehen. Bei völlig kabelloser Anbindung der Kamera sind zu deren Spannungsversorgung entsprechende Elemente wie Solarzellen oder Akkumulatoren zu berücksichtigen. Glasfaserkabel werden zur Informationsübertragung über kurze und weite Strecken mit hoher Bandbreite verwendet. Kostengünstige Multimodefasern kommen dabei auf kurzen Strecken zum Einsatz, und mit Monomodefasern können Strecken von einigen zehn bis über 100 km ohne Zwischenverstärkung mittels Repeatern überbrückt werden. An den Endpunkten von Glasfaserkabeln werden die optischen Signale meist noch in elektrische gewandelt, die dann zum Beispiel über Koaxialkabel in die einzelnen Haushalte geführt wer-
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den. Die Übertragung mit Glasfaser kann sowohl für IP- als auch für die Analogtechnologie angewendet werden. Es braucht jedoch für beide Technologien einen Sender und Empfänger. Netzwerk: Oftmals geht man davon aus, dass beim Einsatz von IPoder Analogkameras mit Encoder die Übertragungswege nicht mehr berücksichtigt werden müssen, da ein Netzwerk praktisch überall verfügbar ist. Dies sollte sicherheitskritisch hinterfragt werden, da sich IP-Netze oft an öffentlich zugänglichen Orten befinden und schnell jemand aufs Netz zugreifen kann. Es ist deshalb wichtig, das Netzwerk abzuschotten und allenfalls mit Firewalls genügend zu sichern. Zudem entstehen bei der Übertragung von Videobildern hohen Datenlasten. Es wird daher empfohlen, innerhalb des Netzwerks eine eigene geschützte Struktur für die Videoanlage zu schaffen. In einem Netzwerk ist es möglich, die Daten entweder kabelgebunden oder aber über ein WLAN zu übertragen. Bei kabelgebundenen Lösungen werden sowohl Kupfer-(CAT-Kabel) als auch LWL-Leitungen eingesetzt.
Videomanagementsysteme Videomanagementsysteme basieren meist auf einer Client/Server-Architektur, was eine problemlose Erweiterung vorhandener Systeme oder das Hinzufügen zusätzlicher Subsysteme ermöglicht. Es ist wichtig, dass das Parametrieren des Managementsystems trotz Komplexität mit einfachen Mitteln intuitiv und übersichtlich sowie ohne spezielle Programmierkenntnisse erfolgen kann. Zusätzlich sollte die Architektur des Videomanagementsystems redundant aufgebaut sein. Besondere Aufmerksamkeit sollte Anlagen in sensiblen Sicherheitsbereichen gewidmet werden, da die Anlagen bei einem Ausfall von Systemkomponenten ohne Unterbrechung weiter funktionieren müssen. Zu den wichtigsten Aufgaben eines Managementsystems gehören eine einfache Bedienung, das Verwalten und Steuern aller Funktionen zur Bildaufschaltung wäh-
Gebäudeautomation
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rend und ausserhalb von Alarmsituationen, die Speicherung und Wiedergabe von Bildern sowie das Zusammenspielen mit Komponenten anderer Sicherheitssysteme. Das Auffinden von relevanten Daten eines Ereignisses soll möglichst effizient sein. Die intelligente forensische Suche ist sehr zeitsparend und kann eine grosse Datenbank mit Aufzeichnungen innerhalb von Sekunden nach Ereignissen durchsehen. Je nach Suchobjekt werden die spezifischen Kriterien wie Objektgrösse, Geschwindigkeit, bidirektionale Bewegungsrichtung, Grössenverhältnis und Farbe ausgewählt. Zur weiteren Unterstützung der Suchfunktion können in der vorliegenden Szene virtuelle Felder oder Linien definiert werden. Virtuelle Felder können z. B. der Routenverfolgung von Fahrzeugen dienen. Auf einfache Weise lassen sich auch Objekte finden, die einen virtuellen Stolperdraht in einer vordefinierten Richtung überqueren.
Intelligente Bildanalyse Bildanalyse bildet das Rückgrat für eine zuverlässige Videodetektion. Sie sucht das Videobild nach definierten Bewegungsmustern ab. Mit einer intelligenten Bildanalyse können Aufgaben gelöst werden, die weit über den Schutz von Objekten und Flächen hinausgehen. Zusätzlich ist es mit wachsender Kamerazahl nicht mehr möglich, in der Zentrale alle Videobilder zu überblicken und bei einem sicherheitsrelevanten Ereignis im Sichtfeld einer oder mehrerer Kameras darauf zu reagieren. Das Betrachten von Bildern vieler Monitore lässt den Be-
Weniger Diebstähle Gemäss der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) des Bundesamts für Statistik (BFS) ist die Zahl aller Diebstähle 2016 um 14 000 auf 146 731 (–9%). Die Einbrüche machen dabei rund einen Viertel aus; sie sind 2016 auf insgesamt 36 970 zurückgegangen (12 %). Dies ergibt eine Häufigkeit von 5,6 Einbruchdiebstählen auf 1000 Einwohnerinnen und Einwohner, gegenüber 6,4 im Jahr 2015. Während 2012 mit 201 polizeilich registrierten Einbrüchen pro Tag der bisherige Höchststand seit der Statistikrevision im Jahr 2009 erreicht wurde, fiel diese Zahl im Jahr 2016 auf 127.
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Bildanalyse mit 3D-Objekt-Tracking und virtuellem Stolperdraht. (©Siemens Schweiz AG) trachter in einer Videozentrale schnell ermüden, zumindest ist seine Aufmerksamkeit eingeschränkt. Kurzzeitige Ereignisse in der zu beobachtenden Szene werden mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht erkannt. Um Abhilfe zu schaffen, werden erst im Ereignis Bilder aufgeschaltet, um dem Betrachter den Vorgang optisch und akustisch zu signalisieren. Videoanalyse mit Klassifikation basiert auf der Detektion bestimmter Objekte, die gleiche Merkmale aufweisen. Da die Objekte in Klassen unterschieden werden, bezeichnet man das Verfahren Objektklassifikation. Klassen können Personen, Fahrzeuge und sonstige Objekte sein. Ziel der Analyse ist, innerhalb des Videobilds Personen und/oder Fahrzeuge zu detektieren. Sobald Objekte erkannt sind, werden diese bei der Bildwiedergabe mit farblich unterschiedlichen Rahmen markiert. Sind Alarmzonen eingerichtet, erfolgt eine Alarmierung erst dann, wenn die Objekte sich in diesen bewegen. Alle Objekte, die sich im Bild bewegen und nicht als Personen oder Fahrzeuge erkannt wurden, meldet die Videoanalyse als sonstige Objekte. Die Möglichkeiten zum umfassenden Perimeterschutz eines Objekts sind heute vielfältiger und komplexer denn je. Oftmals werden weitläufige Gelände mit Videokameras überwacht. Überschreitet eine Person aus einer bestimmten Richtung die vordefinierten Zonen,
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werden die Alarme entsprechend dem Eskalationsplan ausgelöst. Auch mit virtuellen Linien lassen sich verschiedenste Alarmszenarien aufbauen. Als zusätzliche Unterstützung für den Perimeterschutz kann eine 3D-Tracking-Bildanalyse dienen. Sie erkennt gleichzeitig beliebig viele Objekte im Videobild und kann sie automatisch verfolgen, indem sie die Zoom- oder Schwenkfunktionen von Kameras nutzt. Alternativ lassen sich erkannte Objekte per Mausklick auf den Zoombereich schalten. Videolösungen zur optischen Zeichenerkennung kommen heute in verschiedensten Anwendungen zum Einsatz. Zahlstellen (Mautbrücken) auf Autobahnen: Um Mautsünder zu detektieren, muss das Kennzeichen erkannt und analysiert werden können. Die Technik muss dabei auch bei hoher Geschwindigkeit der Fahrzeuge (bis 200 km/h) sicher detektieren. Ein anderes Beispiel ist die Ein- und Ausfahrt in Sicherheitsareale. Eine im Ein-/Ausfahrtsbereich installierte Kamera erfasst die Kennzeichen der ein und ausfahrenden Fahrzeuge und gleicht diese mit der Datenbank ab. Bei einer Übereinstimmung öffnet sich die Schranke. Zusätzlich kann auch die Verweildauer erfasst werden. Bei der Aufnahme eines Passfotos sind biometrische Merkmale zu berücksichtigen. Auf Grundlage des Passfotos werden Muster erstellt, die eine Identifikation der Person
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ermöglichen. Nutzt man die gespeicherten Muster mit den von Videokameras aufgenommenen Personenbildern, können diese mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit wiedererkannt werden. Bei vielen und nebeneinanderstehenden Personen erschweren sich die Detektionsbedingungen erheblich und die Gesichtserkennung ist nur mit sehr hohem Aufwand erfolgreich. Der Vergleich einer grossen Menge gespeicherter Muster mit den Mustern der Person, die von der Videokamera erfasst wurde, erfordert eine hohe Rechenleistung. Eine intelligente Bildanalyse kann auch Gegenstände, die in der zu überwachenden Szene abgestellt und nach Ablauf einer frei wählbaren Messzeit nicht wieder aufgenommen wurden, detektieren. Ähnlich wie liegengelassene Objekte, kann eine intelligente Videoanalyse das Entfernen von Gegenständen detektieren. In Museen können beispielsweise Bilder überwacht werden. Sobald ein Bild entfernt wird, gibt es aufgrund des fehlenden Bildes Alarm. Es gibt auch das Prinzip der Annäherungsdetektion, d. h. nach Überschreiten eines gewissen Minimalabstandes zum Bild gibt es einen Alarm. Die intelligente Videoanalyse wird in der Verkehrsüberwachung zu unterschiedlichsten Aufgaben eingesetzt. Soll auf Autobahnen ein Standstreifen für den Verkehr als zusätzliche Spur freigegeben werden, muss sicher sein, dass sich keine stehenden Fahrzeuge (Panne) dort befinden. Diese Aufgabe kann durch Kameras und einem geeigneten Algorithmus der intelligenten Videoanalyse gelöst werden. Durch Analyse des Verkehrsstroms können Ereignisse wie Staus, Unfälle, Geisterfahrer und anderes erkannt oder Fahrzeuge für Auswertungszwecke klassifiziert und gezählt werden. Für die Beurteilung der Verkehrslage in Tunneln ist es wichtig zu erkennen, ob Fahrzeuge liegen geblieben sind und so eine Gefahr für den laufenden Verkehr darstellen. Denn in Tunneln können selbst scheinbar unbedeutende Ereignisse schnell eskalieren. Automatische Gefahrenmeldesysteme identifizieren, überwachen und berichten zuverlässig über Objekte und Situationen, die zu Unfällen oder Bränden führen können.
Datenschutz und -sicherheit Heute ist es äusserst wichtig, dass Datenschutzthemen mit grosser Seriosität angegangen werden. Datensicherheit umfasst alle Massnahmen, um die gespeicherten und gesammelten Informationen vor Zerstörung oder Verlust zu schützen. Scrambling ist wesentlich, besonders in öffentlichen Bereichen mit entsprechenden Richtlinien für den Umgang mit sensitiven Videodaten. Erkennt die Bildanalyse Objekte, welche die Privatsphäre beeinträchtigen könnten, stellt sie diese mit einem Verschlüsselungsalgorithmus verpixelt dar. Bei archivierten wie auch bei Livebildern kann eine autorisierte Person diese Verschlüsselung jederzeit ausschalten. Datensicherheit im Netzwerk gewinnt im heutigen IT-Umfeld einen immer grösseren Stellenwert. Videomanagementsysteme sollten über den IT-Sicherheitsstandard Common Criteria, basierend auf dem Schutzprofil Video, verfügen. Dies gewährleistet die Überprüfung der Daten auf Integrität und Authentizität. Das Verändern von Daten wird erkannt und der Vorgang kann zu einem späteren Zeitpunkt nachvollzogen werden. ■
Infos Nach Unterlagen von Siemens Schweiz AG, Building Technologies siemens.ch/videoueberwachung. Autor: Hansjörg Wigger
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Brandmeldeanlagen von ganz einfach bis anspruchsvoll
Rauch früh erkannt – Leben gerettet Trotz modernster Technik passieren jedes Jahr Brände. Manchmal unspektakulär – und trotzdem sterben Menschen. Zuweilen gibt es Grossbrände, ohne dass Menschleben zu beklagen sind. Das Heimtückische beim Menschen ist, dass sie meistens nachts in der Wohnung sterben. Im Schlaf riechen nämlich Menschen nichts, der Geruchssinn ist abgestellt. Ein Rauchmelder würde in so einem Fall rechtzeitig Alarm schlagen. Es gäbe dann in der Schweiz pro Jahr sicher weniger als durchschnittlich 40 Todesfälle.
I
n Einkaufszentren, Hotels, öffentlichen und gewerblichen Bauten mit grossen Sälen für Personen, sind Brandmeldeanlagen Pflicht. In diesem Bericht wollen wir auf solche Anlagen nicht eingehen. Wir wollen uns vielmehr der Frage stellen: Kann es sinnvoll sein, auch im privaten Bereich oder in gewerblichen und öffentlichen Bauten, wo Brandmeldeanlagen keine Pflicht sind, diese trotzdem vorzusehen? In einigen europäischen Ländern, beispielsweise Deutschland, müssen auch Wohnungen mit Rauchwarnmeldern ausgestattet werden. In den meisten Fällen sorgt nicht das Feuer für Todesfälle, sondern der
entstehende Rauch. Dieser kann auf Personen tödlich wirken – und dies schon lange bevor das Feuer das Gebäude anfängt zu zerstören. Was können Beweggründe sein, eine Brandmeldeanlage zu installieren, obwohl sie der Gesetzgeber nicht verlangt? Um solche Brandmeldeanlagen geht es in diesem Bericht.
Brand oder Rauch, was jetzt? Wenn Brandmeldeanlagen das Thema sind, lassen sich diese vereinfacht in vier Gruppen einteilen. Bei den ersten drei Gruppen sind die Anlagen in der Schweiz noch nicht Pflicht.
1. Im Wohnhaus werden ein bis vier Melder unvernetzt installiert. Detektiert ein Melder Rauch oder einen zu hohen Temperaturanstieg, spricht nur gerade dieser Melder an. Es geht hier darum, Personen im Falle eines Brandes rechtzeitig zu warnen. Es gibt hier keinen Sachschutz! Die Kosten eines solchen Melders liegen bei knapp 40 Franken. Der Melder von Flextron arbeitet mit einer fest eingebauten Batterie für 10 Jahre. Die Jahreskosten betragen somit 4 Franken. 2. In einem Wohnhaus oder sonst einem Bau werden mehrere Melder über Funk vernetzt. Spricht ein Melder an, schlagen alle Melder Alarm.
Die Stadtverwaltung Kloten hat sich für Brandmeldeanlagen im Verwaltungsgebäude, Feuerwehrdepot, Kindergärten und Schulen entschieden. Sie wären nicht Vorschrift, doch der Personen- und Sachwertschutz ist der Stadtverwaltung wichtig.
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Es gibt auch hier keinen Sachschutz und keine Fernalarmierung. Ein vernetzbarer Melder kostet knapp 100 Franken. 3. Vernetzte Brandmelder, Gasmelder oder sonstige technische Melder, die einen Ausfall oder eine technische Panne erfassen, sind über Funk mit der Zentrale verbunden. Bei einem Alarm werden bei der einfachsten Zentrale bis zu 10 verschiedene Nummern angerufen. Damit kann die angerufene Person selber etwas unternehmen, die Feuerwehr alarmieren oder eine Person, die sich um den Brand- oder die Störmeldung kümmert. 4. Brandmeldeanlagen, die vom Gesetzgeber Plicht sind. Solche Anlagen werden von der Alarmzentrale abgenommen und bei einem Alarm wird direkt die Feuerwehr alarmiert. Um solche Anlagen geht es in diesem Bericht nicht.
ner Meldeanlage gekoppelt, die sich im Alarmfall auf dem Handy meldet. Da sind wir auf kompetente externe Beratung und Hilfe angewiesen.
Martin Schwarz, technischer Leiter der Feuerwehr Kloten, quittiert eine technische Störmeldung.
Nicht pflichtige Anlagen Martin Schwarz ist technischer Leiter der Feuerwehr Kloten. Er ist der Meinung, dass sich eine kleine Investition auch im Privatbereich lohnt und ganz sicher an Orten, wo viele Menschen sich aufhalten und auch wertvolle Sachen untergebracht sind. Er hat den Stadtrat von Kloten überzeugt, dass diese ohne gesetzliche Forderung im Stadthaus, den Schulen und Kindergärten Brandmeldeanlagen installiert. Was veranlasst einen dazu, eine Brandmeldeanlage zu installieren, obwohl diese vom Gesetzgeber (noch) nicht gefordert ist? Martin Schwarz: Es geht um die Früherkennung eines angehenden Brandes oder Schadens. Wir haben im Feuerwehrdepot viele technische Geräte und Fahrzeuge, bei denen ein Brand auftreten kann. Meistens geschieht dies über ein defektes elektrisches Gerät, beispielsweise über einen Kurzschluss. Dabei gilt es zu bedenken, dass im Brandfall ein Ersatz eines Fahrzeugs oder Geräts lange dauern kann. Die Anlage erlaubt nicht nur Feuer zu erkennen, sondern technische Alarme wie Stromausfall, eine ausgefal-
Diese Brandmeldeanlage von Flextron hält hier hier eine Türe offen, die im Brandfall automatisch schliesst.
lene Pumpe und anderes. Die Tore beim Feuerwehrdepot werden elektrisch geöffnet, da ist es wichtig, dass bei einem Stromausfall die Noteinspeisung aktiviert wird. Der Generator muss von Hand in Betrieb genommen werden. Auch die Umschaltung vom öffentlichen Stromnetz auf den Generator geschieht von Hand. Eine Person, nennen wir sie Fritz, hat sich im Internet «schlau» gemacht und entscheidet sich in seinem Wohnhaus ein paar Brandmelder zu installieren. Er schaut sich in Baumärkten aber auch bei Profianbietern um und findet da tatsächlich billige bis preisgünstige Melder. Was meint der Feuerwehrprofi dazu? Inzwischen gibt es auch in Baumärkten gute Brandmelder. Bei unseren Anwendungen in Kloten gibt es nicht nur einzelne unvernetzte Melder, sondern diese sind mit ei-
Die nächste Herausforderung stellt sich für Fritz, den «Laien», wo montiere ich die Rauchmelder? Solange man Melder ohne Zentrale installiert und die technischen Anweisungen des Anbieters oder allenfalls Hilfeleistungen im Internet konsequent umsetzt, ist das möglich. Bei einer professionellen Brandmeldeanlage haben Bewohner eine bestimmte Zeit zur Verfügung, um einen Alarm zu deaktivieren. Wird diese Zeit verpasst, wird die Feuerwehr benachrichtigt. Was passiert konkret bei einer Anlage in Kloten, also im Feuerwehrdepot, im Stadthaus, einer Schule oder im Kindergarten? Unsere Anlagen alarmieren nie direkt die Feuerwehr, sondern der Alarm wird zu den in der Zentrale programmierten Leuten aufs Handy geleitet. Das können bei einer einfachen Zentrale bis zu 10 Leute sein. Die angerufenen Leute entscheiden, was zu tun ist. Die Anschaffung und Installation einer Funk-Brandmeldeanlage ist die eine Sache, wie sieht es aber später mit der Wartung aus? Kleinanlagen arbeiten mit eingebauten Batterien, was geschieht wenn diese erschöpft sind? Die Komponenten sind überwacht, es wird eine Warnung abgesetzt. Bei Meldern mit eingebauter Batterie wird im Falle eines demnächst geschehenden Ausfalls des Melders auch ein Alarm zu den programmierten Personen geleitet. Zudem führen wir einmal im Jahr eine Wartung zusammen mit einer Person von Flextron, unserem Lieferanten, durch. Dazu wird ein Prüfgas verwendet und jeder Brandmelder wird damit ausgelöst und somit getestet, ob er funktioniert. In diesem Integraltest sind auch andere Melder, die Gas detektieren oder irgendeinen technischen Defekt melden, eingeschlossen. Die Zentrale
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steuert teilweise auch Geräte an, beispielsweise den Lift. Auch diese aktiven Funktionen der Zentrale werden getestet. In gewissen europäischen Ländern sind Brandmelder auch in privaten Häusern bereits Vorschrift. Kommt das in der Schweiz auch bald? Ich hoffe es. Wir empfehlen den Eigenschutz schon seit Jahren. Wir sprechen an Veranstaltungen immer wieder Personen an und empfehlen ihnen, doch 40 Franken für einen Melder zu investieren. Die Batterie in einem solchen Melder arbeitet für 10 Jahre. Das wäre dann eine Investition von 4 Franken pro Jahr. Nach meiner Meinung geben wir viel mehr Geld für deutlich Unwichtigeres aus.
Typen von Meldern Der klassische Fall sind Rauchmelder, die heute mit einem Hitzesensor kombiniert sind. Bei den Meldern von Flextron lässt sich beispielsweise beim Rauchmelder in der Küche der Rauchdetektor deaktivieren, so reagiert dieser Melder nur noch auf eine zu hohe Hitze, typisch etwa 60 °C und mehr. Besteht eine Gasheizung in einer Wohnung, ist auch ein Gasmelder sinnvoll. Dabei wird dieser Melder, wenn es sich um Erdgas handelt, an der Decke montiert – Erdgas ist leichter als Luft und steigt demnach an die Decke. Handelt es sich aber beispielsweise um Butangas, ist dieses schwerer als Luft und sinkt zu Boden. Der Gasmelder
sind nicht nur Gefahrenmeldesysteme, sondern können auch gewisse Funktionen auslösen. Brandfallsteuerungen können folgende Aktionen beinhalten: • Lift in Evakuierungsgeschoss fahren, Türe öffnen und dann Lift blockieren • Brandschutztüren schliessen • Beispielsweise Fenster oder Türen öffnen zur Entrauchung • Lüftungen ausschalten, damit der Rauch nicht verteilt wird • Notbeleuchtungen aktivieren • Durchsagen auslösen etc. Wichtig: Auch von Hand muss Alarm ausgelöst werden können.
muss in diesem Fall in Bodennähe installiert werden. Wenn Pelletöfen, Cheminées, Holzöfen und andere mit Feuer arbeitende Systeme vorhanden sind, können CO-Melder sinnvoll sein. Wenn immer eine Verbrennung unvollständig geschieht, beispielsweise weil zu wenig Sauerstoff vorhanden ist, entsteht das hochgiftige CO-Gas (Kohlenstoffmonoxid). Dieses tödliche Gas ist geruchlos und wird vom Menschen nicht wahrgenommen.
Handeln, nicht nur melden Wie bereits gezeigt, wird bei einfachsten Anlagen nur gemeldet. Was können Gründe sein, aktiv zu handeln, also im Brandfall oder Störungsfall eine Aktion auszulösen? Brandmeldeanlagen von Flextron
Beim integralen Test einer Anlage werden alle diese Funktionen zusammen mit allen Meldern getestet. Damit wird die komplette Anlage auf ihre Funktionstüchtigkeit geprüft.
Fazit Brandmeldeanlagen tun auch dort gute Dienste, wo sie bis heute in der Schweiz nicht Vorschrift sind. Im einfachsten Fall warnt ein Melder mit sehr lautem Ton (schlafende) Personen beim Auftreten von geringsten Rauchmengen. Damit bleiben für Personen noch rechtzeitig Fluchtmöglichkeiten. Wenn funkvernetzte Melder vorhanden sind, werden in allen Räumen sofort anwesende Personen gewarnt. Sind diese funkvernetzten Melder auch noch mit einer Zentrale verbunden, bekommen Personen in einem Frühstadium des Feuers einen Anruf aufs Handy. Sie können dann entscheiden, was zu tun ist. Wer sich für Brandmelder oder gar eine Brandmeldeanlage entscheidet, sollte einen Anbieter wählen, der auch beraten kann. Bei Flextron gibt es kompetente Leute, Feuerwehrleute, die wirklich etwas verstehen von dem, was sie verkaufen. Sie liefern von einfachen Rauchmeldern bis zu recht komplexen Anlagen, die den Schutz von Menschen und Sachwerten bieten. ■
Infos Autor: Raymond Kleger
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Sicherheit durch automatische Funktionskontrolle
Die neuen intelligenten Fehlerstromschutzschalter der Reihe «Selftest» führen in regelmässigen Abständen eine Selbstdiagnose durch. Was sonst manuell durch Betätigen der Prüftaste mindestens halbjährlich erledigt werden muss, geschieht bei diesen Geräten vollautomatisch monatlich. Der Schalter wird dabei auf einwandfreie Funktion überprüft. Bypass-Kontakte übernehmen die Spannungsversorgung der Anlage während dieses Selbsttests und über einen programmierbaren potenzialfreien Kontakt kann eine Protokollierung ausgegeben werden. Der «Selftest Restart» ergänzt diese Funktion durch automatisches Wiedereinschalten bei Fehlauslösungen. Blitzeinschläge, transiente Ableitströme, Erschütterungen oder die Minderung der Isolationswiderstände durch Feuchtigkeit oder Schmutz können solche Fehlauslösungen herbeiführen. Der «Selftest Restart» schaltet innerhalb von zehn Sekunden die Spannungsversorgung wieder zu, nachdem er den Isolationswiderstand gegen Erde überprüft hat. Stellt das Gerät einen Fehler in der Anlage fest, erfolgt nach zwei Minuten eine erneute Prüfung. So lange der Fehler vorliegt, wird die Überprüfung alle zwei Minuten wiederholt. Ein Wiedereinschalten erfolgt erst bei fehlerfreier Anlage. Durch diese Funktionen wird die Sicherheit erhöht, da die manuelle Überprüfung der Schutzfunktion durch Druck auf die Testtaste entfällt und somit nicht vergessen werden kann. Auch die Anlagenverfügbarkeit wird erhöht, wenn die Spannungsversorgung durch den Selftest Restart schnell wieder zugeschaltet werden kann. Somit entstehen weniger ausfallbedingte Kosten. Beide Geräte sind in zwei- und vierpoliger Ausführung mit Bemessungsströmen von 25–63 A verfügbar. Die Montage und der Anschluss sind einfach und intuitiv. ■
Demelectric AG 8954 Geroldswil Tel. 043 455 44 00 info@demelectric.ch www.demelectric.ch
Intelligente Gebäude
Intelligente Strukturen für intelligente Gebäude Wie lange ist ein intelligentes Gebäude up to date und überhaupt als ein solches zu bezeichnen? Was macht eigentlich ein Gebäude intelligent? Die Antworten auf diese Fragen haben sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert und werden dies in Zukunft immer schneller tun. Was gestern noch hochgelobt wurde, ist heute bereits überholt. Meist betrifft dies die Funktionen der Automations- und Leitebene, der Bedienmöglichkeiten durch den Benutzer oder weiterentwickelte Sensoren.
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ie einmal eingebrachten elektrotechnischen Strukturen und Feldgeräte bleiben dagegen über Jahrzehnte in einem Gebäude erhalten. Hier kommt es beim Errichten und Renovieren darauf an, die richtigen Systeme auszuwählen – selbstredend mit dem Blick auf die Errichtungskosten und -zeiten. Wieland Electric hat eine über 100-jährige Erfahrung im Bereich der Elektroinstallation. Diese Erfahrung hat dazu geführt, dass wir unsere Systeme auf genormten etablierten Technologien aufbauen. Das schafft für unsere Kunden die Sicherheit ihre Investition auch in Zukunft up to date zu halten. Die Geräteserie gesis® FLEX setzt als Basistechnologie auf KNX. Das System ist weltweit normiert, etabliert und Interoperabel. Mehr als 400
Hersteller garantieren mit interoperablen Lösungen von einfachen Relais bis zur aktuellen App die Nachhaltigkeit der Anlage. Damit kann die Spanne von der Installation, die für mehrere Jahrzehnte im Gebäude bleibt hin zur sich schnell
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wandelnden Softwareseite überbrückt werden. gesis® FLEX, die clevere Lösung für die Raumautomation. Diese KNX-Geräteserie ist Modular aufgebaut und für die dezentrale, also nahe am Verbraucher, Montage konzipiert. An ein Basismodul, das die Verbindung zum KNX hält, können bis zu sechs Erweiterungsmodule angereiht werden. Die Erweiterungsmodule reichen von Schaltausgang bis hin zum DALI-Ausgang. Insgesamt stehen 12 verschiedene Funktionsmodule und mehrere Zubehörfunktionen wie z. B. ein DC-Netzteil zur Verfügung. Die etablierten Systeme DALI, EnOcean und SMI werden ebenfalls über die Geräteserie problemlos eingebunden.
Dezentrale Strukturen sind zukunftsorientierter Durch die dezentrale Installation von Feldgeräten, wie z. B. die gesis® FLEX Geräte, lassen sich nicht nur erhebliche Leitungseinsparungen verwirklichen. Die gesamte Installation bleibt auch für die Zukunft flexibler. Bei Erweiterungen durch z. B. neue Sensoren, bei Umbauten oder kleineren Renovierungen entfallen die langen Leitungsverlegungen in zentrale Verteiler. Die elektrische Infrastruktur kann einfacher mit den hohen Innovationszyklen der Intelligenz von Gebäuden mithalten.
Flexible Stromschienen für Energie und Bussysteme Mit den Flachleitungssystemen gesis® NRG lässt sich die Idee von
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Stromschienen, wie sie in Fertigungen üblich sind, ganz einfach in die Elektroinstallation übertragen. Dabei kann eine Flachleitung im Hohlboden, Brüstungskanal oder in einem Kabeltrasse verlegt werden. Einmal eingespeist, ermöglicht es an beliebiger Stelle Netz oder Bussignale abzugreifen und mittels konfektionierten Leitungen zum Verbraucher zu führen. Das Spektrum der Flachleitungen erstreckt sich von 2,5 – 10 mm² für Netzanwendung sowie kombinierten Leitungen mit Netz und Bussignalen für z. B. KNX, DALI und SMI. Damit lassen sich z. B. Bodentankverkabelungen oder DALI-Anlagen schnell, kosten- und ressourcensparend verwirklichen. Neue Abgänge werden bei Bedarf einfach durch Setzen eines Adapters an beliebiger Stelle verwirklicht.
Unsere Serviceleistungen Gerne planen wir gemeinsam mit Ihnen die optimale Lösung für Ihr Bau- oder Renovierungsvorhaben. ■
Infos Wieland Electric AG 8404 Winterthur Tel 052 235 21 00 info.swiss@wieland-electric.com www.wieland-electric.ch
Intelligente Gebäude
Von der Handkurbel zur Funklösung
Neue Multischalter-Serie: Proswitch WISI bringt neu eine eigenentwickelte Multischalterfamilie auf den Markt. Die hochwertigen Proswitch Multischalter sind die perfekte Lösung für professionelle Satelliten-Verteilanlagen. Die Serie bietet verschiedene kaskadierbare Multischalter mit 5, 9 und 17 Eingängen. Alle Multischalter können mit dem optional erhältlichen Netzteil DG 55, das die LNB-Spannungsversorgung sicherstellt, als Standalone-Gerät betrieben werden. An den 8 (DY 0508, 0908, 1708) bzw. 16 Teilnehmerausgängen (DY 0516, 0916, 1716) lassen sich handelsübliche DVBS/S2 Receiver oder TV-Geräte mit integriertem Empfänger betreiben und Signale von einem bis zu vier Satelliten empfangen. Zudem stehen an jedem Teilnehmerausgang eingespeiste terrestrische Signale (DVBT/T2, DAB, UKW) bereit. Über den passiven terrestrischen Zweig können alternativ Multimedia-Dienste wie «LAN over Coax» und Signale aus Kanalaufbereitungen oder Kabelan-
schlüssen eingespeist werden. Ein integrierter SAT-Verstärker sorgt für eine geringe Anschlussdämpfung. Die Standby-Funktion minimiert den Energieverbrauch, da der Multischalter nur bei eingeschalteten Receivern aktiviert wird. Zur neuen Proswitch-Serie gehört auch der SAT-Verstärker DY 40 für 4 Polarisationsebenen. Dieser eignet sich perfekt für den Aufbau grosser Multischalteranlagen sowie die einfache Erweiterung auf mehrere Satelliten durch Zusammenstecken weiterer DY 40. Die Verstärkung beträgt 30 dB im Frequenzbereich von 950…2150 MHz. Über Taster kann die Verstärkung in 1-dB-Schritten um bis zu 19 dB reduziert werden. Eine SlopeEinstellung ermöglicht die Kompensation der frequenzbedingten Kabeldämpfung bis 12 dB. ■ WISI – Wilhelm Sihn AG 5506 Mägenwil info@wisi.ch www.wisi.ch
Folgendes Szenario tritt bei vielen Renovationen auf: Der Besitzer will die bis anhin manuell betriebenen Storen mit elektronischen Antrieben ausstatten. Zudem wünscht er eine praktische Funksteuerung zur einfachen Bedienung. Da die Fassade sowieso erneuert und isoliert wird, kommen keine oder nur vereinzelte Durchbrüche infrage. Nur so können Wärmebrücken verhindert werden. Wie kann diese Aufgabe möglichst effizient gelöst werden? Die Installation von Funkkomponenten bringt bei der Platzierung der Bedienstellen maximale Flexibilität. Der QPD-QUICKON-TVerteiler versorgt mit nur einer Zuleitung (2L, N, PE) bis zu 20 Antriebe mit Strom. Der modifizierte Funkempfänger Combio868 JA QUICKON wird durch eine einzige
Handumdrehung mit dem TVerteiler verbunden. Diese neue Art der Installation bringt bis zu 80% Zeitersparnis. Auch optisch ist sie ein Gewinn: Alles ist sauber platziert, nicht sichtbar und erst noch besser zugänglich. Zur Bedienung der Haustechnik ist neben verschiedenen Funkhand- und Wandsendern die moderne Steuerung über Tablet oder Smartphone «Centero» erhältlich. Ebenso wie ein Mehrkanalwandsender mit Touchpanel. ■ Meimo AG 8954 Geroldswil Tel. 043 455 30 40 info@meimo.ch www.meimo.ch
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Ein aussergewöhnliches Hotel Das «Hôtel des Patients», das direkt neben der Maternité des Waadtländer Universitätsspitals CHUV in Lausanne steht, ist eine Schweizer Premiere. Abgeschaut hat man sich die Idee, Touristen, Geschäftsleute, Patienten und ihre Familien im selben Hotel unterzubringen, in Skandinavien.
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er sichtbare Teil des Hotels ist das Ergebnis eines komplexen Bauprojekts. Für das waren gut funktionierende Teamarbeit und vertiefte technische Planung, insbesondere für die Elektrotechnik und Gebäudeautomation nötig. Dafür mussten alle am Bau Beteiligten eng zusammenarbeiten; die zukünftigen Nutzer, vertreten durch Hoteldirektorin Stéphanie Abel, und das Planungsbüro BMS SA aus Avry unter der Leitung von Philippe Marmy. Angesichts der hoch technisierten Patientenzimmer, die gleichzeitig einfach zu bedienen sein müssen, entschied sich BMS für den Busstandard KNX. «Traditionelle Gebäudetechnik hätte wohl etwas weniger gekostet, wäre jedoch der Lösung mit KNX in punkto Nutzen, Flexibilität, Erweiterbarkeit, Überwachung und Unterhalt weit unterlegen gewesen», ist Philippe Marmy überzeugt.
3-Sterne-Superior-Komfort Die Gäste erhalten als Zimmerschlüssel einen Badge. Wenn sie diesen in den KNX Hotelcard-Schalter von Feller schieben, schaltet das Zimmer vom Auto- in den manuellen Modus. So können die Gäste Beleuchtung und Storen nach ihren Wünschen steuern und die Rezeption hat in Echtzeit den Überblick darüber, in welchen Zimmern sich jemand aufhält. Für die Sicherheit der Patienten geht das Hotel noch einen Schritt weiter: jeder Patient erhält sein persönliches Armband, mit dem er im Notfall Hilfe anfordern und über das er sofort im ganzen Gebäude lokalisiert werden kann. Über die EDIZIOdue KNX-Taster RGB von Feller lassen sich bequem Beleuchtung, Storen und Zimmertemperatur steuern. Sie sind in al-
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len 114 Zimmern für uneingeschränkten Komfort neben dem Bett angebracht. Integriert ist auch die Szene «Alles aus», die abends ebenfalls vom Bett aus aufgerufen werden kann. Dank KNX schaltet das Zimmer, sobald es nicht mehr belegt ist, in den Automodus. Die darin programmierten Szenen richten sich nach Tages- und Jahreszeit.
rundum zufrieden mit der Qualität der Installation. Und wir unternehmen alles, damit die Patienten zu einem Tapetenwechsel kommen und sich nicht wie im Spital fühlen.» ■
Zufriedenheit garantiert An der Rezeption gibt ein Touch-Panel 7" KNX EDIZIOdue von Feller jederzeit Auskunft über den Status Einfachste Bedienung der Zimmer. Auch der Zugang zum auch für Gäste ohne VorParkhaus und die Alarme können kenntnisse – KNX-Taster einfach darüber verwaltet werden. RGB von Feller im Stéphanie Abel dazu: «Wir sind EDIZIOdue Design.
Infos Feller AG 8810 Horgen Tel. 044 728 72 72 www.feller.ch
Gebäudeautomation
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Cecoflex Clik-RJ – Breitbandanschluss für Fiber und Kupfer Um eine möglichst optimale WiFi- und DECT-Abdeckung im Wohnbereich zu gewährleisten, empfiehlt Swisscom ihren Kunden, den entsprechenden Swisscom-Router im Wohnzimmer zu installieren. Um dies auf elegante Art und Weise zu ermöglichen, haben Swisscom und die in Mägenwil (AG) domizilierte Ceconet gemeinsam eine hybride Anschlussdose entwickelt. Die mit Cecoflex Clik-RJ bezeichnete Dose in der Grösse 1 eignet sich für die Aufnahme eines «Clik-LC Fiber Adapter» von Huber+Suhner sowie von zwei RJ45-CAT6-Keystone. Die Anschlussdose ist kompatibel mit EDIZIOdue und Hager kallysto und ist auch im Standard-Design erhältlich. Zudem eignet sie sich für Kombinationen. Cecoflex Clik-RJ ermöglicht den direkten Anschluss der Internet-Box 2 von Swisscom im Wohnzimmer. Dazu wird das Breitband-Signal von der Hauseinführung in den Wohnbereich geführt. Erfolgt die Breitband-Einführung via Kupfer, muss dazu ab dem Netzwerkverteiler ein CAT5e- oder CAT6-Installationskabel zur Cecoflex Clik-RJ-Dose verlegt werden. Ist demgegenüber ein FTTH-Anschluss vorhanden, wird von der OTO-Dose ein Fiber Clik-LC Extension Kit von Huber+Suhner eingezogen. Dieses vorkonfektionierte Simplex-Verbindungskabel (Clik zu LC APC) ist in den Standardlängen 10, 15, 20, 25, 30, 40 und 50 m erhältlich und durch Swisscom geprüft und freigegeben. Die Cecoflex Clik-RJ-Anschlussdose von Ceconet ermöglicht einerseits eine direkte Verbindung des Kupfer- oder Fiber-Optic-Breitband-Hausanschlusses an den Swisscom Router. Andererseits erlaubt sie die Weiterverteilung der Telefonie- und LAN-Signale in zusätzliche Räume. Dazu lassen sich von der Internet-Box 2 sowohl Gigabit Ethernet als auch Phone 1 und Phone 2 ab der Cecoflex Clik-RJ-Dose auf den Netzwerkverteiler zurückführen und via Cecoflex CAT6-Sternverteiler weiterverteilen. ■ Ceconet AG 5506 Mägenwil, Tel. 062 887 27 37 info@ceconet.ch, www.ceconet.ch
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Elbro AG als Vorreiter für Fernschalttechnik
Kommunikationsmodule für 3G-«UMTS»-Technik Die Elbro AG hat drei Jahre vor dem Abstellen des GSM-Signals durch Swisscom, ihre gesamte SMS-Butler-Serie mit dem Nachfolgemodel aufgerüstet.
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ie Swisscom und weitere Telco-Anbieter haben ihre Pläne für die Abschaltung des 2G-«GSM»Netzes schon vor einiger Zeit präsentiert. Seit über 20 Jahren ist das GSM-Signal unser stetiger Begleiter für die M2M-Kommunikation. Die Fernschalt- und Fernüberwachungsgeräte sind und bleiben eine wichtige Gerätschaft für Instandhaltungen und dezentrale Anlagen. Aus diesem Grund hat die Elbro AG für die neuen Produkte das Nachfolgemodel für die Kommunikation 3G-«UMTS» gewählt. Mit potenzialfreien Kontakten oder analogen Eingängen lassen sich eine Vielzahl von Sensoren überwachen, genau diese werden an die richtige Stelle per Nachricht weitergeleitet und gegebenenfalls Aktionen ausgeführt. Die verantwortlichen Betreiber von Anlagen können somit weiterhin auf eine Nachricht von SMS-Butlern zählen. Die dezentrale Fernüberwachung/ -schaltung ist somit auch über das Abschaltdatum vom GSM-Netz hinaus gesichert.
Fernüberwachung/-schaltung von Anlagen In den vergangenen Jahren wurde das Einsatzgebiet der SMS-Butler immer grösser und vielfältiger. Der smartButler wird über eine lokale WiFi-Verbindung mittels Webbrowser softwareunabhängig konfiguriert und ist ideal für die Fernüberwachung sowie -steuerung von technischen Anlagen oder auch Heizungen oder Einbruchmeldeanlagen in Ferienhäusern.
Der Smart Butler von Elbro.
In industrieller Umgebung werden dezentrale Meldungen erfasst bzw. gemeldet und Schaltungen können einfach über SMS oder künftig über geräteunabhängige Applikationen durchgeführt werden. Bei Stromausfall informiert das Gerät die Benutzer dank des integrierten Akkus. Auf Schiffen wird über Sensoren das Eindringen von Wasser in der Bilge überwacht, Bewegungsmelder dienen dem Einbruchsschutz und der Zutrittskontrolle in Hallen und Industrieanlagen, wo ebenso Temperaturen überwacht werden können. In Wasserreservoirs lassen sich Füllstände regeln und in landwirtschaftlichen Betrieben werden in Ställen Temperatur und Luftqualität gesteuert. In der Lebensmittelindustrie und Laboratorien lassen sich z. B. Tiefkühlanlagen überwachen.
Das sind nur einige Beispiele wieso und wo Geräte aus der SMSButler-Serie eingesetzt werden. Für Betreiber und Verantwortliche für Anlagen aller Art spielt die Fernüberwachung und Fernsteuerung eine zunehmend wichtigere Rolle. Die Alarmierung und aktive Steuerung erfolgt einfach über den heutigen, ständigen Begleiter des Menschen – das mobile Telefon. Der Smart Butler von Elbro ist über Ihren VES-Grossisten erhältlich. ■
Infos ELBRO AG 8162 Steinmaur Tel. 044 854 73 00 info@elbro.com www.elbro.com
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2017
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SNEP-Leuchten sind dank ihrer hohen Temperaturbeständigkeit sowie hoher mechanischer Vibrations- und Schlagfestigkeit prädestiniert für viele Anwendungsbereiche, wo höchste Qualität gefragt ist: hier in einer Aluminiumbolzengiesserei in Finnland. (Bilder: Firalux/Purso)
Neu bei Firalux Design AG
SNEP LED-Linearleuchten A
b sofort vertreibt die Firalux Design AG LED-LinearleuchtenSysteme «SNEP» des finnischen Familienunternehmens Purso Oy. Purso Lighting Systems gehört zum finnischen Familienunternehmen Purso Oy in Siuro bei Tampere. Die Belegschaft umfasst rund 250 Mitarbeitende. Seit über 55 Jahren stellt Purso Oy in Finnland Aluminiumprofile und Kühlkörper her. Die jahrzehntelange Kompetenz in der Entwicklung und Herstellung von Aluminiumprofilen bildete im Jahr 2010 die Grundlage für die Entwicklung eines eigenen LED-Beleuchtungssystems. Die extrem hohe Wärmeleitfähigkeit von Aluminium lässt zu, dass die SNEP-Leuchten auch in Be-
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reichen mit erhöhten Umgebungstemperaturen problemlos eingesetzt werden können. In einer Aluminiumgiesserei sind seit Oktober 2013 Leuchten und LED-Hochleistungskonverter ununterbrochen im Einsatz, im Dreischichtbetrieb und bei einer konstanten Raumtemperatur von 40 °C. Wenn die Öfen für das Herausfliessen des geschmolzenen Aluminiums geöffnet werden, steigt die Umgebungstemperatur auf bis zu 86 °C! Für die SNEP-LEDLeuchten sind sogar dauerhafte Umgebungstemperaturen von bis zu 60 °C kein Problem. Bei einigen SNEP-Modellen beträgt die Lebensdauer immer noch 35 000 Stunden (L70B10). In Extrapolationsberechnungen (nach TM21) weist der
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Chip-Hersteller bei einer Raumtemperatur von 25 °C sogar eine Lebensdauer von über 100 000 Stunden aus (L70B10).
Systeme sind mit DALI und mittels Funksignal ansteuerbar Für die optimale Gebäudeintegration und damit eine sichere Montage der Beleuchtungssysteme gewährleistet ist, steht ein vielseitiges und montagefreundliches BaukastenSystem mit Halteteilen unterschiedlichster Art zur Verfügung. Falls erforderlich werden Halteteile nach Mass angefertigt. Die Produktkonzepte verfolgen seit Jahren eine Richtung: Sämtliche Leuchten und Komponenten sind hochqualitativ, langlebig, modular, energie-
effizient, wirtschaftlich und ökologisch. Seit der Markteinführung im Jahr 2012 sind mehrere Tausend SNEP-Linearleuchten in Betrieb und erfüllen höchste Ansprüche. Nicht nur die Reduktion der Betriebskosten zwischen 40–55% sind überzeugende Argumente für SNEP-Linearleuchten.
Premiumqualität dank ISO- und ENEC-Zertifizierung Typische Anwendungsbereiche für SNEP-Linearleuchten sind Industriehallen, Produktionshallen, Lagerhallen, landwirtschaftliche Betriebe, Abhol- und Verbrauchermärkte, öffentliche Räume, Parkhäuser, Sporthallen, Korridore, Heime, Spitäler und Kliniken. FIRALUX bietet nur Premiumqualität: Prüfungen und Produkttests durch das Prüfunternehmen SGS bestätigen, dass die besondere Konstruktion der Aluminiumgehäuse nicht nur das Temperaturmanagement verbessert, sondern auch die mechanische Vibrations- und Schlagfestigkeit erhöht. Alle SNEP-Linearleuchten sind ENEC-zertifiziert. Die Herstellungsprozesse von Purso Oy sind nach dem Qualitätssicherungssystem ISO 9001:2008 und dem Umweltsystem ISO 14001:2004 zertifiziert. Firalux Design AG vertreibt im Marktgebiet Schweiz sämtliche SNEP-Linear-Beleuchtungssysteme. ■
Infos Firalux Design AG Tel. 061 485 13 13, 4461 Böckten BL, www.firalux.ch
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DALI Standby Minimierung durch Cut Off
Energiegesetz umgesetzt DALI erlaubt moderne Beleuchtungskonzepte. Die Funktion der Leuchten ist nicht an die Verdrahtung gebunden, sondern erfolgt über Software. Bei vielen DALI-Systemen bleibt allerdings ein Wermutstropfen: Die Vorschaltgeräte hängen immer am Netz und generieren einen unschönen Standby. Nicht so bei Züblin, da gibt es Null Strom, weil der DALI-Melder die Stromversorgung abschaltet – Cut Off nennt sich das.
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enn die Strategie des neuen Energiegesetzes aufgehen soll, sind in allen Bereichen die Hausaufgaben zu erledigen. Viel Kleinvieh macht auch Mist – oder viele Kleinstverbraucher verbraten auch Strom. Dazu ein Beispiel. In einem Schulungszimmer sind 12 Leuchten mit je einem hochwertigen DALIVorschaltgerät montiert. Es fallen dadurch Standby-Verluste von 3 W an. Es kann aber locker das Doppelte sein, wenn billigste DALI-Vorschaltgeräte von 0,5 W anstelle von 0,25 W im Einsatz stehen. So kann es geschehen, dass bei einem relativ schwach benutzten Raum der Standby 10% des Energieverbrauchs ausmacht. Das ist definitiv zu viel. Beim neuen Präsenzmelder von Züblin passiert das nicht, weil er alle Vorschaltgeräte über das interne Relais abschalten kann.
Kein Standby: Relais von Melder schaltet Vorschaltgeräte über Relais ab.
Komplex und doch sparsam Schulzimmer oder grössere Büros können komplexe Beleuchtungskonzepte verlangen, wenn mehrere Betriebskonzepte bestehen und die Energie optimal eingesetzt werden
soll. Wenn beispielsweise drei Leuchten-Reihen und erst noch eine Wandtafelbeleuchtung im Einsatz stehen sowie noch ein Beamer im gleichen Raum genutzt wird, resultieren mehrere unterschiedliche Steuersituationen. In gewissen Zimmern steuert der Melder auch noch die Klimaanlage. Manchmal besteht auch der Wunsch, von Hand eingreifen zu können um damit die Automatik zu übersteuern. Etwas viel verlangt von einem einzigen Melder, oder? Der neue Swiss Garde 360 Presence DALI Master A-Comfort von Züblin schafft das.
Der Tausendsassa
Swiss Garde 360 Presence DALI Master A-Comfort 24 m.
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Der neue Melder lässt sich in verschiedenen Modi betreiben: Modus 1: Konstantlichtregelung bei drei Lichtzonen und schalten einer vierten Lichtzone. Zusätzlich wird die
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Klimaanlage über das Relais betrieben. Modus 2: Wie Modus 1 aber das Relais schaltet eine fünfte Lichtgruppe. Modus 3: Konstantlichtregelung bei drei Lichtzonen und schalten einer vierten Lichtzone. Bei ausgeschalteter Kunstbeleuchtung schaltet das Relais im Melder alle Vorschaltgeräte aus. Es gibt somit keinen Standby. Modus 4: Tageslichtgruppe wie Modus 1, aber mit Korridorfunktion, gesteuert durch Tag/Nacht-Dämmerungsschalter. Es besteht auch die Möglichkeit, den Melder so zu parametrieren, dass das Licht immer über einen Taster eingeschaltet werden muss.
Auch an Service gedacht Die Konfiguration aller Leuchten ist im Melder gespeichert. Wird eine defekte Leuchte ausgewechselt, erkennt dies der Melder und spei-
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tung, sondern in der Software. Somit ist ein Parametrieren notwendig. Beim neuen Swiss Garde 360 Presence DALI Master A-Comfort 24 m ist dafür nicht zwingend ein PC notwendig. Mithilfe der Universal-Fernbedienung URC 25323 und der Züblin App ist die Installation in kürzester Zeit betriebsbereit. Dies gelingt auch ohne spezielle DAL-Kenntnisse.
Ziel erreicht Die Energiestrategie 2050 ist beschlossene Sache. Jetzt gilt es im Kleinen wie im Grossen zuerst einmal Energie zu sparen. Mit dem Swiss Garde 360 Presence DALI Master A-Comfort 24 m hilft Züblin ihren Kunden, die erste Forderung, unnötigen Energieverbrauch durch Standby-Verluste zu vermeiden, leicht umzusetzen. ■
Melder in Modus 3: Relais im Melder trennt DALI-Vorschaltgeräte. Taster T1 + 2: Handschaltung Zone 1 und 2 Taster T3: Handschaltung Zone 3 Taster T4: Handschaltung Zone 4.
chert die gleiche Konfiguration wieder in der ausgewechselten Leuchte. Der Anwender profitiert von einer Komfort-Beleuchtung, was das Wohlbefinden am Arbeitsplatz oder der Schule erhöht. Der Installateur kann bei kleinem Installationsauf-
wand mittels einer App eine sehr funktionsreiche Beleuchtung konfigurieren und in Betrieb nehmen
Parametrieren Bei DALI-Beleuchtungssystemen liegt die Intelligenz nicht in der Verdrah-
Infos M. Züblin AG 8304 Wallisellen Tel. 044 878 22 22 www.zublin.ch beratung@zublin.ch
Energie | Wärme | Strom
Kurzinterview mit Energie-Politiker Roger Nordmann
«Wasser und Sonne nicht gegeneinander ausspielen» Roger Nordmann gilt in der Schweiz und insbesondere in der Politik als herausragender Kenner der Energiefragen. Neben dem Nationalratsmandat ist er unter anderem auch Präsident von Swissolar. Nach der Abstimmung vom 21. Mai 2017 zum Energiegesetz (EnG) mit gut 58 % Ja-Stimmen hat ihm Max Meyer für die Extra-Ausgabe 7/17 von HK-Gebäudetechnik/Elektrotechnik einige Fragen gestellt. Herr Nordmann, was war Ihr erster Gedanke, nachdem Sie realisiert hatten, dass das Volk die Energiestrategie 2050 angenommen hat? Roger Nordmann: Offen gesagt: Ich war von den Emotionen überwältigt. Erstens, weil die mit 10 Millionen Franken finanzierte Lügenkampagne der Gegner mir in den drei letzten Wochen vor der Abstimmung sehr Angst machte. Letztlich erwies sich das Volk als resistent gegenüber der «Trumpisierung» der Politik. Gut so. Zweitens, weil das Verbot des Neubaus von AKW sehr lange erkämpft werden musste. Das war ein historischer Durchbruch, und die Strategie war richtig: statt die «x-te» Volksinitia-tive zu lancieren, beschlossen wir, eine Koalition im Parlament zu bilden. Das verlangte von allen Konzessionen, erlaubte hingegen, eine solide Vorlage zu erarbeiten, und stiftete vor dem Volk das notwendige Vertrauen. Das Potenzial für die Sonnenenergie, insbesondere im Hinblick auf die Produktion von Strom, wird von Gegnern einer vermehrten Anwendung der Photovoltaik als gering eingestuft. Wie gross ist, realistisch betrachtet, das Potenzial der Solarenergie? Swissolar hat gerade seine Potenzialeinschätzung revidiert. Auf geeigneten Gebäuden sind 30 TWh möglich. Dies übersteigt die Stromproduktion der schweizerischen AKW. Wichtig ist, dass auch Ost-West-
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verfügt die Schweiz über einen bisher stark überdimensionierten Park an Pump-Speicherkraftwerken. Dies ermöglicht sogar eine Umlagerung der Stromproduktion vom Sommer in den Winter. Bei einer zunehmenden Anwendung der Photovoltaik wird man teilweise die Produktion am Tag von Wasserkraftwerken im Sommer drosseln. Der Verlust aufgrund des «Hochpumpens» von Wasser in Speicherseen ist pro Jahr gering. In der Folge werden diese Anlagen im Frühjahr und im Herbst einen hohen Anteil der Produktion decken. Dies wird die Nutzung der gespeicherten Wasserkraft in den «dunklen» Wintermonaten mit geringer Sonneneinstrahlung ermöglichen und führt insgesamt zu einer optimalen Nutzung der Energiequellen. Zudem leistet die Photovoltaik selbst in den Wintermonaten Dezember und Januar weiterhin einen beachtlichen Produktionsbeitrag, insbesondere in nebelfreien Gebieten. Bei Installationen von rund 30 GW ist dies ein wertvoller Beitrag. Roger Nordmann, SP-Nationalrat Kanton Waadt und SwissolarPräsident. Anlagen gebaut werden, weil dadurch die Tagesproduktion besser verteilt wird. Die Tag-Nacht-Umlagerung oder die Wochenspeicherung ist in der Schweiz kein Problem. Neben der an Bedeutung zunehmenden Batteriespeicherung
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Die Solarenergie ist in vielen Bereichen, wenn man den Eigenverbrauch betrachtet, zunehmend wettbewerbsfähig. Dies führt u. a. dazu, dass die bisherigen Versorgungswerke an Marktanteil verlieren. Wie sehen Sie die Zukunft der grossen Versorgerwerke in einem Umfeld, das immer mehr durch eine dezentrale Produktion gekennzeichnet ist?
Energie | Wärme | Strom
Ich glaube, dass man die beiden erneuerbaren Produktionsarten Wasser und Sonne nicht gegeneinander ausspielen sollte. Gerade die Photovoltaik ist wegen der Zwischenspeicherung mit der Grosswasserkraft komplementär. Der wahre Gegensatz lautet: sauber versus dreckig. Unter diesem Aspekt hat die Schweiz gerade mit der Energiestrategie eine wichtige Weichenstellung beschlossen. Der Eigenverbrauch, nicht zuletzt auch kombiniert mit Speichermöglichkeiten, macht grosse Fortschritte. Welche offenen Fragen sehen Sie, weil gerade im Verbund in einer «Nachbarschaft» die dezentrale Stromproduktion vermehrt zur Anwendung gelangt? Grundsätzlich erlaubt das neue Energie-gesetz sogenannte Eigenverbrauchsgemeinschaften. Das geht nur solange die Parzellen nebeneinander liegen, denn sobald man Strom über das öffentliche Netz transportiert, ist die Netzgebühr geschuldet. Diese erwähnte Gemeinschaft ist ein grosser Durchbruch, um den Solarstrom lokal und zeitgleich zu verwerten. In der praktischen Umsetzung kommt es auf die Details der Verordnung an. Ein gewisser Lernprozess muss stattfinden. Wenn Hauseigentümer mittels einer Photovoltaikanlage Strom erzeugen und dabei u. a. ihre Mieter versorgen wollen, braucht es entsprechende Verträge. Gibt es hier allenfalls noch offene Fragen zwischen Hauseigentümern und Mietern? Auch hier regelt das Gesetz die wichtigsten Punkte. Es müssen noch praktische Erfahrungen gesammelt werden. Wenn aber der Strom vom Dach gesamthaft billiger ist als der eingekaufte Strom, werden die Mieter an einer solchen Lösung Freude haben. Affaire à suivre. Wie schätzen Sie die Reaktionen weltweit ein, seit der amerikanische Präsident aus dem Klimaabkommen von Paris aussteigen will? Eigentlich sehr erfreulich. Trump hat sich vollends isoliert. China und Europa übernehmen die Leadership. Man sieht, dass der Erfolg in Paris nicht zufällig ist. Die meisten Staaten stehen hinter der Bekämpfung der Klimaerwärmung. ■
Infos Interview: Max Meyer, Oberengstringen
Energie | Wärme | Strom
Eine grosse Schreddermaschine, die auf einem Lastwagen montiert ist, zerkleinert unablässig aufgeschichtetes Restholz. (Bilder: Manuel Fischer)
25 Jahre stetige Entwicklung – von neuen Forstmethoden bis zur Kraft-Wärme-Kopplung
Fernwärme aus einheimischen Quellen Das auf Holzenergie basierende Fernwärmenetz in Pruntrut JU gehört zu den grössten seiner Art in der Schweiz. Bald wird es zwei Drittel des Wärmeenergiebedarfs der Kleinstadt decken. Die neue WärmeKraft-Kopplungs-Anlage produziert überdies elektrischen Strom. Nächstes Ziel ist die Fernkälte.
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er Wald ist Quelle und zugleich historischer Ursprung eines der grössten auf Holzenergie basierenden Fernwärmenetzes der Schweiz. Auf der Erkundigungstour geht es mit Manuel Godinat, Direktor der Thermoréseau-Porrentruy SA, abseits der Siedlungen über holprige Feldwege ins Gehölz. Am Ende einer Waldstrasse hört und sieht man schon von Weitem wie eine grosse Schreddermaschine, die auf einem Lastwagen montiert worden ist, unablässig aufgeschichtetes Restholz zerkleinert. Aus dem Auswurfarm der Maschine werden frische Waldhackschnitzel in einem
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hohem Bogen in die Kippwanne eines zweiten Lastwagens geschleudert. Ganzbaumnutzung heisst die forstwirtschaftliche Methode, die darauf ausgelegt ist, den sogenannten Schlagabraum optimal zu verwerten. Dieser besteht insbesondere aus Waldrestholz, welches nach einem Holzschlag am Wegesrand liegen bleibt. Um die Vermarktung der Hackschnitzel kümmert sich das Unternehmen Thermobois SA, das 1989 auf Initiative von Marcel Godinat, Forstingenieur und Vater des jetzigen Geschäftsführers, gegründet worden war. Er suchte in
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den 80er-Jahren nach einer Methode, um das minderwertige Restholz einer sinnvollen Verwertung zuzuführen. Positive Erfahrungen mit damals noch für eine kurze Periode gemieteten Häckslermaschinen animierten einige Waldbesitzer der Region, diese Forstmethode vermehrt anzuwenden. Rasch wurde man sich des enormen Potenzials dieser veredelten Form von Abfallholz bewusst. Doch wer könnte sich dafür interessieren? Den Anfang machte der Waffenplatz Bure, deren Verantwortliche sich entschlossen, die alten mit Heizöl betriebenen
Aus dem Auswurfarm der Maschine werden frische Waldhackschnitzel in einem hohen Bogen in die Kippwanne eines zweiten Lastwagens geschleudert.
Blick von oben auf die WKK-Anlage «Roche de Mars». Rechts oben Teile des Thermoölkessels und links unten Teile des hydraulischen Systems, in dem das Thermoöl als Übertragungsmedium zirkuliert.
Die Holzschnitzel werden per Lastwagen direkt aus dem Wald angeliefert und in eine Aufnahmegrube gekippt. Über Schubböden und Kratzkettenförderer gelangt das Schüttgut in die Brennkammern. Im Bild Geschäftsführer Manuel Godinat.
Heizungen durch eine Hackschnitzelheizung zu ersetzen. «Wir gingen immer Schritt für Schritt vor. Wir hatten zuerst das Rohmaterial und überlegten uns, wie wir es optimal verwerten könnten», verdeutlicht Manuel Godinat die Entwicklung. Im Gespräch mit den Gemeindebehörden kam in den 90er-Jahren die Idee auf, ein Fernwärmenetz zu erstellen, welches öffentliche Gebäude wie die Sekundarschule, das kantonale Gymnasium, eine technische Fachschule, ein Hallenbad sowie Altersheime und kirchliche Bauten mit Wärme versorgen soll.
Der erste grosse Schritt
Die Eigentümer (Gem. Porrentruy, Kanton Jura, Thermobois SA usw.), der 1999 gegründeten Thermoréseau-Porrentruy SA, standen zwei gegensätzlichen Kräften gegenüber. Zum einen bot das völlige Fehlen eines Erdgasnetzes in dieser Kleinstadt die Chance, mittelfristig viele private Kunden zu gewinnen. Zum andern war die Ausgangslage einer einheimischen Energiequelle mit schweizerischen Gestehungskosten gegenüber einem damals tiefen Heizölpreis von 25 Franken pro Hektoliter alles andere als einfach. Zudem konnten sich viele der ange-
sprochenen Hauseigentümer keinen Reim auf die bis anhin unbekannte Fernwärme machen. Die kommunale Politik stellte die Weichen. «Der Stadtrat entschied, sich am Unternehmen zu beteiligen und dem Projekt eine Chance zu geben», so Godinat. Für 1999 formulierte man das Ziel, ein Fernwärmenetz mit rund 100 Anschlüssen zu erstellen. Die erste Heizzentrale Bellevue bildet den Kern der ersten grossen Ausbauetappe des Pruntruter Fernwärmenetzes Ende der 1990er-Jahre. Die Zentrale umfasst zwei mit Holzschnitzel und
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Altholz befeuerbare Kessel mit einer Leistung von je 2500 und 5500 kW; Trotz eines Heizölkessels, der im Notfall anspringen würde, lieferte das einheimische Holz im letzten Winterhalbjahr 99,5 % der zur Verfügung gestellte Wärmeenergie.
Wärmeverteilung
Zusätzlich muss bei einer rechtwinkligen Abbiegung die Dilatation der Rohre (gelbe Dehnpolster) durch Wärmeeinwirkung berücksichtigt werden.
Die Verteilung des Warmwassers bis zu den angeschlossenen Gebäuden erfolgt über ein Netz von vorisolierten Leitungen, die unter dem Strassennetz verlaufen. Die Vorlauftemperatur beträgt beim Verlassen des Fernheizwerks 90 ºC, im Rücklauf kehrt das Wasser mit 50–55 ºC in die Zentrale zurück. Eine offene Baugrube eines stillen, mit Natursteinen gepflasterten Innenhofes der Altstadt erlaubt einen Blick auf die Details des Netzes. Man sieht, wie die parallel geführten Zuleitungen aus mit Polyurethan verkleideten und mit PE ummantelten Stahlrohren an die Wärmetausch-Station eines älteren Hauses geführt werden. «In der Altstadt Rohre zu verlegen, kann schrecklich kompliziert sein. Der Untergrund ist nicht genau kartiert und manchmal stösst man auf Wasserkanäle aus der Zeit der Fürstbischöfe», erklärt Manuel Godinat. Die Tiefbaukosten im Stadtkern übersteigen das übliche Mass häufig um das Zwei- bis Dreifache. Anschlussarbeiten geschehen von März bis Juni und im Oktober. Während den Sommermonaten meidet das Unternehmen umfangreiche Tiefbauarbeiten, nicht zuletzt um der Gastronomie und den Gewerbetreibenden nicht in die Quere zu kommen.
Das Netz wächst und wächst
Die offene Baugrube erlaubt einen Blick auf die Details des Netzes. Man sieht, wie die parallel geführten Zuleitungen aus mit Polyurethan verkleideten und mit PE ummantelten Stahlrohren an die Wärmeübergabestation eines älteren Hauses geführt werden.
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Die Liegenschaftsbesitzer zahlen einen Viertel bis einen Drittel der Investitionskosten von ungefähr 150 000 Franken. Darin eingeschlossen sind die Installation des Wärmetauschers, die Entsorgung der alten Anlage und die Elektrikerarbeiten. Die Differenz wird über den Verkauf der Wärme finanziert. Zu bedenken ist: Die Verantwortlichen von Thermoréseau Porrentruy ha-
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ben hinsichtlich der Rendite einen langfristigen Horizont. Das Unter-
nehmen schliesst mit den Abnehmern Verträge über eine Laufzeit von 30 Jahren ab. Politische Opposition zur Fernwärme gibt es in Porrentruy nicht; die Einwohner stehen hinter «ihrem Projekt». Das Fernwärmenetz ist insofern eine Erfolgsgeschichte, da fortlaufend neue Anfragen für einen Anschluss kommen. Rund die Hälfte der
Wärmenachfrage der Kleinstadt wird inzwischen vom Fernwärmenetz gedeckt. Mittlerweile sind 400 Gebäude ans Netz angeschlossen und es werden ständig mehr.
Wärme und Strom Der kontinuierliche Erfolg der Fernwärme führte zu Diskussionen, inwiefern man den künftigen Wärmebedarf decken könnte. Der Leistungsausbau am alten Standort hätte enorm aufwändige Tiefbauarbeiten zur Konsequenz gehabt, um den Durchmesser der bisherigen Hauptleitungen zu vergrössern. Infolge einer raumplanerischen Opportunität entschied man sich, das Kernstück der zweiten Die neue Heizzentrale (2017) «Roche de Mars» ist mit einer Wärme-Kraft-Kopplungs-Anlage (WKK) ausgerüstet. Das Gebäude umfasst einen klassischen Brennholzkessel (3200 kW) und einen Thermoöl-Heizkessel (6700 kW). Das Thermoöl dient als Wärmeübertragungsmedium, ohne seinen Aggregatszustand zu verändern. Die Wärme aus der Biomassefeuerung (von rund 300 ºC) wird an ein weiteres, verdampfungsfähiges Medium, nämlich Siliconöl übertragen. Das Arbeitsmittel treibt eine Turbine an und nimmt – nach der Wärmeabgabe ins Fernwärmenetz – in einem geschlossenen Kreislauf wieder den flüssigen Zustand an. Dank dieses gekoppelten ORC-Prozesses dienen 1300 kW Leistung der Erzeugung elektrischer Energie und 5400 kW stehen für die erweiterte Fernwärme zur Verfügung. (Quelle: Turboden SpA)
Das Rauchgas (600 Partikel pro m3) wird in einem Multizyklon vorentstaubt (150 P./m3), dann über einen Elektrofilter (links) gereinigt und über den Kamin entfernt (10 P./m3). (Bilder: Gruner Gruneko AG)
Im Bild einer der Speicher à 130 000 Liter. Typischerweise springt die Nachfrage bei den Abnehmern der Fernwärme frühmorgens hoch. Deswegen werden über Nacht die Wärmespeicher aufgeladen, um den Spitzenbedarf jederzeit decken zu können. (In der Zentrale Bellevue [1999] sind es zwei Speicher à 50 000 Liter)
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Zwei Unternehmen – eine Geschichte Thermobois SA Lokale Ortsbürgergemeinden und Einwohnergemeinden, welche die jurassischen Wälder mehrheitlich bewirtschaften, sind die Hauptaktionäre von Thermobois SA. Das Unternehmen wurde 1989 gegründet. Das Ziel: Die Produktion und Förderung von Holzenergie. Momentan beträgt die Produktion 75 000 m3 Hackschnitzel (Potenzial: 250 000 m3). Das Zwischenlager in Courchavon umfasst 20 000 m3. Das Unternehmen verfügt über zwei mobile Schredder. Beliefert wird als Grosskunde Thermoréseau-Porrentruy SA, aber auch zahlreiche kleinere Hackschnitzelheizungen.
Thermoréseau-Porrentruy SA Die 1999 gegründete Thermoréseau-Porrentruy SA betreibt im Auftrag der Gemeinde Porrentruy das lokale Fernwärmenetz. Aktionäre sind Thermobois SA, der Kanton Jura, die jurassische Gebäudeversicherung, die Gemeinde Porrentruy, einige Partner-Unternehmen, kleinere Gemeinde und einige Privatpersonen. Das Unternehmen schliesst mit den Kunden 30-jährige Abnahmeverträge ab. Die Kosten der Wärmelieferung betragen im Durchschnitt rund 10 Rp./kWh. Absatz Geschäftsjahr 2016/17: ca. 40 Mio. kWh thermisch Prognose Geschäftsjahr 2021/22: Wärme ca. 54 Mio. kWh; elektrischer Strom: 9 Mio. kWh Substitution (zwischen 1999 und 2022): 80 Mio. Liter weniger Heizöl Investitions-Volumen (1999 bis 2025): 83 Mio. Franken. Davon sind und werden 52 Mio. Franken von jurassischen Unternehmen fakturiert. Zahl der Anschlüsse (2017): 400
Etappe in der östlichen Industriezone zu errichten. «Der Unfall an den Kernreaktoren in Fukushima 2011 und die Möglichkeit der KEVEinspeisevergütung gaben unserem Erweiterungsprojekt die definitive Gestalt», so Godinat. Deshalb der Entscheid für eine topmoderne Wärme-Kraft-Kopplungs-Anlage (WKK), welche die Dimensionen der älteren Zentrale deutlich übertrifft: Zwei ausserhalb des Gebäudes stehende Wärmespeicher umfassen je 130 m3. Die
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Zentrale umfasst einen klassischen Brennholzkessel (3200 kW) und einen Thermoöl-Heizkessel (6700 kW). Das Thermoöl dient als Wärmeübertragungsmedium, ohne seinen Aggregatszustand zu verändern. Die Wärme aus der Biomassefeuerung (von rund 300 ºC) wird an ein weiteres, verdampfungsfähiges Medium, nämlich Siliconöl übertragen. Das Arbeitsmittel treibt eine Turbine an und nimmt — nach der Wärmeabgabe ins Fernwärmenetz — in einem geschlossenen Kreislauf wie-
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der den flüssigen Zustand an. Dank dieses gekoppelten ORC-Prozesses dienen 1300 kW Leistung der Erzeugung elektrischer Energie und 5400 kW stehen für die Fernwärme zur Verfügung.
In Zukunft kühlen Ehrgeizige Ziele fürs Jahr 2021: Der Wärmeverkauf soll jährlich 54 Mio. kWh betragen; damit wäre der Wärmebedarf der Stadt zu fast zwei Dritteln gedeckt. Dank des Fernwärmenetzes wird man in Porrentruy 6,5 Mio. Liter weniger Heizöl verbrennen und schätzungsweise fossiles 17 700 Tonnen CO2 eingespart haben. Ein kleiner Teil davon ist an die Stiftung KliK verkauft worden. Zudem wird die WKK-Turbine 9 Mio. kWh elektrischen Strom produzieren. Ein erfolgreiches Projekt ruft nach seiner Fortsetzung: Manuel Godinat denkt an den zunehmenden Kühlbedarf vieler Abnehmer aus der nahen Industriezone im Sommer, der mithilfe einer Absorptions-Kältemaschine und den bestehenden FW-Leitungen gedeckt werden könnte. Doch zuerst wird einmal im Oktober die neue Zentrale feierlich eingeweiht. ■
Infos Autor: Manuel Fischer
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BFE-Pilot- und Demonstrationsprojekt: Mikro-Blockheizkraftwerk (ALADIN II)
Mikro-BHKW produziert viel Strom und wenig Abgase Blockheizkraftwerke mit niedriger Leistung (Mikro-BHKW) sind darauf ausgelegt, Ein- und Mehrfamilienhäuser dezentral mit Strom und Wärme zu versorgen. Die ETH Zürich entwickelt zurzeit mit dem Heizungsunternehmen Hoval Aktiengesellschaft (Vaduz) und der Schmierölproduzentin Bucher AG Langenthal ein solches Mikro-BHKW. Dieses verfügt über einen für diese Leistungsklasse sehr hohen elektrischen Wirkungsgrad und verspricht tiefe Schadstoffemissionen. Das neuartige Gerät liegt bisher als Laboranlage und Funktionsmuster vor. Es nutzt Erdgas, ebnet bei Betrieb mit Biogas aber auch den Pfad in eine erneuerbare Energieversorgung.
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ezentrale Kraftwerke, die gleichzeitig Strom und Wärme produzieren, liegen im Trend. Das gelingt beispielsweise durch Verbindung von Photovoltaik-Modulen mit einer Wärmepumpe. Eine beliebte Umsetzung sind auch mit Erdgas, Biogas, Holz oder Öl betriebene Blockheizkraftwerke (BHKW). Diese werden in der Schweiz typischerweise für die Versorgung von Industriebetrieben und ganzen Quartieren eingesetzt. Sie erreichen Gesamtwirkungsgrade von 88 bis 95 %; dabei fallen bis zu 40 % als elektrische Energie an, der Rest als Wärme. Eine jüngere Entwicklung sind Mikro-BHKW im tiefen Leistungsbereich (5 bis 15 kWel) für die Anwendung in Ein- und Mehrfamilienhäusern sowie in Gewerbebetrieben. Etliche dieser Anlagen sind schon auf dem Markt.
Hohe Effizienz, wenig Abgase «Die verfügbaren Anlagen hinken mit 22 bis maximal 28 % elektrischem Wirkungsgrad der Effizienz grosser Anlagen noch weit hinterher, auch haben sie das Potenzial zur Schadstoffvermeidung noch nicht ausgeschöpft», sagt Christian Schürch, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Eidgenössisch-Technischen Hochschule (ETH) Zürich. Schürch und sein ETH-Forscherteam arbeiten seit mehreren Jahren an der Entwicklung eines Mikro-BHKW mit hohem elektrischem
Mit dieser Anlage – ein auf Gasbetrieb umgebauter Einzylinder-Benzinmotor – haben Forscher der ETH Zürich im Vorgängerprojekt ALADIN I von 2011 bis 2014 die technischen Grundlagen eines Mikro-BHKW untersucht. Im Bild der damalige ETH-Doktorand Philipp Vögelin. (Bild: Benedikt Vogel)
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Wirkungsgrad und tiefem Schadstoffausstoss. Wie in einer Gasheizung wird hier Gas verbrannt, allerdings nicht in einem Heizkessel, sondern in einem Motor: Dessen mechanische Energie wird über einen Generator in Strom verwandelt, die in den Abgasen und im Kühlmittel enthaltene Wärme über einen Wärmetauscher für die Bereitstellung von Heizwärme und Warmwasser genutzt. Das Mikro-BHKW ist jetzt im Begriff, die Prüfstände der akademischen Forschung zu verlassen. In den nächsten Monaten wird eine Pilot- und Demonstrationsanlage bei der Bucher AG Langenthal das Potenzial der Neuentwicklung vor Augen führen. Die Produzentin von Schmierölen, besser bekannt unter dem Produktnamen Motorex, ist als Industriepartner an der Entwicklung des Mikro-BHKW beteiligt. Herzstück des Mikro-BHKW ist ein kleiner, auf Gasbetrieb umgerüsteter Einzylinder-Viertaktmotor der Swissauto Wenko AG in Burgdorf BE. In seiner Grundform kommt der Motor in Quadbikes oder Motorrädern zum Einsatz. Das Mikro-BHKW basiert auf einer Weiterentwicklung des Motors, welche primär in Hybrid-Antriebssträngen wie in einem Range-Extender-Modul verwendet
Die im Projekt ALADIN II entwickelte Laboranlage an der ETH Zürich. Die Komponenten der Anlage sind hier gut zugänglich. Der Lauf des Gasmotors (bodennah im Vordergrund) wird mit einem Schwungrad stabilisiert. Durch die gleichmässige Drehzahl kann der Generator Wechselstrom mit einer konstanten Frequenz erzeugen. (Bild: Benedikt Vogel)
Infos Autor: Benedikt Vogel, im Auftrag des BFE Kontakt für Führungen durch die Pilot- und Demonstrationsanlage bei der Bucher Langenthal AG bzw. für weitere Auskünfte zum Projekt vonseiten der Bucher AG Langenthal: Markus Staubli, markus.staubli@motorex.com, Projektverantwortlicher bei der Bucher AG Langenthal, oder Peter Regenass, peter.regenass@motorex.com, Verwaltungsratspräsident der Bucher-Motorex-Gruppe. Projekt-Auskünfte BFE: Stephan Renz, info@renzconsulting.ch, Leiter der BFEForschungsprogramme Verbrennung und WKK. Projekt-Auskünfte Hoval AG: Martin Moisi, martin. moisi@hoval.com, Projektverantwortlicher bei der Hoval AG. Weitere Fachbeiträge über Forschungs-, Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprojekte im Bereich verbrennungsbasierte Energiesysteme findet man unter www.bfe.admin.ch/CT/verbrennung
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wird – mit tiefem Verbrauch und hohem mechanischem und elektrischem Wirkungsgrad.
Das Geheimnis des richtigen Öls Damit dieser Motor mit maximalem Wirkungsgrad betrieben werden kann, ist unter anderem ein optimiertes Schmieröl erforderlich. Aus dem auf Gasbetrieb umgerüsteten Einzylindermotor ergeben sich spezifische Anforderungen an das Schmieröl, das den Spalt zwischen Kolbenring und Zylinderwand abdichtet und den Verschleiss mindert. Ein stabiles Basisöl muss mit den geeigneten Additiven (chemischen Zusätzen) ergänzt werden, damit der Motor bei den im Vergleich zum Einsatz in einem Fahrzeug weitaus längeren Laufzeiten stabil, sicher und mit minimalem Serviceaufwand arbeitet. Um das passende Öl zu mischen, hat die Entwicklungsabteilung der Bucher AG Langenthal über 60 Basisöle und über 600 Additive sowie mehr als 2500 Ölrezepturen an der Hand.
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Aus früheren Projekten ist bekannt, dass allein der Einsatz eines geeigneten Schmieröls die Energieumsetzung in einem Motor um bis zu 2 % verbessern kann. Um hier das Optimum zu erreichen, werden in Langenthal und parallel dazu an der Eidgenössischen Materialprüfanstalt (Empa) in Dübendorf Tests mit verschiedenen Mixturen durchgeführt. «Im Moment steht bei den Versuchen noch der wissenschaftliche Aspekt im Vordergrund, aber wir hoffen, dass wir mit dem zusätzlichen Wissen später ein kommerzielles Schmieröl für MikroBHKW herstellen können. Zudem dürfte sich unser Entwicklungsaufwand auch in Lizenzeinnahmen bezahlt machen», sagt Markus Staubli, Leiter Key Account Management und Mitglied des ManagementTeams bei der Bucher AG Langenthal.
Über 32 % elektrischer Wirkungsgrad Die Pilot- und Demonstrationsanlage in Langenthal ist das Ergebnis
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BFE unterstützt Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturm-Projekte Die Entwicklung eines Mikro-Blockheizkraftwerks im Rahmen des Projekts ALADIN II wird vom Bundesamt für Energie unterstützt. Das von der ETH Zürich mit Industriepartnern realisierte Forschungs- und Entwicklungsvorhaben gehört zu den Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprojekten, mit denen das Bundesamt für Energie (BFE) die sparsame und rationelle Energieverwendung fördert und die Nutzung erneuerbarer Energien vorantreibt. Das BFE fördert Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprojekte mit 40 % der anrechenbaren Kosten. Gesuche können jederzeit eingereicht werden. www.bfe.admin.ch/pilotdemonstration, www.bfe.admin.ch/leuchtturmprogramm
ETH-Forscher Christian Schürch mit der Laboranlage des Mikro-BHKW. (Bild: Benedikt Vogel)
jahrelanger Forschung und Entwicklung. Im Projekt ALADIN I (2011 bis 2014) hatten Forscher des ETHLabors für Aerothermochemie und Verbrennungssysteme (LAV) einen Einzylinder-Benzinmotor mit 325 ccm der Swissauto Wenko AG auf Gas-
betrieb umgerüstet und in ein Kleinkraftwerk zur Erzeugung von Strom (rund 7 kW) und Wärme (rund 14 kW) umgebaut. Statt über ein Gleitlager, wie bei Industriemotoren üblich, verfügt der Motor über ein Wälzlager; dieses hat weniger Reibungsverluste und verspricht damit eine höhere Effizienz bei der Energieumwandlung. Um die ambitionierten Effizienzziele zu erreichen, kommt zudem ein hochwertiger Generator zum Einsatz. Auch nutzt der Wärmetauscher nicht nur die Wärme der nassen Abgase, sondern auch die latente Wärme, welche durch die Kondensation des bei der Verbrennung entstehenden Wasserdampfes frei wird (Brennwertnutzungstechnologie von Hoval). Darüber hinaus wird auch die Abwärme des Motors, des im Gegensatz zur übli-
chen Industrieanwendung wassergekühlten Generators und des Schmieröls genutzt. Das MikroBHKW ist – anders als seine grossen Brüder – mit einem Drei-WegKatalysator ausgerüstet. Das erlaubt eine Minimierung der Schadstoffemissionen. Mit Rücksicht auf den Katalysator muss der Motor stöchiometrisch gefahren werden, das heisst, das Brennstoff-Luft-Gemisch wird vollständig, ohne Luftüberschuss verbrannt. Im aktuellen Folgeprojekt ALADIN II (2015 bis 2017) wird der auf Gas umgerüstete und mit einem Katalysator bestückte Motor nun in einem kompakten Gehäuse mit Generator, Wärmetauscher und weiteren Komponenten kombiniert und zu einem kompletten, «seriennahen» Funktionsmuster weiterentwickelt. In dieser Anordnung er-
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reicht die Anlage an der ETH Zürich einen elektrischen Wirkungsgrad von 32,7 %, womit die Zielvorgabe «über 30 %» erreicht ist. Der angestrebte thermische Wirkungsgrad von 60 % wird ebenfalls realisiert – bei einer Rücklauf-Temperatur aus dem Heizungskreislauf von 30 °C liegt dieser sogar bei 76 % (bezogen auf den unteren Heizwert des Erdgases). Die erzielten Emissionssenkungen für NOx (< 5.0 mg/Nm3), CO (< 3.0 mg/Nm3) und HC (< 3.0 mg/Nm3; jeweils gemessen im heissen Abgas direkt nach dem Katalysator) sind als Erfolg zu werten: «Die erreichten Werte liegen weit unter den Vorschriften als auch unter denjenigen der Konkurrenzanlagen», sagt Christian Schürch, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der ETH Zürich und Leiter des Projekts ALADIN II. «Eine weitere Reduktion ist mit den heutigen Katalysatoren kaum möglich.»
Das Funktionsmuster, wie es bei Hoval in Vaduz aufgebaut wird. Der Metallrahmen zeigt die Grösse des Geräts, ergänzt um den Schaltschrank (rechts). (Bild: Hoval AG)
Kampf den Kaltstartemissionen Je nach Anwendung würden Mikro-BHKW nicht im Dauerbetrieb laufen, sondern häufig ein- und ausgeschaltet. In den ersten Minuten nach Betriebsaufnahme entstehen Kaltstartemissionen, da der Drei-Wege-Katalysator seine volle Wirkung erst nach sieben bis zehn Minuten entfaltet, wenn er auf 650 °C aufgeheizt ist. «Wir wollen sicherstellen, dass die Mikro-BHKW möglichst während ihrer gesamten Betriebszeit, also auch in der Startphase, tiefe Emissionswerte haben», sagt Christian Schürch von der ETH Zürich, der das Projekt ALADIN II leitet. Ein Weg zu diesem Ziel ist die Verkürzung der Aufwärmzeit des Katalysators, indem der Katalysator wärmegedämmt oder in der Startphase elektrisch beheizt wird. Ein anderer Zugang sind regeltechnische Abschätzungen, um die Zahl der Betriebspausen zu verringern und Stillstandszeiten kurz zu halten. Ferner denkbar sind modifizierte Betriebsarten: Durch Verzögerung des Zündzeitpunkts beispielsweise entstehen heissere Abgase, was den Katalysator schneller erwärmt, aber den mechanischen Wirkungsgrad des Motors mindert, da der Verbrennungsschwerpunkt nicht mehr am optimalen Zeitpunkt liegt. Oder der Motor wird in der Startphase fett gefahren, d. h. mit überschüssigem Brennstoff, und durch Zugabe von Sekundärluft nach dem Motorauslass wird der Restbrennstoff vor und im Katalysator verbrannt, um diesen zu beheizen. «Alle Massnahmen mit Ausnahme der Dämmung verringern den Wirkungsgrad der Anlage. Es ist Gegenstand der Forschungsarbeiten, herauszufinden, welche Massnahme unter welchen Rahmenbedingungen die beste Wahl ist», sagt ETH-Forscher Schürch. ETH-Forscher haben realitätsnahe Betriebsprofile entwickelt und werden diese nun an der eigenen Laboranlage und den vier externen Funktionsmustern mit mobilen Abgasanalysegeräten untersuchen.
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Vier Funktionsmuster im Praxistest
Im nächsten Schritt werden vom Mikro-BHKW nun – ergänzend zur Laboranlage an der ETH – vier Funktionsmuster hergestellt. Mit ihnen werden die Industriepartner die Anlage in den kommenden Monaten und Jahren in Kooperation mit der ETH testen und optimieren. Neben der Anlage in Langenthal steht ein zweites Funktionsmuster beim Heizungsunternehmen Hoval in Vaduz (FL). Hier fo-
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kussieren sich die Entwickler auf die Einbindung in Heizsysteme und Verbesserungen der Konstruktion und der Schall-/Wärmeisolation. Mit zwei weiteren Funktionsmustern werden bei der sa-charging solutions AG in Mellingen AG Dauerlauftests über 1000 bis 2000 Betriebsstunden durchgeführt. Hierbei werden unter anderem verschiedene Betriebsmuster wie Dauerlauf bzw. Ein/ Aus-Betrieb (vgl. Textbox zu Kaltstartemissionen) untersucht.
Ein Schwarm aus Mikro-BHKW Bei Dauerbetrieb erzielt ein Mikro-BHKW die maximale Stromausbeute. Dies ist das Betriebskonzept, das Hoval verfolgt (vgl. Haupttext). Es sind aber auch andere Betriebskonzepte in Diskussion: So könnten Mikro-BHKW eingesetzt werden, um Produktionslücken von Solar- und Windstrom auszugleichen. Um dies wirksam zu tun, müsste eine Vielzahl von Mikro-BHKW in einem Verbund mit hoher Leistung gesteuert werden. Ein Contractor könnte einen solchen Verbund flexibel betreiben, vorwiegend dann, wenn die Strompreise wegen Nachfrageüberschuss hoch sind. Damit dies möglich ist, müssen die beteiligten Haushalte über hinreichend grosse Wärmespeicher (Warmwasserspeicher) verfügen, damit die Mikro-BHKW zeitlich flexibel betrieben werden können. Ein Forscherteam der ETH Zürich und des Paul Scherrer Instituts hat vor Kurzem ein vom BFE mitfinanziertes Projekt abgeschlossen, das Möglichkeiten und Grenzen solcher «Schwärme» aus Mikro-BHKW untersucht hat. «Da die angeschlossenen Gebäude im Winter mehr Wärme benötigen, fällt der Grossteil der Elektrizitätsproduktion eines solchen Schwarms ins Winterhalbjahr; damit ergänzt er ganz natürlich die im Winter tiefere Photovoltaikproduktion», sagt Projektleiter Gil Georges. Die ETH-Forscher haben auch Fallstudien für die Kantone Luzern, Basel und Thurgau erstellt. Demnach liessen sich solche Schwärme betreiben, ohne dass Biomasse aus anderen Kantonen herangeführt werden müsste. BHKW-Schwärme könnten aber andere Biomasse-Nutzungen und Abfall konkurrenzieren. Bei Nutzung der verfügbaren Biomasse (Holz, Abfälle, Gülle) lassen sich mit Mikro-BHKW laut ETH-Studie 6 TWh Strom erzeugen, davon 5,4 TWh im Winter. Das entspricht 16 % des aktuellen Winterstrom-Bedarfs in der Schweiz. Das Schwarm- Konzept funktioniert technisch, doch die entscheidende Frage ist, ob ein tragfähiges Geschäftsmodell entwickelt werden kann.
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milienhaus übernehmen würde. Denn nur wenn ein Mikro-BHKW durchgängig läuft, erzeugt es genügend Strom zur Eigennutzung, was für die Wirtschaftlichkeit der Anlage zentral ist», sagt Dipl. Ing. Markus Telian, Leiter F&E bei Hoval.
Betrieb mit nicht-fossilem Gas möglich
Das Schema zeigt den Aufbau des Mikro-BHKW. (Grafik: ETHZ)
Berechnungen der ETH Zürich machen deutlich: Eine Vielzahl von Mikro-BHKW (bezeichnet auch als «WKK-Schwarm», dunkelgrün) kann eingesetzt werden, um in jenen Jahreszeiten Strom zu produzieren, wenn der Ertrag an PhotovoltaikStrom (gelb) wetterbedingt gering ist. So lässt sich erreichen, dass die Summe von Strom aus Mikro-BHKW und Photovoltaik relativ konstant ist. (Grafik: ETHZ) Hoval ist heute mit mittelgrossen BHKW (20 bis 560 kWel) am Markt vertreten. Mit den MikroBHKW würde das Unternehmen seine Produktpalette in der unteren Leistungsklasse erweitern. «Unser
Ziel ist ein Mikro-BHKW mit einer elektrischen Leistung von beispielsweise 5 kW und einer Wärmeleistung von 10 kW, das typischerweise ganzjährig die Warmwasserversorgung als Grundlast für ein Mehrfa-
Die vier Funktionsmuster müssen nun in den anstehenden Testläufen beweisen, dass sie den Dauerbetrieb mit tiefen Wartungskosten und einem hohen Wirkungsgrad meistern. Auf dieser Grundlage wird die Hoval-Geschäftsführung in voraussichtlich zwei Jahren über Serienproduktion/Markteinführung des Mikro-BHKW entscheiden. Bei den Wirtschaftlichkeitsberechnungen werden die Gaspreise und der Abnahmepreis für Strom eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Das Mikro-BHKW kann mit Erdgas oder gleichwertig aufbereitetem Biogas (hoher Methangehalt) betrieben werden. Nach Überzeugung von Peter Regenass, Verwaltungsratspräsident der Bucher-Motorex-Gruppe (Langenthal), werden Mikro-BHKWs in einer Versorgung mit erneuerbaren Energien künftig eine wichtige Rolle übernehmen: «Ich bin felsenfest überzeugt, dass wir in Zukunft erneuerbaren Strom nutzen werden, um über die Power-to-Gas-Technologie Methan herzustellen, dieses nicht-fossile Gas dann ins Gasnetz einspeisen und zur dezentralen Energieproduktion in Mikro-BHKW nutzen.» ■
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Steuerung für Eigenverbrauch-Steigerung mit Elektroboiler, Ladestation, Wärmepumpe etc.
Integrale Steuerung für Photovoltaikanlagen Wer mit einer Photovoltaikanlage Strom auf dem Dach des eigenen Hauses produziert, will damit nicht nur einen Beitrag für die Energiezukunft leisten. Er will auch möglichst viel des selbst erzeugten Stroms zeitgleich selbst verbrauchen. Das lohnt sich. Denn die Stromgestehungskosten von Photovoltaik liegen bereits heute meistens unter den Stromtarifen der Energieversorger.
D
ie Rahmenbedingungen für die Förderung von Photovoltaikanlagen sind im Umbruch. Anlagen mit weniger als 30 kWp (Kilowatt Peak) installierter Leistung erhalten die sogenannte Einmalvergütung – also maximal 30 Prozent der Investitionskosten. Folglich müssen sich Photovoltaikanlagen auf Einfamilienhäusern in erster Linie über den Eigenverbrauch finanzieren. Wie stark sich die Photovoltaikanlage rechnet, ist direkt von den lokalen Stromtarifen abhängig. Für Anlagen mit einer installierten Leistung zwischen 5 und 30 kWp liegen die
Stromgestehungskosten heute unter 18 Rappen pro kWh (Kilowattstunde). Anlagen mit höherer Leistung liegen sogar deutlich tiefer.
Sparen mit jeder Kilowattstunde Betrachten wir eine Photovoltaikanlage im Mittelland mit einer Leistung von 10 kWp. Diese Anlage wird pro Jahr rund 9500 kWh Strom produzieren. Das ist gut doppelt so viel wie der durchschnittliche Strombedarf einer vierköpfigen Familie (ohne Wärmepumpe, ohne Boiler). Für die Familie lohnt es sich aus verschiedenen Gründen, den Eigenver-
brauch zu optimieren. Einerseits macht es wenig Sinn, den Strom aus der Photovoltaikanlage einfach ins Netz einzuspeisen. Die Rückliefertarife liegen in der Regel deutlich unter den Gestehungskosten. Hinzu kommt, dass in fast allen Versorgungsgebieten die Gestehungskosten von Photovoltaikstrom unter dem Hochtarif des Energieversorgers liegen. Das bedeutet: Besitzer einer Photovoltaikanlage sparen im Vergleich zum Netzbezug Geld – und zwar mit jeder Kilowattstunde, die sie selbst erzeugen und direkt verbrauchen.
Aufdach-Photovoltaikanlage in Hombrechtikon ZH.
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Screenshot aus dem Online-Portal: Tagesganglinie Leistung. 12-kWp-Photovoltaikanlage mit direkter Ansteuerung des Elektroboilers. Die Schaltschwelle des Boilers liegt bei 4 kW. Gelb: Stromerzeugung der PV-Anlage, blau: Stromverbrauch des Haushalts.
Aktuell sind die Energiedienstleister gefordert, Lösungen auf den Markt zu bringen, die diesen neuen Rahmenbedingungen Rechnung tragen. Die EKZ haben dafür den Ansatz einer integralen Steuerung gewählt. Die Steuerung «einfachSolar» wird in einer ersten Phase in Einfamilienhäusern mit Photovoltaikanlagen eingesetzt. Sie trägt dazu bei, den Eigenverbrauch deutlich zu erhöhen.
Eigenverbrauch: Jede Anlage ist unterschiedlich Die Photovoltaikspezialisten der EKZ werden häufig gefragt, wie stark der Eigenverbrauch effektiv gesteigert werden kann. Die Antwort darauf ist stark abhängig von der jeweiligen Anlage. Wichtige Faktoren sind die Leistung der Photovoltaikanlage, der Strombedarf des Haushalts, die Art der elektrischen Verbraucher, aber auch die Anzahl und das Verhalten der Bewohner. Für die Optimierung des Eigenverbrauchs macht es einen Unterschied, ob die Bewohner des Hauses nur abends anwesend sind oder auch tagsüber. Eine besonders effiziente Steigerung des Eigenverbrauchs erreichen die Anlagenbesitzer mit direkt ansteuerbaren Geräten. Das können beispielsweise Elektroboiler sein, aber auch Ladestationen für Elektroautos oder Wärmepumpen. Voraussetzung bei letzteren ist, dass sie für die direkte Ansteuerung vorbereitet sind (z. B. Smart Grid Ready). Um das mögliche Eigenverbrauchspotenzial zu errechnen, haben die EKZ Simulationen mit typischen Haushaltsprofilen durchgeführt. Die Spezialisten
erstellten Modelle für eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 10 kWp für Haushalte mit jährlichem Energieverbrauch zwischen 3000 und 25 000 kWh mit Boiler und Wärmepumpe. Dabei lag der Eigenverbrauch ohne Steuerung zwischen 20 und 30 Prozent. Bei Photovoltaikanlagen ohne Steuerung wird also weniger als ein Drittel des selbst produzierten Stroms auch selbst verbraucht. Bis zu 80 Prozent des Solarstroms fliesst ins Netz – meistens zu Rückliefertarifen, die deutlich unter den Stromgestehungskosten liegen.
Höherer Eigenverbrauch dank Boiler, Batterie und Co. Bereits durch direkte Ansteuerung des Elektroboilers steigt der Eigenverbrauch auf 25 bis 45 Prozent. Als Grundlage für die Berechnung dienten Boiler mit einer Leistung zwischen 1 und 5 kW. Der Boiler wird dabei nicht mehr nach dem klassischen Modell in der Nacht aufgeheizt, sondern teilweise tagsüber, wenn die Photovoltaikanlage genügend Strom dafür produziert. Eine weitere deutliche Steigerung des Eigenverbrauchs bringt eine Batterie. Die Batterie speichert – je nach Produktionsüberschuss – einen Teil des Solarstroms und kann diesen in der Nacht wieder abgeben, oder wenn die Sonne am Tag mal nicht scheint. Dank Einbindung eines Boilers und einer Batterie steigt der Eigenverbrauch auf 45 bis 60 Prozent bei einer angenommenen Batteriekapazität von 9 kWh. Die Ergebnisse dieser Simulation sind Richtwerte und damit nicht allgemeingültig. Die Daten helfen aber, eine erste Indikation zu erhalten. Zudem
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können die Spezialisten abschätzen, in welchen Fällen es sich lohnt, einzelne Verbraucher direkt anzusteuern, um den Eigenverbrauch weiter zu erhöhen. Aus diesem Grund ist die einfachSolar Steuerung von EKZ modular aufgebaut. Der Besitzer der Anlage kann die Steuerung in einer ersten Phase als Monitoring-Instrument nutzen – also um mehr über sein Verbrauchsverhalten zu lernen. Anhand der so gewonnenen Daten kann man abschätzen, ob es sinnvoll ist, einzelne Verbraucher direkt anzusteuern oder sogar eine Batterie in die Anlage zu integrieren.
Gerüstet für künftige Entwicklungen Bei der eigentlichen Steuerung handelt es sich um ein Gerät mit integriertem Controller, das auf der Hutschiene im Tableau installiert wird. Die einfachSolar Steuerung verfügt über alle gängigen Schnittstellen (Ethernet, CAN, Digital I/O, RS485, MBus) und kann für die Ansteuerung weiterer Komponenten beliebig erweitert werden. Es besteht auch die Möglichkeit, sogenannte Smart Plugs (geschaltete
Steckdosen) in das System zu integrieren. Damit kann die Steuerung zusätzliche Verbraucher direkt ansteuern. Die Steuerung ist über LAN mit dem Internet verbunden und speichert die Erzeugungs- und Verbrauchsdaten. Der zentrale Teil der Steuerungsintelligenz ist lokal gespeichert, damit die Anlage auch ohne Verbindung zum Internet funktioniert. Ein Teil der Steuerungsintelligenz liegt jedoch in der Cloud – das ermöglicht Updates, Fernwartung und die Integration von Wetterprognosen. Besonders interessant ist dabei die Möglichkeit, die Steuerung per Fernwartung zu aktualisieren. Für den Kunden hat das den Vorteil, dass seine Steuerung stets über die neuesten Treiber für Anwendungen und Geräte verfügt. Zudem gilt: Je mehr Komponenten gesteuert werden, desto komplexer
wird der Prozess. Wird beispielsweise zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund von Markt- oder Kundenbedürfnissen ein Austausch der Steuerungsintelligenz nötig, kann das komplett über die Cloud gelöst werden.
Die einfachSolar Steuerung mit ihren Schnittstellen.
Datenschutz und -sicherheit Wenn eine Anlage permanent mit dem Internet verbunden ist und Daten in der Cloud gespeichert werden, stellt sich die Frage nach der Datensicherheit. Um diese zu
Schema der einfachSolar Steuerung.
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jeder Zeit zu gewährleisten, entspricht das Gesamtsystem den Schweizer und Zürcher Datenschutzrichtlinien. Erzeugungs- und Verbrauchsdaten werden pseudonymisiert übermittelt und die Kommunikation wird mittels TLS 1.2 verschlüsselt. Ein Fernzugriff der EKZ ist nur dann möglich, wenn es der Kunde explizit zulässt und lokal freischaltet.
Mobile Heiz- und Warmwasserzentralen
960 kW
Jederzeit voller Zugriff für den Kunden Über das einfachSolar Portal haben die Kunden jederzeit vollen Zugriff auf ihre Steuerung. Sie können sich dort nicht nur über Produktion und Verbrauch informieren, sondern auch die Ansteuerung der Verbraucher bei Bedarf justieren. Der Kunde kann für jedes der direkt angesteuerten Geräte entscheiden, wann dieses zugeschaltet wird und Optimierungszeitfenster anpassen. Grundsätzlich werden jedoch bereits bei der Inbetriebnahme die idealen Optimierungszeitfenster pro Verbraucher durch den Installateur festgelegt. Ein weiterer Vorteil einer Internetverbindung ist der technische Support. Auf Wunsch des Kunden kann die Fachabteilung der EKZ die Anlage aus der Ferne warten, die Funktionalität prüfen oder Treibereinstellungen anpassen. ■
Pelletwarmluft
120 kW
Ölwarmluft
175 kW
Infos Autorin: Daniela Sauter, Projektleiterin Technologiemanagement EKZ, Elektrizitätswerke des Kantons Zürich, www.ekz.ch
Die Sonnenseite der Wärme
Wärme im Bad – Design zum Anfassen und Wohlfühlen.
Breitenmoser & Keller AG Radiatoren, Heizwände, Konvektoren Werkstrasse 2, CH-9542 Münchwilen TG Tel. 071 969 30 20, Fax 071 969 30 21 info@bremo.ch www.bremo.ch
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Grundwasser-Wärmepumpen ersetzen Ölheizungen: Rechnung geht für die Bauherrschaft auf
Grundwasser als Wärmequelle für nachhaltige Heizungslösung Im Rahmen einer Heizungssanierung in zwei Wohnhäusern mit separaten Heizzentralen wurden die Ölheizungen durch Wasser-Wasser-Wärmepumpen ersetzt. Wie das Projekt umgesetzt wurde und welche Vorteile für Eigentümer, Umwelt und Bewohner damit verbunden sind, ist Thema des folgenden Beitrags.
In diesen Wohnhäusern wurde die Heizung saniert und je eine Wasser-Wasser-Wärmepumpe eingebaut. (Fotos: Elco/Gaccioli)
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ass eine Heizung auch ein Publikumsmagnet sein kann, widerspricht den gängigen Erfahrungen. Doch keine Regel ohne Ausnahme, ist man geneigt zu sagen, wenn man den «Tag des offenen Heizungskellers» als Gradmesser nimmt, der in einer genossenschaftlichen Überbauung an der Hallerstrasse in Thun stattgefunden hat. Während zwei Stunden drängte sich ein wissbegieriges Publikum in die Kellergeschosse der zwei Wohnhäuser, um die neue Heizung zu inspizieren, und die Fachleute, die Fragen der Besucher beantworteten, hatten alle Hände voll zu tun und konnten sich kaum
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eine Pause gönnen. Dass ein Anlass, dem die Lokalzeitung lediglich eine kurze Notiz gewidmet hatte, gut 100 Interessenten anlockte, darunter Vertreter von Verwaltungen und Investoren, spricht für die Attraktivität des Projekts.
Vorzüglicher Wärmelieferant Die beiden Liegenschaften mit je 14 Wohnungen und einer separaten Heizzentrale liegen in einem ruhi-
«Die Auflagen für die Nutzung von Grundwasser sind hoch.»
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gen Wohnquartier mit Einkaufsmöglichkeiten, Schulen und öV in unmittelbarer Nähe. Sie wurden Mitte der Sechzigerjahre erbaut, sind gut unterhalten und von ausgedehnten Grünflächen umgeben. Eigentümerin ist die Wohngenossenschaft Sunnmatt. Da die Ölheizung in beiden Häusern sanierungsbedürftig war, beauftragte man das ortsansässige Ingenieurbüro H+K Planungs AG bzw. Stefan Schär, Mitinhaber und Heizungstechniker TS, mit der Ausarbeitung eines Sanierungskonzepts. Sofern es sich wirtschaftlich vertreten liess, sollte die alte Ölheizung durch ein alternatives Heizsystem ersetzt
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werden. Im Rahmen der Abklärungen wurden verschiedene Möglichkeiten der Heizungserneuerung evaluiert. Schliesslich entschied man sich für den Einbau von Wasser-Wasser-Wärmepumpen, wobei die Wärme dem Grundwasser entnommen werden sollte. Ein Gutachten und eine Sondierbohrung erbrachten den Nachweis, dass dies möglich ist. Grundwasser ist ein vorzüglicher Wärmelieferant, da die Temperaturen des Wassers relativ hoch und verhältnismässig geringen jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen sind. «Allerdings sind die Auflagen für dessen Nutzung ziemlich hoch», betont Stefan Schär, dem auch die Gesamtverantwortung für das Sanierungsprojekt übertragen wurde. Für die Nutzung des Grundwassers ist eine moderate, mengenabhängige Gebühr zu entrichten. Als ausführende Firma wurde die Bacher AG bestimmt, ein renommierter Haustechnikbetrieb auf dem Platz Thun, der sich über den Fachbereich hinaus auch bei ökologischen Themen wie dem Recycling einen Namen verschafft hat.
Montagefreundliche Wärmepumpe An den äusseren Stirnseiten der benachbarten Wohnhäuser wurde für
Blick in den Heizungskeller mit Grundwasserkreis und Zwischenkreis (links), Wärmepumpe, Warmwasserund Pufferspeicher.
die Entnahme des Wassers, das eine Temperatur von 8 bis 14 Grad Celsius aufweist, je eine Röhre in eine Tiefe von 30 Meter verlegt, während die Rückgabe des Wassers über eine einzige Anlage zwischen den beiden Häusern erfolgt. Zwar hätten es die Behörden lieber gesehen,
Martin Luginbühl, Verkaufsberater von Elco, prüft den Schmutzfilter, der grob- und feinkörnige Partikel aus dem Grundwasser entfernt.
wenn zwei Rückgabebrunnen gebaut worden wären, was vor allem beim Verkauf eines der Häuser von Vorteil gewesen wäre, doch willigten sie schliesslich in die Pläne ein, was für die Bauherrschaft eine Kostenersparnis bedeutete. Ist die Wärmepumpe in Betrieb, werden stündlich 12 Kubikmeter Grundwasser durch den Wasserkreis befördert bzw. über Schmutzfilter und Wärmetauscher geführt, bevor es wieder vollständig in den Grundwasserstrom abgegeben wird. Die entnommene Wärme gelangt über einen geschlossenen Zwischenkreis, in dem eine Glykolmischung zirkuliert, zur Wasser-Wasser-Wärmepumpe Aquatop T43H mit einer Heizleistung von 54,5 kW (W10/W55), wo sie auf das Sollniveau von 55 Grad Celsius gebracht wird. «Damit wird alternierend der Warmwasserspeicher von 2000 Liter, der mit einem Elektroheizeinsatz versehen ist, bzw. der Pufferspeicher von 1500 Liter geladen», erläutert Sandro Badertscher, Abteilungsleiter Heizung bei der Firma Bacher, der sich auch lobend über die Montagefreundlichkeit der Wärmepumpe äussert. Da alle wichtigen Komponenten be-
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«Eine Wärmepumpen-
Heizung muss sorgfältig dimensioniert und installiert werden, damit der maximale Nutzen erreicht wird.
»
Stefan Schär, Heizungstechniker TS, trug die Gesamtverantwortung für das Sanierungsprojekt.
Sandro Badertscher, Abteilungsleiter Heizung, war zuständig für die Installation der neuen Heizung.
reits eingebaut sind, verkürze sich die Montagezeit.
lange Laufzeiten für die Wärmepumpe, womit Anfahr- und Auslaufverluste minimiert werden, was die Lebensdauer und den Wirkungsgrad der Anlage positiv beeinflusst. «Die optimal gewählten Speichergrössen gewährleisten auch während der EVU-Sperrzeiten
Für Neubauten und ältere Gebäude Der Ladevorgang der beiden Speicher wird durch ein Umstellventil gesteuert. Es ergeben sich damit
54.5 kW
Prinzipschema Heizung Sunnmatt. (Schema: H+K Planungs AG, Thun)
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eine einwandfreie Versorgung mit Wärme und Warmwasser», fügt Projektleiter Schär hinzu. Mit einer Leistungszahl COP von bis zu 5,2 ist die Wärmepumpe sehr effizient. Es handelt sich um ein Schweizer Qualitätsprodukt der Elcotherm AG, das sowohl in Neubauten als auch in älteren Gebäuden eingesetzt werden kann. «Hohe Leistungszahlen sorgen für niedrige Betriebskosten, und die Effizienz ist ein wesentlicher Aspekt eines umweltfreundli-
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Daten zur Heizungssanierung Sunnmatt in Thun Alte Heizungslösung Ölheizung für Raumwärme und Warmwasser Neue Heizungslösung Wasser-Wasser-Wärmepumpe Aquatop T43H: – Heizleistung 54,5 kW (W10/W55) – Leistungszahl COP = 5,2 (W10/W35) Edelstahlboiler UW8/1/2000 Liter mit Elektroheizeinsatz Pufferspeicher Vistron B 1500-1/1500 Liter Projektbeteiligte Bauherrschaft: Wohngenoss. Sunnmatt, Buchholzstrasse, Thun Planung: H+K Planungs AG, Thun Ausführung: Bacher AG, Thun Beratung: Elcotherm AG, Regionalcenter Mitte, Aarburg
chen Betriebs», ergänzt Martin Luginbühl, Verkaufsberater von Elco. Sodann liessen sich mit zuschaltbaren Optimierungsfunktionen der Wärmepumpenregelung weitere Energieeinsparungen erreichen. Last, but not least muss eine Wärmepumpen-Heizung sorgfältig dimensioniert und installiert werden, damit der maximale Nutzen erreicht wird, wie die beiden Heizungsfachleute Stefan Schär und Sandro Badertscher übereinstimmend betonen.
«Hohe Leistungszahlen der Wärmepumpe sorgen für niedrige Betriebskosten.» Erfreuliche Bilanz Da in beiden Gebäuden der Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser über Jahre hinweg exakt erhoben wurde und die rechnerischen Planwerte für die neue Heizung, die im Frühherbst 2016 in Betrieb genommen wurde, durch vielfältige Erfahrungswerte gestützt werden, lässt sich schon zum heutigen Zeitpunkt ein aufschlussreicher Kostenvergleich anstellen. Betrugen pro Haus bis anhin die Betriebskosten im Durchschnitt rund 13 500
Franken pro Jahr, werden sie für die neue Heizung auf 8000 Franken voranschlagt. Mit der Einsparung kann demnach die Mehrinvestition von gut 50 000 Franken pro Anlage im Vergleich zur reinen Erneuerung der Ölheizung innert nützlicher Frist amortisiert werden. Somit geht die Rechnung für die Bauherrschaft auf. Auch ohne teure Investitionen in die energetische Gebäudemodernisierung profitieren die Bewohner von hohem Heiz- und Warmwasserkomfort, und einen Mietzinsaufschlag haben sie ebenso wenig zu gewärtigen. Zudem erfüllt das neue Heizsystem besondere Ansprüche an die Umweltfreundlichkeit und leistet auch einen massgeblichen Beitrag zur Werterhaltung der Liegenschaften. «Entstanden ist eine nachhaltige Heizungslösung ohne Wenn und Aber», bringt es Projektleiter Schär auf den Punkt. Da für die Wärmeerzeugung primär erneuerbare Energien eingesetzt werden, ergeben sich auch langfristig betrachtet stabile Betriebs- bzw. Nebenkosten. ■
Infos Autor: Jean Haag www.elco.ch
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Update Radon: neuer Referenzwert von 300 Bq/m3 in Gebäuden
Neue Vorschriften zu Radon Nach dem Rauchen ist Radon die häufigste Ursache für Lungenkrebs in der Schweiz. Pro Jahr sterben hierzulande 200 bis 300 Personen an den Folgen des radioaktiven Gases. Unter anderem deswegen wurde die Strahlenschutzverordnung überarbeitet. Die neue Strahlenschutzverordnung tritt 2018 in Kraft, was auch auf dem Bau zu Neuerungen führen wird. Unter anderem gilt dann der neue Referenzwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter (Bq/m3) in Gebäuden.
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as radioaktive Edelgas Radon entsteht aus Uran, welches im Boden vorkommt und ein natürlicher Bestandteil des Gesteins ist. Mit einer Halbwertszeit von 3,8 Tagen zerfällt Radon in andere radioaktive Elemente, die zum Teil hochgiftig sind, bevor es schliesslich zu stabilem Blei zerfällt. Radon und vor allem seine Folgeprodukte wie Polonium, sind die zweitwichtigste Lungenkrebsursache in der Schweiz und die gefährlichsten Krebserreger im Wohnbereich. Pro Jahr sind 200 bis 300 krebsbedingte Todesfälle in der Schweiz auf das unsichtbare und geruchlose radioaktive Gas zurückzuführen.
lich und hängen von verschiedenen Faktoren ab. Anhand des Durchschnittswerts einer Gemeinde lässt sich also nicht sagen, welche Radonkonzentrationen in einem einzelnen Gebäude effektiv herrschen. In Hochrisikogebieten wie beispielsweise auf dem Gelände eines ehemaligen Felssturzes, auf karstigem Grund oder auf stark uranhaltigem Gestein muss dem Radonrisiko bei der Planung eines Neubaus noch höhere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Hier sind Präventivmassnahmen sinnvoll, zum Beispiel das Verlegen von Lüftungsroh-
ren unter der Bodenplatte, damit das Radon abgesogen werden kann.
Wie gelangt Radon in ein Gebäude? In den meisten Gebäuden besteht ein Unterdruck gegenüber der Umgebung und somit auch gegenüber dem Erdreich, welcher durch den Kamineffekt in den Gebäuden entsteht, aber auch durch Abluftanlagen ohne geregelte Zuluft oder durch Heizungen, welche die Luft aus dem Raum ansaugen. Durch diesen Unterdruck wird das Radon, zusammen mit dem Bodengas, ak-
Wo kommt Radon vor? Die ganze Schweiz ist von der Radonproblematik betroffen. Das heisst, man muss landesweit damit rechnen, dass die Radonbelastung im Haus in einem schädlichen Bereich sein kann. Während die Belastung der Aussenluft im Allgemeinen sehr tief ist (etwa 10 Bq/m3), kann die Belastung im Bodengas, also der Luft in den Poren des Erdreichs, sehr viel höher sein. Die Radonkarte kann als Anhaltspunkt genutzt werden, da sie anzeigt, in welcher Gemeinde wie viel Radon gemessen wurde (Mittelwert der tatsächlich erfolgten Messungen). Ein hohes Risiko ist vor allem in den Alpen und im Jura vorhanden, doch das ist reine Statistik, denn Radon ist niemals gleichmässig über eine ganze Gemeinde verteilt: Starke Abweichungen nach unten oder oben sind immer mög-
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Eindringpfade für Radon im Fundamentbereich oder im Mauerwerk mit Erdkontakt. Eindringmöglichkeiten gibt es etwa über Spalten und Risse sowie entlang von Kabel- und Rohrdurchführungen. (Quelle, auch für alle Sanierungsmassnahmen-Bilder: Broschüre «Radon», Radon-Sanierungsmassnahmen bei bestehenden Gebäuden, BAG, 2012)
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Radonkarte der Schweiz, Stand 2013. (Quelle: SwissBoundaries2012©Swisstopo, www.ch-radon.ch)
Zerfallsreihe von Uran 238: Radon (Rn) ist ein Edelgas (auch in hohen Konzentrationen unsichtbar, geruchlos, ungiftig, inert, weder brennbar noch explosiv, weder riech- noch schmeckbar). Es entsteht aus dem Zerfall von Radium (Ra), welches wiederum ein Zerfallsprodukt von Uran ist. (Quelle: Radonhandbuch Schweiz, BAG, Januar 2000)
Mit einem kleinen Ventilator wird im Kellergeschoss oder Kriechkeller ein Unterdruck gegenüber dem Wohnbereich erzeugt.
Punktuelle Unterboden-Absaugung (Radonbrunnen) mit Abluft über Dach. Die punktuelle Absaugung kann erfolgen durch a) Verwendung von Hohlräumen (Installationskanäle) mit Verbindung zum Erdreich unterhalb der Bodenplatte, b) Kernbohrung durch Bodenplatte (wenn Schotterbett unter Bodenplatte), oder c) Aushub eines Schachtes (ca. 0,5 x 0,5 x 1 m). In den meisten Fällen genügt die Absaugung an einer Stelle (nach Möglichkeit hausmittig und/oder in einem Raum mit hoher Radonkonzentration). Erfahrungsgemäss können Ventilatoren mit einer elektrischen Leistung von 20–100 W eingesetzt werden, die einen Unterdruck von 60 bis 500 Pa erzeugen. Wenn es die Radonsituation erlaubt, ist der zeitweise Betrieb mit Zeitschaltuhr möglich.
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tiv aus dem Untergrund angesogen. Die Radonbelastung ist also normalerweise in den untersten Stockwerken am höchsten und nimmt gegen oben hin ab.
Wie wird Radon gemessen? Radon zu messen ist einfach: Man kann bei einer Radon-Messstelle (Link siehe Info-Box) Dosimeter beziehen und diese zur Messung während der Heizsaison aufstellen, exemplarisch in einzelnen genutzten Räumen, die am tiefsten im Haus liegen, und im Idealfall zusätzlich im Keller. Nach etwa drei Monaten können die Durchschnittswerte der Radonbelastung in den gemessenen Räumen ausgewertet werden. Kürzere Messdauern sind kritisch zu betrachten, da die Radonkonzentration stark schwanken kann.
Was hat Radon mit Lüftungen zu tun? Wenn eine Lüftung korrekt gebaut wurde, führt sie zu einer klaren Verbesserung der Situation. Wenn sie allerdings schlecht geplant oder
gebaut wurde, kann sie das Radonproblem in einem Gebäude sogar verschärfen. Dazu zwei Beispiele: • Die Zuluft für Lüftungen wird zu nahe am Erdreich angesogen – im Extremfall sogar in einem Lichtschacht – und bringt so Radon ins Haus. • Die Lüftung ist schlecht eingestellt und führt zu Unterdruck im Gebäude, der durch Bodenluft ausgeglichen wird. Eine klare Verschärfung der Situation entsteht, wenn ein Haus energetisch saniert wird und die Fenster ersetzt sowie Badezimmer und Küche mit einfachen Abluftventilatoren entlüftet werden, womit sich die Luftdichtheit und der Unterdruck erhöhen.
Flächige Absaugung (Radondrainage). Bei Erneuerung des Fussbodenunterbaues werden nach Aushub (ca. 40 cm tief) Drainagerohre mit einem Durchmesser von 10 cm unter den Rohbeton in das Kiesbett eingelegt. Das Drainagesystem wird so verlegt, dass eine flächenhafte Absaugung gewährleistet ist. Die Abluftleitung muss als Vollwandrohr ausgeführt sein.
Sanierungsmassnahmen: Häufig wird davon ausgegangen, dass Naturbodenkeller betoniert werden müssten, um das Radonproblem zu lösen. Dies ist allerdings eine sehr teure und aufwendige Massnahme, welche nicht unbedingt zum
Ziel führt. Sehr viel wirksamere Resultate gegen die Radonbelastung können z. B. mit Lüftungen erzielt werden. Grundsätzlich sind Radonsanierungen gut machbar, häufig auch mit relativ kleinem Aufwand. Beraten können dabei Radonfachpersonen (Link siehe Info-Box).
Lüftungssteuerung Radon Scout
Mit der Lüftungssteuerung «Radon Scout» von der Sarad GmbH können Lüftungsgeräte angesteuert werden, wie z. B. ein aussenliegender Ventilator, der einen leichten Unterdruck unter der Bodenplatte erzeugt.
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Ideal mit anderen Sanierungsmassnahmen kombinierbar ist die Lüftungssteuerung «Radon Scout» von der Sarad GmbH. Dieses Gerät misst die Radonbelastung im Wohnraum kontinuierlich und steuert zum Beispiel über einen Funkschalter die Lüftung an, sobald der Richtwert von 300 Bq/m3 überschritten wird. So kann etwa der Überdruck in den Wohnräumen erhöht, der Luftwechsel verstärkt, die Absaugung unter der Bodenplatte intensiviert oder der Unterdruck in den untergeordneten Räumen erhöht werden. Dies führt dazu, dass die Lüftung energetisch effizient läuft, nämlich nur so lange, wie es tatsächlich notwendig ist. Da die Radonbelastung stark luftdruck- und wetterabhängig ist, kann der Energieverbrauch dank dem «Radon Scout» deutlich reduziert werden. Wenn sich die Verhältnisse ändern durch spätere Umbaumassnahmen oder Defekte in der Ab-
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Infos Autor: Stephan Baumann, Geschäftsführer der bafob GmBH, Dozent (spezialisiert auf Bauschadstoffe, Bauphysik, Entsorgung und Toxikologie), Radonberater FHNW, Bauleiter u. a. für Radon-Sanierungsarbeiten, www.bafob.ch Weitere Informationen: Bundesamt für Gesundheit BAG, www.bag.admin.ch, www.strahlenschutzrecht.ch www.ch-radon.ch • Bauliche Massnahmen zum Radonschutz • Radonkonzentration messen (Bezug Dosimeter) › Liste anerkannte Radonmessstellen • Beratung durch Radonfachpersonen › Liste Radonfachpersonen Sarad GmbH, www.sarad.de › Produkte › Radon Frühere Artikel: siehe unter www.hk-gt.ch › Dossiers › Gebäudeschadstoff Radon
dichtung gegen das Erdreich, hat man weiterhin die Sicherheit, dass die Konzentration durch die automatische Regelung in einem gesunden Bereich bleibt. Der Bau-Standard Minergie-Eco verlangt, dass im Haus die Radon-Konzentration unter 100 Bq/m3 bleibt. Hier ist die Geräte-Variante «Radon Scout Plus» notwendig, bei der man die Schaltgrenze variabel einstellen kann. In die Gebäudeautomation komplexerer Gebäude kann der «Radon Scout» bzw. der «Radon Scout Plus» über OPC-Server integriert werden.
Neuerungen in der Strahlenschutzverordnung Interview mit Fabio Barazza vom Bundesamt für Gesundheit BAG, Direktionsbereich Verbraucherschutz Was ist die Strahlenschutzverordnung (StSV) und was ist ihr Zweck? Fabio Barazza: Die Strahlenschutzverordnung definiert detailliert die gesetzlichen Bestimmungen im Strahlenschutzgesetz. Sie regelt verschiedene Aspekte ionisierender Strahlung zum Schutz des Menschen und der Umwelt, insbesondere in geplanten oder in bestehenden Expositionssituationen und in Notfällen. Weshalb wurde die Strahlenschutzverordnung revidiert? Aufgrund von neuen Empfehlungen internationaler Organisationen im Strahlenschutz. Die Grundlage dieser Empfehlungen sind neue wissenschaftliche Erkenntnisse im Bereich ionisierender Strahlung. Was verändert sich mit der Strahlenschutzverordnung für Baufachleute? Baufachleute müssen den Radonschutz in Neubauten und bestehenden Gebäuden nach dem Stand der Technik umsetzen.Ô
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Fachbegriffe Halbwertszeit: Die Zeitspanne, die vergeht, bis die Hälfte der Atome eines radioaktiven Materials zerfallen sind. Becquerel (Bq): Masseinheit der radioaktiven Substanz, benannt nach dem Physiker Antoine Henri Becquerel, Mit-Entdecker der Radioaktivität und Nobelpreisträger 1903. Bei Radon wird die Einheit Bq/m3 verwendet. Dieser Wert gibt an, wie viele radioaktive Zerfalle pro Sekunde und pro m3 Luft stattfinden.
Die Grundlage dazu bilden die Empfehlungen der Aufsichtsbehörden und insbesondere die SIANorm 180. Die Verordnung regelt neu die Anforderungen an Radonfachpersonen und deren Aufgabe. Diese Bestimmungen werten die Rolle der Radonfachpersonen auf. Neben dem ab 2018 geltenden Richtwert von 300 Bq/m3 gibt es noch einen Schwellenwert von 1000 Bq/m3 für radonexponierte Arbeitsplätze. Was bedeutet das? Es gibt neu einen generellen Referenzwert von 300 Bq/m3 für Räume, in denen sich Personen regelmässig während mehrerer Stunden pro Tag aufhalten. Im Sinne des Arbeiterschutzes wurde zusätzlich ein Schwellenwert von 1000 Bq/m3 an Arbeitsplätzen definiert. Arbeits-
plätze, die diesen Wert überschreiten, werden als radonexponiert definiert. Was bedeutet das für Arbeitnehmer, die an sogenannten radonexponierten Arbeitsplätzen arbeiten? An radonexponierten Arbeitsplätzen muss die durch Radon verursachte Dosis der Personen an diesem Arbeitsplatz ermittelt werden und es müssen gegebenenfalls Massnahmen zur Reduktion der Radonkonzentration getroffen werden. (www.strahlenschutzrecht.ch) ■
Verschiedene Dosimeter zur Bestimmung der mittleren Radonkonzentration über eine Messperiode von etwa drei Monaten. (Bild: Radon, Einfluss der energetischen Sanierung, BAG, 2012)
Wohnen am Waldrand: Der ansprechende Neubau in Cham-Hagendorn verfügt über neun Wohneinheiten von 60 bis 128 m² Fläche. Diese werden energieeffizient und komfortabel durch ein zentrales Grosslüftungsgerät mit Frischluft versorgt.
Zehnder-Grosslüftungsgerät versorgt Wohnanlage mit Frischluft
Komfortlüftung im Mehrfamilienhaus Energieeffizientes Bauen sorgt für eine optimale Wärme- und Energiebilanz. Die hierfür notwendige luftdichte Gebäudehülle hat aber zur Konsequenz, dass kein natürlicher Lufttausch durch Fugen und Ritzen stattfindet. Um den Bewohnern eines 2016 erstellten Mehrfamilienhauses in Hagendorn bei Cham ZG dennoch allzeit optimale Luftverhältnisse zu bieten, entschieden sich Planer und Bauherr für den Einsatz einer Raumlüftung über ein Zentralgerät.
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ohngebäude mit mehreren Mieteinheiten stellen besondere Anforderungen an die Haustechnik. Vor allem, wenn sie nach zeitgemässen Energiestandards errichtet werden. So ist in den hochdichten Gebäudehüllen einer Immobilie, die im Sinne des Minergie-Standards errichtet wird, die Wärmedämmung absolut vorbildlich. Dafür muss aber auch eine technischintelligente Lösung für einen gesunden Luftaustausch gefunden werden. «Ein Fensterlüften von Hand scheidet aus energetischen Gründen als Lösung aus», weiss Architekt Josef Käppeli von der TJK Architekten GmbH in Cham. «Damit würde man ja nur regelmässig die aufwendig im Gebäude eingedämmte Wärme zum Fenster hinauslassen.» Für ein energetisch optimier-
tes Wohnhaus mit mehreren Mietparteien bedarf es also einer automatisierten Lüftungslösung, die unabhängig von den Bewohnern für ein allzeit gesundes, hygienisches Raumklima sorgt und dabei die Energiebilanz optimal hält.
Mindestluftwechsel garantiert Mit diesem Anliegen trat der Architekt Josef Käppeli an den Fachplaner von der Firma H5 Haustechnik AG in Hünenberg heran. Dieser empfahl, die Wohneinheiten nicht mit jeweils einem Lüftungsgerät pro Wohnung zu versorgen, sondern das gesamte Neun-Parteien-Gebäude durch ein einzelnes Grossgerät zu belüften. Im Geschosswohnungsbau bietet dieses Vorgehen eine Reihe von überzeugenden
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Durch ein zentrales Ansauggitter links wird die Aussenluft zum zentralen Lüftungsgerät im Keller geführt. Der Vorteil gegenüber einem Gerät pro Wohnung mit jeweils eigener Ansaugung: Es muss nur an einer Stelle die thermische Gebäudehülle geöffnet werden.
Vorteilen: «Das Gerät stellt jederzeit einen gewünschten Mindestluftwechsel in allen Wohneinheiten sicher, der die Bausubstanz schützt und den Bewohnern gesunde Luftverhältnisse bietet», weiss der Fachplaner. Bei der Suche nach dem passenden Produkt rückte schnell der renommierte Schweizer Hersteller Zehnder in den Fokus der Projektverantwortlichen. Dieser bietet mit dem Zehnder ComfoAir XL-A ein Grosslüftungsgerät, welches über eine Reihe intelligenter und innovativer Funktionen verfügt. «Das im Keller platzierte Lüftungsgerät von Zehnder kann durch seine Modulbauweise an das konkrete Bauobjekt angepasst werden und ist in sechs Leistungsklassen erhältlich», weiss der Fachplaner. «Wir haben uns passend zur belüftenden Gesamtfläche für die Ausführung entschieden, welche 2200 m3 Luft pro Stunde fördern kann bei Abmessungen von 700 x 1500 x 2515 mm.
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Das zentrale Lüftungsgerät Zehnder ComfoAir XL-A befindet sich im Keller. Durch seine segmentierte Aussenverblendung ist es für die Hauswartung ideal zugänglich, über die Heizungsanlage kann die Zuluft vortemperiert werden.
Zudem bietet es eine Wärmerückgewinnung von bis zu 90 Prozent!»
Individuelle Zuluftregelung ohne Überforderung Gleichzeitig liefert Zehnder passend zum Grosslüftungsgerät eine intelligente Regelung der Zu- und Abluftströme. Es handelt sich dabei um Wohnungslüftungsboxen vom Typ ComfoVar, die ohne nennenswerten Platzbedarf in den einzelnen Wohnungen die Luftzufuhr regeln. Dabei wird die vom Grosslüftungsgerät kommende Zuluft über einen Volumenstromregler verteilt. Die Bewohner können mittels eines Schalters an der Wand komfortabel drei Lüftungsstufen wählen und so die Zuluft bedarfsgerecht in die Räume verteilen. Die Luftfilter am Grossgerät werden im Übrigen durch das Facility Management gewartet, das ist bequem für den Bewohner und positiv für die Gebäudebetreiber. «Leider haben wir bei Einzelgeräten in Mietwohnungen feststellen müssen, dass die Bewohner oft zu wenig am reibungslosen Zustand der Geräte interessiert sind und die Pflege vernachlässigen», weiss der Architekt zu berichten. «Mit einer
vollständig frei wählbaren Steuerung sind manche Bewohner auch überfordert und deaktivieren fälschlicherweise die Luftzufuhr komplett.» Ein Zentralsystem ist also die ideale Option in puncto Komfort, Energieeffizienz, Wohngesundheit und Werterhalt der Immobilie für alle Beteiligten.
Nur eine Aussenluft-Ansaugung Das hocheffiziente Gerät wurde im Keller installiert, die Vortemperierung der Zuluft erfolgt über die Erdsonden-Wärmepumpe, mittels derer ein Nachheizregister betrieben wird. Für besonders heisse Sommertage verfügt das Gerät standardmässig über einen Bypass. Das bedeutet, dass aus der warmen Abluft keine Wärme mehr über den hocheffizienten Wärmetauscher zurückgewonnen wird, um den Innenraum nicht zu überheizen. «Die Luftansaugung befindet sich an der Fassade im Erdgeschoss», so der Fachplaner weiter, «dafür musste dank der Lösung mit nur einem grossen Zentralgerät auch nur ein thermischer Durchlass in die Gebäudehülle geschnitten werden. Gleiches gilt für die Abluft, welche im Kanal beim Liftschacht hinauf
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Die Bewohner können je nach Bedarf oder Geschmack zwischen drei verschieden starken Lüftungsstufen wählen (3-Stufen-Schalter rechts).
Dank ihres geringen Platzbedarfs wurden die Lüftungsboxen in einigen Wohnungen in einem Gangschrank eingebaut.
zum Dach hinaus abgeleitet wird. Bei Einzelgeräten für jede Wohneinheit müssten wir bei jeder Mietpartei eine Aussenluftansaugung und eine Fortluftausblasung in die Fassade bohren.» Die Luftführung über ein Zentralgerät in die einzelnen Wohnungen spart übrigens auch Luftleitungslänge. Die Luftversorgung der neun Mietparteien erfolgt pro Wohnung über eine Luft-
verteilbox mit Revisonsdeckel sowie den weiterführenden Zehnder ComfoTube Kunststoffrohren. Diese verfügen über eine extrem hygienische Innenhaut mit antistatischem Effekt; damit können keine noch so kleinen Verunreinigungen im Innenrohr haften bleiben. Die Montage der Luftverteilung war laut ausführendem Handwerksbetrieb durch die einfach verständliche Montageanleitung des Herstellers problemlos und zeitsparend umsetzbar. So konnten die neun Wohnungslüftungsboxen der Wohnanlage innerhalb eines Arbeitstages installiert werden.
Leise, einfach in der Wartung Neben den zentralen Vorteilen wie des Werterhalts der Immobilie, der niedrigen Heizkosten und dem hohen Raumklimakomfort, biete das zentrale Grosslüftungsgerät in der
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Hagendorner Wohnanlage noch zwei weitere, ganz praktische Vorteile im Alltagsbetrieb, resümiert ein sehr zufriedener Architekt Josef Käppeli. «Durch die zentrale Anbringung des Geräts im Keller plus der schallgedämmten Lüftungsboxen in den Wohnungen ist die Anlage praktisch unhörbar leise. Und wenn einmal eine Wartung ansteht, kann der Lüftungstechniker ganz einfach in den Keller gehen und von dort an einem einzigen Gerät alles schnell und selbstständig erledigen, ohne Termine mit den einzelnen Mietern ausmachen zu müssen.» Hierzu verfügt das Zehnder ComfoAir XL-A über ein Schloss- und Scharniersystem an seiner Aussenverkleidung, dass der Haustechnikabteilung besonders leichten Zugang in das Innere des Geräts ermöglicht. Zudem erkennen Drucksensoren selbstständig und rechtzeitig einen anstehenden
Filterwechsel und können diesen via Modbus-Schnittstelle dem Hausmeister melden. So erweist sich die Zehnder Raumlüftung mit einem zentralen Grossgerät und einer intelligenten Luftführungsregelung als optimale Lösung für alle Parteien, nämlich für den Liegenschaftsbesitzer, für alle Bewohner sowie für die Hauswartung. ■
Infos Zehnder Group Schweiz AG 5722 Gränichen Tel. 062 855 11 11 www.zehnder-systems.ch
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Hauptsitz der tiventa AG in Küttigen AG.
tiventa AG: Fachfirma für Lüftungsreinigung mit Kompetenzzentrum für Raumlufthygiene
10 Jahre tiventa, Küttigen Mirjam und Peter Tischhauser haben ursprünglich den gleichen Beruf erlernt und sich dann auf unterschiedlichen Gebieten weitergebildet. Vor 10 Jahren gründeten sie ihre zweite Firma, die tiventa AG in Küttigen. Lesen Sie ihre Erfolgsgeschichte, die von Mut, Können und Weitblick erzählt.
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irjam und Peter Tischhauser, beides gelernte Kaminfeger, übersiedelten vor über 20 Jahren vom Kanton Bern in den Kanton Aargau, weil Peter Tischhauser von mehreren Aargauer Gemeinden als Kaminfegermeister gewählt wurde. Dazu gründete das Paar die APT Kaminfeger GmbH in Erlinsbach. Kaminfeger sind nicht nur Symbole für Glück. Und sie reinigen nicht nur Heizsysteme, sondern sie sind Heizungs- und Energieberater schlechthin. Sie sind Profis, wenn es um die Wahl der richtigen Feuerung, das Brennstofflager, das Ersetzen und Optimieren einer Heizungsanlage oder wenn es um Brandschutzangelegenheiten geht.
Da ist Substanz vorhanden Mit Themen rund um die Raumluftqualität in Gebäuden beschäftigen sich Mirjam und Peter Tischhauser seit 30 Jahren. Zudem absol-
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Schweiz. Im Kundenportfolio befinden sich namhafte Grossunternehmen aus der Hotellerie, dem Gastgewerbe, dem Detailhandel sowie Chemieunternehmen. Zudem viele
vierte Mirjam eine kaufmännische Ausbildung, lernte Computer-Sprachen und programmierte verschiedene EDV-Programme. Sie absolvierte Ausbildungen in den Bereichen Personalmanagement und Finanzbuchhaltung. Peter verfügt nebst der Kaminfeger-Meisterprüfung über weitere eidgenössische Fachdiplome als Lüftungshygienefachmann, Brandschutzfachmann, Feuerungsfachmann und als Feuerungskontrolleur. Ideale Voraussetzungen um ein Lüftungs-Unternehmen aufzubauen.
Von der Vision zur Realität 2007 setzten die beiden ihre Vision um und gründeten die tiventa AG. Innerhalb weniger Jahre hat sich das Unternehmen in der Lüftungsbranche etabliert und sich einen ausgezeichneten Ruf erarbeitet. Mittlerweile arbeitet das Team der tiventa für Kunden aus der ganzen
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Mirjam Tischhauser.
Peter Tischhauser.
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Kliniken, Spitäler, Alters- und Pflegeheime sowie Eigentümer von Mehrfamilienhäusern.
Mitarbeitende Am Hauptsitz in Küttigen arbeiten 17 Festangestellte. In den Filialen in Bern, Tuggen, Lenzerheide und Zürich stehen dem Unternehmen zudem rund 30 Mitarbeitende von Partnerfirmen zur Verfügung. Damit können Kundenaufträge in der ganzen Schweiz termingerecht und effizient ausgeführt werden.
Umfassende Dienstleistungen aus einer Hand Zu den Dienstleistungen des Meisterbetriebs gehören Lüftungsreinigungen, Verdampferreinigungen, Klimaanlagenreinigungen, Brandschutzreinigungen, Spezialreinigungen, Desinfektionen und Filterservice. Im Weiteren visuelle Inspektionen, Luft-Messungen, Kame-
rainspektionen, Brandschutzberatungen und individuelle Reinigungskonzepte. Für die Ausführung der Arbeiten steht dem Team eine hochwertige Infrastruktur mit den modernsten Geräten zur Verfügung.
Unternehmen weiterhin in der Wachstumsphase. Mirjam und Peter Tischhauser werden ihr Unternehmen auch künftig mit Herz und Verstand erfolgreich weiterentwickeln, denn das innovative Paar hat noch einiges in petto. ■
Von Profis – für Profis Wohl einzigartig ist das eigene Kompetenzzentrum für Raumlufthygiene. Im modernen Schulungsraum in Küttigen werden jährlich Schulungen, Seminare und Wiederholungskurse nach SWKI-Normen durchgeführt. Da ist es ganz selbstverständlich, dass sich auch die Mitarbeitenden der tiventa laufend weiterbilden.
Blick in die Zukunft Alles ist hier noch nicht aufgezählt, aber ein nächster Meilenstein der tiventa AG wird die ISO-Zertifizierung sein. Zudem befindet sich das
Infos Autorin: Iris Affolter tiventa AG Staffeleggstrasse 5 5024 Küttigen Tel. 062 844 42 05 tiventa@tiventa.ch www.tiventa.ch facebook.com/tiventa
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Ein Teil der hochkomplexen Anlage während der Installation. Die Ventile für den Kühlkreislauf der Laseranlage werden via Optipress-Aquaplus mit Druckluft gesteuert.
Paul Scherrer Institut: Nussbaum und der neue SwissFEL Elektronenlaser
Vorstoss in Nanowelten Um zu den kleinsten physikalischen Teilchen unserer Welt vorzudringen, braucht es riesige Hightech-Anlagen. Jüngstes Beispiel in der Schweiz ist die Grossforschungsanlage SwissFEL (Freier Elektronenröntgen-Laser) im Paul Scherrer Institut in Villigen AG. Ihre technische Infrastruktur, realisiert u. a. mit Optipress-Systemkomponenten, ist beeindruckend. Trotz ihrer 740 m Länge ist die Anlage für Ortsunkundige aber kaum sichtbar.
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er zweistöckige Neubau des SwissFEL ist so behutsam in die Waldlandschaft neben dem PSIHauptgelände eingebettet, dass man ihn beim Vorbeifahren nicht wahrnimmt. Auf weiten Teilen unterirdisch, ist er äusserlich unscheinbar wie funktional spektakulär. Es gibt derzeit nur drei andere solche Forschungsanlagen weltweit, eine weitere ist im Bau. Wissenschaftler rund um den Globus standen permanent miteinander in Kontakt, während SwissFEL geplant und ausgeführt wurde. Sie werden sich weiterhin austauschen, um an gemeinsamen Experimenten teilzuhaben oder über Forschungsergebnisse informiert zu werden.
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Ganz neue Möglichkeiten
Der Freie Elektronenlaser SwissFEL produziert kurze Pulse von Röntgenlicht mit den Eigenschaften von Laserlicht. Es ermöglicht den Forschenden, extrem schnelle Vorgänge – wie beispielsweise die Entstehung von Molekülen – zu erfassen. Damit erhalten sie Einblicke in die Natur, wie sie sonst mit heute verfügbaren Methoden nicht möglich sind. Sie erlauben unter anderem die Optimierung von Prozessen in der chemischen Industrie, die Entwicklung neuer Materialien für immer kleiner werdende Elektronikteile und neuer Medikamente sowie die Erforschung alternativer
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Energiequellen. Nutzer des SwissFEL werden andere Forschungszentren, Universitäten und die Industrie sein.
Optipress schafft die richtigen Bedingungen Damit eine solch komplexe, kostspielige Hightech-Anlage auch wirklich tadellos funktionieren kann, müssen die Rahmenbedingungen perfekt sein. Das Gebiet im Würenlinger Wald ist beispielsweise fast frei von seismischen Vibrationen. Die Raumtemperatur im Strahlkanal darf ausserdem um höchsten 0.2 K schwanken, was unter anderem von einer Vielzahl pneumatischer Regelventilen abhängt, die
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Optipress-Aquaplus für die Druckluftverteilung in einer Teilstrecke des 740 Meter langen Tunnels.
Detailansicht: Optipress-Aquaplus für die Druckluftverteilung.
über Optipress-Aquaplus-Rohre und mehr als 30 Druckreduzierventile (DRV) mit Druckluft gesteuert werden. Die hohe Anzahl DRV ermöglicht das äusserst präzise Ansteuern der Monoblocks und somit die Einhaltung einer sehr konstanten Raumtemperatur. Das Erreichen der enorm hohen Genauigkeit beim Aufbau der Laseranlage ist eine Höchstleistung der Ingenieurkunst; die Bereitstellung des Kühlkreislaufes ist eine Höchstleistung der Sanitärtechnologie. Das Wasser dafür wird zuerst
enthärtet und anschliessend in einer Aufbereitungs- und Verteilanlage osmosiert. Mit nur 10 Mikrosiemens hat dieses Wasser praktisch keinen Leitwert mehr und stört deshalb die äusserst heiklen Vorgänge im Strahlkanal nicht. Entgasungsleitungen sorgen zudem dafür, dass es chemisch stabil bleibt. Transportiert wird es – wie auch das Trink- und Brauchwasser für die Nasszellen – in OptipressRohren, -Pressfittings (Typ A) und Armaturen aus Edelstahl von Nussbaum.
Druckluft treibt Ventile an
Man hätte die vielen Ventile des Kühlkreislaufes durchaus auch elektrisch antreiben können. Aber auch bei einem so renommierten Hightech-Projekt spielt das Kostenbewusstsein mit. Die DruckluftTechnologie war die wirtschaftlichere Variante und erlaubt den Einsatz von kleineren Kolbenventilen. Die Optipress-Verteilleitung (Dimensionen 76,1 und 88,9 mm) erstreckt sich über beide Stockwerke und ist somit über 1,5 km lang. Eine Leitung dieser Länge und in diesem
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anspruchsvollen Umfeld muss höchsten Ansprüchen genügen. Deshalb haben die Installateure die Druckprüfung mit 15 bar durchgeführt, obwohl der Normalbetrieb mit 6 bar vorgesehen ist. Das Ergebnis beeindruckte selbst Armin Scheidegger, einen der verantwort-
lichen Projektleiter von Alpiq InTec. «Jede Verbindung mit den Optipress-Fittings wurde von unseren Leuten zu 100 % fehlerfrei ausgeführt», rühmt Scheidegger seine Kollegen. «Hier zählte jedes Detail, wie zum Beispiel das konsequente und exakte Einhalten der Einsteck-
tiefe.» Über 130 Abgänge (Dimension 42 mm) wurden montiert, um die Ventile und Arbeitsstationen – z. B. für die Reinigung von Anlageteilen – zu erschliessen. Die Druckluft dient auch zum Manövrieren eines Luftkissen-Transportgerätes zum Einbringen der rund 18 Tonnen schweren Maschinenteile für den Strahlkanal.
Das Paul Scherrer Institut (PSI) in Kürze Das PSI ist das grösste Forschungsinstitut für Natur- und Ingenieurwissenschaften in der Schweiz. Die Forschungsarbeiten konzentrieren sich auf drei Themenschwerpunkte: Materie und Material, Energie und Umwelt sowie Mensch und Gesundheit. Das PSI entwickelt, baut und betreibt komplexe Grossforschungsanlagen. Jährlich kommen mehr als 2500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Schweiz und der ganzen Welt ans PSI, um an den einzigartigen Anlagen Experimente durchzuführen, die so woanders nicht möglich sind. Das PSI beschäftigt 2000 Personen und hat ein jährliches Budget von rund 370 Millionen Franken. Es wird zum grössten Teil von der Schweizerischen Eidgenossenschaft
Das Objekt auf einen Blick – Paul Scherrer Institut, Villigen AG; Neubau Freier Elektronen-Röntgenlaser (SwissFEL) – Fläche: 16 900 m2 – Volumen: 89 600 m3 – Inbetriebnahme: erste Pilotexperimente seit 2017 – Investitionsvolumen: rund 275 Mio. Franken Eingesetzte Nussbaum Systeme – Optipress-Rohre, Edelstahl, Dimensionen 15 bis 88,9 mm (2700 Lfm), inkl. Fittings, Armaturen und Druckreduzierventile – Optipress-Therm, Edelstahl, Dimensionen 15 bis 54 mm Am Bau Beteiligte – Bauherrschaft: Paul Scherrer Institut, Villigen – Totalunternehmer: ARGE EquiFEL Suisse/ Federfüh rung Alpiq Infra AG – Infrastruktur: ARGE SwissFEL-InTec c/o Alpiq InTec Ost AG – Sanitärplanung: ahochn AG, Dübendorf – Sanitärinstallationen: Alpiq InTec Ost AG, Winterthur
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finanziert. Das PSI ist Teil des ETHBereichs, dem auch die ETH Zürich und die ETH Lausanne angehören sowie die Forschungsinstitute Eawag, Empa und WSL. Das Institut befindet sich im Kanton Aargau auf dem Gebiet der Gemeinden Villigen und Würenlingen, auf beiden Seiten der Aare. ■
Fernwärme-Sequenzregelventile: Regeländerung des Ventils durch Ansteuerung der Ventilmembrane mittels Druckluft.
Infos Text: Andreas Stettler Fotos: Roland Spring www.nussbaum.ch
Die Hauptzuleitung der Druckluft zum SwissFEL, vom PSI-Ost kommend.
Erfolgreiche Zusammenarbeit: Armin Scheidegger (Projektleiter, Alpiq InTec Ost AG), Hanspeter Schubiger und Daniel Schüpbach (beide Verkauf-Aussendienst R. Nussbaum AG) und Gjelal Aradinaj (Gesamtprojektleiter, Alpiq InTec Ost AG).
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Moderne Leckwarngeräte verhindern Gebäudeschäden aus defekten Wasserleitungssystemen
Wasserschäden im Haus müssen nicht sein Ein Wasserschaden kann überall eintreten und jeder kann grundsätzlich betroffen sein. Die Wasserversorgung in modernen Gebäuden ist grosszügig ausgelegt und zahlreiche Ursachen können zu Leckagen führen. Unkontrolliert ausfliessendes Wasser verursacht grosse Schäden. Eine unangenehme Angelegenheit, die sich jedoch mit einfachen Geräten weitgehend verhindern lässt.
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enn Wasser in kleinen Mengen aus dem System austritt, gelangt es zuerst unbemerkt zwischen die Böden und Decken der darunter liegenden Räume und zerstört langsam die dazwischen liegende Dämmschicht. Die Folgen können verheerender sein als verzogene Böden, vollgesogene Wandverkleidungen und unbrauchbares Mobiliar. Durch die Feuchtigkeit in der Bausubstanz entstehen unangenehme Geruchsemissionen durch Fäulnis und Schimmelpilz. Beat Peter, Geschäftsführer der Wasserhahn GmbH und erfahrener Sanitärfachmann, weiss, dass zwei von drei Wasserschäden ihre Ursache in defekten Wasserleitungssystemen oder daran angeschlossenen Apparaten haben. Durch regelmäs-
Risikozonen Hohes Leckrisiko • Armaturen mit Auszugbrause • Geschirrspüler • Schrank-Wassererwärmer mit Wasserverteilung • Whirlpool / Dampfduschen • Food Center / Dampfgarer Mässiges Leckrisiko • Duscheinrichtungen • Wasserwärmer • Waschmaschinen • Dusch-/Badewannen Tiefes Leckrisiko • Klosettanlagen • Dusch-WC-Anlagen • Waschtische / Bidets
Am Gerät können maximal zwei Sonden angeschlossen und die Kabel können kundenspezifisch abgelängt werden.
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Das Leckwarngerät Wasser-Stop aus der Produktegruppe Alarmierer wird einfach in die Steckdose eingeführt und braucht keine zusätzlichen Haltevorrichtungen. sigen Unterhalt lassen sich die Risiken von Wasserschäden erheblich mindern, aber nicht ausschliessen. Diese Tatsache, grosses Fachwissen und langjährige Erfahrung waren ausschlaggebend für die Entwicklung verschiedener intelligenter Leckwarngeräte.
Typische Anwendungen Bereits vor Jahren arbeitete Beat Peter an der ersten Generation von Leckwarngeräten. Sie mussten einfach zum Montieren, aber absolut zuverlässig im Betrieb sein. Heute kann der Sanitärspezialist eine Reihe hervorragender und bewährter
Produkte anbieten, welche die gesamte Bedürfnispalette abdecken. Das Leckwarngerät Wasser-Stop aus der Produktegruppe Alarmierer kann ohne grossen Aufwand bei Neubauten eingesetzt werden und ist auch zum Nachrüsten in bestehenden Gebäuden bestens geeignet. Alarmierer sind Leckwarngeräte, welche mittels Sonde austretendes Wasser messen. Wird Feuchtigkeit gemessen, ertönt ein akustisches Signal. Das Leckwarngerät wird am Stromkreis (230 V) angeschlossen und die Fühlersonde gemäss Anleitung platziert. Das Warngerät wird einfach in die Steckdose
eingeführt und braucht keine zusätzlichen Haltevorrichtungen. Am Gerät können maximal zwei Sonden angeschlossen werden und die Kabellängen der Sonden können auf Wunsch geändert werden. Das Warngerät sollte jährlich auf die Funktionalität geprüft werden. Das Leckwarngerät des Typs Wasser-Stop Signal sollte nur zur Überwachung von Anlagen und Geräten eingesetzt werden, wenn solche während der Benutzung einen Wasserschaden hervorrufen können; beispielsweise eine Küchenarmatur mit Auszugsbrause. Nur während der Bedienung der Auszugsbrause, kann ein defekter Brauseschlauch im Kehrichteimerfach tropfen. Wenn die Armatur nicht bedient wird, erfolgt keine Leckage. Somit ist ein Leckwarngerät der Gruppe Alarmierer ausreichend. Allgemein sind die Leckwarngeräte von Wasserhahn GmbH zuverlässige und bewährte Produkte zur Prävention von unangenehmen und kostspieligen Gebäudeschäden durch Wasser. ■
Infos Autor: Andreas Widmer www.wasserhahn.ch
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Building Information Modeling
Fachtagung vom 28. März 2017 im «NEST» Dübendorf, organisiert von Bauen digital Schweiz
Gebäudetechnik digital und modular – Mehrwert und Nutzen Die zunehmende Digitalisierung stellt die Bau- und Immobilienbranche vor grosse Herausforderungen. An der Veranstaltung vom 28. März 2017 im NEST (Next Evolution in Sustainable Building Technologies) wurden aus dem grossen Thema Digitalisierung konkrete Beispiele aus der Praxis von kompetenten Referenten vorgestellt und im Anschluss mit den Beteiligten in einem Podium diskutiert.
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inig war man sich, dass die Methode BIM (Building Information Modeling) es ermöglicht, anhand digitaler Gebäudemodelle relevante Fragestellungen schon in der frühen Planungsphase zu klären und nicht erst auf der Baustelle.
Kompetenz und Komplexität im Bauen Die Anforderung, dass die Beteiligten nach wie vor über die disziplinbezogenen Fachkompetenzen verfügen müssen, kann auch BIM nicht ändern. Als extrem nutzen- und sinnstiftend wurde das Thema Modularisierung bewertet. Dieser Ansatz der Simplifizierung und Erhöhung der Wiederholraten in einem reduzierten Zeitrahmen kann die Qualität von Planung und Bau deutlich verbessern. Das Bauwerksmodell bietet allen den besseren Einblick in das Projekt und so könn-
Philipp Dohmen von Bauen digital Schweiz eröffnet den Anlass «Gebäudetechnik digital und modular – Mehrwert und Nutzen».
te man ja auch mit BIM versuchen, jedes Detail als Unikat zu lösen. Die Kombination von BIM und Modularisierung ermöglicht jedoch, die Komplexität in den Griff zu bekommen und anhand des virtuellen Gebäudemodells das Zusammenspiel der Disziplinen besser zu koordinieren. Sind Fachkompetenzen zum Bauen vorhanden und nutzen sie die Methoden, können einfache, ebenso wie anspruchsvolle Bauaufgaben von Teams besser und vor allem effizienter gelöst werden. Herausforderungen gibt es zur Genüge: Wir müssen dichter und besser bauen, unsere Ressourcen und die Energie besser einsetzen, der Verkehr soll fliessen und wir wollen die Zeit nicht im Stau verbringen. Um das alles zu erreichen, braucht es intelligente Lösungen. Um diese zu finden, braucht es ein besseres Bild unserer Welt, tiefere Einblicke und
intelligente Modelle. Möglich werden könnte dies durch bessere Zusammenarbeit auf einer konsistenten Datenbasis, die eine Vernetzung und Automatisation von Datenverarbeitungen zulässt. Eine der Grundlagen dazu wäre BIM (Building Information Modeling).
Bauen digital in der Schweiz Diese Erkenntnis ist nicht neu, weder für die Schweiz noch für andere Länder. Diese Methode wie auch die nötige Kompetenz dazu aufzubauen, ist mitunter eine Aufgabe, der sich Bauen digital Schweiz (www.bauen-digital.ch) verschrieben hat. Mit den Akteuren, die aus allen Teilen der Wertschöpfungskette stammen, werden mit zielgerichteten Massnahmen und Projekten die Grundlagen geschaffen, um diesen Transformationsprozess zu unterstützen. Hierzu hat Bauen di-
gital Workshops durchgeführt und die Handlungsfelder lokalisiert. Erste Ergebnisse werden nun veröffentlicht. Mit der Fachtagung wie im NEST wird der direkte Dialog mit den Beteiligten geführt. Initiiert wurde der Anlass durch die Industrie mit dem Ziel, Themen der Realisierung und der Planung zu reflektieren und diskutieren. Hierzu wurden prominente Referenten aufgeboten, um aus fortschrittlicher Praxis zu berichten und im Podium die Fragen aus dem Publikum zu beantworten. Das Podium hat die Tagungsteilnehmer stark beeindruckt, auch weil sie sich hier gut einbringen konnten. Geführt und moderiert wurde der Abend von Philipp Dohmen.
Zusammenarbeit – Thema im Bauprozess wie beim digitalen Bauen (BIM) Entfällt mit BIM die Planung? «Ganz klar nein» gemäss Volkmar Hovestadt, Geschäftsführer digitales bauen GmbH. Für ihn ist die Hauptaufgabe der Planer, ob nun Architekt, Ingenieur oder Fachplaner, das Gebäude zu konzipieren und konstruieren. Über die Schritte Simplifizieren, Standardisieren und Modularisieren kann er die gestellten Aufgaben sehr gut ausarbeiten und lösen, da diese sehr oft wiederholt werden. Tut er dies nicht, bleibt ihm einzig die Blamage bei der automatischen Kollisionskontrolle, die hier die Qualität der Planung erbarmungslos aufdeckt.
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Benötigen wir das Modell überhaupt? Hier gab es ein klares «Ja» von Pascal Bohni und Daniel Scheidegger, Gebäudetechnik-Elektroengineering Projektleiter bei HHM Zürich. BIM für sich alleine ist sicher nicht das beste Instrument. Aktuell jedoch ist es das einzige, welches eine Summe von Vorteilen bietet und durch derart viele Beteiligte einfach genutzt werden kann. Das Modell stellt sicher, dass die Teilmodelle jeder Disziplin zueinander passen. Wird bereits in den frühen Phasen so gearbeitet und optimiert, wird dadurch die Anzahl an möglichen Fehlern reduziert, und die Konzepte der einzelnen Disziplinen entwickeln sich besser zu einem stimmigen Ganzen. BIM ist somit eine Visualisierung der Informationen, welche die Beteiligten für das Planen und das Betreiben benötigen. Patrick Suter (Geschäftsleitung ERNE, Gesamtleistungen, Systembau) konnte in seinem Vortrag den Vorsprung aufzeigen, welchen die Modultechnologie im Holzbau in den letzten 30 Jahren durch die Industrialisierung und Modularisierung erreicht hat. Virtuos werden hier Serien, wie auch völlig individuelle Bauteile und damit ganze Bauten erstellt. Dass dies nicht langweilige Container sein müssen, zeigt ein prominentes Beispiel: das geschwungene Holzdach des neuen Gebäudes für das ITA, Institut für Technologie und Architektur an der ETH Zürich. Eine Meisterleistung an sich, die international ausstrahlt.
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Ein ganz anderes Beispiel war ein mehrgeschossiges Bürohaus, vorgefertigt und mit integrierter Gebäudetechnik. Das Ganze wurde in Rekordzeit umgesetzt. Hier wird deutlich: Rationalisierung durch Digitalisierung heisst nicht billiger, sondern besser. Vielfach wird versucht, Digitalisierung mit einem kurzfristigen Kostendenken zu verbinden. An diesem Anlass wurde deutlich, dass es um mehr geht. Darum, wie sich die Geschäftsmodelle der Beteiligten verändern können. Dies kann im Kleinen erfolgen, durch den Ausbau und die Verbesserung der Leistungen. Im Grossen können die Veränderungen ein ganzes Geschäftsmodell auf den Kopf stellen und daraus können sich neue Möglichkeiten ergeben.
Transformationsprozess – Bauen digital und der Stufenplan Schweiz Sichtbar macht dies Alar Jost von Bauen digital Schweiz. Aktuell befindet sich die Bauwirtschaft vereinfacht gesagt in einem «OfflineModus». Dies kann so bleiben, dies lässt sich zelebrieren und es lebt sich über eine beschränkte Zeit durchaus gut damit. Nur, unsere Welt verändert sich zunehmend, sie ist und wird zunehmend digital. Was bedeutet dies? Unsere Mitstreiter bedienen sich dieser digitalen Methoden und beginnen so laufend effizienter zu werden. Zunehmend wird die Digitalisierung auf die Unternehmen und Mitarbeiter
Innovationsort im Gebäudebereich: das NEST, modulares Forschungs- und Innovationsgebäude der Empa.
Building Information Modeling
Das Podium: Volkmar Hovestadt, Frank Thesseling, Birgitta Schock, Philipp Dohmen (Moderation), Pascal Bohni und Daniel Scheidegger.
einwirken und keine Option mehr sein, sondern vielmehr die Grundvoraussetzung, ein Fakt und somit ein Standard. Für Unternehmen, wie auch für den Standort Schweiz ist es ein entscheidender Wettbewerbsfaktor, hier führend dazustehen. Damit dieses Ziel erreicht wird, hat Bauen digital Schweiz mit Stakeholdern aus Bestellung, Planung, Bau und Betrieb bis hin zum Bildungswesen und mit Technologievertretern den «Stufenplan-Schweiz» lanciert. Dieser schafft ein grundlegendes Verständnis der Transformation hin zu einer vernetzten Welt. Wie Bauen digital Schweiz nach aussen in diese Welt als buildingSMART Chapter Schweiz agiert und die Abstimmung international sicherstellt, hat Birgitta Schock vorgestellt. Eine zentrale Rolle in diesem Transformationsprozess wird das Bildungswesen spielen. Dies zeigte auch der Bei-
trag von Frank Thesseling, Dozent an der Hochschule Luzern, deutlich. Hier hat die Schweiz eine grosse Aufgabe vor sich, um auch das Bildungswesen auf die neuen Anforderungen auszurichten. Es wird wichtig sein, die Neuzugänge in die Berufswelt mit dem Wissen von heute und Morgen auszustatten um die Bauwirtschaft und ihre Innovationskraft positiv zu beeinflussen. Dies wird nicht durch eine Person und eine Bildungsinstitution alleine geleistet. Hier ist es sicher eine «Bildungsinitiative – digitales Bauen Schweiz» nötig, um diesen Wandel zeitnah zu vollziehen. Es gilt den Arbeitsmarkt positiv zu beeinflussen und die zunehmend grösser werdende Nachfrage nach genau diesen Fachkräften zu befriedigen. Als Fazit darf der Anlass im NEST als ein neues Format von Bauen digital bezeichnet werden, initiiert
durch Mitglieder, getragen durch die kompetenten Referenten und belebt durch die spannende Diskussion der Teilnehmer. Aufgrund des positiven Echos wird dieser Anlass mit erweiterten Themen und neuen Referenten wiederholt stattfinden.■
Infos Autor: Paul Curschellas, CIO buildup AG und Mitglied im Steuerungsausschuss von Bauen digital Schweiz Weitere Infos: Bauen digital Schweiz, www.bauen-digital.ch Programm und Referenten: www.bauen-digital.ch/ assets/Uploads/170117-FachtagungNEST.pdf Referate: www.bauen-digital.ch/ de/blog/post/203
Gebäudeautomation
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Building Information Modeling
Building Information Modeling: Umfrage unter verschiedenen BIM-Akteuren in der Schweiz
Planen und Bauen mit BIM Wie entwickelt sich das moderne Planen und Bauen mit BIM in der Schweiz? HK-Gebäudetechnik hat mit einer Umfrage einige Einschätzungen und Meinungen von verschiedenen BIM-Akteuren zusammengetragen. Zu Wort kommen ein Bauherr-Vertreter, Anbieter von BIM-Software und Vermessungssystemen, BIM-Anwender (Planer), Akteure in den Bereichen BIM-Ausbildung und BIM-Datenbanken sowie fünf Hersteller von Gebäudetechnik-Produkten. Aus Sicht der Bauherrschaft Herr Perrin, Sie sind Spitalmanager und BIM-Projektleiter am Felix Platter-Spital in Basel. Wie gut ist die Übereinstimmung von BIM-Modell und späterer Realität (GebäudeGeometrie, Raumklima-Simulationen, Bauablauf)? Jean Luc Perrin: Während der Phase des Rohbaus und aktuell insbesondere während dem Innenausbau wird laufend geprüft (zum Teil mit 3D-Laser-Messungen) ob es Differenzen gibt zwischen «as planned» und «as built». Die bisher bekannten Ergebnisse zeigen, dass nur minimale Unterschiede festzustellen
Jean Luc Perrin, Felix Platter-Spital, Basel.
sind. Zur Qualitätssicherung werden Bilder/Fotos erstellt und automatisch mit den Plänen abgeglichen. Stimmt das Ergebnis dieses Vergleichs, wird diese Übereinstimmung dokumentiert. Falls nicht, wird eine Planänderung vorgenommen. Dieses Vorgehen unterstützt die Forderung nach einer Bauwerksdokumentation «as built» effizient und wirkungsvoll. Im Zusammenhang mit der Raumklima- oder Tageslichtsimulation haben wir bei der Bewertung der eingereichten Projekte die Modelle verwendet, um mit selbstgewählten Software-Tools diese Simulationen durchzuführen. Wir konnten «anbieterneutrale» Ergebnisse erzielen und die Projekte einander entsprechend gegenüberstellen. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse haben faire Projektvergleiche sichergestellt. Welches sind die wichtigsten Vorteile eines BIM-geplanten Bauprojekts für die Bauherrschaft? Ganz im Vordergrund steht die Transparenz. Nur mit digitalen Gebäudemodellen erhält die Bauherrschaft wirklich «Einblick» in das Projekt. So sind z. B. Leistungsverzeichnisse nachvollziehbar und damit etwa die Leistungsabrechnung auch plausibilisierbar. Der Projektfortschritt kann sehr gut mit den Zahlungszielen der Teilabgeltungen abgeglichen werden. Im Wissen, dass vor dem Bau die Planung überprüfbar ist und dies auch getan wird, sind die Fehlerbehebungskosten auf der Baustelle stark minimiert. Je nach Vertrags-
modell reduziert dies die Belastung der Baukosten beträchtlich … und im TU-Modell die Gewinn-Verminderung infolge Übernahmepflicht der Fehlerkosten durch den TU. Ausgewählte Daten des Gebäudemodells können mit dem betriebseigenen Tool des Facility Managements zusammengefügt werden. Minimierte Datenredundanz (keine Doppelerfassungen) ergibt erhebliche pekuniäre Vorteile. Die laufende Nachführung der Bauwerksdokumentation, welche der «as built»-Situation entspricht, steigert die Daten- und Planqualität enorm. Künftige Umbauten oder Instandsetzungen sind besser planbar und damit werden die Risiken von Umbauten erheblich reduziert. Die konsequente Anwendung der BIM-Methodik über alle Phasen (von der Planung bis hin zum Betrieb) muss die Erstellungskosten beträchtlich reduzieren. Beispiele hierfür sind: • Reduktion der Fehlerbehebungskosten auf der Baustelle. • Klare Leistungsverzeichnisse für die Beschaffungslogistik tragen zur Reduktion der Beschaffungskosten bei. Reservepositionen, welche zulasten der Baukosten gehen, fallen mehrheitlich weg. • Die Planung der Baulogistik und die Terminplanung für die Anlieferung der benötigten Materialen lassen sich effizient steuern. Auch dies ist wichtig für die Kostenminimierung. • Die koordinierte Planzusammenführung und die visuelle Darstellung des Gebäudes mit seinen Installationen reduziert die not-
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Building Information Modeling
wendigen Planersitzungen massiv. Der Qualitätsgewinn ergibt automatisch eine Kostenminimierung. • Der Einsatz von «Virtual Reality» hilft mit, dem Nutzer frühzeitig – also lange vor Bezug der neuen Infrastruktur – sich mit den neuen Begebenheiten vertraut zu machen. Welche Ihrer Erwartungen an BIM wurden erfüllt? Welche nicht? Grundsätzlich wurden die Erwartungen sehr gut erfüllt. Im Verlauf der Projektentwicklung wurde auch den beteiligten Planern und Ausführenden bewusst, dass die konsequente Anwendung der BIM-Methodik wesentliche Vorteile bringt. Im Rahmen des Änderungsmanagements stehen Grundlagen zur Verfügung, welche sehr rasch eine zuverlässige Aussage zu den Folgekosten der angemeldeten Änderung zulassen. Situationsbedingt (Pionier-Situation) wurde diese Erkenntnis leider erst im Verlaufe des Projektfortschrittes gewonnen. Rückblickend: Gab es auch richtige Enttäuschungen? Nein, aus meiner Sicht nicht. Die einzige Trübung des erwarteten Erfolgs liegt im oben erwähnten Punkt der späten Erkenntnis der Vorteile durch die Planer und Bauausführenden. Noch bin ich zuversichtlich, dass wir den Einsatz des virtuellen Gebäudemodells auch in der Phase des Betriebs nutzen werden. Die korrekten Funktionalitäten und die Sicherstellung des Datenaustauschs zwischen dem Gebäudemodell, dem CAFM-Tool und der 3D-Visualisierung sind bestätigt und nachgewiesen. Die Idee eines BIM2FIM ist realisierbar: vom Building Information Modeling zum Facility Information Management. Was empfehlen Sie anderen Bauherrschaften? Ich betrachte den «Baumarkt» als Käufermarkt. Damit hat der Bauherr ein legales und legitimes Anrecht – und somit schon fast ein Grundrecht – auf den Einsatz und
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die Umsetzung einer digitalen Planung und digital unterstützte Baurealisierung durch alle involvierten Parteien. Worauf warten die Bauherren unserer Zeit? Warum zum Beispiel die öffentliche Hand für ihre Bauprojekte dieses Verfahren und diese Methodik nicht bereits generell einfordert, ist für mich nicht nachvollziehbar. Allein in der Schweiz könnten pro Jahr etwa 2,3 Milliarden Franken für Besseres eingesetzt werden, als für die Abgeltung unwirtschaftlicher Projektentwicklungen und -realisierungen. Eine bessere Ausbauqualität zu gleichen Kosten oder aber eine Minimierung der Baukosten zur Entlastung des Steuersubstrats könnte ohne wesentliche Mehraufwände ermöglicht werden.
beim 2D auf Herstellerdaten gesetzt haben, was uns jetzt beim 3D und BIM klar entgegenkommt. Das «I» in BIM definiert ja genau diese Daten, welche bei uns in der Planung schon bei jedem Einzelteil vorhanden sind und nicht mehr mühsam von Hand ergänzt werden müssen. Je mehr Daten schon direkt von den Herstellern zur Verfügung gestellt werden, desto besser. Das ganz wichtige Stichwort ist «VDI3805»: Stellen die Hersteller ihre Kataloge im Format VDI3805 zur Verfügung, entfällt das Aufbereiten der Daten für jedes einzelne Software-System: Die Daten können unabhängig von Software-Lieferanten verwendet werden!
Sicht eines BIM-Software-Anbieters Was sind die neusten Entwicklungen und Trends in der BIM-Branche? Roman Hegglin (Bausoft Informatik AG): Das Thema ist bei den Bauherren und Architekten nicht nur in den Köpfen angekommen, sondern wird bei immer mehr Bauprojekten als Anforderung gestellt. Zudem ist IFC4 auf dem Vormarsch und immer mehr Software unterstützt dieses für die Haustechnik wichtige Format. Wie sieht es beim Angebot und der Nachfrage nach BIM-fähiger Software aus? Die Nachfrage ist ungebrochen gross. Wir decken mit unserem Haustech-CAD und seinen Applikationen den Bereich BIM in der Haustechnik umfassend ab. Die bestehenden Werkzeuge werden auf Basis von Rückmeldungen aus der Praxis mit nützlichen Funktionen ergänzt und erweitert. Unsere Anwender konnten Erfahrungen und Erfolge mit BIM-Projekten verzeichnen. Wie fortgeschritten sind aus Ihrer Sicht die Bauteilkataloge? Da besteht ganz klar noch Handlungsbedarf. Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir von jeher schon
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Roman Hegglin, Bausoft Informatik AG.
Wie und wo kann sich der interessierte Planer über BIM in der Haustechnik informieren? Wir stellen nach wie vor eine gewisse Unsicherheit und viele offene Fragen beim Thema BIM fest. Die meisten Informationsanlässe zum Thema BIM zielen derzeit auf Bauherren und Architekten. Mit unserem BIM-Kompetenzzentrum bieten wir als erster SoftwareAnbieter in der HLKKS-Branche eine Anlaufstelle für Fragen um und zu BIM an. Ermöglicht hat das meine Ausbildung zum BIM-Koordinator. Damit stellen wir nicht nur BIMWerkzeuge bereit, sondern unter-
Building Information Modeling
stützen die Anwender auch bei der Implementierung und Umsetzung dieser Tools. Denn die Technik ist das eine, Beratung und Begleitung in Bezug auf die Herangehensweise, die Schaffung von internen Kompetenzen und die erforderlichen organisatorischen Veränderungen das andere. Seit April 2017 bieten wir zudem kostenlose BIM-Workshops an, in denen wir BIM aus der Sicht des Haustechnikers und dessen Rolle im BIM-Prozess beleuchten.
Aktuelle Trends aus Sicht eines Anbieters von Vermessungssystemen Wie entwickelt sich die Nachfrage der Gebäudetechnik-Planer, die selber einen Laser-Scanner anschaffen wollen? Simon Bär (Leica Geosystems AG): Bisher war die Hürde für die Beschaffung eines Laser-Scanners bei den meisten Firmen zu hoch. Das hatte verschiedene Gründe. Einerseits schreckte die Höhe der Investition und anderseits der Aufbau des Know-hows ab. Zudem ist BIM in der Schweiz wesentlich weniger weit als in anderen Ländern. In diesem Sommer bringt die Leica Geosystems den revolutionären nur 1 kg schweren Image-Scanner BLK360 auf den Markt. Leica Geosystems wird damit einen Trend setzen. Der BLK360 wird die Digita-
Simon Bär, Leica Geosystems AG.
aus erfasst. So hat man nicht nur Grundlagen für die Offertstellung, sondern auch für die Ausführungs-Planung.
BIM-Anwendung aus Planer-Sicht
Noch 2017 will Leica Geosystems den nur 1 kg schweren Image-Scanner «BLK360» mit der EinKnopf-Bedienung auf den Markt bringen. Er passt in jede Arbeitsmappe.
Was war die grösste Anstrengung bei Ihrer BIM-Einführung? Marco Waldhauser (Waldhauser + Hermann AG): Rückblickend war es die Schwierigkeit, früh richtige Prioritäten setzen zu können. In der Vielfalt der plötzlich vorhandenen Möglichkeiten ist uns das nicht immer gelungen. Das hat zu Beginn unter den Mitarbeitern zu Verunsicherungen geführt.
lisierung und Verbreitung von BIM in der Schweiz und auch weltweit beschleunigen. Der BLK360 passt in jede Arbeitsmappe und mit der Ein-Knopf-Bedienung entfällt die Hemmung, ein neues Instrument bedienen zu müssen. Auch preislich ist der BLK360 sehr attraktiv und wesentlich günstiger als alle bisherigen Laser-Scanner auf dem Markt. Der Leica BLK360 wird durch die Vereinfachung und Miniaturisierung die Laser-Scanner-Technologie stark verbreiten und das nicht nur bei Gebäudetechnik-Planern. Wie sind die Anteile der PlanerFirmen, die sich ein eigenes Scanner-System anschaffen und jener, die eher die Dienstleistungen (Scanning/3D-Modell) von spezialisierten Firmen nutzen? Bisher wurde mehrheitlich die Dienstleistung von spezialisierten Firmen eingekauft. Bei grossen und komplexen Aufgaben wird das weiterhin eher der Fall sein. Durch seine Handlichkeit ergeben sich mit dem Leica BLK360 neue Möglichkeiten. Für die Erstellung der Offerte oder Ideenentwürfe wurden bei der ersten Objekt-Besichtigung bisher grob Masse mit Doppelmeter oder Handlaser genommen. Oder man stützte sich auf Fotos und alte, nicht mehr korrekte Plangrundlagen ab. Mit dem BLK360 sind Bilder und Scan innert drei Minuten von einem Standort
Marco Waldhauser, Waldhauser + Hermann AG.
Peter Casparis (CZWEI GmbH): Wir arbeiten mit unserer CAD-Software schon seit 15 Jahren in 3D. Wir hätten eigentlich wenige Probleme mit BIM-intelligenten Daten anderer Planer. Bisher ist es aber sehr schwierig, BIM-Daten zu bekommen. Die Erstellung von Materialreports für die Ausschreibungen war auf unserem ursprünglichen CAD-Programm eine gewisse Herausforderung. Seit dem Wechsel zum neuen CAD-Programm geht das besser. Was sind die Highlights bzw. besten Erfahrungen während und seit Ihrer BIM-Einführung? ➔
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Marco Waldhauser: Nach gut vier Jahren «BIM-Erfahrung» sind wir mehr denn je überzeugt, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben. Mit Freude schauen wir zurück und stellen fest, in welchen Bereichen bzw. Prozessen wir uns verbessert haben. Ein ganz wichtiger Teil ist die konzeptionelle Bearbeitung zu Beginn eines Projekts. Während dieser Phase arbeiten wir mit einem eigens modellierten «Energiemodell», welches uns erlaubt, den Bauherrn und den Architekten sehr früh und sehr gezielt mittels Simulationen fundiert zu beraten. Weitere gute Erfahrungen machen wir mit den sogenannten Koordinationssitzungen, welche heute zusammen mit den Teammitgliedern am 3D-Modell vor dem Grossbildschirm stattfinden. Gut vorbereitet, ist diese Methode deutlich effizienter als der konventionelle Prozess mit Planaustausch und Tischkoordination. Peter Casparis: Wir arbeiten mit andern Planungsbüros zusammen und darunter hat es eine Firma, bei der die Daten BIM-Inhalte aufweisen. Gerne würden wir diese Daten für Berechnungen (Druckverlust / Schall) nutzen. Das wäre dann ein Highlight. Dazu muss es aber erst noch kommen. Wir sind gespannt zuversichtlich, dass es klappt.
Peter Casparis: Alle Gewerksplaner, die noch nicht in 3D planen, sollten sofort auf 3D umstellen. Erst danach ist der Schritt in die BIM-Welt möglich.
Welches sind Ihre Ratschläge an Kollegen in anderen Firmen, die BIM noch nicht eingeführt haben? Marco Waldhauser: Es ist aus meiner Sicht höchste Zeit, sich mit den Prozessen und Folgen von BIM auseinanderzusetzen. Dazu müssen vorhandene interne Abläufe analysiert und bewertet werden. Immer unter dem Fokus des digitales Modells und welchen Einfluss dieses auf die Ausübung meiner Tätigkeit haben kann. Ich denke es ist falsch, abzuwarten und auf eine «Anleitung» zu hoffen. Es werden aktuell zwar viele Grundlagen zu BIM in der Planung erarbeitet (z. B. Bauen digital Schweiz, SIA), diese werden sich aber nicht wie ein Handbuch im eigenen Betrieb umsetzen lassen. Hinter jeder Anpassung muss ein Nutzen stehen, und dieser unterscheidet sich oft auch in den Details.
Inwiefern werden praktische Probleme bei der BIM-Planung in Erfahrungsgruppen ausgetauscht? Marco Waldhauser: Da BIM zwingend eine koordinierte Vorgehensweise erfordert, ist ein Austausch untereinander unabdingbar. Für viele ist diese Situation neu, und sie sind sich nicht gewohnt, mit Mitstreitern über eigene Prozesse zu sprechen. Wir gründeten deshalb Ende 2013 den «BIM-Round-Table Gebäudetechnik» und waren zu Beginn fünf grössere Gebäudetechnik-Ingenieurbüros, welche sich offen über die Herausforderungen und Erfahrungen rund um BIM austauschten. Heute gehören dem BIM-RT 14 Ingenieurbüros an und ich freue mich über den regen und sehr transpatenten Know-how-Austausch. Dieser hilft uns allen, uns weiterzubringen.
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Wie sind Ihre Erfahrungen mit der frühzeitigen und phasengerechten Koordination der Gewerke bei BIM-Projekten? Marco Waldhauser: Ein grosser Mehrwert des digitalen Modells ist der «Zwang», dass die Koordination neu aufgegleist werden muss. Jeder Beteiligte merkt sofort, dass ohne ein grundsätzliches Koordinationskonzept ein Modell nicht modellierbar ist. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass es sich nicht lohnt, in den frühen Phasen (Vorprojekt) bereits räumlich im Modell zu arbeiten. Während dieser Phase muss das grundlegende Koordinationskonzept erarbeitet werden, sodass zu Beginn des Bauprojekts jeder Beteiligte für die Modellierung seiner Gewerke mit einer Grundlage starten kann. Peter Casparis: Sobald die Daten in 3D vorhanden sind, ist die Koordination wirklich eine Freude. Dass die CAD-Daten mit BIM-Informationen (Leistung / Materialisierung etc.) bestückt sind, ist für die Koordination unwesentlich.
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Wie fortgeschritten sind aus Ihrer Sicht die Bauteilkataloge? Marco Waldhauser: Das ist leider nach wie vor eine der grösseren Baustellen. Viele Büros haben sich in ihrer eigenen Anwendung aus der Not solche Bauteilkataloge erarbeitet. Es ist nun dringend notwendig, dass wir hier einen schweizweit brauchbaren Standard erhalten,
Prof. Manfred Huber, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW.
welchen wir alle als Grundlage benutzen können. Aktuell arbeitet Bauen digital Schweiz mit Hochdruck an diesem Projekt. Peter Casparis: 3D ist mittlerweile recht verbreitet. BIM-Informationen in Bauteilkatalogen fehlen meines Wissens noch weitgehend. Gibt es aus Ihrer Sicht eine Alternative zu BIM? Marco Waldhauser: Nein, diese gibt es aus meiner Sicht nicht. Ob BIM oder nicht BIM, die Digitalisierung hat längst Einzug gehalten und erreicht uns im Bauwesen verhältnismässig spät. Da gibt es viel aufzuholen, rückgängig lässt sich der eingeschlagene Weg jedoch nicht machen. Was sind die Herausforderungen in der nächsten Zeit? Peter Casparis: Man darf sich nicht wundern, wenn es noch länger dau-
Building Information Modeling
ert, bis alle Bauteile in der Bauwelt inklusive den BIM-Informationen erfasst sind. Die Datenflut ist riesig und muss problemlos verarbeitet werden können. Da stehen wir erst am Anfang, auch wenn schon länger davon geredet wird. In der Bewältigung der Datenflut sehen wir die wirkliche Herausforderung.
Bereich BIM-Ausbildung Wie sieht es aus beim Angebot und der Nachfrage nach Ausbildung für die Einführung und Anwendung von BIM? Manfred Huber (Kompetenzzentrum Digitales Entwerfen und Bauen FHNW): Die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) bietet seit vier Jahren die Weiterbildung MAS Digitales Bauen an. Sie befähigt die Teilnehmer, eine aktive Rolle bei der Steuerung der Methoden und Prozesse im digitalen Planen und Bauen einzunehmen. Die Nachfrage danach ist gross. Wir starten jedes Semester mit 25 neuen Studierenden. Wer hat den grössten Nutzen von BIM? BIM ist eine integrale und kollaborative Methode, bei der digitale Bauwerksmodelle disziplin- und phasenübergreifend genutzt werden. Sie steigert dadurch die Qualität des Zusammenarbeitsprozesses und der zu erzielenden Resultate. Abhängig von den gemeinsam festgelegten Zielen wird auch der Nutzen erzielt. Das heisst, der Nutzen korrespondiert jeweils mit den Zielen der beteiligten Anspruchsgruppen und ist so unterschiedlich wie Projekte organisiert und abgewickelt werden. Es gibt dabei nicht den Hauptnutzer. Wie fortgeschritten sind aus Ihrer Sicht die Bauteilkataloge? Da Bauteilkataloge respektive deren Inhalte momentan nicht normiert sind, ist die heutige Anwendung erschwert und nur von beschränktem Nutzen. Jeder Bauteilkatalog ist heute anders aufgebaut und unterscheidet sich bezüglich den Inhalten. Da die BIM-Methode
unter anderem auf dem Gedanken der Transparenz und des Austausches beruht – eine Standardisierung der Kataloge aber fehlt – können die Elemente aus Bauteilkatalogen nur beschränkt gewinnbringend eingesetzt werden. Sie sind nicht oder nur sehr beschränkt maschinell auswertbar, da der Empfänger der Informationen nicht weiss, was ihn erwartet. Inwiefern werden praktische Probleme bei der BIM-Planung in Erfahrungsgruppen ausgetauscht? Das gemeinsame Lernen aus Erfahrungen und Weiterkommen ist ein entscheidender Aspekt. Einen wichtigen Beitrag kann dabei Bauen digital Schweiz übernehmen, das sich auf das Best Practice fokussiert. Die Initiative LABIM – Learn Apply BIM zeigt einen besonders spannenden Ansatz eines gemeinsamen Vorwärtskommens. Sie ist das Resultat einer CAS-Arbeit aus dem MAS Digitales Bauen und basiert auf der Idee der Selbsthilfe. Dabei werden BIM-Prozesse durch die Beteiligten im Sinne des Pareto Prinzips (80/20-Regel) sehr rasch durchgespielt. Durch ein zyklisches Wiederholen des Prozesses wird ein rascher Wissenszuwachs der Beteiligten von Durchgang zu Durchgang erzielt.
Bereich BIM-Datenbanken Was sind die Unterschiede zwischen den BIM-Datenbanken «DataExpert-BIM» (IGH) und «SwissBIMLibrary» (buildup)? Hannes Berther (IGH): DataExpert-BIM ist keine Datenbank, sondern ein dezentrales Produktdatensystem auf Basis des schweizweit bewährten und etablierten DataExpert-Katalogs. Das ist einer der wesentlichsten Unterschiede zu allen anderen Angeboten. Bei DataExpert-BIM bleibt die Datenhoheit dezentral bei den Anbietern. Sie bereiten die Kataloge mit den Produktund BIM-Informationen auf und stellen diese den Kunden kostenlos und in einem offenen Standard zur Verfügung. Die IGH ist schliesslich eine Organisation aus Herstellern
Hannes Berther, Interessengemeinschaft Datenverbund IGH. und Lieferanten der Gebäudetechnik-Branchen. Damit ist klar, dass deren Bedürfnisse zur einfachen und kostengünstigen Publikation von Produktinformation im Zentrum stehen. Kunden müssen jederzeit und überall einfach auf die Produktinformation zugreifen können. Paul Curschellas (buildup AG): Die SwissBIMLibrary ist die Suchmaschine für Bauprodukte, die auch in BIM-Anwendungen eingebettet werden kann. Sie ist branchenübergreifend und nicht beschränkt auf die Gebäudetechnik, sondern ergänzt diese um die Aspekte von Konstruktion, Hülle und Ausbau.
Paul Curschellas, buildup AG.
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Building Information Modeling
«DataExpert-BIM» (IGH) und «Swiss BIMLibrary» (buildup) ergänzen sich. Mehrere tausend Produkte der buildup-Plattform (wie wir sie heute nennen) basieren auf IGH-Katalogdaten. Diese wurden veredelt, sodass diese bereits in den frühen Phasen der Planung genutzt werden können wie auch für die Planung, den Bau und den Betrieb. Wie fortgeschritten sind aus Ihrer Sicht die Bauteilkataloge? Hannes Berther: Die DataExpertProduktkataloge sind weitverbreitet und werden rege genutzt. Im letzten Jahr wurden diese rund 230 000-mal heruntergeladen. In dieser Zahl sind die serverbasierten Zugriffe in Branchenlösungen noch nicht berücksichtigt. Dies zeigt eindrücklich den Stand dieser Kataloge. Die IGH-Mitgliederfirmen haben sich an der letzten Generalversammlung für DataExpert-BIM ausgesprochen und uns den Auftrag erteilt, diesen Standard weiterzuentwickeln. Nun sammeln wir die von den Anbietern und deren Kunden gewünschten Attribute und sind am Entwickeln. Der Standard wird flexibel sein, sodass zukünftige Anforderungen ebenfalls abgebildet werden können, und berücksichtigt insbesondere auch die in BIM-fähigen Programmen bereits vorhandene internationale ImportNorm (VDI 3805 / ISO 16757). Paul Curschellas: Hier ist ein grosser Wandel im Gange. Oft handelt es sich bei den Bauteilkatalogen um eine 1:1-Überführung von Papier in ein digitales Format. Dies geschieht oft in einem aufwendi-
gen manuellen Prozess und ist heute nicht ausreichend. Mit der fortschreitenden Digitalisierung wird zunehmend mehr gefordert von der Industrie. Die Bauteilkataloge müssen effizient in teil- oder vollautomatisierten Prozessen aufgebaut werden und müssen mehrfach veröffentlicht werden auf verschiedenen Plattformen, welche unterschiedliche Nutzer ansprechen. Und, viel wichtiger: die Katalogdaten müssen den unmittelbaren Zugang in die Ausschreibungsund CAD-Software finden. Mit der SwissBIMLibrary wird genau dieses Ziel verfolgt. Wie sieht es aus beim Angebot und der Nachfrage nach BIM-fähiger Software? Hannes Berther: Hier stellt sich die Frage, was man unter BIM-Fähigkeit versteht. Derzeit behaupten alle Akteure, sie seien BIM-fähig. Fakt ist, dass die meisten einen Teilaspekt abdecken (z. B. 3D-CAD, Visualisierung, Ausschreibung etc.). BIM ist im Grundsatz eine Form der Zusammenarbeit, bei welcher die projektrelevanten Informationen in einer frühen Planungsphase zusammengetragen und modelliert werden, also quasi ein virtuelles Pendant des zu bauenden Gebäudes. Was heute in den meisten Fällen fehlt, sind standardisierte Schnittstellen und Formate, damit eine beliebige Anzahl Akteure mit heterogenen Software-Tools ein solches Modell bewirtschaften können. DataExpert-BIM liefert Produktdaten in einer standardisierten Art und Weise und ermöglicht
so einen barrierefreien Austausch dieser Informationen innerhalb und ausserhalb von BIM-Projekten. Paul Curschellas: Projekte, die auf BIM aufbauen, haben es an sich, dass Software eingesetzt wird. Klar ist auch: BIM ist keine Software und hier liegt aktuell auch nicht die Herausforderung. Auf dem Markt gibt es viele gute Lösungen, die unterschiedliche Anwendungen ansprechen: für Konstruktion, Mengenermittlung, Kosten und Zeitplanung bis hin zur Ausschreibung. Viel wichtiger als die Software sind die Fähigkeiten der Projektbeteiligten in Sachen Kollaboration, und hier ist einiges im Gange. Mit der Digitalisierung geht die Vernetzung einher. Schnittstellen und Plattformen werden zunehmend wichtig und hier liegen die Unterschiede. Die Plattformen werden zunehmend wichtig und werden von Projektbeginn eingesetzt, die Daten bleiben für den Besteller über das Projektende hinaus im Betrieb erhalten. Was macht den Erfolg der IGH aus? Hannes Berther: Die IGH hat mit DataExpert ein stabiles und offenes Format für den standardisierten Datenaustausch geschaffen, das den Anbietern die Datenhoheit lässt, und dem Kunden die Produktinformationen kostenlos zur Verfügung stellt. Benötigte Tools stellt die IGH ebenfalls kostenlos als Web Applikationen oder SmartphoneApp zur Verfügung. Seit mehr als 20 Jahren kann sich die Branche auf diese Leistungen verlassen – darauf baut unser Erfolg auf.
Die Teilnehmer der Umfrage Jean Luc Perrin Roman Hegglin Simon Bär Marco Waldhauser Peter Casparis Manfred Huber Hannes Berther Paul Curschellas Benno Hollenstein Beat Aebi Dominic Gerber Daniel Rommler Andri Nicolai
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Felix Platter-Spital, Basel, Spitalmanager und Projektleiter BIM Bausoft Informatik AG, Haustechnikfachplaner / BIM-Koordinator, Leiter BIM-Kompetenzzentrum Leica Geosystems AG, Beratung und Verkauf GEO Waldhauser + Hermann AG, Mitinhaber, Vorsitzender der Geschäftsleitung CZWEI GmbH, Partner für Klimatechnik, CEO und Teilhaber Fachhochschule Nordwestschweiz, Leiter Kompetenzzentrum Digitales Entwerfen und Bauen FHNW IGH, Interessengemeinschaft Datenverbund, Geschäftsführer CIO buildup AG und Mitglied im Steuerungsausschuss von Bauen digital Schweiz Belimo Automation AG, Verkauf Schweiz, Leiter Innendienst Geberit Vertriebs AG, Leiter Marketing und Produktmanagement Schweiz R. Nussbaum AG, Leiter Digital Engineering Oventrop (Schweiz) GmbH, Geschäftsführer Trox Hesco Schweiz AG, Leiter Geschäftsentwicklung, Mitglied erweiterte Geschäftsleitung
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Building Information Modeling
Welchen Nutzen bieten die Produktdaten im Planungs- und Bauprozess? Paul Curschellas: Smarthome wie Industrie 4.0 setzen digitale Daten/Bauproduktedaten voraus und haben somit über das Planen und Bauen bis in den Betrieb ihren Nutzen. Mit der Digitalisierung verändert sich der Wertschöpfungsprozess. Dies hat Auswirkungen auf den Planungs- und Bauprozess, sowie auf die Entscheidungen. Und hier ist man sich einig: mit besse-
Benno Hollenstein, Belimo Automation AG.
ren Daten werden bessere Entscheide getroffen. Für die Hersteller von Bauprodukten ist das eine klare Ansage, Bauteile und Bauprodukte müssen frei und in einer guten Qualität bereits in den frühen Planungsphasen digital verfügbar sein. Nur so können Bauwerke von Beginn an optimiert werden, können die ganzen Logistikprozesse bis auf die Baustelle schlank organisiert werden. Wer diesen Wandel nicht vollzieht, entfernt sich zunehmend von der Praxis.
technischen und CAD-Informationen in einem System (VDI Selektor) zu haben. Die Herausforderung lag im richtigen Format des Datenexports und entsprechender Klassifizierung. Fast alle Produkte des Verkaufskatalogs und der Website sind im BIM-Format erhältlich (ca. 95%). Beat Aebi (Geberit): Für Geberit sind das Fehlen von Standards und Anforderungen aus der Praxis die grössten Herausforderungen. Das Ziel ist, unsere Produkte nicht nur physisch zu vertreiben, sondern gleichzeitig davon funktionale digitale Modelle (BIM-Elemente) für virtuelle Gebäudemodelle zur Verfügung zu stellen. Die aktuelle Vielfalt an Softwarelösungen mit proprietären Datenformaten und unbekannte Anforderungen zur Funktionalität oder Detailtiefe der Produktinformationen führten zu einer sehr aufwendigen Bereitstellung dieser virtuellen Produktabbildungen. Dominic Gerber (R. Nussbaum AG): Ein BIM-Datensatz benötigt eine Vielzahl an unterschiedlichen Informationen. Diese Informationen mussten zusammengetragen und strukturiert werden. Zusätzlich wurden interne Prozesse neu ausgerichtet auf die Erstellung und Aktualisierung der BIM-Daten. Für die R. Nussbaum AG hat die Korrektheit, Aktualität und Konsistenz der BIM-Daten die höchste Priorität.
Sicht der Hersteller von Gebäudetechnik-Produkten Was war/ist die grösste Hürde beim Bereitstellen Ihrer BIM-Daten für die Bauteilkataloge? Benno Hollenstein (Belimo): Wir waren in der komfortablen Lage, alle Daten schon strukturiert mit
Dominic Gerber, R. Nussbaum AG.
Beat Aebi, Geberit Vertriebs AG.
Daniel Rommler (Oventrop Schweiz GmbH): Unsere Firma war und ist einer der Pioniere bei der Bereitstellung von BIM-Daten. Wir arbeiten dabei mit etablierten Softwarehäusern zusammen, was der Geschwindigkeit und der Qualität der Daten zugute kommt. Wir als Hersteller von Produkten und Komponenten der Gebäudetechnik werden aktuell von unterschiedlichen Seiten angefragt, unsere Daten auf den verschiedensten Plattformen zur Verfügung zu stellen. Die Geschäftsmodelle dieser Plattformen ähneln sich dabei jeweils und jede stellt sich so dar, als ob sie die Einzige wäre, die zukünftig ernsthaft BIM-Daten für allerhand Zwecke zur Verfügung stellen würde. Die grosse Herausforderung ist also nicht die Erstellung der Daten, sondern die Selektion, auf welchen Plattformen man präsent sein will. Zum Glück gibt es in der Schweiz die IGH, welche die Mitglieder wie Oventrop für eine zentrale Bereitstellung von BIM-Daten nutzen können. Alle übrigen Plattformen, welche unsere Daten verwenden wollen, können sich voraussichtlich künftig bei der IGH bedienen. Sobald die IGH mit ihrer Systemerweiterung bereit ist, beabsichtigen wir, auf dieser Plattform die BIM-Daten in dem VDI3805-Format (ISO-16757) zur Verfügung zu stellen. Andri Nicolai (Trox Hesco Schweiz AG): Da sich bisher am Markt noch
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Building Information Modeling
kein einheitliches Standarddatenformat durchgesetzt hat, sehen wir uns als Hersteller den Datenformatanforderungen diverser Kunden und Anspruchsgruppen gegenüber. Um in möglichst viele Richtungen den Markt bedienen zu können, haben wir uns deshalb entschlossen, parallel zur Datenbereitstellung in Revit und AutoCAD auch in der SwissBIMLibrary präsent zu sein. Dabei setzt Trox auf Produktdaten basierend auf VDI 3805. Diese bildet die Grundlage für die ISO 16757, welche als internationaler Standard für die Beschreibung von Produktdaten etabliert wird. VDI-Datensätze sind für fast alle Trox-Produkte verfügbar und eine der Grundlagen des Auslegetools «Easy
Andri Nicolai, Trox Hesco Schweiz AG.
Product Finder». Mit diesem können Daten in den Formaten Step, DXF und IFC erzeugt oder für Plancal nova und Revit in passenden Formaten exportiert werden. Viele Produktedaten stehen auch zur Verfügung für die Nutzer von liNear, MagiCloud und MagiCAD. Welche Daten/Standards kann Belimo heute schon anbieten? Benno Hollenstein: Jeder Kunde kann aus dem kostenlosen Tool (VDI Selektor) alle Antriebe, Ventile und sogar Kombinationen von Ventilen
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und Antrieben als BIM-Daten im Revit-Format exportieren. Klassifizierung und Strukturierung nach CIBSE, VDI-ISO und ETIM (laufendes Jahr) sind wählbar. Bestehen Chancen für eine genormte BIM-Datenkommunikation in der Schweiz? Beat Aebi: Es ist nach unserer Meinung unabdingbar, dass die Bauzulieferer in die Diskussion bezüglich Standards und Anforderungen frühzeitig eingebunden werden. Heute verliert man bei der Vielzahl an profitorientierten Anbietern schnell den Überblick. Die Kommunikation unter den Interessengruppen ist in der jetzigen Phase der Findung enorm wichtig. Mit über hundert Mitgliederfirmen aus der Gebäudetechnik nimmt hier die IGH (Interessengemeinschaft Datenverbund) eine wichtige Rolle ein. Sie hat übrigens bereits gehandelt und ein entsprechendes Projekt lanciert. Die IGH plant, digitale BIM-Daten über bereits heute erfolgreiche Vertriebskanäle in alle relevanten BIM-Tools und BIM-Prozesse einzubringen. So wie heute Kataloge mit Produkt- und Preisinformationen verteilt werden, sollen in Zukunft auch ergänzende digitale BIM-Daten zur Verfügung gestellt werden. Welche Formate werden sich langfristig durchsetzen? Dominic Gerber: Damit sich die BIM-Planung in heterogenen Systemlandschaften durchsetzt, wie sie in der Gesamtbaubranche vorkommen, sind offene Standards notwendig. Jede Schnittstelle, von System A nach System B, bedeutet Informationsverlust, welcher zu vermeiden ist. Die Hoffnung besteht, dass das internationale Standardisierungsgremium ISO eine gute Grundlage für den Datenaustausch zwischen den Systemen schafft. Wie wird aus Ihrer Sicht die Digitalisierung (inkl. BIM) die Gebäudetechnik-Branche verändern? Daniel Rommler: Erstmal wird noch viel über BIM gesprochen, wobei
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Daniel Rommler, Oventrop (Schweiz) GmbH.
immer noch ein sehr unterschiedliches Verständnis und deswegen eine hohe Unsicherheit über die Konsequenzen herrscht. Viele warten deshalb vorerst ab, wie sich BIM entwickelt. Unsere Wahrnehmung ist, dass die Hersteller von Produkten und Komponenten der Gebäudetechnik mit BIM schon sehr weit fortgeschritten sind und die Planungsarbeit mit ihren Daten in vielen Fällen sehr gut unterstützen. Unter den Planungsbüros sind auch schon viele Pioniere auszumachen, während viele Verarbeiter oft noch lieber nichts mit BIM zu tun haben möchten. Wir gehen davon aus, dass sich mit BIM der Aufwand im Prozess von komplexen Projekten nach vorne verschiebt, d. h. es kommt in der Projektplanung zu höherem Zeitaufwand und Kosten, während in der Ausführung weniger Änderungen anfallen werden und somit in dieser Projektphase die Mehrkosten aus der Planung mehr als kompensiert werden. ■ Befragung: Peter Warthmann
Hintergrund
BP Energy Outlook 2035
Der lange Weg zu einer globalen Energiewende Nach neusten Einschätzungen des britischen Energiekonzerns BP wird die globale Energienachfrage bis 2035 um ca. 30 Prozent steigen. Getrieben wird der Bedarf vor allen durch wachsenden Wohlstand in Entwicklungsländern. Zum Teil würde das Nachfragewachstum durch Verbesserungen der Energieeffizienz ausgeglichen. Dadurch würden auch CO2-Emissionen um weniger als ein Drittel wachsen als die in den vergangenen 20 Jahren verzeichneten Steigerungsraten.
D
er BP Energy Outlook untersucht langfristige Energietrends und entwickelt darauf aufsetzend Prognosen für die Weltenergiemärkte für die nächsten 20 Jahre. Die im Januar veröffentlichte Ausgabe 2017 des BP Energy Outlook prognostiziert, dass die globale Energienachfrage zwischen 2015 und 2035 um ca. 30%, beziehungsweise um durchschnittlich 1,3% pro Jahr steigen wird. Diese Erhöhung der Energienachfrage liegt jedoch wesentlich unter dem Wachstum des globalen Bruttoinlandsproduktes, das mit jährlich 3,4% veranschlagt wird. Eine steigende Energieeffizienz, getrieben durch technologische Verbesserungen und Umweltbelange, ist hierfür der Hauptgrund. Während der Outlook einerseits davon ausgeht, dass auf der Versor-
gungsseite in den kommenden 20 Jahren mehr als die Hälfte des Wachstums auf nicht-fossile Energieträger entfallen wird, prognostiziert er gleichwohl, dass Öl und Erdgas gemeinsam mit Kohle die Weltwirtschaft weiterhin als wichtigste Energieträger antreiben werden. Im Jahr 2035 werden sie einen Anteil in Höhe von 75% an der gesamten Energieversorgung besitzen, verglichen mit 86% im Jahr 2015.
Die wichtigsten Energieträger Die Nachfrage nach Öl wird um jährlich 0,7% steigen. Dieser Wert wird sich über den Untersuchungszeitraum allerdings wohl schrittweise verringern. Der Verkehrssektor wird dabei weiterhin der bedeutendste Verbraucher von Öl bleiben. Sein Anteil am weltweiten Verbrauch wird 2035 bei nahezu 60%
Sonstige
Asien
OECD
Übersicht Primärenergieverbrauch (Bild: BP Energy Outlook 2035)
liegen. Die nicht durch Verbrennung bestimmte Nutzung von Öl, insbesondere in der Petrochemie, wird allerdings bis zu den frühen 2030er-Jahren der wichtigste Faktor für das Nachfragewachstum beim Öl werden. «Die Möglichkeit, dass der grösste Teil des Nachfragewachstums in den 2030er-Jahren nicht mehr darauf beruht, PKW, LKW oder Flugzeuge anzutreiben, sondern Öl für die Herstellung von Produkten, wie z. B. Kunststoffe oder andere Stoffe einzusetzen, stellt eine bedeutende Veränderung gegenüber der Vergangenheit dar», erläuterte Spencer Dale, Chefökonom der BP Gruppe. Der Verbrauch an Erdgas wird, im Vergleich mit Öl und Kohle, bis 2035 am schnellsten wachsen und zwar um durchschnittlich 1,6% pro Jahr. Bis 2035 wird Erdgas einen grösseren Anteil am Primärenergieverbrauch besitzen als Kohle und damit die Kohle als zweitwichtigsten Energieträger ablösen. Die Förderung von Shale Gas (Schiefergas) wird zwei Drittel des Anstiegs der Gasversorgung ausmachen, bedingt durch die steigende Förderung in den USA. Das Wachstum von LNG, angetrieben durch erhöhte Versorgungsanteile aus Australien und den USA, wird wahrscheinlich dazu führen, dass ein weltweit integrierter Gasmarkt entsteht, dessen Preisfindung durch die USGaspreise bestimmt wird. Ô
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Der Verbrauch an Erdgas wird, im Vergleich mit Öl und Kohle, bis 2035 am schnellsten wachsen. Der grösste Anteil in Europa stammt von Gasfeldern in der Nordsee. (Bild: www.erdgas.ch)
Der Energy Outlook prognostiziert, dass der Kohleverbrauch Mitte der 2020er-Jahre seinen Höchststand erreichen wird. Hauptgrund dafür ist die Tatsache, dass China zunehmend sauberere, CO2-ärmere Energieträger einsetzt. Indien ist der grösste Wachstumsmarkt für Kohle, sein Anteil an der globalen Kohlenachfrage wird sich von ungefähr 10% im Jahr 2015 auf 20% bis 2035 verdoppeln. Erneuerbare Energieträger werden als die am schnellsten wachsende Energieart eingestuft, die durchschnittliche Wachstumsrate wird mit jährlich 7,6% angegeben. Ihr Anteil wird sich über den Outlook Betrachtungszeitraum vervierfachen, bedingt durch die verbesserte Wettbewerbsfähigkeit von Wind- und Solarenergie. China wird in den nächsten 20 Jahren das grösste Wachstum bei erneuerbaren Energien erzielen, und mehr Strom mit erneuerbaren Energien erzeugen als die EU und USA zusammen.
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Verdoppelung der Fahrzeuge
Auf den Verkehrssektor entfallen ca. zwei Drittel des Nachfragewachstums beim Öl bis 2035. In diesem Wert ist die Nachfrageerhöhung nach Öl für Kraftfahrzeuge um ca. vier Millionen Barrel pro Tag bereits berücksichtigt; diese Steigerung beruht auf einer Verdoppelung der weltweiten Fahrzeugflotte. Der Bericht geht davon aus, dass sich die Zahl der Elektrofahrzeuge von 1,2 Millionen im Jahr 2015 bis auf nahezu 100 Millionen bis 2035 (dies entspricht einem Anteil von ungefähr 5% an der globalen Fahrzeugflotte) erhöhen wird. «Die Auswirkung (der Einführung) von Elektrofahrzeugen, gepaart mit weiteren Aspekten der Mobilitätsrevolution, wie selbstfahrende Fahrzeuge, Car Sharing und Fahrgemeinschaften (Ride Pooling), ist eine der grössten Unwägbarkeiten für die langfristigen Zukunftsaussichten des Energieträgers Öl», sagte Spencer Dale.
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Erdgas übernimmt weiterhin Marktanteile von der Kohle. Diese Entwicklung wird, unterstützt durch energiepolitische Entscheidungen und Massnahmen, industrielle Nutzer wie auch Stromerzeuger dazu anregen, vermehrt auf Gas zu setzen. Das Wachstum entfällt im Wesentlichen auf China, den Mittleren Osten und die USA. In China übertrifft der wachsende Gasverbrauch die einheimische Förderung, sodass im Jahr 2035 nahezu 40% des Verbrauchs über Importe abgedeckt werden; 2015 lag dieser Wert bei 30%. In Europa wird der Importanteil von ca. 50% im Jahr 2015 auf mehr als 80% steigen bis 2035. Der BP Outlook geht davon aus, dass sich der Umfang von LNG-Lieferungen rapide erhöhen und bis zum Jahr 2035 mehr als die Hälfte der gehandelten Gasmenge ausmachen wird. Dieses Wachstum ist getrieben von Lieferungen aus den USA, Australien und Afrika. Ungefähr zwei Drittel dieser Wachstums-
Hintergrund
rate wird in den nächsten vier Jahren auf den Markt kommen, da eine Vielzahl von Projekten, die sich derzeit noch in der Entwicklungsphase befinden, bis dahin die Förderung aufnehmen werden.
Dringender Handlungsbedarf bei den CO2-Emissionen Die CO2-Emissionen werden sich um weniger als ein Drittel der in den vergangenen 20 Jahren verzeichneten Steigerungsraten erhöhen; im Schnitt um jährlich 0,6%, verglichen mit ehemals 2,1% pro Jahr. Hier spiegeln sich Verbesserungen der Energieeffizienz und die Veränderungen beim Energiemix wider. Sollte dieser Wert erzielt werden, wäre es die niedrigste Steigerungsrate innerhalb eines Zeitraumes von 20 Jahren seit Beginn der
Aufzeichnungen im Jahr 1965. Das Grundszenario im Bericht prognostiziert, dass durch Energieeinsatz bedingte Emissionen aber über den gesamten Untersuchungszeitraum dennoch um 13% steigen. Dieser Wert übersteigt bei Weitem das vom IEA errechnete 450-Szenario (Begrenzung der mittleren globalen Temperatur auf 2 °C), welches davon ausgeht, dass die CO2-Emissionen bis 2035 um 30% sinken müssen, um eine gute Chance zu haben, die in Paris festgelegten Zielvorgaben erreichen zu können. Der Outlook entwickelt zwei alternative Auslegungen, um die potenziellen Auswirkungen einer schnelleren Umstellung auf emissionsärmere Energienutzung zu untersuchen. «Die zeitliche Planung und die Form regulatorischer Vorgaben sind von grosser Bedeutung, wenn es
darum geht, den Wandel unserer Energielandschaft anzustossen und zu erleichtern», erklärte Bob Dudley, Vorstandsvorsitzender von BP. «Wir bei BP sind unverändert der Auffassung, dass die Bepreisung von CO2Emissionen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen sollte, da sie allen Beteiligten – Erzeugern genauso wie Konsumenten – einen Anreiz gibt, ihren Beitrag zu leisten.» ■
Infos Quelle: BP Energy Outlook 2035 Bearbeitung: Hansjörg Wigger
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Hintergrund
Energieszenarien für das Jahr 2050
Strom für die Schweiz Das Labor für Energiesystem-Analysen des Paul Scherrer Instituts PSI untersucht, wie die Schweizer Stromversorgung bis zum Jahr 2050 unter verschiedenen Bedingungen aussehen könnte. Auf Basis der Berechnungen können die Forschenden des Labors Aussagen über zukünftige Entwicklungen treffen und zum Beispiel bestimmen, wie sich eine ehrgeizige CO2-Einsparung mit möglichst niedrigen Kosten erreichen liesse.
D
as Labor für EnergiesystemAnalysen des Paul Scherrer Instituts PSI untersucht, wie die Schweizer Stromversorgung bis zum Jahr 2050 aussehen könnte. Die Forschenden nutzen dazu aufwendige Computerberechnungen. Die Berechnungen zeigen, welche Technologien in Zukunft wettbewerbsfähig sein können, welche Auswirkungen sich auf Wirtschaft und Umwelt ergeben und wie sich eine zuverlässige Stromversorgung sicherstellen lässt, auch wenn es keine Energie aus Schweizer Kernkraftwerken mehr gibt. «Wir haben in unseren Berechnungen mehr als 800 000 Variablen berücksichtigt», erläutert Kannan Ramachandran, Senior Scientist in der Energieökonomiegruppe.
Stefan Hirschberg und Kannan Ramachandran diskutieren Energieszenarien. (Bild: Scanderbeg Sauer Photography)
Schweizer Energieverbrauch 2016 In der Schweiz ist der Endenergieverbrauch 2016 um 1,9 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Dies ist in erster Linie auf die etwas kühlere Witterung im Jahr 2016 zurückzuführen. Die Anzahl Heizgradtage, ein wichtiger Indikator für den Energieverbrauch zu Heizzwecken, nahm gegenüber Vorjahr um 6,7 % zu. Zum höheren Energieverbrauch beigetragen haben auch langfristige Treiber wie die ständige Wohnbevölkerung (+1,1 %), das Bruttoinlandprodukt (+1,3 %), der Motorfahrzeugbestand (+1,6 %) und der Wohnungsbestand. 2016 veränderte sich der Stromverbrauch in der Schweiz mit 58,24 Milliarden Kilowattstunden nur gering gegenüber dem Vorjahr (-0,01 %).
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Dabei werden beispielsweise die Verfügbarkeiten der verschiedenen Energiequellen einkalkuliert und unterschiedlichste Kraftwerkstechnologien samt deren künftigen Emissionen und Kosten. Die voraussichtliche Entwicklung des Strombedarfs der Schweiz wird ebenso in Betracht gezogen wie die Stromausbeute aus Sonnen- und Windenergie, die im Laufe des Tages und zwischen den Jahreszeiten stark schwankt und von Region zu Region verschieden ist. Im Jahr 2015 bestand der Schweizer Stromerzeugungsmix zu einem Drittel aus Kernkraft und zu knapp zwei Dritteln aus Wasserkraft. Lediglich 2,6 % wurden aus anderen erneuerbaren Energien wie Wind- und Sonnenenergie und 4 % aus sonstigen Quellen wie der Kehrichtverbrennung erzeugt. Das PSI hat nun von dieser Basis ausgehend verschiedene Szenarien für das Jahr 2050 durchgerechnet. Für jedes Szenario haben die Forschenden dabei verschiedene Anfor-
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derungen an die Situation im Jahr 2050 gestellt. So haben sie jeweils festgelegt, wie stark der CO2-Ausstoss im Vergleich zum Jahr 1990 reduziert werden soll und zusätzlich bestimmt, ob die Schweiz in das europäische Energienetz eingebunden oder eher autark sein soll.
Integration ist kosteneffizient Auf Basis der Berechnungen kann Stefan Hirschberg, Leiter des Labors für Energiesystem-Analysen, Aussagen über zukünftige Entwicklungen treffen und zum Beispiel bestimmen, wie sich eine ehrgeizige CO2-Einsparung mit möglichst niedrigen Kosten erreichen liesse. «Am kostengünstigsten wäre es für die Schweiz, wenn sie sich stark in das europäische Elektrizitätssystem integriert.» So würden die Ressourcen am besten genutzt. «Es ist deutlich einfacher, das Klimaziel in einer gemeinsamen Anstrengung zu erfüllen», ergänzt er. Wegen der klimatischen Bedingungen wäre es zum Beispiel vorteilhaft, einen grös-
Hintergrund
Nettostromverbrauch Pumpstromverbrauch Erdgas Sonstige erneuerbare Energien Importe (netto) Windenergie Stromerzeugung aus Pumpspeicher-KW Stromerzeugung aus Batteriespeichern Sonnenenergie Stromspeicherung in Batterien Wasserkraft Kernenergie
Der Strommix der Schweiz. Links die tatsächliche Situation im Jahr 2015, rechts 2 Szenarien für 2050. Das Referenzszenario macht keine Annahmen über den CO2-Ausstoss, das Umweltszenario fordert eine Reduktion des CO2-Ausstosses von 95 % gegenüber 1990. (Grafik: K. Ramachandran, M. Dzambegovic)
seren Teil der Investitionen in Solarenergie in südlichen Ländern zu tätigen und Windanlagen an der Nordsee zu errichten, wo die Voraussetzungen besser sind. Parallel hierzu würde die Schweiz die nötigen Speichertechnologien stärker ausbauen. Teurer als heute wird die Stromproduktion mit und ohne Klimaschutzziel. «Die Kosten der Stromproduktion je Kilowattstunde in der Schweiz werden im Jahr 2050 zwischen 20 und 120 Prozent höher sein als heute, wobei die Kosten natürlich mit zunehmenden CO2-Einsparungen ansteigen. Ihre Höhe variiert am Ende aber stark – je nachdem, ob die Schweiz ihre Investitio-
Endenergieverbrauch 2016 der Schweiz: total 854 300 Terajoule = 237 Terawattstunden. (Quelle: Bundesamt für Energie)
nen in Zusammenarbeit mit den EU-Ländern tätigen will, was deutlich billiger wäre, oder ob sie ein autarkes Stromsystem anstrebt», erläutert Hirschberg.
Speichertechnologien von Bedeutung Die Analyse zeigt auch den Wert von Speichertechnologien. Für ein Stromsystem mit einem hohen Anteil an Sonnen- und Windenergie müsste im Vergleich zu heute mehr als doppelt so viel Strom zwischengespeichert werden können, da diese Energien unregelmässig zur Verfügung stehen. Sowohl die Speicherung innerhalb eines Tages als auch
zwischen den Jahreszeiten wird dann notwendig. Für den Fall, dass die Schweiz grössere Stromimporte im Winter vermeiden möchte, ist eine Speicherung von Strom zwischen den Jahreszeiten in Höhe von zwei bis drei Terawattstunden nötig, also circa das 40- bis 60-Fache der derzeitig in der Schweiz verfügbaren Kapazität der Pumpspeicherkraftwerke. In diesem Zusammenhang weist Hirschberg auf die intensive Forschung zu diesem Thema am PSI hin: «Die Energy System Integration Platform dient unter anderem dazu, vielversprechende neue chemische Speichertechnologien zu testen und weiterzuentwickeln.» ■
Infos www.psi.ch Bearbeitung: Hansjörg Wigger
Die Energieszenarien Gegenwärtig leisten bei der Stromerzeugung in der Schweiz die Wasserkraft und die Kernenergie die wichtigsten Beiträge. Die Energiestrategie 2050 sieht für die Schweiz eine Energieversorgung ohne einheimische Kernkraft vor. Wie der tatsächliche Strommix im Jahr 2050 aussehen wird, hängt von vielen Faktoren ab – zum Beispiel von den Forderungen, die man an den Umweltschutz stellt. Die Forschenden des Labors für Energiesystem-Analysen können berechnen, wie der kostengünstigste Strommix für die unterschiedlichen Szenarien aussehen würde (siehe Beispiele im Diagramm). Im sogenannten Referenzszenario werden keine Anforderungen an den Klimaschutz gestellt; in der Folge spielen Gaskraftwerke eine wesentliche Rolle. Im Klimaschutzszenario, das eine Reduktion des CO2-Ausstosses bei der europäischen Stromproduktion um 95 Prozent gegenüber 1990 annimmt, sind dagegen die erneuerbaren Energien wie Wind- und Sonnenenergie bedeutsam. In beiden Fällen sind Stromimporte wichtig, wobei diese im Klimaschutzszenario auch den Vorgaben der Ausstossreduktion folgen müssen. Allen Szenarien ist dabei gemeinsam, dass die Wasserkraft ihre Bedeutung behält. In allen Fällen können weitere Forderungen hinzukommen – etwa an das Mass der Zusammenarbeit mit anderen Ländern –, was zu weiteren Varianten des jeweils kostengünstigsten Strommixes führt. Die Kosten für die kostengünstigste Version unterscheiden sich zwischen den Szenarien und zwischen den verschiedenen Varianten eines Szenarios. So verursacht das Klimaschutzszenario europaweit zehn Prozent mehr Kosten als das Referenzszenario; dies entspricht bis zum Jahr 2050 und europaweit zusätzlichen Kosten von 1800 Milliarden Franken. Hiervon hätte die Schweiz 36 Milliarden Franken zu tragen – vorausgesetzt, sie wäre vollständig in den europäischen Markt integriert. Will die Schweiz ihren Strom im Alleingang beinahe CO2-neutral produzieren, würde sie dies für den Zeitraum bis 2050 zusätzliche 71 Milliarden Franken kosten. Kurz: Klimaschutz im Alleingang würde die Schweiz rund das Doppelte kosten.
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2017
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Ausbildung | Weiterbildung
Weiterbildung im Elektrogewerbe – was bedeutet das neue Ausbildungskonzept VSEI? Elektro-Fachleute mit Weiterbildungen zum Sicherheitsberater, Projektleiter oder Installateur mit eidg. Diplom sind gefragte Spezialisten. Beim Verband Schweizerischer Elektro-Installationsfirmen VSEI werden jährlich rund 1300 Berufsprüfungen und höhere Fachprüfungen abgelegt. Diese werden jedoch nur noch bis Ende 2021 nach altem Reglement 2003 abgenommen, denn der VSEI hat die Weiterbildungen der Höheren Berufsbildung den veränderten Bedürfnissen des Elektrogewerbes angepasst. Viele Weiterbildungsinstitute planen bereits die neuen Lehrgänge, wie zum Beispiel den Elektroprojektleiter Installation und Sicherheit oder Elektroprojektleiter Planung mit eidg. Fachausweis sowie den dipl. Elektroinstallations- und Sicherheitsexperten und dipl. Elektroplanungsexperten. Für die Berufsleute aus dem Elektrogewerbe stellt sich nun die Frage nach dem geeigneten Zeitpunkt und richtigen Lehrgang für ihre Weiterbildung. Die IBZ Schulen für Technik Wirtschaft Informatik in Aarau,
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Elektro-Sicherheitsberater bei der Schlusskontrolle. (Bild: fotolia) welche die alten sowie ab Frühling 2019 die neuen Vorbereitungslehrgänge anbieten, informieren im Rahmen ihrer Informationsabende über das neue Ausbildungskonzept des VSEI. Sie stellen die neuen Lehrgänge vor, zeigen die Möglichkeiten auf und erklären, wie die Übergangsfristen geregelt sind. Die Besucher der Informationsabende erfahren im persönlichen Gespräch mit dem Schulleiter mehr über die Lerninhalte und die zu erlangenden Kompetenzen. Schwerpunkt im Ausbil-
Extra 7/2017 Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik
dungskonzept der Höheren Fachschule IBZ bleibt der hohe Praxisbezug, da die qualifizierten Dozierenden Vollzeit als Fach- und Führungspersonen in ihren Berufen tätig sind. Ausserdem findet ein regelmässiger Austausch in der Lerngruppe statt und die Studierenden haben die Möglichkeit, Material und Geräte der IBZ für die Prüfungsvorbereitung zu nutzen. Die Weiterbildungen im Elektrobereich werden an den IBZ Standorten in Aarau, Bern, Zug und Zürich angeboten.
An die Qualität von Lerninhalten und -methoden werden bei den IBZ Schulen höchste Anforderungen gestellt, so wurden sie im März 2017 von der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme (SQS) nach ISO 29990 zertifiziert und als kompetente Bildungsanbieterin ausgezeichnet. Die internationale Norm ist ein Servicestandard für Lerndienstleistungen und gleichzeitig ein Qualitätsmanagementsystem für Lerndienstleister in der Aus- und Weiterbildung. ■
Infos IBZ Schulen für Technik Informatik Wirtschaft Tellistrasse 4, 5000 Aarau Tel. 058 100 25 00 ibz@ibz.ch www.ibz.ch Nächster Infoabend Mittwoch, 20. Sept. 2017 in Aarau www.ibz.ch/infoabende
Ausbildung | Weiterbildung
Weiterbildungen im Umbruch der Digitalisierung Digitalisierung, digitale Transformation, Industrie 4.0: Diese Begriffe haben die Gesellschaft bereits fest im Griff. Arbeitnehmer/-innen mit tieferen Qualifikationen haben es durch den digitalen Wandel zunehmend schwerer sich auf dem Markt zu behaupten. Mit dieser Entwicklung bekommen Weiterbildungen immer mehr Bedeutung. Es reicht nicht mehr aus, eine gute Grundausbildung mit Berufserfahrung mitzubringen – verlangt werden Fortbildungen und Spezialisierung in der Branche. Diese Tendenz der Spezialisierung ist in allen Branchen spürbar, so auch in der Elektrobranche. Immer mehr Arbeiten werden automatisiert und digitalisiert. Um laufend vorwärtszukommen, braucht es Fachkräfte, die sich mit den neuen Tatsachen und der aktuellen Wirtschaftslage auseinandersetzen können. Die Entscheidung für eine Weiterbildung ist somit eigentlich gegeben – doch woher sich die Zeit nehmen? Für ein Fernstudium braucht es enorm viel Selbstdisziplin, bei der Abendschule mit Präsenz-
unterricht bleibt zu wenig Freizeit, und einen ganzen Tag die Schulbank drücken, bedeutet Reduzierung des Arbeitspensums. Hier liegt es an den Weiterbildungsinstitutionen die Zeichen zu erkennen und neue Unterrichtsmodelle zu entwickeln.
Innovatives Unterrichtsmodell Das SIU – Schweizerisches Institut für Unternehmerschulung – hat sich im letzten Jahr intensiv mit den gegebenen Herausforderungen auseinandergesetzt und eine Lösung gefunden: Mit high-voltage-learning verknüpft das SIU die Vorteile aus
den verschiedenen Unterrichtsmodellen, um den Teilnehmenden optimale örtliche und zeitliche Flexibilität und trotzdem höchste Qualität zu bieten, um auch bei hoher beruflicher und privater Belastung, eine Weiterbildung erfolgreich zu absolvieren. Das Unterrichtsmodell beinhaltet: • Einmal im Monat klassischer Präsenzunterricht • Dreimal im Monat Unterricht im virtuellen Klassenraum • Selbststudium mit eigens produzierten Lernvideos und Kontrollcheck-Tests • Mehrtägige Workshops
high-voltage-learning wird erstmals ab Herbst 2017 bei den Weiterbildungen aus der Elektrobranche nach dem neuen VSEI-Reglement in den Lehrgängen «Elektroprojektleiter/-in mit eidg. Fachausweis» und «Techniker/-in HF Elektrotechnik» eingeführt. Das SIU hat die Lehrgangsabläufe so konzipiert, dass Absolventen der Berufsprüfung in nur zwei weiteren Semestern den Techniker HF in Fachrichtung Elektrotechnik abschliessen können. Dank der sinnvollen Modularität und Fächeraufteilung ist eine nahtlose Weiterführung ohne zeitlichen Unterbruch bis hin zu den eidgenössischen Diplomen (Höhere Fachprüfung) «Elektroinstallations- und Sicherheitsexperte» und «Elektroplanungsexperte» möglich. ■
Besuchen Sie einen unserer Informationsanlässe bis Ende September und gewinnen Sie ein Stromer E-Bike von Thömus Veloshop im Wert von CHF 4790.–. SIU Elektrotechnik Tel. 044 515 72 27 8004 Zürich www.siu.ch/high-voltage-learning
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2017
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Extra 7/2017 Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik
Impressum «Extra» ist die Gemeinschaftsausgabe von Elektrotechnik ET und HK-Gebäudetechnik ISSN 1015-3926 (ET) | ISSN 1016-5878 (HK-GT) 14. Jg. 2017 | Druckauflage: 16 000 Exemplare Herausgeberin | AZ Fachverlage AG | Neumattstrasse 1 5001 Aarau | Tel. 058 200 56 50 | www.azmedien.ch Geschäftsführer | Roland Kühne Redaktion peter.warthmann@azmedien.ch hansjoerg.wigger@azmedien.ch juerg.altwegg@azmedien.ch manuel.fischer@azmedien.ch, raymond.kleger@azmedien.ch Leitung Werbemarkt | Jean-Orphée Reuter, +41 58 200 54 46 Anzeigen rolf.niederberger@azmedien.ch, Tel. 058 200 56 18 andre.fluri@azmedien.ch, Tel. 058 200 56 27 Layout / Produktion / Administration Pia Zimmermann, Renate Gadola, Corinne Dätwyler COPYRIGHT Mit der Annahme von Manuskripten durch die Redaktion und der Autor-Honorierung durch den Verlag erwirbt der Verlag das Copyright und insbesondere alle Rechte zur Übersetzung und Veröffentlichung der entsprechenden Beiträge in anderen verlagseigenen Zeitschriften sowie zur Herausgabe von Sonderdrucken.Produkte und Highlights sind kostenpflichtig. Nachdruck, auch auszugsweise, nicht gestattet. Ein Produkt der Verleger: Peter Wanner
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Intelligente Gebäude
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