Intelligente Gebäude
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Extra 7/2016 Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik
Editorial
Fossile Energie treibt die Welt W
enn ein grösserer Öl-, Gas- und Energiekonzern seine Wachstumsprognosen veröffentlicht, könnte man dies auch als interessengeleitete PR in eigener Sache klassieren und nicht weiter beachten. Doch gerade in Zeiten der Umwälzungen, mit sinkenden Öl- und Strompreisen, neuen erneuerbaren Energien, teurem Atomstrom, Digitalisierung und veränderlichem Klima, brauchen wir fundierte Informationen, die uns helfen, neue Lösungen zu entwickeln und umzusetzen. Seit Jahren veröffentlichen wir deshalb im Extra die Einschätzungen der internationalen Energie Agentur IEA oder des britischen Energiekonzerns BP. Der aktuelle BP Energy Outlook 2035 zeigt nicht nur, wie sich die Energielandschaft in den nächsten 20 Jahren entwickeln könnte, er setzt sich auch mit Beeinflussungsfaktoren wie dem Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum, dem Verkehr und Klimaschutz auseinander (Artikel Seite 148). Vorab die für die Energiewende und den Klimaschutz wenig erfreuliche Nachricht: Der Verbrauch fossiler Energien wird weiter ansteigen und auch in 20 Jahren im globalen Energiemix noch immer rund 80% ausmachen. Diese Annahme von BP ist kaum umstritten, kommen doch die Berechnungen der IEA zu einem ähnlichen Resultat (siehe Bericht im Extra 2015 S. 106). Laut BP werde sich das weltweite Bruttoinlandprodukt dank des Bevölkerungswachstums in Asien und Afrika verdoppeln. Um dieses wirtschaftliche Wachstum zu ermöglichen brauche es mehr Energie und diese Nachfrage werde, laut BP, zu rund 80 % mit fossilen Energieträgern abgedeckt. Allerdings werde bei diesem Szenario der Anteil Kohle im Jahr 2035 so niedrig sein wie nie zuvor, und der Anteil Gas werde gegenüber dem Anteil Öl stärker wachsen. Ein Grossverbraucher fossiler Treibstoffe ist der Verkehr. Laut BP werde sich die Anzahl Fahrzeuge von heute rund 1,2 Milliarden in den nächsten 35 Jahren verdoppeln. BP glaubt, dass ein grosser Teil dieser Fahrzeuge mit Hybridmotoren betrieben werden, eine Kombination von Elektro- und Verbrennungsmotor. Es sei nicht davon auszugehen, dass sich alternative Antriebsformen bald breitflächig durchsetzen würden, so BP. Das Tempo und die Verbreitung neuer Antriebstechnologien ist unter Experten umstritten. So schätzt VW, einer der grössten Autohersteller weltweit, dass in 10 Jahren rund ein Drittel der produzierten Neuwagen vollständig elektrisch fahren. Auch würden in den nächsten 5 bis 10 Jah-
ren neue Anbieter wie Google oder Uber mit neuen Mobilitätskonzepten auf den Markt drängen, die nicht fertig produzierte Fahrzeuge verkaufen würden, sondern mobile Dienstleistungen wie zum Beispiel selbstfahrende Taxis, Carsharing oder Mietwagen, die für die Mietdauer vor die Haustüre geliefert werden. Hinsichtlich dem Wachstum der erneuerbaren Energien gehen sowohl BP als auch die IEA von einem starken Wachstum aus: Der Anteil aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse am globalen Energiemix würden von heute 3 % bis 2035 auf rund 9 % wachsen. Auch die Schweiz deckt ihren Energiebedarf zu etwa zwei Dritteln aus fossilen Energieträgern. Allerdings scheint hier der Peak erreicht zu sein: Das Bundesamt für Energie registrierte 2014 den tiefsten Energieverbrauch der letzten 17 Jahre. Der Grund dafür liegt im zunehmend wärmeren Klima – 2014 war das wärmste Jahr seit Messbeginn 1864 – und auch dieser Rekord wurde 2015 bereits wieder übertroffen (Artikel Seite 152). Damit wären wir bei den Massnahmen, den Ausstoss vom Treibhausgas CO2, das durch Verbrennen fossiler Energieträger das Klima aufheizt, zu reduzieren. Als historisch gefeiert wurde das Klimaabkommen vom vergangenen Dezember in Paris, wo sich 195 Staaten auf das bekannte 2Grad-Ziel einigten. Ob 2-Grad reichen, wo und wie verbindlich dieses Fernziel umgesetzt wird, bleibt noch weitgehend unbeantwortet. Die Schweiz will im Rahmen der Energiestrategie 2050 den durchschnittlichen Endenergieverbrauch bis 2035 um 43 % und den Stromverbrauch um 13 % senken (gegenüber dem Basisjahr 2000). Im Zentrum dazu stehen verschiedene Energieeffizienzmassnahmen, von denen wir Ihnen in dieser Extra-Ausgabe viele Lösungen präsentieren und Sie hoffentlich zu einem massvollen Umgang mit Energie inspirieren.
Hansjörg Wigger, Chefredaktor
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2016
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Inhaltsverzeichnis
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Intelligente Gebäude
Intelligent vernetzte und automatisierte Gebäude können effizient betrieben werden. Über Smartphone, Tablets oder iPads hat der Nutzer jederzeit alle erforderlichen Informationen zur Hand und kann komfortabel steuern oder Aktionen auslösen.
138 – 143
BIM – Drei Buchstaben, viele Fragen
Die Schweizer Bauwirtschaft steht unverkennbar am Anfang eines umfassenden Digitalisierungsprozesses. «Building Information Modeling» ist weit mehr als eine objektbasierte dreidimensionale Bauplanung. Zum koordinierten Vorgehen und zur stufenweisen Implementierung werden nun die erforderlichen Normen und Standards geschaffen.
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Inhaltsverzeichnis
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Vernetzung und komfortable Bedienung im Smart Home
10 Smart Home Anbieter diskutieren Vorteile und Hindernisse 15 Netz für das «Internet der Dinge» 20 NEST: Abenteuerspielplatz für die Energiewende 24 Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz lanciert Label 26 Wärmepumpenprogramm der IEA: Netto-Nullenergie im Feldtest 32 Multi Energy Grid: Thermische Vernetzung in Arealen
15, 44, 60
Internet der Dinge
Das Internet der Dinge verbindet längst Millionen von Dingen und Geräten miteinander sowie auch mit Menschen. Laut internationalen Studien werden es weltweit bald schon Milliarden sein. Das Low Power Network (LPN) von Swisscom ist für die vom Strom- oder Datennetz unabhängige Übermittlung geringster Datenmengen konzipiert.
48 Intelligente Technik verhindert Einbrüche
Gebäudetechnik 64 Umfrage in der HLK-Branche: Wie wird die Zukunft? 70 Energiesparen im Haushalt 74 Agrarflächen für Nahrung und Strom 78 PV to Heat: Sonnenstrom verheizen 82 Erneuerbares Gas für die Wärmeversorgung 108 Gesundes Raumklima aus der «Wolke» 120 Wärmebildkameras: Ist das Ende der Fahnenstange erreicht? 132 Sanitärtechnik: Vom einfachen Becken zum Whirlpool
Building Information Modeling (BIM) 138 BIM – Drei Buchstaben und viele Fragen 142 SIA-Fachtagung: Mit BIM arbeiten lernen
Hintergrund 148 BP Energy Outlook 2035: Ein Blick zurück und nach vorne 152 Energieverbrauch in der Schweiz 153 Energieforschungskonferenz: Von der Invention zu Innovation 157 Daniele Ganser: «Wir müssen die fossilen Energieträger verlassen» 161 Mit erneuerbarem Diesel in das postfossile Zeitalter
Aus- und Weiterbildung
20 – 23
Abenteuerspielplatz für die Energiewende
Das Gebäudelabor NEST gilt als Leuchtturmprojekt des Bundes im Rahmen der Energiestrategie 2050. Hier testet die Forschungsanstalt Empa neue Baumaterialien und Innovationen für die Gebäudetechnik und fördert damit eine schnellere Einführung in die Märkte.
165 Das ABZ der Stromwelt 166 22 Aufgaben zum Thema Gebäudeautomation 168 Studiengänge im Bereich Energie und Gebäudetechnik 174 Stellenanzeigen 176 Impressum, Anzeigenverzeichnis
Titelbild: Suurstoffi, Rotkreuz Das Areal «Suurstoffi» in Rotkreuz (ZG) ist eine zukunftsweisende Überbauung für verschiedene Nutzungen: Wohnen, Schule, Gewerbe und Dienstleistung. (Bild: Zug Estates)
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Vernetzung und komfortable Bedienung treiben intelligentes Wohnen voran
Auf was um Himmels Willen wartet denn die Branche? Ab wann ist eigentlich ein Smart Home ein Smart Home? Eine Frage, die immer wieder gestellt wird aber kaum abschliessend beantwortet werden kann. Zum einen ändert sich die Technik rasant und zum anderen sind die Bedürfnisse der Bewohner enorm unterschiedlich. Ein detaillierter Blick auf die aktuelle Situation lohnt sich auf jeden Fall, zumindest jetzt wo der Markt zu boomen beginnt wie noch nie.
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as Smart Home scheint der Trendsetter schlechthin zu sein. Alle möglichen Medien berichten umfassend und stellen das Thema immer wieder in den Mittelpunkt. Dennoch gibt es immer wieder Bauherren, die ihr Haus planen und noch nie davon gehört haben oder sich bestenfalls fragen, was denn Smart Home eigentlich genau ist und welchen Nutzen es ihnen bringt. Das Smart Home hat irgendetwas nicht Greifbares an sich. Zudem hat es leider nach wie vor für viele noch den Touch von etwas Futuristischem. Ein Smart Home ist per Definition (welche ich hier jetzt einfach mal so aufstelle) eigentlich einfach eine Wohnung oder ein Haus, welches mit aktuellen am Markt verfügbaren elektrischen bzw. elektronischen Technologien ausgerüstet und vernetzt ist. Dadurch bietet es dem Nutzer mehr Komfort, Sicherheit und Energieeffizienz als ein Haus mit einer bisherigen, konventionellen und nicht vernetzten Technologie. Mehr ist es nicht! Systeme die solche Anforderungen erfüllen gibt es mittlerweile unzählige, weltweit gar wie Sand am Meer. Der zentrale Punkt in der Praxis ist, dass die nahezu uneingeschränkten Möglichkeiten dieser Systeme
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auf die effektiven Bedürfnisse der Nutzer abgestimmt werden müssen. Der Mensch und seine Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt, und das war auch im ersten berühmten Smart Home vor über 16 Jahren so der Fall. Sie erinnern sich?
«Die Vernetzung von Dingen über das Internet wird vieles im Umfeld des Smart Home fundamental verändern.»
Das Smart Home ist keine Zukunftsvision Der eine oder andere erinnert sich sicher noch an das erste von den Medien gefeierte Smart Home in der Schweiz, dem «Futurelife» der Familie Steiner in Hünenberg. Wie lange ist das schon her? Seit November 2000 wohnt die Familie Steiner dort. Mittlerweile nicht mehr im Rahmen eines Forschungsprojekts, welches damals weltweit auf allen möglichen TV-Stationen präsentiert wurde, sondern heute einfach nur als Bewohner. Derzeit wird die Technik im Futurelife auf den neuesten Stand gebracht, denn im Bereich Smart Home hat sich in diesen 15 Jahren einiges getan. Smart Homes fand man bis anhin hauptsächlich im höheren Preissegment. Nun steht die Entwicklung des Smart Home vor seiner nächsten Evolutionsstufe, dem Eintritt in den Massenmarkt. Ein klares Indiz dafür ist auch die Studie «Smart Home 2030» des Gottlieb Duttweiler Instituts aus dem Jahre 2015, welche zu dem Schluss kommt, dass sich die intelligente Vernetzung im Gebäudebereich so oder so durchsetzen wird. Etwa die Hälfte aller Befragten dieser Studie schätzt das Szenario als ziemlich oder sehr wahrscheinlich ein, dass in zehn Jahren alle Neubauten, ob Mietwohnung oder Eigenheim, über eine vollautomatische Infrastruktur verfügen werden. Demgegenüber halten etwa 70% der Elekt-
«Die Smart Home-Technologie muss benutzerfreundlich gestaltet werden.» 6
roplaner und Gebäudetechniker sowie 60% der befragten Immobilienhändler dieses Szenario für wünschenswert. Nur 54% der Unternehmen halten sich selbst für kompetent im Bereich des intelligenten Wohnens, was demzufolge einen enormen Nachholbedarf innerhalb der Branche bedeutet. Diesem kann mit einer entsprechenden Anpassung in der Grund- und Weiterbildung Rechnung getragen werden.
Und wieder steht der Mensch im Zentrum Für einmal steht aber nicht der Mensch im Zentrum der Technik, sondern die Person, die die Technik beherrscht und diese dem Endkunden in der entsprechenden Qualität, Quantität und für einen adäquaten Preis zur Verfügung stellt. Warum bildet sich die Branche derzeit nicht wie nötig weiter? Zu diesem Schluss kommen auch die Experten anlässlich der kürzlichen Diskussionsrunde (siehe Artikel «Alles im Griff mit Smart Home» auf Seite 10). Fehlt der Branche aufgrund der aktuellen Auftragslage die Zeit sich entsprechend weiter zu entwickeln? Dazu passt die alte Geschichte vom Bauern im Wald, der mit einer stumpfen Säge Brennholz für den nahenden Winter sägt. Er hat es extrem schwer, schwitzt und kommt nicht voran. Da kommt ein Wanderer des Weges und meint: «Wie wäre es, Bauer, wenn du die Säge schärfen würdest?» Der Bauer antwortet: «Ich habe keine Zeit sie zu schärfen. Ich muss weitersägen, es wird bald dunkel.» Im übertragenen Sinne auf unsere Branche sagt der Kunde zum Elektroinstallateur: «Wie wäre es mit einem vernetzten Haus für mich?» Was ist die Antwort des Installateurs?
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Die Investition in die Weiterbildung lohnt sich
Was bedeutet mangelnde Kompetenz für Firmen, ihre Kunden, den Markt, für Firmen als Arbeitgeber, für einen Arbeitnehmer? Sich der aktuellen Entwicklung zu entziehen, sein Fachwissen auf dem Status Quo zu belassen, das sollte es eigentlich nicht mehr geben. Denn eines ist klar: Die sich rasch entwickelnden Technologien im Bereich Elektro-, Gebäude- und Multimedia-Technik werden unsere Branche so stark fordern wie noch nie. Vernetzung, Bussysteme, Multimediaanwendungen und nicht zuletzt das Internet of Things (IoT), die Vernetzung von Dingen über das Internet, wird vieles im Umfeld des Smart Homes fundamental verändern. Wer sich hier nicht kontinuierlich weiterbildet, bleibt auf der Strecke. Da passt doch gleich eine weitere Anekdote dazu, die uns ebenfalls zum Nachdenken anregt. Meint der Chef zu seinem Kollegen: «Ich investiere doch nicht in die Ausbildung meiner Mitarbeiter, sonst werden die immer besser und verlassen mich.» Darauf der Kollege: «Was machst Du, wenn sie sich nicht weiterbilden und bleiben?»
Die Technik ist da, bringen wir sie zum Kunden Wer die Light + Building in Frankfurt besucht hat, die grösste Messe in Europa zum Thema Gebäudetechnik, wird festgestellt haben, dass die Elektroinstallation zunehmend Teil des Netzwerks wird. Erste Ansätze von IoT (Internet of Things) sind auszumachen. Nicht weiterbilden geht nicht, geht gar nicht. Viele Hersteller setzen bereits heute auf die drahtlose Vernetzung der Elektroinstallation. Dies setzt ein sehr stabiles oft funkbasierendes Heim-
Die mobile Steuerung über Tablet, Smartphone und Uhr entpuppt sich zunehmend als der Smart Home Treiber schlechthin. (Bild: René Senn)
Netzwerk voraus. Busch Jaeger, einer der grössten Schalter- und Steckdosenhersteller Deutschlands schreibt es auf seiner Webseite treffend: «Vernetzung ist die Basis für das Smart Home.» Damit meint das Unternehmen sicher auch sein neues Produkt «free@Home» (in der Schweiz durch ABB vertrieben), bei welchem die Elektroinstallation per App, Sprache und mit der SmartWatch bedient werden kann. Ähnliche Lösungen bietet auch Feller mit seinem bewährten System «Zeptrion», das in der aktuellen Version ans Netzwerk angebunden oder darin eingebunden ist. Ein weiteres System, welches genau an diesem einfachen Ansatz anknüpft ist das System «KNX easy» von Hager. Es macht den Einstieg für jeden Installateur in die KNX-Welt so einfach wie nie zuvor. Die Konfiguration erfolgt per Tablet, per Drag & DropProgrammierung nur mit dem Finger. Angesichts dieser Vielfalt stellt sich wirklich die Frage: «Auf was um Himmels Willen wartet denn die Branche!» Das ist Elektroinstallation nach Stand der Technik. Zudem stossen Systeme von Anbietern auf den Markt, welche bis an-
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hin noch nichts mit Gebäudeautomation bzw. dem Smart Home am Hut hatten. Auch Google Nest, Smappee, Philips Hue oder Netatmo sind weitere wichtige Marktteilnehmer, die den Markt des Smart Homes erkannt haben und schon heute tolle Lösungen für Smart Home-Fans bieten. Auch für kleine Budgets.
Vernetzung, bei welcher zunehmend kleinere unabhängige Systeme dank Netzwerkanbindung miteinander verbunden werden. Anstatt Hardware bestimmt die Software. Die Smart Home-Technologie muss benutzerfreundlicher gestaltet werden. Plug-and-play heisst das Zauberwort. Denn nur was einfach an bestehende Systeme wie
«Die Elektroinstallation wird zunehmend zu einem wichtigen Teil des Netzwerks.» Die Zukunft gehört der Vernetzung Die Vernetzung der Dinge über das Internet of Things, wird dem Smart Home-Markt also nochmals zusätzlichen Antrieb verleihen. Etablieren werden sich zwei unterschiedliche Ansätze. Es ist dies die professionelle Installation mit einer umfassenden Vernetzung unter dem Aspekt der langfristigen Strategie. Ausserdem die Adhoc-
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das Smartphone anzukoppeln, zu installieren und damit zu steuern ist, wird von den Endnutzern schlussendlich auch akzeptiert.
Sicherheit der eigenen Daten Es gilt dabei aber auch den vor allem von Skeptikern vorgebrachten Einwand im Auge zu behalten: «Mehr Transparenz geht auf Kosten der Sicherheit – und schafft neue Abhängigkeiten». Der Branche ist
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klar, dass die Systeme sicher sein müssen und der Nutzer nicht davon abhängig sein darf, ob ein zentraler Server gerade funktioniert oder nicht. Zudem ist es nicht unwesentlich, wem wir unsere doch zum Teil sehr vertraulichen Daten, welches unser Smart Home generiert, anvertrauen. Lokale Systeme sind hier gegenüber cloudbasierten Systemen deutlich im Vorteil. Interessanterweise macht sich bei einem smarten Auto, welches sehr oft mit dem Smart Home verglichen wird, kaum jemand diese Gedanken. Ein smartes Auto ist einfach hip, ein Must-have, ein Statussymbol. Dass es Daten sammelt und diese vom Hersteller ausgewertet werden, ist den Nutzern scheinbar schlicht und einfach egal. Da wird hinter den Datenschutzbestimmungen einfach ein Haken gesetzt, ohne gross darüber nachzudenken für was unsere Daten verwendet werden.
Dem Smart Home gehört die Zukunft Fassen wir nochmals kurz zusammen. Das Smart Home beinhaltet ein Netzwerk der Systeme, welches das Wohnen in den eigenen vier Wänden komfortabler, sicherer und energieeffizienter macht. Smart Home sind Stand der Technik, sind Teil des digitalen Wandels dem sich kaum jemand entziehen kann. Es gibt die Möglichkeit einer professionellen Installation mit einer umfassenden Vernetzung unter dem Aspekt der langfristigen Strategie. Oder für einen kleineren Bedarf die Adhoc-Vernetzung. Die Bedürfnisse der Nutzer stehen immer im Zentrum, die Technik hat sich diesen unterzuordnen. Das Smart Home muss sicher sein, und wir als Bewohner bestimmen wer was mit unseren Daten tun kann. Eventuell wird schon in 10 Jahren ein Smart Home etwas ganz Selbstverständliches sein. Ein Zurück zur alten Technik, wie wir sie in den letzten 100 Jahren kannten, wird es definitiv nicht geben. Und, Weiterbildung heisst das Gebot der Stunde. Deshalb ein Appell an die Branche, erkennt die Zeichen der Zeit. ■
Infos Autor: René Senn, Fachgruppe «Intelligentes Wohnen» der Gebäude Netzwerk Initiative, www.g-n-i.ch, r.senn@raumconsulting.ch. Die Fachgruppe fördert zusammen mit Branchenverbänden wie dem VSEI und VSRT Information und Ausbildung.
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Smart Home Anbieter diskutieren Vorteile und Hürden der Gebäudeautomation
Alles im Griff mit Smart Home? Die ET hat die Schweizer Anbieter von Smart Home Lösungen zu Tisch gebeten und sie mit den Herausforderungen des Marktes konfrontiert. Lesen Sie in dieser Zusammenfassung, wo das Potenzial und die Knackpunkte der heutigen Technik liegen. Es zeigt sich, dass nicht nur die «Grossen» gute Lösungen bieten können, sondern auch Mittelständler clevere Produkte für ihre Nische in der Schweiz herstellen. René Senn von Raum Consulting in Winterthur, seines Zeichens stellvertretender Geschäftsführer der Gebäude Netzwerk Initiative, führte durch die Themen und hakte bei Unklarheiten nach.
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in zentraler Punkt ist für alle Teilnehmer die Ausbildung: Hier ortet die Runde grossen Bedarf in den Berufsschulen, die wegen des starren Lehrplans nur langsam die neuen Technologien für Smart Home in den Schulstoff aufnehmen können. Einerseits springen hier Fortbildungsanbieter oder der Branchenverband gni in die Bresche, andererseits versuchen die Lehrbetriebe mit «Learning on the job» dieses Manko zu kompensieren. Bernhard Caviezel von ABB Schweiz berichtet, dass in den um-
René Senn von Raum Consulting leitete die Diskussion. 10
liegenden Ländern, allen voran Deutschland und Österreich, das Thema Smart Home bereits im Massenmarkt angekommen ist und bei Neubauten häufig umgesetzt wird. Da haben wir in der Schweiz noch einiges an Nachholbedarf.
Gewerksübergreifend Eine weitere grosse Herausforderung ist der Anspruch, dass der Elektroplaner und -installateur sich wie selbstverständlich auch in anderen Disziplinen wie Sanitär, Heizung oder Lüftung auskennen sollte, damit er die Programmierung der Steuerung übernehmen kann. Hier ist zwar mit der neuen Ausbildung zum Gebäudeautomatiker HF etwas Entspannung in Sicht, trotzdem bleibt es eine hohe Kunst, gewerksübergreifend zu denken, planen und umzusetzen. Neben Kenntnissen der Elektrotechnik und Programmierung ist neu auch vertieftes Wissen im Bereich Hydraulik für die Sanitär- und Heizungsinstallationen, Thermodynamik für die Kühlanlagen sowie Pneumatik für Lüftungen gefragt. Fritz Liechti von Flextron versteht aber auch die Elektroinstallateure, die erst mal abwarten, weil sie bereits einige Systeme haben kommen und wieder gehen sehen. Wer sich die Finger schon mal verbrannt hat, wird vorsichtiger, bei der Empfehlung für Smart Home Lösungen. Ärgerlich kann es auch
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«Installateure müssen
mutiger sein und den Kunden überzeugen. Im restlichen Europa sind sie bezüglich Smart Home schon viel weiter.
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Bernhard Caviezel werden, wenn die Updates ähnlich oft einzuspielen sind, wie auf einem Windows-PC; das schreckt ab.
Mehrwert Vielfältig sind die Vorschläge, wie der Mehrwert von Smart Home Technik kommuniziert werden kann. ET hat schon in der Januarausgabe dieses Jahres unter dem
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Titel «Zusatzverkäufe dank Raumautomation» Strategien zum Verkauf präsentiert. Aus der Runde kamen praxisorientierte Vorschläge, wie das Sparen von Energie, höherer Komfort, mehr Sicherheit und Wohnen im Alter. Alle Anbieter stellen den Installateuren und Planern auch Showrooms zur Verfügung, in denen potenzieller Kundschaft die Vorteile von Smart Home praxisnah vorgeführt werden können. Gerade Letzteres dürfte für die Generation, die noch nicht mit dem Smartphone in der Hand aufgewachsen ist, ein überzeugendes Argument sein. Wenn es dank der Automation im Gebäude möglich ist, länger in den eigenen vier Wänden bleiben zu können, statt ins Pflegeheim ziehen zu müssen, könnte sich der eine oder andere wohl schon heute für Smart Home Technik entscheiden.
Lösung auch für den Investor in Mietwohnungen interessant ist. Die Prognosen zeigen klar in Richtung Entspannung des Wohnungsmarktes, was bedeutet, dass Wohnungen stärker dem Wettbewerb ausgesetzt sein werden. Wer bereits über smarte Technik verfügt, die dem interessierten Mieter Einsparungen bei den Nebenkosten und besseren Komfort bietet, ist im Vorteil.
Einfach kompliziert
«Ein System muss
einfach funktionieren, auch ohne dass der Kunde ständig Updates einspielt.
Auf der einen Seite haben wir die Herausforderung, dass die Smarthome-Steuerung alles im Griff haben, gleichzeitig aber so simpel zu bedienen sein soll, dass auch der dreijährige Sohn das Licht einschalten oder den Rollladen bedie-
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Fritz Liechti
Massenmarkt vs. Villenkunden Zurzeit investieren vor allem angehende Häuschenbesitzer in Smart Home-Technologie. Je nach finanziellem Polster sind das einfache Steuerungen für die Markisen und die Heizung oder dann eine kom-
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Der Lichtschalter wird nicht so schnell verschwinden, das Leben soll einfacher und schöner werden. Cello Duff
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plette Automation für alle Gewerke. Das Ziel muss aber sein, auch den Massenmarkt der Miet- und Eigentumswohnungen erschliessen zu können. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht den Anschluss verlieren. Die Telekombranche stützte sich auch auf ihre rund 100-jährige Technik ab und lächelte über die Informatik-Freaks, welche die Telefonie über das Internet revolutionieren wollten. Die Swisscom kündigte neulich an, in wenigen Jahren keine analogen Telefonanschlüsse mehr anzubieten und nur noch VoIP-Anschlüsse zu unterstützen. Als weiterer Vergleich wird auch der Glaskeramikherd angeführt: Noch vor 15 Jahren als hippes Küchengerät für Vermögende angeboten, wird diese praktische Kochstelle auch im Genossenschaftsneubau installiert – selbst Induktionskochfelder werden immer selbstverständlicher. Wie im Artikel «Energiesparen im Haushalt» an anderer Stelle in diesem Heft aufgezeigt, ist auch da einiges Potenzial vorhanden. Es ist durchaus einleuchtend, dass eine einfach zu bedienende und kostengünstige Smart Home
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Was machen Sie, wenn die Grosseltern vorbeikommen? Die brauchen einfach noch den Lichtschalter! Stefan Wild
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nen können sollte. Das ist schon auf der Seite der Benutzer eine schwierige Aufgabe. Zur Herkulesaufgabe wird es, wenn es auch noch für den Elektriker einfach zu installieren und programmieren sein muss, und der Planer die Komponenten geschickt in der übrigen Installation abbilden kann. Ô
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Einbindung aller Haushaltgeräte wird als grosse Herausforderung eingeschätzt. Eine gute Ausbildung ist auch hier das Gebot der Stunde. Das Wohnen wird generell komfortabler werden und dank der Raumautomation werden die Menschen länger selbstständig in den eigenen vier Wänden leben können. Wichtig ist und bleibt auch der Gewinn beim Energieverbrauch; dank cleverer Elektronik sinkt der Strombedarf für Heizung, Kühlung und Beleuchtung.
«Schon mein dreijähri-
«
Wir verkaufen Funktionen, keine Produkte.
ger Sohn findet schnell heraus, wie er etwas per App steuern kann. Markus Imgrüt
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Geschlossene Systeme aus einer Hand haben hier einen grossen Vorteil: Ihre Komponenten sind optimal auf einander abgestimmt, es gibt keine Schnittstellenprobleme und die Konfiguration ist durchgängig und meist einfach für alle Gewerke vorzunehmen. Dass eines Tages in nicht allzu ferner Zukunft der Lichtschalter ganz verschwinden wird, glaubt keiner in der Runde. Zu einfach und zuverlässig ist dieses Element im Alltag des Haushalts und Büros. Dass der Lichtschalter aber «intelligenter» werden wird, davon sind alle überzeugt. Die Bedienung der Haushaltgeräte mittels Smartphone ist zwar heute bereits bei praktisch allen Smart Home Anbietern eine Selbstverständlichkeit. Um auf der Toilette das Licht anzuknipsen, wäre das Hervorholen des Handys aber doch eher bemühend – ein Präsenzmelder tut hier bessere Dienste.
Jörg Gubler
Fazit
«Der Lichtschalter sollte nicht aufgegeben, sondern modernisiert und als Schnittstelle zwischen Internet und Hausinstallation in den Mittelpunkt gerückt werden.
Die Anbieter von Smart Home Produkten sind sich auf weiter Strecke einig. Ein immer wieder auftauchender Punkt ist die Ausbildung, bei der noch viel Entwicklungspotenzial verortet wird. Trotz allen visionären Ideen und Konzepten wird der einfache Lichtschalter wohl nicht verschwinden – zu einfach und intuitiv ist seine Bedienung. ■ Diskussionsleitung: René Senn Text und Bilder: Jürg Altwegg
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Daniel Portner
Zukunftsvisionen Was die Zukunft anbelangt haben auch alle Diskussionsteilnehmer ähnliche Vorstellungen: Das Internet of Things (IoT) wird sich in nächster Zeit etablieren. Die sichere
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Die Diskussionsteilnehmer Bernhard Caviezel Cello Duff Jörg Gubler Markus Imgrüt Fritz Liechti Daniel Portner Stefan Wild
ABB Schweiz AG, Product Marketing Director Feller AG, Leiter Marketing W. Wahli AG Siemens Schweiz AG, Produktmanagement Flextron AG, Geschäftsleitung iBricks Solutions AG, Geschäftsleitung Innoxel System AG, Geschäftsleitung
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Unkomplizierte und energieeffiziente Vernetzung für M2M
Netz für das «Internet der Dinge» Das Internet der Dinge verbindet längst Millionen von Dingen und Geräten miteinander sowie auch mit Menschen. Laut internationalen Studien werden es weltweit bald schon Milliarden sein. Swisscom baut für das Internet der Dinge als erste Anbieterin schweizweit ein Low Power Network (LPN). Es ist für die vom Strom- oder Datennetz autonome Übermittlung geringster Datenmengen konzipiert.
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ie Kommunikation zwischen Geräten und Maschinen, genannt Machine-to-Machine (M2M) Communication, besteht bereits seit vielen Jahren. Beispielsweise sind praktisch alle Selecta-Automaten über bestehende Mobilfunknetze mit der Zentrale verbunden. Geht ein Artikel aus oder bestehen technische Probleme, so melden dies die Automaten autonom. Deren Wartung und die Warenbewirtschaftung erleichtern sich somit signifikant. Die M2M-Kommunikation boomt auch in anderen Bereichen. Wegen der bereits vorhandenen Verkehrslast auf den bestehenden Mobilfunknetzen mit einer jährlichen Verdopplung des Verkehrs bietet sich somit ein eigenes, strahlungsarmes und energieeffizientes Netz an, bevor die Schweizer Mobilfunknetze an ihre Grenzen stossen.
LPN zur M2M-Kommunikation Denn auch die M2M-Kommunikation für das Internet der Dinge (Internet of Things, kurz IoT, Bild 1) zeigt eine markante Verkehrszunahme, wie diverse Studien bestätigen. Swisscom baut darum im Grundausbau ein schweizweites LPN als wichtige Ergänzung zu den bestehenden Mobilfunknetzen, teilweise über die bestehenden Sendestandorte von Swisscom Broadcast. Ende 2016 werden mehr als 280 Standorte und rund 80% der Schweizer Bevölkerung im Freien versorgt sein. In zehn Städten ist zudem eine
1) Das Internet der Dinge verbindet verschiedene Objekte mit Internet-Diensten. (Bild: istock) leichte Innenraumversorgung vorgesehen. Das LPN funktioniert im konzessionsfreien SRD-Band. Die Sendeleistung der Sensoren beträgt max. 0,025 Watt, bei den Empfangsstationen sind es max. 0,5 Watt. Die Immissionen des Netzes sind äusserst gering und liegen weit unter den gesetzlich zulässigen Grenzwerten. Die Abkürzung SRD steht für «Short Range Devices», früher auch «Low Power Devices» (LPD) genannt. Dahinter stehen Funkanwendungen mit kurzer Reichweite zur Sprach- oder Datenübertragung. Das SRD-Band reicht von 863 bis 870 MHz, das europaweit exklu-
siv für Funkkommunikation mit geringer Leistung reserviert worden ist. Über das LPN kommunizieren Dinge und Geräte einfach und kosteneffizient miteinander. Auf diese Art und Weise wird der Status eines Gegenstandes erfassbar wie beispielsweise hell oder dunkel, warm oder kalt, in Bewegung oder stehend. Hier lassen sich auch Datenlogger einbinden (siehe ET 01/2016 S. 57–60). In Kombination mit der Swisscom Cloud oder eigenen Lösungen können die Benutzer des neuen Netzes neue Geschäftsmodelle und Serviceangebote entwickeln, die auf dem IoT aufbauen. Nach dem Pilottest in Genf und Zü-
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2) Intelligentes Parkhausbewirtschaftungssystem mit LPN-Sensoren. (Bild: Rüdiger Sellin)
rich im Frühjahr 2015 haben über 100 Firmen, Behördenkunden und Hochschulen ihr Interesse angemeldet. In der Zwischenzeit wurden mehr als 15 Ideen konkretisiert, als Prototyp errichtet oder bereits in Betrieb genommen.
Warum ein ergänzendes Netz? In vielen Fällen genügt es, wenn Geräte sporadisch kurze Informationen übermitteln können. Das LPN wird gebaut, um Objekte wie zum Beispiel Wasserhydranten und Postpakete oder sogar Fahrräder und Regenschirme effizient zu vernetzen. Das LPN bietet eine für die Anwen-
dungen ausreichende Bandbreite, übermittelt energiesparend und senkt die Vernetzungskosten. Je nach Anwendung können Datenlogger batteriebetrieben jahrelang unabhängig vom Stromnetz Informationen übermitteln. Für Anwendungen mit hohem Datenbedarf wie Autos, Fernwartung oder EchtzeitKontrollsysteme wird auch künftig das Mobilfunknetz einbezogen. Der Nutzen ergibt sich durch die Kombination der verschiedenen Netze mit ihren jeweiligen Eigenschaften. Das LPN bildet u. a. die Basis für intelligente Städte, energieeffiziente Gebäude, M2M-Vernetzungen und
neue digitale Anwendungen. In wenigen Jahren werden weltweit Milliarden von Geräten untereinander kommunizieren. Dazu einige Beispiele: • LPN-Sensoren melden die Parkplatzbelegung, Luftqualität, Temperatur etc. an das Leitsystem; dieses steuert die Belüftung, Beleuchtung, Anzeigetafeln etc. (Bild 2) • Städte optimieren Sammelrouten nach dem Füllstand von Recyclingcontainern und reduzieren so Kosten und CO2-Emissionen • Der Briefkasten sendet eine Nachricht, sobald ein Paket angekommen ist • Heizungszähler senden den aktuellen Bezug des Mieters direkt an den Immobilienbewirtschafter zur exakten Abrechnung • Maschinen und Geräte melden sich anbahnende Ausfälle frühzeitig • Sensoren im Acker übermitteln die aktuelle Bodenbeschaffenheit und helfen den Bauern, eine gute Ernte zu erzielen. • Sensoren im Weinbau informieren über den Zustand der Reben und deren Reifegrad und helfen, die Reben zum optimalen Zeitpunkt zu ernten. Die Einbindung von Sensoren oder Kleincomputern in Innenräumen
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über das LPN ist etwas aufwändiger. Neben der minimalen Innenraumversorgung in zehn Städten durch Swisscom soll die Indoor-Versorgung im Wesentlichen über zusätzliche kundenspezifische Indoor-Empfangsstationen erreicht werden. Das LPN wird wegen der tiefen Sendeleistung nur wenig Energie verbrauchen. Die gebotene Bandbreite ist mit 300 Bit/s bis 5,5 Kbit/s zwar sehr gering und entspricht Bandbreiten, mit denen man in den Urzeiten des Internets via Akustikkoppler und den ersten Modems auf analogen Leitungen «surfte». Aber selbst diese kleine Bandbreite genügt für die meisten IoT-Anwendungen vollständig.
LPN-Standard LoRaWAN Das LPN der Swisscom basiert auf dem offenen LoRaWAN-Industriestandard (Long Range Wide Area Network). Er wird von der non-profit Organisation LoRa Alliance spezifiziert (siehe Infos1), der seit Anfang 2015 auch die Swisscom angehört. Bei LoRaWAN handelt es sich um ein Low-Power-Wireless-Netzwerkprotokoll, das für die sichere bidirektionale Kommunikation IoT entwickelt wurde. Die LoRaWAN-Netzarchitektur ist sternförmig ausgebildet. Endgeräte kommunizieren mit Gateways, welche die Datenpakete an einen Netzwerkserver senden. Dieser verfügt
über Schnittstellen, über die IoTPlattformen und -Applikationen angebunden werden. LoRaWAN nutzt die Frequenzbereiche um 868 MHz (Europa) und 915 MHz in den (USA). Vorteile der Technik sind vergleichsweise hohe Reichweiten und ein niedriger Energieverbrauch, der sich insbesondere für batteriebetriebene Endgeräte eignet. Er beträgt rund 10 mA im Betrieb und 100 nA im Ruhemodus, was je nach Anwendungsfall eine Batterielebensdauer von zwei bis 15 Jahren erlaubt. Die Reichweiten erstrecken sich von 3 km (Stadtgebiet) über 6 km (Vororte) bis zu 13 km (ländliche Gebiete). Ein weiterer grosser Vorteil ist die Durchdringung von Gebäuden, da zu einem gewissen Grad auch
unterirdische Räumlichkeiten versorgt werden können. Die Kommunikation zwischen den Endgeräten und den Gateways erfolgt auf verschiedenen Frequenzkanälen mit unterschiedlichen Datenraten. Um eine hohe Effizienz bei Datentransfer und Energieverbrauch zu erreichen, nutzt LoRaWAN eine Frequenzspreizung. Dadurch können Interferenzen weitestgehend vermieden werden. Die Datenübertragungsraten zu den Endgeräten passt der Netzwerkserver der jeweiligen Situation im Funkfeld via ADR an (Adaptive Data Rate).
Schweizer LPN Das LPN von Swisscom ist das erste seiner Art in der Schweiz. Ziel ist ei-
Konkrete Anwendungen für LPN Swissprime Technologies entwickelt eine innovative elektronische Schliessplattform. Sie soll nach der Fertigstellung in attraktiven Anwendungen wie Tür-, Möbel- und Briefkastenschlössern erfolgen. Das Produkt «My Lock» setzt auf einem LPN auf und ist eine intelligente Schliesslösung für zahllose Anwendungen. Sie ermöglicht den Nutzern, die Befugnis für die «Lock Keys» mit ihren Smartphones aus der Ferne zu erteilen. Das Schloss geht über das Smartphone online und ist damit in der Lage, der Cloud-Applikation alle Informationen über ihre Schliessaktivitäten zu übermitteln. Die meisten Funktionen der Schliesslösung beruhen auf der Leistungsfähigkeit der Smartphones, was zu niedrigeren Produktkosten führt. Zudem wird die Kommunikation mit dem Schloss mittels moderner drahtloser Technologien hergestellt, etwa via Near Field Communication (NFC), das heute in vielen Smartphones integriert ist. Die Lösung wird durch ein Niedrigenergie-Weitverkehrsnetzwerk erweitert (Low Power Wide Area Network, LPWAN). Damit werden alle Vorgänge vom Schloss zur Cloud und deren Nutzern oder für den Fernzugriff (etwa zur Öffnung/Verriegelung des Schlosses) übermittelt. Der erste Prototyp von Swissprime Technologies nutzt die LoRa-Technologie und die LPN-Infrastruktur von Swisscom. Weitere Infos unter www.swissprime.tech.
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3) Weltweiter Anstieg der Geräte beim Internet of Things; für Europa wird eine Vervierfachung zwischen 2015 und 2021 prognostiziert. (Quelle: Ericsson Mobility Report)
ne Basisversorgung im Aussenbereich, mehrheitlich über bestehende Höhenstandorte von Swisscom Broadcast. Eine Verdichtung in zehn Schweizer Städten (Zürich, Genf, Bern, Basel, Winterthur, St. Gallen, Lausanne, Neuchâtel, Lugano, Luzern) erfolgt bis Ende 2016 über lokal passende und verfügbare Standorte. Eine Versorgung innerhalb von Gebäuden soll im Wesentlichen über kundenspezifische Indoor-Empfangsstationen erreicht werden. Interessierte Anwender können sich an einen M2M-Vertreter bei Swisscom wenden und im Online-Store (siehe Infos2) ein Entwicklerpaket erwerben3. Das LPN-Netz unterstützt uniund bidirektionale Kommunikation mit einer dynamischen Anpassung der Bitrate von 300 Bit/s bis 5,5
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Kbit/s. Auf diese Weise werden der Energieverbrauch und die Airtime möglichst tief gehalten. Die Sensorinformationen werden mit AES-128 verschlüsselt, womit das Betreibernetzwerk als undurchlässige Transportschicht zwischen dem Smart Sensor und einem Anwendungsserver dient. Zudem werden separate Integritäts- und Verschlüsselungsgeheimnisse eingesetzt. Dies gewährleistet, dass jedes Gerät über einen eindeutigen Schlüssel mit dem Netzwerk verbunden ist. Eine Schweizer Studie zu LPN-Anwendungen in der Bau- und Bauausrüstungsindustrie findet sich unter www.cgz.ch (siehe Infos 4). Ähnliche Initiativen wie in der Schweiz laufen in Frankreich, in den Niederlanden, in Belgien, in Luxemburg, in den Vereinigten Emiraten,
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Südafrika, USA, Russland, Indien sowie in Südkorea. In den Niederlanden wird der grossflächige Ausbau des Netzes aufgrund der hohen Nachfrage bereits beschleunigt. Das Beratungsunternehmen Machina Research schätzt, dass bis ins Jahr 2023 weltweit bereits über 3 Mia. M2M-Verbindungen über LPN aufgebaut werden. Und gemäss dem neusten Ericsson Mobility Report wird das IoT 2018 das Mobiltelefon überholen. Bis Ende 2021 rechnet Ericsson mit weltweit 16 Mia. vernetzter Geräte (bei einem Gesamtbestand von rund 28 Mia. mobiler Geräte, Bild 3). Westeuropa soll beim Anstieg der IoT-Verbindungen eine führende Rolle einnehmen. Die Anzahl der IoT-Geräte soll hier bis zum Jahr 2021 um 400% wachsen. Den wichtigsten Wachstumstreiber stellen regulatorische Anforderungen dar, etwa bei der Einführung intelligenter Stromzähler oder die steigende Nachfrage im Bereich vernetzter Fahrzeuge. Das Potenzial ist also gross und verspricht eine positive Zukunft für LPN. ■
Infos und Kontakte 1
www.lora-alliance.org M2M.SPOC@swisscom.com 3 actility.thingpark.com/swisscom (Online-Store) 4 ww.cgz.ch/files/3314/4241/6070/ gz_studie_iot_v1_2.pdf lpn.swisscom.ch 2
Autor: Rüdiger Sellin
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Blick von Südosten auf das «Nest»: Die auskragenden Betontragflächen sind dazu da, verschiedene Module diverser Forschungspartner aufzunehmen. (Bild: Roman Keller)
Forschungsgebäude NEST auf dem Gelände der Empa mit zwei Modulen am Start
Abenteuerspielplatz für die Energiewende Das Ende Mai eröffnete Experimentalbau NEST gilt als Leuchtturmprojekt des Bundes im Rahmen der Energiestrategie 2050 – eine Art lebendes Gebäudelabor. Hier getätigte Experimente in den Bereichen neue Baumaterialien und Gebäudetechnik sollen Innovationen rasch zum Durchbruch verhelfen.
S
elten weckte ein neues Bauwerk so viel Neugierde wie die Eröffnung des Experimentalgebäudes «Nest» auf dem Gelände der Empa, dem renommierten Materialforschungszentrum der ETH in Dübendorf in der Nähe von Zürich. Aus dem regen Zustrom hoher Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft war zu schliessen, dass hier – ähnlich wie bei der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels – ein Stück Zukunft für die Schweiz eingeläutet wird. Doch was ist bloss dieses «Nest»? Die Abkürzung steht für «Next Evolution in Sustainable Building Technologies». Es ist Wohnhaus, Bürogebäude und Versuchslabor in einem, wo sich nicht
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nur Materialien und Energieströme, sondern auch das Verhalten der Benutzer des Gebäudes trefflich beobachten lässt. Wer darin wohnt, ist gleichzeitig Testperson, wer darin arbeitet, gehört unweigerlich zur Versuchsanlage. Das Gebäude mit den markanten Auskragungen aus Beton hat zwei ausserordentliche Eigenschaften. Erstens wird es nie fertiggestellt, sondern sich ständig wandeln und verändern. Zweitens sind die Einrichtungen für die Experimente quasi zu Gast: Module oder «Units», in denen eine Zeit lang zu Materialien, Energieverbrauch oder Wassernutzung geforscht wird, lassen sich ohne viel Aufwand in die Kernstruktur aus Beton (das sogenannte «Back-
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bone») einfügen und wieder entfernen. (Drei Beispiele sind separat aufgeführt.)
Innovationsbeschleuniger Gründe für das Erstellen eines Experimentalhauses gibt es einige. Peter Richner, als Empa-Vizedirektor federführend bei der Projektplanung, brachte es auf den Punkt: «Die Schweiz ist zwar führend in Erforschung und Entwicklung, der Weg vom Labor bis zum Markt ist aber zu lang.» Denn nach einer Inkubationszeit von zehn und mehr Jahren versanden Innovationen allzu häufig. Die Hoffnung: Dank Nest sollen gute Ideen aus der Bau-, Energie- und Wasserforschung innert sechs Jahren flügge
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und als marktfähige Produkte oder neue Dienstleistungen greifbar werden. Viele Erwartungen an das Forschungsprojekt wurden an der Eröffnungsfeier formuliert. Markus Kägi, Regierungsrat des Kantons Zürich, hofft, dass «mit Nest das von der Politik selbst geschaffene Chaos in der Energiepolitik ein Stück weit überwunden werden könnte.» Für Walter Steinmann, Direktor des Bundesamts für Energie, ist der Experimentalbau ein taugliches Mittel, das Gebäude als aktives Element in einem grösseren Gesamtsystem Energie zu beobachten. Für Ludwig Hasler, Publizist, Philosoph und Physiker, ist das neue Gebäude auch gebauter Ausdruck momentaner Einstellungen, Wissbegier und Mentalität: «Hier sollen risikobereite Wunderfitze am Werk sein, die den Mut haben, sich auch einmal zu verfahren, ohne das grosse Ganze aus den Augen zu verlieren. Entscheidend ist nicht Fachkompetenz alleine, sondern was wir damit anstellen.» Tunnels, Brücken und Maschinen, seien von unserer Vorgängergeneration erbaut und ersonnen worden, um das Leben erträglicher zu machen. «Am Widerstand wächst die Erfindungskraft»; dies gelte auch für die aktuellen Fragen der Energieversorgung. Der eingeladene Bundesrat Johann Schneider-Ammann zeigte sich begeistert vom Projekt. «Nest» sei Synonym für Innovation und für die Standortattraktivität der Schweiz. Er rief die Anwesenden dazu auf, Risiken einzugehen: «Nutzen Sie Ihre Autonomie. In Freiheit entstehen die besten Ideen.»
Energie- und Wasserwirtschaft im vertikalen Quartier Als wichtige Hauptkomponente des stetig wandelbaren Gebäudes nimmt der «Energy-Hub» (eHub) seinen Betrieb auf. Die intelligente Energiezentrale im Untergeschoss des Gebäudes soll das Energiemanagement auf Quartierebene optimieren. Mit Quartier sind allerdings die vertikal angeordneten Nest-Einheiten gemeint, die Energie umwandeln, nutzen, speichern oder abgeben.
Um alle möglichen Betriebsfälle pro Unit durchzuspielen, ist der eHub quasi «überinstalliert». Thermische Wasserspeicher liefern Wärme für niedrigen (zum Kühlen), mittleren (Fussbodenheizung) und hohen Temperaturbedarf (Trinkwarmwasser). Die einzelnen Units in Nest stellen aus energetischer Sicht eigenständige Gebäude dar. Deswegen sind sie auch an verschiedene Strom-, Wärme- und Gasnetze angeschlossen, die Energieflüsse in beiden Richtungen zulassen. «So kann zum Beispiel Wärme aus einer Unit abgeführt werden, in der es gerade zu warm ist und dort zugeführt werden, wo man heizen möchte», erklärte Philipp Heer, der Technikverantwortliche fürs eHub, auf dem Rundgang des Publikums durch die Stationen. Fällt im Sommer mehr Wärme an, als innerhalb des Vertikal-Quartiers benötigt wird, kommen saisonale Speicher ins Spiel. Der eHub verfügt für diesen Fall über einen Energiespeicher und verschiedene Erdsonden. Die so gespeicherte Wärme kann dann im Winter wieder zurück ins Nest geführt werden. Ebenso im Untergeschoss befindet sich das «Water Hub». Hier wird die Mehrfachnutzung von Wasser und die Energie- und Nährstoffgewinnung aus Abwasser untersucht. Aus diesem Grund sind die Toiletten im Nest speziell. Sie enthalten Sensoren, die unterscheiden können, ob Wasser oder Urin in die Schüssel fliesst. Sobald jemand uriniert, öffnet sich eine kleine Leitung, durch die der Urin separat abfliesst. Nach Betätigung der Spülung schliesst sich diese und die Fäkalien werden zusammen mit dem Toilettenpapier in ein zweites Rohr gespült. «Die Separierung des Urins ist Voraussetzung, damit wir wertvolle Nährstoffe, die auch so aus unserem Abwasser entfernt werden müssen, in Zukunft sinnvoller nutzen können», erklärt Kai Udert, Prozessingenieur am Forschungsinstitut Eawag (auf demselben Gelände wie Empa und Nest). In der Startphase werden am «Water Hub» drei Projekte geführt,
Vereinfachtes Schema (Schnittbild) zur Wärmeversorgung aus dem eHub (im UG) und saisonalen Speichern, v. a. Eisspeicher (violett) und vertikale Erdsonden (rot, im Vordergrund). (Schema: Empa / 3D3W)
Der Aufenthaltsraum gehört zum zentralen Kern des Experimentalgebäudes. (Bild: Empa)
Das Gebäude wird feierlich eröffnet: Tove Larssen (Direktionsmitglied Eawag), Lothar Ziörjen (Stadtpräsident Dübendorf), Regierungsrat Markus Kägi ZH, Bundesrat Johann SchneiderAmmann, Gian-Luca Bona (Direktor Empa), Walter Steinmann (Direktor Bundesamt für Energie), Peter Richner (stv. EmpaDirektor), Fabio Gramazio (Nest-Architekt). (Bild: Empa)
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Vision Wood – Faszination Holz Wie eine Schublade schob ein Kran Ende April das Modul namens «Vision Wood» ins Nest-Gebäude hinein. Holz erlebt in den letzten zwei Jahrzehnten in der Schweizer Architektur eine eindrückliche Renaissance. Der Naturstoff ist ästhetisch, verfügt über gute statische Eigenschaften und ist einfach zu bearbeiten. Allerdings ist das Material im Innenbereich von Wohnungen sehr heikel. Es verbleicht, wenn die Sonne draufscheint. Ablagen aus Holz wellen sich bei stehendem Wasser. Stammholz aus Buche wird deshalb grösstenteils nur im Innenbereich, etwa für Möbel, verwendet. Das Ungewöhnliche an der eingebauten Holz-Einheit: Sie ist zum grossen Teil aus verklebtem Buchenbrettsperrholz gefertigt, welches die hohen Festigkeitseigenschaften des Materials nutzt, dieses aber infolge einer speziellen Behandlung vor Feuchtigkeit schützt. Tanja Zimmermann, Leiterin der Abteilung Angewandte Holzforschung, und Ingo Burgert, Professor für Holzbasierte Materialien an der ETH Zürich, haben dem altbewährten Werkstoff zudem neue Funktionen eingehaucht. So sind die Holzoberflächen der Zimmertüren mit eingelagertem Kalk behandelt worden, umso besser dem Feuer zu trotzen. Überdies sollen hölzerne Türfallen die Keime von ungewaschenen Händen abtöten. Sogar für den Sanitärbereich wird das sensible Material erprobt. Dank eines speziellen Oberflächenverfahrens wird es wasserabweisend gemacht. Besucher staunten während des Rundgangs, wie der Waschtisch und Duschwände aus Buchenholz die Wassertropfen abperlen lassen.
Sogar für den Sanitärbereich wird das sensible Material Buchenholz erprobt.
Meet2Create – Arbeits- und Lebensplatz von morgen Ein Viertel der Arbeitnehmer/innen in der Schweiz arbeitet heute schon regelmässig dezentral. Viele legen Home-Office-Tage ein, manche arbeiten an einem andern Unternehmensstandort, bei Kunden oder unterwegs, wie eine Studie «SwissFlexWork» 2014 der Fachhochschule Nordwestschweiz ergab. Eine der Herausforderungen mobil-flexibler Arbeit ist es, für jede Aufgabe eine passende Arbeitsumgebung zu finden. Es braucht ruhige Zeiten, um etwa Berichte und Konzepte zu schreiben oder Präsentationen zusammenzustellen. Hingegen verlangen Ideenfindungsrunden und Besprechungen nach Räumen, die Kreativität und Teamarbeit begünstigen. Die Entwickler des Kompetenzzentrums Typologie & Planung in Architektur der Hochschule Luzern (HSLU) bedienten sich beim Entwurf zu «Meet2Create» biologisch-evolutionärer Theorien. Brainstormings und Austausch gehören beispielsweise zur «Variation», Präsentation und Diskussion ereignen sich in der «Selektion»; Einzelarbeit zählt zur «Stabilisation». Den biologischen Mechanismen wurden drei Arbeitszonen zugeordnet. Die Forscher wollen erfahren, wie Arbeits- und Lebensräume von den Bewohnern zweckspezifisch umgestaltet und genutzt werden. Gebäudetechnisch interessant ist der «In-Out»-Raum: Weder Heizung, Lüftung noch Kühlsysteme sind eingebaut. Allein die Raumstruktur, die Fassadenkonstruktion, ein Latentwärmespeicher und Materialien (z. B. Holz) sowie Pflanzen regulieren das Raumklima.
Eine Forschungsfrage im «Meet2Create»: Wie lässt sich das Raumklima mit minimalstem Einsatz von Gebäudetechnik regulieren?
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Solare Fitness – ökologische Wellness Fitness und Wellness sind Bedürfnisse einer modernen und körperbewussten Gesellschaft. Wellnessoasen sind aber öfters gewaltige «Energiefresser», die in einem Widerspruch zum Gebot der Nachhaltigkeit stehen. Eine Indoor-Fitnessanlage mit zwei Saunas und einem Dampfbad verbraucht im Jahr etwa 120 000 kWh elektrischen Strom. Mark Zimmermann, Innovationsmanager der geplanten solaren Fitness- und Wellness-Unit im Nest, will das ändern. Für die Belegschaft der Empa und der Eawag (auf demselben Gelände) entsteht ein Fitness- und Wellnesscenter, das mithilfe von suissetec gebaut wird. Die energieoptimierte Einheit soll gerade noch einen Fünftel herkömmlicher Anlagen benötigen. Und das Besondere: Nebst Photovoltaik tragen die Fitnessbesucher dazu bei, die notwendige Energie für den Betrieb des Centers zu ernten. Der Projektleiter präzisiert: «Beim Radfahren produziere ich etwa gleich viel Strom wie ein Quadratmeter Solarzellen in derselben Zeit.» Eine zentrale Hochtemperatur-CO2-Wärmepumpe erzeugt die Wärme für die ganze Unit. Sie kann Kohlendioxid mittels Photovoltaikstrom auf bis zu 130 °C aufheizen. Die so erzeugte Wärme soll kaskadenartig auf diversen Temperaturniveaus genutzt werden; beginnend mit der finnischen Sauna über das Dampfbad bis zum Duschwasser und schliesslich zur Komfortwärme. Überdies muss Restwärme erneut genutzt werden (z. B. aus dem Duschwasser). Ende 2016 wird die Wellnessoase eingeweiht. nämlich die Behandlung und Verwertung von Urin («Gelbwasser»), die Wiederverwertung von Duschund Abwaschwasser («Grauwasser») sowie die Behandlung von Fäkalschlamm aus Papier, Kot und Spülwasser («Braunwasser»).
Verlagerung in die Mobilität Vernetztes Denken ist auch bei der Elektrizität gefragt. Dank installierter Photovoltaikanlagen entsteht künftig im Sommer auch mehr elektrischer Strom als lokal verbraucht wird. Für die Zwischenspeicherung sind zwar die Batterien im
eHub vorgesehen. Für eine langfristige Lösung ist allerdings der Einsatz neuer Technologien erforderlich. Die Verknüpfung mit dem im November 2015 – in unmittelbarer Nachbarschaft zu Nest – eröffneten Demonstrationsobjekt «move» erschien da ideal. Mit move erforschen Empa-Forscher neue Fahrzeugsantriebskonzepte. Überschüssiger Strom – beispielsweise aus eines eingebauten Nest-Moduls – kann mittels Elektrolyse in Wasserstoff für Brennstoffzellen umgewandelt werden. In einer späteren Ausbaustufe soll aus Wasserstoff
Erst die Mühsal, dann der Lohn: Im unteren Stockwerk stehen die Fitnessgeräte. Die Belohnung in Form der Saunalandschaft hängt gut sichtbar an der Decke.
und Kohlendioxid synthetisches Methan hergestellt werden. Nebst der Erprobung sinnvoller Energieumwandlung und Speichertechnologie soll auch aufgezeigt werden, welche Art von Fahrzeugantrieb sich für welchen Mobilitätsradius am besten eignet. ■
Infos Autor: Manuel Fischer www.empa.ch/nest www.suissetec.ch/nest
www.hk-gt.ch > Bildergalerien
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Das Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz NNBS lanciert sein Label
Vom Standard SNBS zum Label LNBS Mit dem Label Nachhaltiges Bauen Schweiz (LNBS) setzt das im Jahr 2013 gegründete Netzwerk seine Anstrengungen zur Förderung einer ganzheitlichen Berücksichtigung nachhaltiger Aspekte fort.
A
m 23. August 2016 ist es soweit: Das «Label Nachhaltiges Bauen Schweiz (LNBS)» startet. Dieses für Neubauten und Sanierungen von Büro-, Wohn- und Gewerbegebäude konzipierte Label wird damit für eine Zertifizierung nutzbar. Dem zunächst geschaffenen Standard (SNBS) folgt so das Label, für das im ersten Quartal 2016 abschliessende Tests und Justierungen erfolgten
sowie in den vergangenen Wochen die Labelorganisation etabliert und Schulungen durchgeführt wurden.
Weiterentwickelter Standard mit 48 Indikatoren An der Swissbau erläuterten im Rahmen einer Focus-Veranstaltung sowohl Elvira Bieri, Société Générale de Surveillance SA (SGS) und Projektleiterin LNBS, als auch Joëlle
Begriffe NNBS: Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz, gegründet 2012, schafft eine klare Definition des nachhaltigen Bauens. SNBS: Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz. Dieses vom NNBS lancierte Instrument umfasst sowohl das Gebäude als auch den Standort im Kontext seines Umfelds. Ziel des SNBS ist es, die drei Dimensionen des nachhaltigen Bauens (Gesellschaft, Wirtschaft, Umwelt) möglichst umfassend in Planung, Bau und Betrieb einzubeziehen. LNBS: Label Nachhaltiges Bauen Schweiz als neueste Entwicklung des NNBS. Damit wird der SNBS ab Mitte 2016 in ein zertifizierbares Label umgesetzt.
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Zimmerli, Leiterin der Technischen Fachstelle LNBS, die durchgeführte Weiterentwicklung zum Standard 2.0. Die erste Version wurde an 28 unterschiedlichen Objekten eingehend geprüft und evaluiert. Mit gutem Grund konnten nun die vormals 78 Indikatoren auf 48 reduziert werden. Durch Zusammenfassungen und das Entfernen von Redundanzen liess sich die Hebelwirkung der Indikatoren verbessern, und damit können die gewählten Kriterien gestärkt werden. Gleichzeitig verminderte man den Prüfungsaufwand, was eine Kostensenkung bewirkt und die Anwendung des Standards erleichtert. Mit diesen Verbesserungen des Standards war zugleich die Basis für die Schaffung des entsprechenden Labels gelegt. Mit einer ersten fakultativen Vorprüfung kann die strategische Pla-
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Standards fördern die Innovation
Nachhaltiges Bauen ist einerseits die Basis für eine sinnvolle Entwicklung des Bauwerks Schweiz, andererseits eine Herausforderung für alle involvierten Akteure. (Bilder: Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz)
nung bewertet werden. Obligatorisch ist dann eine erste Konformitätsprüfung, bei der strukturelle Fehler eines Vorprojekts erfasst werden; die zweite Prüfung erfolgt bei Bauabnahme. Für das Label stehen dann drei Stufen zur Verfügung, mit jeweiligen Notenminima für die Bereiche Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt.
Die Sicht der Praxis vermittelte an jenem Anlass im Januar 2016 in Basel Alec von Graffenried, Losinger Marazzi AG. Er wies darauf hin, dass in der Bauwirtschaft die beiden Trends der Industrialisierung und Digitalisierung wesentliche Veränderungen mit sich bringen. Dabei schaffen Standards und Label sowohl Transparenz als auch eine Vereinheitlichung bei den Produkteigenschaften. Für Alec von Graffenried wirken sie innovationstreibend und unterstützen ein positives Marketing. Dieses ist für einen Erfolg des Labels notwendig. Am Beispiel von Minergie kann dies bestätigt werden. Denn beispielsweise die Korrelation zwischen der Entwicklung der Minergie-Standards und den von den Kantonen angepassten Mustervorschriften (MuKEn) ist eindrücklich. Die neuen MuKEn 2014, die in nächster Zeit in den Kantonen umgesetzt werden, entsprechen heute dem Minergie-Standard. Label entstehen durch Standards, und werden dann zur Norm. Aber es brau-
che auch die Weiterentwicklung, betonte Alec von Graffenried. Von Elvira Bieri wurde sogar eine mögliche Zusammenarbeit mit Minergie angesprochen. Zunächst geht es aber darum, am 23. August 2016 den Standard SNBS zum Label LNBS zu transformieren. ■
Das Label Nachhaltiges Bauen Schweiz (LNBS) wird am 23. August 2016 eingeführt.
Infos Autor: Jürg Wellstein Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz, NNBS www.nnbs.ch
Der Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz ist in drei Bereiche, neun Themen, einige Kriterien und 48 Indikatoren aufgeteilt.
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Hochschule Rapperswil (HSR) beteiligt sich zu nZEB am Wärmepumpenprogramm der IEA
Netto-Nullenergie im Feldtest Im Annex 40 im Wärmepumpenprogramm (HPT) der Internationalen Energieagentur (IEA) wird die Eignung von Wärmepumpen für den Einsatz in Netto-Nullenergiegebäuden (nZEB) untersucht. Ein Beitrag der Schweiz als einem von neun Teilnehmerländern war eine Feldmessung an einem nZEB mit Auswertung des Eigenverbrauchs durchzuführen. Optimierungen in den ersten zwei Betriebsjahren nach der Zertifizierung machen sich bezahlt.
D
ie politischen Strategien für Neubauten nach 2020 zielen gemäss der Neufassung der EURichtlinie zur Gesamteffizienz von Gebäuden (EPBD recast, 2010) auf die Einführung des sogenannten Niedrigstenergiegebäudes (nearly Zero Energy Building – nZEB), das häufig auch als Netto-Nullenergiegebäude verstanden wird. Die EURichtlinie gibt dafür allerdings nur eine vage Definition und überlässt die genaue Definition den EU-Mitgliedstaaten. Trotz dieses engen Zeitplans lag zum Berichtszeitpunkt im April 2015 erst in 15 Staaten (inkl. Region Brüssel) eine Definition vor, in drei Ländern war eine Definition in der Einführung und in neun Mitgliedstaaten (inkl. Norwegen) war die Definition noch in Bearbeitung. In der Schweiz sind mit der MuKEn 2014 bereits die Weichen gestellt worden. Ab 2020 wird eine Gebäudehüllenqualität gemäss heutigem Minergie-Standard zur Standardgebäudehülle. Neben
Info-Box Autoren: Roman Schwarz, Carsten Wemhöner, Werner Hässig Ab Sommer 2016 sind die Schlussberichte des Annex-40Projekts auf der Website www.annex40.net einsehbar. www.iet.hsr.ch, www.sustech.ch
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einem reduzierten Energieverbrauch wird auch eine lokale Elektrizitätserzeugung am Gebäude eingeführt. Damit liegt die Schweiz gut im Zeitplan der EU-Richtlinie. Wird am Gebäude so viel Energie erzeugt wie in der Jahressumme, gewichtet mit den nationalen Gewichtsfaktoren, verbraucht wird, entsteht ein Netto-Nullenergiegebäude, ein Gebäude also, dass in der Jahresbilanz seinen Energiebedarf selbst decken kann. Bereits 2011 wurde mit der Einführung des Minergie-A-Labels in der Schweiz als einem der ersten Länder eine konsistente Definition eines Netto-Nullenergiegebäudes für die Bilanzgrenze der Gebäudetechnik eingeführt, die sich in die Zertifizierung der Minergie-Labels einreiht. In der EU besteht weiterhin gemäss der «Cost optimality guideline» (Europ. Kommission, 2012) die Forderung, dass nZEB kostenoptimal erreicht werden sollen.
nZEB-Wärmepumpensysteme Aufgrund des engen Zeitplans sind kosteneffiziente Gebäudetechniklösungen für die Einführung von nZEB von grossem Interesse. Daher wurden im Annex 40 im Wärmepumpenprogramm (HPT) der Internationalen Energieagentur (IEA) die Eignung und Anpassung von Wärmepumpen für den Einsatz in Netto-Nullenergiegebäuden untersucht und weiterentwickelt. Das Annex 40-Projekt wurde als Koope-
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ration von den neun Teilnehmerländern Kanada, Schweiz, Deutschland, Finnland, Japan, Niederlande , Norwegen, Schweden und den USA durchgeführt und vom Institut für Energietechnik IET der HSR Hochschule für Technik Rapperswil im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE) geleitet. Das Projekt ist im Dezember 2015 abgeschlossen worden.
Ergebnisse aus Feldmessung eines Minergie-A-Hauses in Uster Als Objekt der Feldmessung im Rahmen des Annex 40 wurde das schweizweit erste Minergie-A-zertifizierten Gebäude mit Büronutzung im Zentrum von Uster (Bezug: Februar 2014) ausgewählt. Die Messungen wurden mit Beteiligung der Studierenden des Studiengangs «Erneuerbare Energien und Umwelttechnik» im Rahmen von Studienarbeiten durchgeführt. Die Zertifizierung von Büronutzungen nach Minergie-A befindet sich noch in der Entwicklung, weshalb Ergebnisse von Feldmessungen von grosser Bedeutung zur Weiterentwicklung dieses Standards sind. Das Erdgeschoss und Teile des Untergeschosses des hier vorzustellenden Gebäudes werden als Büroflächen genutzt, in den restlichen Gebäudeteilen befinden sich sieben Wohnungen. Die komplette Energiebezugsfläche von 1206 m2 teilt sich in 367 m2 Büro und 839 m2 Wohnfläche auf. Durch die sehr gu-
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Das Erdgeschoss und Teile des Untergeschosses des Gebäudes werden als Büroflächen genutzt, in den restlichen Gebäudeteilen befinden sich sieben Wohnungen. Die komplette Energiebezugsfläche von 1206 m2 teilt sich in 367 m2 Büro- und 839 m2 Wohnfläche auf.
Abb. 1: Das Gebäudetechnikkonzept entspricht einem sogenannten «all electric building», bei dem eine Wärmepumpe für die Heizung und Warmwassererwärmung eingesetzt wird. Die einzige dem Gebäude zugeführte Endenergie ist Elektrizität.
te Wärmedämmung liegt der projektierte Wärmebedarf von 33,8 kWh/(m2*a) unter den Werten von Minergie-Gebäuden. Das Gebäudetechnikkonzept (Abb. 1) entspricht einem sogenannten «all electric building», bei dem eine Wärmepumpe für die Heizung und Warmwassererwärmung eingesetzt wird, sodass die einzige dem Gebäude zugeführte Endenergie Elektrizität ist. Zum Bilanzausgleich für die Minergie-A-Zertifizierung ist eine Photovoltaikanlage (PV) (128 m2 und 23,7
kWp) installiert, welche einen Ertrag von 24 000 kWh pro Jahr erreicht. Als weitere Komponente sind Hybrid-Kollektoren (PV/Solarwärme) auf einer Fläche von 7,1 m2 (Leistung: 1 kWp elektrisch und 2,3 kWp thermisch) auf dem Dach montiert. Der thermische Teil der PV/Solarwärme-Anlage (PV/T) wird zur Warmwasservorwärmung über einen Vorwärmspeicher mit 500 Liter Inhalt genutzt. Für die Warmwasserbereitstellung wurde – neben dem 500-Liter-Vorwärmspeicher über die PV/T-Anlage – ein 1000-Li-
ter-Nachheizspeicher installiert, in dem das Warmwasser auf eine Nutztemperatur von 53 °C aufgeheizt wird. Die PV-Komponente dient zusätzlich der lokalen Stromerzeugung. Als Quelle für die Wärmepumpe wird ein Erdwärmesondenfeld mit elf Erdsonden mit einer Tiefe von je 79 m genutzt. Die Erdwärmesonden werden in den Sommermonaten zur Kühlung (Free-cooling) genutzt, was zu einer besseren Regeneration des Erdreichs führt. Für den Heizbetrieb wurde ein Puffer-
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Speicher mit einem Volumen von 800 Liter installiert, welcher die Laufzeit der Wärmepumpe verlängern und so deren COP und die Lebensdauer erhöhen soll. Um den Schutz vor Legionellen gewährleisten zu können, ist im Nachheizspeicher ein Heizstab mit einer Leistung von 10 kW installiert, welcher den Temperaturhub von 53 auf 60 °C überwindet. Die Warmhaltung des WW-Verteilsystems wird über eine direktelektrische Rohrbegleitheizung (Heizband) sichergestellt.
Abb. 2: Nach Optimierungen während des Monitorings konnte der Energieverbrauch vom ersten zum zweiten Betriebsjahr um 18 % reduziert werden. Optimierungen bei der Rohrbegleitheizung und des Heizstabs führen zu einer Einsparung von ca. 4500 kWh elektrischer Energie pro Jahr. Energie-Überschuss in der Jahresbilanz (2. Betriebsjahr): 9100 kWh plus.
Zweijähriges Energiemonitoring Während eines zweijährigen Energiemonitorings wurden die Energieflüsse des Gebäudes aufgezeichnet, um einerseits relevante Kennzahlen wie die Minergie-KennzahlWärme, die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe oder den Eigenverbrauch der produzierten elektrischen Energie verifizieren zu können und andererseits den Betrieb der gebäudetechnischen Anlagen zu optimieren. Die erste Messperiode bezieht sich auf den Zeitraum Mai 2014 bis April 2015 und kennzeichnet das erste Betriebsjahr. Für das zweite Betriebsjahr mit der Messperiode von Mai 2015 bis April 2016 wurden Optimierungsmassnahmen im Vergleich zur ersten Messperiode vorgenommen: • Der Betrieb der Begleitheizbänder wurde in mehreren Schritten optimiert. Als erste Massnahme wurde eine Steuerung mit angepasster Haltetemperatur des Warmwassers in den Leitungen eingebaut. Als zweite Massnahme wurden über eine Zeitschaltuhr die Betriebszeiten der Begleitheizbänder optimiert. Als weitere Massnahme wurden die
Abb. 3: Die wichtigste Bedingung für die Zertifizierung nach Minergie-A ist eine MinergieKennzahl Wärme (MKW) ≤ Null. Nicht während allen Monaten kann mit der PV- und PV/TAnlage genügend Energie gewonnen werden, um den Energiebedarf für die Gebäudetechnik zu decken.
Abb. 4: Mit einer wachsenden Anzahl von nZEB-Gebäuden spielt die zunehmende Netzbelastung eine immer grössere Rolle. Eine möglichst zeitgleiche Eigenstromnutzung des lokal produzierten PV-Stroms ist gewünscht. Für das Gebäude in Uster ergibt sich eine Eigendeckungsrate (Büronutzung und Gebäudetechnik) von rund 40 %.
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Betriebszeiten der beiden Begleitheizbänder individuell eingestellt. • Die Legionellenschaltung wurde dahingehend optimiert, dass die Erwärmung über den Heizstab auf 60 °C direkt nach der Vorwärmung der Wärmepumpe auf 53 °C und nur noch einmal wöchentlich stattfindet. • Die Laufzeiten der Wärmepumpe wurden erhöht und die Einschaltzeiten optimiert. Dadurch konnte die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe von 4,24 auf 4,48 im zweiten Betriebsjahr erhöht werden. Mit den vorgenommenen Optimierungen konnte der Energieverbrauch vom ersten zum zweiten Betriebsjahr um 18 % reduziert werden. Insbesondere die Optimierungen bei der Rohrbegleitheizung (Reduktion um 59 %) und des Heizstabs (Reduktion um 57 %) führen zu einer Einsparung von ca. 4500 kWh elektrischer Energie pro Jahr. Im zweiten Betriebsjahr konnte so ein Überschuss gemäss Minergie-A von 9100 kWh erreicht werden, der entweder intern für weitere Verbraucher genutzt wird oder ins örtliche Niederspannungsnetz eingespeist wird. Die wichtigste Bedingung für die Zertifizierung nach Minergie-A ist eine Minergie-Kennzahl Wärme (MKW) kleiner oder gleich Null. Durch die grosszügig dimensionierte PV-Anlage konnte bereits im ersten Betriebsjahr ein Wert von minus 8,6 kWh/(m2•a) erreicht werden. Die bereits erwähnten Betriebsoptimierungen führten zu einer deutlichen Steigerung der MKW im zweiten Betriebsjahr auf minus 15,0 kWh/ (m2•a). Anhand der monatlich dargestellten MKW wird ersichtlich, dass
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nicht während allen Monaten im Jahr genügend Energie mit der PVund PV/T-Anlage produziert werden kann, um den Energiebedarf für die Gebäudetechnik zu decken. Insbesondere in den Wintermonaten ist dies der Fall, wenn die Wärmepumpe den grössten Verbrauch aufweist und die Einstrahlung auf die PVund PV/T-Kollektoren gering ist.
Eigendeckungsrate des lokal produzierten Stroms Mit einer wachsenden Anzahl von nZEB-Gebäuden spielt dementsprechend die zunehmende Netzbelastung eine immer grössere Rolle. Der lokal erzeugte PV-Strom soll möglichst wenig die Übertragungsnetze belasten. Eine wichtige Grösse ist daher die zeitgleiche Eigenstromnutzung des lokal produzierten PV-Stroms. Für das Gebäude mit Mehrfachnutzung (Wohn- und Bürogebäude) in Uster ergibt sich eine Eigendeckungsrate von rund 40 %. Zum Vergleich: Im Wohnbau sind Werte im Bereich bis 30 % typisch. Damit zeigt sich, dass sich die Gleichzeitigkeit der Büronutzung am Tag (Bedarf an elektrischer Energie und Sonneneinstrahlung) positiv auf den lokal zu nutzenden PV-Strom auswirkt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass noch keine Optimierungsmassnahmen hinsichtlich des Stromverbrauchs am Tag implementiert wurden, sodass sich die Eigendeckungsrate weiter steigern liesse.
Fazit Das Energiemonitoring des zertifizierten Gebäudes nach Minergie-A an der Neuwiesenstrasse 8 in Uster hat aufgezeigt, dass sich innovative Konzepte (PV/T-Kollektoren oder
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Free-cooling über die Fussbodenheizung) bei entsprechender Planung sehr gut in erprobte Gebäudetechnikkonzepte einbinden lassen. Zudem konnte der Nachweis erbracht werden, dass das Gebäude die Minergie-Kennzahl-Wärme erfüllt und sogar deutlich übertrifft. Des Weiteren wurde ersichtlich, dass sich eine Betriebsoptimierung durchaus lohnt. Die durchgeführten Optimierungen führten zu einer jährlichen Einsparung von ungefähr 4500 kWh elektrischer Energie, womit 800 Franken Stromkosten eingespart werden konnten. ■
Referenzen Richtlinie 2010/31/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Neufassung). 18.6.2010, Journal of the European Union, S. L 153/13. Delegierte Verordnung (EU) Nr. 244/2012 der Kommission vom 16. Januar 2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2010/31/EU, Amtsblatt der Europäischen Kommission, L 81/18, 21.3.2012 Hässig, W., Wyss, S., Staubli, J., Bericht zum Messprojekt «Büro-/Wohngebäude Neuwiesenstrasse 8, Uster Minergie-A-Standard und mit Hybrid-Kollektoren für die solare Warmwassererwärmung», Schlussbericht AWEL Zürich, 2015, hässig sustech gmbh MuKEn 2014, Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich, Konferenz Kantonaler Energiedirektoren, Bern, 9.1.2015.
Intelligente Gebäude
Multi-Energy-Grids: intelligente Gebäude in intelligenten Netzen
Thermische Vernetzung Um dezentrale erneuerbare Energiequellen effizient zu nutzen, braucht es dezentrale Energiesysteme, welche die vor Ort vorhandenen Energieströme (Strom, Wärme und Gas) bedarfsgerecht transformieren und speichern können. Ein Multi-Energy-Grid verbindet die einzelnen Elemente im dezentralen Energiesystem.
E
in Multi-Energy-Grid ist eine technologieoffene Infrastruktur auf Stufe Quartier und Areal. Im Strombereich ist diese Entwicklung auf lokaler Ebene heute weit vorangeschritten. Die thermische Vernetzung von Gebäuden in Quartieren und Arealen ist ein wichtiger Bestandteil im Multi-Energy-Grid. Das Potenzial der thermischen Vernetzung wird aber heute noch nicht genügend ausgeschöpft.
Ausgangslage Die Energiestrategie 2050 des Bundes definiert die übergeordneten Ziele Atomausstieg und Reduktion der CO2-Emissionen [1]. Insbesondere die Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien, die Verringerung der Auslandabhängigkeit, der Ausbau der inländischen Wertschöpfung und die Erhöhung der Energieeffizienz sind daraus resul-
tierende Teilziele. Die erneuerbaren Energiequellen wie Wind, Sonne, Biomasse, Erdwärme und Wasserkraft treten nicht konzentriert an einzelnen wenigen Standorten auf, sondern zeichnen sich naturgemäss durch verteilte, eher kleinskalige Potenziale aus. Gilt es diese erneuerbaren Energiequellen vermehrt zu erschliessen, entsteht zwangsläufig eine Vielzahl von neuen Einspeisepunkten im Energiesystem Schweiz. Dieser Wandel führt von der vorwiegend zentralen Energieversorgung zu einem mehr dezentral organisierten Energiesystem [2, 3, 4, 5].
Dezentrale Energiesysteme «DES» Um den elektrischen und thermischen Energiebedarf der Schweiz weitestgehend mit den lokal vorhandenen erneuerbaren Energie-
quellen zu decken, sind ganzheitliche Lösungsansätze notwendig. Quartiere bzw. Areale können zu dezentralen Energiesystemen (DES) ausgebaut werden, welche effizient und effektiv die lokale erneuerbare Energie verwerten. DES stellen den erforderlichen elektrischen und thermischen Energiebedarf im Quartier oder Areal mit einem möglichst signifikanten Anteil an lokal gewonnener Energie sicher. Dabei können DES Energiedienstleistungen für das jeweilige Quartier/Areal oder die dazugehörige Region in den Bereichen Bereitstellung, Umwandlung, Management, Speicherung und Verteilung übernehmen. DES sind nicht autarke Systeme, sondern fügen sich als aktive Elemente in das Energiesystem Schweiz bzw. Europa ein: Sie sind somit Subsysteme im zukünftigen Energiesystem.
Abb. 4: Areal Suurstoffi in Risch/Rotkreuz ZG im Endausbau. Die hier noch visualisierten Gebäude im Osten (oben links) und Westen (unten rechts im Bild) entsprechen nicht mehr der aktuellen Projektierung. (Bild: Zug Estates)
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mittels einem Hauptstrang und diversen Nebensträngen zu den Gebäuden verteilt (Abb. 2, links). Der Wärmetransport findet in einer Richtung statt und ist durch die Grösse des Hauptstranges limitiert. Diese traditionellen Fernwärmesysteme werden sowohl in kleinen Verbünden, wie z. B. mit Holzschnitzelheizungen als Wärmequelle, wie auch in grossen Verbünden, wie z. B. mit Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen (WKK), erfolgreich eingesetzt.
Anergienetze
Um die Funktionalität solcher DES zu ermöglichen, ist der Ausbau der Infrastrukturen im Quartier und/oder Areal notwendig. Zukünftig sollen Multi-Energy-Grids den wirkungsvollen Betrieb der DES ermöglichen. Multi-Energy-Grids sind technologieoffene Infrastrukturen für die Energieträger Strom, Wärme und Gas. Mit diesen Grids lassen sich verschiedenste Komponenten für die Gewinnung, Umwandlung und Speicherung verbinden (Abb. 1). Der effiziente Betrieb solcher Komponenten kann mittels eines Multi-Energy-Grids maximiert werden. Wärme-Kraft-Kopplungen können z. B. in einem Multi-Energy-Grid stromgeführt betrieben werden und die Abwärme wird aufgrund der thermischen Vernetzung und mittels thermischen Speichern maximal und vor Ort genutzt. Wärmepumpen im Quartier können gemeinsam und abgestimmt nach den Bedürfnissen des Stromnetzes betrieben werden. Dadurch leisten die unzähligen DES einen wesentli-
chen Beitrag zur Netzstabilität oder erbringen andere Systemdienstleistungen. Die Forschung und Entwicklung der elektrischen Vernetzung auf lokaler Ebene wird heute sehr aktiv vorangetrieben und lässt sich zukünftig wirkungsvoll in ein MultiEnergy-Grid integrieren. Die thermische Vernetzung von Quartieren und Arealen kommt allmählich auf die Agenda der Energieplaner. Um DES wirtschaftlich betreiben zu können, braucht es zwingend weitere Untersuchungen zu den Multi-Energy-Grids, welche neben den elektrischen auch die thermischen Möglichkeiten in der Energieversorgung ausschöpfen.
Thermische Vernetzung Unter dem Begriff «Thermische Vernetzung» werden heute oft Fernwärmesysteme mit Wassertemperaturen von über 60 °C verstanden. Solche Systeme sind mehrheitlich unidirektional aufgebaut, d. h. aus einer Heizzentrale wird die Wärme
Abb. 1: Dezentrale Energiesysteme mit Multi-Energy-Grids (Gas, Elektrizität, Wärme sowie einem übergeordneten Kontrollund Steuersystem), welche die verschiedenen Energy Hubs miteinander vernetzen. (Quelle: NRP 70 IMES Proposal)
Soll vermehrt lokale erneuerbare Energie genutzt werden, müssen vor allem geografisch gebundene Energiequellen in das DES integriert werden. Diese Quellen liefern oft niederwertige Energieströme, d. h. thermische Energie mit vergleichsweise niedrigen Temperaturen, teilweise unter 20 °C. «Kalte Fernwärme» oder sogenannte Anergienetze sind Wärme- und/oder Kältenetze, mit denen thermische Energie nahe bei der Umgebungstemperatur zwischen Quelle (Lieferant) und Senke (Bezüger) transportiert wird (Abb. 2, rechts). Anergienetze werden als bidirektionale Netze betrieben, d. h. Wärme wird von den einzelnen Gebäuden sowohl vom Netz entzogen wie auch ins Netz eingespeist. Im Idealfall gleichen sich die beiden Energieflüsse übers ganze Netz aus. Überschüsse oder Unterdeckungen müssen durch zusätzliche Wärmezufuhr ins oder Wärmeentzug aus dem Netz ausgeglichen werden. Alternativ können die Bilanzdefizite auch mittels Speicher, z. B. Erdwärmespeicher, ausgeglichen werden. Zur Bereitstellung der Nutzenergie für Heizzwecke werden Wärmepumpen dezentral bei den Bezügern eingesetzt. Das Anergienetz kann auch zum Kühlen mit oder ohne Kältemaschinen (direkte Kühlung, Free-cooling) genutzt werden [6].
Potenzial thermische Vernetzung
Abb. 2: Entwicklung der thermischen Energieversorgung: zentral und unidirektional (links) zu dezentral und bidirektional (rechts).
In der Schweiz werden jährlich 896 000 TJ (= 241 TWh) Endenergie verbraucht (Öl, Gas, Strom, Fernwärme usw.). Davon 29% für die Haushalte, 19% für die Industrie, 17% für
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Dienstleistungen und 35% für die Mobilität [7]. Bei Haushalten werden rund 80%, bei Industriegebäuden rund 15% und bei Dienstleistungsgebäuden rund 60% der verbrauchten Endenergie für die Deckung des Raumwärme- und Warmwasserbedarfs benötigt [8]. Daraus ergibt sich, dass im Gesamtgebäudepark Schweiz rund 36% (322 560 TJ = 90 TWh) der Endenergie für die Deckung des Raumwärme- und Warmwasserbedarfs verwendet werden. Im Weissbuch Fernwärme Schweiz [9] wird für das Jahr 2010 ein Endenergiebedarf (Wärme) von 85 TWh angenommen. Die Differenz ist in den unterschiedlichen Bilanzjahren zu finden. Die Energiestrategie des Bundes zielt einen Endenergiebedarf für Raumwärme- und Warmwasser bis 2050 von unter 45 TWh an (Abb. 3). Diese Reduktion soll primär mittels Effizienzmassnahmen, d. h. der Sanierung von Gebäuden, und Nutzung von lokaler erneuerbarer Energie erfolgen. Das wirtschaftli-
che Potenzial für die leitungsgebundene Energieversorgung mit Nah- und Fernwärmenetzen wird auf 17.3 TWh geschätzt (700 000 Haushalte à 2500 Liter Öl-Äquivalente), d. h. 38% des Endenergiebedarfs für Raumwärme- und Warmwasser könnten bis 2050 über die thermische Vernetzung gedeckt werden.
Beispiel Areal Suurstoffi In Rotkreuz ZG wird das Areal Suurstoffi mit rund 165 000 m2 Energiebezugsflächen und einem Nutzungsmix Wohnen, Schule, Gewerbe und Dienstleistung erstellt (Abb. 4). Neben der arealorientierten elektrischen Vernetzung mittels Smartmeter (zukünftig zu einem Micro-Energy-Grid ausbaubar) wurde auch eine thermische Vernetzung realisiert. Dieses Anergienetz versorgt die einzelnen Gebäudezentralen mit Quellenergie, um deren Wärmepumpen zu betreiben, und nimmt überschüssige Wärme aus Raum- und Prozesskühlung auf.
Abb. 3: Entwicklung des Wärmebedarfs für Heizung und Warmwasser in der Schweiz zwischen 2010 und 2050 sowie Potenzial zur Deckung des Bedarfs durch Nah- und Fernwärme [9].
Abb. 5: Messungen der Wassertemperaturen im Anergienetz und berechnete, simulierte Erdwärmespeichertemperatur. Die Erdwärmespeichertemperatur hat sich über die Messperiode aufgrund des zu kleinen Wärmeeintrags in das Anergienetz um 1 °C gesenkt.
Abb. 6: Verlauf der berechneten Erdwärmespeichertemperatur bei Endausbau.
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Das Anergienetz ermöglicht eine Wärmerückgewinnung zwischen den verschiedenen Gebäuden und erhöht damit die Energieeffizienz des Gesamtareals. Hybride Photovoltaikmodule, welche Wärme und Strom bereitstellen, liefern zusätzliche thermische Energie in das Anergienetz. Überschüssige Wärme, vor allem im Sommer, wird im Erdwärmespeicher gespeichert und kann bei einem Wärmedefizit, z. B. im Winter, zurückgeholt werden. Um einen sicheren Heiz- und Kühlbetrieb zu garantieren, muss die jährliche Energiebilanz zwischen Wärmezufuhr und Wärmeentzug aus dem Netz ausgeglichen sein. Ansonsten wird der Erdwärmespeicher mittelfristig unterkühlt bzw. überwärmt und kann den Heizbedarf bzw. Kühlbedarf nicht mehr jederzeit decken. Vor allem bei einer etappierten Umsetzung wie im Areal Suurstoffi können unausgeglichene Energiebilanzen entstehen, wenn z. B. die Nutzflächen mit viel Abwärme oder Solarflächen noch nicht vollständig aufgebaut sind. Dieses Szenario war denn auch nach Inbetriebnahme der ersten Bauetappe zu beobachten. Von den insgesamt geplanten 9500 m2 Solarflächen waren vorerst nur 3500 m2 gebaut. Der Erdwärmespeicher kühlte sich ab und die Wassertemperaturen im Anergienetz sanken in der Folge unter 8 °C (Abb. 5). Um einen sicheren Betrieb zu garantieren, musste die fehlen-
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de Energie aus den hybriden Photovoltaikanlagen kompensiert werden. Mittels einer Notheizung (Holz) wurde die fehlende Energie temporär dem Anergienetz zugeführt. Aufgrund der Messungen und der Simulationen konnte berechnet werden, dass im Endausbau, wenn alle Baufelder und Solarflächen in Betrieb sind, eine ausgeglichene Energiebilanz erreicht wird (Abb. 6). Die Notheizung wird ab diesem Zeitpunkt nicht mehr benötigt und kann abgebaut bzw. anderweitig genutzt werden.
Flexible thermische Vernetzung Aus dem Beispiel Suurstoffi wird ersichtlich, dass die thermische Vernetzung schon in seiner Konzeption robust aufgebaut werden muss und nicht auf einen bestimmten Planungsstand ausgelegt werden kann. Nutzungsänderungen und neue technologische Entwicklungen von Komponenten verändern die Energiebilanz stetig. Hybride Solaranlagen können die Wärmelieferung drosseln, ohne dabei die Stromproduktion zu unterbinden bzw. umgekehrt. Zudem können Luft-Wasser-Niederhubwärmepumpen in das Anergienetz eingebunden werden, um effizient und in Zeiten mit Stromüberschüssen dem thermischen System Energie zuzuführen oder zu entziehen. Solche Komponenten schaffen in Anergienetzen die gewünschte Flexibilität, um auf Änderungen zu reagieren oder diese Flexibilität im Strom- oder Gasnetz zu verwerten. Das Anergienetz im Areal Suurstoffi entwickelt sich in die Richtung einer flexiblen thermischen Vernetzung. Erreicht die thermische Vernetzung eine ähnliche Flexibilität wie die elektrische Vernetzung, können zusätzlich Synergien zwischen diesen Infrastrukturen genutzt werden. Thermische Speicher in Kombination mit Wärmepumpen erzeugen Flexibilität, welche im Stromnetz verwertet werden kann. Es kann aber auch Überschussstrom in synthetisches Gas umgewandelt und zu einem späteren Zeitpunkt mit Brennstoffzellen wieder in Strom und Wärme umgewandelt werden. Mit einem zukünftigen Multi-Energy-Grid können solche Optionen genutzt werden. Die Wirtschaft-
Abb. 7: Vermaschtes thermisches Netz, welches bi-direktionale Energieflüsse aufnehmen kann und wo hydraulisch ungerichtete Strömungen auftreten.
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lichkeit (Amortisations- und Betriebskosten, Verwertung aller Energieströme, Nutzen für das Energiesystem Schweiz) wird darüber entscheiden, welche Technologie in ein Multi-Energy-Grid integriert wird.
Entwicklungsbedarf Um das Potenzial der thermischen Vernetzung noch besser auszuschöpfen, ist die Typologie der thermischen Netze weiter zu entwickeln. Thermische Netze, welche bidirektionale Energieflüsse zulassen und nicht linear, sondern vermascht aufgebaut sind, sind adaptier- und erweiterungsfähig. Neue Komponenten können einfacher in das Netz integriert und neue Verbraucher angeschlossen werden, ohne dass dies zwingend durch die Kapazität des Hauptstranges limitiert wird. Der Zu- und Abbau solcher Komponenten erfolgt bei vermaschten Netzen mit weniger Restriktionen als bei linearen Netzen. Der Massenstrom in vermaschten Netzen ist ungerichtet und nimmt den Weg des geringsten Widerstandes (Abb. 7). Die Hydraulik hingegen
wird komplexer, da viele periphere Förderpumpen bei den Energielieferanten und -bezügern auf das Netz wirken. Im Campus Hönggerberg der ETH Zürich wurde während der letzten sechs Jahre ein Anergienetz als Ringleitung, d. h. als eine einzelne Masche, aufgebaut. Heute wirken sechs dezentrale Unterstationen auf die beiden parallelen Ringe mit unterschiedlicher Wassertemperatur. Drei Erdwärmespeicher gleichen den Massenstrom zwischen dem Ring mit höherer und dem Ring mit tieferer Temperatur aus [10]. Die ersten Erkenntnisse aus dieser Pilotanlage sind vielversprechend. Die Wärmerückgewinnung durch den bidirektionalen Wärmefluss zwischen den Gebäuden erreicht eine hohe Effizienz, weil weniger Mischungsverluste entstehen als bei linearen Netzen. Die Erdwärmespeicher können flexibel und wirkungsvoll bewirtschaftet werden, weil diese unabhängig von deren Position im Netz geladen bzw. entladen werden können. Für jeden Speicher können unterschiedliche Bewirtschaftungs-
strategien, wie z. B. Kalt- oder Warmspeicher, umgesetzt werden. Die Pilotanlage wirft aber auch Fragen betreffend Hydraulik auf, welche heute noch nicht beantwortet sind. Wie und unter welchen Umständen (Massenträgheit des Fluids) ändert sich die Fliessrichtung im Ring? Welche statischen und dynamischen Drücke entstehen in einer Masche bzw. in mehreren Maschen? Wie können Druckschwankungen minimiert werden? Diese und viele weiterführende Fragen sind ein Forschungsschwerpunkt am Zentrum für Integrale Gebäudetechnik der Hochschule Luzern. Im Rahmen des Swiss Competence Center for Energy Research, Future Energy Efficient Bulidings & Districts (siehe Kasten nebenan), wird das NODES Lab aufgebaut. NODES steht dabei für «Neue Opportunitäten Dezentraler EnergieSysteme». Dieses «Labor» soll im Endausbau ein massstäbliches Multi-Energy-Grid bereitstellen, mit welchem experimentelle Forschung und Validierungen von Simulationsmodellen durchgeführt werden können. Im März 2015 wurde die
Abb. 8: NODES-Lab für die Emulation der thermischen Vernetzung eines vereinfachten Quartiers mit drei Bezügern, einem saisonalen Speicher und einer Wärmequelle. (Partner: BG Ingenieure und Berater AG, EWZ, Brugg Rohrsysteme AG, Hälg & Co. AG, Inretis AG, Siemens AG)
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erste Ausbaustufe, die thermische Vernetzung mit einer Masche, in Betrieb genommen (Abb. 8). Ziel ist es, bald erste Erkenntnisse für hydraulisch vermaschte Netze zu publizieren. ■ Quellen [1] Bundesamt für Energie, BFE. «Botschaft zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050» http://www.admin.ch/opc/de/ federal-gazette/2013/7561.pdf. [2] IEA, 2014. World Energy Outlook 2014 [3] IEA, 2002. Distributed Generation in Liberalised Electricity Markets. [4] Allan, G., Eromenko, I., Gilmartin, M., Kockar, I., McGregor, P., 2015. The economics of distributed energy generation: A literature review. Renew. Sustain. Energy Rev. 42, 543–556. doi:10.1016/ j.rser.2014.07.064. [5] Viral, R., Khatod, D.K., 2012. Optimal planning of distributed generation systems in distribution system: A review. Renew. Sustain. Energy Rev. 16, 5146–5165. doi:10.1016/j.rser.2012.05.020.
[6] M. Sulzer, D. Hangartner, Kalte Fernwärme (Anergienetze), Grundlagen-/ Thesenpapier, Hochschule Luzern – Technik & Architektur, im Auftrag des Bundesamtes für Energie, Energie Schweiz, Mai 2014. [7] Bundesamt für Energie, BFE, Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2013, Fig. 3, Seite 4. [8] Prognos AG, Infras AG, TEP Energy GmbH, Analyse des schweizerischen Energieverbrauchs 2000–2012 nach Verwendungszwecken, September 2013. [9] Sres A., Nussbaumer B., Weissbuch Fernwärme Schweiz – VFS Strategie Langfristperspektiven für erneuerbare und energieeffiziente Nah- und Fernwärme in der Schweiz, Schlussbericht Phase 2: GIS-Analyse und Potenzialstudie, 12. März 2014, S. 54. [10]Sulzer M., Gautschi T.: ETH Zürich, Hönggerberg Masterplan Energie, Schweizerisches Status-Seminar Energieund Umweltforschung im Bauwesen, September 2008.
Autoren Matthias Sulzer: Prof. Dipl. Ing. FH/SIA, MBA. Seit 2003 an der Hochschule Luzern – Technik & Architektur als Dozent für Energieund Gebäudetechnik und seit 2014 Professor und stellvertretender Leiter im Swiss Competence Center for Energy Research, Efficiency (SCCER 1) für die nachhaltige Umsetzung der Energiestrategie 2050 des Bundes. (www.sccer-feebd.ch) Urs-Peter Menti: Prof. Dipl. Ing. ETH/SIA. Seit 2004 an der Hochschule Luzern – Technik & Architektur. Seit 2008 als hauptamtlicher Dozent für Gebäudetechnik und Leiter des Zentrums für Integrale Gebäudetechnik (ZIG). Forschungs- und Beratungstätigkeit in den Bereichen Nachhaltiges Bauen, Energie- und Gebäudetechnik, Simulationen. (www.hslu.ch/zig)
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Dienstleistungs-Center Walter Meier als Schaufenster modernster Gebäudetechnik
Förder- und Gebäudetechnik in Symbiose Der Bau und Betrieb des neuen Dienstleistungs-Centers der Walter Meier AG setzt Massstäbe. Der auferlegte Minergie-Standard umfasst eine effektive Gebäudedämmung, die Nutzung des reichlich vorhandenen Grundwassers und der Einbezug einer grosszügigen PV-Anlage. Die Fördertechnik nach modernstem Stand ist in mannigfaltiger Weise mit der Gebäudetechnik verknüpft.
A
n einem regnerisch-trüben Aprilmorgen überrascht die Silhouette eines silbergrauen Neubau im Süden des Industriegebiets von Nebikon im Kanton Luzern. Das neue Dienstleistungs-Center (DLC)
des Unternehmens Walter Meier dominiert mit seinen Ausmassen alle anderen Gebäude. Die noch etwas ländlich geprägte Gemeinde Nebikon ist seit Langem verkehrstechnisch gut erschlossen. Seit 150 Jahren an die Eisenbahnlinie Olten–Luzern angebunden, ermöglicht eine Zufahrt nördlich der Siedlung den Anschluss an die NordSüd-Autobahn A2.
Am Kommissionierarbeitsplatz für Kleinteile, wird über einen Lichtstrahl (Pick-bylight) dem Mitarbeitenden aufgezeigt, welche Ware zu entnehmen ist. Das Verbringen der Ware in den entsprechenden Kundenbehälter wird auch über ein Licht angezeigt (Anzeige rechts im Bild).
Über Rollenbahnen gelagen die eingelagerten Kleinteileartikel schliesslich in die Halle zur Kommissionierung.
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Der Neubau ist notwendig geworden, nachdem das Unternehmen aus dem Zukauf früher eigenständiger Firmen ein historisch gewachsenes Bündel von sechs dezentralen Lagern übernahm. Diese hatte man weiterhin genutzt, ohne dass Ausbauten möglich gewesen wären. «Die begrenzte Verfügbarkeit von Artikeln führte zu internen Verschiebungen, ineffizienten Ab-
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läufen und zu hohen Kosten. Die veralteten Logistikstrukturen mit zu vielen Standorten und zu wenig rascher Verfügbarkeit mussten von Grund auf erneuert werden», erläutert Beat Kohler, Leiter Logistik bei Walter Meier. Die Geschäftsleitung entschied sich infolgedessen für ein Verteilzentrum nach Minergie-Standard – eine wohl schweizerische Premiere.
Gestaltung, modernste Technik Das neue Logistikgebäude bietet viel Anschauungsunterricht zu guter Gestaltung, Dämmung und HLKS-Technik nach neustem Stand. Überall arbeiten Handwerker fieberhaft an den Inneneinrichtungen. Der Parcours durch die Eigenheiten des Baus beginnt beim Profi-Shop im Erdgeschoss, wo Bauhandwerker kleinteiliges Material einkaufen werden. Ein in Geschossdecken und -böden integriertes Rohrregister sorgt als thermoaktives Bauteilsystem (TABS) für ein behagliches Klima im Winter wie im Sommer. Über ein Treppenhaus ist die Büroetage erschlossen. Ein von den Aussenfassaden nicht einsehbarer, auf Ebene Obergeschoss eingelassener Dachgarten leitet viel Tageslicht in die Büroräume. Wie so häufig im modernen Industriebau ist die ganze Haustechnik in die Unterdecke verbannt worden. Auffallend sind die flächigen Elemente, die von den Decken hängen. «Mit den eleganten Deckensegeln wollen wir gleich mehrere Bedürfnissen Rechnung tragen. Damit erreichen wir ein Höchstmass an Flexibilität je nach Saison und Nutzung der Räume», sagt Roman Ribary, Verkaufsleiter Engineering bei Walter Meier auf dem Rundgang. Dank dem Vierleitersystem ist es möglich, in einem Besprechungszimmer aufgrund der durch die vielen Anwesenden höher eingebrachten Wärmelast zu kühlen und gleichzeitig in einem andern Bürobereich zu heizen. Zusätzlich gelangt Zuluft über Mikroperforation in den Raum, ohne dass es zu unangenehmer Zugwirkung kommt. Schliesslich kann die Zuluft mit Heissdampf befeuchtet und somit die relative Luftfeuchtigkeit in den Büros beeinflusst werden. Solche multifunktionalen Kühl-
Automatisiertes Hochregallager (HRL) In einem Kubus mit den Seitenlängen von 100 x 30 x 20 Metern finden im automatisierten Hochregallager 11 000 Paletten Platz (im Hintergrund). Über vier Gassen können auf automatisch arbeitenden Regalbediengeräten (RGB) pro Stunde bis zu 156 Paletten ein- und ausgelagert werden. In diesem Lagerbereich werden beispielsweise Wärmepumpen, Gasund Ölheizkessel, Klimageräte, Warmwassererwärmer und Umwälzpumpen in den Abmessungen bis zur Industriepalette (100 x 120 cm) gelagert. Automatisiertes Kleinteilelager (AKL) Das automatisierte Kleinteilelager ist in einem Gebäudeteil mit den Abmessungen 48 x 17 x 14 Metern untergebracht (rechts im Bild). Darin finden 33 000 Kleinteilebehälter Platz. Auch hier können über vier Gassen mittels automatischen Regalbediengeräten pro Stunde bis zu 600 Kleinteilebehälter ein- und ausgelagert werden. In diesen Behältern liegen zum Beispiel Temperaturfühler, Düsen, Ventile und Befestigungsmaterial. Manuelles Hochregallager Ergänzt werden die Lagermöglichkeiten durch ein manuelles Lager mit einer Kapazität von nochmals 3 500 Paletten. Darin werden übergrosse Artikel wie z. B. thermische Solarpanelen, Wasserspeicher und grosse Radiatoren gelagert. Kommissionierzentrale Kernstück des neuen Dienstleistungs-Centers ist die Halle, wo die Teilaufträge zusammengeführt und für den Versand vorbereitet werden (im Vordergrund). Auf einer Fläche von 32 x 32 Metern werden die Artikel aus den drei Lagerbereichen pro Kundenauftrag zusammengetragen, verpackt, mit den Versanddokumenten versehen und in die Transportzone weitergegeben. (Planung und Bau: TGW Logistics Group, Wels (AT) und Rotkreuz)
und Heizdecken-Fabrikate sind auch im Profi-Shop installiert worden. An den Kommissionierarbeitsplätzen sorgen Deckenstrahlplatten nur zum Heizen (Strahlungswärme) für ein gutes Arbeitsklima. Das gesamte Lager wird mittels Lufterhitzer auf ca. 14 °C geheizt (von der Wärmepumpe).
Vollautomatisiert Über ein weiteres Treppenhaus gelangt man zu einer Art Aussichtskanzel, die einen phänomenalen
Blick ins Herz des Gebäudes erlaubt. In der weiträumigen und hohen Versandhalle wird demnächst viel Betrieb sein. Noch sind kaum Menschen zu sehen, dafür macht sich die fördertechnische Anlage mit ihren Geräuschen und Bewegungen bemerkbar. Viel Software-Intelligenz steckt in den hochautomatisierten Förderanlagen, welche unablässig blaue Behälter für kleinteilige Ware ein- und auslagern. Man nimmt einen Augenschein im automatisier-
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ten Kleinteilelager (AKL) und staunt über die Geschwindigkeit, ja fast tänzerische Leichtigkeit, in der die Regalbediengeräte (RGB) in den Gassen verschwinden, den Hubschlitten an der richtigen Stelle ausfahren und die vom Aufzug getragenen Behälter aus Kunststoff wieder sanft aber geschwind aufs Ausgangsniveau zurückholen. Über Rollenbahnen sollen die eingelagerten Artikel schliesslich in die Halle zur Kommissionierung gelangen. Dort beugen sich gerade zwei junge Informatiker in blauen Overalls über ihre Laptop-Bildschirme. «Wir sind noch in der Testphase», gibt Beat Kohler, Leiter Logistik bei Walter Meier, zu bedenken: «Wir optimieren zurzeit die Einlager-Strategien. Es macht Sinn, häufig benötigte Artikel über mehrere Gassen zu verteilen.» Das reduziert das Ausfallrisiko. Auch das automatische Paletten-Hochregallager (HRL) mit der schwereren Ware verfügt über eindrückliche Dimensionen. 11 000 Palettenplätze können Ware in einem Raum von 100 Metern Länge, 30 Metern Breite und 20 Metern Höhe aufnehmen. Über vier Gassen können auf automatisch arbeitenden RGB pro Stunde bis zu 156 Paletten ein- und ausgelagert werden. Tritt dennoch eine Störung in der zentralen Steuerung auf, können die Lagermitarbeiter bis zu einem gewissen Grade die RGB über einen Touch-Panel manuell steuern. Fällt auch diese Möglichkeit aus, kommt die Belegschaft nicht darum herum, die Störung an der Fördertechnik an Ort und Stelle zu beheben. «Für die Behebung solcher Fälle dürfen nur Mitarbeitende ins Innere des Lagers, die einen Höhenrettungskurs absolviert haben», so Beat Kohler.
Ware auf nicht standardisierten Paletten-Übergrössen) verkehren zwar ausgebildete Gabelstaplerführer. Deren Fahrzeuge sind über eine Schnittstelle mit dem Lagerverwaltungssystem verbunden. Muss für einen Kundenauftrag Ware besorgt werden, ist das Hubfahrzeug so programmiert, dass die Gabel auf die richtige Höhe hochgefahren wird. Bequemlichkeit und Automation gehen Hand in Hand: Dank eines zwischen den Gabeln eingebauten Strichcode-Lesegeräts wird der auf einer Etikette aufgebrachte Strichcode automatisch abgelesen. Der modulare Aufbau des Lagers gewährleistet, dass jeder Lagerplatz gescannt werden kann. In der grossen Halle werden schliesslich die Teilaufträge aus den diversen Lagerzonen zusammengeführt, die Ware je nach Grösse in andere Behälter gelegt, verpackt, mit Versanddokumenten versehen und in die Transportzone weitergereicht. An den Ware-zur-PersonKommissionierarbeitsplätzen – wo parallel pro Arbeitsplatz bis zu acht
Kundenaufträge abgewickelt werden können – spurt das System jeden Arbeitsgang vor. Am Kommissionierarbeitsplatz für Kleinteile, wird über einen Lichtstrahl (Pickby-light) dem Mitarbeitenden aufgezeigt, welche Ware zu entnehmen ist. Das Verbringen in den entsprechenden Kundenbehälter wird in der Folge ebenfalls über ein Licht angezeigt (Put-to-light). Die schwereren Artikel werden an Hubtischen zum Versand vorbereitet. Die per Fusstaster einstellbaren Vorrichtungen erlauben eine ergonomische Arbeitsweise. Schliesslich erfolgen die Transporte am Abend von Nebikon an fünf dezentrale Standorte. Von dort erfolgt dann am Morgen die Auslieferung und Feinverteilung.
Grundwasser für Raumheizung und -kühlung Weiter unten im Kellergeschoss befindet sich die Haustechnikzentrale. In mehrfacher Hinsicht konnte hier ein ökologischer Ansatz zur Raumheizung und -kühlung verwirklicht
... und ergonomisch Die Anlagebauer leisten fürs Distributionszentrum ganze Arbeit. Das heisst: Jede Gelegenheit, innerbetriebliche Prozesse des Warenflusses und der Informationsübermittlung zu automatisieren und zu rationalisieren, wird ausgereizt. Anschauungsbeispiel ist hierzu auch der dritte Lagerbereich. Im manuel- Auf dem Bild sieht man den bereits isolierten Plattentauscher (Systemtrennung Grundwasserlen Paletten-Hochregallager (mit Wärmepumpe) und den Kerzenfilter.
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Auf dem Dach erstreckt sich auf einer Fläche von 7200 m2 eine Photovoltaikanlage (Leistung: 1,1 MWp). Im Hintergrund hinter einem Blechvordach sind die Wechselrichter aufgereiht. werden, dies aufgrund des hierfür idealen Grundstücks. «Wir haben das Glück, dass wir hier einen mächtigen Grundwasser-
Produkte und Beteiligte am Bau (Auswahl) HLKS-Anlagen Wärmeerzeugung Wasser/Wasser-Wärmepumpe; Walter Meier, Typ PICO 300 ST Energiespeicher 2 x 3500 Liter Pufferspeicher; Fabr. Friap Warmwasserbereitung Sole/W-WP; Fab. Oertli, Typ SINH 6TE Wärme-/Kälteabgabe + Zuluft Deckensegel des Fabrikats Barcol-Air Luft-Befeuchtung CondairDual Hybrid CDZE40
Wasserbehandlung
Enthärtungsanlage Burko Soft S 230 / 75 / 1 1/2»
Gegenosmoseanlage GLA 100 Burko Tecos XO 150 / 127 / SPEZ* UV-Entkeimung Burko UVI 40
Photovoltaikanlage
4200 Panele, Leistung 1,1 MWp, Kioto Photovoltaics GmbH
Architektur
Frei Architekten AG, 5000 Aarau
Haustechnikingenieure
Leimgruber Fischer Schaub AG, Ingenieurbüro USIC, 5408 Ennetbaden
Strom haben, der auch in Trockenperioden nicht versiegt», erläutert Roman Ribary. Damit war in der Planungsphase schnell entschieden, das kontinuierliche Grundwasser für die Wärmegewinnung zu nutzen. Die Fassungsbrunnen sind auf 66 m3 Wasser pro Stunde ausgelegt. Die darauf montierten, drehzahlgesteuerten Unterwasserpumpen fördern allerdings nur so viel Wasser, wie gerade benötigt wird. Für die Raumheizung wurde eine Wasser/WasserWärmepumpe (WP) installiert, welche den Wärmebedarf des ganzen Gebäudekomplexes komplett abdecken kann. Diese versorgt eine Wärmespeicheranlage (2 x 3500 Liter), welche die verschiedenen Heizgruppen mit Wärmeenergie bedient. Ein weiterer Vorteil des Standorts: In den Sommermonaten kann die Abwärme aus den Büros und dem ProfiShop über den Grundwasserstrom weggeführt werden. Hierzu wird über einen Freecooling-Plattentauscher die Temperatur des Grundwassers genutzt. Für die Aufbereitung des Trinkwarmwassers für Büros, Reinigung und Garderoben wurde eine Sole/ Wasser-Wärmepumpe eingesetzt. Hierfür wird nun eine 200 Meter tiefe Erdwärmesonde aus einer früheren Probebohrung genutzt.
Abwärme aus Druckluft für Wärmerückgewinnung Schliesslich rundet eine Erkundung des Dachgeschosses die Gesamtschau auf das intelligente Gebäude ab. Dort versorgt eine Lüftungsanlage, die mit
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Dank dem Vierleitersystem der Deckensegel ist es möglich, in einem Raum zu kühlen, gleichzeitig in einem andern zu heizen.
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Lufterhitzer, -kühler, Befeuchtung und Wärmerückgewinnung ausgerüstet ist, die Kernzone des Gebäudes (Profi-Shop, Verwaltung) mit konditionierter Luft. Erwähnenswert ist, dass die für den Lagerbetrieb benötigte Druckluft von zwei Schraubenkompressor-Kompaktanlagen erzeugt wird. Fördertechnik und energieeffiziente Gebäudetechnik gehen im DLC geradezu eine symbiotische Beziehung ein: Denn ein grosser Teil der Abwärme aus den Druckluftstationen wird an die Wärmespeicheranlage im UG abgegeben. Umgekehrt ist für Frostschutz der eingelagerten Ware gesorgt. Über Rohrheizkörper kann den Lagerbereichen HRL/AKL situativ Wärme zugeführt werden. Selbst das SAIA-Gebäudeleitsystem hat alles im Überblick. Nicht nur die Funktionen Heizung, Freecooling und Lüftung, sondern auch die Alarmsignale aus Fördertechnik und
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Brandschutz werden über das System angezeigt. Auf dem Dach erstreckt sich schliesslich auf einer Fläche von 7200 m2 eine Photovoltaikanlage. Die 4200 Panele sind auf eine Leistung von 1,1 MWp ausgelegt. Im Jahresverlauf liefert die Anlage mehr elektrischen Strom als sie für den Betrieb des Gebäudes benötigt. ■
Infos Autor: Manuel Fischer www.waltermeier.com/dlc
Intelligente Gebäude
Sallegra: Gebäudeautomation für die Zukunft Das «Internet of Things» (IoT) ist derzeit das am meisten verwendete Stichwort der Technologiebranche, wenn es um zukünftige Entwicklungen geht. Auch in der Gebäudeautomation wird das IoT heiss diskutiert – Satelco ist schon einen Schritt weiter und bietet mit seiner Premiumlinie «Sallegra» ein Produkt an, das den Gedanken des IoT bereits heute verwirklicht: Sallegra verbindet technische Geräte wie Kameras, Thermostate, Alarmsensoren so, dass sie intelligent miteinander kommunizieren. Denn das Ziel des IoT ist es, die Informationslücke zwischen der realen und der virtuellen Welt zu minimieren. Ein einfaches Beispiel: Ein Temperatursensor erkennt einen realen Zustand, etwa, dass ein Raum zu kalt ist und gibt diese Information für die Weiterverarbeitung im Netzwerk an Sallegra weiter. Das System reagiert, indem es die Raumtemperatur umgehend anpasst. Noch wichtiger ist diese intelligente Vernetzung der Geräte untereinander, um bestimmte Szenarien auszulösen. Wenn der Regensensor am Fenster alarmiert, schliesst sich zum
Beispiel automatisch das gekippte Fenster. Dieses smarte System steigert nicht nur den Komfort und die Sicherheit, es senkt auch effektiv die Energiekosten – und zwar um bis zu 40 % im Jahr – gut für Ihren Geldbeutel und die Umwelt! Das Beste: Sie können Sallegra auch per App von jedem Ort der Welt steuern und alle Vorgänge in Ihrem Haus im Blick behalten! Bisher haben viele Home-Automationssysteme den Nachteil, dass sie aus zahlreichen Einzelbausteinen bestehen, die nicht oder nur unzureichend miteinander kommunizieren können – ein Thermostat der Marke X wird von der Software Y nicht erkannt etc. Sallegra hingegen ist ein ganzheitliches System, das so konstruiert ist, dass es als zentrale Schaltstelle alle vom Kunden gewünschten Geräte reibungslos miteinander arbeiten lässt. Bedienen können Sie es intuitiv und komfortabel, zum Beispiel mit dem Sallegra Multitouch Panel – ganz einfach per Fingertipp. Ein weiteres Highlight ist das Sallegra Home Center, bei dem Sie alle Vorgänge im Haus per Gestensteuerung auf einem grossen Flat-
screen bedienen können – zum Beispiel surfen Sie gleichzeitig im Internet, steuern Ihre Musikanlage und haben die Aussenkameras Ihres Hauses im Blick. Sallegra ist eben im Vergleich zur Konkurrenz sehr variabel, beliebig erweiterbar und somit ideal für massgeschneiderte Lösungen – in Privathäusern, Wohn- und Geschäftsgebäuden gleichermassen. Ein besonderer Service von Satelco ist zudem die individuelle Betreuung jedes einzelnen Kunden – von der ersten Idee bis zur Installation und Wartung des Systems. Satelco setzt also schon jetzt zukünftige Trends und Entwicklungen um – und das zu einem besonders günstigen Preis und natürlich in Schweizer Topqualität. Sie möchten bereits heute die Technologien von morgen nutzen? Dann setzen Sie auf Sallegra von Satelco! ■ Satelco AG 8804 Au ZH Tel. 044 787 06 07 satelco@satelco.ch www.satelco.ch
Fernsteuerung Funk-Handsender möglich.
Eltako-Gebäudefunk in neuer Dimension Wenn es darum geht, in Wohn- und Büroräumen an bestehenden oder geplanten Schaltstellen eine komfortable und kompakte Bedienung mit Rückmeldeleuchten zu realisieren, bieten sich handelsübliche KurzhubElektroniktaster mit LED-Signalisation an. Das neue Eltako-Ferntastsystem FTS14 ermöglicht auf einfache Weise, mittels 2-Draht-Bus, diese Taster-Elemente in einer Eltako-Gebäudefunk-Installation zu integrieren. Dadurch stehen dem Benutzer die Vorteile beider Systeme zur Verfügung: stationäre Bedienstellen mit Statusanzeige und Funk-Handsender für die mobile Steuerung. Als Mehrwert gibt es die Gesamtübersicht mittels Eltako-Gebäudefunk Visualisierungs-System GFVS 3.0. Als Grundlage dient der Eltako-RS485-Bus der bereits für das Gebäude-Funksystem verwendet wird. In diesem werden die 2-DrahtBuskomponenten, EnOceanFunktaster oder konventionelle Taster zu einem integralen System kombiniert. Das bidirektionale Antennenmodul FAM14 mit integriertem Netzteil 12 V DC wird mit dem Taster-Gateway über die mitgelieferten Steckbrücken verbunden. Die genannten Komponenten dienen als Zentrale für den RS485-Bus. Zur Bedienung können sowohl EnOcean-Funktaster wie auch konventionelle Taster oder Elektroniktaster mittels Bus-Tasterkoppler FTS61BTK eingebunden werden. Daraus er-
geben sich bisher ungeahnte Möglichkeiten. An einem Taster-Gateway der Baureihe 14 lassen sich bis zu dreissig 4-Kanal Bus-Tasterkoppler verbinden. Über nur zwei Adern erfolgt Datenübertragung und Stromversorgung zugleich. Es entfallen zahlreiche einzelne Taster-Steuerleitungen, ausserdem ist der 2-DrahtBus vom RS485-Bus galvanisch getrennt. Die Bus-Versorgungsspannung beträgt nur 29 V DC, was auch aus elektrobiologischer Sicht unbedenklich ist. Über die mitgelieferte Software PC-Tool PCT14 lassen sich diese Geräte einfach und schnell konfigurieren. Aktoren und Sensoren werden mit den gewünschten Funktionen in einer Datenbank abgespeichert. Zudem erleichtert die kostenlose Software nicht nur das Einlernen, sie ist besonders auch bei späterer Änderung oder dem Austausch der Aktoren von Vorteil. Bestehende Konfigurationen können für neue Aktoren übernommen werden. Die Konfiguration wird über den Mini-USB-Anschluss am Antennenmodul FAM14 in die Aktoren eingelesen Demelectric ist seit über 20 Jahren Generalvertretung von Eltako Electronics in der Schweiz. ■
Demelectric AG 8954 Geroldswil Tel. 043 455 44 00 info@demelectric.ch www.demelectric.ch
Gebäudeautomation
Automatisch entspannter leben Wer seine Haustechnik automatisiert, profitiert von hohem Wohnkomfort, geringeren Energiekosten und zusätzlicher Sicherheit. Noch grösser ist der Mehrwert, wenn die einzelnen Produkte miteinander verknüpft werden: Die ConnexoonApps für Fenster, Terrasse und die Zugänge steuern komplette Wohnbereiche per Zeitschalt- oder Sensorfunktionen. Als zentrale Steuerung leitet die Connexoon-Box sämtliche Befehle per Funk an die angeschlossenen Antriebe, Beleuchtungen und sonstigen elektrischen Verbraucher weiter. Dabei verbindet sie den Komfort einer Zeitschaltuhr und Sonnenautomatik mit der Möglichkeit, persönliche Wohlfühlszenarien auszuführen. Zur Programmierung reichen ein paar Fingertipps auf dem Smartphone. So können beispielsweise mit der Fenster-App zum Schutz vor Einbrechern Storen und die Beleuchtung zu einer intelligenten Anwesenheitssimula-
Connexoon kommt ohne Steuerleitungen aus und eignet sich sowohl für den Neubau- als auch den Renovierungsbereich.
tion verbunden werden. Die Zugangs-App öffnet beim Nachhausekommen dank Geofencing automatisch das Einfahrtsund Garagentor, entriegelt die Haustür und schaltet die Alarmanlage aus. Das Potenzial vernetzter Geräte lässt kaum einen Wunsch offen: Wer das Leben auf der Terrasse liebt, kann seine Markise mit LED-Aussenstrahlern und der MusikPlaylist verknüpfen und seine Lieblingsstimmungen ganz einfach per Schnappschussfunktion abspeichern. Als Einstiegsangebot stehen drei Apps für Fenster, Terrasse und Zugänge zur Verfügung – je nach Automationswunsch und Budget. Damit ist gewährleistet, dass das Zuhause flexibel mit den persönlichen Bedürfnissen mitwächst, ohne dass zusätzliche Steuerleitungen verlegt werden müssen. Die Inbetriebnahme vor Ort gelingt auch ohne Internetzugang im Handumdrehen. Die jeweiligen Produkte müssen ebenso wie Connexoon lediglich an 230 Volt angeschlossen sein – die Verbindung zwischen Antrieben und Box erfolgt per Tastendruck. Industrie- und Fachhandwerkskunden bietet Connexoon eine einfache und günstige Einstiegslösung in die Hausautomation, die ausgezeichnete Chancen auf lukrative Zusatzgeschäfte und eine höhere Wertschöpfung eröffnet. ■
Somfy AG 8303 Bassersdorf Tel. 044 838 40 30 www.somfy.ch
(Bild: www.istockphoto.com)
Gebäudeautomation
Eindringversuche zuverlässig erkennen und melden
Intelligente Technik verhindert Einbrüche Ein Einbruch geschieht mit der Absicht des Diebstahls, der Beschädigung oder des Missbrauches, verbunden mit all den Begleiterscheinungen wie Bedrohung oder Erpressung. Im weitesten Sinn fallen alle Arten krimineller Handlungen darunter. Als Schutzsystem gegen solche Risiken ist ein umfassendes Paket von Geräten, Steuerungen und organisatorischen Massnahmen zu schnüren, das Eindringversuche automatisch erkennt und meldet.
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ede Alarmmeldeanlage muss auf einem Schutzkonzept basieren. Darin sind alle zur Erreichung der angestrebten Schutzziele notwendigen Einzelmassnahmen enthalten. Anzustreben ist eine sinnvolle Kombination von mechanischem Schutz und elektronischer Überwachung. Mit einer angemessenen Risikoanalyse können Bedrohungsarten erkannt, ein Schutzziel und ein zweckmässiges Überwachungskon-
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zept bestimmt werden, beispielsweise für Gewerberäume, Bürogebäude, Bijouterien, Banken oder Museen. Zu einem Schutzkonzept gehören in jedem Fall auch die zur Erreichung der Schutzziele notwendigen baulichen (Mauerstärken, Türkonstruktionen) und die organisatorischen Massnahmen (Alarmierungskonzept, Vertraulichkeit). Zur fachgerechten Planung und Projektierung jeder Alarmmeldeanlage
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zählen auch Massnahmen zur Vermeidung von Falschalarmen (Instruktion, Bedienungskonzept).
Erkennen, auswerten und alarmieren Eine automatische Alarmmeldeanlage erkennt einen Eindringungsversuch durch Detektieren der Begleiterscheinungen wie Lage- oder Druckveränderung, Bewegung, Körper- oder Raumschall, Temperatur-
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veränderung sowie Bildanalysen. Aufgrund vorgegebener Parameter wird automatisch die Gefährdungsstufe ermittelt und angemessene Massnahmen in Form von Alarmund Steuerfunktionen ausgelöst. Erfassung: Automatische Melder setzen physikalische Kenngrössen in elektrische Signale um. Sie überwachen so umgrenzende Bereiche, Räume, Durchgangswege und Objekte. Manuelle Melder dienen anwesenden Personen zur unverzüglichen Alarm- und Interventionsauslösung. Die Melder sind mit der Alarmmeldezentrale verbunden. Auswertung: Die Alarmmeldezentrale ist das Gehirn der Anlage. Moderne Zentralen verfügen über eine Vielzahl von Parametrier- und Programmiermöglichkeiten um Benutzer, Bereiche, Zeitprofile, Eingangsbeschaltungen sowie das Verhalten von Ein- und Ausgängen zu programmieren. Alarmmeldezentralen enthalten meistens auch integrierte Fernübermittlungssysteme und kommunizieren gleichzeitig mit Benutzern via Bedienteile, PC oder Apps sowie mit übergeordneten Managementsystemen, Remote-Service-Zentren und Alarmempfangszentralen. Steuerfunktionen: Die Alarmierung wird (intern, extern, örtlich, fern) durch die Meldezentrale gesteuert. Bei Bedarf erfolgt ein An-
schluss an eine übergeordnete Managementebene (Leitsystem) oder der lokale Verbund mit anderen Subsystemen wie Zutrittskontrollsystemen oder Videoüberwachungsanlagen, die untereinander interoperabel sind (Bild 1). Die Meldelinie verbindet die Melder mit der Zentrale. Man unterscheidet zwei Arten, nämlich «kollektive» Meldelinien und «adressierbare» Meldelinien. An einer kollektiven Meldelinie sind in der Regel mehrere Melder angeschlossen. Es ist nur eine Standortanzeige pro Meldelinie möglich. Das Erkennen der einzelnen Meldestandorte respektive eines einzelnen Melders ist nicht möglich, es sei denn, die Meldelinie enthält nur einen einzigen Melder. Die adressierbare Meldelinie erlaubt für die angeschlossenen Melder die Anzeige der einzelnen Melder-Standorte. Die einzelnen Melder werden über Busmodule oder auch Adressierelemente an die Melderlinie angeschlossen. Bei diversen Meldern sind die Busmodule bereits integriert. Die Meldelinie ist in der Regel als Vierdraht-Leitung ausgeführt, wobei zwei Drähte der Übermittlung der Daten zur Zentrale dienen und die restlichen zwei Drähte für die Speisung elektronischer Melder benötigt werden. Adressiersysteme erlauben den Datenverkehr in zwei Richtungen,
d. h. es können sowohl (mehrere) Zustände vom Melder zur Zentrale, als auch Steuerbefehle von der Zentrale zum Melder übermittelt werden. Wird pro Adresse nur ein Melder angeschlossen, spricht man von Einzeladressierung. Werden pro Adresse mehrere Melder angeschlossen, so haben diese eine gemeinsame Standortbezeichnung. Bei bestehenden Bauten werden immer öfter auch Funkmelder eingesetzt Die Installation erfolgt schnell, einfach und kostengünstig. Zu beachten ist, dass die Reichweite der Funkmelder beschränkt ist und sich eine Funkverbindung stören lässt. Zudem müssen Funkkomponenten gewartet werden. Die Batterien moderner Melder verfügen über Laufzeiten von bis zu fünf Jahren. Ein anstehender Batteriewechsel wird normalerweise in der Meldezentrale angezeigt.
Sabotagesicherheit und Vertraulichkeit Die Sabotagesicherheit ist eine unabdingbare Grundforderung an jede Alarmmeldeanlage. Die dazu erforderlichen Massnahmen umfassen die fachgerechte Anordnung von Geräten und Leitungen sowie eine lückenlose Sabotageüberwachung der Melder, Leitungen, Zentrale, Bedienungs-, Alarmierungsund Übermittlungsgeräte. Geräte
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Prüfverfahren die Einhaltung ihrer Richtlinien und der in Betracht fallenden Normen und erteilen bei erfüllter Qualifikation entsprechende Zulassungen.
Unterschiedliche Meldertechnologien
1) Aufbau einer Alarmmeldeanlage. (Bild: Siemens Schweiz AG) und Leitungen einer Alarmmeldeanlage sind nach Möglichkeit (Zentralen, Anschluss- und Verteildosen) im geschützten Bereich anzuordnen. Leitungen ausserhalb des geschützten Bereiches sind durch besondere Massnahmen (Verlegung im Unterputz oder im Panzerrohr) gegen unbefugten Zugriff zu schützen. Zusätzlich müssen durch eine dauernde SabotageÜberwachung aller Geräte und Leitungen sämtliche unerlaubten Eingriffs- und Manipulationsversuche erkannt und gemeldet werden. Mit dem Erwerb einer Alarmmeldeanlage erwartet der Kunde angemessene Sicherheit. Die Gewährleistung dieser Sicherheit macht es notwendig, Unberechtigten jeden Zugriff zu vertraulichen Informationen zu verwehren. In diesem Sinne erfordert Intrusionsschutz im gesamten Tätigkeitsbereich (Planung, Projektierung, Rea-lisierung) ein ausgeprägtes Sicherheitsdenken. Die dafür notwendige Verhaltensweise ist durch laufende Schulung im Bewusstsein der Beteiligten zu verankern. Als vertraulich sind alle Akten und Dokumente zu behandeln, die Rückschlüsse auf betroffene Gebäude, Schutzmassnahmen (Geräte, Funktionen, Installationen) sowie Organisationen (Personen, Abläufe) ermöglichen. Dazu gehören beispielsweise Submissionen, Angebote, Rechnungen, Pläne, Schemas, Skizzen, Programmierunterlagen, Apparatelisten, Gerätebeschreibungen und Anleitungen.
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Normen und Anforderungen
2) Für die verschiedenen Überwachungsbereiche werden unterschiedliche Meldetechnologien eingesetzt. (Bild: Siemens Schweiz AG)
Für die Schweiz gelten Grundsätzlich die EN-Richtlinien für Alarm-, Einbruch- und Überfallmeldeanlagen. In verschiedenen Anforderungspunkten können die Europäischen Normen EN 50131 die in der Schweiz bis anhin geltenden Anforderungen (z. B. an Bedienung, Sabotageüberwachung, Alarmierung) nur teilweise oder gar nicht erfüllen. Damit das bisher in der Schweiz geltende Sicherheitsniveau gewährleistet werden kann, wurde vom Verband Schweizerischer Errichter von Sicherheitsanlagen (SES) die «Technische Richtlinie Einbruchund Überfallmeldeanlagen» erlassen, die zum einen Lücken schliesst und zum anderen die Qualitätssicherung gewährleistet. Die Schweizer Richtlinien beinhalten die schweizerischen Anforderungen an die technische Ausführung von Einbruch- und Überfallmeldeanlagen. Nationale Prüf- und Zulassungsstellen erlassen eigene Richtlinien für Melder und Anlagen. Zudem überwachen sie in speziellen
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Die Melder sind die Spürnasen und Argusaugen eines Sicherheitssystems. Damit werden physikalische Kenngrössen in elektrische Signale umgewandelt und über eine Kommunikationsverbindung (Draht, Funk) der Zentrale zugeleitet. Das System verarbeitet die Signale, ermittelt die Ursache des erfassten Ereignisses (Gefahrenstufe, Täuschung, Sabotage, technische Störung) und leitet die vorprogrammierten Schutzmassnahmen ein. Je nach Schutzanwendung kommen verschiedenartige Melder (Sensoren) zum Einsatz. Zum Beispiel Videosensorik oder Aktiv-Infrarotschranken für die Perimeter- und Zonenüberwachung (aussen und innen), Glasbruch- und Kontaktmelder für die Überwachung der Aussenhülle, Passiv-Infrarotmelder und Multisensor-Bewegungsmelder für die Raumüberwachung. Oder Körperschallmelder und Bildermelder für die Objektüberwachung (Bild 2). Intrusionsmelder können – abgesehen von den physikalischen Unterschieden der Detektionsprinzipien – auf zwei grundsätzlich verschiedene Arten arbeiten, nämlich «passiv» oder «aktiv». Zur Gruppe der passiven Meldersysteme gehören Infrarot-Bewegungsmelder, Körperschallmelder, Bildermelder, Glasbruchmelder und Kontaktmel-
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der. Sie arbeiten als reine «Empfänger», d. h. sie erkennen mithilfe eines geeigneten Sensors das Auftreten oder Verändern bestimmter physikalischer Werte, signalisieren eine «Alarmsituation». Ein aktives Meldersystem besteht aus einem Sendeteil, der in einer elektronischen Schaltung ein definiertes Signal generiert und aussendet, und einem Empfangsteil, der das ausgesendete Signal empfängt, überwacht und Veränderungen als «Alarmsituation» erkennt. Zu den aktive Systemen gehören Ultraschallmelder, Lichtschranken oder Mikrowellenmelder. Sie haben aufgrund der zusätzlichen Parameter aus dem Vergleich des gesendeten mit dem empfangenen Signal gute Alarmerkennungseigenschaften und bieten zusätzliche Möglichkeiten zur Vermeidung von Täuschungsalarmen. Umgebungsbedingte Störeinflüsse werden durch Filter eliminiert.
Perimeter- und Zonenüberwachung Infrarotschranken bestehen aus Sendern, die unsichtbare Infrarotstrahlen aussenden, und Empfängern, welche die eintreffende Infrarotenergie sammeln und auswerten. Im Sender wird die Infrarotenergie von einer lichtemittierenden Diode (LED) ausgestrahlt und über eine Optik gebündelt. Zum Schutz gegen Fremdlicht (Sabotage, Sonne usw.) wird der Infrarotstrahl in der Regel moduliert. Vom Empfänger wird die eintreffende Infrarotenergie über eine Optik dem Sensor, einem Fotohalbleiter, zugeführt. Das vom Sensor detektierte Signal wird in einer elektronischen Schaltung analysiert und zur Alarmauslösung ausgewertet. Infrarotschranken erkennen eine Alarmsituation aufgrund der Intensität der empfangenen Infrarotenergie und, bei moduliertem Infrarotstrahl, zusätzlich aufgrund der Impulslänge, Flankensteilheit und Frequenz. Infrarotschranken eignen sich zur Überwachung von Korridoren, Zwischengängen, Wänden, Fenstern und Türen sowie von anderen engbegrenzten Bereichen.
Besondere Konstruktionen erlauben auch den Einsatz im Freien. Dabei wird die praktisch erzielbare Reichweite durch die am Einsatzort zu erwartende Nebeldichte begrenzt. Es existieren auch Geräte mit «Nebelschaltungen», die bei Nebel die Alarmfunktion unterdrücken und dafür ein separates Signal abgeben. Videotechnik wird eingesetzt um Personen oder Objekte, die sich im Sichtbereich einer Videokamera befinden, automatisch zu erkennen. Kameras unterscheiden sich durch ihre Lichttechnik, ihre Auflö-
Computer, die zu einer intelligenten und kompakten Einheit zusammengefasst sind. Zu den Hauptkomponenten einer IP-Kamera gehören ein Objektiv, ein Bildsensor, Prozessoren sowie ein Speicher. Die Prozessoren werden für die Bildverarbeitung, Komprimierung, Videoanalyse und Netzwerkfunktionen eingesetzt. Der Speicher wird für die lokale Aufzeichnung von Videosequenzen und für die Speicherung der Firmware der IP-Kamera (dem Betriebssystem) verwendet. Wie ein Computer verfügt die IP-Kamera über eine eigene IP-Adresse und ist
Das Zusammenspiel verschiedener Melder erhöht die Sicherheit. (Bild: Siemens Schweiz AG)
sung und Bauform und werden je nach Aufgabenstellung entsprechend eingesetzt. Mit einer Wärmebildkamera können Personen und Gegenstände ohne zusätzliche Lichtquellen auf grosse Distanzen erfasst werden. In Aussenbereichen bieten sie den Vorteil einer weitgehenden Wetterunabhängigkeit. So haben Regen, Schnee, Nebel oder Gegenlicht einen wesentlich geringeren Einfluss auf das Bild. Daher sind Wärmebildkameras in Verbindung mit Videosensorik für den Perimeterschutz oder die Überwachung von Gebäudefassaden geeignet. Einige Wärmebildkameras verfügen über eine zusätzliche Intelligenz zur präzisen Auswertung von Temperaturen auf Oberflächen. Die Temperaturen werden in einem Farbras-ter dargestellt. Werden vordefinierte Temperaturschwellenwerte erreicht, löst die Kamera einen Alarm aus, der an eine beliebige Empfangsstelle weitergeleitet werden kann. Eine IP-Kamera, häufig auch als Netzwerk-Kamera bezeichnet, besteht aus einer Kamera und einem
direkt mit dem Netzwerk verbunden. Sie kann deshalb überall platziert werden, wo eine Netzwerkverbindung verfügbar ist.
Peripherie-Überwachung Glasbruchmelder: Beim Einschlagen von Glasscheiben entstehen Vibrationen, die sich als mechanische Schwingungen im Glas fortpflanzen. Der Sensor des Melders empfängt diese Schwingungen und wandelt sie in elektrische Signale um. Die Melderelektronik verstärkt die für brechendes Glas typischen Frequenzen und wertet die so aufbereiteten Signale zur Alarmauslösung aus. Der Magnetkontakt besteht aus den beiden Einheiten «Reedschalter» und «Magnet». Diese werden so an der zu überwachenden Einrichtung angebracht, dass sie in Ruheposition (kein Alarm) dicht beieinander liegen. In dieser Position ist der Reedschalter durch die Wirkung des Magnetfeldes geschlossen. Bewegt sich der Magnet vom Reedschalter weg, so verringert sich der Einfluss des
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Magnetfeldes rasch, bis schliesslich der Reedschalter öffnet und dadurch Alarm auslöst. Magnetkontakte melden das Öffnen von Türen, Fenstern, Drehtüren, Rolltoren, Apparategehäusen, Schubladen. Der Überwachungskontakt besteht zur Hauptsache aus einem Mikroschalter, der mit konstruktiven Ergänzungen für den Einsatz in Alarmmeldeanlagen optimiert ist. Der Überwachungskontakt wird so an der zu überwachenden Einrich-
Weniger Einbrüche Gemäss der polizeilichen Kriminalstatistik des Bundesamtes für Statistik (BFS) sind die Einbruchdiebstähle im Jahr 2015 drastisch zurückgegangen. Im Vergleich zum Vorjahr sank ihre Anzahl um 9922 Straftaten auf 42 416, was einem Rekordminus von 19 % entspricht. Dies ist der tiefste Stand seit der Statistikrevision im Jahr 2009. Zudem nahm auch die Zahl der Einschleichdiebstähle ab (–11%). Insgesamt ergibt sich dadurch eine Häufigkeit von 6,4 Einbruch-/Einschleichdiebstählen auf 1000 Einwohnerinnen und Einwohner, gegenüber 7,8 im Jahr 2014. Im nationalen Bericht zur polizeilichen Kriminalstatistik hat das BFS die Anzahl gewisser Straftaten auf 1000 Einwohnerinnen und Einwohner für Städte mit mehr als 30 000 Einwohner/-innen berechnet. Sie geben Aufschluss über die Entwicklung in einzelnen Bereichen der Kriminalität und verbessern die Vergleichbarkeit. In der Stadt Neuenburg wurde am häufigsten eingebrochen. Dahinter folgen die Städte Genf und Lausanne. Die tiefsten Häufigkeitszahlen weisen die Städte Uster, Lugano und Schaffhausen auf.
tung angebracht, dass in der Position «kein Alarm» der Betätigungsstift gedrückt ist. Überwachungskontakte melden das Öffnen von Türen, Fenstern, Schränken, Apparategehäusen und eignen sich insbesondere auch zur Überwachung der Riegelstellung in Schliesskontrollanlagen.
Raumüberwachung Passiv-Infrarotmelder: Jeder Gegenstand (Umgebung, z. B. Wände, Möbel) und jeder Körper (Mensch, Tier) strahlt eine von seiner Oberflächentemperatur abhängige Infrarotenergie ab. Im Gegensatz zur ruhenden Umgebung stellen Mensch und Tier sich bewegende Infrarotquellen dar. Alternativ dazu existieren völlig unsichtbare Systeme, die
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bereits beim Annähern an Bilder oder Objekte einen Alarm oder Voralarm auslösen. Über eine geeignete Optik wird die im überwachten Bereich vorhandene Infrarotenergie zonenweise einem pyroelektrischen Sensor konzentrisch zugeführt. Dieser misst stetig die eintreffende Infrarotenergie. Durchquert nun ein Körper (z. B. Mensch) eine dieser Zonen, so misst der Sensor die damit verbundene Temperaturänderung. Das Änderungssignal wird in einer elektronischen Schaltung analysiert und zur Alarmauslösung ausgewertet. Sie erkennen eine Alarmsituation aufgrund der vom Sensor detektierten Temperaturdifferenz und Temperaturänderungsgeschwindigkeit. Der Ultraschall-Bewegungsmelder besteht aus einem Sender, der über einen elektroakustischen Wandler kontinuierlich Schallwellen im unhörbaren Frequenzbereich abstrahlt, und einem Empfänger, der über ein Mikrofon die von der Umgebung reflektierte Schallenergie aufnimmt, auf Frequenzänderung analysiert und zur Alarmauslösung auswertet. Frequenzänderungen werden verursacht durch Körper, die sich im Schallfeld bewegen (Mensch, Tier, Gegenstand). Diese Frequenzänderung wird «Dopplerfrequenz» genannt und ist proportional zur Bewegungsgeschwindigkeit, die in radialer Richtung zum Melder gemessen wird. Die wirksame Geschwindigkeitskomponente und damit die Frequenzänderung ist somit am grössten bei Bewegung auf den Melder zu oder davon weg, und wird umso kleiner, je mehr sich die Bewegungsrichtung einem Kreisbogen um den Melder annähert. Ultraschall-Bewegungsmelder eignen sich für den Vollraumschutz beliebig grosser Innenräume sowie auch für den Teilraumschutz. Dual-Bewegungsmelder kombinieren die Eigenschaften von zwei physikalischen Meldern. Solche Melder sind besonders robust und falschalarmsicher. Im Beispiel mit einem Ultraschall- und einem Passiv-Infrarot-Teil wird dank raffinierter, digitaler Signalverarbeitung
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und Systemverknüpfung eine sichere Erkennung von Eindringlingen gewährleistet. Dabei werden beide Teilsysteme einer komplexen Mehrkriterien-Analyse unterworfen und Störungseinflüsse in den einzelnen Teilsystemen erkannt und unterdrückt.
Objekt-Überwachung Körperschallmelder: Durch die Einwirkung von Einbruchwerkzeugen auf feste Werkstoffe entstehen mechanische Schwingungen, die sich als «Körperschall» im Werkstoff ausbreiten. Der Körperschall wird durch einen eng mit dem Werkstoff verbundenen, zumeist piezoelektrischen Sensor aufgenommen und in einer elektronischen Schaltung analysiert und zur Alarmauslösung ausgewertet. Körperschallmelder erkennen die verschiedenen Angriffs- und Sabotageversuche auf die mechanische Schutzhülle (Metall, Beton, synthetische Materialien). Richtig eingesetzt funktionieren sie praktisch fehlalarmfrei und bieten zudem im Vergleich zur überwachten Fläche ein sehr günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis. Körperschallmelder eignen sich auch für die Überwachung öffentlich zugänglicher Automaten (Geld, Geldwechsel, Fahrkarten, Parkscheine, Telefon usw.). Interessant ist, dass auch Angriffe, die nicht direkt den Geldbehälter, sondern das umliegende System betreffen, bereits bei der Entstehung erkannt werden. Durch entsprechende Signalverarbeitung erkennt der Melder ernsthafte Beschädigungs- und unerlaubte Öffnungsversuche, ohne dass er bei normalen Bedien- und Umgebungsgeräuschen, harmlosen Fusstritten oder Handschlägen einen unerwünschten Alarm auslöst. Im Vergleich zu anderen Überwachungsmethoden bietet dieses Detektionsprinzip entscheidende Vorteile. Bewegungsmelder erlauben eine Überwachung des Schutzobjektes nur bei Abwesenheit von Personen und müssen während normalen Arbeitszeiten abgeschaltet werden. Körperschallmelder dagegen überwachen rund um die Uhr und werden vom normalen Arbeits-
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betrieb nicht beeinträchtigt. Die Montage des Körperschallmelders ist einfach und mit wenigen Handgriffen zu bewerkstelligen. Viele Hersteller von Geldschränken und Automaten haben die Montagelöcher zum Anbringen des Melders bereits vorbereitet. Der Melder lässt sich sowohl an der Aussenwandung als auch an der Innenwandung des Schutzobjektes montieren. Bilderüberwachung: Zur Überwachung von Bildern, Gemälden und anderen Kulturgütern kommen verschiedene Detektionsarten zum Einsatz, zum Beispiels piezoelektronische Bildermelder, Lasermesssysteme, optische Distanzmelder oder Kontaktmelder. Verbreitet ist der piezoelektronische Melder, der gleichzeitig als Bildaufhängemechanik genutzt werden kann. Angriffsversuche auf Bilder (Diebstahl, Beschädigung) bewirken an deren Aufhängevorrichtungen Zugund Druckveränderungen. Diese
werden durch einen mit der Aufhängevorrichtung (Haken) verbundenen Sensor (piezoelektrischer Wandler) aufgenommen und in einer elektronischen Schaltung analysiert und zur Alarmauslösung ausgewertet. Das System erkennt eine Alarmsituation aufgrund der Kriterien «Amplitude» und «Frequenz» des vom Sensor detektierten Signals. Bilderüberwachungssysteme eignen sich für die Überwachung aller an Wänden aufgehängten Gegenstände wie Gemälde, Waffen, Teppiche und Masken.
können Alarmanlagen ein interessanter Geschäftszweig sein. Grössere Anbieter von Alarmanlagen bieten in der Schweiz Kurse und Unterstützungshilfen für die professionelle Umsetzung. ■
Fazit Die Basis für einen wirksamen Schutz gegen Einbrecher bildet eine Risikoanlayse, definierte Schutzziele und daraus abgeleitete Massnahmen. Die grösste Wirkung erzielt ein darauf abgestimmter Mix von mechanischen, elektronischen und organisatorischen Massnahmen. Für innovative Elektroinstallateure
Infos Siemens Schweiz AG Building Technologies www.siemens.ch/einbruchschutz Bundesamt für Statistik. Autor: Hansjörg Wigger
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Die Antwort auf alle Fragen der Raumautomation: L-ROC-400 Room Controller Room Controller L-ROC-400: Leistungsaufnahme max. 15 W, Abmessungen L x B x H = 340 x 144 x 70 mm. Der L-ROC Room Controller bildet die Grundlage für ein revolutionäres Raumautomationssystem auf IP-Basis, das nahtlos in native BACnet/IP-Netzwerke und LonMark-Systeme auf Controller-Ebene integrierbar ist. Gemeinsam mit der Software L-STUDIO lassen sich flexible Raumlösungen mit geringem Arbeitsaufwand erstellen und auch an geänderte Anforderungen während des Projektes anpassen. Ein integraler Bestandteil der Lösung L-ROC ist eine webbasierte Raumbedienung über LWEB802/803 Dashboards und die automatische Generierung der L-VIS Touch Panel Grafikprojekte für die lokale Raumbedienung. Die L-ROC Controller stellen alle gängigen Schnittstellen und eine Vielzahl an Ein- und
Ausgängen für Raumautomationsprojekte zur Verfügung. KNX-Geräte können über das eingebaute KNX TP1 oder KNXnet/IP-Interface integriert werden. Die Integration von DALI-Lampen in die Raumautomation kann direkt über die bereits eingebaute DALI-Schnittstelle mit integrierter DALIStromversorgung erfolgen. Bis zu 16 SMI-Jalousienmotoren können an die SMI-Schnittstelle angeschlossen werden. Für BelimoVentile gibt es eine MP-Bus-Schnittstelle.m System L-ROC stellt das Raumsegment die kleinste einzeln ansteuerbare Einheit dar. Pro Raumsegment stellt der L-ROC Room Controller ein vollständiges Set an Funktionen zur Verfügung: • Beleuchtungssteuerung mit Konstantlichtregelung • Jalousiesteuerung mit Sonnenstandsnachführung
• Temperaturregelung für Heizen, Lüften und Kühlen • Anwesenheitsdetektion • Fensterüberwachung über Fensterkontakt Abhängig vom Modell können je L-ROC Room Controller zwischen 8 und 16 Raumsegmente im Vollausbau betrieben werden. Grössere Gebäude werden auf Basis der Raumsegmente hierarchisch modelliert. Dabei können mehrere L-ROC Room Controller mit einem Area-Manager zu Bereichen zusammengefasst werden. Ein Floor-Manager verwaltet die Bereiche in einem Stockwerk. Die Aufteilung der Bereiche und Etagen kann flexibel an die Architektur des Gebäudes angepasst werden. ■ Omni Ray AG, 8600 Dübendorf Tel. 044 802 28 80, www.omniray.ch
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Gebäudeautomation steuert sämtliche technische Funktionen
Die Antwort auf hohe Ansprüche Wenn ein Schweizer Firmenchef für sein eigenes Zuhause ein aussergewöhnliches Projekt angeht und sich persönlich um die Umsetzung qualitativ tadelloser Lösungen bemüht, kann man sicher sein, dass das Resultat sämtliche Klischees bezüglich «Swiss Made» erfüllt. Wenn darüber hinaus die frischgebackenen Hausbesitzer über ihre Erfahrungen im Smart Home erzählen, kann man daraus nur lernen.
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ie Villa liegt irgendwo im Jura, der Hochburg der Schweizer Uhrenindustrie, und strahlt die Ruhe seriöser Arbeit aus. Die Besitzer möchten anonym bleiben. Bei der Planung beschlossen sie, aus allen Bereichen nur das Beste zu verwenden und es zu einem Gesamtkunstwerk zusammenzufügen. Im Internet suchten sie praktisch in der ganzen Welt nach Schönem und Originellem für Architektur, Raumorganisation und -gestaltung, Innenarchitektur, Wohnkomfort und Dekoration. Ihr Fazit ist selbstbewusst: «Wir haben zusammen mit
Abrufbare Szenen sind das Resultat von Präzisionsarbeit.
den besten Spezialisten etwas Aussergewöhnliches geschaffen.»
Die Überzeugungskraft guter Argumente Ursprünglich war kein Hausautomationssystem geplant, das schien der Bauherrschaft zu kompliziert. Der Projektleiter der beauftragten Elektroinstallationsfirma insistierte jedoch, bis er ein Automationskonzept auf der Basis von KNX präsentieren konnte, das sämtliche technischen Funktionen des Hauses steuert. Er wies auf die zahlreichen Vorteile des Systems hin, das nicht nur
den Komfort erhöht, sondern auch mehr Flexibilität und Sicherheit bringt und somit die Nerven schont. Auch das Energiesparpotenzial nannte er als entscheidenden Faktor. «Die Vorschläge und Argumente brachten uns dazu, die Sache zu überdenken. Die Lösung hat uns gefallen, sodass wir schliesslich zustimmten. Heute sind wir extrem froh darüber.» Das von der Bauherrschaft erstellte Pflichtenheft war äusserst kurz und umfasste dennoch alle Funktionen: «Wir verstehen nichts von Gebäudeautomation. Gehen
Gebäudeautomation
Sie bei der Planung so vor, als wäre es Ihr Haus. Am Schluss werden wir gemeinsam die Feinabstimmung vornehmen.» An diesem Beispiel sollten sich andere Bauherren orientieren. Der Startschuss für ein grosses Projekt war gefallen. Während der Planungsphase verwendete das Integratorenteam viel Zeit darauf, möglichst einfache Schnittstellen zwischen den Nutzern und dem Haus zu schaffen. Dazu wählten sie die aktuell besten Lösungen und stimmten sie so aufeinander ab, dass sie die hohen Erwartungen perfekt erfüllen. In dieser Hinsicht kann wieder einmal der Vergleich mit der Automobilindustrie gezogen werden: Komplexe und ausgereifte Hightech-Lösungen arbeiten im Hintergrund, ihre Anwendung ist jedoch intuitiv und einfach.
Eindrückliches Beleuchtungskonzept Der Beleuchtung wurde besondere Aufmerksamkeit geschenkt. In der Villa sorgt sie nicht nur für Helligkeit, sondern ist auch ein Stilmittel, das die Architektur und die gestalterischen Elemente zur Geltung bringt. Die über hundert Leuchtkörper sind zum Teil massgeschneiderte Lösungen und so miteinander vernetzt, dass sie die Bedürfnisse der Bewohner perfekt abdecken. LEDs sind omnipräsent und werden vollständig über den DALI-Bus oder KNX gesteuert. Wollte man alle Punkte einzeln steuern, bräuchte es zahllose Taster und vor allem jeden Tag viel Zeit, was den Hausbewohnern am Ende die Lust nehmen würde, die Möglichkeiten der Beleuchtungsanlage auszuschöpfen. Die Systemintegratoren erarbeiteten deshalb gemäss dem Pflichtenheft Beleuchtungsszenen, die über wenige Taster abgerufen werden können. Die Szenen wurden zusammen mit den Auftraggebern minutiös erarbeitet und eingehend getestet.
Unerwartete Vorteile Für grosse Überraschung bei den Eltern und uneingeschränkte Begeisterung bei den Kindern sorgte die
Eine von vier Ausführungen: EDocking Wall von Ergo3.
allen Räumen. Alle Hausbewohner sind des Lobes voll, die Hausautomation bringe ihnen sehr viel Komfort. Damit nicht genug: «Als wir letzten Winter einige Wochen in den USA verbrachten, kontrollierten wir über das Smartphone regelmässig die Zimmertemperaturen und ob im leeren Haus auch sonst alles in Ordnung war: Sie können sich nicht vorstellen, wie beruhigend das war. Ein ganz neues Leben.»
Sichtbare Teile: Top-Lösungen
Alles im Griff vor der Nachtruhe: EDocking Desk von Ergo3.
Wenige Tasten genügen, um das ganze Haus zu steuern.
Tatsache, dass die Beleuchtung über fünf im Haus verteilte iPads sowie über die Smartphones gesteuert werden kann, und zwar über die App des Schweizer Unternehmens Ergo3. Um sie zu bedienen, war keine langweilige Schulung nötig, alle Funktionen sind leicht zugänglich. Nicht nur die Beleuchtung lässt sich so bequem vom Sofa aus regeln, sondern auch die Storen und die Temperatur in
Wie ein Smartphone funktioniert, weiss praktisch niemand, der Nutzer hat nur Zugang zu den Steuerelementen. In der Villa im Jura ist es ähnlich. Die Steuerung basiert auf der einfachen und ergonomischen EBox von Ergo3. Sie regelt Beleuchtung, Storen, Heizung, Klimatisierung, die Timer und andere personalisierte Module. Für die Visualisierung und die Steuerung stehen EDocking-Stationen zur Verfügung, eine hochwertige Lösung, in die ein Tablet leicht integriert werden kann. Die Wandversion mit Rahmen aus eloxiertem Aluminium ist ein echtes Bijoux, die Deskversion hat ihren festen Platz auf dem Nachttisch, denn sie führt die letzte Handlung des Tages aus: das Haus auf Standby zu stellen. Sie überwacht die Anlage und die Aussenumgebung, sodass die Bewohner ruhig schlafen können. Muss in der Nacht jemand aufstehen, schaltet sich die Beleuchtung nur schwach ein. «Gebäudeautomation muss man haben, um sie zu schätzen!», lautete das erfreuliche Fazit der zufriedenen Bewohner. ■
Infos ergo3.ch Autor: Pierre Schoeffel pierre.schoeffel@keyboost.ch
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2016
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Gebäudeautomation
Saia Burgess Controls bietet neue Produktgruppe für flexible Raum- und Zonenautomation
Smart, kompakt und flexibel Kommunikation ist ein unverzichtbarer Bestandteil in der regeltechnischen Energieeffizienz von Gebäuden. Nur Automationskomponenten, die sinnvoll in Einsatzzweck und Kommunikation aufeinander abgestimmt sind, besitzen das Potential, den Energieverbrauch und damit die Betriebskostenenwicklung positiv zu beeinflussen.
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elches Energie-Einsparpotenzial steckt in der Automation von Gebäuden? Über diese Frage sind sich Architekten und Fachplaner von Gebäudegewerken oft uneinig. Im digitalen Zeitalter von Smart Home und Smart Grid ist der gewerkübergreifende Austausch von Informationen jedoch eine zentrale Notwendigkeit. Der Schlüssel zur optimalen Nutzung vorhandener Energiepotenziale in Gebäude und Prozess liegt im Synergiepotenzial gewerkübergreifender Automation. Die Energieverteilung in Infrastrukturen ist angewiesen auf Kommunikation. Damit wird die vorausschauende Ausrichtung von Angebot und Nachfrage erst möglich. Dieses zentrale Element, die Kommunikationsfähigkeit von Regelkomponenten, ist in der E-Line Produktfamilie ein integraler Bestandteil. Durch den modularen Aufbau von Funktionsmodul und CPU bietet E-Line jenes angestrebte Potenzial zu mehr Energieeffizienz nach DIN EN 15232. Flexibel zusammenstellbar stehen Anwendungen im Bereich Heizung, Lüftung, Klima (HLK) sowie für Lichtlösungen mit DALI 2.0 und konventioneller Licht- und Beschattungstechnik zur Verfügung. Ausserdem umfasst das Sortiment eine Vielzahl an RIO-Modulen, mit VorOrt-Bedienung und unterschiedlichem Ein-/Ausgangsangebot.
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SBC-Produkte auszeichnet, ist das Steuerungskonzept auch für zukünftige Anforderungen gerüstet. Die Datensicherung im Netzausfall ist trotz batterielosem Betrieb gewährleistet und sorgt zuverlässig vor Datenverlust im Ernstfall.
Platzsparender CPU für Stockwerkmanagement
Die frei programmierbare E-Line CPU wurde speziell für das Stockwerkmanagement von Funktion und Kommunikation in Elektroverteiler entworfen. Für den Ausbau ist die Steuerung modular über integrierte Steckplätze oder mit spezifischen Funktionsmodulen erweiterbar. Dies erlaubt die Nutzung in unterschiedlichsten Anwendungsformen mit flexiblem Einsatz von
Feldbusprotokollen wie bspw. DALI, EnOcean, Modbus, M-Bus IP-basierten oder Kommunikationsformen mit BACnet, LON oder KNX.
Technik und Ausbau Die bereits in der CPU implementierten IT-Protokolle ermöglichen die nahtlose Integration in eine vorhandene IT-Umgebung. Auch die Vor-Ort-Bedienung und der Fernzugriff auf den Webserver sind einfach zu realisieren. Zusammen mit der freien Programmierbarkeit mit Saia PG5 wird so eine nachhaltige Automation über den gesamten Lebenszyklus von Anlagen und Liegenschaften gewährleistet. Kombiniert mit der Langlebigkeit, die alle
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Kompaktes Design, einfache Inbetriebnahme
E-Line Modularität – Raumautomationssortiment für Licht, Storen, DALI-, Enoceanund HLK-Anwendungen.
Die E-Line-Reihe wurde speziell für den Einbau in der Elektroverteilung entwickelt. Das heisst, sie entspricht den Standard-Abmessungen gemäss DIN 43880. Damit kann sie nicht nur in den Automationsschrank, sondern auch in die Elektrounterverteilung integriert werden. Die kompakte Bauform ermöglicht damit Automation auf geringstem Raum, was den Investitionsaufwand wiederum erheblich zu senken vermag. Moderne PushIn-Klemmen sorgen für die installationsfreundliche Verdrahtung, damit die Module schnell, effizient und weitgehend ohne Einsatz von Werkzeug vorgenommen werden können. Im Ersatzfall sind sämtliche Klemmen steckbar, was Servicekosten spart und Verdrahtungsfehler vermeidet. Jeder Ein- und Ausgang verfügt über eine Statusanzeige zur einfachen Diagnose bei Inbetriebnahme und Servicegang. ■
Infos: Saia-Burgess Controls AG 3280 Murten Tel. 026 580 30 00 info.ch@saia-pcd.com www.saia-pcd.com
Neues Netz für Dinge und Geräte im Gebäude Im klassischen Ansatz der Gebäudeautomation gilt: Kupfer vor Antennen. Der Aufwand zur Vernetzung ist kostspielig und aufwändig. Bus-Systeme erleichterten zwar die Erschliessung merklich, doch nach wie vor werden tausende Meter Kabel verlegt. Das Internet der Dinge setzt in den meisten Fällen auf eine kabellose Erschliessung und auf eine einheitliche IP-Basis über die verschiedenen Geräte hinweg. Neue Technologien vereinfachen die Vernetzung massiv bei tieferen Kosten. Eine dieser Technologien ist das Low Power Network, basierend auf dem offenen LoRa-Wan-Standard. Das Internet der Dinge mag in den Augen vieler ein Hype sein, Tatsache ist jedoch, dass die Vernetzung nie einfacher und billiger war. Die Vorzeichen stehen gut, dass es deshalb jetzt an Momentum gewinnt. Eine grosse Hürde war bislang jedoch die Abhängigkeit der Stromversorgung für Sensoren. Die Sensoren im Low Power Network lassen sich (siehe Artikel «Netz für das Internet der Dinge», Seite 15) stromnetzunabhängig einfach vernetzen. Die Sensoren sind mit handelsüblichen Batterien ausgestattet und übertragen damit jahrelang Werte. Die einfache und IP-basierte Vernetzung bringt Internettechnologieanbieter auf den Plan. Sie drängen vermehrt Richtung Gebäudeautomation. Nest von Google ist nur ein Beispiel. Diese sprechen zwar zurzeit in erster Linie Privatkunden an und die erwarten, dass sie diese in der Firma gleich wie zu Hause benutzen können. So ist es gut möglich, dass besonders benutzerfreundliche Lösungen für die Gebäudeautomation vermehrt für den Endkunden entwickelt werden und den Weg zurück ins Zweckgebäude finden werden. Swisscom baut derzeit ein schweizweites Low Power Network, das auf dem offenen LoRa-Wan-Standard basiert. Das neue Netz nutzt ein konzessionsfreies Band und punktet mit einer verhältnismässigen hohen Reichweite mit niedrigem Energieaufwand – dank einer hohen Toleranz in der Übertragung. Eine Empfangsstation mit Internetanbindung oder SIM-Karte in einem
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Gebäude reicht, um sämtliche Sensoren einzubinden, die dann laufend Gebäudeparameter wie Temperatur, Feuchtigkeit, Helligkeit, Luftqualität und vieles mehr erfassen. Die über dieses Netz verbundenen Sensoren brauchen weder eine fest installierte Stromversorgung noch eine Erschliessung mittels einer Busleitung. Solche neuen Standards können die bestehenden Gebäudeautomationssysteme ideal ergänzen, in dem sie die Sensorik erweitern und vereinfachen. Es verhält sich wie in der Natur: je mehr Nervenzellen, desto intelligenter der Organismus. Dass das Low Power Network auch die Aktorik ersetzt, ist sehr unwahrscheinlich, da es Daten nicht immer in Echtzeit übermittelt. Dafür wurde es nicht konzipiert. Sehr interessant ist das Low Power Network hingegen für alle Arten von Metering-Anwendungen wie Wärme, Wasser oder Gas oder für die Zustandsüberwachungen von Geräten. Die luzernische Firma GWF beispielsweise entwickelt erste batteriebetriebene Messgeräte auf LPN-Basis, welche in bestehenden Gebäuden einfach eingesetzt werden können.
Neue Anwendungen dank sinkenden Vernetzungskosten Mit dem Low Power Network wird es sich künftig lohnen, weitere Geräte und auch Gebäude im Bestand nachzurüsten. Dabei müssen es nicht grosse Zweckbauten sein. Die Anwendungen sind auch für Wohnliegenschaften mannigfaltig. Zudem können noch viel mehr Infrastrukturgeräte und Installationen vernetzt werden, um diese vorausschauend zu warten und zu betreiben. Ein Temperaturabfall in einem Boiler könnte beispielsweise dank eines Sensors bemerkt werden, bevor es die Mieter bemerken. Es können viel mehr individuelle Energiebezüge gemessen und analysiert werden. Eine Verwaltung kann Wärmebezüge auf den Tag genau abrechnen. In der Summe bedeuten mehr Gebäudeparameter auch mehr Einflussmöglichkeiten, um ein Gebäude effizient zu bewirtschaften.
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Die Stadt Zürich hat 2015 gemeinsam mit Swisscom einen Test auf einem Pilot-Low Power Network durchgeführt. Um den Energieverbrauch von Büroräumen zu optimieren, wurden während Wochen laufend Raumdaten in verschiedenen Büros der Stadt über das Low Power Network übertragen – davor erfolgte die Datenerfassung manuell. Dafür waren kein neues Netz und keine Installationen notwendig. Die gesamte Messung erfolgte über das Pilotnetz des Low Power Network und batteriebetriebene Sensoren. Die Sensoren konnten beliebig in den Gebäuden und zwischen Gebäuden transferiert werden, die Konnektivität war durch das übergeordnete Netz jederzeit gegeben.
Die Wolke ins Gebäude holen Letztlich geht es bei der Gebäudeautomation um genaue Umgebungsparameter, um ein Gebäude sinnvoll und energieeffizient zu steuern. Je mehr davon vorhanden sind, desto gezielter kann man es regeln, steuern und bewirtschaften. Doch die Daten haben keinen Wert, solange die Logik nicht funktioniert. Hier werden auch in Gebäuden mehr und mehr Smart Data-Ansätze zur Anwendung kommen, um mittels Algorithmen und mit Ansätzen künstlicher Intelligenz aus den Parameter zu lernen und die Steuerung stetig zu verfeinern. Hier kommt die Cloud mit ihrer Rechenpower ins Spiel. Was wäre, wenn die Steuerungen von Gebäuden aus vergangenen Ereignissen lernen und den Energiebedarf und Komfort noch genauer steuern könnten? LPN-basierte Sensoren oder andere Internet der Dinge-Systeme werden also künftig dazu beitragen, viel mehr Parameter von Gebäuden zu erfassen, um die bestehende Gebäudeautomation noch exakter zu steuern und zusätzliche Services für Benutzer zu ermöglichen. ■
Infos Autor: Jaap Vossen, Mobile Services & IoT, Swisscom, Jaap.vossen@swisscom.com
Edition 1906 – inspiriert von damals, perfekt für heute.
Edition 1906 – modernes Licht im Vintage-Look Die Edition 1906 ist ein Vintage-Beleuchtungs-Sortiment, welches durch geradliniges und reduziertes Design überzeugt und mit modernem Innenleben ausgestattet ist. Die goldfarben beschichteten LEDFilament-Lampen sowie die klaren Halogenlampen sind in vier klassischen Formen erhältlich und sorgen insbesondere in der Kombination mit der Hängeleuchte PenduLum für ein optisches Highlight in jedem Raum. Benannt nach dem Jahr der Osram-Markeneintragung orientiert sich die Edition 1906 an der Ästhetik rund um die Jahrhundertwende. Im Oktober 1879 konnte Thomas Alva Edison erstmals einen Kohlenfaden längere Zeit zum Leuchten bringen. Damit begann der Siegeszug des elektrischen Lichts. Diese neue Lichtquelle wurde erstmals 1883 an der Schweizerischen Landesausstellung in Zürich einem staunenden Publikum vorgeführt. Die Glühbirne wurde so zum Symbol einer hellen und freundlichen Zukunft. Alte Formen gewinnen heute in vielen Bereichen wieder an Beliebtheit und so ist auch die Edition 1906 optisch von damals inspiriert, entspricht jedoch den heutigen technischen Standards. Die LED- und Halogenlampen der Serie sind in den klassischen Formen Globe, Edison, Oval und Tubular erhältlich. Die
goldfarbene Beschichtung der LED-Glaskolben unterstreicht das Vintage-Design zusätzlich. Mit niedrigen Wattagen sorgen die Lampen für dezentes Licht und werden durch ihre aussergewöhnlichen Formen zum Blickfang – ob zu Hause im Wohnzimmer, in einem Restaurant oder der Lounge eines Hotels. Die Leuchte PenduLum ist das perfekte Pendant zu den Lampen der Edition 1906. Ihre klare Formsprache ist eine Hommage an das Industriedesign der damaligen Zeit. Die Pendelleuchte besteht aus einer Fassung aus hochwertigem, mattiertem Aluminium in den Farben Gold oder Schwarz sowie einem schwarzen Textilkabel. Ausgestattet mit einem funktionalen Zugseil kann sie sehr flexibel im Raum positioniert werden und bringt das Licht so stets genau dorthin, wo es benötigt wird. Ein zusätzlicher Vorteil: PenduLum kann entweder als einzelne Lichtquelle eingesetzt oder mit weiteren Leuchten kombiniert werden – je nach Gestaltungswunsch und präferierter Helligkeit. Die Produkte der Edition 1906 werden ab Herbst 2016 erhältlich sein. ■ LEDVANCE AG 8401 Winterthur Info.ch@ledvance.com www.ledvance.ch www.edition-1906.de
Gebäudeautomation
Neue Intelligenz für das Haus Immer mehr Menschen wünschen sich smarte Assistenten im Alltag, die das tägliche Leben erleichtern und sicherer machen. Smart-Home-Steuerungen sollen viele Möglichkeiten bieten, aber gleichzeitig einfach zu bedienen sein. Diesen Anforderungen trägt elero mit der Haussteuerung Centero Rechnung. Mit der Smart-Home-Lösung lassen sich neben Rollläden und Sonnenschutzelementen auch Licht und Heizstrahler per Mobilgerät oder vollautomatisch managen. Bald können noch weitere Funktionen ergänzt werden, die den Einbruchschutz erhöhen. Mit Centero kann die Haustechnik per Smartphone oder Tablet sehr komfortabel bedient werden, ob daheim oder von unterwegs. Zur Inbetriebnahme werden die Geräte mit dem Transmitter-Stick eingelernt. Dieser wird in den Server gesteckt und mit einem Router verbunden. Zur Bedienung benötigen die Benutzer jetzt nur noch die Centero App, die für iOs- und Android-Gerä-
Centero App im neuen Design.
te erhältlich ist. In Kürze wird auch eine WindowsVersion verfügbar sein. Eingelernte Geräte erscheinen automatisch in der App. Sie können umbenannt, gruppiert oder mit Icons versehen werden. Auch individuelle oder automatische Abläufe lassen sich abrufen. Die App kann mit und ohne Internetverbindung verwendet werden. Seit Februar diesen Jahres gibt es eine neue Version der Centero App, die an Bedienkomfort hinzugewonnen hat. Die Tablet-Ansicht ist jetzt noch übersichtlicher geworden und individuelle Szenen lassen sich noch einfacher festlegen. Mit dem MehrkanalSender MultiTec Touch868 bietet elero zusätzlich eine moderne Lösung für die Wand. Über den eleganten Touchscreen mit nutzerfreundlicher Bedienoberfläche lassen sich Sicht- und Sonnenschutz sowie Heizstrahler ganz intuitiv bedienen. Möglich sind auch automatische Abläufe, die Bewegung per Zufallsprogramm und
komfortable Gruppen- beziehungsweise Zentralbedienung. Nach Anschluss der MultiTec Touch-868 an die Stromversorgung lassen sich 20 Kanäle einlernen. Durch Klartextanweisungen gelangt man sicher von einem Schritt zum nächsten. Alle elero-Funksender kommunizieren standardmässig auf der Frequenz von 868 MHz über das bidirektionale Funksystem ProLine 2. Dank Routingfunktion werden Signale immer sicher übertragen, die Rückmeldung gibt dem Benutzer Sicherheit über die zuverlässige Ausführung des Befehls. ■ Meimo AG 8954 Geroldswil Tel. 043 455 30 40 info@meimo.ch www.meimo.ch
Energie | Wärme | Strom
Umfrage unter Herstellern und Anbietern der HLK-Branche: Wie wird die Zukunft?
Sehr interessant bis rosig, sicher herausfordernd Was sind aktuelle Themen der Gebäudetechnik? Wie schätzen Vertreter von HLK-Unternehmen die künftigen Entwicklungen ein? Was sind die erwarteten Chancen und Herausforderungen? Was sagen die Chefs bekannter Firmen zum Topthema Digitalisierung? HK-Gebäudetechnik hat sich in der HLK-Branche umgehört und hier die Antworten der sieben Umfrage-Teilnehmer zusammengestellt. Wie sehen Sie die Zukunft der HLKBranche? Was sind wahrscheinliche Entwicklungen und Herausforderungen? Marco Andreoli: Ich sehe die Aussichten der HLK-Branche jetzt und in der Zukunft als sehr interessant. Einerseits hat die Schweiz seit dem Jahr 1998 mit der Einführung des Minergie-Standards den Verbrauch bei Häusern deutlich nach unten korrigieren können. Dies wird vor allem bei Neubauten zum Zuge kommen. Aber auch bei Sanierungen ist noch ein sehr grosses Potential vorhanden. Die MuKEn (Mustervorschriften der Kantone) haben verschiedene Massnahmen mitaufgenommen. In der Zukunft sind u. a. in vielen Kantonen die Elektroboiler nicht mehr aktuell und bei Heizungssanierungen werden bereits heute in verschiedenen Kantonen Zuschüsse gewährt. Zurzeit ist der HLK-Markt nicht am Wachsen sondern stagniert eher. Jedoch ist davon auszugehen, dass
mit obgenannten Rahmenbedingungen und der zusätzlichen Energiestrategie 2050 des Bundesrates die Prämissen zusätzlich verbessert werden. Insbesondere bei den Sanierungen besteht noch grosser Handlungsbedarf. Peter Lustenberger: Der Rückgang im Neubau und das vorsichtige Investitionsverhalten der Immobilieneigentümer ist die unmittelbare Herausforderung der Branche. Andererseits wird die Haustechnik eine immer wichtigere Rolle im Gebäude einnehmen, daraus ergeben sich viele Chancen. Installateure und Lieferanten müssen, trotz aktuell hohem Kostendruck, ihre Dienstleistungen und Produkte auf eine neue Zukunft ausrichten. Alfred Freitag: Die Zukunft der HLK-Branche sehe ich sehr rosig, da wir uns eine hohe Lebensqualität wünschen. Dies zu erreichen, setzt ein Wohlbefinden voraus. Das Wohlbefinden wiederum basiert
Die Teilnehmer der Umfrage Marco Andreoli Peter Lustenberger Alfred Freitag Ferdinand Tunkel Hans-Peter Vögtli Werner Näf Paul Stalder
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CTA AG, Verwaltungsratspräsident und Inhaber Walter Meier AG, Geschäftsbereichsleiter Heizen Belimo Automation AG, Leiter Verkauf Schweiz Viessmann (Schweiz) AG, Geschäftsführer Hoval AG, Geschäftsführer Finanzen und Dienste Naef Group, HAT-Tech AG, Gründer und VR-Präsident Stiebel Eltron Schweiz, Geschäftsführer
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auf Gesundheit und Sicherheit. Dabei möchten wir möglichst wenig Energie einsetzen. Da wir 90 % unserer Zeit in Räumen verbringen und 90 % der Gebäude luftdicht sind, braucht es zur Sicherstellung des Wohlbefindens die Gebäudetechnik. Weiter setzt eine hohe Lebensqualität voraus, dass wir uns nicht mit repetitiven und simplen Tätigkeiten, wie dem Einschalten des Lichts, dem Einstellen der Raumtemperatur etc. beschäftigen müssen. Diese sollten automatisch funktionieren und uns lediglich bei Abweichungen informieren. Ideal wäre es, wenn ein Gebäude wie unser eigener Körper funktionieren würde. Oder müssen Sie nachdenken, um atmen zu können? Lediglich wenn ihre Nase, also die Luftleitung verstopft ist, meldet sich der Körper und fordert zum Putzen der Nase auf. So wie das Gebäude uns nur bei einer Abweichung der Normalstellung informieren sollte. Solange wir uns in Räumen aufhalten und eine hohe Lebensqualität anstreben, braucht es die Gebäudetechnik. Besonders die Automatisierung wird zunehmen, um uns Tätigkeiten abzunehmen, gleich wie bei den Autos: Einparkhilfen, etc. Die Gebäudetechnik ist ein «Hinter der Wand»-Geschäft. Aber mit einem grossen ökologischen und ökonomischen Einfluss. Dessen sollte sich die Branche bewusst
Energie | Wärme | Strom
sein und sich einsetzen für eine optimale Zusammenarbeit mit Behörden und Politik. Mit engagierter Mithilfe bei der Umsetzung von Energie- und Umweltzielen in der Politik kann aufgezeigt werden, was in der Gebäudetechnik steckt. Da hat die Gebäudetechnik noch viel Potenzial, denn Gesetze schaffen Märkte, wie zum Beispiel der Katalysator und das Vorführen der Autos! Hans-Peter Vögtli: Die HLK-Branche steckt mitten drin im Wandel, und damit aber auch vor einer höchst anspruchsvollen und interessanten Zukunft mit grossen Herausforderungen. Als wichtigste Punkte sehen wir folgende drei: • 1. Energie der Zukunft, von der aus energie-, umwelt- und wirtschaftspolitischen Gründen erwartet wird, dass sie sauberer, vernetzter und vorausschauender hergestellt, vertrieben und genutzt wird. • 2. Marktstrukturen, welche sich weiter verändern durch mehr direkte Gross-Investoren (z. B. in der Fern- und Nahwärme), durch zunehmende Zusammenschlüsse im Installationsgewerbe und generell durch den Fachkräftemangel, der die ganze Branche und unseren auf diesem Gebiet sehr engagierten Branchenverband suissetec stark beschäftigt.
Peter Lustenberger, Walter Meier AG.
• 3. Komplexität, welche durch das Bedürfnis nach Produkte-Systemlösungen und die Verwendung moderner Regelungs-/Leittechniksysteme gestiegen ist, jedoch auch grosse Chancen für ein innovatives Angebot in den Bereichen Wärme-, Kälte- und Lufttechnik bietet. Für die ganze Hoval-Gruppe mit all unseren Mitarbeitenden im In- und Ausland sind diese Punkte Motivation, getreu unserer seit Jahren gepflegten Botschaft «Verantwortung für Energie und Umwelt», den Wandel nicht nur zu erleben, sondern aktiv mitzugestalten. Werner Näf: Die Zukunft der HLKBranche wird geprägt sein von Digitalisierung, Automatisierung und energetisch optimierten, integrierten Lösungsansätzen. Es wird vermehrt eine vernetzte Arbeitsweise nötig sein mit Partnerschaften zwischen den verschiedenen Spezialisten für möglichst umfassende gebäudetechnische Beratungen und Installationen. Vor allem der Stellenwert von energetischen Sanierungen wird in den kommenden Jahren stark zunehmen. Was beschäftigt die Branche und Ihre Firma? Welches sind für Sie die massgebenden Trends, Schwierigkeiten und Chancen? Welches sind Ihre Anstrengungen und beispielhaften Lösungen? Marco Andreoli: Die CTA bietet verschiedene Lösungen im Bereich der Erneuerbaren Energien, im speziellen mit ausgeklügelten Wärmepumpen-Systemen, welche bereits heute diesen Ansprüchen entsprechen. Wir sehen vermehrt, dass Kälte/Klima/Wärme nicht losgelöst voneinander betrachtet werden sollten. Denn wenn diese Bereiche gut aufeinander abgestimmt sind, gibt es energetisch sinnvolle Lösungen, welche den Komfort sogar steigern können. Auch hier haben wir die entsprechende Produktepalette und das entsprechende Know-how im eigenen Haus. Als weitere Entwicklung sehen wir, dass das Bedürfnis von Vernetzung
Marco Andreoli, CTA AG. zunehmen wird. Der Endverbraucher möchte am liebsten Zuhause auf dem Sofa mit dem Handy sehen, was in seinem Haus passiert, oder dies entsprechend steuern können. Daher wird auch hier in Zukunft der Komfort mit den entsprechenden Lösungen zunehmen. Die heutigen Benutzer sind viel sensibler betreffend Schall. Dies muss ebenfalls bei der Entwicklung von neuen Produkten berücksichtigt werden. Die CTA hat dies mit ihrer Erdsonden-Wärmepumpe mit integriertem Warmwasser-Boiler bereits umgesetzt. Auf einer Fläche von einem 1/2 m2 wird mit 80 % Energie aus der Natur geheizt und das Warmwasser erwärmt. Es kann mit Umweltwärme fast gratis gekühlt werden (Free-Cooling) und mit 29 dB(A) Schall in 1 m Entfernung ist die Wärmepumpe praktisch geräuschlos. Es gibt viele Chancen im HLK-Markt, welche es zu nutzen gilt. Das Thema Energie wird uns verstärkt beschäftigen und bereits heute gibt es hier gute und sinnvolle Lösungen, welche keine Komforteinbusse ergeben. Somit bin ich zuversichtlich, dass der Markt sich entsprechend positiv entwickeln wird. Peter Lustenberger: Die Heizung oder Kälteanlage wird nicht mehr einfach ein Gerät sein, welches sich bei entsprechender Anforderung einschaltet. Vielmehr ist die Hei-
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zung oder Kälteanlage ein Element innerhalb des Gebäudes, das mit den anderen technischen Geräten zusammen die Gesamtanforderungen des Gebäudes clever umsetzt. Darüber hinaus ist auch das Ge-
Alfred Freitag, Belimo Automation AG.
bäude zukünftig nur ein Element innerhalb eines Energie-Netzwerks. Dazu ein einfaches Beispiel: Eine Wärmepumpe wird nicht mehr einfach einschalten, wenn es kalt ist. Die neue Anforderung kann etwa zum Beispiel sein, über das ganze Jahr hinweg kostenoptimiert zu heizen. Die Wärmepumpe wird also vorwiegend dann heizen, wenn eigener oder sehr günstiger Strom zur Verfügung steht. Aber auch in diesem Moment wird die Priorität gegenüber anderen Strom- und Energieverbrauchern abgewogen – möglicherweise hat trotz Stromproduktion auf dem eigenen Dach die Waschmaschine höhere Priorität als die Wärmepumpe. Auch die Regeneration der Erdsonde wird ein Thema werden – bei Stromüberschuss kann die Energie zusammen mit der Wärmepumpe hierfür genutzt werden. Die wichtigsten Voraussetzungen für solch zukunftsfähige Anlagen werden im Wesentlichen die eigene Stromproduktion, das Energiespeichern, die Anbindung an eine über-
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geordnete, intelligente Regeltechnik und modular betreibbare Wärmepumpen sein. Nebst dem bestehenden Sortiment der modulierenden Split-Luft-Wasser Wärmepumpen führt Walter Meier aktuell die modulierenden Sole-Wasser-Wärmepumpen ein. Bei den Speichern sind wir durch die Übernahme von Friap Feuron bereits sehr stark aufgestellt. Die regeltechnische Anbindung via Gebäudeleitsysteme und Internet wird bei neuen Maschinengenerationen Standard sein. Organisatorisch werden wir den Verkauf der Kategorien Kälte und Heizen zusammenführen, weil die Technologie, das Steuern und das Speichern als Einheit zusammenwachsen müssen. Für die Branche sind das unglaublich spannende Perspektiven. Es ergeben sich neue Chancen und Möglichkeiten. Durch die bevorstehenden Veränderungen am Markt müssen sich Installateure und Her-
Ferdinand Tunkel, Viessmann (Schweiz) AG.
steller neu orientieren und verändern. Es wird aus meiner Sicht Spezialisten geben, die sich auf einen Teil des «Gebäudetechniksystems» fokussieren und es wird wie bisher Generalisten geben, die allerdings breiter aufgestellt sein werden als heutige HLK-Generalisten. Die Wei-
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chen werden jetzt gestellt - jeder Installateur und Hersteller wird einen dieser Wege gehen müssen. Alfred Freitag: Ich möchte drei Punkte erwähnen, welche die Branche beschäftigen: Vermarktung, Herstellkosten, Geschwindigkeit + Qualität. • Punkt 1: Die Vermarktung der Leistungen der Gebäudetechnik, also der Preis: Die Branche muss den Mehrwert, den sie generiert, viel besser an die Frau bzw. den Mann, sprich an den Nutzer/Bauherr bringen. Zum Beispiel die Immobilien-Bewertung: wo erscheint in dieser die Gebäudetechnik? Für Lage, Küche, Bad, Swimmingpool; dafür wird mehr bezahlt. Aber die Gebäudeautomation fehlt, bzw. gehört (noch) nicht zum Standard. Oder: Wie erreichen die Vorzüge, Nutzen unserer Produkte und Leistungen, den Bauherr? Es sind einfach zu viele Mittelsmänner zwischen dem Hersteller der Produkte und dem Nutzer/Bauherrn. Bisher kann die Gebäudetechnik kaum erlebt werden, anders als Küchengeräte, die in diversen Showrooms vorgeführt werden können. Bisher ist es einzig in der Umweltarena oder im buildup (www.buildup.ch) möglich, die Gebäudetechnik zu erleben. • Punkt 2: Die Herstellungskosten der Bauprodukte und der Anlagen: Bei beiden sind es die Personalkosten. Bei den Produkten können wir die Prozesse optimieren und die Herstellung in ein Billiglohnland verlagern. Die Anlagen müssen lokal erstellt werden. Da gilt es, die Montageprozesse zu optimieren. Vorfertigung, plug and play ist angesagt. Da sind wir Hersteller gefordert und dies Gewerke-übergreifend. Für die Koordination auf der Baustelle gilt: weg von den Schnittstellen hin zu den Verbindungsstellen. Da braucht es Transparenz. BIM ist eine Möglichkeit, doch da fehlen die Faktoren Kosten und Zeit. • Punkt 3: Geschwindigkeit und Qualität: Hier beschäftigen uns
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vor der Stromerzeugung und dem Verkehr. Das Effizienzpotenzial ist immens, denn mehr als 70 Prozent des Heizungsanlagenbestands ist veraltet und ineffizient. Von den 1,7 Millionen Schweizer Heizungsanlagen werden jährlich nur 48 000 erneuert. Das heisst, das durchschnittliche Austauschalter liegt bei 35 Jahren. Durch die Auflösung des Modernisierungsstaus im Wärmemarkt könnten rund 15 Prozent des gesamten jährlichen Energieverbrauchs eingespart werden. Somit sind die Chancen für die Branche aktuell und auch in Zukunft als durchaus positiv zu bewerten. Hans-Peter Vögtli, Hoval AG. vor allem Projekt- und DetailÄnderungen sowie die fehlende Zeit für eine durchdachte Planung, Ausführung und Inbetriebnahme. Aus meiner Sicht hilft hier die Kombination von digitaler Planung (BIM) und optimiertem Montageprozess. Ferdinand Tunkel: Für unsere Branche ist die Energiewende eine immense Herausforderung, aber auch eine grosse Chance. Der Schlüssel zu ihrem Gelingen liegt nun einmal im Wärmemarkt. Er ist mit einem Anteil von rund 40 Prozent der grösste Energieverbraucher, noch deutlich
Werner Näf: Uns beschäftigt im Moment vor allem das Thema Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit. Mit Sanierungen des Bestands wollen wir einen optimierten Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen ermöglichen und den Werterhalt von Liegenschaften sicherstellen. Mit unserem Naef-Service tragen wir dazu bei, indem wir – vorläufig vor allem im Bereich der Wärme – Optimierungspotenziale aufdecken und Lösungsansätze erarbeiten. Zudem sind wir nach wie vor daran, unsere nachhaltigen Systeme zur kompletten Sanierung von Bodenheizungen weiterzuentwickeln. Wir sind bestrebt, unseren Kunden einen Neuwert zu garan-
tieren. Daher stellen wir sicher, dass auch sämtliche Komponenten und Schnittstellen in unsere Kalkulationen integriert sind und gut zusammenpassen. Bei Neubauten kann man mit neusten Komponenten, Materialien und Auswertungstools bereits eine hohe Energieeffizienz gewährleisten. Wesentlich für eine flächendeckende Energieoptimierung ist aber vor allem die Optimierung im Bestand. Das Schlüsselwort heisst «energetische Sanierung». Mit dem neuen Naef-Service setzen wir in Zukunft all unsere Erfahrung in diesem Bereich ein, um Gebäude mit zum Teil kleinsten Eingriffen effizienter zu machen, oder wir erarbeiten umfassende Sanierungspläne für bestehende Objekte. Der Fachkräftemangel ist in der Branche ein Dauerthema. Wie können Jugendliche vermehrt für HLK-Berufe gewonnen werden? Alfred Freitag: So lange es der Gebäudetechnik nicht gelingt, ihre Berufsbilder und Karriere-Chancen attraktiver zu präsentieren, wird sie immer unter einem Mangel leiden. Für gut qualifizierte Schulabgänger wird deshalb die Gebäudetechnik kaum die erste Wahl sein. Wesentlich beeinflusst wird die Berufswahl von der Familie und vom Bekanntenkreis. Diesem Umstand gilt es
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Zur Digitalisierung in der Gebäudetechnik: Wie schätzen Sie die Potenziale und die weitere Entwicklung ein? Alfred Freitag: Um die Kosten und Qualität bei der geforderten Geschwindigkeit im Griff zu haben, geht es nicht ohne Digitalisierung. BIM ist heute eine Methode zu planen. Fertigungsroboter ermöglichen die Vorfertigung bis zur Losgrösse 1. Kriegt die Gebäudetechnik die Kosten und die Qualität nicht in den Griff, schiesst sie sich aus dem Markt, sprich andere Player übernehmen diese Aufgabe. Wie dies in anderen Branchen der Fall war: Nokia-Apple, Taxi-Uber etc. Paul Stalder, Stiebel Eltron Schweiz.
Rechnung zu tragen. Gute Beispiele von erfolgreichen Persönlichkeiten in der Branche, welche z. B. als Lüftungsmonteur begonnen haben, gibt es viele. Und auch gute und attraktive Ausbildungsstätten für Gebäudetechnik sind vorhanden, wie BBZ, GIBB, STFW, HSLU, FHNW etc. Ferdinand Tunkel: Der Fachkräftemangel wird sich immer mehr zum Flaschenhals in der Branche entwickeln. Aktuell gibt es weit mehr Bedarf an Fachkräften, als es Interessenten gibt. Hochwertige Techniken wie Mikro-WKK auf Stirlingbasis oder das Gasadsorptionsheizgerät, sowie komplexere multivalente Anlagen erfordern ein hohes technisches und hydraulisches Fachwissen. Dieses Fachwissen wiederum Bedarf einer guten schulischen Grundlage und weiteren Ausbildung. Eine grosse Chance könnte darin bestehen, indem man den Jugendlichen schon recht früh aufzeigt, welche beruflichen Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten im Handwerk vorhanden sind und wie eine Karriereentwicklung im Handwerk aussehen kann. Zielführend und unterstützend wäre hierbei die frühzeitige, innovative, sowie motivierende Information der Jugend verbunden mit einem spannenden Praktika-Programm.
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Ferdinand Tunkel: Eine vielleicht noch grössere Herausforderung als die Energiewende, ist der digitale Strukturwandel, der in der gesamten Wirtschaft bereits im vollen Gange ist. Wir stehen hier erst am Beginn einer Entwicklung, die auch unsere Branche umfassend verändern wird. Aufgrund der hohen Verfügbarkeit des Internets entstehen vielfältige Möglichkeiten für neue Produkte und Servicekonzepte. So wird die Anbindung ans Internet künftig eine zentrale Eigenschaft bei den Wärmeerzeugern sein. Über diese sogenannte Konnektivität können nicht nur Anlagenbetreiber ihre Heizung von unterwegs steuern, sondern wir ermöglichen auch
Werner Näf, Naef Group.
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dem Handwerker den Online-Zugriff auf die Anlage. Hans-Peter Vögtli: Die Digitalisierung ist eine grosse Chance für unsere Branche, denn sie wird uns schrittweise Vorteile in der Herstellung/Bereitstellung/Aktualisierung von Dokumentationen und Informationen bringen, wird verschiedene technische und auch kaufmännische Prozesse vereinfachen und die Vernetzungen innerhalb der Branche und branchenübergreifend sicherstellen. Zuerst müssen aber dazu noch einige Hausaufgaben gemacht werden. Angefangen von umfassenden PIM-Systemen (Product Information Management) der einzelnen Unternehmen braucht es übergeordnet funktionierende BIM-Lösungen (Building Information Modeling). Um mit diesen seitens Hersteller effizient kommunizieren zu können, ist der gezielte Ausbau unserer Branchenplattform für die Produktdaten möglichst aller Hersteller und Händler notwendig (IGH: Interessengemeinschaft Datenverbund für die Haustechnik). Werner Näf: Einzelne gute Lösungsansätze sind bereits auf dem Markt. Hierbei ist vor allem das Thema der Messdatenerhebung und Sammlung auf dem Vormarsch. Was fehlt, sind integrierte Lösungen, die sämtliche haustechnischen Bereiche abdecken und vor allem Systeme, die zur Optimierung bestehender Gebäude genutzt werden können. Die Messung und Datensammlung an sich ist dabei nur ein erster Schritt zur Problemlösung. Nachgelagert braucht es Spezialisten, die Lösungsansätze erarbeiten und konkrete Massnahmen anbieten können. Unsere Bestrebungen laufen in genau diese Richtung. Wir sind daran, all das aus einer Hand anbieten zu können. Paul Stalder: Es ist nicht alleine unsere Branche, welche sich in Zeiten von Industrie 4.0 verändert. Viel mehr nehmen aktuelle Entwicklungen Einfluss auf unser ganzes
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Leben, auf unseren Alltag, vor allem aber auch auf die Geschäftswelt. Dass sich Unternehmer immer wieder neuen Herausforderungen stellen müssen, liegt in der Natur der Sache. Der Wirtschaftszyklus erlebt seine Höhen und Tiefen, abhängig von ganz vielen Faktoren. Hier eine Balance zu finden und die richtigen Entscheidungen zu treffen, ist mitunter eine grosse Aufgabe. Klar ist, dass seit Beginn des World Wide Web nichts mehr ist wie davor. Online-Shopping beispielsweise hat sich bereits durchgesetzt und wird seine Erfolgsgeschichte weiterschreiben. War zu Entstehungszeiten eine nicht umzusetzende Individualität und das alleinige Angebot von Massenware noch ein Gegenargument, ist heute auf dem digitalen Markt alles massgeschneidert und gar mit persönlicher Note versehen erhältlich. Mit solchen Voraussetzungen, in
welcher eine Losgrösse von 1 nicht mehr die Ausnahme, sondern ganz einfach zu erreichender Standard ist, kommt sogar das Modell der Marktwirtschaft an sich unter Druck. Es ist müssig festzustellen, dass neben all den neuen Geschäftsfeldern, welche sich dank solcher Entwicklungen auftun, auch ganze Branchen unter Druck kommen. Der Unternehmer ist mehr denn je gezwungen, innovativ und flexibel zu bleiben. Auch wir bei Stiebel Eltron setzen uns mit der Zukunft auseinander, besprechen Szenarien und Möglichkeiten, Gefahren und auch Chancen. Wir besinnen uns auf unsere Kernkompetenzen: Was können wir, was auch die Digitalisierung uns nicht einfach abnehmen kann? Welche Geschäftsfelder, welche Dienstleistungen kann uns kein Computer, kein Roboter dieser Welt abnehmen? Diese Fähigkeiten und Angebote müssen wir stärken.
Es ist nicht mehr alleine die Frage, wie wir uns von der Konkurrenz abheben, unsere Differenzierung bezieht sich hauptsächlich auf das neue, vierte Zeitalter der Industrialisierung. Zugegeben, da wird einiges von Firmen und ihren Führungsgremien verlangt. Aber wir sollten es nicht einfach mit uns geschehen lassen. Ich bin überzeugt, dass es auch für Kleinunternehmer wie Installateure Sinn macht, sich dieser Herausforderung zu stellen. Zuversicht und ein gewisses Mass an Risikobereitschaft sind gefragt. Aber der Weitblick wird sich lohnen. Es kommen spannende Aufgaben auf die gesamte Branche, auf jeden von uns zu. Wir sollten sie besser frühzeitig annehmen – das kann am Ende der entscheidende Unterschied sein. ■ Befragung: Peter Warthmann
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So reduzieren Sie Ihren Stromverbrauch zu Hause
Energiesparen im Haushalt Ein Teil der bundesrätlichen Energiestrategie 2050 rechnet auch mit Einsparpotenzial in den Haushalten. Lassen wir also die dezentrale Produktion und die neuen Erneuerbaren beiseite und betrachten nur den Stromverbrauch in einem typischen Schweizer Haushalt. Statistische Daten dazu gibt es zwar erst für das Jahr 2014 – für unsere Analysen sollten diese aber ausreichend aktuell sein.
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ine wichtige Grundlage stellt die Untersuchung des Bundesamts für Statistik dar, die in Zusammenarbeit mit Prognos entstanden ist. Bild 1 zeigt den Verbrauchskuchen für Strom in den privaten Schweizer Haushalten. Die Aufteilung zeigt alle wichtigen Verwendungszwecke, die typischerweise in einem Privathaushalt anfallen. Den grössten Anteil verursachen «Antriebe und Prozesse» mit rund einem Viertel des gesamten Elektrizitätsverbrauchs. Unter diese Rubrik fällt der Verbrauch für Waschen, Trocknen, Kühlen, Gefrieren, Geschirrspüler und elektrische Kochhilfen (z. B. Kaffeeautomat, Knetmaschine oder Entsafter).
Licht aus? Intuitiv tippen die meisten Laien darauf, dass die Beleuchtung der grosse Stromfresser ist. Schliesslich ist diese für alle gut sichtbar und schon kleine Kinder werden dazu erzogen, das Licht bei Nichtgebrauch sofort zu löschen. Tatsächlich macht die Beleuchtung gerade mal gut 7 % des Stromverbrauchs aus. Hier dürfte der vermehrte Einsatz von LED bereits einen gewissen Einfluss haben, Fluoreszenzleuchten haben aber bestimmt noch mehr dazu beigetragen. In den nächsten Jahren wird aber der Siegeszug der LED den Anteil wohl unter 5 % drücken.
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Wer also elektrische Energie sparen will, muss die grossen Potenziale woanders als bei der Beleuchtung suchen – was nicht heisst, dass die Erziehung der Kinder zum Lichterlöschen vernachlässigt werden soll! Auch der Ersatz der alten Glühlampe alias «Heatball» durch sparsamere Leuchtmittel sollte wo immer möglich in Betracht gezogen werden.
Antriebe optimieren Für die eher schwer fassbare Rubrik «Antriebe und Prozesse» Optimierungen zu suchen, fällt sicher nicht gerade einfach. Die konkreten Geräte, wie oben aufgeführt, lassen jedoch aufhorchen. So haben praktisch alle Haushalte einen Kühlschrank und einen Gefrierschrank, oder gar eine Tiefkühltruhe in Betrieb. Diese sind 24 Stunden pro Tag, 7 Tage die Woche am Netz und schalten sich vom Benutzer unbemerkt ein und aus. Der Antrieb dieser Kühlgeräte ist ein Elektromotor, der einen Kältekompressor antreibt. Einerseits hat die Effizienz der Elektromotoren und ihrer Steuerung in den letzten 20 Jahren deutlich zugenommen, andererseits haben die Stoffe zur Wärmeisolation massive Fortschritte gemacht. Den Herstellern gelingen unterdessen Kühlgeräte, die die Effizienzklasse A+++ erreichen.
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Kühlschrank: Eines der grössten Stromsparpotenziale im Haushalt
Ein heute 10-jähriger Kühlschrank braucht ca. 1 kWh pro Tag. Ein neues Gerät der Effizienzklasse A+++ braucht weniger als die Hälfte, nämlich rund 0,4 kWh pro Tag. Pro Jahr spart ein Benutzer des neuen Kühlschranks also eine knappe 50er-Note bei einem kWh-Preis von 20 Rappen. Zwar nicht den ganzen Tag am Netz, aber auch energieintensiv sind die Geräte zur Wäschetrocknung. Aktuelle Geräte verfügen über Wärmepumpen, welche mittels Kondensierung einen Grossteil der Energie in der feuchten Abluft zurückgewinnen. Als Nebeneffekt benötigen sie keine Abluftanschlüsse mehr. Armin Braunwalder hat bereits im Extra 2013 darüber be-
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richtet: Wer gut schleudert, ist nicht nur auf der Strasse im Vorteil. Kommt die Wäsche schon gut entwässert aus der Trommel, so hat der Wäschetrockner deutlich weniger zu tun. Zu guter Letzt sei noch auf den Kaffeeautomaten hingewiesen, der nach aktueller EU-Richtlinie automatisch in Stand-By-Betrieb übergehen muss, wenn er länger als 30 Minuten keinen Kaffee mehr gebrüht hat. Die älteren Modelle halten den Wassererhitzer aber konstant auf 85 °C und erwärmen damit ihre Umgebung. Würde hier entweder auf neue Modelle umgestiegen oder wenigstens manuell die Bereitschaft des Kaffeeautomaten reduziert, wäre auch das ein wesentlicher Beitrag zur Verkleinerung des grünen Kuchenstücks im Bild 1.
Raumwärme Glücklicherweise gehört die Elektrospeicherheizung bald vollständig der Vergangenheit an. Diese Stromfresser par excellence wärmten entweder Öl- oder Wasserspeicher mit Widerstandsheizelementen auf die nötige Temperatur auf. Wer heute mit Strom heizt, treibt mit einem Elektromotor eine Wärmepumpe an. Diese effiziente Art, Raumwärme herzustellen erfreut sich hoher Beliebtheit, was aber den Elektrizitätsverbrauch wieder in die Höhe treibt. Der Wegfall der nächtlichen Niedertarife bei vielen Elektroversorgern hat die Nachfrage ein wenig gedämpft: Die Amortisationszeit ist damit nicht mehr ganz so tief. Wegen der hohen Temperaturen eignet sich die Erwärmung des Brauch-
warmwassers mittels Wärmepumpe nur beschränkt. Das Sparpotenzial liegt hier klar beim Wasserverbrauch: Duschen statt Baden ist nach wie vor ein prominenter Tipp in den einschlägigen Ratgebern.
Kochen mit Pfiff Während der Gaumen vor allem die Zubereitung der Speisen mit Pfiff schätzt, kann beim Kochen auch clever Strom gespart werden. Der eierkochende Bundesrat ist unterdessen Legende; trotzdem soll es immer noch Leute geben, die Wasser in der Pfanne ohne Deckel aufheizen. Auf der Seite Technik hat mit dem Induktionsherd eine Küchenausrüstung selbst in Mietwohnungen von Genossenschaften Einzug gehalten. Dank dieser Kochstelle werden Spaghetti mit rund 30 % weniger Energie al dente. Raymond Kleger hat ausführlich über die Induktionstechnik im Extra 2013 berichtet.
Unterhaltungselektronik
Vielleicht erinnert sich noch jemand an die Fernsehgeräte, die noch keine Fernbedienung hatten. Wollte man den Sender wechseln, war ein Gang zum Gerät fällig. Auch für die Anpassung der Lautstärke musste der Ehrenwerteste gehoben werden. Welch Komfortgewinn doch die Erfindung der Fernbedienung war. Gleichzeitig läutete diese Entwicklung auch den Beginn des StandBy-Verbrauchs ein. Um allzeit bereit für den Empfang der Steuersignale zu sein, nuckelten die TV-Geräte – später dann auch Videorecorder und HiFi-Anlagen – ständig Strom aus der Steckdose. Die EU, und schon gar nicht ihre Regelungen für diesen Verbrauch, gab es damals noch nicht. Ergo lag der Verbrauch für die Gerätebereitschaft im Bereich von 5 Watt oder gar mehr. Auf alle Haushalte hochgerechnet läppert sich da einiges zusammen. Seit die neuen Vor-
Bild 1: Bundesamt für Statistik, Prognos 2015: Elektrizitätsverbrauch 2014 nach Verwendungszweck in privaten Haushalten
Tabelle: Private Haushalte: Stromverbrauch 2000 bis 2014 nach Verwendungszwecken, in PJ
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2016
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schriften dazu in Kraft sind, funktioniert Stand-By auch mit deutlich weniger als einem halben Watt Leistung. Weil die Erneuerungszyklen im Bereich der Unterhaltungselektronik (UE) immer kürzer werden, sinkt hier der Verbrauch tatsächlich sehr schnell. Hängen viele dieser UE-Geräte an der Steckdose, kann sich der Einsatz einer zentral geschalteten Steckdosenleiste lohnen. Weil heute Filme und Fernsehproduktionen typischerweise nicht mehr lokal aufgezeichnet, sondern in der Cloud gespeichert werden, muss auch keines der UE-Geräte mehr permanent in Bereitsschaft stehen.
Informatik & Kommunikation Einerseits durchdringen Smartphones, Tablet und Notebooks immer mehr unseren Alltag in Büro und Haushalt. Andererseits bleibt
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erstaunlicherweise der Stromverbrauch für Informations- und Kommunikationstechnik (I&K) in den Haushalten verhältnismässig konstant (siehe Tabelle). Dies liegt vor allem darin begründet, dass diese Geräte trotz immer grösserer Arbeitsleistung immer weniger Strom brauchen. Neben den portablen Geräten trifft man in den Haushalten immer öfter auch Router, WLAN-Access Points, Netzwerk-Switches oder Storage-Lösungen an. Auch diese Geräte hängen 24/7 am Stromnetz. Mögliches Sparpotenzial ist hier das programmierte Ausschalten zum Beispiel in der Nacht. Morgens fahren diese Systeme vollautomatisch wieder hoch, noch bevor die Bewohner sie das erste Mal nutzen.
Fazit Das Sparpotenzial in den Privathaushalten ist noch längst nicht
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ausgeschöpft. Zu viele alte Kühlschränke lassen ihren Kompressor noch übermässig surren, zu viel Wäsche wird noch mit Tumblern der Effizienzklasse C getrocknet und zu viele Glühlampen heizen statt leuchten, als dass man sagen könnte: Sparziel Elektrizität erreicht. Bleiben wir dran und empfehlen unseren Kunden die sparsamen Geräte und versuchen, sie mit guten Argumenten von sinnvollem Sparverhalten zu überzeugen. ■
Infos www.bfs.admin.ch Autor: Jürg Altwegg
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Europäische Forschungsinstitute erproben die Agrophotovoltaik
Agrarflächen für Nahrung und Strom Ausserhalb der Schweiz pröbeln Pioniere und Forschungsinstitute an freistehenden Photovoltaikanlagen, die weiterhin eine vollwertige landwirtschaftliche Nutzung erlauben. Die schweizerische Raumplanung würde einem ähnlichen Experiment hierzulande hohe Hürden in den Weg legen.
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m Landkreis Sigmaringen unweit des Bodensees entsteht Deutschlands erste «echte» Agrophotovoltaik-Freiflächenanlage. Das heisst: Landwirtschaft und Sonnenenergie soll auf derselben Fläche stattfinden. Dabei handelt es sich um ein kleines Testfeld das vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) wissenschaftlich begleitet wird. Zurzeit läuft das Baugenehmigungsverfahren. Im Juli soll dann mit der Montage der PV-Anlage (Leistung von 190 kWp) auf einem Acker der Demeter-Hofgemeinschaft Heggelbach begonnen werden. Auf einer lichten Höhe von un-
gefähr 5,5 Metern sollen die Photovoltaikmodule aufgeständert werden und zwar über einer Fläche, die ungefähr zwei Dritteln eines Norm-Fussballfeldes entspricht. Im September 2016 soll die Testanlage in Betrieb gehen.
Ressourcenschonende Nutzung Das Hauptziel des Projekts ist ambitiös: Agrophotovoltaik soll eine «intelligente ressourceneffiziente Doppelnutzung» von Agrarflächen ermöglichen. Die in Deutschland bereits da und dort auftretende Flächennutzungskonkurrenz zwischen Landwirtschaft und grossflächiger
Photovoltaik könnte so ausgehebelt werden. «Wir wollen die Sonnenenergie gleichzeitig für die Umwandlung in elektrische Energie und für den Anbau von Nahrungsmitteln mittels Photosynthese nutzen», konkretisiert ISE-Projektleiter Stephan Schindele. Verschiedene Detailfragen müssen noch erörtert werden. An erster Stelle will man agrarwissenschaftliche Erkenntnisse zur Doppelnutzung gewinnen. Zweitens gilt es, den Einfluss der APV-Anlage auf die Biodiversität vor Ort zu erforschen. Auch die energiewirtschaftliche Frage der Stromerzeugung, wann und
Seit 2010 wird am französischen Nationalen Institut für Agronomieforschung (INRA) unter der Leitung von Christan Dupraz in Kooperation mit der Universität Montpellier an agrophotovoltaischen Systemen geforscht. (Quelle: INRA, Paris/Montpellier)
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Effektive Einspeisevergütungen für Photovoltaikanlagen in der Schweiz *** Anlage-Grösse (Beispiele) Freistehend/Angebaut 30 kW 100 kW 1000 kW
Periode 1.4.2015– 30.9.2015 23,4 Rp./kWh 20,0 Rp./kWh 18,9 Rp./kWh
ab 1.10.2016 19,0 Rp./kWh 16,6 Rp./kWh 15,3 Rp./kWh
Einspeisevergütungen für Photovoltaikanlagen in Deutschland ** Vergütungssätze nach EEG (ab 1. Januar 2013) Zeitpunkt der Inbetriebnahme
Dachanlagen bis 10 kWp (in Ct/kWh)
Dachanlagen über 40 kWp (in Ct/kWh)
1.1.2013 1.1.2014
17,02 13,41
14,40 11,35
Dachanlagen > 1 MWp bis 10 MWp und Freiflächenanlagen bis 10 MWp 11,78 9,28
Zeitpunkt der Inbetriebnahme 1.6.2015
Dachanlagen bis 10 kWp (in Ct/kWh) 12,40
Dachanlagen über 40 kWp (in Ct/kWh) 10,79
Dachanlagen auf Nichtwohngebäuden und kleine FFA bis 500 kWp 8,59
Nach derzeitigem Kenntnisstand eignen sich schattenliebende Ackerkulturen wie Kartoffeln, Spinat, Salat und Leguminosen am ehesten für Agro-Photovoltaikanlagen. Ausserdem wird so die minimale Verringerung der Anbaufläche durch die Pfostenaufbauten kompensiert. (Quelle: INRA, Paris/Montpellier)
wie viel produziert wird, interessiert ebenfalls. Ausserdem will man verschiedene Solarmodul- und Montagetypen evaluieren. Zu diesem Zweck sind zusätzliche Landwirtschaftsbetriebe angefragt worden, beim Projekt mitzumachen. Die Testanlage sieht eine Ausrichtung der PV-Module in einer bestimmten Süd-West-Exposition vor. Dabei wird zwar die Energieausbeute der Anlage – im Vergleich zur üblichen Nord-Süd-Ausrichtung – um 5 % verringert. Durch die Montage der Stahlträger geht 6 % des ursprünglichen Kulturlandes verlustig. Die ISE-Forscher vermuten aufgrund von Simulationsergebnissen, dass der Ertrag aus «schattentoleranten» Ackerkulturen wie Kartoffeln, Spinat, Salat und Leguminosen usw. die minimal nötige Verringerung der Anbaufläche mindestens kompensiert. Das Forschungsvorhaben des Fraunhofer ISE hat keinen Anspruch auf Einzigartigkeit. So ist seit 2010 am Nationalen Institut für Agronomieforschung (INRA) unter der Leitung von Christan Dupraz in Kooperation mit der Universität Montpellier (Frankreich) Agrophotovoltaik ein Forschungsthema.
Private Unternehmer investieren in ähnliche, teils sehr grosse Anlagen in Japan und in Italien.
PV-Freiflächen in Deutschland Das jüngste Forschungsprojekt in diesem Bereich von ISE ist im Kontext der deutschen Energiepolitik zu verstehen. Deutschland forciert den raschen Ausbau der erneuerbaren Energien mithilfe des Erneuerbaren Energien-Gesetz (EEG), das seit dem Jahr 2000 in Kraft ist. Noch bis Ende Juni 2010 gab es Einspeisevergütungen von 28,43 Cent/kWh (für Freiflächen) bis 39,14 Cent/kWh (für kleine Dachanlagen). Infolge der sukzessiven Degression sind die Vergütungsansätze inzwischen etwa um den Faktor 3 reduziert worden. Bis vor wenigen Jahren wurden in Deutschland minderwertige Grünlandflächen mit PV-Freiflächenanlagen zugebaut, zumindest entlang von Verkehrswegen. Ohne grosse ästhetische Bedenken wurden so etwa 85 000 ha für die Stromgewinnung zur Verfügung gestellt. Eine wachsende ökologische und ästhetische Sensibilität hatte aber durchaus eine Auswirkung auf die EEG-Revision von
2009: Ab Juli 2010 wurden grossflächige PV-Installationen auf Agrarflächen nicht mehr mit Fördergeldern unterstützt. Ein ausdrückliches Verbot im Sinne der Raumplanung gibt es allerdings bis heute nicht. Ein weiteres Kapitel in der Förderpolitik schlug die jüngste EEGRevision 2014 auf. Neu geschieht die Vergütung grossflächiger Solarparks per Ausschreibung. Dadurch sollen Betreiber mit den potenziell günstigsten Gestehungskosten den Zuschlag erhalten. Man beachte ein vertracktes Detail, das widersprüchlich zum Grundsatz der 2009er-Revision erscheint: Ab 2016 dürfen Freiflächen-Betreiber, die
*** KEV gemäss EnV Die Tabelle ganz oben basiert auf Vergütungssätzen aus Punkt 3.1.3 des Anhangs 1.2. der Energieverordnung (EnV). Anträge für kostendeckende Einspeisevergütungen (KEV) für PV-FFA waren gemäss Swissgrid in der Schweiz bislang nur selten; ca. 1,2 % aller Anmeldungen. Bis Ende März 2015 wurden solche mit geringeren Tarifen vergütet als Anlagen auf Dachflächen. Die Absicht des Bundes war es, dadurch freistehende PV-Anlagen eher zu verhindern. (Quelle: BFE, Bern)
** Ausschreibungen für grössere PV-Freiflächenanlagen > 10 MWp (Deutschland) Seit dem 1. September 2015 wird die finanzielle Förderung für grössere PVFreiflächenanlagen (PV-FFA) ausschliesslich Teilnehmern zugestanden, die an einer Ausschreibung teilnehmen. • Am ersten Gebotstermin (nach einem «pay-as-bid»-Verfahren) vom 15. April 2015 wurde Anbietern im Bereich von 8,48 Ct/kWh bis 9,43 Ct/kWh der Zuschlag erteilt. • Beim zweiten Termin (1. August 2015) betrug der Zuschlagswert 8,49 Ct/kWh; • Beim dritten Termin (1. Dez. 2015) betrug dieser 8,00 Ct/kWh.(Quelle: BSW Solar)
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Das italienische Unternehmen Revolution Energy Maker hat in der Poebene bereits mehrere grössere Agrovoltaico-Anlagen in Betrieb genommen. (Quelle: REM, Brescia, Italien)
PV-Anlagen auf Äckern in «benachteiligten Gebieten» dennoch aufstellen und sich an Ausschreibungen beteiligen. (Sie sind mengenmässig stark beschränkt worden). Gemäss der deutschen Bundesnetzagentur sind bislang keine solchen Gebote eingereicht worden. Nochmals: Das Erstellen von PVFreiflächenanlagen ist in Deutschland kein raumplanerisches «NoGo». Das deutsche Baugesetzbuch sieht hierfür nur ein Planungsfeststellungsverfahren (mit Einsprachemöglichkeiten) vor. Ausserdem liegt die Planungshoheit bei der Gemeinde, die einen «solaren Bebauungsplan» erlassen muss und geeignete Flächen für PV-Freiflächenanlagen (PV-FFA) ausscheiden darf.
Und die entlang von Bundes-autobahnen kilometerlang errichteten PV-Anlagen auf Bandbreiten von 110 Metern gelten im baurechtlichen Sinne nicht einmal als Agrarzone.
Schweiz: Solaranlage nicht zonenkonform Die Rechtslage in der Schweiz ist anders. Nach dem Bundesgesetz über die Raumplanung sind Bauten innerhalb der Landwirtschaftszone nur gestattet, wenn die «Standortgebundenheit» dies erfordert. Nach schweizerischer Rechtsauffassung sind freistehende Solaranlagen «landwirtschaftlich nicht begründbar». Auch die Centralschweizerischen Kraftwerke (CKW) machten Bekanntschaft mit solch restrikti-
ven Bestimmungen. Die CKW wollte in der Gemeinde Inwil das grösste Solarkraftwerk der Schweiz errichten – zwar in der Agrarzone, aber im kantonalen Richtplan als «strategisches Arbeitsgebiet» für die Ansiedlung von Grossbetrieben ausgewiesen. (Am Standort plante man in den 1970er-Jahren die Erstellung eines Kernkraftwerks.) Zu Jahresbeginn 2013 lehnte der Kanton Luzern eine Zonenplanänderung ab. Es fehle hierzu «ein übergeordnetes, öffentliches Interesse». Anders war die Ausgangslage in Payerne, das eine ehrgeizige kommunale Solarstrategie verfolgt. Auf einer freistehenden Fläche in der Industriezone La Boverie entsteht nun die grösste PV-Anlage der Schweiz –
Das APV-Konzept: Stromerträge, die auf derselben Fläche simultan «geerntet» werden können, können saisonal gespeichert (1) oder ins lokale Netz eingespiesen (3) werden. Zudem erhöht die Kombination von Photosynthese und Photovoltaik die Landnutzungseffizienz des bewirtschaftenden Hofs. (Quelle: Fraunhofer ISE, Freiburg in Breisgau)
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so gross wie zehn Fussballfelder. Unter den 23 000 Solarzellen weiden Schafe und halten das Gras kurz. Der unbedingte Kulturlandschutz ist das Hauptargument gegen PV-FFA hierzulande. Simon Gisler, Geschäftsführer von AgroCleanTech, der Energieagentur des Bauernverbands, weist auf das ungenutzte Potenzial für Photovoltaik auf bestehenden Dachflächen der Landwirtschaft hin. Eine Studie von 2012 definierte als Referenzobjekt eine PV-Anlage für die Stromerzeugung (140 m2-Fläche, 14 kW installierte Leistung, 1300 Vollbetriebsstunden). Aufgrund solcher Anlagen wurde für 2030 eine jährliche Stromproduktion von 1200 GWh hochgerechnet, ein X-faches des heutigen Outputs. «Und dies war eine konservativen Schätzung aufgrund durchschnittlicher Milchviehstallgrössen der 80er-Jahre.» Unter Berücksichtigung der weit grösseren modernen Stalldächer
wären – so eine Schätzung von Swissolar – gar 11 000 GWh möglich. Freilich sind die reinen Gestehungskosten einer Dachanlage immer noch teurer als Freiflächenanlagen – gerechnet auf den Quadratmeter.
PV-Investoren der Zukunft Keine Frage: Die Hürden für PV-FFA sind hierzulande viel höher. Das weiss auch Jürg Rohrer von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Rohrer ist Forschungsleiter für Erneuerbare Energien an der ZHAW und möchte mittels einer Machbarkeitsstudie abklären, wo ein Agrophotovoltaik-Pilotprojekt realisiert werden könnte: «Die vielen positiven Effekte einer Doppelnutzung sind Grund genug, auch hierzulande darüber zu forschen.» In einer Stellungnahme gegenüber dem Wirtschaftsministerium in Berlin kann man erahnen, auf welches mögliche Szenario sich das
Fraunhofer-ISE schon einstellt: «In Süddeutschland lässt sich schon heute für weniger als 10 Eurocent pro Kilowattstunde Solarstrom erzeugen. Aufgrund der rasanten Kostendegression für PV-Module könnten ab 2020 neue Investoren auf den Plan treten. Diese werden ohne Inanspruchnahme staatlicher Förderung das Geschäft mit herkömmlichen PV-FFA weiter vorantreiben wollen.» Schindeles Prognose: «Im nächsten Jahrzehnt werden die Gestehungskosten so niedrig sein wie für kaum eine andere Anlage zur Stromerzeugung.» ■
Infos Autor: Manuel Fischer www.ise.fraunhofer.de
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PV to Heat
Sonnenstrom verheizen In der Schweiz sind solarthermische Kollektoren weitverbreitet, um Warmwasser aufzuheizen. Mit den immer günstigeren Preisen von Photovoltaikanlagen ist es aber mittlerweile langfristig wirtschaftlicher, mit einer PV-Anlage auf dem Dach Strom zu produzieren und über eine Wärmepumpe Warmwasser aufzuheizen. Zusätzlich kann der Stromüberschuss auch direkt genutzt oder ins Netz eingespeist werden. Der Hausbesitzer erhöht damit seine Autarkie zu geringeren Installations- und Betriebskosten.
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n den kommenden Jahrzehnten wird die Transformation der fossilen Wärmebereitstellung hin zu Wärmedienstleistungen, die vom elektrischen Strom getragen werden, voranschreiten. Dieser Zweig der globalen Dekarbonisierung, der zur Erreichung des von der UN gesetzten Zwei-Grad-Ziels notwendig ist, wird massgeblich von mit erneuerbarem Strom gespeisten Wärmepumpen getragen werden. Die Schweiz hat 2015 in Paris zugesagt, die CO2-Emission des Jahres 1990 im Jahr 2030 halbieren zu wollen 1. Aktuell sind in der Schweiz mehr als eine Viertelmillion Wärmepumpen (WP) in Betrieb 2. Die jährliche Installationsrate von rund 20 000 Wärmepumpen markiert einen internationalen Spitzenplatz. Sollen allerdings obige Klimaziele erreicht werden, müssen die Zahlen der WP gepaart mit den thermischen Gebäudesanierungen deutlich steigen. Am Markt ist zu erkennen, dass mit dem Anwachsen der thermisch sanierten Gebäude die notwendige Heizleistung sinkt und so-
mit der Anteil der Luft-WP deutlich steigt, verbunden mit reduzierten Investitionskosten.
Kenngrössen des PV & WP-Systems Die Kunden haben heute vielfach das Ziel, den am Gebäude erzeugten Photovoltaikstrom direkt für das Gebäude und deren Bewohner zu nutzen. Die WP, die über 3 kWh Umgebungswärme aus 1 kWh PV Strom gewinnt, hilft, diesen Autarkiegrad zu erhöhen. Im Gesamtsystem können so die 18 Rp/kWh Solarstromkosten auf ca. 6 Rp/kWh für die Bereitstellung des «solaren Brennstoffes» reduziert werden. Hinzu kommen natürlich die Kosten der Wärmepumpe und deren Installation. Diese ist allerdings oft bereits schon vorhanden. Vergleicht man den Gesamtwirkungsgrad der PV & WP-Kombination mit der in den letzten Jahren noch häufig eingesetzten solaren Warmwasser-Erwärmung mittels solarthermischer Kollektoren, so ergeben sich etwa gleiche Zahlen. Ein Qua-
dratmeter eines kommerziellen PVModuls mit einem Wirkungsgrad von 18 % liefert in Kombination mit einer WP mit Leistungszahl 3 einen Wirkungsgrad von 54% (3 x 18 %) bezogen auf den Wärmeertrag. Dies entspricht einem mittleren Jahreswirkungsgrad eines typischen solarthermischen Kollektors 3, 5.
Geringe Installations- und Betriebskosten Im Vergleich zum solarthermischen Kollektor birgt die PV & WP-Lösung Vorteile wie geringere Installationsund Betriebskosten, da keine Flüssigkeit über Jahrzehnte auf das Dach gepumpt werden muss. Zusätzlich kann ein Überschuss der Solarstromproduktion im Haus genutzt, ins Stromnetz eingespeist oder in den nächsten Jahren auch kostengünstig in einer elektrischen Batterie gespeichert werden. Der solarthermische Kollektor kann den Überschuss an Sonne im Sommer hingegen nicht nutzen, wenn die Wärmespeicher voll sind. Was den effektiv genutzten Jahreswirkungsgrad des solarthermischen Kollektors reduziert.
Tagung PV to Heat
Verbreitet in Deutschland
Am 3. November organisiert die ETG von Electrosuisse eine Tagung zum Thema PV to Heat. In der Schweiz werden von innovativen Architekten schon viele PV- & WP-Projekte erfolgreich realisiert. Die Referenten werden Erfahrungen über solche Lösungen im Einfamilienhaus wie auch im Mehrfamilienhaus präsentieren. Diese Beispiele sollen auch Entscheidungsträger bzw. kommunale Verantwortliche ermuntern, über lokale Unterstützungen nachzudenken, da sie tragende Pfeiler der Energiestrategie darstellen. Die Tagung spricht Architekten, Elektroplaner, Heizungs- und Sanitärtechniker wie auch Energiebeauftragte von Gemeinden an und natürlich die Installateure von Solaranlagen. Informationen und Anmeldung unter www.electrosuisse.ch/pv-to-heat oder per Mail an weiterbildung@electrosuisse.ch
Die Bereitstellung der Energie für das Warmwasser erfreut sich speziell in Deutschland grosser Beliebtheit – mit der Nutzung einer LuftWP. So sind 300-Liter-Boiler mit integrierter WP von Markenherstellern für Hardwarekosten von unter 2000 Euro erhältlich. Immer mehr am Markt verfügbare Solarwechselrichter können diese Wärmepumpe ansteuern und so für die optimale Einbindung der Warmwassererzeu-
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Energie | Wärme | Strom
sadenelements gestartet, in dem direkt hinter den PV-Modulen der Solarwechselrichter und die Wärmepumpe mit dem Warmwasserspeicher integriert sind. Dieses Fassadenelement soll in der Fabrik vorgefertigt und in minimaler Arbeitszeit auf der Baustelle installiert werden.
Marktentwicklung PV to Heat
Fassade aus Photovoltaikmodulen ➊ mit einer Gesamtleistung von 1 kWp. Der Inverter ➋ erzeugt die Spannung von 230 V für die Wärmepumpe mit einer thermischen Leistung von 2,2 kW ➍. Das Warmwasser wird im 300-lBoiler ➌ direkt hinter der Fassade gespeichert 7. gung und die Solarstromeinspeisung ins Stromnetz sorgen. Mit einer 1 kW-PV-Anlage, mit 5 bis 7 m2 Solarmodulfläche, können etwa 3000 kWh Wärme pro Jahr bereitgestellt werden, wenn eine Luft-WP eingesetzt wird. Mit diesem Solarstrom kann von März bis Oktober eine Luft-WP im Monatsmittel täglich mehr als 10 kWh Wärme bereitstellen, womit täglich 150 Liter Warmwasser aufgeheizt werden können. Dies deckt den typischen Warmwasserbedarf eines 3-Personen-Haushalts und kann, wenn mehr nötig wäre, bei der Planung mit einer grösseren Photovoltaikfläche gesteigert werden. Ein nicht unerheblicher Vorteil gegenüber der klassischen Solarthermie-Lösung liegt darin, dass dieses System
in der Winterzeit mit Netzstrom betrieben werden kann – ohne zusätzliche Investitionen. Im Winter hätte eine Wärmepumpe mit Erdsonde natürlich einen erheblich besseren Wirkungsgrad als eine Luft-WP.
Solarthermie teurer Das Bundesamt für Energie hat in einer Studie im Jahr 2015 die Solarthermie und PV & WP untersuchen lassen. Als Ursache für die Abnahme des Marktanteils der Solarthermie wurden dabei deren geringere Kostenreduktion im Vergleich zur Photovoltaik angeführt, wobei die Installationskosten bei der Solarthermie mit typischerweise 6000 Franken deutlich höher lagen 5. Die ZHAW in Winterthur hat 2015 die Entwicklung eines PV-Fas-
Im Jahr 2016 wurden in Liechtenstein ca. 500 kWh Strom pro Einwohner mit Solarzellen erzeugt – in den letzten acht Jahren wurden die Rahmenbedingungen von der Regierung in Liechtenstein so gesetzt, dass jährlich etwa gleich viel Photovoltaikleistung zugebaut wurde wie Solarthermie. Diese pro Kopf Solarproduktion ist leicht höher als in Deutschland. Im gleichen Zeitraum wurden im Ländle auch rund 900 Wärmepumpen neu installiert, deren Stromverbrauch etwa 60 % der gesamten Solarstromproduktion entspricht 4. Damit hat Liechtenstein eine der effizientesten Zukunftstechnologien für eine nachhaltige, treibhausgasfreie Wärmenutzung erfolgreich vorangetrieben und eine Vorbildrolle übernommen. Entsprechend der Energiestrategie der Regierung in Bern sollte die Schweiz einen solchen Photovoltaikstromanteil pro Kopf erst im Jahr 2035 erreichen. Mit den oben dargelegten Kosten des Brennstoffs «Solar» mit PV & WP wird sich dieser Zuwachs auch in der Schweiz beschleunigen, sodass schon in wenigen Jahren die Marke wie in Liechtenstein erreicht werden kann. Weltweit erfolgt heute bereits ein Viertel der Stromerzeugung mit erneuerbaren Quellen. In den letzten drei Jahren wurde die global installierte Photovoltaikleistung verdoppelt auf aktuell eine Fläche von 250 000 Fussballfeldern. Hinzu kommt, dass sich die Photovoltaik unter den erneuerbaren Erzeugungstechnologien dadurch auszeichnet, dass die verfügbaren Erzeugungspotenziale global am gleichmässigsten verteilt sind. Daraus ergibt sich ein enormes Marktpotenzial und damit Kostensenkungspotenzial durch die globale
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Ausweitung der industriellen Produktion von PV- & WP-Systemen.
Studie in Deutschland Die VDE-Studie «Potenzial für Strom im Wärmemarkt bis 2050» 6 zeigt, welche Bedeutung für Deutschland die PV & WP für die 90 %-Reduktion der CO2-Emissionen im Gebäudesektor für das Szenario 2050 hat. Ein erster Schritt in diese Richtung wurde dort schon durch die Verdreifachung der erneuerbaren Stromproduktion in den letzten zehn Jahren erreicht, auf heute einen Anteil von 30 %. Dies war ein wesentlicher Beitrag, um den Primärenergiefaktor für Strom in Deutschland von früher 3,3 auf 1,8 im Jahr 2016 zu senken 6. Damit schwindet auch zusehends das Argument gegen eine Wärmenutzung von Strom, was für viele Länder auf der Welt eine Herausforderung darstellt. Verglichen mit den aktuellen technischen Herausforderungen im
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COP21 Paris vom 12. Dez. 2015; www.bafu.admin.ch/klima Agnieszka Banach, Andreas Fahrni, Wärmepumpen Schweiz, Markt – Einsatz – Verständnis, GKS Verlag, 2014, ISBN: 978-3-905886-03-0, siehe Website Fachverband www.fws.ch S. Abrecht; Sonnenenergie, 6/2014 Dezember-Januar, 52 % mittlerer Wirkungsgrad bei einem Temperaturniveau von 50° C, siehe auch Webrechner www.swissolar.ch Juerg Senn, Leiter Energiefachstelle Regierung in Vaduz, persönliche Mitteilung Stand Ende 2015; 21 GWh/a PV-Erzeugung und 12 GWh/a Bedarf Wärmepumpen der ca. 900 Wärmepumpen BFE-Studie, Solarwärme und Photovoltaik – ein Technologievergleich, 25. Feb. 2015, www.news.admin.ch. Sowie die dortige Referenz M. Müller et al., «Preise und Kosten thermischer Solaranlagen», Ernst Basler+Partner, Zollikon, 4.11.2014, www.ebp.ch Potenzial für Strom im Wärmemarkt bis 2050, Juni 2015, eine VDE-Studie, zu beziehen bei www.vde.com F. Baumgartner, R. Knecht, D. Lantschner et al.: The Swiss PV Wall System to Maximise Self-Consumption in a Single Building Element, EUPVSEC 2015, Hamburg, home.zhaw.ch/~bauf/. Diese Bachelorarbeit zur Solarwand der ZHAW Studenten Knecht und Lantschner wurde 2015 mit dem Rieter und myblueplanet Klimaschutzpreis prämiert.
Autor: Prof. Dr. Franz Baumgartner, Dozent für Erneuerbare Energie im Fachbereich Elektrotechnik an der ZHAW School of Engineering.
Energiebereich sind Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen bereits erfolgreich im Markt angekommen.
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Die Zukunft der Dekarbonisierung hat also schon begonnen. ■
Energie | Wärme | Strom
Intelligente Kommunikation unter Leuchten
Sensor LED-Hallenleuchten Ein neues Zeitalter in der modernen Beleuchtungstechnik wird eingeläutet. Die intelligente Vernetzung von Leuchten in dynamische Lichtgruppen bieten ideale Voraussetzungen und dies mit Lösungen, die ganz auf die Bedürfnisse der Anwender zugeschnitten sind.
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en grössten Anteil an Gemeinkosten eines Unternehmens machen erfahrungsgemäss die Energiekosten aus. Auf die Beleuchtung fallen dabei bis zu 40 % der gesamten Elektrizitätskosten des Betriebes. Moderne Beleuchtungssysteme erlauben, diese Energiekosten stark zu reduzieren. Dies wird heute durch den gezielten Einsatz von LEDs sowie Bewegungsmeldern erreicht. Allerdings ist das Einsparpotenzial damit noch lange nicht ausgeschöpft und in der Optimierung von Beleuchtungskriterien liegt noch viel Sparpotenzial. Mit High Bay Lumiqs bietet Züblin ein neues Portfolio intelligenter Lichtlösungen an, welche die betrieblichen Abläufe beleuchtungstechnisch perfekt umsetzen, bei maximaler Energieeffizienz. Alle Beleuchtungslösungen der Marke Lumiqs by Züblin leiten das Licht bedarfsgerecht an den Ort, in dem Mo-
ment und in der Intensität, in der es benötigt wird. Die Leuchten sind mit einem Bewegungsmelder ausgestattet, die anwesende Menschen, Stapler oder LKWs erfassen. Jede Leuchte, die eine Bewegung erfasst, schaltet das Licht automatisch ein. Die intelligente Kommunikation unter den Leuchten schaltet ebenfalls benachbarte Leuchten ein, allenfalls gedimmt, auch wenn diese selbst keine Bewegung erfassen. Die grössten Einsparungen durch dieses neuartige Beleuchtungskonzept werden in industriellen Anwendungen sowie in der Logistik erreicht. Die High Bay Lumiqs Hallenleuchten sind so ausgestattet, dass sie Metalldampf-, T5- oder T8Leuchtensysteme eins zu eins ersetzen. Die vier LED-Module können einzeln auf die zu beleuchtenden Flächen ausgerichtet werden, sei dies ein langer Korridor, ein Regalgang oder eine grosse Fläche. Damit erschliessen die High Bay Lumiqs Hallenleuchten eine breite Palette an verschiedenen Einsatzgebieten mit Installationshöhen von 3 bis 10 Metern: Lagerhallen, Kühlhäuser, Produktionsstätten oder hohe Verkaufsräume.
Einfache Konfiguration
Die vier LED-Module können einzeln auf die zu beleuchtenden Flächen ausgerichtet werden.
Sind alle Leuchten einmal installiert, können diese mit minimalem Aufwand konfiguriert werden. Mittels Fernbedienung werden die Leuchten in den Lernmodus gesetzt. Danach werden alle Gehwege (Korridore, Regalgänge usw.) durch einen Gehtest abgelaufen. Dadurch lernt jede Leuchte ihre direkten Nachbarn kennen – ganz ohne teure Computerinstallation oder Software-Konfigurationen von Spezia-
listen. Nach dem Gehtest können die Regeln, zum Beispiel Dimmung für direkte Nachbarn auf 30 %, festgelegt werden. Es können jederzeit andere Regeln sowie weitere Leuchten dazu gruppiert oder weggeschaltet werden. Wird eine Lagerhalle heute komplett mit 100 % ausgeleuchtet, wird zu viel Leistung aufgewendet, um unbenutzte Arbeitsbereiche zu beleuchten. Die Aufteilung in fixe Leuchtgruppen erlaubt eine Reduktion des Gesamtverbrauchs, jedoch birgt dies Nachteile in der Anwendung, da die Gruppen nicht auf die Arbeitsbereiche ausgerichtet sind. Die Mitarbeiter erhalten in den Grenzbereichen der Lichtgruppen zu wenig Licht und fühlen sich durch die starken Hell-Dunkel-Übergänge unsicher und ausgestellt. Lumiqs by Züblin bietet mit der dynamischen Leuchtgruppenverteilung und bedarfsgerechter Ausleuchtung die ideale Lösung. Mit der selbstlernenden und dynamischen Lichtgruppenverteilung wird immer die optimale Arbeitsbeleuchtung erreicht, egal wo sich die Mitarbeiter gerade befinden. Während den Pausezeiten ohne Präsenz im Raum wird das Licht automatisch abgeschaltet oder bei Bedarf auf einen Standby-Wert von 15 % heruntergedimmt. ■
Infos M. Züblin AG 8304 Wallisellen Tel. 044 878 22 22 www.zublin.ch
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2016
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Energie | Wärme | Strom
Energiewende: Wärme aus erneuerbarem Methangas für Schweizer Haushalte
Erneuerbares Gas für die Wärmeversorgung Die saisonale Speicherung von erneuerbarer Energie stellt eine grosse Herausforderung für die künftige Energieversorgung dar. Mit dem Power-to-Gas-Verfahren und dem bestehenden Gasnetz lässt sich dieses Problem lösen. Aus erneuerbarem Strom im Sommer wird Wärme für die Haushalte im Winter bereitgestellt. Zusammen mit den Effizienzmassnahmen kann eine vollständige Substitution der heutigen Erdgas-Versorgung durch erneuerbares Methan im Gasnetz realisiert werden.
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ie Energiewende ist in Europa zum Energiethema geworden – auch in der Schweiz. Mit der Energiestrategie 2050 will der Bund eine Neuausrichtung der Energieversorgung anstreben. Dabei besteht die eigentliche Lücke in einer effektiven und leistungsstarken Speicherung des Sommerüberschusses an erneuerbarem Strom für die Versorgung im Winter.
GEMEN bestätigt das nötige Potenzial Das Institut Energie am Bau der Fachhochschule Nordwestschweiz in Muttenz hat die Implementierung des Power-to-Gas-Verfahrens für die Energieversorgung des Gebäudeparks näher untersucht. Im Rahmen eines Forschungsprojekts wurde die Substitution von fossilem Erdgas geprüft. GEMEN hat sich auf die Kombination des GEbäudeparks mit einem MEthangas-Netz fokussiert. Als Resultat steht fest: Mit Methangas aus erneuerbaren Energien lässt sich die heute mit fossilem Erdgas bestehende Versorgung der Gebäude mit Raumwärme und Warmwasser substituieren. Das Gasnetz der Schweiz stellt ein verbindendes Element der künftigen Energieversorgung dar. Als Ziel wird der Verzicht auf fossiles Erdgas für Raumwärme und Warmwasser genannt, und mit der Erzeugung von erneuerbarem Methangas kann dies auch erreicht werden. Wird erneuerbarer Strom und Kohlendioxid
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aus der Atmosphäre zur Produktion dieses Gases verwendet, entsteht ein geschlossener Kreislauf mit CO2. Bei GEMEN wurde das Potenzial für dieses Konzept untersucht und festgestellt, dass bis 2050 die durch Effizienzsteigerungen im Gebäudebereich erreichbare Verminderung des Gasverbrauchs von jährlich rund 10 TWh auf 3 bis 4 TWh vollständig mit erneuerbarem Methangas abgedeckt werden könnte.
Bewährte Technologien im Einsatz Ursprünglich ist das Power-toGas-Verfahren für die Nutzung von Überkapazitäten aus erneuerbarer Stromproduktion eingeführt worden. Die vom Klima und dem Sonnenstand abhängige Stromproduktion von Photovoltaik-Modulen und Windkraftanlagen wird entweder direkt ins Netz gespiesen, ausgeschaltet oder mit einer Speichertechnologie verarbeitet. Mit der auf Strom basierten Hydrolyse von Wasser, der Erzeugung von Wasserstoff, der zusammen mit atmosphärischem Kohlendioxid und einem Methanisierungsprozess zu erneuerbarem Methan umgewandelt werden kann, steht ein Ersatz für das heute verwendete Erdgas zur Verfügung. Dieser Prozess weist einen Wirkungsgrad von ca. 80 Prozent auf, falls in einem Energieknotenpunkt die Strom-, Gasund Fernwärmenetze zusammengeführt werden.
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Das bestehende Gasnetz dient dann zur Verteilung und Lieferung von erneuerbarem Methan, das sich im Gebäudepark verwenden lässt. Dieser Energieträger lässt sich in Gasheizkesseln, mit Gas betriebenen Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen (WKK) oder in GasWärmepumpen für Raumwärme und Warmwasserbereitung einsetzen. Durch die Fähigkeit zur saisonalen Speicherung wird eine wesentliche Lücke im Schweizer Energiekonzept geschlossen.
Im bestehenden Erdgas-Netz soll der Anteil von erneuerbarem Gas stetig zunehmen.
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Moderne Gaskessel erreichen hohe Wirkungsgrade bei der Raumheizung. Links Wandtherme und Warmwasserspeicher, rechts bodenstehender Gaskessel. (Fotos: Elcotherm AG)
Erneuerbares Methangas bei unterschiedlicher Anwendung
GEMEN ist definitionsgemäss kein Ausführungsprojekt, sondern eine Plausibilisierungsstudie. Dazu dienten auch vier unterschiedliche Fallstudien, mit denen einerseits die mögliche Implementierung von Power-to-Gas im Gebäudepark dargelegt wird, anderseits Hinweise auf künftige Umsetzungshindernisse oder Planungsoptionen gegeben werden. Neben den technischen Hürden und den politischen Entwicklungen sind jedoch vor allem auch sozioökonomische Aspekte ein Thema, wenn es darum geht, die Bereitschaft zur Umsetzung zu fördern. Zurzeit werden zwei Hauptsorgen genannt: die künftigen Kostenstrukturen von fossiler und erneuerbarer Methangas-Bereitstellung sowie das unsichere Baubewilligungsverfahren hinsichtlich der Realisierung von Grossprojekten.
Berechnungsinstrument für alle Akteure Mit dem GEMEN-Projekt konnte auch ein entsprechendes Berech-
nungsinstrument (GBI) entwickelt werden, das als Excel-Datei zur freien Verfügung steht. Das Modell berechnet standortabhängig die ganzjährige Wärmeversorgung von am Gasnetz angeschlossenen Haushalten mit erneuerbarem Methangas. Zentrale Bausteine der Wärmebereitstellung sind dabei Photovoltaikanlagen zur erneuerbaren Elektrizitätserzeugung, das Power-toGas-Verfahren zur Methangas-Erzeugung, ein Speicher zum kurzfristigen und saisonalen Ausgleich von Bedarf und Angebot sowie eine gasbasierte Wärmeerzeugung für Raumwärme und Warmwasser. Das Modell greift auf die jeweiligen ortsgebundenen Klimadaten zu. Die tatsächliche Bilanzierung von Erzeugung und Bedarf, inklusive der Speichernutzung, beruht auf einer stündlichen Bilanzierung einer erneuerbaren Methan-Erzeugung, dem Methangasbedarf und dem Speicherladezustand.
Schritte zur möglichen Umsetzung Die Umsetzung von Power-to-Gas im Gebäudepark wird bei GEMEN
mit vier technischen Bausteinen vorgeschlagen: • Baustein 1: Bau von HydrolyseAnlagen nach strategischen Gesichtspunkten. • Baustein 2: Ausbau einer Methanisierung, damit die Nutzung von erneuerbarer Energie nach einer primären Wasserstoff-Einspeisungsphase zum erneuerbaren Methangas übergehen kann. Ô
Das Schweizer Gasnetz kann in Zukunft – gemäss GEMEN – für eine Versorgung angeschlossener Gebäude mit erneuerbarem Methangas genutzt werden. (Bild: VSG)
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Mit den Einsparungen des fossilen Erdgases durch Effizienzmassnahmen bei Gebäuden wird ein verminderter Bedarf erreicht, der durch erneuerbares Methangas abgedeckt werden kann. (Bild: GEMEN)
Gasversorgung im Haushalt baut auf bewährter Technik auf.
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• Baustein 3: Bau der notwendigen Speicher, ein Schritt, der schon früher gemacht werden sollte, damit ab einer gewissen Dimensionierung (Maximum im Sommer) erneuerbares Methangas eingesetzt werden kann. • Baustein 4: Weiterer Ausbau von erneuerbarem elektrischem Strom, der zur Herstellung von erneuerbarem Methangas benötigt wird. Dieser Wert ist hauptsächlich abhängig von der Grösse der Energiebezugsfläche der am Gasnetz angeschlossenen Haushalte, dem Stand des dazu gehörenden spezifischen Heizwärmebedarfs,
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Infos Autor: Jürg Wellstein René L. Kobler, Institut Energie am Bau Fachhochschule Nordwestschweiz 4132 Muttenz, rene.kobler@fhnw.ch Studie: GEMEN (GEbäudepark und MEthangasNetz), www.bfe.admin.ch/dokumentation/ energieforschung › Energie in Gebäuden
Das Power-to-Gas-Verfahren nutzt unterschiedlichen erneuerbaren Strom zur Herstellung von Wasserstoff und anschliessend Methan. Dieses kann man saisonal speichern und über das vorhandene Gasnetz den Nutzern zuführen. (Bild: GEMEN)
dem aktuellen Wirkungsgrad der Power-to-Gas-Anlagen und dem genügenden Vorhandensein von Speichern.
GEMEN betrachtet eine mögliche Implementierung von Power-to-Gas im Gebäudepark von verschiedenen Standpunkten. Mit diesem Plausibilisierungsprojekt wird die Umwand-
lung fluktuierender, erneuerbarer Energien in einen chemischen Energieträger anschaulich gemacht. Insbesondere für den Gebäudepark stellt dies eine interessante saisonale Speicherung dar. Die Betrachtung weist jedoch darauf hin, dass die Umsetzung von Power-to-Gas im Gebäudepark weniger eine Frage der verfügbaren Technik ist, sondern eher Hindernisse im sozio-ökonomischen Bereich erwartet werden müssen. ■
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Strom in Gas umwandeln
«Grüner» Wasserstoff Eine der zentralen Herausforderungen für das Gelingen der Energiewende ist es, überschüssige Windund Sonnenenergie zu speichern und bei Bedarf wieder ins Netz einzuspeisen. Siemens hat dazu sein auf Basis der PEM-Technologie (Proton Exchange Membrane) entwickeltes Elektrolysesystem Silyzer auf den Markt gebracht. Es ermöglicht die Aufnahme und Speicherung grosser Energiemengen durch die Umwandlung von elektrischem Strom in Wasserstoff.
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as mit der PEM-Technologie ausgestattete Elektrolysesystem Silyzer ist bei mehreren Projekten im Einsatz, so zum Beispiel beim Paul Scherrer Institut (PSI) als zentrales Element der Energy System Integration-Plattform ESI. Bei der PEM-Elektrolyse wird destilliertes Wasser durch elektrischen Strom an Elektroden in Sauerstoff, freie Elektronen und positiv geladene Wasserstoff-Ionen (Protonen) gespalten. Die Ionen treten durch eine Membran und verbinden sich mit den Elektronen zu Wasserstoff. Für ein effizientes System werden mehrere dieser Zellen in sogenannten Stacks hintereinander geschaltet wie Batterien in einer Stabtaschenlampe. Separator-Platten, die meistens aus Titan gefertigt sind, trennen die Zellen eines solchen Stacks.
Leistungsfähig auch ohne Chemikalien Im Gegensatz zu anderen Elektrolysearten benötigt die PEM-Elektrolyse keine bedenklichen Chemikalien. Sie ist ausserdem leistungsfähiger:
Siemens-Ingenieure haben einen Elektrolyseur entwickelt, der mit protonenleitenden Membranen arbeitet. Er reagiert binnen Millisekunden auf den zur Verfügung stehenden Strom.
Die Zellen sind kleiner und es wird mehr Wasserstoff produziert. Mit der Membrantechnologie können die PEM-Elektrolyseure kurzfristig auch im Überlastbereich betrieben
Wie funktioniert die Elektrolyse? Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts experimentierten Forscher mit einfachen Batterien und Salzwasser und trennten damit Wasser (H2O) in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) auf. Die elektrische Spannung spaltet die Wassermoleküle. Am Pluspol (Anode) steigt das O2 auf, am Minuspol (Kathode) das H2. In destilliertem Wasser würde die Reaktion sehr langsam ablaufen. Säure macht das Wasser elektrisch leitend und beschleunigt den Prozess. In den technischen Anlagen ist die Säure in einer Membran immobilisiert. Im PEM-Elektrolyseur trennt die Membran Kathode und Anode. Die Säuregruppen in der Membran lassen nur die Protonen (H+) durchtreten. Das Wasser wird auf der Seite der Anode zugeführt, wo es von einem Katalysator (Iridiumoxid) und der angelegten Spannung aufgespalten wird. Das O2 entweicht und die übrig gebliebenen H+-Protonen wandern durch die Membran auf die Kathodenseite (Minuspol), wo sie unter Aufnahme zweier Elektronen zu Wasserstoffmolekülen (H2) kombinieren.
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werden. Neben der hohen Dynamik haben die neuen Elektrolyseure den Vorteil, dass sie nicht auf einer bestimmten Betriebstemperatur gehalten werden müssen, sondern vollständig abschaltbar sind und vor dem Einschalten keine Vorwärmphase brauchen. Das reduziert die Betriebskosten im Standby erheblich und ermöglicht einen effizienten und zuverlässigen Betrieb ohne Rückstände wie zum Beispiel Kalilauge. Ausserdem liefern die PEMElektrolyseure den Wasserstoff mit einem Druck bis zu 35 bar. Dadurch muss er nicht erst auf einen höheren Druck gebracht werden, um weiterverarbeitet oder gespeichert zu werden. «Das spart Investitions-
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kosten für Kompressoren», erklärt Siegfried Gerlach, CEO von Siemens Schweiz. «Einer von mehreren wichtigen Aspekten, der die Verantwortlichen des Paul Scherrer Instituts von unserer Lösung überzeugt hat.»
Wasserstoff als wertvolle Ressource Mit überschüssigem Ökostrom lässt sich mit der Elektrolyse Wasserstoff produzieren, den man als Energieträger lagern kann, beispielsweise in unterirdischen Kavernen. Bei kurzfristigen Bedarfsspitzen können mit dem energiereichen Gas Turbinen zur Stromerzeugung angetrieben werden. Der Strom kann dann ins Netz eingespeist werden (Rückverstromung). Der PEM-Elektrolyseur eignet sich auch als dynamische Regellastkomponente zum Ausgleich von Schwankungen in den Stromnetzen. «Der Elektrolyseur wird damit zur strategischen Schlüsselkomponente für Energieversorger, Netzbetreiber und Anbieter erneuerbarer Energien», so Gerlach. Auch die stoffliche Nutzung des Wasserstoffs in industriellen Prozessen ist möglich, beispielsweise für die Herstellung von Düngemitteln, als Baustein in der chemischen Industrie, in der Nahrungsmittelindustrie zur Härtung von Fetten oder bei der Kupferherstellung. Weltweit werden jährlich über 500 Mrd. Kubikmeter Wasserstoff verbraucht, von denen bislang über 95% durch einen CO2-lastigen Gasreformierungsprozess hergestellt werden. Mit Wasserstoff aus Elektrolyse kann dieser substituiert werden, wodurch sich die Emissionsbilanz von industriellen Prozessen stark verbessern lässt. Eine weitere Anwendung ist die direkte Nutzung als Treibstoff für brennstoffzellenbetriebene Fahrzeuge. Mit dem PEM-Elektrolyseur ist es Siemens gelungen, «grünen» Wasserstoff bereitzustellen, der sowohl dazu beitragen kann, CO2Emissionen in relevantem Umfang zu vermeiden als auch als CO2freier Treibstoff für die Mobilität zur Verfügung steht. «Wasserstoff,
ESI-Forschungsplattform Das Paul Scherrer Institut (PSI) testet auf seiner ESI-Forschungsplattform in Villigen, wie Elektrolyseure und Brennstoffzellen im Verbund mit Biomassereaktoren, Methanisierungsanlagen und CO2 Capturing betrieben werden können. Eine zentrale Komponente dieser Forschungsplattform, die seit Anfang 2016 schrittweise ihre Arbeit aufgenommen hat, ist das von Siemens entwickelte Elektrolysesystem Silyzer. «Bei der ESI-Plattform geht es uns darum, all die bisher isoliert erforschten Bausteine erstmals in ihrem komplexen Zusammenspiel zu untersuchen und die Technologien im Verbund zu betreiben», erläutert Alexander Wokaun, Forschungsleiter Energie & Umwelt. Das Anlagensystem am PSI hat eine Leistung von 100 Kilowatt. «Mit der Anlage möchten wir die Grenzen des technisch Machbaren in Bezug auf Power-to-Gas ausloten sowie die Kosten und die Möglichkeiten der Skalierung auf einer Anlage im Megawattbereich herausfinden», so Alexander Wokaun. Durch gemeinsames Experimentieren werden nun Erfahrungen gesammelt, die über das Testen einzelner Komponenten hinausgehen.
der aus regenerativer Energie erzeugt und gespeichert werden kann, hat das Potenzial zu einem Schlüsselelement bei der Integration erneuerbarer Energien in die Stromerzeugung zu werden», sagt Siegfried Gerlach. «Wir können mit unserer PEMElektrolyse-Technologie die geeignete Technik liefern und so gemeinsam mit anderen Unternehmen und Forschungsinstituten wie dem PSI diese Innovationen vorantreiben.» Nebst der Anlage im Paul Scherrer Institut ist Siemens mit dem Silyzer auch an anderen Projekten beteiligt, etwa beim «Energiepark Mainz», wo seit Juli 2015 Wasserstoff durch PEM-Elektrolyse mit einer Leistung von bis zu sechs Megawatt hergestellt wird. Der Energiepark hat die ideale Grösse, um lokale Engpässe im Stromnetz zu vermeiden und das Stromangebot kleinerer Windparks zu verstetigen.
In Mainz wird überschüssiger Strom aus den benachbarten Windkraftanlagen in Hechtsheim verwendet. Das Ziel von Siemens ist es, langfristig Elektrolyse-Parks mit bis zu dreistelliger MW-Leistung aufzubauen. ■
Infos Siemens Schweiz AG www.siemens.ch www.psi.ch
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Entscheidungshilfe für Konsumenten vs. Komplexität von Heizsystemen
Etikette für Heizgeräte ersetzt Beratung nicht Die Energieetikette, wie man sie vom Kühlschrank oder vom Fernseher her kennt, hält nun auch bei neuen Heizgeräten Einzug. Viele Konsumenten werden die Kennzeichnungen mit jenen gleichsetzen, die sie von Haushaltgeräten (Kühlschrank, Waschmaschine usw.) kennen. Gerade weil Heizsysteme komplexer sind als ihre Einzelteile, wird kompetente Beratung im Heizungsmarkt erst recht nötig sein.
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nergieetiketten bei Elektrogeräten haben sich für Verbraucher bewährt. Aufgrund der Kennzeichnung können sich Konsumenten orientieren und Geräte ausfindig machen, die mit A+++ gekennzeichnet sind und sich durch einen tiefen Energieverbrauch auszeichnen. Kunden wird damit eine Hilfestellung gegeben, um selbstständig gute Entscheidungen treffen zu können. Seit Ende September 2015 müssen nun auch alle neuen Heizgeräte in der EU in Effizienzklassen eingeteilt werden. Systeme mit Wirkungsgraden von 99 %, wie hocheffiziente Brennwertgeräte, erhalten in der Regel ein A und liegen damit im vorderen Bereich der Skala. Wird bei der Modernisierung beispielsweise zusätzlich eine Solaranlage eingebunden (Verbundanlage), kann die Klassifizierung auf ein A+ verbessert werden. Für Verbraucher werden so bewusst Signale gesetzt, nicht nur den Heizkessel zu ersetzen, sondern in effiziente Kombinationslösungen zu investieren.
Einzeletiketten ab August 2016 Den Messebesuchern der Swissbau wurden im Januar 2016 erstmals Heizgeräte mit Energieetiketten präsentiert. In der Schweiz wird die Etikette für Einzelprodukte gemäss dem Bundesamt für Energie (BFE) voraussichtlich ab dem 1. August 2016 obligatorisch sein. Das Verbundlabel will der Bund nicht ein-
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Autos, Häuser, Kühlschränke – und nun auch Heizgeräte: Energieetiketten begegnen dem Verbraucher immer häufiger. (Quelle: Erdöl-Vereinigung)
führen. Die Hersteller äussern Bedenken, dass dadurch das Verbundlabel im Markt nicht kontrolliert und somit unsachgemäss angewendet werden könnte. Viele Verbraucher werden die Kennzeichnungen mit jenen gleichsetzen, die sie seit Jahren von Kühlschränken, Waschmaschinen oder Heizlüftern kennen und mit deren Hilfe sie zuverlässig die energieeffizienten und damit sparsamen Geräte ausfindig machen können. Das Etikett suggeriert, dass dies nun mit Heizgeräten genauso möglich ist. Da aber unter anderem die Gebäu-
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dehülle die Energieeffizienz mitbeeinflusst, müssen für eine umfassende Beurteilung neben der farbigen Skala weitere Faktoren miteinbezogen werden.
Zusammenspiel von Gebäudehülle und Anlagetechnik Bei einem Fernseher ist es egal, in welchem Haus er läuft – der Stromverbrauch ist immer der gleiche. Beim Heizsystem hingegen ist das Zusammenspiel von Gebäudehülle und Anlagentechnik ausschlaggebend für die optimale Leistung. Dies hat zur Folge, dass
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eben nicht immer die Anlage mit dem besten Effizienzlabel die optimale Lösung für jedes Gebäude ist. Wird beispielsweise eine A++-Luftwasser-Wärmepumpe, die in Häusern mit hohem Dämmstandard und Fussbodenheizungen effizient arbeitet, in einem unsanierten Altbau installiert, kann die Leistung stark sinken. Das ist umweltpolitisch nicht erwünscht und beschert dem Verbraucher eine hohe Stromrechnung. Ein ölbetriebener Brennwertkessel kann in einem solchen Fall ein optimaleres KostenNutzen-Verhältnis erreichen. Daraus folgt: Alleine auf Basis der Energieetikette kann der Verbraucher keine ausreichenden Rückschlüsse auf die Betriebskosten ziehen: Der wesentliche Zweck der Energiekennzeichnung wird somit nicht erreicht. Neben der Betrachtung der Gebäudehülle ist auch die Einbausituation wichtig. Bei Heizungssystemen muss darauf geachtet werden, dass alles aufeinander abgestimmt ist und das System ordnungsgemäss installiert, betrieben und gewartet wird.
Beratung weiterhin gefragt Im Elektrobereich werden mit dem Energielabel Heizlüfter mit Heizlüftern oder Kühlschränke mit Kühlschränken verglichen. Zudem handelt es sich hier um Geräte, die einfach installiert werden können (Einstecken in der Steckdose). Bei der Energieetikette für Heizgeräte hingegen werden erstens unterschiedliche Technologien wie Ölbrennwertkessel und Wärmepumpen miteinander verglichen – gewissermassen Heizlüfter mit Kühlschränken. Und zweitens werden wichtige Bezugsgrössen wie die
Seit Ende September 2015 müssen alle neuen Heizgeräte in der EU mit Energieetiketten versehen werden. (Quelle: Weishaupt AG)
Gebäudehülle und die Installationsqualität ausser Acht gelassen. Wo es viele Fragen gibt, sind gute Antworten erwünscht. Nur aufgrund der fachkundigen Analyse der baulichen Gegebenheiten und der Bedürfnisse des Kunden entstehen sinnvolle, individuelle sowie energieeffiziente Lösungen für die Wärme- und Warmwasserversorgung. Die Energieetikette wird im Heizungsmarkt die kompetente Beratung deshalb nicht ersetzen, sie kann das Gespräch zwischen dem Kunden und dem Berater allerdings visuell unterstützen. ■
Info-Box Erdöl-Vereinigung, Zürich www.heizoel.ch
Energie | Wärme | Strom
Intelligente Systeme für intelligente Gebäude: Energiezentralen, polyvalente WP-Systeme
Systemgedanke ist wichtig Mit Kompaktenergiezentralen, polyvalenten Wärmepumpen-Systemen sowie speziell entwickelter Steuerung und Regelung liefert die Firma eta Group Komponenten für intelligente und energieeffiziente Gebäude.
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ine effiziente Interaktion zwischen der Bedarfs- und Produktionsseite ist nur möglich, wenn die einzelnen HLK-Komponenten, welche in einem Gebäude installiert werden, zwei Bedingungen erfüllen. Zum einen die Einbindung, bei der die Einflüsse der Einzelkomponenten und deren Wechselwirkung zueinander in der Konzeption berücksichtigt wurden. Zum anderen eine übergeordnete Leitebene, welche alle Systeme regeln kann. Beispielsweise machen CO2-geregelte Zuluft-Mengen in einzelnen Wohnungen in der Summe den effektiv benötigten Luftwechsel im Gebäude aus. Daraus resultieren die Leistung auf den Nachwärmern sowie der Wirkungsgrad der Wärmerückgewinnung und der variablen Luftmengen der Ventilatoren. Diese Kausalkette oder Regelstrecke ist eine von vielen, welche bereits in der Konzeptphase durchdacht werden muss. Unabhängig vom Verhalten der Bewohner beeinflussen solche Prozesse ebenso die Energieeffizienz eines Gebäudes. Darum ist eine Interaktion der einzelnen Komponenten notwendig. Das erfordert die nötigen Schnittstellen und die erforderliche
Hydraulikmodul zu eta Unit Four.
Betriebselastizität der einzelnen Komponenten. Erst dann kann das Gebäude als System effizient genutzt und betrieben werden.
Kompaktenergiezentrale für die Dachaufstellung Die «eta Unit One» ist eine komplett ausgestattete Heizzentrale, die auf dem Flachdach aufgestellt werden kann. Die Energie wird mit Luft/Wasser-Wärmepumpen gewonnen und nutzbar gemacht. Die
Kompaktenergiezentrale «eta Unit One» für Dachaufstellung.
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eta Unit One Kompakt-Energiezentrale (KEZ) liefert Heizwärme, Warmwasser und Zuluft für Mehrfamilienhäuser mit einer Gesamtheizleistung von 15 bis 80 kW. Die Energiezentrale ist komplett in einem Gehäuse verbaut und wird mit einem Pneukran oder Helikopter auf das Flachdach gehoben. Sie ist anschlussfertig für Heizungsvorund Rücklauf, Zirkulation, Frischwasser, Warmwasser und Zu- und Abluft für das Gebäude. Die KEZ ist ein minergietaugliches, abgestimmtes System mit offenen Schnittstellen für übergeordnete Regelungen. Vorteile: Das System ist vorgefertigt, intern komplett verrohrt und verdrahtet. Die Koordination kann von oben erfolgen. Im Keller wird kein Platz mehr benötigt. Die Lieferung erfolgt aus einer Hand, was Schnittstellen und Kommunikation reduziert. Optionen: Die Zuluft kann auf 20 °C konditioniert, mit Aktivkohlefiltern geruchsneutral aufbereitet
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und befeuchtet werden. Eine Einbindung von Solarwärme oder Photovoltaik ist möglich. Je nach Kundenwunsch können 20 bis 30 m2 direkt auf dem Dach der KEZ montiert werden. Die Solarwärmegewinnung dient der direkten Nutzung, oder wird je nach Betriebsfall für den optimierten Wärmepumpenbetrieb verwendet. Die Photovoltaikanlage reduziert in erster Linie den Strombezug der Wärmepumpe ab Netz, in zweiter Linie den Strombedarf des Gebäudes. Der Solarstrom wird nur bei ausbleibendem Eigenbedarf ins Netz eingespeist.
Polyvalentes WärmepumpenSystem Die «eta Unit Four» ist eine polyvalente Wärmepumpe/Kältemaschine und dient dem gleichzeitigen Kühlen und Heizen eines Bürogebäudes, eines Einkaufszentrums oder eines Produktionsbetriebs. Durch das zeitgleiche Nutzen von Wärme und Kälte ist ein sehr hoher Wirkungsgrad möglich. Die «eta Unit Four» ist in einer Luft/Wasser- und in einer Grundwasser-Ausführung verfügbar. In beiden Systemausführungen wird die Wärmepumpe durch die Klimaanlage optimiert. Das heisst, die Rücklauftemperatur der Klimaanlage erwärmt die Vorlauftemperatur der Wärmepumpe. Das bewirkt einen besseren Wirkungsgrad und die Kühlseite der Wärmepumpe wird zugleich zur Klimatisierung genutzt. Die Luft/Wasser-Variante benötigt ein speziell entwickeltes Speichersystem, welches zugleich zur Abtauung im Winter verwendet wird, ohne den Heizbetrieb zu unterbrechen. Die Unit Four ist serienmässig für Leistungen von 30 bis 600 kW in drei Grössen erhältlich. Bei grösseren Leistungen werden die Anlagen spezifisch für ihre Anwendung und gemäss dem Platzbedarf produziert. Vorteile: Das System ist vorgefertigt, intern komplett verrohrt und verdrahtet. Die kompakte Ausführung ermöglicht platzsparende Aufstellungen. Eine effektive Polyvalenz ist durch
das Hydraulikmodul gegeben. Die Optimierung des Betriebs ist mit der eigenentwickelten Steuerung und Regelung gewährleistet. Die Schnittstellen sind definiert. Der Anschluss übergeordneter Installationen erfolgt am Kalt- bzw. Warmspeicher.
eta pro Logic Die speziell entwickelte Steuerung und Regelung ist ein offenes System, welches die Einbindung von peripheren Komponenten und Messgrössen zulässt. So können alle die Energieerzeugung beeinflussenden Grössen in der Betriebsoptimierung berücksichtig werden. Als Standard-Schnittstelle zu übergeordneten Leitsystemen steht BacNet zur Verfügung. Die Bedienoberflächen können in mehreren Varianten geliefert werden. Von einer
eta pro Logic Tablet.
Vor-Ort-Bedienung mit Touchscreen oder WiFi-Tablet, bis zu einer Aufschaltung auf einem Cloud-Server basierten Leitsystem. Von Alarmketten bis hin zur Nebenkostenabrechnung der einzelnen Bezugsstellen ist vieles möglich. ■
Infos Autor: Milos Bill, eta Group GmbH www.etagroup.ch
Energie | Wärme | Strom
Intelligente Steuerung des Stellantriebs Mit der PC- und Ethernet-basierten Steuerungstechnik bietet Beckhoff eine einheitliche Hard- und Softwareplattform für die Gebäudeautomation. Neben der Lieferung von Standardkomponenten und kundenspezifischen Softwarebibliotheken für die Software TwinCAT versteht sich Beckhoff auch als Partner für die Entwicklung von HLK-Produkten und -Lösungen. Als Beispiel für eine enge Zusammenarbeit mit Danfoss, dem Spezialisten für Wärme- und Kältetechnik, wurde die Softwarebibliothek für NovoCon™ entwickelt. Die Bedienung des Stellantriebs erfolgt über den Beckhoff Panel-PC CP6606 mit
kompaktem 7-Zoll-HMI als All-in-One-Steuerung. Aufgrund der vollständigen Systemautomation ist NovoCon™ in der Lage, Energieeinsparpotenziale zu erschliessen: Durch die Überwachung der Antriebe ist ein hydraulischer Abgleich der Heizungsanlage möglich. Der intelligente Stellantrieb kann schnell und einfach in Betrieb genommen und gewartet werden, optional sogar per Fernzugriff. ■ Beckhoff Automation AG 8200 Schaffhausen Tel. 052 633 40 40 www.beckhoff.ch
Der Danfoss-Stellantrieb NovoConBH lässt sich komfortabel mit einem Beckhoff Panel-PC steuern.
Damit alle voll auf ihre Kosten kommen.
Die Ansprüche an Komfort und Lebensqualität sind individuell – Energiekosten wollen deshalb gerecht verteilt sein. Mit neusten Technologien können Verbrauchsdaten effizient erfasst, abgelesen und verrechnet werden. Wir bieten hochwertige Wärme-, Kälteund Wassermesssysteme mit Daten-Bus oder Funk. Die Produkte sind einfach installierbar und messgenau. Nutzen Sie unsere Kompetenz und Erfahrung – wir sind gerne für Sie da. Rapp Enserv AG | Basel | Münsingen | Affoltern a. Albis | Lugano | T +41 58 595 77 44 | enserv@rapp.ch | www.rapp.ch
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Energiemanagement: Zählerdaten-Visualisierung Die Lastgangzähler aus der AMIS-Reihe von Siemens sind elektronische 4-QuadrantenZähler zum Erfassen von Blindund Wirkenergie. Die Komplettlösung AMIS erfasst Daten und Informationen von Haushalten, Sondervertragskunden und von der Verteil-
Elektronischer 4-QuadrantenZähler für das Verbrauchsdatenerfassungs- und Informationssystem AMIS. netzinfrastruktur. «AMIS» steht dabei für «Automatisiertes Verbrauchsdatenerfassungsund Informationssystem» (Automated Metering and Information System). Der neue vollelektronische Multifunktionszähler verbindet Leistungs- und Energiemessung, flexible Tarifzählung sowie die komplette DLC-Kommunikation über das Stromversorgungsnetz. Das Lastschaltgerät ermöglicht Last-
schaltung nach Uhrenprogramm oder über Befehl aus der EVU-Zentrale. Mit einem Optokoppler kann bei der IR-Schnittstelle ein Miniserver von Loxone am Lastgangzähler angeschlossen werden. Die Zählerdaten können nun für verschiedene Zwecke visualisiert werden: • Kommunikation zwischen AMIS-Stromzähler, Smartphone-App und ausgewählten Verbrauchern. • Nur nach Freischaltung des AMIS-Zählers mittels eines individuellen Sicherheitsschlüssels durch das EVU werden Daten des AMISZählers freigegeben (Schutz vor Fremdzugriffen). • Vom AMIS-Zähler abgerufene Daten verbleiben auf dem Loxone Miniserver Go (im eigenen Haus) und nicht in einer Cloud. Optimal ist diese Lösungskombination etwa in Verbindung mit Photovoltaikanlagen, um gezielt den Eigenverbrauchsanteil zu erhöhen. Beispiel 1: Waschmaschine startet bei Stromüberschuss. Beispiel 2: Fahrzeugbatterie von Elektroauto oder E-Bike werden geladen bei Energieüberschuss. ■ Siemens Schweiz AG 8047 Zürich Tel. 0585 585 585 www.siemens.ch
Visualisierung von Zähler-Daten mit Komponenten von Loxone.
Energie | Wärme | Strom
Von Wärme-Kraft-Kopplung bis Energiemonitoring Unter den Marken Bosch und Buderus kommen intelligente vernetzte Energielösungen auf den Markt, die auf bewährten Technologien basieren, diese aber ideal kombinieren.
Die Brennstoffzelle – das Kraftwerk im Keller Die Energiezentrale Logapower BZH192iT von der Bosch-Marke Buderus mit Titanium-Glasoptik und Raumheizungseffizienz A++ nach EU-Richtlinie erzeugt per Kraft-Wärme-Kopplung gleichzeitig Wärme und Strom. Sie eignet sich für neue und bestehende Ein- und Zweifamilienhäuser. Das Herzstück ist eine keramische Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC), die einen hervorragenden elektrischen Wirkungsgrad von bis zu 45 % erreicht. Die Energiezentrale besteht aus dem Brennstoffzellenmodul mit Pufferspeicher zur Grundlastabdeckung sowie einem Gas-Brennwertgerät mit Trinkwasserspeicher für Bedarfsspitzen. Hauseigentümer erzeugen damit einen Grossteil ihres Stromes selbst und sparen Primärenergie, CO2 und Energiekosten.
BHKW, ORC-Systeme und Druckluft-Wärme-Kraftwerke Blockheizkraftwerke (BHKW) von Bosch erzeugen Strom und Wärme wirtschaftlich, effizient, dezentral und umweltfreundlich. Dank der hohen Effizienz macht sich die Investition bereits nach wenigen Jahren bezahlt. ORC-Systeme wandeln Abwärme in Strom um und nutzen sie damit optimal. Sie können überall dort eingesetzt werden, wo viel Abwärme anfällt, die bislang nicht weitergenutzt wird, zum Beispiel in Industrie und Landwirtschaft. Beim Druckluft-Wärme-Kraftwerk stellt ein gasmotorbetriebener Kompressor DruckMit Blockheizkraftwerken (BHKW) Strom und Wärme wirtschaftlich und CO2-arm erzeugen: Im Hintergrund ein BHKW im Container mit bis zu zwei MWel Leistung. Im Vordergrund BHKW-Module im Bereich von 12 bis 400 kWel.
luft und Wärme dezentral bereit. Der Vorteil: Druckluft wird wirtschaftlicher bereitgestellt als bei konventioneller Drucklufterzeugung aus Strom. Durch äusserst effiziente Energiewandlung wird weniger CO2 ausgestossen, die Energiekosten sinken. Die innovative Lösung ist für Unternehmen geeignet, die einen grossen Bedarf an Druckluft haben, etwa im Maschinen- und Anlagenbau. Im Produktionsprozess entstehende Wärme lässt sich für die Wärmeversorgung nutzen und hilft so, zusätzlich Energie und Kosten zu sparen.
Energiemonitoring Energiekosten sind ein wichtiger Wettbewerbsfaktor für Unternehmen. Intelligentes Energiemonitoring schafft einen umfassenden Überblick über den Energieverbrauch im gesamten Unternehmen. Die Energy-Platform von Bosch ist ein leistungsstarkes Werkzeug für Analyse und Monitoring, das Bosch auch in eigenen Produktionswerken einsetzt und kontinuierlich weiterentwickelt. Die Effizienz aller Energieanlagen wird mit vernetztem Energiedatenmanagement fortlaufend erfasst und kontinuierlich bewertet. Das ist die Basis für Optimierungsmassnahmen. Als Baustein für Lösungen aus dem Bereich Industrie 4.0 werden Produktionsanlagen mit der Plattform direkt angesteuert und nach individuell definierbaren Regeln automatisch zu- oder abgeschaltet, um Spitzenlasten zu reduzieren.
Speicherlösungen für Industrie Stationäre Speicher sind ein Kernelement dafür, erneuerbare Energien und innovative Energielösungen effizient und zuverlässig im gewerblichen und energiewirtschaftlichen Umfeld zu integrieren. Speicherlösungen von Bosch maximieren den Kundennutzen durch umfassende Dienstleistungen wie Energieberatung, Speichersystemauslegung, Steuerung, Web-Anbindungen und Monitoring, Installation und Wartung. Insbesondere durch die Energiemanagement-Software setzt Bosch neue Massstäbe im Speichermarkt. Algorithmen sorgen dafür, energietechnische Anlagen effizient und netzstabilisierend zu betreiben. ■ Buderus Heiztechnik AG 4133 Pratteln Tel. 061 816 10 10 www.buderus.ch www.bosch.ch
Energie | Wärme | Strom
Das System Alpha3 ist eine praxisorientierte Lösung für den Handwerker, die mit geringem Aufwand einen normenkonformen hydraulischen Abgleich ermöglicht.
Umwälzpumpe von Grundfos erhält Innovationspreis Die Umwälzpumpe Alpha3 von Grundfos ist beim Plus X Award in der Produktkategorie Heizung und Klima als «Bestes Produkt des Jahres 2016/2017» ausgezeichnet worden. Der Plus X Award ist ein international anerkannter Innovationspreis für Industrieprodukte aus den Bereichen Technologie, Sport und Lifestyle und zeichnet nach sieben verschiedenen Kategorien wegweisende Produkte aus. Bereits im Januar hatte die für den einfachen hydraulischen Abgleich entwickelte Pumpe das Plus X Award-Gütesiegel in den Kategorien Innovation, High Quality, Funktionalität und Ökologie erhalten. Alle nominierten Produkte haben die Möglichkeit, neben den Plus X Award-Gütesiegeln der einzelnen Kategorien auch die besondere Auszeichnung «Bestes Produkt 2016/2017» zu erlangen. Die Besonderheit der Alpha3 ist eine spezielle Funktion für den einfachen hydraulischen Abgleich. Die Alpha3 ist wie das Schwestermodell Alpha2 eine hocheffiziente, elektronisch geregelte Nass-
läufer-Umwälzpumpe mit Permanentmagnet-Motor und AutoAdapt-Technik. Mit einem Energie-Effizienz-Index (EEI) von kleiner gleich 0,15 (Modell Alpha3 25-40 180) bietet sie die derzeit höchste Effizienz in dieser Klasse. Zusätzlich ist die Alpha3 ab Werk vorbereitet für die Kommunikation mit dem Alpha Reader. Der als separates Zubehör erhältliche Reader wird zum Auslesen der Betriebsdaten am Pumpenkopf befestigt und überträgt Volumenstrom, Förderhöhe, Stromaufnahme und andere Daten per Bluetooth-Schnittstelle in Echtzeit auf ein Smartphone oder Tablet. Mit Hilfe der GrundfosApp GO Balance lässt sich mit dem Mobilgerät der hydraulische Abgleich aller Heizkörper im Haus vornehmen. ■
Grundfos Pumpen AG 8117 Fällanden Tel. 0 44 806 8111 www.grundfos.ch
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2016
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Energie | Wärme | Strom
Thermostat-Ventilunterteile mit automatischer Durchflussregelung Eclipse heisst die neue Generation Thermostat-Ventilunterteile mit automatischer Durchflussregelung. Die mit der bewährten, patentierten AFC-Technologie ausgestatteten Ventilunterteile sind nun in allen Standard-Ventilgrössen erhältlich. Das Angebotsspektrum umfasst alle gängigen Bauformen – zum Beispiel Eck, Durchgang, Winkeleck und Axial mit Innen- und Aussengewinde, Eck und Durchgang mit Pressanschluss sowie Durchgang mit Bogenverschraubung. Alle Produkte des Eclipse-Programms ermöglichen einen schnellen und zuverlässigen hydraulischen Abgleich in sämtlichen Zweirohr-Heizkörpersystemen und Fussbodenheizungen – sei es bei der Sanierung oder im Neubau. Komplexe Rohrnetzberechnungen oder der Einsatz von Differenzdruckreglern sind nicht erforderlich. Ist das Ventilunterteil an jedem Wärmeverbraucher eingebaut, regelt und begrenzt die integrierte AFC-Technologie vordruckunabhängig die Durchflussmenge. Diese Regelung erfolgt durch den Einsatz eines patentierten Ventileinsatzes, der ohne Membranen auskommt. Dadurch ist auch ein Verschmutzen des Ventils weitgehend ausgeschlossen. Daneben besitzt das Ventil weiter die geschätzten IMI-Heimeier-Vorzüge wie doppelte O-Ring-Abdichtung, Gehäuse aus korrosionsfestem Rotguss und der Garantie, nie festzukleben. Ein manuelles Lösen des Ventils nach Heizpausen ist zudem nicht notwendig. Das nach DIN EN 215 geprüfte und zertifizierte Eclipse stellt sicher, dass die maximale Durchflussmenge jederzeit – so auch im Teillastbetrieb – unabhängig vom Differenzdruck eingehalten wird. Die stufenlose Einstellung erfolgt schnell und unkompliziert durch das Drehen einer Ziffernkappe direkt am Ventiloberteil. Das innovative Produkt ist für einen Durchflussbereich zwischen 10 (Einstellwert 1) und 150 (Einstellwert 15) Liter/h ausgelegt. Dabei gewährleistet das Ventil bei Differenzdrücken bis 60 kPa einen geräuscharmen Betrieb, sodass auch in den meisten weitverzweigten Systemen auf den Einsatz von Differenzdruckreglern verzichtet werden kann. ■ IMI Hydronic Engineering Switzerland AG 4414 Füllinsdorf Tel. 061 906 26 26 www.imi-hydronic.ch
Mit Eclipse stellt IMI Heimeier ein vollständiges Produktprogramm zur automatischen Durchflussregelung zur Verfügung.
Energie | Wärme | Strom
Die Inverter-Wärmepumpe LWZ 504 kann mit dem richtigen Zubehör sogar mit selbst erzeugtem Photovoltaikstrom betrieben werden.
IM NOTFALL n BEI HEIZUNGSSANIERUNGEN n ZUR BAUAUSTROCKNUNG n VON 22 kW BIS 1'400 kW n DIE ERFAHRUNG DER ERFINDER MIT DEM ENGAGEMENT EINES FAMILIENBETRIEBS – SEIT 1990
Alleskönner für Wohnkomfort im Energiesparhaus Die Zeit erfordert ein neues Denken, einen neuen Umgang mit Energie. Im Haus der Zukunft sollte Strom aus regenerativen Quellen die bestimmende Energieform sein. Im Idealfall soll im Haus der Zukunft ein gebäudetechnisches Gerät gleich mehrere Funktionen übernehmen können. Die kompakte LWZ 504 von Stiebel-Eltron ist sehr vieles in einem; als Luft-Wasser-Wärmepumpe sorgt sie für eine effiziente Wärmeerzeugung, sorgt für ein intelligentes Management und Speicherung des Energieflusses und integriert eine Wohnkomfortlüftung. Das Gerät bietet allen Wohnkomfort, der eines Energiesparhauses würdig ist. Die Energie für wohlige Raumtemperaturen und warmes Wasser zieht die Anlage aus der Aussenluft. Das moderne Lüftungsmanagement sorgt dafür, dass die Wärme im Haus bleibt. Es gewinnt aus der Abluft bis zu 90 % der Wärme zurück. Eine angenehme, gesunde Atmosphäre und hohe Effizienz lassen sich so hervorragend miteinander verbinden. Diesen Effekt verstärkt die leistungsregelnde
Invertertechnik. Durch sie wird genau die Wärmemenge produziert, die aktuell benötigt wird. Auch bei tiefen Temperaturen lassen sich so hohe Leistungswerte erreichen. Für einen sparsamen Energieeinsatz sorgen die moderne Hocheffizienz-Heizungsumwälzpumpe und eine exzellente Dämmung des Warmwasserspeichers. Wer sich noch stärker von steigenden Energiepreisen frei machen möchte, kann mit dem richtigen Zubehör die LWZ 504 sogar mit selbst erzeugtem Photovoltaikstrom betreiben. Über den Internet-Service-Gateway kann von verschiedenen Geräten aus (Tablet, PC oder Smartphone) auf die Anlage zugegriffen und einfach überprüft werden, ob alles läuft. Online können Einstellungen und Korrekturen vorgenommen werden. Solche innovativen Bedienungssysteme sind die ideale Ergänzung zur modernsten Wärmepumpentechnik. ■ Stiebel Eltron AG 5242 Lupfig Tel. 056 464 06 24 www.stiebel-eltron.ch
VERMIETUNG MOBILER HEIZ- UND WARMWASSERZENTRALEN GROSSÄCHERSTRASSE 23 | CH-8104 WEININGEN ZH T 044 750 66 50 | F 044 750 17 10 | INFO@WAERMEMOBIL.CH
Der grösste Pellets-Tank der Schweiz Am 29. Oktober 2015 versammelte sich gegen Mittag eine Menschenmenge an der Florastrasse im zürcherischen Elgg. Der Grund: Auf einem Spezialtransporter fuhr langsam ein grüner Pellets-Tank aus Stahl heran. Mit 16,3 Metern Länge und 2,9 Metern Durchmesser ist er der grösste Pellets-Erdtank der Schweiz. Er dient als Lager für die Holzpelletsheizung, welche die neun Mehrfamilienhäuser der Sied-
lung «Silenzio» mit Wärme versorgen soll. Mit seinen 86 000 Litern Fassungsvermögen bietet der Tank Raum für 55 Tonnen Pellets. Drei bis vier Füllungen werden pro Jahr nötig sein, um die Neubausiedlung zu beheizen. ■
Liebi LNC AG 3753 Oey-Diemtigen Tel. 033 681 27 81 www.liebi-heizungen.ch
Mit 16,3 Metern Länge und 2,9 Metern Durchmesser ist der Pellets-Erdtank in Elgg der momentan grösste der Schweiz.
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2016
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Energie | Wärme | Strom
Eco-Speicher von Weishaupt erreichen die Effizienzklasse A Weishaupt bietet ergänzend zum umfangreichen Programm an Trinkwasserspeichern ab Mai 2016 weitere hocheffiziente Speicher mit Energie-Label A an, die nach den neuen ErP-Richtlinien in die oberste Energieeffizienzklasse eingestuft sind. Trinkwasserspeicher werden über ihren Bereitschaftsverlust, also die Wärmemenge, die beim Speichern über die Zeit nach aussen verloren geht, beurteilt. Die neuen Weishaupt-Trinkwasserspeicher WAS 140 Tower-Eco, WAS 150 Eco und WAS 200 Eco wurden im Hinblick auf Minimierung der Bereitschaftsverluste entwickelt. Ihre optimierte Wärmedämmung aus Vakuum-Isolationspaneelen und Polyur-
Die neuen Trinkwasserspeicher WAS Eco erreichen die Energieeffizienzklasse A: Bereitschaftsverlust 35 – 41 Watt.
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ethanschaum hält die Energie dort wo sie hingehört – im Speicher. Der Bereitschaftsverlust der neuen Eco-Speicher liegt zwischen 0,84 und 0,99 kWh in 24 Stunden (35– 41 Watt) und damit um etwa 40% unter dem Wert konventionell gedämmter Trinkwasserspeicher. ■ Weishaupt AG 8954 Geroldswil Tel. 044 749 29 29 www.weishaupt-ag.ch
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Energie | Wärme | Strom
PowerPyramid: das individuelle, nachhaltige Minikraftwerk Mit Photovoltaik alleine kann die Energieversorgung nicht gelöst werden. Wenn viel Strom gebraucht wird – bei Nacht und Kälte –, scheint die Sonne nicht. An sonnigen Mittagen gibt es zu viel davon, morgens, abends und im Winter zu wenig. Nicht jeder hat ein grosses Dach für Solarmodule oder er möchte nicht die Dachterrasse dafür opfern. Die lokale Energiespeicherung in Batterien für den Eigenverbrauch ist immer noch teuer. Kleinwindturbinen sind eine ergänzende Alternative. Der Wind weht nicht immer, bläst jedoch mehr im Winter und bei Regen, dann wenn aus Solaranlagen nichts oder nur wenig rauszuholen ist. Die Windräder sind leiser, effizienter und kostengünstiger geworden und sind vermehrt auf Hochhäusern in Städten wie New York, Chicago und Shanghai zu sehen. Sie nennen es «urban wind farming». Die Hochhäuser ersetzen die Masten und der Staudruck an den Gebäudefassaden beschleunigt die Luftströmung über die Hausdächer, was die Effizienz erhöht. NewGreenTec GmbH hat mit dem «PowerPyramid» ein hybrides, nachhaltiges
Minikraftwerk, das jedermann im Garten, auf der Terrasse oder auf dem Hausdach ohne Bauarbeiten aufstellen und einfach am Hausnetz anschliessen kann, um selbst nachhaltig Strom zu erzeugen. Dieses ist mobil ausgelegt, sodass es nicht als Immobilie gilt und somit im Normalfall keine Baubewilligung benötigt. Es ist eine Kombination von einer dualen Vertikalachswindturbine auf einem Mast mit einem aus Solarmodulen bestehenden pyramidenförmigen Sockel, der gleich als Behälter für die Batterien und die Elektronik dient: all in one und Plug-and-Play. Leistungs-Grössen der Windturbine: 300 W bis 3 kW. Drei Prototypen sind in Betrieb, einer auf dem Haus von Walter Schmid, dem Umweltpionier und Gründer der Umweltarena. Damit werden zurzeit Erfahrungen gesammelt, um das Produkt und verschiedene Projekte in Zusammenarbeit mit Hochschulen zu optimieren. ■ NewGreenTec GmbH 8426 Lufingen ZH Tel. 044 586 65 60 www.newgreentec.com PowerPyramid-Prototyp auf Gebäude in Zürich.
Energie | Wärme | Strom
Easy Air 500: Windturbine mit 500 Watt «Easy Air 500» ist eine stromerzeugende Windturbine, entwickelt und hergestellt von der Air Group Italy aus Italien und wird von der IBAarau Elektro AG in der Schweiz vertrieben. Die Windturbine Easy Air 500 hat einen Durchmesser von 1 m, eine Höhe von 1.5 m und wiegt 120 kg. Ab 3.5 m/s Windgeschwindigkeit wird Strom produziert. Die maximale Leistung von 500 Watt wird bei 9 m/s erreicht. Bei 30 m/s wird das Windrad induktiv abgebremst. Dank den flügelförmigen Rotorblättern und den selbstschmierenden Lagern wird ein geräuschloser Betrieb garantiert. Wird die Anlage an einem Ort mit günstigen Windverhältnissen aufgestellt, können bis zu 3000 kWh pro Jahr produziert werden. Das kleine Windkraftwerk dient als Eigenerzeugungsanlage für den Privat- wie auch für den Gewerbeund Industriegebrauch. Aufgestellt im Garten oder auf dem Dach speist die Anlage einphasig mit 230 V ins Hausnetz und senkt den Netzstrombezug. Die Baubewilligungspflicht ist von Fall zu Fall abzuklären. Easy Air 500 kostet Fr. 3500.-, Abholpreis ab Aarau zur Selbstmontage. Auf Wunsch wird auch durch die IBAarau Elektro AG geliefert und montiert. ■
Easy Air 500 auf Garagen-Dach.
IBAarau Elektro AG 5001 Aarau Tel. 062 835 00 60 www.ibaarau.ch
Diese Grafik zeigt die drei flügelförmigen Rotorblätter der Vertikalachs-Windturbine Easy Air 500.
Energie | Wärme | Strom
Die Naef Group lanciert energetische Gebäudeoptimierung Die Naef Group, bekannt für ihre nachhaltigen Sanierungstechnologien Anrosan und HAT-System, lanciert noch in diesem Jahr einen weiteren Geschäftszweig. Vorerst im Bereich Heizung kommen Überwachungssysteme zum Einsatz, die zum Ziel haben, den Energieverbrauch mit den gegebenen Ressourcen zu reduzieren. Damit knüpft das Familienunternehmen an seine über 30jährige Tradition der sanft-humanen Gebäudeerneuerung an. Werner Näf, Gründer und Inhaber der beiden Firmen der Naef Group, beantwortet einige Fragen: Mit dem neuen Zweig der energetischen Gebäudeoptimierung stellen Sie die Weichen für die Zukunft. Was hat Sie dazu bewegt? Werner Näf: Unser Credo war schon immer «sanieren statt ersetzen». Was wir aufbauen, ist also keine neue Ausrichtung, sondern vielmehr eine Weiterführung unserer Bestrebungen, die vorhandenen Ressourcen optimal zu nutzen. Dass wir dafür Stefan Näf, meinen Bruder und ausgewiesenen Fachspezialisten im Bereich der energetischen Optimierung an Bord holen durften, freut mich enorm.
Werner und Stefan Näf.
Wie schätzen Sie das Potenzial in diesem wachsenden Markt ein? Bei unseren täglichen Analysen stossen wir immer wieder auf Objekte, bei denen die Technik gut im Schuss ist, jedoch aufgrund des fehlenden Fachwissens massiv zu viel Energie verbraucht wird. Dort wollen wir ansetzen.
JK-System: revolutionäre Einfräsmethode für Bodenheizungen in Unterlagsböden.
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Welche Massnahmen wollen Sie konkret anbieten? Im ersten Schritt setzen wir bei der Optimierung der Heizung an. Sämtliche neuralgischen Punkte und Schnittstellen versehen wir mit Messsensoren, um eine Standortbestimmung zu machen. Die gewonnenen Daten dienen als Grundlage für die Massnahme-Empfehlung. Wir zeigen auf, wo die Einsparpotentiale am grössten sind. Beispiel: Eine alte Öl-Heizung soll durch eine Wärmepumpe ersetz werden. Die Liegenschaft wurde damals so konzipiert, dass die Räume über Radiatoren beheizt werden und die Auslegung der Vorlauftemperaturen deshalb bei 60°C liegen. Die Wärmepumpe hat ihren höchsten Wirkungsgrad im Niedrigtemperaturbereich zwischen 30 und 35 Grad Celsius und ist somit in Kombi-
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nation mit einer Niedertemperatur-Flächenheizung am effizientesten. Wir bieten mit dem JK-System die Möglichkeit an, eine Bodenheizung nachzurüsten. In Punkto Raumgestaltung wie auch bezüglich Energieeffizienz bringt dies grosse Vorteile. Auch für Eigentümer einer Elektroheizung, welche in einigen Kantonen nicht mehr zulässig sein wird und zwingend ersetzt werden muss, können wir mit dem JK-System eine nachhaltige und wirtschaftliche Lösung anbieten. Sind neben der Heizungsoptimierung noch weitere Angebote in Planung? Wir streben eine möglichst umfassende Lösung für sämtliche haustechnische Bereiche an und haben dafür auch schon tolle Gespräche mit Partnern führen können. Am Ende ist es unser Ziel, gemeinsam möglichst viel aus den bestehenden Ressourcen herauszuholen und das Know-how verschiedener Spezialisten zu bündeln. So können wir umfassende energetische Beratungen für Gebäude anbieten. ■ Naef GROUP www.naef-group.com
Energie | Wärme | Strom
HFO-Kältemittel und Inverter-Technologie Dem Unternehmen CTA ist es fertige Gerät gibt es als Sowichtig, möglichst energieef- le-Wasser-Wärmepumpe im fiziente und umweltfreundLeistungsbereich von 2 bis 7,5 liche Produkte im Bereich KlikW und einem SCOP (Seasoma, Kälte und Wärme anzunal Coefficient of Perforbieten. Die CTA setzt darum mance) von 5,5 sowie als verstärkt auf Anlagen, die Wasser-Wasser-Wärmepummit dem Low-GWP-Kältemitpe im Leistungsbereich von tel HFO betrieben werden, 2,5 bis 9 kW und einem SCOP sowie auf Produkte mit In- von 7,1. Der integrierte Trinkverter-Technologie, um so die Energie noch bedarfsgerechter einzusetzen. Mit dieser neuen Wärmepumpe Optiheat Inverta TWW bietet die CTA ihre erste Geothermie-Wärmepumpe mit Inverter-Technologie an und macht die Nutzung von Erdwärme noch effizienter. Gemäss EU-Energielabel befindet sich dieses Gerät in der höchsten Energieeffizi- Die Produktelinie FOCS2-W ist enzklasse A++. Das leistungs- für den Leistungsbereich von 250–1800 kW ausgerichtet. geregelte CTA-Produkt wird in der Schweiz entwickelt
Die Inverter-Wärmepumpe Optiheat Inverta TWW erreicht die Effizienzklasse A++.
und hergestellt und kann heizen und Trinkwarmwasser aufbereiten in einem: Diese Wärmezentrale eignet sich für Neubauten und Sanierungen im Einfamilienund Mehrfamilienhaus. Das geräuscharme und kompakte sowie komplett anschluss-
warmwasserspeicher fasst 220 Liter und hat eine Schüttleistung von 310 Liter à 40 °C Mischwarmwasser. Die Produktelinie FOCS2-W CA-E mit einem Leistungsbereich von 250 bis 1800 kW ist neu auch mit dem HFOKältemittel R-1234ze erhältlich. Gemäss ChemRRV, der Chemikalien-Risikoverordnung des Bundes, bestehen also keine Einschränkungen, auch über 600 kW steht dem Einsatz dieser Geräte nichts im Wege. Dank den grosszügig dimensionierten Wärmetauschern arbeitet das Gerät äusserst effizient (Energieklasse A). Wahlweise ist eine vollständige Wärmerückgewinnung oder der Betrieb als Wärmepumpen möglich. ■ CTA AG 3110 Münsingen Tel. 031 720 10 00 www.cta.ch
Lüftung | Klima | Kälte
Überbrückungslösung für Revision einer Kälteanlage bei Bell in Basel
Mietkälte als flexible Lösung Eine stabile und sichere Kühlkette gehört für die Lebensmittel-, Chemie- und Pharmaindustrie zu den wichtigsten Prozessen überhaupt. Ein seriöses Risikomanagement beugt Schäden vor und verhindert damit den Verlust von wertvollen und sensiblen Gütern wie z. B. Fleischprodukte oder Medikamente. Hier können temporäre Mietlösungen von Dienstleistern wie z. B. Coolworld Rentals AG die notwendige Abhilfe schaffen. Nachfolgend ein Beispiel aus der Praxis.
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ie Bell Gruppe gehört mit über 8000 Mitarbeitern zu den führenden Fleischverarbeitern in Europa. An mehreren Standorten werden hochwertige Fleisch-, Geflügel-, Charcuterie-, Seafood- und Convenienceprodukte hergestellt und über den Detail- und Grosshandel, die Gastronomie sowie die Lebensmittelindustrie verkauft. Hierbei spielen die Investitionen in produk-
tionsnotwendige Prozesse wie die Kühltechnik eine sehr wichtige Rolle. Dabei wird das Unternehmen Bell in Basel von der Engie Kältetechnik aus Zürich (vormals Cofely) betreut. Das Unternehmen Engie gehört mit über 1400 Mitarbeitern an 20 Standorten zu den grössten Gebäudetechnik-Dienstleistern in der Schweiz. Im Bereich Kältetechnik gehören namhafte Unterneh-
men aus allen Industriezweigen zu den Kunden. Im aktuellen Beispiel bei Bell, einer geplanten Revision an der Kälteversorgung, musste der Lagerbereich für Seafoodprodukte während den Umbauarbeiten konstant auf 2 °C gehalten werden. Täglich werden über diese rund 2000 m3 grosse Halle Dutzende Lastwagen beladen und Kunden in
Beispiel internes Lüftungsgerät zur Kühlung von Coolworld.
Kühlung Lebensmittelbereich auf + 2 °C mit internen Lüftungsgeräten.
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Kaltwassersatz mit Lüftungsgerät zur Kühlung einer Lagerhalle.
Lüftung | Klima | Kälte
Gekühltes Objekt: Das Bell-Lagerhaus für Seafoodprodukte.
Beispiel provisorisch installierte Minus-Kühlung für Lebensmittel.
der ganzen Schweiz beliefert. Unterbrechungen der Kühlung darf es in solchen temperaturempfindlichen Bereichen nicht geben. Der Warenschaden wäre immens.
Mietkaltwassersätze und Lüftungsgeräte mit umfassendem Service Als Lösung kam für die Engie Kältetechnik nur die Miete eines Kaltwassererzeugers mit entsprechenden Lüftungsgeräten infrage. So kann der Betrieb im genannten Lager auch während den Revisionsarbeiten elegant aufrechterhalten werden. Ein vorübergehender Anschluss der bestehenden Kühlung an einen anderen Teil des Kältenetzes bzw. der Kälteversorgung wäre zu aufwendig und zu teuer gewesen. «Einen sehr guten Lösungsansatz hat uns die Firma Coolworld Rentals AG aus Schaffhausen geliefert», sagt der zuständige Projektleiter bei der Engie Kältetechnik in Zürich. «Wir suchten einen Partner, der uns die komplette Dienstleistung vom Aufbau über die Inbetriebnahme, der Betreuung während der Mietzeit, bis hin zum Rückbau anbieten konnte», so der Projektleiter weiter. Das Unternehmen Coolworld Rentals vermietet europaweit tem-
poräre Klimatisierungslösungen wie z. B. Prozesskühlung, Kühl- und Tiefkühlzellen sowie mobile Heizzentralen für die Lebensmittel-, Chemieund Pharmaindustrie. Ebenso gehören die Logistikbranche und das ausführende Heizung-, Lüftungund Klima-Gewerbe zu den Kunden. Mit den Standorten Schaffhausen, Zürich und Bern verfügt die Coolworld Rentals AG über die notwendige Kundennähe in diesem komplexen Dienstleistungsgeschäft. «Jede gewünschte Temperatur an jedem Ort. Unsere Philosophie ist denkbar einfach, aber die tatsächliche Ausführung immer wieder eine Herausforderung», sagt der Verantwortliche für Coolworld Schweiz, Reto Brütsch. «Wir greifen in solchen Fällen auf unsere fast 30-jährige europaweite Erfahrung in der mobilen Klimatisierungstechnik und Kälteerzeugung zurück», so Brütsch weiter.
Zeit und Effizienzgewinn Die Lösung zur temporären Kühlung des Bell-Auslieferungslagers war sehr umfangreich, aber für die höchst sensiblen Seafoodprodukte auch zwingend notwendig. Die Lieferung umfasste nebst dem herkömmlichen Mietkaltwassersatz auch die entsprechenden
Low-Temp-Lüftungsgeräte sowie die kompletten Verbindungsleitungen für das Kaltwasser und die Stromversorgung. Darüber hinaus wurden gesonderte Pumpenaggregate und Puffertanks installiert, da sich der Mietkaltwassersatz und die Lüfter zur Kühlung der Halle auf zwei unterschiedlichen Ebenen befanden. Ausserdem konnte Engie das notwendige Wasser-Glykolgemisch für den Betrieb der Anlage gleich mit dazu mieten. Die komplette Logistik inkl. einbringen der Lüftungsgeräte in die Halle mittels Kran wurde ebenso von Coolworld Rentals übernommen. «Wir bekamen die komplette Dienstleistung geliefert und konnten uns mit unserem Personal vollumfänglich auf die Umschlussarbeiten konzentrieren. Das bedeutet für uns Zeit- und Effizienzgewinn, mit dem wir bei unseren Kunden punkten», so das Fazit von Engie Kältetechnik. ■
Infos Quelle: Coolworld Rentals AG www.coolworld-rentals.ch www.engie.ch www.bell.ch
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2016
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Lüftung | Klima | Kälte
Intuitive Bedienung und Applikationsservice in der Cloud für ein optimales Raumklima
Gesundes Raumklima aus der «Wolke» In einem Leben konsumieren wir durchschnittlich 350 Tonnen Atemluft und halten uns zu 90 % in geschlossenen Räumen auf. Ein gesundes Raumklima trägt somit viel zur Lebensqualität bei. Dieser Beitrag zeigt den Mehrwert einer Cloud-Anbindung eines innovativen Raumklimatisierungsgeräts.
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Für die Akzeptanz eines Geräts in Wohnräumen sind eine geringe Geräuschemission und eine intuitive Bedienung von zentraler Bedeutung. Die Regelung muss automatisiert werden, damit die Interaktionen zwischen Gerät und Benutzer auf ein Minimum reduziert werden können.
Neuartiges Raumklima-Konzept Für ein gesundes Raumluftklima ist neben der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit auch der Sauerstoffgehalt (bzw. CO2-Konzentration) in der Luft und die Feinstaubbelastung enorm wichtig. Air-On hat in seinen preisgekrönten Geräten die Funktio-
nen Heizen, Kühlen, Lüften, Befeuchten, Entfeuchten und Luftreinigen vereinigt. Die Air-On AG ist ein Hersteller solcher multifunktionaler Raumklimatisierungsgeräte. Dank der Kombination mit modernsten Informationstechnologien wie intelligente Steuerung, Vernetzung, Cloud-Services und Mobile Apps kann auf Kundenwünsche konkret eingegangen werden. Die digitale Steuerung und das Monitoring über das Internet vereinfachen die Geschäftsprozesse wie Installation, Fernwartung, Maintenance, Fehleranalyse und Software-Updates. Der Endkunde profitiert von einer intuitiven Bedienung der Geräte. Anhand
Cloud-Anbindung: Konzept mit den verschiedenen Schnittstellen.
ie Sanierung von Fassade, Dach, Keller und Fenstern ist der entscheidende Schritt zu einer verbesserten Energieeffizienz. Speziell bei einer Sanierung mit dichter Gebäudehülle ist jedoch eine systematische Raumbelüftung nötig, um Schäden an Gebäuden durch Feuchtigkeit zu verhindern und ein angenehmes, gesundes Raumklima zu ermöglichen. Saubere Atemluft ist vor allem für Allergiker und Asthmatiker wichtig. Aussenluft kann Ozon, Feinstaub, Keime, Pollen und weitere schädliche Partikel enthalten. Diese effizient zu filtern, stellt hohe Anforderungen an eine Lüftung.
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Lüftung | Klima | Kälte
Gesundes Raumklima hängt von vielen Parametern ab.
der laufend übermittelten Daten der einzelnen Geräte können frühzeitig Fehler oder Abweichungen (Predictive Maintenance) erkannt und dem Endkunden mitgeteilt werden. Alle Produkte von Air-On lassen sich unauffällig und elegant bei einer energetischen Gesamtsanierung anstelle eines Heizkörpers montieren, auch für den Neubau eine interessante – weil dezentrale, gesunde Lösung.
Air-On® Grand für Räume bis 30 m2: Heizen, Kühlen, Lüften, Luftreinigung, Entfeuchten, optional Befeuchten. Variante Air-On® Fresh & Clean: nur Lüften, Luftreinigen (Umluft/Zuluft).
Innovative Gerätesteuerung Eine innovative Gerätesteuerung regelt Zu- und Abluft, Wärmeflüsse, Be- und Entfeuchtung. Um ein gesundes Raumklima zu erzeugen müssen zahlreiche Sensoren und Aktoren überwacht oder angesteuert werden. Dem Kunden wird eine einfache und benutzerfreundliche lokale Gerätebedienung angeboten. Die Geräte können über ein bestehendes KNX – oder ein drahtloses Ethernet Netzwerk (WLAN) vernetzt werden. Durch eine Vernetzung der Geräte untereinander und optionalen zusätzlichen externen Sensoren wird eine optimale Raumklimaregelung gewährleistet.
Air-On® 120 WRG für Räume bis 40 m2: Lüften, Luftreinigen, Wärmerückgewinnung.
Air-On® Kompakt: Heizen, Kühlen, Luftreinigen (Umluft), Entfeuchten.
Air-On® Silence 100 für Räume 5 – 40 m2: Entfeuchten, Abluft.
Infos
Cloud Computing Cloud Computing beschreibt die Bereitstellung von IT-Infrastruktur und IT-Leistungen wie beispielsweise Speicherplatz, Rechenleistung oder Anwendungssoftware als Service über das Internet. Auf diese Weise kann der Nutzer auf die kos-
Autoren: Dr. Oliver Emmert Air-On AG, 6330 Cham www.air-on.ch Air-On® Hepa Dry 120 für Räume bis 60 m2: Entfeuchten, Luftreinigen.
Daniel Hauri Helbling Technik AG, 5000 Aarau www.helbling.ch
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2016
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Lüftung | Klima | Kälte
Visualisierung und intuitive Bedienung der Raumklimatisierungsgeräte über ein Smartphone. tenintensive Bereitstellung und Betreuung eigener Rechensysteme verzichten. Bei diesem Ansatz werden die Betriebsdaten der Raumklimatisierungsgeräte von Air-On an einen Applikationsservice in der Cloud ge-
schickt. Dieser Applikationsservice speichert die Daten und berechnet unter Einbezug von Wetterinformationen und anderen externen Daten den Regelverlauf für ein optimales Raumklima. Die berechneten Stellwerte (Parameter) werden an die einzelnen Raumklimatisierungsgeräte übermittelt. Alle auf der Cloud abgespeicherten Daten können zur Datenanalyse wiederverwendet werden. Durch die Wiedererkennung von bestimmten Mustern der Daten können Beanspruchungen und Verlässlichkeit von Ventilen, Lüftern, Filtern und anderen Bauteilen errechnet werden (Data Analytics). Für Wartungen kann der zuständige Monteur im optimalsten Zeitpunkt die Komponenten inspizieren und einem allfälligen Ausfall vorbeugen (Predictive Maintenance).
Intuitive Bedienung Mit einer intuitiv zu bedienenden Oberfläche lassen sich die Raumkli-
matisierungsgeräte über ein normales Smartphone (Android oder iOS) steuern. Temperaturverläufe, Betriebsmodi, Energieeffizienz und Stati der einzelnen Geräte werden laufend auf der mobilen Applikation angezeigt. Zusätzlich werden dem Endkunden nützliche Tipps für einen energieeffizienten Betrieb der Geräte vorgeschlagen.
Fazit Für die Umsetzung wurde das innovative Raumklimatisierungs-Knowhow von Air-On mit den neusten Technologien aus der Software-Entwicklung aufgewertet. Als Innovationspartner hat die Helbling Technik AG ihre Kompetenzen in Internet of Things (IoT), Cloud Computing und Data Analytics ins Projekt einfliessen lassen. Durch die Vernetzung von Gebäudeinfrastruktur entsteht ein Mehrwert für Umwelt, Endkunde, Monteur und Gerätehersteller. ■
Lüftung | Klima | Kälte
Bionik senkt Energieverbrauch und sorgt für weniger Geräusch
Dem Buckelwal abgeschaut Der Ventilatorenhersteller Ziehl-Abegg bringt bei der Neuentwicklung eines Ventilators erneut Erkenntnisse aus der Natur ein. In der neuesten Generation von Radialventilatoren stand der Buckelwal Pate.
Z
iehl-Abegg liegt mit dem Spitzenwirkungsgrad von Radialventilatoren bei mehr als 70 Prozent. Daher muss jeder Ansatz zur Optimierung genutzt werden. Der Luftstrom trifft bei Radialventilatoren je nach Volumenstrom in unterschiedlichen Winkeln auf die Ventilatorschaufeln. Der Wal hat beim Schwimmen im Meer ähnliche Herausforderungen zu meistern: Durch die Bewegung der Flossen ändert sich deren Winkelstellung ständig. Würden seine Brustflossen in einem zu steilen Winkel zur Gegenströmung stehen, würde sich das Wasser mit grossen Verwirbelungen von den Flossen ablösen. «Grosse Verwirbelungen sind gekennzeichnet von hohen Strömungsverlusten und Geräusch», erklärt Dr. Walter Angelis, Technischer Leiter bei Ziehl-Abegg. In Jahrtausenden hat der Buckelwal seine Flossen optimiert. So weisen die Vorderkanten der Walflossen golfballgrosse Beulen auf (Fachbegriff: Tuberkeln). Dadurch kann ein 25 bis 30 Tonnen schweres Tier mit seinen langen Brustflossen sehr schnell und wendig schwimmen. Auch bei der Hinterflosse des Wales, der «Fluke», haben die Strömungstechniker genauer hingeschaut. Die dementsprechend nachgebildete V-förmige Kontur des hinteren Flügelabschnitts verzögert mögliche Strömungsabrisse, was den Ventilator für viele unterschiedliche Druckbereiche einsetzbar macht. «Zu-
sätzlich haben wir die Ventilatorschaufel noch mit einer Verwindung versehen», fügt Angelis hinzu. Dadurch wird über die gesamte Spannweite ein optimaler Zuströmwinkel geschaffen. Nicht nur die gezackten Hinterkanten machen das Laufrad leiser. Auch die Wellung der Schaufelflächen ergibt eine Schallreduzierung.
Im Ergebnis fest, leicht, leise Etwa zwei Jahre haben sich die Experten bei Ziehl-Abegg mit dem neuen Radiallaufrad für Industriebelüftung und Klimazentralgeräte beschäftigt. Bei der bionisch profilierten Schaufel gibt es zu derzeit marktüblichen Hohlschaufeln keine Zwischenräume, in die Schmutz oder Kondenswasser eindringen kann, was dann neben Korrosion auch zu Unwucht führen würde. Daher wird der Stahl mit einer 600-TonnenPresse in Wellenform gebracht, was die bionische Profilierung ergibt. Dadurch wird zusätzliche Festigkeit erreicht und das Gewicht kann optimiert werden. Denn weniger Gewicht schont die Lager in den Motoren. ■
Ziehl-Abegg setzt beim neuen Radialventilator ZAbluefin bionische Erkenntnisse zu Buckelwalen um, was Spitzenwirkungsgrade ermöglicht.
Infos Ziehl-Abegg Schweiz AG 8957 Spreitenbach, Tel. 056 418 50 10 info@ziehl-abegg.ch, www.ziehl-abegg.ch
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2016
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Lüftung | Klima | Kälte
Hastrag AG: neue Flachkanäle für Komfortlüftung Die Hastrag AG im schwyzerischen Siebnen SZ vertreibt ab sofort die Wohnraum-Lüftungskomponenten der deutschen Witzenmann-Speck GmbH in der Schweiz und in Liechtenstein. Die neuen Bauteile, zum Beispiel die flachen Kleinkanäle, runden das bereits vorhandene Lüftungsprogramm der Hastrag AG ab. Das Bauteilprogramm der flachen Kleinkanäle ermöglicht eine flexible, raumsparende Montage in Wänden, Fussböden und Decken. Die Abmessungsreihe und die Bauformen der Kleinkanäle sind so gewählt, dass eine sehr gute Anpassung an die erforderlichen
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Luftvolumen erzielt wird und die Zetawerte/Strömungsverluste so niedrig wie möglich sind. Das Programm von Witzenmann-Speck umfasst auch gerade Kanalrohre, Formteile, Kanalbögen, Winkelbögen sowie Abzweig- und Übergangsstücke, Luftverteiler und Schalldämpfer. Spezialanfertigungen nach Masszeichnungen gehören zum Angebot und werden innert kurzer Frist geliefert. Das umfangreiche Flachkanalangebot eignet sich auch hervorragend für den Zuluftbereich im Cheminee- und Ofenbau. Die Lieferungen erfolgen ab Hastrag-Lager in Siebnen oder ab Zentrallager.
Extra 7/2016 Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik
Das gesamte Produkteprogramm ist auf www.lueftungen.ch einsehbar. Für eine Preisübersicht können interessierte Fachleute ihr persönliches Login bei der Hastrag AG anfordern. ■ HASTRAG AG 8854 Siebnen Tel. 055 450 24 40 info@hastrag.ch www.hastrag.ch www.lueftungen.ch Witzenmann-Speck GmbH ist ein führendes Unternehmen in der Konzeption und Herstellung von metallenen Flachkanälen für die kontrollierte Wohnraumlüftung. (Foto: Witzenmann-Speck)
Lüftung | Klima | Kälte
Die Umweltprodukterklärungen und Faktenblätter zu den Nachhaltigkeitsbewertungssystemen können unter www.armacell.com/epd heruntergeladen werden (Illustration: Armacell)
Elastomere Dämmstoffe mit Ökobilanz-Nachweis Das Baugewerbe ist eine der rohstoff- und energieintensivsten Industrien. Der Gebäudesektor ist der grösste Verbraucher des weltweiten Rohstoffeinsatzes und grösster Verursacher von Treibhausgasemissionen. Rund 30 % aller Rohstoffe werden für die Errichtung und Instandhaltung von Gebäuden eingesetzt und 30 bis 40 % der emittierten Treibhausgase resultieren aus dem Bau, der Nutzung oder der Entsorgung von Gebäuden. In den Industrieländern entfallen rund 40 % des europäischen Gesamtenergieverbrauchs auf den Gebäudesektor. Um den wachsenden Energiebedarf zu decken und das Klima zu schützen, muss die Energieeffizienz im Gebäudebereich weiter verbessert werden. Der Schlüssel zur Energieeffizienz ist die Dämmung. Optimale technische Dämmungen sind eine der einfachsten, kostengünstigsten und am
schnellsten umzusetzenden Massnahmen, die Energieeffizienz zu steigern.
Glänzende Energiebilanz Dämmstoffe zählen zu den wenigen industriell gefertigten Erzeugnissen, die im Laufe ihres Produktlebens mehr Energie einsparen als zu ihrer Herstellung benötigt wird. Damit sind sie per se «ökologisch wertvoll». Eine Gegenüberstellung des in der Armacell-Ökobilanz ermittelten Primärenergieeinsatzes zur Energieeinsparung der Produkte zeigt: Durch den Einsatz von Armaflex-Dämmstoffen wird 140 Mal mehr Energie eingespart als bei ihrer Herstellung, dem Transport und der Entsorgung der Produkte eingesetzt wird.
Umweltprodukt-Deklaration (EPD) Als erster Hersteller flexibler technischer Dämmstoffe präsentiert Armacell jetzt Um-
weltproduktdeklarationen, die auf einer unabhängig erhobenen Ökobilanz basieren. EPD gewinnen in der Baubranche zunehmend an Bedeutung: Sie stellen die Umweltwirkungen von Bauprodukten transparent, unabhängig und nachvollziehbar dar und liefern detaillierte Informationen mit belastbaren Zahlen und Daten. Als «Nachhaltigkeitspass» bilden EPDs die Grundlage für die Planung grüner Gebäude gemäss Gebäude-Zertifizierungssystemen (LEED, BREEAM oder DGNB). ■
Armacell Switzerland AG 6264 Pfaffnau Tel. 062 747 31 11 www.armacell.ch www.armacell.com
0848 000 458 www.tiventa.ch Wir suchen noch Partnerfirmen im Lüftungsbereich.
Lüftung | Klima | Kälte
Wohnungslüftungs-Box mit freier Wahl der Bedieneinheit Eine Vielzahl von Bedienmöglichkeiten macht die neue, kompakte Wohnungslüftungs-Box Comfort von Trox Hesco Schweiz AG zum lufttechnischen Chamäleon. Vom einfachen Drehschalter mit zwei oder drei Stufen über variable Tastereinheiten für bis zu sechs verschiedene Funktionen bis hin zum modernen Touch Screen sind der Bedienung der TH-WLB-C kaum mehr Grenzen gesetzt. Die Wohnungslüftungs-Box Comfort (TH-WLB-C) ist eine äusserst kompakte Lüftungseinheit, mit der zentral aufbereitete Luft in jeder Wohnung bedarfsgerecht verteilt wird. Sie besticht durch geringsten Platzbedarf, ist lageunabhängig einbaubar, äusserst leise und einfach zu warten.
Die Bedienmöglichkeiten wurden erweitert: In der einfachsten Anwendung läuft die Bedienung über einen Stufenschalter (z. B. ein Drehschalter von Feller oder Awag). Dieser wird bauseits eingesetzt. Bei der Variante mit Tastereinheit ist es möglich, bis zu sechs ver-
schiedene Autofunktionen anzuwählen. Die schlichte aber moderne Bedieneinheit fügt sich wunderbar in die Raumop-
tik ein. Dieselbe Tastereinheit kann auch mit einer mitgelieferten Steuerung verwendet werden, welche eine Umstellung der Volumenströme für automatische oder konstante Betriebsstufen ermöglicht. Im Autobetrieb erfolgt die Regulierung hier über einen integrierten VOC-Sensor oder eine Zeitschaltuhr. Für alle, die das Besondere lieben, kann ein Raumbediengerät mit Touch Screen angeschlossen werden. Auch dieses passt in eine herkömmliche Öffnung wie für die gängigen Lichtund Strom-Taster (Einbaudose Gr. 1) und ist somit ohne weiteren baulichen Aufwand integrierbar. Für eine Einbindung in übergeordnete BUS-Systeme ist eine ModBus-Schnittstelle vorgesehen. ■ TROX HESCO Schweiz AG 8630 Rüti ZH Tel. 055 250 71 11 www.troxhesco.ch
Lüftung | Klima | Kälte
Lüftungsgeräte – schön, intuitiv bedienbar, intelligent Die Zehnder Group lanciert mit dem Zehnder ComfoAir Q eine neue Modellreihe zentraler Lüftungsgeräte, die bezüglich Energieeffizienz, Bedienkomfort und Design sowie sehr leisem Betrieb neue Massstäbe setzen. Die neue Modellreihe besteht aus drei Geräten mit einer Luftförderung von 350, 450 und 600 m³/h. Sie löst die erfolgreichen Modelle ComfoAir 350/550 schrittweise ab und besticht durch ihre herausragende Leistungsstärke. Ins-
Dank der drei neuen, optimal abgestuften Gerätegrössen eignet sich die neue Produktserie gleichermassen für Wohnungs- wie Gewerbebauten.
besondere die Energieeffizienz erreicht Spitzenwerte. Der Energieverbrauch konnte nochmals deutlich reduziert werden und der Betrieb der Zehnder ComfoAir Q Lüftungsgeräte ist sehr leise. Ein neues, patentiertes Filterkonzept sorgt zudem für höchstmögliche Hygiene im Gerät und im Luftverteilsystem. Nicht zuletzt beeindruckt das neue Flaggschiff der Zehnder Raumlüftung durch ein komplett überarbeitetes Gerätegehäuse – intelligente Haustechnik kombiniert mit modernstem Design und intuitiver Bedienung. Eine Echtzeitanzeige am Gerät zu allen relevanten Betriebsdaten erhöht die Sensibilität des Nutzers bezüglich Energieverbrauch, Komfort und Umweltschutz. Die Geräte können entweder über ein Display im Gerät oder eine App bedient werden. In der Schweiz kommen die neuen Geräte im Januar 2017 auf den Markt. ■ Zehnder Group AG 5722 Gränichen Tel. 062 855 15 17 www.zehndergroup.com
Pflegezimmerlüftung leicht gemacht Die in den Pflegezimmern des Alterszentrums Weiherweg in Basel eingesetzte dezentrale Lüftungsanlage Wesco Airmaster AM 100 ist ein kleiner Alleskönner. Egal ob einzeln oder im Steuerungsverbund: Sie ist einfach einzuplanen, eine Koordination mit den anderen Ge-
Dezentrales Lüftungsgerät Airmaster AM 100 von Wesco. werken fällt nahezu weg, Isolations- und Brandschutzaufwand wird auf ein Minimum reduziert. Die Installation ist unkompliziert: Nach der Montage der Anlage schliesst der Installateur Aussenluft- und Fortluftleitung an und stellt die elektrischen Anschlüsse sicher – und schon ist die Anlage betriebsbereit.
Die dezentralen Lüftungsanlagen Wesco Airmaster beinhalten alles, was eine energieeffiziente Lüftung ausmacht: Luftfiltration, hocheffiziente Wärmerückgewinnung von bis zu 85 % und eine intelligente Steuerung, die sich auch in eine Auswahl von Hausleitsystemen integrieren lässt. Sie garantieren eine bedarfsgerechte Lüftung: So lassen sich Timer-Funktion, CO2-Sensor, Bewegungsmelder oder Hygrostat in der Anlage zu einer optimalen Lüftungslösung kombinieren. In Kombination mit stromsparender EC-Technologie wird ein tiefer Energieverbrauch sichergestellt. Bei Bedarf wird automatisch die Nachtauskühlung aktiviert. Wesco Airmaster arbeiten mit einem Geräuschpegel von maximal 35 dB(A). Je nach Anforderung stehen verschiedene Anlagengrössen mit Luftleistungen von 100 bis maximal 1300 m3/h zur Wahl. WESCO AG Schul- & Bürolüftung 5430 Wettingen Tel. 056 438 11 11 www.wesco.ch
Lüftung | Klima | Kälte
Brandschutz- und Entrauchungsklappen integrieren – leicht gemacht Die neuen Schaltschrankgeräte zur Ansteuerung von motorisierten Brandschutz- oder Entrauchungsklappen überzeugen durch einfachste Einbindungsmöglichkeiten in die GLT-Ebene. Insbesondere die EthernetSchnittstelle bietet dem MSRTechniker einen deutlichen Mehrwert, da auf zusätzliche I/O Peripherie oder RS-485 Module verzichtet werden kann. Protokoll- und Adressierungseinstellungen erfolgen auf einfachste Weise mit einer Konfigurations- und Diagnosesoftware per USB-Schnittstelle. Das Programm läuft unter MS Windows und ist nach kostenlosem Download in Sekunden betriebsbereit. Die Gerätetreiber werden automatisch erkannt. Neben der Gerätekonfiguration hilft die Software auch bei
Die Software visualisiert die Klappenzustände einer kompletten BSK-/EK-Installation.
der Inbetriebnahme und visualisiert die Klappenzustände einer kompletten BSK-/EK-Installation. Ausserdem ist es mit dem Programm möglich, den Inbetriebsetzer via Fernwartung zu unterstützen. Weitere Vorteile: • Vom Schaltschrank aus werden die motorisierten BSKs/ EKs sternförmig über die SLC®-
Zweidrahttechnik und Vorschaltgerät BC24 eingebunden. Im Falle eines Kommunikationsunterbruchs mit einer BSK/EK bleibt das restliche System unbeeinträchtigt. • Für Entrauchungsanwendung ist neu das SLC24-8E für die Integration von bis zu acht Klappen erhältlich. • Neben Modbus TCP/IP und RTU unterstützt die neue
Gerätelinie auch BACnet IP und MS/TP. • Vorverdrahtete Demonstrationskits inklusive Antriebssimulatoren können direkt beim Hersteller kostenlos ausgeliehen werden. ■ BV-Control AG 8320 Fehraltorf Tel. 044 923 79 25 www.bv-control.ch
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2016
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Elektrotechnik | Licht
Umfangreiches LED-Programm für innen und aussen
LED-Technik von Esylux – eine gute Investition Im Büro, Konferenzraum und Schulzimmer sind effiziente Lichtsysteme gefragt, denn häufig sind diese fast den ganzen Tag in Betrieb. Im Wohnbereich erlauben Einbauspots eine zeitlose Beleuchtung. Im Aussenbereich sind robuste, langlebige Leuchten gefragt. Professionelle LED-Technik erlaubt für Jahre wartungsfreie Beleuchtungssysteme – das wird im Privat- wie Geschäftsbereich sehr geschätzt.
D
ie Umstellung von Leuchtstofflampen auf LED-Technik vollzieht sich rasend schnell. Esylux investiert nur noch in LEDTechnik. Im Bürobereich gewinnt dabei zunehmend biodynamisches Licht zur Verbesserung von Vitalität, Konzentrationsvermögen und Gesundheit Akzeptanz. Dem Slogan: Licht nach Bedarf, kommt dabei ein besonderer Stellenwert zu. Geringer Energieverbrauch hilft nicht nur Kosten zu sparen, sondern auch das Image zu erhöhen. Esylux bietet hohe Lichtqualität kombiniert mit intelligenter Steuerungstechnologie. Dabei stehen nutzerfreundliche wie energieeffiziente Lösungen immer im Vordergrund.
Alice Quadro-Sets
Das Set besteht aus jeweils vier Leuchten in unterschiedlichen Master-Slave-Kombinationen. In den Masterleuchten befinden sich die Treiber für das gesamte Set. Die Verbindung untereinander erfolgt mit RJ45-Steckverbindungen. Die Masterleuchten integrieren Präsenzmelder und verfügen über die Esylux Light Control, die zentrale Steuerung für das Lichtmanagement. Die Sets realisieren eine tageslicht- und präsenzabhängige Konstantlichtregelung. In einer erweiterten Ausbaustufe enthält jede Slaveleuchte darüber hinaus einen eigenen Lichtsensor. So ist für jeden Aus-
leuchtungsbereich eine individuelle Konstantlichtregelung möglich. In die höchste Ausbaustufe ist die SymbiLogic Technology integriert. Diese erzeugt ein biodynamisches Licht, das Helligkeit und Farbe im Tagesverlauf verändert und sich dabei am natürlichen Tageslicht orientiert. Dies trägt, wie zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, zu einer erheblichen Verbesserung von Vitalität, Konzentrationsvermögen und Gesundheit bei. Dabei kann der Nutzer zwischen mehreren Lichtverläufen wählen. Der Weisston ist auch jederzeit von Hand zwischen 2700…6500 K stufenlos veränderbar. An die vier in den Masterleuchten integrierten
Robustes, langlebiges Elva-Aussenleuchtenprogramm.
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Extra 7/2016 Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik
Elektrotechnik | Licht
Vernetzung mit anderen Leuchten zur Realisierung individueller Lichtszenen. Um alle Geschmäcker abzudecken, gibt es die Downlights mit 3000 oder 4000 K. Die sehr geringe Farbtoleranz zeigt ein einheitliches Bild auch beim Einsatz vieler Leuchten. Die weissen Gehäuse aus Aluminiumdruckguss fallen durch sehr geringe Einbautiefen auf. Es gibt sie mit 97, 180 und 240 mm Durchmesser, die Leistungsaufnahmen betragen 5, 9 bzw. 18 W. Die Lichtausbeute beträgt bis zu 95 lm/W und die Lebenserwartung 35 000 Stunden.
Alva-Aussenleuchten Alice Quadro-Sets, optimale Beleuchtung für Büros, Schulzimmer und vieles mehr.
Elsa-Downlights mit niedrigster Einbautiefe.
DALI-Schnittstellen können jeweils bis zu 25 weitere Leuchten angeschlossen werden.
Elsa-Downlights Downlights sind längst ein Klassiker im Innenbereich. Nicht nur in Fluren, Treppenhäusern und Lobbys kommen sie zum Einsatz, sondern auch in Wohnräumen. Für alle Varianten gibt es Betriebsgeräte für Schaltbetrieb, 1…10-V-Dimmen oder den DALI-Bus. Letzterer erlaubt die
Die Pollerleuchten der Serie Alva repräsentieren eine neue Qualität. Diese sind für einen normalen Schaltbetrieb erhältlich aber auch mit DALI-EVG für individuelle Lichtszenen. Es gibt sie auch mit integriertem Bewegungsmelder. Sie sind dann auch mit Orientierungslicht- sowie einer Dämmerungsschalterfunktion ausgestattet. Die Leuchtenköpfe gibt es wahlweise mit glasklarer oder opaler Abdeckung, wobei sich der Abstrahlwinkel von 360 Grad mithilfe einer Abdeckmaske flexibel einschränken lässt. Die Serie umfasst auch Hausnummernleuchten. Sie können an der Wand oder Decke montiert werden. Für die Gebäudefassade sind die neuen Up-Downlights besonders attraktiv. Sie runden die Serie ab und erzeugen durch ihre nach oben und unten gefächerten Strahlen einen besonderen Lichteffekt an der Aussenwand. Auch die beiden in den Korpus eingearbeiteten Leuchtkränze verleihen der Fassade einen besonderen Glanz. Um die Leuchten bestmöglich zu schützen, sind die robusten Aluminiumgehäuse in Schutzart IP65 ausgeführt. Sie stehen in weisser oder anthrazitfarbener Ausführung zur Verfügung. Die optional integrierten Bewegungsmelder sind dem farblich jeweils angepasst. Darüber hinaus werden die Gehäuse pulverbeschichtet für einen besonders schmutzabweisenden und sogar gegen Graffitis geschützten Lotuseffekt.
Prana+-Pendelleuchte
Büroräume und deren Ausstattung sind nicht allein zum Arbeiten da, sie sollen auch eine repräsentative Wirkung erzielen. Die Prana+ fällt durch ihr leichtes, schlankes Design auf. Sie wird deshalb auch im Privatbereich, beispielsweise über einem Esstisch, eingesetzt. Die Kabelführung ist unsichtbar in der Aufhängung untergebracht. Um eine flexible Lichtsteuerung zu ermöglichen, sind die Pendelleuchten mit einem DALI-EVG ausgestattet. Sie lassen sich in ein übergeordnetes Lichtmanagement einbinden. Dabei ist nicht nur die Helligkeit steuerbar, sondern in der Ausführung Tunable White ist auch die Farbtemperatur stufenlos von warmweiss bis kaltweiss, d. h. 2700 bis 6500 K steuerbar. In der höchsten Ausbaustufe besitzt die Pendelleuchte zusätzlich zu ihrem direkten Licht ein nach oben gerichtetes, deckenflutendes Leuchtfeld. Die Helligkeit beider Lichtquellen lässt sich dann separat steuern. Die grossflächige Ausleuchtung nach oben erlaubt eine biologisch positive Wirksamkeit des Lichts.
Fazit Esylux verfügt über ein umfangreiches LED-Programm für den Officeund Privatbereich. Die neue RaumController-Box von Esylux enthält in nur einem kompakten Gehäuse eine umfassende Aktorik, die im Zusammenspiel mit der passenden Multisensorik die präsenz- und bedarfsabhängige Steuerung von Beleuchtung, Lüftung und Heizung gewährleistet. ■
Infos ESYLUX Swiss AG 8302 Kloten Tel. 044 808 61 00 www.esylux.ch info@esylux.ch
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2016
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Elektrotechnik | Licht
Wärmebildkameras
Ist das Ende der Fahnenstange erreicht? Wärmebildkameras gibt es seit 1973 als tragbare, mit Batterie betriebene Geräte, inzwischen bereits in zehnter Generation – je nachdem wie man zählt. Da kommt unweigerlich die Frage auf: Bringen Firmen noch wirklich Neues auf den Markt oder nur Bestehendes in neuem Gewand? Antwort: Es gibt sie noch, die echten Innovationen – und von denen ist hier die Rede.
B
Neue Technik kommt in der Regel zuerst «primitiv», klobig und fast unbezahlbar auf den Markt. So war es auch bei der ersten Wärmebildkamera von 1973. Die Kamera mit dem nötigen Equipment kostete so viel wie ein Einfamilienhaus. Sie erforderte flüssigen Stickstoff, um den im System integrierten Infrarotdetektor zu kühlen. Bild 1 zeigt die erste ungekühlte Wärmebildkamera von Agema. Es sind also erst 19 Jahre her, seit man Wärmebilder mit einer «handlichen» Kamera aufnehmen kann. Die stürmische Entwicklung der Elektronik und die Integration von immer mehr Komponenten auf kleinerem Raum halfen Wärmebildkameras mit deutlich besseren Eigenschaften zu entwickeln. Wir stellen vier Beispiele von Fluke und Flir vor. Schaut man sich das neue Wärmebild-Multimeter 279c von Fluke oder die Wärmebild-Stromzange CM174 von Flir an, kommt unweigerlich die Frage auf: Warum kam da nicht schon früher einer auf die Idee, so etwas zu entwickeln? Da gibt es einfache Antworten dazu. Es ist sehr herausfordernd, auf beengtem Raum eine so anspruchsvolle Technik, wie sie eine Wärmebildkamera fordert, zu entwickeln. Noch vor 10 Jahren waren Infrarot-Sensoren selbst mit dürftiger Auflösung sehr teuer und bedurften vieler Elektronikbauteile rund um den Sensor. Eine Wärmebild-Kamera in ein Multimeter oder eine Stromzange zu integrieren, ist
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nur möglich, wenn eine hochintegrierte, preisgünstige Technik zur Verfügung steht. Diese darf nebenbei, auch nur wenig Strom verbrauchen.
Wärmebild-Multimeter Das neue Multimeter 279 FC von Fluke ist ein voll ausgestattetes Digitalmultimeter mit integrierter Wärmebildkamera. Es erlaubt im Kontroll- und Servicebereich eine höhere Produktivität und schafft auch mehr Vertrauen in die durchgeführten Messungen. Das Multimeter 279 FC hilft beim schnellen Finden, Reparieren, Überprüfen und Protokollieren von vielen elektrischen und anderen Störungen. Im Zweifelsfalle muss ein Monteur nicht mehr zum Wagen oder gar ins Büro zurück oder noch schlimmer, auf einen Thermografie-Experten warten, bis er Klarheit schaffen kann!
1) Im Jahre 1997 kam die erste ungekühlte Infrarotkamera, die Agema 570, auf den Markt. Agema wurde 2003 von Flir übernommen.
Extra 7/2016 Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik
Heisse Stellen an Hochspannungsgeräten und Transformatoren lassen sich aus sicherer Entfernung überprüfen und ungewöhnliche Temperaturverläufe an Sicherungen, Kabeln, Isolatoren, Steckverbindern, Kabelverzweigungen, Schaltern oder Motoren problemlos erkennen. Das Multimeter 279 FC ist kompatibel mit den flexiblen Stromzangen der iFlex-Serie von Fluke. Damit gelingt es, selbst an engen, schwer zugänglichen Stellen Wechselströme bis zu 2500 A zu messen. Auf der grossen LCD-Farbanzeige werden Wärmebilder und Messwerte gut erkennbar dargestellt, wie Bild 2 zeigt. Der Akku hält für 10 Stunden Betrieb durch und reicht damit problemlos für einen ganzen Arbeitstag. Die drahtlose Synchronisierung der Messdaten eines Arbeitstages erfolgt über das Fluke Connect System (IOS und Android).
Wärmebild-Stromzange Eine auffällig heisse Stelle bei einer Klemme oder einem Motor kann mit einem zu grossen Strom verbunden sein. Bis jetzt mussten Elektriker mit Einzelmessungen dem Problem auf die Spur kommen. Die CM74 600 A AC/DC-Stromzange verfügt über einen integrierten Wärmebildsensor. Sie ist mit der infrarotgesteuerten Messhilfetechnologie Flir IGM ausgestattet. Diese weist den Anwender visuell auf Temperaturunterschiede und Anomalien hin. Dabei entdeckt der Anwender beispielsweise, dass eine
Elektrotechnik | Licht
2) Das neue Wärmebild-Multimeter 279c von Fluke. Alles in einem Gerät!
defekte Motorsteuerung oder eine lose Kabelverbindung der tatsächliche Auslöser ist. Wenn ein Elektriker mit einem Kabel-Wirrwarr konfrontiert ist oder einen mit Kabeln vollgestopften Schaltschrank auf Gefahren überprüfen soll, kann er dies jetzt aus sicherer Entfernung tun, denn IGM weist ihn auf alle Anomalien hin, ohne dass er dafür in den Schaltschrank greifen muss. Die schmale Zange und die integrierte Arbeitsleuchte erleichtern
das Arbeiten in beengten Bereichen mit schwer zugänglichen Kabeln und schlechten Lichtbedingungen. Die CM174 überprüft die Ergebnisse mit erweiterten Messfunktionen, die dem Anwender helfen, selbst schwierige Elektrikprobleme zu finden.
TI450: hohe Bildauflösung Ein unscharfes Wärmebild verleitet zu Fehldiagnosen, denn die Messwerte können bis zu 40 % von rea-
len Werten abweichen. Für gute Wärmebilder muss die Kamera den Abstand zum Objekt genau erfassen und beim Bild eine möglichst hohe Auflösung bieten. Letzteres ist mit einem grösseren Bildsensor realisierbar, der allerdings deutlich mehr kostet. Eine höhere Auflösung des Bildes lässt sich aber auch ohne Mehrkosten beim Sensor realisieren. Dazu ist eine raffinierte Software nötig. Beim Ti450 (Bild 4) wird eine Vervierfachung der Pixelzahl
Elektrotechnik | Licht
Flir Systems GmbH
Fluke Switzerland GmbH
Flir Systems ist ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich Wärmebildkameras. Die Systeme von Flir werden für eine Vielzahl unterschiedlicher Wärmebild-, Situationsbewusstseins- und Sicherheitsanwendungen eingesetzt, unter anderem in den Bereichen Zustandsüberwachung, Forschung und Entwicklung, Herstellungsprozesskontrolle, Suche und Rettung, Umweltüberwachung etc. In der Schweiz sind SCV SA Uhlmann, Emitec AG und Pergam-Suisse AG Anbieter von Flir-Geräten. www.flir.com/ch
Seit der Gründung im Jahr 1948 liefert Fluke professionelle Werkzeuge für Installation, Instandhaltung und Service elektronischer und elektrischer Systeme. Fluke ist ein multinationales Unternehmen mit Hauptsitz in Everett, USA. Die schweizerische Niederlassung Fluke Switzerland GmbH ist in Bassersdorf. Fluke Messgeräte werden ausschliesslich über autorisierte Fachpartner, Grosshändler und Kataloghäuser vertrieben, die neben Beratung auch Lager-und Logistikdienstleistung bieten. www.fluke.ch
3) Wärmebild-Stromzange CM74 von Flir. 4) Fluke TI450 Die erste Wärmebildkamera mit MultiFokus. 5) Robuste Wärmebildkamera gekoppelt mit einem Feuchtsensor von Flir, das MR176 WärmebildFeuchtemessgerät Plus.
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über den SuperResolution-Modus erzielt. Die Software kombiniert dazu mehrere Bilder, sodass die effektive Bildauflösung auf 640 x 480 Pixel erhöht wird. Das Digitalzoom erlaubt damit einen kleinen Bereich des Zielobjekts zu vergrössern. Um schnell vom aussagekräftigen Bereich des Zielobjekts ein Wärmebild zu schiessen, muss der Abstand zur Kamera genau bekannt sein. Auch hier kann Ti450 mit einem integrierten Laser-Entfernungsmesser punkten. Die Distanz zum Messobjekt wird auf Knopfdruck berechnet und das Ziel automatisch fokussiert. Die Ti450 ist Teil der Fluke- Connect-Serie mit WLAN-Fähigkeit, die über die Fluke-Connect-App oder die Software Fluke Connect Assets kommunizieren. Diese Cloud-basierte Lösung speichert alle Messungen, damit der Anwender immer alle Fakten und Daten früherer Messungen zu Vergleichszwecken dabei hat und diese wenn nötig auch live mit Kollegen oder Kunden teilen kann.
Wärmebild-Feuchtemessgerät Treten in einem Gebäude Feuchtigkeitsprobleme auf, ist die Ursache dafür oftmals schwierig zu finden. Zeigt sich diese an einer Zimmerdecke, kann die Ursache dafür ganz woanders liegen – beispielsweise an einem undichten Fenster oder an einer undichten Dusche im Obergeschoss. Vor allem im Anfangsstadium lässt sich die Feuchtigkeit häufig mit blossem Auge nicht er-
kennen. Eine empfindliche Wärmebildkamera und eine Feuchtigkeitsmessung an der richtigen Stelle leiten den Spezialisten zur Ursache. Flir hat für solche Probleme genau das richtige Messgerät: das MR176 Wärmebild-Feuchtemessgerät Plus mit IGM (infrarotgesteuerte Messhilfetechnologie). Das Flir MR176 ist ein Premium-Messgerät mit integrierter Wärmebildkamera, das den Experten mit visuellen Hilfsmitteln exakt auf die Stelle hinweist, wo die Feuchtigkeit zu prüfen ist. Dadurch lässt sich der Kreis möglicher Ursachen näher einkreisen. Bei Neu- oder Umbauten ist auch zu prüfen, wie der Trocknungszustand einer Oberfläche ist. Wie geht der Spezialist da vor? Mit einem kurzen Thermoscan sieht er, wo der Verdunstungsprozess zu langsam läuft. Das Gebläse wird in diesem Fall auf die kritische Stelle gerichtet und so der Raum innerhalb weniger Tage trocken gemacht. Das MR176 bietet beim Aufnehmen von Wärmebildern und Ausführen von invasiven und berührungslosen Messungen ein Höchstmass an Flexibilität, unter anderem mit vier verschiedenen Wärmebild-Farbpaletten, konfigurierbaren Feuchtigkeits- und Umgebungsmesswerten und einem integrierten ThermoHygrometer mit vor Ort austauschbarem Temperatur-/relative Luft-
Extra 7/2016 Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik
feuchtesensor. Dadurch können die Branchenspezialisten immer einen zweiten Temperatur-/relative Luftfeuchtesensor als Ersatz mitführen, diesen bei Bedarf direkt am Einsatzort austauschen und ohne Stillstandszeit sofort mit ihrer Arbeit fortfahren. Ausserdem bietet Flir für das MR176 ein komplettes Zubehörsortiment mit kompatiblen Sonden zum Ausführen von Messungen an schwer zugänglichen Stellen – beispielsweise auf rauen oder unebenen Oberflächen, in Hohlwandisolierungen, im Unterboden oder auf Hartholz.
Fazit Der Beitrag zeigt, dass kreative Ingenieure stets noch Wege finden, die Funktionalität von Geräten zu verbessern oder gar völlig neue Wege einschlagen, Messprobleme auf eine ganz neue Weise zu lösen. Flir und Fluke sind gute Beispiele, wie im Wärmebildkamera-Bereich in regelmässigen Abständen echte Innovationen auf den Markt kommen. Vor 10 Jahren hätte wahrscheinlich noch niemand daran geglaubt, dass ein Multimeter zusätzlich über eine vollwertige Wärmebildkamera verfügt und noch weniger hätte man sich vorstellen können, dass ein Smartphone nebst der normalen Fotokamera eine zusätzliche Wärmebildkamera integriert. ■
Infos www.flir.com/ch www.fluke.ch Autor: Raymond Kleger
Elektrotechnik | Licht
Bewegungsmelder auf HF-Basis immer beliebter
Physik ausgereizt Die Schweiz gilt weltweit als Pionierland im Einsatz von Bewegungs- und Präsenzmeldern auf PIR-Basis. Es gibt allerdings Einsatzgebiete, wo die passive Infrarottechnik an Grenzen stösst bzw. der Sensor selbst optisch stört. Bewegungsmelder auf Hochfrequenztechnik haben Stärken, wo PIR-Sensoren schwächeln und sie lassen sich unsichtbar montieren, z. B. verdeckt hinter dem Abdeckglas der Leuchte.
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icht soll nur dann einschalten, wenn sich Personen in einem Raum aufhalten und die natürliche Helligkeit nicht ausreicht. Teilweise möchte man auch die Klima- und Heizungsanlage nur dann aktiv schalten, wenn jemand da ist. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, um dies automatisiert zu erreichen: • Bewegungs- und Präsenzmelder auf PIR-Basis • Ultraschallmelder • HF-Bewegungsmelder Sensoren auf PIR-Basis müssen immer sichtbar montiert werden und es braucht eine direkte Sichtverbindung zur Person, die sich im Raum auf irgendeine Weise bewegt. Sensoren auf PIR-Basis arbeiten passiv, das heisst, sie werten die Infrarotstrahlen aus, die jeder Mensch ausstrahlt. Bereits ein Glas als Trennwand in einem Büro oder eine Deko-Pflanze verhindert den Durchgang der Infrarotstrahlen und damit die korrekte Arbeitsweise des PIR-Sensors. In Europa sind Ultraschallsensoren zur Präsenzerfassung von
Personen noch kaum im Einsatz – Steinel setzt diese Technik aber erfolgreich in den USA ein. Ultraschallsensoren senden Töne (Schallwellen) in einem für den Menschen unhörbaren Bereich von 40 kHz aus, dabei wird das Echo ausgewertet. Der Vorteil des Ultraschallsensors liegt darin, dass er auch hinter Objekte sieht. Beispielsweise erfasst er Handbewegungen von Personen, die hinter einem Bildschirm die Tastatur bedienen, was der PIR-Sensor nicht kann. Der Nachteil des Ultraschallsensors liegt darin, dass er eine deutlich höhere Standby-Leistung benötigt als ein Präsenzmelder auf PIR-Basis und optisch nicht so schön aussieht. HF-Bewegungsmelder sind ebenfalls aktive Sensoren, sie strahlen Mikrowellen kleiner Leistung im Bereich von 5,8...24,125 GHz aus. Wie der Ultraschallsensor wertet auch der HF-Bewegungsmelder das Echo aus. Hochfrequenzwellen durchdringen Glas, Holz und Kunststoffe je nach Dicke mit geringer Dämpfung. Backsteine dämpfen schon deutlich, Beton je nach Wandstärke und Eisengehalt sehr stark. Hoch-
2) Prinzip des HFSensors nach dem Dopplereffekt.
1) Der HF-Sensor iHF 3D von Steinel kann auf drei Achsen Personen präzise erfassen.
frequenzwellen werden von Metallen vollständig reflektiert und von stark wasserhaltigen Stoffen (z. B. Menschen) mit gutem Wirkungsgrad reflektiert. HF-Bewegungsmelder sind unbeeinflusst von Temperatur und Farbe des Objekts und Hintergrunds. Wegen der sehr hohen Frequenz sind kleinste Antennen möglich.
Technik der HF-Melder HF-Bewegungsmelder nutzen den Dopplereffekt aus. Jedermann kennt diesen Effekt vom Polizeiauto. Fährt das Auto mit heulender Sirene auf einen zu, ist der Ton höher als wenn das Auto von einem wegfährt. Grund: Im einen Fall wird die Schallwelle in Richtung der Bewegung komprimiert, in Gegenrichtung hingegen ausdehnt. Die Höhe der Frequenzverschiebung ist direkt proportional zur relativen Geschwindigkeit der sich bewegenden Schallquelle. Dieser Effekt gilt auch für Mikrowellen, die sich allerdings nicht mit Schallgeschwindigkeit von 330 m/s ausbreiten, sondern mit Lichtgeschwindigkeit von
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300 000 km/s. Ein stillstehendes Objekt erzeugt keinen Dopplereffekt, folglich kann ein nach dem Dopplereffekt arbeitender HF-Sensor nur bewegte Objekte erfassen. Wie wird der Dopplereffekt beim HF-Sensor gemessen? Das Prinzip des HF-Sensors zeigt Bild 2. Ein Gunn-Oszillator erzeugt die sehr hohe Frequenz von 5,8...24,125 GHz und diese wird durch die Antenne abgestrahlt. Bei der Antenne gibt es ganz verschiedene Techniken. Trifft die Hochfrequenzwellenfront auf ein Objekt, wird diese teilweise reflektiert und zum HF-Sensor zurückgeworfen. Sowohl die gesendete Frequenz als auch die empfangene führen auf einen Mischer und werden miteinander multipliziert. Aus dem Mischer heraus kommt die Differenzfrequenz. Hier wird der mathematische Effekt ausgenutzt, dass bei der Multiplikation zweier Sinusgrössen unterschiedlicher Frequenz unter anderem ein Ausgangssignal mit
der Differenz beider Frequenzen entsteht. Wenn sich das Objekt in der Sendeachse bewegt, resultiert maximale Empfindlichkeit. Menschen, die sich beispielsweise in einem Korridor bewegen, laufen mit rund 1…5 km/h (0,28…1,4 m/s). Dies führt bei einer Sendefrequenz von 5,8 GHz zu einer Differenzfrequenz von 11…53 Hz. Läuft die Person nicht direkt im Sendestrahl auf den Sensor zu, sondern in einem Winkel , vermindert sich die Frequenz um den Kosinus . Der HF-Sensor verhält sich also umgekehrt wie der PIRSensor, letzterer ist weniger empfindlich, wenn sich die Person direkt im Strahlgang auf den Sensor zu bewegt.
Warum HF-Sensoren? HF-Sensoren lassen sich verdeckt einbauen. Bei Leuchten ist das ein grosser Vorteil und zwar ästhetisch und der Dichtigkeit wegen, wie Bild 3 zeigt. Der Sensor ist unsichtbar
hinter der Glas- oder Kunststoffabdeckung. Vom Design her eröffnet dies ganz neue Möglichkeiten, weil die transparente Abdeckung in der Mitte nicht durch einen PIR-Sensor unterbrochen werden muss. In solchen Leuchten kommt die sehr einfach zu handhabende und preisgünstige HF-Technik von 5,8 GHz zum Einsatz. Diese Technik ist preisgünstiger zu realisieren als eine Lösung mit PIR-Sensor. Ohne konstruktive Massnahmen würde die Antenne die 5,8-GHz-Wellen ziemlich kugelförmig abstrahlen, was in aller Regel unerwünscht ist. Die rückwärtige Abstrahlung beispielsweise ins nächst höhere Geschoss lässt sich aber konstruktiv verhindern. Das ist ganz wichtig, denn das Licht soll ja nicht einschalten, wenn im oberen Stock eine Person im Korridor läuft. Bei der Leuchte nach Bild 3 besteht der Gehäuseboden aus Aluminium-Druckguss. Dieser verhindert zuverlässig die rückwärtige Abstrahlung und dient gleichzeitig der
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perfekten Kühlung der LED. Die Abstrahlung der HF-Wellen erfolgt bei dieser Leuchte rundherum und nach unten. Ist diese Leuchte in einem Korridor montiert, besteht die Gefahr, dass nun auch laufende Personen oder ein Ventilator im Nebenraum erfasst werden. Um dies zu verhindern, liefert Steinel Bleche, die sich seitlich zum HF-Sensor einstecken lassen. Damit ist die Ausbreitung der HF-Wellen in dieser Richtung unmöglich.
PR
HF
Aktiv
Nein, empfängt nur Wärmestrahlen
Ja, Abstrahlleistung aber sehr gering
Ausbreitung Welle
Rein Passiv, vom Objekt 300 000 km/s (Lichtgeschwindigkeit)
300 000 km/s
Durchdringt
Nur Luft und bestimmte dünne Kunststofffolien
Luft, Glas, Karton, Plastik, Keramik, Holz. Backstein dämpft, Beton dämpft stark, Metalle sind undurchdringlich
Umgebungstemperatur
Braucht mindestens 2° C Unterschied von Objekt zu Umgebung und grosse strahlende Fläche – gut isolierende Kleider verhindern das
Unbeeinflusst durch Umgebungs- und Objekttemperatur
Staubige Umgebung
Problematisch bei bedeckter Linse
Nicht beeinflusst
Nasse Umgebung
Wasser auf Linse schränkt Empfindlichkeit ein
Kaum beeinflusst
Erfassungsbereich
Bis zu 30 m
Bis zu 10 m
Unerwünschte Erfassung
Erfasst alle Lebewesen mit Sichtverbindung im Erfassungsbereich
«Sieht» durch Wände, vor allem bei Leichtbauweise
Regen, Nebel
Je nach Stärke gibt es Empfindlichkeitseinbusse
Kaum Beeinflussung
Wärmequellen wie Laserprinter und Lüftungsaustritte
Beeinflussung sehr problematisch
Keine Beeinflussung
Glühlampen, Hochdruckentladungslampen im Erfassungsbereich
Beeinflussung problematisch
Keine Beeinflussung
Montage
Freie Sicht nötig
Spezielle HF-Sensoren Wie schon erwähnt, besteht bei HF-Sensoren das Problem, dass sie Dinge sehen, die man eigentlich nicht möchte und so das Licht unerwünscht einschaltet. Dies gilt im Aussenbereich nicht nur für HFSensoren sondern auch für PIR-Sensoren. Es werden beispielsweise Personen erfasst, die auf einem nahen Weg oder Nachbargrundstück laufen. Dieses Problem lässt sich umgehen, wenn sich der Erfassungsbereich genau definieren lässt. Der neu entwickelte Sensor iHF 3D von Steinel (Bild 1) verfügt über eine 3D-Antennentechnik. Kleintiere beispielsweise lösen bei diesem Sensor keine Einschaltung des Lichts aus. Über die spezielle Antennentechnik ist der Erfassungsbereich von maximal 160 ° über drei Potentiometer in drei Achsen beliebig einschränkbar. Der Sensor erfasst gehende Personen bis auf 8 m Distanz.
Wann PIR-, wann HF-Technik? Bei Leuchten mit eingebauten Bewegungsmeldern wurde schon gezeigt, weshalb die HF-Technik zunehmend beliebt ist. Separat aufgebaute HF-Melder finden überall dort Einsatz, wo die PIR-Technik an Grenzen stösst. Soll ein PIR-Melder beispielsweise die Vorplatzleuchte automatisch einschalten, haben wohl die meisten Leser schon festgestellt, dass im Winter eine warm eingekleidete Person erst ganz nahe am Sensor erfasst wird. Grund: Bei dieser Person strahlt nur noch das Gesicht Infrarotstrahlen aus und wenn die Person in der PIRSensorachse läuft, ist die Empfind-
3) RS PRO LED Q1, LED-Leuchte von Steinel mit eingebautem HF-Sensor. Mehrere Leuchten können untereinander über Funk kommunizieren.
lichkeit zusätzlich eingeschränkt. In südlichen Gebieten mit hohen Umgebungstemperaturen findet ein anderer Effekt statt. Die Temperaturdifferenz zwischen Personen und der Umgebung kann so gering sein, dass die Empfindlichkeit eines PIR-Sensors ebenfalls sehr eingeschränkt ist. Die Tabelle 4 zeigt gegenüberstellend die Vor- und Nachteile der PIR- und HF-Technik. Weil der HF-Sensor ein aktiver Sensor ist, strahlt er HF-Strahlen aus. Es besteht ein geringer Einfluss auf den menschlichen Körper, allerdings ist dieser rund 1000 Mal geringer als der Einfluss eines Mobilfunkgeräts direkt am Kopf.
Fazit Steinel, Erfinder der HF-Technik zur automatischen Lichtschaltung, ist eine der wenigen Firmen, die seit Jahren funktionierende HF-Bewegungsmelder anbietet. HF-Bewe-
gungsmelder werden auch zunehmend in Leuchten montiert, weil sie sich unsichtbar hinter der Glas- oder Kunststoffabdeckung verbauen lassen und damit das optische Bild und die Dichtigkeit der Leuchte nicht beeinflussen. Damit Leuchten mit HFMeldern nicht unerwünscht einschalten, lässt sich heute die Empfindlichkeit des Sensors reduzieren oder mit Metall-Abdeckplatten der Erfassungsbereich einschränken. ■
Infos Puag ag 5620 Bremgarten 2 Tel. 056 648 88 88 info@puag.ch, www.puag.ch www.steinel.de Autor: Raymond Kleger
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Leistungshalbleiter für die Energiewende Leistungshalbleiter sind sozusagen das Rückgrat der Energiewende: Sowohl in der Energieübertragung, beispielsweise als Teil von Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Systemen (HGÜ-Systemen), als auch in Produkten wie Antrieben, die Pumpen vorgeschaltet werden, um diese effizienter zu betreiben. Die Energiewende hat zahlreiche Facetten, die von einer grundsätzlichen Umstellung der Erzeugungsstruktur und einem daraus resultieren-
Low Loss Thyristor 8500 V, 5500 A.
den Umbau der Übertragungsnetze bis hin zu einer Senkung des Energieverbrauchs durch Massnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz reichen. Die Entwicklung der selbstgeführten HGÜ-Technologie, die ABB in den 90er-Jahren unter dem Namen HVDC Light eingeführt hat, war erst durch den Einsatz von Transistoren möglich. Vorteile, wie beispielweise die Schwarzstartfähigkeit machen sie zur idealen Technologie für die Anbindung von Off-
shore-Windparks mit Gleichstrom. Die Möglichkeit, mit den HGÜ-Konvertern Systemdienstleistungen zu erbringen, wie etwa die Kompensation von Blindleistung, ist einer der Gründe für den Einsatz der selbstgeführten HGÜ-Technologie für die effiziente Übertragung grosser Mengen an Strom von den Offshore-Anlagen zu den Verbrauchszentren. In den neuen BIGT-Chips kann durch eine zweistufige Integration von Transistor- und Diodenfunktion auf einem Chip die Energiedichte erheblich gesteigert werden. Sie zeichnen sich zudem durch eine besonders hohe Toleranz von Fehlerströmen aus. In Verbindung mit der in einer Vielzahl von HVDC Light-Systemen bewährten Druckkontakt-IGBTTechnologie kann die Produktpalette erheblich erweitert werden: Neu werden Bauelemente bis 3000 A Nominalstrom (6000 A maximaler Abschaltstrom) und 4500 V Blockierspannung angeboten. ABB präsentierte an der vergangenen Hannover Messe die neueste Generation an Thyristo-
ren, die zweite Art schaltbarer Leistungshalbleiter. Thyristoren zeichnen sich durch hohe Blockierspannungen bis zu 8500 V aus, bei geringsten Verlusten im leitenden Zustand (kleiner 1,8 V bei 5000 A). Bereits seit Mitte der 70er-Jahre werden Thyristoren auch für die klassische Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung eingesetzt. Die Energieübertragung bei hoher Spannung als Gleichstrom mittels Freileitungen geschieht aufgrund fehlender induktiver Verluste nahezu verlustfrei. Durch Optimierung der Thyristorstrukturen können die Leitverluste der Umformer um weitere 13 % gesenkt werden. Die gesamte Energieeinsparung pro Konverterstation beträgt allein durch die Verwendung dieser Bauelemente etwa 0,5 MW pro GW übertragener Energie. Neue HVDC Classic-Systeme können damit mehr als 10 GW Energie übertragen. ■
ABB Schweiz AG 5400 Baden Tel. 058 585 00 00 www.abb.com
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Stabiler Verteiler für 3456 Glasfaser-Ports R&M, der Verkabelungsspezialist aus Wetzikon, lanciert das neue Modul-System für Rechenzentren, mit dem sich fiberoptische Netzwerkinfrastrukturen schneller aufbauen und grosse Fasermengen schneller terminieren lassen. Es zeichnet sich durch eine Kapazität von bis zu 3456 Ports pro Rack, robuste Konstruktion, einfache Handhabung und flexible Konfiguration aus. Anaconda-Module bietet R&M für den Einbau in 19’’ und 23’’ Racks an. Zur Grundausstattung der Verteilerplattformen gehö-
ren die Kabeleinführung mit einem Durchmesser von 2,5’’ (63 mm) und Ports für die Kabelführung. Die Skalierung erfolgt schrittweise über jeweils drei Höheneinheiten (3 HE) mit 288 Ports pro Segment. Das Chassis hat R&M für schwere Lasten ausgelegt. Die Konstruktion besteht je nach Bedarf aus 0,090’’ Zoll Aluminium- oder kaltgewalztem Stahlblech. Die Pulverbeschichtung ermöglicht sogar den Outdoor-Einsatz der Gehäuse. Einige Merkmale der Anaconda-Module unterstützen in besonderer Weise die aktuellen Verkabelungsbedürfnisse von Hochleistungs-Rechenzentren: Auf den Plattformen können grosse und unterschiedliche Kabeldurchmesser gleichzeitig verwendet werden. Änderungen, Wartungs- und andere Verkabelungsarbeiten an den Verteilerkassetten lassen sich ausführen, ohne das Patchpanel ausbauen zu müssen. Eine externe Breakout-Box aus Stahl mit Kabelklemme assistiert dabei und schützt die Kabel. Dies ist hilfreich, wenn die ankommen-
den Kabel einen grossen Durchmesser und eine hohe Faserzahl aufweisen. Die Box ermöglicht Breakouts ausserhalb des Panels und die Kombination mit wesentlich dünneren Kabeln innerhalb des Panels. Ebenso erleichtert eine Ablagefläche die Arbeit mit den herausnehmbaren Kassetten – eine exklusive Lösung von R&M, um Installationsund Servicearbeiten zu beschleunigen. Bei mittlerer Verdichtung auf drei Höheneinheiten mit 288 Ports können LC Duplex-Standardpatchkabel verwendet werden. Die Anaconda-Plattformen unterstützen die bewährten Terminierungs-Optionen. Dazu zählen MTP-Kassetten, direkte und feldinstallierte Anschlüsse, Fusionsspleissen in einer rückseitigen Spleiss-Ablage oder Spleissen innerhalb der Spleisskassette. ■ Reichle & De-Massari AG 8620 Wetzikon Tel. 044 931 97 77 www.rdm.com
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Das Platzwunder unter den Bewegungsmeldern
thePiccola von ThebenHTS Beim Bewegungsmelder thePiccola von ThebenHTS ist der Name Programm: Die Deckenöffnung muss gerade einmal 35 mm gross sein, damit er hineinpasst. Der sichtbare Ring fällt mit einem Durchmesser von 44 mm an der Decke kaum auf. Selbstredend ist auch die Einbautiefe sehr gering: 30 mm im Hohlraum in der Decke reichen aus. Das mit dem thePrema eingeführte tropfenförmige Design wird auch mit dem thePiccola weitergezogen.
D
er Erfassungsbereich ist kreisrund, wie der Grafik in Bild 2 entnommen werden kann. Als Referenz ist der Melder in der Höhe von 2,5 m über Boden montiert. Der Erfassungsbereich mit 8 m Durchmesser gilt für Personen, die quer zum Melder gehen, derjenige mit 2 m ist für Personen, die frontal zum Melder gehen.
Das Sensorteil des ThebenHTS thePiccola in der Seiten- und Untersicht
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Der 360°-Erfassungsbereich des thePiccola
Abgesetztes Leistungsteil
Leuchtmittel
Weil in einem Bewegungsmelder dieser Grösse unmöglich die Komponenten für die Leistungselektronik Platz finden, wurde das Leistungsteil abgesetzt. Es wird mit einem 50 cm langen Kabel mit dem Melder verbunden. Alle Anschlüsse für Stromversorgung und Schaltausgänge finden sich auf dem Leistungsteil. Die Bedienung hingegen geschieht über die leicht zugänglichen Potenziometer am Melder. Eines stellt die Nachlaufzeit ein, die zwischen 30 Sekunden und 30 Minuten wählbar ist. Das zweite dient zur Einstellung der Lichtempfindlichkeit, deren Bereich zwischen 5 und 1000 lux liegt. Sobald die Beleuchtungsstärke den eingestellten Bereich unterschreitet, wird der Bewegungsmelder scharf geschaltet. Ist es heller, bleiben die angeschlossenen Leuchten dunkel.
Als Leuchtmittel eignen sich neben einfachen Glüh- und Halogenlampen auch Fluoreszenzlampen, Kompaktleuchtstofflampen oder LED. Je nach Art liegt die Belastungsgrenze höher oder tiefer: • Glüh- und Halogenlampen: 2000 W • Leuchtstofflampen mit verlustarmem Vorschaltgerät: 2000 VA (reihen- oder unkompensiert) • Leuchtstofflampen mit verlustarmem Vorschaltgerät parallelkompensiert: 1300 W (140 F) • Kompaktleuchtstofflampen: 300 W • LED: bis 200 W Praktische Features wie Teach-In oder Impulsfunktion runden das Profil des thePiccola ab.. ■
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ThebenHTS AG 8307 Effretikon Tel. 052 355 17 00 sales@theben-hts.ch www.theben-hts.ch
Elektrotechnik | Licht
Multisensor zur Detektion von Licht und Bewegung Der rasche technologische Fortschritt ermöglicht heute hochautomatisierte Montagevorgänge, der Bedarf an qualitativ hochwertiger Handarbeit nimmt dadurch jedoch nicht ab. So sind vor allem für industrielle Arbeitsplätze, an denen komplexe Montagetätigkeiten erledigt werden, eine hohe Beleuchtungstärke von bis zu 700 lx gefordert. Doch geht mit einer verbesserten Beleuchtungsqualität auch ein Anstieg des Energieverbrauchs einher. Die Kosten steigen. Tatsächlich wird die hohe Beleuchtungstärke jedoch nur an einzelnen Arbeitsplätzen benötigt, für Verkehrswege oder Lagerbereiche sind oftmals 200 lx ausreichend. Eine Lösung für diese Problematik bietet Zumtobel mit dem Multisensor Ativo. Das Konzept ist einfach: Eine aufgabenorientierte, flexibel adaptierbare Zonensteuerung sorgt dafür, dass das Licht in Abhängigkeit von Zeit und Tätigkeit dort verringert wird, wo es nicht benötigt wird. An Arbeitsplätzen, an denen ein hohes Mass an Konzentration für gute Produktivität gefordert ist, wird das Beleuchtungsniveau gesteigert. Für zusätzliche Sicherheit wird auch in allgemeinen Bereichen und Korridoren das Beleuchtungsniveau erhöht. Der Bewegungssensor erkennt, wenn sich Personen oder Fahrzeuge auf den Korridoren befinden und dimmt automatisch hoch. Das bereits lieferbare Paket Ativo DALI IP64 Kit eignet sich für Anwendungen von Licht in hohen Räumen und Anwesenheit von Personen. Das Kontrastsensorsystem mit seiner intelligenten Objekterkennung ist gegenüber üblichen PIR- und Radarsensoren nicht nur wesentlich genauer, sondern auch schneller – und damit wesentlich weniger fehleranfällig. Das Einsatzgebiet des Ativo-Sensors DALI Kit erstreckt sich von Sport- und multifunktionalen Veranstaltungshallen über Industrie-, Fertigungsund Montagehallen bis hin zu Hochregallagern und Logistikzentren. Dabei werden Geh- oder Fahrbewegungen bei Raumhöhen zwischen 6 m und 20 m exakt erfasst. Der Ativo als DALI Mastersystem steuert autonom die Leuchten an.
Eingebunden in «Litecom» unterstützt er bewährte Lichtmanagement-Funktionen wie Tageslichtsteuerung und ist ein wichtiger Grundstein für die aufgabenbezogene Anwesenheitssteuerung «Activity Based Lighting». Mit dieser Funktion bietet Litecom die automatische Auswahl der optimal an die Raumnutzung angepassten Lichtstimmung. So wird eine Unterscheidung zwischen Personen oder Fahrzeugen wie Gabelstaplern oder eine Anpassung des Lichtniveaus aufgrund der Intensität der Raumnutzung möglich. Der Multisensor Ativo ist prädestiniert für anwendungsspezifische Lösungen, bei denen Wert auf eine hohe Energieeffizienz gelegt wird: Dazu lassen sich
messen analysieren
Netzqualität beraten unterstützen Standardmessung EN 50160 Messungen mit erweiterten und strengeren Kriterien
Einfache Montage und Installation durch Plug & Play, die Konfiguration erfolgt per Software. sowohl fünf Bereiche für die Detektion von Bewegungen frei definieren als auch fünf Helligkeitswerte programmieren, sodass jeder Raum aufgabenspezifisch zoniert werden kann. Der Multisensor Ativo kann einfach per Plug & Play installiert und über die Software konfiguiert werden. Ativo für den Industriebereich ist mit einem robusten Gehäuse mit Schutzart IP64 erhältlich. Für die Anwendung Büro wird noch in 2016 eine eigene Decken-Einbauversion folgen. Der Multisensor ist dann speziell für den Erfassungsbereich für typische Deckenhöhen optimiert und stellt Menschen im Büro das richtige Licht für jede Arbeitsituation zur Verfügung. ■ Zumtobel Licht AG 8050 Zürich Tel. 044 305 35 35 zumtobel.com
Möglichkeit der grafischen Vor-Ort-Auswertung (auch für den Kunden) Störungssuche Fernwartung, Support unsere Netzanalysatoren ermöglichen: IEC 61000-4-30 Klasse A Konformität Parametrierung über EN 50160 hinaus Abdeckung der Normenlücke zwischen 2 und 9 kHz spektrale Untersuchung bis 20 kHz für den Kunden direkt zugängliche Grafiken auf SD-Karte Fernwartung über Netzwerk Gerichtsfähigkeit der Messergebnisse Für höhere Frequenzbereiche setzen wir Digitalspeicheroszilloskope ein.
ENGINEERING UND BERATUNG AG für EMV und Blitzschutz CH-8152 Opfikon / Glattbrugg Wallisellerstrasse 75 Telefon 044 828 15 51 info@arnoldeub.ch, www.arnoldeub.ch
Sanitärtechnik | Wohnen
Baden und Körperpflege im Wandel der letzten 4500 Jahre
Vom einfachen Becken zum Whirlpool Die ersten grösseren Badeanlagen fanden sich unter anderem in der Indus-Kultur (um 2500–1900 v. Chr.). In Mohenjo-Daro (heute Pakistan) lag ein Bad auf der «Zitadelle» (kleine Festung) in einem Gebäude mit einem 7 × 12 m grossen und 2,4 m tiefen Becken, in das Treppen hinabführten. Die Wasserversorgung erfolgte über Brunnen. Die grosse Anlage zeigt, dass sie nicht nur der Körperreinigung, sondern wohl auch rituellen Zwecken und dem Vergnügen diente.
A
ber nicht nur in diesem öffentlichen Gebäude fand man Badeeinrichtungen, sondern auch in vielen Häusern der Stadt, die auf ein ausgeprägtes Hygienebedürfnis der Bewohner, vielleicht aber auch auf rituelle Waschungen schliessen lassen. Weitere frühe Badeanlagen sind zum Beispiel aus dem Alten Reich des Alten Ägyptens (ca. 2700 – 2200 v. Chr.) sowie aus Mari in Mesopotamien (um 2000 v. Chr.) bekannt. Auch im antiken Griechenland und bei den Römern hatte die Badekultur einen sehr hohen Stellenwert. Schon etwa 2000 Jahre vor unserer Zeitrechnung gab es auf Kreta (Knossos) private Baderäume
und eine Kanalisation. Die im späten 8. Jahrhundert v. Chr. niedergeschriebene Odyssee, welche die Abenteuer des Königs Odysseus von Ithaka und seiner Gefährten auf der Heimkehr aus dem Trojanischen Krieg schildert, belegt im achten Gesang beispielsweise, wie im Hause des Phaiakenkönigs Alkinoos Odysseus von den Haussklaven ein Bad zubereitet wird, bevor er sich an der Tafel seines Gastgebers niederlässt. Die Sitte vor dem Mahl zu baden, wurde, zumindest in den ersten Jahrhunderten unserer Zeit, auch in Irland hochgehalten, im Gegensatz zu den anderen Völkern Europas.
Der Badetraum heute: das Konzept Emerso von Franz Kaldewei AG, hochstehendes Design und dezente Farben. (Foto: Kaldewei)
Balneum oder der Baderaum
Hygiene spielte auch im Römischen Reich eine grosse Rolle. Die ersten grösseren römischen Bäder (lateinisch lavatrina «Waschraum», eigentlich Abfluss, oder balneum, balineum «Baderaum») entwickelten sich vermutlich in Kampanien, deren Hauptstadt Capua bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. die grösste Stadt Italiens nach Rom war. In der Blütezeit, die etwa von 500 bis 300 v. Chr. währte, war der griechische Einfluss dort sehr gross, sodass hier die für die Griechen selbstverständlichen öffentlichen Bäder entstanden. 305 v. Chr. besass Rom die erste grosse Wasserleitung (Aqua Appia), und zu dieser Zeit wurde bereits ein öffentliches Bad eingerichtet. Im 2. Jahrhundert v. Chr. war es für römische Bürger bereits selbstverständlich, Zugang zu einer öffentlichen Badeanlage zu haben. Zu den ältesten erhaltenen Thermen zählen die Stabianer Thermen in Pompeji, die am 24. August 79 beim Ausbruch des Vesuvs verschüttet wurden.
Unhygienisches Mittelalter Mit den Einfällen der Goten in Rom, ab dem 3. Jahrhundert nach Christus, war es vorbei mit der Wasch- und Badekultur in Rom und den ehemals von Römern kontrollierten Gebieten Europas. Die Menschen wurden schlichtweg dreckig, schreckliche Epidemien mit Tausenden von Toten waren die Folge.
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Damit Wasser und Energie nicht unnötig verschwendet werden, haben alle Armaturenhersteller Techniken entwickelt, mit welchen sich Wassermenge und Wassertemperatur regeln lassen. (Foto: istockphoto.com)
Die Kreuzfahrer entdeckten die Badekultur in den islamischen Ländern wieder und führten sie in Europa erneut ein. Die antike Badekultur konnte jedoch noch mehrere Jahrhunderte lang nicht erreicht werden. Schenkt man dem Bericht eines Gesandten von Kalif Al-Hakam II. aus dem Jahr 973 Glauben, war es mit der Badekultur im frühen Mittelalter nicht weit her: «Aber du siehst nichts Schmutzigeres als sie! Sie reinigen und waschen sich nur ein- oder zweimal im Jahr mit kaltem Wasser. Ihre Kleider aber waschen sie nicht, nachdem sie sie angezogen haben, bis dass sie in Lumpen zerfallen.»
Barock: zarte Musik und stinkende Menschen Im Mittelalter wurde vom Volke – wenn überhaupt – auf jeden Fall selten, gemeinsam in öffentlichen Badstuben oder Schwitzstuben in Holzzubern sitzend «gebadet». An Hygiene dachte dabei niemand und dass es dabei nicht immer gesittet zuging, ist verbürgt. Jedenfalls sah der Klerus dem Treiben nur ungern zu, und bald galt es als
gottesfürchtig, jeglichen Kontakt mit Wasser als Reinigungsmittel zu meiden. In den Kurbädern der oberen Schichten ging es offenbar genauso gesellig zu wie in den einfachen Badehäusern. Ein Italiener berichtete 1417 über den Ort Baden im Kanton Aargau: «In der Morgenfrühe waren die Bäder am beliebtesten. Wer nicht selbst badete, stattete seinen Bekannten Besuche ab. Von den Galerien herab konnte man mit ihnen sprechen und sie an schwimmenden Tischen essen und speisen sehen. Schöne Mädchen baten um ‹Almosen›, und warf man ihnen Münzen hinab, so breiteten sie die Gewänder aus, die Münzen aufzufangen und dabei ihre Reize zu enthüllen. Blumen schmückten die Oberfläche des Wassers, und oft hallten die Gewölbe wider vom Saitenspiel und Gesang. Mittags an der Tafel ging nach gestilltem Hunger der Becher solange um, wie der Magen den Wein vertrug, oder bis die Pauken und Pfeifen zum Tanze riefen.» Im Barock mit seinen Rüschen, Perücken und Puderwolken hingegen galt das regelmässige Baden
geradezu als gefährliches Unterfangen. Man fürchtete sich vor den «grossen» Gefahren, denen der nackte Körper durch den direkten Kontakt mit Wasser ausgesetzt sei. Voller Stolz zeigte Königin Margarethe von Navarra (1527 – 1558) ihrem Liebhaber die Hände mit den Wor-
Holzschnitt einer mittelalterlichen Badstube mit schröpfendem Bader. (Wikipedia)
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Sanitärtechnik | Wohnen
ten: «Sehen Sie meine schönen Hände, seit acht Tagen habe ich sie nicht gewaschen.»
Rousseau und Engländer als Pioniere
zimmer in einen persönlichen Wohlfühlbereich zu verwandeln, ist nach wie vor aktuell. Küche und Bad werden je nach Wohnsituation und Platzverhältnissen Teil des Wohnraums.
Im 18. Jahrhundert wurde im Geiste von Rousseaus «zurück zur Natur» in Paris auf prachtvoll ausgestatteten Booten eine öffentliche Badanstalt in Betrieb genommen und 1822 liess ein Franzose einen Wagen für Hausbäder patentieren, mit dem er von Haus zu Haus zog. Von England aus schwappte Mitte des 19. Jahrhunderts eine eigentliche Hygienekampagne auf den Kontinent über und der Bau von öffentlichen Bädern wurde programmiert. Es dauerte aber teilweise noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts, bis in privaten Wohnungen Badewannen und Duschen selbstverständlich wurden. Lange fehlten fliessendes Wasser und Kanalisation.
Traumwelten in Raumwelten
schen haben sich Wellness und Wohlfühlen in die eigenen vier Wände geholt. Und trotz der erweiterten Möglichkeiten bei den Spielen mit dem Wasser gelang es den Armaturenherstellern durch intelligente Techniken, Wasser und Energie zu sparen.
Unter diesem Titel wurden in der HK-Gebäudetechnik die Trends und Innovationen an der diesjährigen Swissbau zusammengefasst (HK-GT 2/16, S. 79). An den Ständen der Anbieter von Badezimmereinrichtungen wähnte man sich an einem Treffen der führenden Designer Europas. Es war eine Wunderwelt von neuen Formen, Farben und Materialien. Eine Badewanne ist heute nicht mehr einfach eine Wanne, sondern ein ausgeklügeltes Designprodukt. Das überrascht nicht, denn wie schon erwähnt, dient heute das Badezimmer mit seiner gesamten vielfältigen Ausstattung nicht mehr nur als Ort der Reinigung. Die Men-
Lange Zeit galt es als unschicklich, über die naturbedingten menschlichen Ausscheidungen überhaupt zu reden, in Geschichten und Büchern über vergangene Zeiten existierten diese Bedürfnisse nicht. Erst als die gesundheitlichen Zusammenhänge allgemeines Wissen wurden, erhielt auch das WC seine berechtigte Wichtigkeit. Trend heute: Fragte man früher eher verschämt nach der Toilette, so erkundigt sich heute der Besuch, ob auch ein Dusch-WC vorhanden sei. Die Hersteller von Badezimmereinrichtungen haben den Trend erkannt
Zur Hygiene gehört Entsorgung
Nachholbedarf nach dem Krieg Ab 1950 wurden die Wohnungen in der Schweiz im Rahmen des Baubooms mit sogenannten Nasszellen ausgestattet. Eine komplette Badezimmerausstattung wurde in einem separaten Zimmer auf relativ kleinem Raum untergebracht. Ab 1960 entwickelte sich ein zunehmendes Interesse an Design und Innenarchitektur in der Gesellschaft. Ausserdem wurden neue Materialien wie PVC eingesetzt. Ab 1970 kamen wieder neue Materialien zum Einsatz: Aluminium, Laminat und Plastik sowie die Farben Orange, Kastanienbraun, Pink und Violett waren typisch für diese Zeit. Weiche Teppiche, Kissen und Grünpflanzen schufen eine ganz neue Badezimmeratmosphäre. Ab 1980 kam das Streben nach individueller Gestaltung und Formgebung auf. Die grossen Sanitärhersteller beauftragten namhafte Designer, neue Badezimmerserien zu gestalten. Das Bad entwickelt sich immer weiter, um den Ansprüchen an Funktion und Design sowie den Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden. Der Trend, das eigene Bade-
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Sitzwanne, gefunden bei Olynth, einer antiken griechischen Stadt, welche 348 v. Chr. zerstört wurde. (Wikipedia)
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Sanitärtechnik | Wohnen
und beteiligen sich heute am Angebot von Dusch-WCs aller Art und aller Preisklassen.
Der Weg des Wassers vom Aquädukt ... Die Römer holten sich das Wasser über grosse Distanzen für ihre Bäder und Brunnen. Römische Aquädukte bestanden aber nicht nur aus von Steinbögen getragenen Wasserleitungen. Grosse Teile verliefen unterirdisch. Diese Bauweise war wesentlich ökonomischer, Wind und Wetter konnte den Kanälen weniger anhaben. Von der 140 v. Chr. fertiggestellten Aqua Marcia zum Beispiel wurden nur ungefähr 11 Kilometer als Brücke angelegt, obwohl das Wasser fast 92 Kilometer zurücklegte.
... zur Etagenverteilung In Einfamilien- wie auch in Mehrfamilienhäusern werden heute Trinkwasserleitungen in Rohrleitungen mit kleinen Nennweiten aus unterschiedlichen Werkstoffen verlegt, die einem Druck von typischerweise bis 6 bar standhalten und praktisch wartungsfrei sind. Als Werkstoffe kommen Kupfer, nichtrostender Stahl, Kunststoff oder Kunststoff-Verbundsysteme zum Einsatz. Die Anforderungen an die Werkstoffe sind in zahlreichen techni-
schen Regeln und Normen festgeschrieben. Frühere Leitungen aus Metallen wie verzinktes Stahlrohr korrodieren in Verbindung mit Wasser und Sauerstoff übermässig und sind deshalb nicht für eine Trinkwasserinstallation geeignet. Rohrleitungen aus Blei, die seit langem nicht mehr den Anforderungen entsprechen, sind in der Schweiz seit 1914 verboten.
Schweizer Innovationsschub In den letzten Jahrzehnten erlebte die Schweiz einen technischen Innovationsschub bei den Trinkwasserleitungen. Zwei Beispiele sollen dies stellvertretend aufzeigen. So bietet zum Beispiel die R. Nussbaum AG für die Trinkwasserverteilung SIA-385/2-konforme Gesamtlösungen an. Optiarmatur ist ein komplettes Programm für Armaturen, Optiflex steht für die Trinkwasser-Installation auf der Etage. Optiflex besteht aus flexiblen oder formstabilen Rohren, Schnellverbindern, Pressfittings und SystemArmaturen und vereint die zwei beliebtesten Verbindungstechniken in der Schweiz. Optiflex-Flowpress zeichnet sich durch erheblich reduzierte Druckverluste aus. Verschiedene Installationselemente für Badewannen- und Duscharmaturen sowie für Dusch-
entwässerung mit Wandablauf findet man bei Geberit. Ebenfalls erhältlich sind Geberit Duofix Installationselemente für Waschtisch, Urinal, Bidet und Waschmaschine. Das Installationssystem Geberit GIS wurde für die Vorfertigung entwickelt und macht damit die Sanitärrauminstallation schnell, einfach und wirtschaftlich. Geprüfter Brand- und Schallschutz ist gleich mit eingebaut, das System ist wirksam schallentkoppelt. Es stehen ebenfalls Elemente für Wand-WCs und Geberit AquaClean sowie für den Anschluss der Geruchsabsaugung Geberit DuoFresh zur Verfügung. Und wie ein Geschäftsführer aus der Sanitärbranche kürzlich feststellte, ist das Einwicklungspotenzial noch lange nicht ausgeschöpft. ■
Infos Autor: Franz Lenz Quellen: Franke Water Systems AG KWC, Geberit AG, Hansgrohe AG, Keramik Laufen AG, R. Nussbaum AG, Wikipedia, Wilhelm Schmidlin AG.
Sanitärtechnik | Wohnen
«For the Better»: Electrolux setzt Nachhaltigkeitsziele bis 2020 fest
Neun Versprechen Electrolux veröffentlicht ihren Nachhaltigkeitsbericht 2015 und stellt «For the Better» vor, ein Programm mit neun Versprechen für bessere Lösungen, bessere Betriebsprozesse und eine bessere Gesellschaft. Die Initiative soll Nachhaltigkeit noch enger in die Geschäftsaktivitäten von Electrolux einbinden.
Seit einem Jahr richtet Electrolux die Nachhaltigkeitsziele nicht mehr an der Geschäftsstrategie aus, sondern stellt sie in den Mittelpunkt der Tätigkeit. (Grafik: Electrolux)
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Seit einem Jahr richten wir die Nachhaltigkeitsziele nicht mehr an unserer Geschäftsstrategie aus, sondern stellen sie in den Mittelpunkt unsere Tätigkeit», so Jonas Samuelson, President and CEO von Electrolux Group Management. «Die Organisation wird über die Erfüllung der neun Versprechen berichten, um sicherzustellen, dass
zügig Fortschritte erzielt werden. Wir müssen einen umfassenderen Dialog mit dem Konsumenten aufbauen und die traditionelle Botschaft, dass Produkteffizienz den Geldbeutel und die Umwelt schont, mit verbraucherrelevanten Informationen über die Frische von Nahrungsmitteln, die Lebensdauer von Geweben und die Haltbarkeit von Produkten ergänzen. Wenn wir über die Kanäle kommunizieren, die von den Konsumenten jeden Tag benutzt werden, können wir mit ihnen auf Vertrauen basierende Beziehungen aufbauen. «For the Better» ist ein nützliches Instrument, das uns dabei helfen wird.» Höchste Priorität hat für Electrolux weiterhin das übergeordnete Ziel, die für den Klimawandel relevanten Auswirkungen des Unternehmens zu halbieren und deshalb den CO2-Ausstoss von 2005 bis 2020 um 50% zu senken. 2015 erreichte Electrolux die 27 %-Marke. Der Nachhaltigkeitsbericht kann unter www.electroluxgroup.com eingese-
hen werden, wo nun auch die elektronische Version des Geschäftsberichts 2015 veröffentlicht wurde. Der Nachhaltigkeitsbericht 2015 befasst sich mit den neun Versprechen, die in drei Bereichen für einen positiven Unterschied sorgen sollen: • Bessere Lösungen, weil die Nutzung von Produkten die Umwelt am stärksten belastet: Leistung und Effizienz der Produkte konsequent verbessern, Ressourcen besser einsetzen, schädliche Substanzen eliminieren. • Bessere Betriebsprozesse, weil Electrolux Massstäbe für Mitarbeitende und Partner setzen will: beste Gesundheit und Sicherheit sicherstellen, mehr mit weniger erreichen, immer ethisch handeln und die Menschenrechte achten. • Bessere Gesellschaft, weil die Sorge um die Menschen und den Planeten auch das Geschäft fördert. ■
Infos Electrolux AG 8048 Zürich www.electrolux.ch www.electroluxgroup.com
www.m-scherrerag.ch Tel. 071 944 42 42 Fax 071 944 42 62
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Building Information Modeling
Normen und Standards für die digitale Zusammenarbeit
BIM – drei Buchstaben, viele Fragen Die Schweizer Bauwirtschaft steht unverkennbar am Anfang eines umfassenden Digitalisierungsprozesses. Während dieser Prozess im Ausland bereits weiter fortgeschritten ist, hinkt die Bauwirtschaft hierzulande hinterher. In anderen Branchen wurde die Digitalisierung oftmals durch globale Branchenführer vorangetrieben, welche in dieser Form in der Schweizer Baubranche nicht existieren. Die notwendigen Normen und Standards fehlen noch weitgehend – wie werden diese geschaffen?
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er Begriff «Building Information Modelling» ist in der Bedeutung mit der Gebäudedatenmodellierung gleichzusetzen und lässt Spielraum für Interpretationen. In der Praxis wird darunter eine Methode der optimierten Zusammenarbeit im Bereich der Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden mithilfe von Datenmodellen verstanden. Das virtuelle Projekt kann als Datenmodell optimiert werden, bevor dieses real erstellt wird. Vielfach werden weitere Begriffe und Abkürzungen verwendet, welche einen wesentlichen Beitrag zur aktuellen Verunsicherung beitragen, schlussendlich drehen sich alle Definitionen um die Digitalisierung des Bauwesens. Neue Technologien haben Arbeits- und Wirkungsweisen seit Menschengedenken verändert. Da-
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mit neue Methoden und damit die entsprechenden Werkzeuge genutzt werden können, muss die Art des Informationsaustauschs angepasst werden. Nur so kann ein Mehrwert ohne Mehraufwand entstehen. Das Einführen von neuen Methoden bedeutet damit nicht primär ein «BIM-fähiges» CAD-System zu installieren und 3D zu modellieren. Die Digitalisierung hat einen massiven Einfluss auf die Prozesse in den einzelnen Unternehmungen aber auch auf die Zusammenarbeit im Projektumfeld. Der Mehrwert – ein optimiertes Projekt – wird unter anderem durch eine möglichst transparente Zusammenarbeit und durch einen offenen Umgang aller Projektbeteiligten erreicht.
International, Europa, Schweiz Auch wenn die Schweiz kein Mitglied der Europäischen Union ist, haben die Europäischen Normen (EN) eine Relevanz für unser Land. Das Comité Européen de Normalisation (Europäisches Komitee für Normung – CEN) mit Sitz in Brüssel ist als private, nicht gewinnorientierte Organisation mit der Mission unterwegs, die europäische Wirtschaft im globalen Handel zu fördern und damit das Wohlbefinden der Bürger zu gewährleisten und den Umweltschutz voranzutreiben. Dies wird mithilfe einer effizienten Infrastruktur zur Entwicklung, Ver-
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waltung und Verteilung von europaweit kohärenten Normen und Spezifikationen erreicht, die allen interessierten Kreisen zugänglich sind. CEN ist damit neben dem Europäischen Komitee für elektrotechnische Normierung (CENELEC) und neben dem Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) eine der drei grossen Normungsorganisationen in Europa. Sie wurde 1961 von den nationalen Normungsgremien der Mitgliedstaaten von EWG und EFTA gegründet. Eines der Gründungsmitglieder der CEN war die Schweizerische Normen-Vereinigung (SNV) mit Sitz in Winterthur. Die SNV ist als Dachorganisation für die Normung in der Schweiz zuständig und handelt damit zum Nutzen der Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft. Sie ist die direkte Vertreterin des CEN und der internationalen Normenorganisation (ISO) mit Sitz in Genf. Durch ihre Einbindung in das Netzwerk nationaler, europäischer und internationaler Normungsorganisationen wirkt die SNV damit als Drehscheibe im internationalen Normungsprozess. Als eines der 31 CEN- und 163 ISO-Mitglieder vertritt die SNV im Auftrag ihrer Mitglieder und des Staatsekretariats für Wirtschaft SECO die Interessen der Schweizer Wirtschaft. Dazu gehört zum Beispiel auch die Aufgabe, andere Mitgliedstaaten über geplante techni-
Building Information Modeling
sche Vorschriften zu informieren. Für die Konkurrenzfähigkeit von Industrie und Handel werden internationale Normen immer wichtiger. Dies bildet die Grundlage für die Steigerung des Exports, öffnet aber zugleich den heimischen Markt für die internationale Konkurrenz.
«Europäische Normen» für das Bauwesen Im Umfeld des Bauwesens werden die EN-Normen durch den Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein (SIA) als Trägerverein betreut. Der SIA arbeitet in diesem Zusammenhang in enger Kooperation mit der SNV. Die Entwicklung der europäischen und internationalen Normierung (CEN und ISO) im Bereich des Bauwesens liegt damit in der Obhut der Zentralkommission für Normen (ZN) des SIA. Im Bereich BIM wurde vor rund einem Jahr das Technische Komitee (Technical Committee – TC) CEN/TC 442 «Building Information Modelling» ins Leben gerufen. Der Nutzen einer europäischen Norm soll auch hier in einer gemeinsamen Verständigung auf technischer Ebene liegen. Durch die Einberufung ent-
2) Anteil BIM-Anwendungen auf hohem Niveau. (SmartMarket Report 2016, McGraw Hill Construction) sprechender Sitzungen im Rahmen des Technischen Komitees werden die Entscheidungen unter Einbezug der interessierten Länder – darunter auch die Schweiz – getroffen. Der SIA hat aufgrund der Wichtigkeit der Thematik bereits frühzeitig reagiert und eine Begleitkommission (BK 442) eingesetzt. Nach zwei Treffen des CEN/TC 442 haben sich vier Arbeitsgruppen (Working Groups – WG) gebildet, welche sich wie folgt konstituieren: In der WG 1 wird das Thema «Strategie und Planung» (Strategy and Planning) geführt. Hierbei geht es um eine abgestimmte Interpretation der verschiedenen Implementierungsstu-
fen der Digitalisierung und damit um das Grundverständnis der Aufgabenstellung im Rahmen der Projektarbeiten sowie um die Herausforderungen für Unternehmungen, welche am Bauwesen beteiligt sind. Die WG 2 erarbeitet unter dem Titel «Informationsaustausch» (Exchange Information) die Rahmenbedingungen für die modellbasierte Zusammenarbeit. Dabei stehen Themen wie einheitliche Definitionen von Modellelementen, wie zum Beispiel die Definition von Fertigstellungsgraden (Level of Development – LOD) oder die Schaffung von Modell Ansichtsdefinitionen (Modell View Definition – MVD), im Vordergrund.
1) Zusammenarbeit für gute Normen und Standards in der Schweiz. (Quelle: Bauen digital Schweiz)
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Building Information Modeling
In der WG 3, welche ein direkter Zusammenhang mit der vorgenannten WG aufweist, werden die «Spezifikationen für den Informationsaustausch» (Information Delivery Specification) erarbeitet. Dabei werden die relevanten Definitionen in Abhängigkeit des Planungs- und Bauprozesses definiert. Diese Rahmenbedingung schafft die Grundlage für das allgemeine Prozessverständnis und muss weiterhin länderspezifisch anpassbar sein. Als vierte und letzte Working Group definiert die WG 4 unter dem Begriff «Unterstützung durch ein digitales Wörterbuch» (Support Data Dictionairies) die Struktur einer einheitlichen Verständigung über die Sprachgrenzen hinweg. Damit sollen in Zukunft länderspezifische Begriffe und Eigenschaften effizient in andere Sprachen transportiert werden können.
Ein langer Weg Die Arbeiten auf CEN-Ebene haben erst begonnen. Man kann aus heutiger Sicht davon ausgehen, dass in den kommenden zwei bis drei Jahren hier ein Rahmen geschaffen wird, welcher eine solide Basis für die weiteren nationalen und europäischen Normen bildet. Dies bedeutet nicht, dass in dieser Zeit keine weiteren Aktivitäten vorangetrieben werden können. Länder wie Norwegen oder Finnland sind bereits seit längerer Zeit im Thema unterwegs und haben nationale Grundlagen geschaffen. Auch in der Schweiz werden einige Normen und Standards von dieser Entwicklung betroffen sein. Für eine Anpassung bleibt den jeweiligen Ländern eine Frist von 24 Monaten nach der Inkraftsetzung einer EN-Norm. Anschliessend müssen diese, mit den entsprechenden Ergänzungen und Erläuterungen, als Schweizer Norm (SN EN) publiziert werden. Bereits das SIA-Merkblatt 2051, welches sich derzeit in der Schlussphase der Bearbeitung befindet, wurde mit den aktuellen Erkenntnissen aus der CEN/TC 442 abgeglichen um sicherzustellen, dass die vermittelte Verständigung abgestimmt ist. Auf ISO-Ebene wird bereits seit längerem an den internationalen,
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Bauen digital Schweiz Die Interessengemeinschaft «Bauen digital Schweiz» vereint die bestehenden Institutionen, Verbände und Unternehmungen rund um das Bauen und vertritt damit ein gemeinsames Interesse. Die Lancierung erfolgte im Juni 2015 – heute sind bereits über 140 Firmen und 40 Institutionen entlang der Wertschöpfungskette «Planung, Zulieferung, Bau und Betrieb» in einer Interessensgemeinschaft als Partner vertreten und gestalten aktiv die Zukunft. Sie ist die einzige Plattform in der Schweiz, welche das Thema aufgenommen und über den gesamten Lebenszyklus des Bauens und Betreibens thematisiert. Weitere Informationen unter www.bauen-digital.ch sowie aktuelle Publikationen und wertvolle Literatur unter www.bauen-digital.ch/medien.
Netzwerk_Digital Das Netzwerk_Digital (NwD) ist eine Initiative der Vereine SIA, der Schweizerischen Zentralstelle für Baurationalisierung (CRB), sowie der Koordinationskonferenz öffentlicher Bauherren (KBOB) und der Interessengemeinschaft privater, professioneller Bauherren (IPB) sowie Bauen digital Schweiz (BdCH). Ziel ist ein koordiniertes Vorgehen der beteiligten Organisationen im Rahmen der Digitalisierung des Bauwesens. Dabei kommen den genannten Organisationen die folgenden Rollen zu: • Bauen digital Schweiz fokussiert auf die bestehende «best practice», • SIA widmet sich dem Regulieren, • CRB der Standardisierung, • KBOB und IPB den Anliegen aus Sicht des Bestellers. www.netzwerk-digital.ch, scherer@netzwerk-digital.ch
technischen Standards gearbeitet. Ein Produkt daraus ist die ISO 16739 – Industry Foundation Classes (IFC) for data sharing in the construction and facility management industries. Besser bekannt als das offene Datenaustauschformat IFC im Rahmen der Definitionen von «open BIM». In diesem Bereich ist eine weltweilte Normierung und Standardisierung durchaus sinnvoll, da die internationalen Softwarehersteller nicht auf länderspezifische Austauschformate eingehen können. Als einzige Norm ist die ISO 16739 (IFC4) online verfügbar (www.buildingsmart-tech.org, siehe Infos).
BuildingSMART – International und in der Schweiz Bereits im Jahr 1995 formierte sich mit der Gründung der Industrieallianz für Interoperabilität (IAI) eine erste Organisation, welche die Idee verfolgte, eine objektorientierte Klassenbibliothek für CAD-Systeme zu entwickeln – der Grundstein der heutigen IFC Version 4. Was in den USA seinen Ursprung hatte, wurde schnell mit ähnlichen Verbänden in verschiedenen Regionen, auch in
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den deutschsprachigen Ländern, aufgenommen. Bereits zwei Jahre später lag die erste Version (IFC1.0) vor. Der Fokus lag dabei auf einem Austauschformat für objektorientierte Architekturprogramme, der schnell um weitere Planungsdisziplinen erweitert wurde. Weitere Versionen wie das IFC1.5.1 (1998) oder IFC2.0 (1999) waren Prototypen, die zwar von einigen Softwareherstellern bereits umgesetzt, aber kaum in realen Projekten angewandt wurden. Erst ab der Version IFC2 (2000) war die erste, verwendbare Version auf dem freien Markt erhältlich. Heute steht neben der Version 2x3 auch ein Zertifizierungsprogramm zur Verfügung, welches durch die Softwarehersteller durchlaufen werden kann und damit dem Anwender des «open BIM»-Arbeitsablaufes mehr Sicherheit vermittelt. 2005 wurde die IAI umbenannt und trat nun weltweit unter dem Namen buildingSMART auf. Die Verbände wurden in der neuen Organisationsform als «Chapter» geführt und trieben die Weiterentwicklung des «open BIM»-Ansatzes und damit auch die Entwicklung
Building Information Modeling
des IFC-Datenmodells als Industriestandard weiter. Der geschaffene Standard wurde in der Version IFC4 im Jahre 2013 durch die ISO als Standard (ISO 16739) verabschiedet. BuildingSMART International (bSI) hat keine direkte Einflussnahme auf ISO- oder EN-Normen. Derzeit sind über 40 Arbeitsgruppen im Einsatz und bearbeiten unterschiedliche Themen im Rahmen der internationalen Standardisierung. Über die Arbeitsgruppen werden Hilfsmittel und Standards aus der Praxis entwickelt und abgeglichen. Die so geschaffenen Richtlinien lassen sich teilweise wieder in ISONormen auffinden. Dies zeigt den indirekten Einfluss dieser internationalen Organisation. Auch auf europäischer Ebene hat building SMART kein direktes Stimmrecht. Die Einflussnahme erfolgt über eine offizielle Verbindung (Liaison) mit dem CEN/TC 442. In der Schweiz formierte sich 2009 ein Verein unter dem Namen «buildingSMART Schweiz» welcher sich gemeinsam mit den deutschsprachigen Nachbarländern Österreich und Deutschland in den ersten Jahren dem «German Speaking Chapter» mit Sitz in Deutschland anschloss. In den Folgejahren entwickelte sich die Thematik weiter – getrieben durch die Innovatoren wurden die ersten Anwender her-
vorgebracht. Die schnelle Entwicklung sowie die Tatsache, dass die Schweiz mehrere Sprachregionen beheimatet, führte dazu, dass am 12. Januar 2016 anlässlich der Swissbau ein eigenes Chapter unter dem Namen «buildingSMART Switzerland» formiert und anerkannt wurde. Das Chapter wird in der Schweiz durch einen Vorstand geführt. Dieser stellt den Abgleich der internationalen Aktivitäten in der Schweiz sicher. Organisatorisch ist das Chapter bei Bauen digital Schweiz angegliedert, welches die Aktivitäten mit dem Netzwerk_Digital abstimmt. Die erwähnten Arbeitsgruppen sind frei zugänglich.
der Schweiz noch weitgehend ungenutzt ist. Die Firma McGraw Hill Construction veröffentlicht in ihrem SmartMarket Report jeweils Erhebungen zu «BIM-Anwendungen» in einzelnen Ländern. Dabei ist eine massive Zunahme der Aktivitäten auf einem hohen Anwendungsniveau in den letzten drei Jahren zu verzeichnen. Diese Zahlen sind mit Vorsicht zu interpretieren. Auch wenn in Ländern wie Grossbritannien, Norwegen, Dänemark, Schweden oder Finnland bereits mehr Erfahrung vorhanden ist, so betrifft dies in der Regel grosse und eher komplexe Bauwerke. Dennoch sind Tendenzen zur digitalen Zusammenarbeit mehr als erkennbar. Baueingaben über einem Schwellenwert von rund 200 000 Euro werden in Dänemark seit 2008 modellbasiert vollzogen – auch deren Prüfung und Freigabe. Grossbritannien hat seit 2016 eine ähnliche Forderung für öffentliche Gebäude formuliert. In den britischen Standards (PAS 1192 Dokumente) werden die InformationsÜbergabepunkte verpflichtend beschrieben. Die Stadt Wien arbeitet an einem Pilotprojekt mit dem Ziel, den Bewilligungsprozess effizienter zu gestalten. Auch hier hilft die Digitalisierung bei der Effizienz und Effektivität der Arbeitsabläufe. Am Ende liegt der wesentliche Faktor für ein erfolgreiches Projekt jedoch bei den beteiligten Personen, deren Kompetenz und Zusammenarbeit. Eine wesentliche Erfahrung, die auch im internationalen Umfeld im Rahmen der Anwendung der BIM-Methode immer wieder hervorgehoben wird. ■
BIM in anderen Ländern Warum die Mehrheit der Schweizer Bauwirtschaft hier in den letzten Jahren nicht als treibende Kraft gewirkt hat, weist mehrere Ursachen auf. Ein wesentlicher Faktor ist der Boom der Bautätigkeit in den vergangenen Jahren. Trotz schwindender Margen sorgten die vollen Auftragsbücher dafür, dass Rationalisierungsmassnahmen und Kostensenkungen für die meisten Unternehmen nicht von existenzieller Bedeutung waren. Zunehmend haben Auftraggeber und Auftragnehmer wahrgenommen, dass die Digitalisierung ein Potenzial erschliessen kann, welches heute in
Merkblatt SIA 2051 «BIM» Bereits seit 2014 arbeitet eine Kommission unter der Leitung von Prof. Manfred Huber ein Merkblatt zur Thematik. Hauptzweck ist die Verständigung. Es beschreibt die Organisation eines BIM-Prozesses, die interdisziplinäre Zusammenarbeit, nennt Beteiligte und Rollen und beschreibt deren Funktionen und Kompetenzen. Zudem greift es Fragen von BIM-Leistungen und rechtlichen Bestimmungen auf. Die Dokumentation SIA D 0256 «BIM-Implementation und Planungsprozess» gibt Hinweise, auf was bei der Implementation der BIM-Methode in der eigenen Unternehmung zu achten ist, und zeigt anhand eines konkreten Praxisbeispiels deren Anwendung auf. Das Merkblatt wie auch die Dokumentation werden im ersten Quartal 2017 verfügbar sein.
Infos www.buildingsmart-tech.org/ifc/IFC4/Add1/html/ Autor: Peter Scherer ist Leiter der Geschäftsstelle Bauen digital Schweiz und Präsident des Branchenverbandes Gebäude Netzwerk Initiative GNI
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Building Information Modeling
Einblicke in die SIA-Fachtagung «BIM in der Gebäudetechnik» in Luzern
Mit BIM arbeiten lernen Grosse, vielfältig genutzte Gebäude mit anforderungsreicher Gebäudetechnik durchlaufen einen komplexen Planungsprozess. BIM soll helfen, die Komplexität zu reduzieren. Doch darunter ist weit mehr als nur der Austausch digitalisierter Baudaten, sondern koordiniertes Handeln am Objekt gefragt. An der gut besuchten Fachtagung der SIA-Berufsgruppe Technik (SIA BGT) an der Hochschule Luzern berichteten die Referenten über vielfältige Erfahrungen mit der digitalen Gebäudemodellierung.
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om digitalen Aufbruch zu neuen Ufern in der Bauwirtschaft ist zurzeit viel die Rede. Grosse Erwartungen werden in die Methode des Building Information Modeling (BIM) geweckt. Mit der Abkürzung sind einerseits Planungswerkzeuge gemeint, welche relevante Gebäudedaten digital und dreidimensional erfassen, kombinieren und vernetzen. Das Ziel: Gebäude soll man damit noch genauer planen können und gar deren Bewirtschaftung erleichtern. BIM ist allerdings weit mehr als nur ein raffiniertes Software-Tool, sondern eine Methode der schrittweisen Annäherung an eine objektbasierte Bauplanung, die in Etappen organisiert und durchgeführt werden soll. Oft müssen Planungspartner, die in den BIM-Prozess einsteigen wollen, die eingeübte Arbeitsmethodik überdenken oder ihre Teilplanungs- oder gar Fabrikationsschritte frühzeitig mit anderen Teilnehmern abstimmen. Bei der Koordination im Planungsprozess unter der Voraussetzung digitaler Gebäudemodellierung ist noch mancher Stolperstein zu überwinden. Es ist absehbar: Ohne die unvermeidbaren Erfahrungen mit der Methode wird das reibungslose 3D-Bauen wohl schwerlich zu erreichen sein.
Zu detailliert Valentina Zanotto, diplomierte Architektin und Teamleiterin Bauphysik/Simulation beim Planungsbüro Amstein + Walthert AG in Zürich, rief die eigentliche Aufgabe der Bauphysik den Zuhörern in Erinne-
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rung. Demzufolge haben die Experten, welche etwa Fragen zum Wärmeschutz, zur thermischen Behaglichkeit oder zur Raumakustik zu beurteilen haben, eine besondere Rolle zu spielen. «Wir sind nicht Bestandteil des Projektablaufs, sondern eine Beratung, welche teilweise parallel zur Planung der übrigen
Jobst Willers, Präsident der Berufsgruppe Technik beim Schweiz. Ingenieur- und Architektenverein (SIA), führte durch die lehrreiche und praxisnahe Tagung (vom 9.6.) an der Hochschule Luzern. (Foto: Andreas Andermatt)
Fachbereiche arbeitet», so Zanotto. Als Arbeitsmethode führt das Bauphysik-Team mit fachspezifischer Software Berechnungen durch. Als Output ihrer Leistungen liefern die Bauphysiker Nachweise oder Zertifikate zurück ans Planungsteam. Zum Zeitpunkt der bauphysikalischen Analyse sind die BIM-Mas-
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termodelle häufig nicht brauchbar: Zonen (bzw. Räume) sind noch nicht vorhanden oder gewisse Bauteile (z. B. Fassade) noch nicht modelliert. Andererseits stellen zu detaillierte BIM-Mastermodelle Hürden dar: Wenn jeder Raum oder gar jede einzelne Teilfläche ins Modell eingepflegt sind, kann das Importverfahren in die fachspezifischen Tools sehr aufwändig sein. Zanotto unterscheidet zwischen drei Anwendungsbeispielen. • Im Fall 1) sei eine normale Berechnung vorzunehmen. Die Resultate in den diversen Fachbereichen (Wärmeschutz, Thermische Behaglichkeit, Lärm- und Schallschutz, Raumakustik) werden in üblichen Formaten ausgeliefert. In diesem Fall ist ein geometrisches Modell nicht erforderlich. Als Optimierung wird vorgeschlagen: Die Projektdaten sollen als reine Datenbank (z. B. Excel-Datei) mit den für die Berechnung notwendigen Angaben exportiert werden. • Im Fall 2) soll eine Simulation durchgeführt werden. Hiermit ist ein geometrisches Modell unbedingt erforderlich. Zanotto macht deutlich: «Nach unseren Erfahrungen werden die Import-Dateien vom fachspezifischen Tool oft fehlerhaft oder ungünstig eingelesen.» Die Erstellung eines vereinfachten Gebäudemodells sei einfacher als die umständliche Anpassung des importierten Modells. Empfehlung: Standard-Modellformate müssten am Anfang des Projektes definiert werden.
Building Information Modeling
Häufig geschieht die dynamische Gebäudesimulation am vereinfachten Modell: Darstellung des resultierenden Heizleistungsbedarfs. Die Werte (spezif. für Bodenfläche) sind in W/m2 angegeben. (Amstein + Walthert AG)
• Schliesslich soll im Fall 3) der Bauteilkatalog vorbereitet werden. In diesem Fall ist kein Importverfahren erforderlich, sondern Anmerkungen zu den einzelnen Elementen werden mittels eines IFC-Leseprogramms ins Modell eingefügt. Damit kann der Aufwand für die Erstellung eines Bauteilkatalogs reduziert werden. Trotz aller Detailprobleme schien die Referentin das BIM-Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. In Zukunft könnten die Bauphysiker die Projektänderungen schneller berücksichtigen, wenn denn die Voraussetzungen hierzu stimmen.
Zu wenig genau Eine andere Sichtweise zur Arbeit mit BIM trug Peter Eggimann, Geschäftsleiter der Riggenbach AG, ins Plenum. Das Unternehmen mit Sitz in Olten verarbeitet im Jahr 400 Tonnen Stahl zu Blechkomponenten der Lüftungs- und Klimatechnik. In Vorbereitung zur Tagung hatte Eggimann eine Umfrage in sieben technischen Büros der Firma durchgeführt. Ergebnis: Gegenwärtig erhalten diese rund 30% der Projektpläne als 3D-Modelle. Der Koordinationsstand der vom Ingenieurbüro abgegebenen Pläne ist für die Ausführungsplanung kaum genügend. Im Jahr 2014 hat Riggenbach das erste Projekt nach dem BIM-Modell realisiert, ein Pharmalabor. Zwei weitere Projekte sind in der Ausführungsphase. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die vom Planer zur Verfügung stehenden Unterlagen oft zu wenig genau (Massgenauigkeit) und meist unvollständig (Detaillie-
rungsgrad) sind. Häufig müssen Lieferantendaten nachträglich bearbeitet werden. Eggimann machte deutlich: «Generell sind die Datenschnittstellen über die verschiedenen Programme hinweg ungenügend und immer mit einem Informationsverlust verbunden.» Von nicht wenigen Voraussetzungen für das erfolgreiche Arbeiten mit BIM seien hier nur einige hervorgehoben: • Die Planungsleistungen müssten vom ausführenden Unternehmer zum vorgelagerten Fachplaner verlagert werden, wobei dieser ein baureifes Projekt erstellen müsste. Oder das auszuführende Unternehmen müsste in einer viel früheren Projektphase einbezogen werden. • Generell sei ein «Zurück zu einem Alles-aus-einer-Hand-Prozess» wünschenswert mit weniger Schnittstellen und grösserer Wertschöpfungstiefe pro Gewerk. • Notwendig sei zudem der detaillierte Einbezug der Befestigungstechnik und der Gebäudeautomation. Allgemein fehle es am notwendigen Ausbildungsstand bei Architekten und Fachplanern, mit neuesten BIM-fähigen 3D-Planungsinstrumenten zu arbeiten. Ausserdem mangle es an Anreizen für eine enge Zusammenarbeit und strenge Qualitätskontrolle, da Projektbeteiligte die Ausführungsarbeiten an Gewerken gerne an Subunternehmer delegierten.
Phasengerechtes Arbeiten Über den phasengerechten Eintrag von Informationen ins digitale Gebäude-
modell war am Anlass in Luzern immer wieder Thema. Peter Kompolschek, Architekt aus Wien, erläuterte das Konzept eines BIM-Servers, welcher nur generische Merkmale von Bauelementen verwaltet. Denn in früheren Stadien der Bauplanung sollen Materialien und Eigenschaften von Gebäudetechnikobjekten austauschbar sein. Die Fachplaner können so verschiedene Lösungsansätze nach ihrer Tauglichkeit überprüfen. Erst nach erfolgter Vergabe soll das digitale Baumodell mit detaillierten Produktdaten gefüttert werden. Auch das von Tore Hvidegaard vom Büro 3byggeri präsentierte Praxiswissen aus Dänemark zeigt: Die Idee, alle Daten eines Bauvorhabens in einem dreidimensionalen BIM-Modell zu sammeln, erweist sich als nicht zweckmässig. Das Modell wird mit der Zeit so informationslastig, dass man es weder öffnen, geschweige denn damit arbeiten kann. Hingegen bieten eine sinnvolle, phasengerechte Verknüpfung von individuellen Systemen, 3D-Werkzeugen und Datenbanken einen Mehrwert für das Planungsteam. ■
Infos SIA, Berufsgruppe Technik Redaktion: Manuel Fischer www.sia.ch/de/der-sia/berufsgruppen/technik/jahrestagung2016
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Digitalisierung von Gebäuden
Effizientes Management von Gebäudedaten
Big Data zieht ins Gebäude Betriebskosten senken, Energieeffizienz erhöhen, Nachhaltigkeitsziele erreichen: Die Energiedaten eines Gebäudes oder Unternehmens enthalten den Schlüssel dazu. Allerdings stellt selbst eine grosse Anzahl an Daten für sich genommen noch keine aussagekräftige Information dar. Gefragt sind deshalb auch in der Gebäudetechnik «Big Data»-Ansätze, also das sinnvolle In-Beziehung-Setzen grosser Datenmengen, wie es sich zum Beispiel im Finanzwesen oder auch im Marketing schon vielfach durchgesetzt hat. Die dafür notwendigen Daten liefern leistungsfähige Analysetools für das Energiemanagement, aus denen entsprechende Massnahmen abgeleitet werden.
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uster und Strukturen in der Datenflut finden und diese Potenziale systematisch nutzen – so lässt sich aus Big Data Wert schöpfen. Entscheider vieler Branchen setzen entsprechende Verfahren bereits ein, um auf der Grundlage transparenter und vernetzter Kennzahlen zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen. Dass diese Idee sich immer mehr durchsetzt, zeigt eine aktuelle Zahl: 2015 sind weltweit schätzungsweise rund 4,4 Millionen Menschen in Big-Data-Jobs beschäftigt, davon 1,9 Millionen in
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den USA. Von Big-Data-Analysten entwickelte Algorithmen tragen heute zum Beispiel dazu bei, noch kundenspezifischere Marketingstrategien zu entwickeln, Prognosen im Finanzwesen zu verfeinern oder Abrechnungssysteme zu individualisieren. Bei der Beurteilung von Energieströmen in Unternehmen und Gebäuden sind Big-Data-Modelle dagegen noch vergleichsweise wenig verbreitet. Eine von Siemens unterstützte Marktumfrage, die der amerikanische Branchenbeobach-
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ter GreenBiz 2015 publiziert hat, untermauert das. So sagten nur 44 % der befragten Grossunternehmen, die typischerweise mehr als fünfzig Einzelgebäude verwalten, dass sie bereits Big-Data-Lösungen nutzen. Dabei bieten Energie- und Gebäudemanagementsysteme (Building Energy Management Systems; BEMS sowie Building Management Systems; BMS) reiches Datenmaterial, das sich für eine systematische Nutzung anbietet. Auch bei der Anwendung in Gebäuden haben Big-Data-Lösungen
Digitalisierung von Gebäuden
immer dasselbe Ziel: Nämlich aus einer bestehenden, meist umfangreichen Datenmenge für den Anwender relevante Informationen zu extrahieren und diese Informationen den Entscheidungsträgern im Facility Management oder auch den Gebäudenutzern zur Verfügung zu stellen. Da die Betriebskosten 71 % der Lebenszykluskosten eines Gebäudes ausmachen und davon rund 30 % auf Energiekosten entfallen, wird ein ineffizienter Betrieb schnell kostspielig. Allerdings kann nur ein umfassender Auswahlprozess zeigen, welche der auf dem Markt angebotenen Lösungen und Services im Einzelfall am sinnvollsten ist. Die richtige Kombination von Analysetools, Dashboard und Beratungsleistungen sowie Erfahrung in Effizienzprojekten kann einen Return on Investment von bis zu 40 % bringen, verglichen mit 10-15 % bei typischen Geschäftsinvestitionen. Jedoch sollte man von vornherein drei – oft wiederholte – Irrtümer ausschliessen.
Effizienter Betrieb von Shoppingcentern Wincasa, ein führendes Immobiliendienstleistungsunternehmen, betreut schweizweit rund 80 Shoppingcenter und Retailliegenschaften mit rund 850 000 m2 Verkaufsfläche. Gemeinsam mit Siemens bietet das Unternehmen die Kombination von Energiemanagement mit der Nebenkostenabrechnung für Shoppingcenter an. Bereits in zwölf Liegenschaften ist das System Siemens Navigator im Einsatz. Die Cloud-Lösung erlaubt den Mietern einen transparenten Überblick über ihre laufenden Kosten. «Wir sind mit dem System sehr zufrieden. Auch die Mieter melden uns eine erhöhte Transparenz und vereinfachte Handhabung», sagt Christian Bosshard, Technischer Leiter Center Management bei Wincasa.
Irrtum 1: Es gibt eine Universallösung Die Vorstellung, dass eine Lösung jedes Problem jeder Organisation und jedes Gebäude lösen kann, ist eine Illusion. Vielmehr müssen Lösungen an die individuelle Aufgabe, an das Unternehmen, das Gebäude etc. angepasst sein und anhand der konkreten Anforderungen beurteilt werden. 99 % der Teilnehmer an der Greenbiz-Studie nennen die Senkung der Betriebskosten als vorrangiges Ziel bei der Einführung eines solchen Datenmanagements. 94 % versprechen sich davon eine bessere Energieeffizienz. Ausserdem sollen die individuellen Nachhaltigkeitsziele erreicht werden, jedoch ohne Einschränkungen beim Komfort für die Gebäudenutzer. Man erhofft sich, dass die gebäudetechnische Infrastruktur besser verfügbar sein und ihre Nutzungsdauer sich verlängern wird, man möchte die Business Continuity gewährleisten, und nicht zuletzt sollen ge-
setzliche und regulatorische Vorgaben erfüllt werden. Bei all dem sollen gleichzeitig die Betriebskosten des Gebäudes sinken. Welche dieser Ziele sich mithilfe von Big Data tatsächlich erreichen lassen, hängt sehr stark von der Organisation selbst ab. Eine wichtige Rolle spielt das vorhandene Wissen zu Energiethemen und Gebäudesystemen wie auch die verfügbaren finanziellen und personellen Ressourcen. Eine weitere Schlüsselanforderung für erfolgreiches Big Data in Gebäuden ist die Zusammenführung von Datensilos aus verschiedenen Systemen in einem zentralen System, in dem die Daten analysiert, konsolidiert und in Informationen «umgewandelt» werden. Und wie jedes komplexe ITProjekt müssen auch Big-Data-Projekte aus dem Bereich Facility Management von der IT- und der Finanzabteilung unterstützt werden.
Irrtum 2: Technik ist das A und O
Fundierte technische Grundlagen und Tools sind zweifellos wichtig. Mindestens ebenso wichtig jedoch ist, dass ausgewiesene Experten die Prozesse begleiten. Ihre Erfahrung ermöglicht es, unterschiedliche Situationen richtig zu bewerten und, soweit notwendig, im Planungsverlauf rechtzeitig Korrekturmassnahmen einzuleiten. Oft fehlt es im gebäudetechnischen Umfeld jedoch heute noch an spezifischem Expertenwissen, um passende Analysetools auszuwählen und erfolgreich und kosteneffizient zu implementieren. 43 % der in der Studie befragten Unternehmen gaben an, bei ihrem Energiemanagement künftig gern mit Big-Data-Methoden arbeiten zu wollen, jedoch noch keine Energiemanagementlösung implementiert zu haben. Die Gründe dafür: fehlende Ressourcen für die Implementie-
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Digitalisierung von Gebäuden
rung und die Betreuung der Lösung (67 %) sowie die damit verbundenen Kosten (33 %). Natürlich gehört zu einer sinnvollen Energiemanagementlösung mehr als die Softwareinvestition für die Auswahl eines Systems und seine Implementierung. Denn der Nutzen der Lösung ergibt sich erst mit der sinnvollen Kumulation von Daten und ihrer Interpretation: Dann erst liegen Informationen vor, die den Weg zu einem effizienteren Energiemanagement weisen. Verbesserungsmassnahmen lassen sich aufsetzen, die langfristig zu einer Optimierung der Situation führen – jedoch bedingt auch dies die Begleitung durch Fachleute sowie permanente Investitionen, da die getroffenen Massnahmen regelmässig an neue Regulative, aktualisierte Nachhaltigkeitsziele und generell den Gebäudelebenszyklus angepasst werden müssen. Energiemanager grosser Unternehmen, Krankenhäuser und Kliniken, Behörden und Bildungseinrichtungen, aber auch Führungskräfte, die in solchen Organisationen für das Energiemanagement verantwortlich sind, stehen zudem vor der Herausforderung, das tägliche Datenmaterial sicher und kosteneffizient zu administrieren. Eine zuverlässige und zukunftsorientierte Big-Data-Lösung für das Energiemanagement kann diese generelle Anforderung erfüllen und bietet darüber hinaus noch vielfachen Mehrwert.
Irrtum 3: Daten sind gleich Informationen Nicht nur unvollständiges oder anderweitig fehlerhaftes Datenmaterial kann zu falschen Schlüssen und Massnahmen führen, auch zuverlässiges Datenmaterial muss ständig überprüft und Schwächen darin müssen bei der Analyse und den abgeleiteten Empfehlungen berücksichtigt werden. Gute Analysen setzen ein klares Verständnis von Qualität und Quantität der verfügbaren Daten voraus. Für die zugrundeliegende Datenbasis ihrer Big-Data-Projekte erfassen die meisten Unternehmen Kennzahlen
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aus Versorgerrechnungen (96 % der Studienteilnehmer), Zählern (85 %) und Gebäudeautomationssystemen (54 %). Weitere Datenquellen fliessen in geringerem Umfang in die Analysen ein, so etwa Wetter-, Energiemarkt- oder Abfallwirtschaftsdaten. Allerdings sind nur 49 % der Unternehmen mit Quantität und Qualität ihrer erfassten Daten zufrieden, 44 % sind sogar explizit unzufrieden. Tatsächlich müssen mehrere Voraussetzungen gegeben sein, damit sich das erfasste Datenmaterial sinnvoll nutzen lässt: Zunächst einmal geht es darum, die erforderlichen Daten zu identifizieren und im zweiten Schritt herauszufinden, wo diese generiert und zusammengetragen werden können. Darüber hinaus müssen die gesammelten Daten zum einen ein umfassendes Gesamtbild ergeben und zum anderen detailliert genug sein, um daraus Verbesserungsmassnahmen ableiten zu können. Gerade letztere sind im Zusammenhang mit der Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) und der darin geforderten Energieaudits (EN 16247) oder alternativ der Implementierung von Energiemanagementsystemen (ISO 50001) von zentraler Bedeutung.
Cloud-basierte Energiemanagementplattform Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich ein umfassendes Paket aus Consulting-Leistungen bei Planung und Umsetzung, spezifischem Analyse-Know-how rund um die Daten eines Gebäudes sowie aus entsprechenden Software-Tools. Schlüssel zum Erfolg ist ein Dashboard, eine benutzerfreundliche Visualisierungssoftware zur Darstellung von Datenströmen in verdichteter, meist grafischer Form. Eine solche Dashboard-Lösung ist die Cloud-basierte Ressourcen managementplattform Navigator, powered by Sinalytics, von Siemens. Die anpassbare, skalierbare und benutzerfreundliche Software dient als Portal für Bereiche wie Versorgungsmanagement, Systemleistung und Compliance-Berichte. Sie
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verbindet Assets, Daten, Prozesse und Personen und unterstützt dabei, Abläufe effizienter zu machen und bessere Resultate zu erzielen. Die Technologie bietet dafür eine umfassende, unternehmensweite Sicht auf die Energie- und Betriebsleistung, und zwar sowohl im grossen Überblicksmassstab als auch auf der Detailebene. Konkret ist die Plattform für grössere Einzelgebäude ebenso geeignet wie für Gebäudekomplexe, komplette Liegenschaften und auch für virtuelle Netzwerke aus Hunderten oder sogar Tausenden von Standorten. Sie ermöglicht dort die Überwachung der Gebäudesystemleistung, des Energie- und Ressourcenbedarfs, der eigenen Energieerzeugung sowie der externen Versorgung und gewährleistet damit ein Höchstmass an Transparenz. Dabei erfasst und analysiert die Plattform mit hoher Präzision grosse Mengen an Gebäudedaten. Auf dieser Basis lassen sich dann detaillierte Verläufe, Berichte und Auswertungen, etwa für Energieabrechnung und CO2-Berichterstattung, darstellen, ausgeben und kommunizieren. Damit schafft das System die Voraussetzung zur Umsetzung vielfältiger strategischer Vorgaben: So lassen sich beispielsweise Investitionen in Energieeffizienzmassnahmen optimieren und evaluieren. Gleichzeitig bildet die aufbereitete Datenstruktur eine fundierte Grundlage für Kennzahlen (KPIs) und zukunftsgerichtete Entscheidungen. Über die Wirtschaftlichkeit hinaus können Unternehmen mit einem Energiemanagement-Dashboard wie Navigator zudem auch qualitative Zielvorgaben bei Nachhaltigkeit und Compliance kontrolliert erreichen. ■
Infos Autor: Dr. Jürgen Baumann, Energieexperte bei Siemens Building Technologies.
Building Information Modeling
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Hintergrund
BP Energy Outlook 2035
Ein Blick zurück und nach vorne ne Ungeachtet des dramatischen Abschwungs an den globalen Energiemärkten wird die Energienachfrage in den kommenden 20 Jahren weiter steigen. Treibende Kraft wird die anhaltende wirtschaftliche Expansion in Asien sein – insbesondere in China und Indien. Die neuste Ausgabe des BP Energy Outlook 2035 geht davon aus, dass die globale Energienachfrage zwischen 2013 und 2035 voraussichtlich um 37 Prozent beziehungsweise um 1,4 Prozent pro Jahr steigen wird.
B
P gibt seit einigen Jahren den «Energy Outlook» heraus, der einen Blick in die Zukunft wirft. Der aktuelle BP Energy Outlook erwartet bis 2035 den stärksten Zuwachs bei den erneuerbaren Energien. Aber auch in 20 Jahren wird der globale Energiemix noch zu 80 % aus Kohle, Öl und Gas bestehen, zu jeweils etwa gleich hohen Anteilen. Diese Aussicht mag manche enttäuschen und nicht zum Bild der globalen Energiewende passen. Aufschlussreicher ist der Blick
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auf Einzeltrends im weltweiten Energiemix und die Berücksichtigung grösserer Zeiträume. Es sollte daher auch darauf geschaut werden, wie die Energiewelt 1950 und 1970 aussah. Dann werden die fundamentalen Veränderungen deutlicher erkennbar. 1950 dominierte die Kohle mit einem Anteil von 45% den globalen Energiemarkt, Öl hatte einen Anteil von 20%. Vor dem Zweiten Weltkrieg spielte das Öl so gut wie keine Rolle. 1970 betrug der Kohleanteil
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noch 31%, während Öl mit 46% nahezu die Hälfte der globalen Energieversorgung ausmachte. Gas lag bei 18%. Heute ist Erdöl immer noch die Nummer eins, macht aber nur noch knapp einen Drittel im globalen Energiemix aus. Kohle folgt mit 29% und Erdgas macht etwas mehr als ein knappes Viertel aus. Seit dem Jahr 2000 tauchen dann auch zunehmend erneuerbare Energien wie Windkraft und Photovoltaik in den Statistiken auf. Nimmt man die Wasserkraft hinzu, betrug der An-
Hintergrund
teil der erneuerbaren Energien 2015 einen Zehntel des globalen Energiemixes. Die Biomasse hat übrigens – z. B. in Form der Holzverbrennung – immer eine gewisse Rolle gespielt. Die Kernenergie hat weiterhin eine gewisse Bedeutung, aber längst nicht so stark, wie man das in den 1950er-Jahren noch erwartet und gewollt hat. Der Nuklearanteil am Welt-Energiemix liegt weiter unter 10% und wird dort auch verbleiben. Bis 2035 sind drei Entwicklungen hervorstechend: • Der relative Rückgang des Öls wird sich fortsetzen. Dies trotz moderater Zunahme der absoluten Verbrauchszahlen, da der weltweite Energiehunger ungebrochen ist. • Die erneuerbaren Energien haben die stärksten Zuwachsraten. • Unter den fossilen Energien wächst der Gasverbrauch am stärksten. Das Erdgas wird 2035 wie Kohle und Öl einen Anteil von 26 bis 27% am globalen Energiemix haben.
Öl ist nach wie vor der am meisten verbrauchte Energieträger. (Bild: www.istockphoto.com)
Verbrauch der fossilen Energien steigt weiterhin Blickt man also auf das grosse Bild, lässt sich leicht erkennen, dass in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Kohle dominierte und das Öl seinen Siegeszug nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Beginn der weltweiten Massenmotorisierung begann. Seine grösste Bedeutung hatte das Öl bis zu Beginn der 1970er-Jahre. Seitdem geht seine Rolle zurück. Bald nach dem Öl ge-
wann das Erdgas an Bedeutung und ist seither stetig auf dem Vormarsch. Und seit Beginn des letzten Jahrzehnts erleben wir weltweit den starken Zuwachs bei den erneuerbaren Energien. Womöglich wird auch das ein Siegeszug. Wenn auch nicht ganz so schnell, wie der grüne Flügel der Energiediskussion das will. Dafür aber wesentlich nachhaltiger, als die Vertreter der traditionellen Energiewirtschaft das noch bis vor Kurzem für möglich gehalten haben. Dieser kombinierte Blick zurück und voraus belegt, wie stark die globale Energiewende voranschreitet. Und er zeigt deutlich den ungebrochenen Zuwachs des globalen Energieverbrauchs, nämlich in den nächsten 20 Jahren um 37%. Deswegen steigt der Ölverbrauch auch in absoluten Zahlen weiter. Es gibt heute rund 1,2 Milliarden Fahrzeuge auf der Welt, bis 2050 werden es 2,4 Milliarden sein oder mehr. Dies bedeutet eine Verdopplung in den nächsten 35 Jahren! Fast alle heutigen Fahrzeuge werden mit Verbrennungsmotoren betrieben. Und nach heutigem Kenntnisstand ist nicht davon auszugehen, dass alternative Antriebsformen und -energien sich sehr bald breitflächig durchsetzen werden. Die BP rechnet damit, dass die kommenden Jahrzehnte vom Hybridmotor geprägt sein werden, also der Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor. Auf diese Weise lassen sich die Vorteile bei- der Antriebskonzepte sehr gut
miteinander verbinden. Erdöl wird aber nicht nur in der Mobilität – d. h. auch in der weiterwachsenden Schiff- und Luftfahrt – benötigt, sondern auch in der Petrochemie, in die ein Fünftel des geförderten Rohöls geht. Windräder, Smartphones, Erdkabel und Kohlefaserverbundwerkstoffe werden aus Erdöl hergestellt. Deswegen setzt BP auch in Zeiten der globalen Energiewende auf das Geschäftsmodell Erdöl, das aber zunehmend um das Erdgas ergänzt wird. BP rechnet in ihrem Fördergeschäft mit Erdöl und Erdgas schon bald mit einem Anteil von 60% Erdgas.
Entwicklung in den OECD- und Nicht-OECD-Ländern Allerdings gibt es bei der moderaten Zunahme des globalen Ölverbrauchs in den nächsten 20 Jahren einen Trend, der ebenfalls sehr interessant ist: das Auseinanderlaufen des Ölverbrauchs in den OECD-Ländern und ausserhalb der OECD. In der OECD nimmt er bis 2035 um 18% ab, ausserhalb wächst er weiter. Und zwar so stark, dass diese Zunahme den Verbrauchsrückgang in der OECD überkompensiert. Im Ergebnis wird der globale Ölkonsum in den nächsten 20 Jahren deshalb nur um 15 bis 20% zunehmen, während der weltweite Energiebedarf mehr als doppelt so stark wächst. Der Rückgang des Ölverbrauchs in den OECD-Ländern hat seine Gründe in der hohen Marktsättigung und verbesserter Verbrauchseffizienz.
Ergebnisse des BP Energy Outlook 2035 • Die aktuelle Ausgabe des BP Energy Outlook prognostiziert einen Anstieg der Primärenergienachfrage von 34 % oder einen durchschnittlichen Anstieg von 1,4 % pro Jahr bis zum Jahr 2035. • Haupttreiber dieser steigenden Nachfrage ist das Bevölkerungswachstum. Bis 2035 wird die Weltbevölkerung vermutlich fast 8,8 Milliarden Menschen betragen. Das heisst, dass im Vergleich zu heute 1,5 Milliarden mehr Menschen Energie benötigen. Im gleichen Zeitraum dürfte sich das globale Bruttoinlandsprodukt mehr als verdoppeln. • Fossile Energieträger werden auch 2035 noch vorherrschen und rund 80 % der weltweiten Nachfrage befriedigen. • Gas wird der am schnellsten wachsende fossile Energieträger sein (1,8 % pro Jahr). Auch Öl wird wachsen (0,9 % pro Jahr). Das Wachstum von Kohle wird sich stark verlangsamen. • Erneuerbare Energieträger werden ihren Anteil am globalen Energiemix von 3 auf 9 % bis 2035 erhöhen. • Das Wachstum der CO2-Emissionen wird sich im Vergleich zu den Werten der letzten 20 Jahre mehr als halbieren (0,9 % pro Jahr). Aber es bleibt ein Wachstum. Dies zeigt die Notwendigkeit nach einer weltweiten CO2-Bepreisung. • Weiterhin hohe Bedeutung von Shale Gas: Der Anteil von Shale Gas (Schiefergas) an der Gesamtförderung von Erdgas wird von 10 % im Jahr 2014 auf fast 25 % im Jahr 2035 steigen.
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Hintergrund
Offensichtlich scheint es einen Zusammenhang zwischen Volkswirtschaften und dem Rückgang ihres Ölverbrauchs zu geben, wenn vier Bedingungen vorliegen: eine hohe Fahrzeugmobilität in Kombination mit immer verbrauchsärmeren Autos, eine zusätzlich reife Industrie sowie damit verbundene und andere anspruchsvolle Dienstleistungen. Dies deutet eine Richtung an, in die die Weltwirtschaft sich zukünftig insgesamt und damit auch die globale Energiewende entwickeln könnte. Was heisst das für die Geschäftsmodelle von Energieunternehmen? Alle Energieunternehmen müssen die wesentlichen Trends der globalen Energiewende erkennen und ihre Geschäftsmodelle daran anpassen. Dabei sollten sie nicht nur die rein statistische Entwicklung im Auge behalten, sondern sie sollten verstehen, was aktuelle und zukünftige Treiber der globalen Energiewende sind. Dies ist der Dreiklang aus Klimaschutzdiskussion und -massnahmen, die dadurch angestossene gesellschaftliche Diskussion und damit der Anreiz für die Entwicklung neuer Technologien. Um im Bild zu bleiben: Die Moralisten, die Regulierer und die Kreativen arbeiten hier Hand in Hand.
Zukunft des Geschäftsmodells von Ölunternehmen Haben sich damit die Geschäftsmodelle von Ölunternehmen überlebt? Die Fragestellung erinnert an die
Anteil der Energieträger am Gesamtenergiemix zwischen 1965 und 2035. Peak-Oil-Debatte. Seit Öl gefördert wird, gibt es die Befürchtung, die Ölvorräte könnten bald zu Ende gehen. Ein letztes Aufflammen erlebte diese Debatte vor etwa zehn Jahren, als es unter Verweis auf die Förderhöhepunkte in der US-amerikanischen Ölproduktion Anfang der 1970er-Jahre und in der Nordsee Ende der 1990er-Jahre hiess, der globale Peak Oil würde in nicht allzu ferner Zukunft eintreten. Deswegen müsse energiepolitisch umgesteuert werden. Diese Ansicht sah sich durch den schnellen Anstieg auf einen Ölpreis von 100 USD je
Primärenergieverbrauch nach Region (links) und Energieträger (rechts) zwischen 1965 und 2035.
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Barrel Mitte des letzten Jahrzehnts bestätigt. Allgemein wurde erwartet, der Ölpreis werde nicht mehr unter dieses Niveau sinken und wahrscheinlich sogar weiter steigen. Das war ein grober Irrtum. Durch die Schieferölrevolution in den USA, die dem Schiefergasumbruch unmittelbar folgte, konnten die USA an die Spitzenzeiten in ihrer Ölförderung Anfang der 1970erJahre anknüpfen. Dieser zweite Frühling in der amerikanischen Ölindustrie hat schlagartig das Ölangebot auf dem Weltmarkt ausgeweitet. Hinzu kommt, dass SaudiArabien die eigene Ölförderung nicht gekürzt hat. Diesem erhöhten Ölangebot steht kein entsprechender Anstieg der Nachfrage gegenüber. Der Rückgang des Ölpreises Mitte 2014 hat niemand in der Ölindustrie in dem Umfang erwartet. Die amerikanische Schieferölentwicklung hat die wesentliche Schwäche der Peak-Oil-Theorie offenbart. Die Warnungen vor einer Verknappung der weltweiten Reserven haben sich immer auf die sogenannten konventionellen, also die seit Längerem erschlossenen bzw. leicht zu erschliessenden Ölvorräte bezogen und die unkonventionellen Ressourcen wie Schieferöl,
Hintergrund
Teersande, venezolanische Schweröle und Vorräte in der Arktis aussen vorgelassen. Verzichtet man jedoch auf die Unterscheidung zwischen konventionellen und unkonventionellen Ressourcen und fragt nur, wie viel Öl noch in der Erdkruste vorhanden ist, wird deutlich: Die Ölvorräte reichen noch für den Rest des Jahrhunderts, wie mittlerweile auch die stärksten Kritiker und engagiertesten Klimaschützer einräumen. Statt Peak Oil könnte angesichts der Verbrauchsentwicklung in den OECD-Staaten und möglichen zukünftigen ähnlichen Entwicklungen ausserhalb der OECD zunehmend Peak Demand – also die Frage nach dem Höhepunkt der globalen Ölnachfrage – in den Vordergrund rücken. Derzeit ist das noch nicht abzusehen. Aber das globale Wachstum des Energieverbrauchs wird nicht ewig anhalten, allein schon wegen der zur Jahrhundertmitte erwarteten Abfla-
chung des Bevölkerungsanstieges. Wegen der derzeit noch anhaltend hohen Energienachfrage weltweit
Infos Quellen: BP Europe SE/Zug, Bulletin 12/2015 Bearbeitung: Hansjörg Wigger Die internationalen Energieagentur (IEA) sowie BP veröffentlichen regelmässig ihren Energieausblick. Die vorliegende Analyse stützt sich auf den 5. BP Energy Outlook 2035, der die langfristigen Trends an den weltweiten Energiemärkten untersucht und daraus Prognosen für die nächsten 20 Jahre ableitet. Die Energiebranche plant Strategien und Investitionen über mehrere Dekaden und stützt sich auf fundierte Informationsquellen wie von BP und der IEA. www.bp.com/ch
haben Kohle, Öl und Gas jedoch in den nächsten 20 Jahren weiter wachsende Märkte. Aber zumindest bei Kohle und Öl nimmt die relative Bedeutung ab. BP weiss, dass Öl allein keine Zukunft ist und baut deswegen das Gasgeschäft kontinuierlich aus. Bereits heute beträgt der Anteil des Gasgeschäftes bei BP etwa 50% und dürfte in den nächsten Jahren auf 60% ansteigen. Letztlich dürfte sich das Bonmot des ehemaligen saudischen Ölministers Yamani bewahrheiten, wonach die Steinzeit nicht wegen eines Mangels an Steinen zu Ende gegangen sei und das Ölzeitalter nicht wegen eines Mangels an Öl zu Ende gehen werde. ■
Hintergrund
Energieverbrauch in der Schweiz Auch in der Schweiz ist der Energieverbrauch in den letzten 60 Jahren stark gestiegen. Die Schweiz deckte im Jahr 2014 ihren Endenergieverbrauch von 825 770 Terajoule, was 229 TWh (Terawattstunden) entspricht, mehrheitlich aus nicht erneuerbaren Quellen. Rund zwei Drittel stammen aus fossilen Energieträgern (Treibstoffe, Erdölbrennstoffe, Erdgas), die importiert werden müssen. Damit verzeichnet die Schweiz den tiefsten Endenergieverbrauch der letzten 17 Jahre. Der Rückgang des Endenergieverbrauches um 7,7 % gegenüber dem Vorjahr ist in erster Linie auf die ausgesprochen warme Witterung im Jahr 2014 zurückzuführen. Gemäss Meteo Schweiz war 2014 zusammen mit 2011 das wärmste Jahr seit Messbeginn 1864. Die Anzahl Heizgradtage, ein wichtiger Indikator für den Energieverbrauch zu Heizzwecken, nahm gegenüber dem Vorjahr um 19,9 % ab. Hingegen stiegen im 2014 Faktoren, die den langfristigen Wachstumstrend des Energieverbrauchs bestimmen: ständige Wohnbevölkerung +1,2 %, Bruttoinlandprodukt +2,0 % und Motorfahrzeugbestand +1,6 %.
Rückgang von Heizöl und Treibstoffen Die warme Witterung bewirkte einen deutlichen Rückgang des Verbrauchs von Energieträgern zu Heizzwecken: Der Verbrauch von Heizöl extra-leicht sank um 24,7%, der-
Deutlicher Rückgang der Treibhausgase 2014
Stromverbrauch 2014 um 3,1 % gesunken
Der Treibhausgasausstoss der Schweiz betrug im Jahr 2014 gemäss Inventar des Bundesamts für Umwelt BAFU 48,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Er war 5 Millionen Tonnen niedriger als im Basisjahr 1990 und 3,9 Millionen Tonnen niedriger als 2013. Die deutliche Abnahme bei den Brennstoffen gegenüber dem Vorjahr ist auf die milderen Temperaturen während der Wintermonate zurückzuführen. Bei den Treibstoffen ist aufgrund der besseren CO2-Effizienz der Fahrzeuge ein leichter Rückgang der Emissionen zu beobachten.
Der schweizerische Elektrizitätsverbrauch (entspricht dem Landesverbrauch nach Abzug der Übertragungs- und Verteilverluste von 4,3 Mrd. kWh) sank 2014 um 3,1 % auf 57,5 Mrd. kWh (2013: 59,3 Mrd. kWh). Die wichtigsten Einflussgrössen beim Elektrizitätsverbrauch sind wie beim Gesamtenergieverbrauch die Entwicklungen der Wirtschaft und Bevölkerung sowie die Witterung. Am gesamten Elektrizitätsaufkommen waren die Wasserkraftwerke zu 56 %, die Kernkraftwerke zu 38 % sowie zu 6 % aus fossilen und neuen erneuerbaren Energien beteiligt.
jenige von Erdgas um 11,3 % gegenüber dem Vorjahr. Der Elektrizitätsverbrauch reduzierte sich um 3,1 %. Der Treibstoffverbrauch insgesamt sank leicht gegenüber dem Vorjahr (–0,5 %). Der Trend zur Substitution von Benzin durch Dieseltreibstoff setzte sich ungebrochen fort: Der Absatz von Dieselöl erhöhte sich um 2,5 %, hingegen war der Benzinverbrauch wie jedes Jahr seit 2001 rückläufig (–4,0 %). Der Absatz von Flugtreibstoffen stieg um 0,7%.
träger zu Heizzwecken aus. Der Verbrauch von Energieholz sank um 14,7%. Auch die Nutzung von Umgebungswärme durch Wärmepumpen lag 7,6 % unter dem Vorjahreswert, ebenso der Verbrauch von Fernwärme (–8,9 %). Trotz der warmen Witterung zugenommen hat die Nutzung von Solarwärme (+8,3 %). ■
Verbrauchsrückgang auch bei den erneuerbaren Energien Die warme Witterung wirkte sich auch auf den Verbrauch der erneuerbaren Energie-
Infos www.bfe.admin.ch www.uvek.admin.ch Bearbeitung: Hansjörg Wigger
Entwicklung des Energieverbrauchs der Schweiz nach Energieträgern.
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Hintergrund
Energieforschungskonferenz 2016 zeigte, wie Forschung und Entwicklung Energien freisetzen
Von der Invention zur Innovation Nach dem Nuklearunfall von Fukushima im Frühjahr 2011 hat die Schweiz ihre Energiepolitik neu orientiert – und die Aktivitäten in der Energieforschung verstärkt. Die 10. Schweizer Energieforschungskonferenz von Mitte April in Luzern hat die Frage diskutiert, wie die Ergebnisse aus der Forschung tatsächlich bei den Konsumenten und in der Wirtschaft ankommen – und damit die Energieversorgung des Landes nachhaltig verbessern können.
A
uf den Atomunfall von Fukushima im März 2011 hatte die Politik unter anderem mit einer Verstärkung von Energieforschung und Innovationsförderung reagiert. Diese Strategie trägt nun unterdessen Früchte. Das belegte Mitte April in Luzern die 10. Schweizer Energieforschungskonferenz, organisiert von BFE, Schweizerischem Nationalfonds (SNF), Kommission für Technologie und Innovation (KTI) und
Eidgenössischer Energieforschungskommission (CORE). Das Programm des BFE für Pilot-, Demonstrationsund Leuchtturmprojekte ist gestärkt worden. Neu entstanden sind acht Schweizer Kompetenzzentren für Energieforschung (SCCER), welche die Forschungseinrichtungen des ETH-Bereichs, der Fachhochschulen und Universitäten enger verzahnen. Parallel dazu laufen zwei nationale Forschungs-
programme des SNF unter dem Titel «Energiewende» (NFP 70) und «Steuerung des Energieverbrauchs» (NFP 71). Die öffentliche Hand hat im Jahr 2014 rund 300 Mio. Fr. für Energieforschung aufgewendet. Allein an den SCCER sind heute über 1000 Forscherinnen und Forscher beteiligt. Über 400 Stellen wurden neu geschaffen. Ziel all dieser Aktivitäten sei «eine neue Dynamik» in der Energieforschung,
Die Eidgenössische Energieforschungskommission (CORE) hat unter ihrem Präsidenten Tony Kaiser (Bild) das «Konzept Energieforschung des Bundes 2017– 2020» verfasst.
sagt KTI-Präsident Walter Steinlin, der das Steuerungskomitee der SCCER leitet.
Eine Roadmap für künftige Innovationen
BFE-Direktor Walter Steinmann war einer der Gastgeber der 10. Schweizer Energieforschungskonferenz Mitte April in Luzern. (Fotos: Marco Finsterwald)
Die Schweizer Energieforschung ist also in die Lage versetzt, einen kräftigen Impuls für die Umsetzung der vom Bundesrat vorgezeichneten Energiestrategie 2050 zu leisten. Jedes der acht SCCER hat eine «Innovations-Roadmap» formuliert, also einen Fahrplan für die angestrebte Umsetzung der Forschungsergeb-
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Hintergrund
Bilanzierten in Luzern die letzten vier Jahre der Schweizer Energieforschung: Alexander Wokaun (PSI), Andrea Vezzini (Berner Fachhochschule, Biel), Fréderic Varone (SNF), Peter Richner (Empa), Sophia Haussener (EPFL) und Kostas Boulouchos (ETHZ). Rechts: Moderatorin Andrea Leu.
Warfen in Luzern einen Blick auf die Energieforschung der kommenden Jahre: Walter Steinlin (KTI), Walter Steinmann (BFE), Tony Kaiser (CORE), Jean-Marc Pivetau (ZHAW) und Beat Hotz-Hart (ETHZ). Rechts: Moderatorin Andrea Leu.
nisse vom Konzept über Validierung und Bau von Prototypen bis hin zum Rollout. Am Beispiel des SCCER «Future Energy Efficient Buildings and Districts» (Nachhaltige Gebäudetechnik) wurden in Luzern die Erfolgskriterien für gelungene Innovationsprozesse diskutiert. Das Materialforschungsinstitut Empa (Dübendorf) und der Chemiekonzern BASF haben gemeinsam mit der ETH Lausanne bei der Entwicklung mikro- und nanotechnologischer Lösungen mit energetischem Optimierungspotenzial zusammen-
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gespannt. Die Partner arbeiten beispielsweise an einer Zwischenschicht aus Mikrolinsen für Fensterverglasungen, die den Einfall von Tageslicht in die Tiefe der Räume verbessert und Wärmestrahlung zu jenen Zeiten abschirmt, wenn sie im Gebäudeinnern nicht willkommen ist. Der frühe Einbezug des Industriepartners ist für den Erfolg des Vorhabens wesentlich, machte BASF-Vertreter Andreas Hafner deutlich: «Eine Firma will wissen, wohin die Reise geht, bevor sie in einen neuen Bereich investiert.»
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Akzeptanz für technische Neuerungen
Auch die Nationalen Forschungsprogramme haben sich «Praxisrelevanz» (Andreas Balthasar, Professor für Politikwissenschaft und Leiter des NFP 71) auf die Fahnen geschrieben. Diese Praxisrelevanz bezieht sich auf technologische Neuerungen, wie in Luzern am Projekt für einen Druckluftspeicher für temporär überschüssigen Strom erläutert wurde. Praxisrelevanz meint aber noch mehr: Das NFP 71 richtet seinen Fokus auf die sozio-
Hintergrund
ökonomischen Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit die neue Energiepolitik im Alltag der Menschen ankommt. So untersucht ein aktuelles Projekt unter Mitwirkung des Schweizerischen Hauseigentümerverbands, wie das Energiesparpotenzial im Haushalt älterer Menschen ausgeschöpft werden kann; denn diese Menschen leben – im ungünstigen Fall – in einem für sie zu grossen und energetisch unsanierten Haus. Um Verhaltensforschung geht es auch in einem Projekt von Suren Erkman (Universität Lausanne). Er untersucht, wie Gewohnheiten («soziale Praktiken») aufgebrochen werden können. Das gelingt – so die These der Forscher –, indem man jene sozialen Praktiken anspricht, die noch nicht gefestigt sind. Das ist zum Beispiel bei den modernen Informations- und Kommunikationstechnologien der Fall, wie Erkman ausführte. Ein weiteres Projekt, in dem Forscherinnen und Forscher von NFP 70 und 71 kooperieren, untersucht, wie in der Bevölkerung für eine neuartige Übertragungstechnik bei Hochspannungsleitungen die erforderliche Akzeptanz gefunden werden kann. «Was nützt es uns, wenn wir eine neue techni-
Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Der Hochspannungsexperte Christian M. Franck (ETH Zürich) und die Politikwissenschaftlerin Isabelle Stadelmann-Steffen (Universität Bern) erforschen in einem gemeinsamen Projekt die Akzeptanz von Hochsspannungsleitungen. Rechts: Moderatorin Andrea Leu.
Andreas Haselbacher (ETH Zürich) und Giw Zanganeh (Airlight Energy) stellten in Luzern einen neuartigen Druckluftspeicher vor. In dem Energieforschungsprojekt arbeiten Wissenschaftler eng mit einem Unternehmen zusammen, was die Umsetzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse beschleunigt.
Hintergrund
Bedeutung des Wissenstransfers gesprochen hatte. «Die Industrie braucht gut ausgebildete Fachkräfte, um das Effizienzpotenzial im Bereich Energie auszuschöpfen», so Wellig, der im SCCER «Effiziente Industrieprozesse» forscht. Wellig nahm damit das Statement auf, das BFE-Direktor Walter Steinmann zuvor an die in Luzern versammelten Energieforscher adressiert hatte: «Was Sie erforschen, muss in fünf bis zehn Jahren in die Ausbildungslehrgänge aufgenommen werden.» Dieser Wissenstransfer schafft laut Steinmann überhaupt erst die Voraussetzung, dass neue Technologien verwendet und die Ziele der Energiestrategie 2050 erreicht werden. ■
Mit Blick auf die zweite vierjährige Umsetzungsperiode (2017 – 2020) haben alle acht Kompetenzzentren für Energieforschung (SCCER) eine Roadmap für die geplanten Innovationen entworfen. Im Bild: Innovations-Roadmap des SCCER «Energieversorgung», Überblick Geothermie. (Illustration: SCCER SoE) sche Lösung entwickeln, diese wegen Widerstands der Bevölkerung jedoch nicht umgesetzt werden kann?», lautete die rhetorische Frage von Christian M. Franck, der als ETH-Professor eine Hybridtechnologie für die parallele Übertragung von Gleich- und Wechselstrom entwickelt hat.
Innovation braucht Zeit An der Energieforschungskonferenz wurden mit Referaten und Postern mehrere Dutzend laufende Projekte aus den Bereichen Energieproduktion, -speicherung und -infrastruktur, aber auch zu Energienutzung und -markt vorgestellt. Die Forschungsvorhaben tragen heute erste Früchte, oder sie werden es in den nächsten Jahren nach und
Konzept Energieforschung des Bundes 2017–2020 Die Eidgenössische Energieforschungskommission (CORE) beschreibt im «Konzept Energieforschung des Bundes 2017–2020» detailliert die Forschungsschwerpunkte der kommenden Jahre. Die vier Schwerpunkte sind Wohnen und Arbeiten, Mobilität, Energiesysteme und Prozesse. Geplant ist im Konzept Energieforschung des Bundes 2017–2020 auch ein gezielter Ausbau der sozio-ökonomischen Forschung. Das Energieforschungskonzept ist abrufbar unter: www.energieforschung.ch › CORE › Konzepte der Energieforschung des Bundes
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nach tun. «Wir wollen, dass die von uns erforschten neuen Technologien zur Überwachung und Steuerung des Stromnetzes in zehn Jahren im Einsatz sind», betonte Mario Paolone, Professor an der ETH Lausanne. Sein Kollege von der ETH Zürich, Konstantinos Boulouchos, warb gleichzeitig dafür, innovativen Ideen die nötige Zeit für die Reifung zu geben: «Die Zeiträume, die es braucht, bis innovative Ideen am Markt einen Impact haben, sind sehr lang.» Boulouchos war Teilnehmer eines der beiden Panels, die in Luzern die Bedingungen diskutierten, damit aus der Forschung tatsächlich marktreife Produkte und Lösungen hervorgehen. Beat Hotz-Hart, Mitglied des ETH-Rats, sprach die Aus- und Weiterbildung an. Sie könne einen lang anhaltenden Beitrag leisten, um neue Ideen in der Energieszene zu etablieren und den Wandel im Umgang mit Energie zu verstetigen. Damit schlug er den Bogen zum Anfang der Tagung, als Beat Wellig, Verfahrenstechnik-Professor an der Hochschule Luzern, am Beispiel eines Weiterbildungsangebots zum Thema Pinch-Analysen (vgl. www.hk-gt.ch > Dossiers) über die
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Infos Autor: Benedikt Vogel, im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE) Informationen zu den Schweizerischen Energieforschungskonferenzen und die Dokumentation zur 10. Schweizer Energiekonferenz findet man unter: www.energieforschung.ch › Schweizerische Energieforschungskonferenzen › 10. Schweizerische Energieforschungskonferenz Über die SCCER: www.kti.admin.ch/kti/de/home/ueber-uns/foerderbereiche/foerderprogramm-energie.html Infos den NFP 70 und 71: www.nfp70.ch und www.nfp71.ch Auskünfte zum Wissens- und Technologietransfer erteilt Josef Känzig, josef.kaenzig@bfe.admin.ch, Programmleiter Wissensund Technologietransfer beim BFE. Eine grosse Sammlung von Fachbeiträgen zu Erkenntnissen aus Forschungs-, Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprojekten in verschiedenen Energiebereichen findet man unter www.bfe.admin.ch/CT/printmedien
Hintergrund
Interview
«Wir müssen die fossilen Energieträger verlassen» Historiker und Energieexperte Daniele Ganser (43), über den Erdölpreis, Rohstoffkriege, Terror, Flüchtlinge und seine Erfahrung, auf Öl, Gas und Atomstrom zu verzichten. Herr Ganser, Sie sind, wie ich, Vater zweier kleiner Kinder. Angesichts der Weltlage – Klimawandel, Kriege, Flüchtlinge – mache ich mir Sorgen um deren Zukunft. Was muss sich ändern? Daniele Ganser: Die Energiefrage spielt eine wesentliche Rolle. Unsere Kinder haben eine durchschnittliche Lebenserwartung von 80 Jahren. Das bedeutet, dass wir uns über das ganze 21. Jahrhundert Gedanken machen müssen. Wir brauchen ein Energiesystem, das bis ins Jahr 2100 stabil ist und gleichzeitig ohne Ressourcenkriege und Umweltzerstörung auskommt. Das ist die Grundüberlegung meiner Forschung. Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen? Die vier nicht erneuerbaren Energieträger Öl, Gas, Kohle und Atom sind nicht geeignet, um das System zu stabilisieren. Im Gegenteil: Klimawandel, Ressourcenkriege, Knappheit werden sich immer mehr akzentuieren. Daher bin ich ein Vertreter der Vision 100 Prozent erneuerbare Energie. Öl ist nicht knapp. Der Markt wird gerade damit überschwemmt und es soll noch 800, vielleicht sogar 1000 Milliarden Fass Erdöl im Boden haben. Etwa so viel, wie wir in 150 Jahren gefördert haben. Die Frage, wie viel Erdöl es noch hat und ob es knapp wird, ist umstrit-
Daniele Ganser: «Wir lassen jeden Monat eine Milliarde Franken für Erdölprodukte aus unserer Volkswirtschaft abfliessen.» (Foto: © Markus Lamprecht)
ten. Was wir aber sicher wissen, ist, dass wir enorm viel Erdöl verbrauchen. Ein Fass hat 159 Liter. Von diesen Fässern brauchen wir jeden Tag 90 Millionen! Wenn man bedenkt, dass es 1945, am Ende des Zweiten Weltkriegs, nur 6 Millionen Fass waren, wird klar, dass wir in einem Erdölrausch leben. Wir kennen gar
nichts anderes als billiges Erdöl. Und wir gehen verschwenderisch damit um. Unsere Gesellschaft funktioniert nicht ohne Erdöl. In der Tat. Autos, Lastwagen, Traktoren, Schiffe, Flugzeuge treiben wir mit Benzin, Diesel und Kerosin an,
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Hintergrund
Häuser heizen wir mit Erdöl oder Erdgas, all die Plastikprodukte und viele Chemikalien basieren auf Erdöl. Wir können nicht sagen: «So, das nächste Jahr verzichten wir probehalber auf Erdöl – mal schauen, wie es so läuft.» Es läuft dann nämlich überhaupt nicht. Wir haben noch keinen Plan B, wie wir ohne Erdöl auskommen. In Ihrer Forschung beschäftigen Sie sich mit dem sogenannten «Peak Oil», dem Fördermaximum. Was ist daran so wichtig? Das Peak-Oil-Phänomen besagt, dass die Förderung aus jedem Erdölfeld eine Glockenkurve bildet. Es liefert zunächst unter grossem Druck immer mehr Erdöl, erreicht dann seinen Peak, worauf Druck und Förderung sinken. Jedes Erdölfeld ist endlich. Das ist keine Angstmacherei, das ist die Natur. Lange hat man sich mit der Frage beschäftigt, was am Tag X passiert, wenn es kein Erdöl mehr gibt. Dann, so glaubte man, fangen die Probleme an. Das ist eine völlig falsche Analyse. Die Probleme fangen an, wenn das Angebot stagniert oder fällt, wenn also der Peak Oil erreicht ist. Dann hat es zwar noch 50 oder auch 60 Jahre lang Erdöl, aber in einem fallenden Ange-
Daniele Ganser Dr. phil. Daniele Ganser ist Historiker mit Spezialgebiet Zeitgeschichte, Energie- und Friedensforscher. Er leitet das Swiss Institute for Peace and Energy Research (SIPER) in Basel und untersucht den globalen Kampf ums Erdöl und das Potenzial der erneuerbaren Energien. Er ist Gründungsmitglied und war Präsident 2006 – 2012 der ASPO Schweiz (Association for the Study of Peak Oil). www.siper.ch, www.aspo.ch, www.elektrotechnik.ch, www.hk-gt.ch (Suchen: Ganser)
«Wir verbrauchen enorm viel Erdöl. Jeden Tag 90 Millionen Fässer mit je 159 Litern!» bot. Das bedeutet, dass die Verteilkämpfe zunehmen. Und wann ist das globale Erdölfördermaximum erreicht? Das ist umstritten. Sicher ist, dass im Moment, wo das Fördermaximum erreicht wird, der Erdölpreis steigt. Dann wird auch das sogenannt unkonventionelle Erdöl interessant, das man aus der Tiefsee, aus Schiefersand, aus der Arktis oder mittels Fracking gewinnt. Ab einem gewissen Moment braucht man aber sehr viel Energie, um die-
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ses unkonventionelle Öl überhaupt zu fördern. Dann kommen die schwierigen Zeiten, wenn wir uns nicht darauf vorbereiten. Sie haben nach meinen Kindern gefragt. Ich möchte natürlich nicht, dass meine Kinder völlig unvorbereitet in eine Kombination von Rohstoffkriegen, Klimawandel und explodierenden Atomkraftwerken geraten. Was können wir tun? Wir müssen den Peak Oil sehr ernst nehmen und versuchen, unsere Erdölabhängigkeit schrittweise zu
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reduzieren. Indem wir zum Beispiel auf Elektromobilität setzen, auf Sonnenstrom, auf Wasserkraft und Windenergie, indem wir die Häuser gut isolieren und mit Holz oder Wärmepumpen ohne Erdöl und Erdgas beheizen. Wir müssen das Energiesystem effizient umbauen. Es gibt heute schon interessante Technologien, mit denen das möglich ist. Sie reden oft von Ressourcenkriegen. Was meinen Sie damit? Der Irak-Krieg zum Beispiel war ein eindeutiger Erdölbeutezug. George Bush junior und Tony Blair haben diesen Krieg 2003 vom Zaun gebrochen, und zwar ohne Mandat des UNO-Sicherheitsrates. Es war ein illegaler Krieg mit einer Million Toten. Bush und Blair sind Kriegsver-
«Ich habe auf dem Dach 70 m2 Photovoltaik installiert und produziere übers Jahr 8000 kWh Strom. Das ist mehr, als ich brauche.»
Hintergrund
Ich bitte Sie, Herr Ganser, die Nato bekämpft in Syrien den IS und einen schrecklichen Diktator. Wie damals im Irak. Auch Saddam Hussein war ein schrecklicher Diktator, das stimmt schon. Aber in den 80er-Jahren wurde Saddam von den USA unterstützt im Kampf gegen Chomeini. Die USA wollten damit beide schwächen, den Iran und den Irak. Eine teuflische Strategie. Der ganze Krieg gegen den Terrorismus ist ein Vorwand, um Erdöl und Erdgas zu erbeuten. Es gab keine ABC-Waffen im Irak, die Geschichte war erfunden. Die Besetzung des Iraks hat den Terrorismus massiv gestärkt,
«Ich möchte nicht,
dass meine Kinder in eine Kombination von Rohstoffkriegen, Klimawandel und explodierenden Atomkraftwerken geraten.
»
brecher. Auch Vizepräsident Dick Cheney und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sind Kriegsverbrecher. Der Libyen-Krieg 2011 war auch ein Erdölbeutezug.
nicht geschwächt. Die Leute, die bei Saddam Hussein im Geheimdienst und im Militär waren, sind jetzt beim IS, diesem sogenannten Islamischen Staat.
Und Syrien? Syrien ist ein Pipeline-Krieg. Man möchte Pipelines von Iran durch Syrien ziehen oder alternativ von Katar durch Syrien. Assad hat Katar 2009 jedoch ein Veto erteilt. Er arbeitet lieber mit den Iranern zusammen. Wenige Jahre später, 2011, ist der Syrien-Krieg ausgebrochen. Katar und Saudi-Arabien wollen Assad stürzen, die Türkei auch, ebenso die Briten und Amerikaner. Die Iraner und die Russen, mit denen er zusammenarbeitet, möchten ihn an der Macht halten. Für mich ist es ganz klar – wir leben schon heute im Zeitalter der Rohstoffkriege.
Man produziert Terrorismus? Natürlich. Der Krieg gegen Terrorismus produziert Terrorismus. Es ist nicht so, dass die im Pentagon so dumm sind und das nicht sehen. Das übergeordnete Ziel ist immer wieder Regime Change. Saddam, Gaddafi oder jetzt Assad – man will die Regierung stürzen, um danach Militärbasen aufzubauen und die Länder und die Pipelines zu kontrollieren. Es ist das alte geostrategische Spiel. Man kann es nicht deutlich genug sagen: Diese Rohstoffkriege basieren auf Lügen. Wir sollten viel besser 100 Prozent erneuerbare Energie anstreben.
Und mit den Rohstoffkriegen kommen die Flüchtlinge? Das hängt unmittelbar damit zusammen, ja. Die Flüchtlinge kommen aus dem Irak, aus Afghanistan, aus Syrien. Das sind alles muslimische Länder, und diese Länder wurden von der Nato gnadenlos bombardiert. Die Nato hat in den letzten 15 Jahren bewiesen, dass sie Länder in Schutt und Trümmer legen kann. Was aber im 21. Jahrhundert gefragt ist, ist nicht Zerstörung. Die Herausforderung ist, stabile Gesellschaften mit einer nachhaltigen Wirtschaft aufzubauen. Dabei hat die Nato völlig versagt. Weder in Libyen noch in Afghanistan noch im Irak haben wir heute stabile Gesellschaften, auch nicht in Syrien. Im Gegenteil, man hat verfeindete Clans bewaffnet, die sich jetzt gegenseitig bekämpfen. Was ist Ihrer Meinung nach zu tun? Es ist wichtig, dass wir uns wieder auf die UNO besinnen. Sie wurde 1945 nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gegründet. Damals war es viel, viel schlimmer als heute. Ganz Deutschland lag in Trümmern, der Krieg forderte 60 Millionen Tote. Aus dieser Krise des Zweiten Weltkriegs heraus hat man die Weltfriedensorganisation gegründet. In der UNO-Charta ist das Gewaltverbot verankert: Es ist verboten, dass ein Land ein anderes angreift. Wir brauchen also kein neues Dokument, das Dokument gibt es schon. Wir brauchen einen Bewusstseinswandel. Die UNO-Charta muss wieder respektiert werden.
«Für mich ist klar – wir leben schon heute im Zeitalter der Rohstoffkriege.» Der Erdölpreis liegt bei 45 Dollar (Stand 24. April). Wieso so günstig? Beim Erdöl haben wir in den letzten 20 Jahren eine massive Fluktuation, wir nennen das Volatilität. Der Preis steigt und fällt. Man muss das historisch einordnen. In den 50er- und
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Hintergrund
60er-Jahren kostete das Fass Erdöl immer weniger als 2 Dollar. 159 Liter Erdöl für weniger als 2 Dollar – das ist gratis. Dann, in den 70er-Jahren, hatten wir eine erste Erdölkrise. Es gab autofreie Sonntage, man konnte damals auf der Autobahn Rollschuh und Velo fahren. Das war 1973. Der Erdölpreis lag damals bei etwa 10 Dollar. Im Jahr 1999 war er immer noch bei 10 Dollar. Dann stieg der Preis auf 20, 50, 100 Dollar, und die Leute fragten sich, was passiert denn jetzt? Im Jahr 2008 hat der Erdölpreis eine Spitze von über 140 Dollar erreicht. Das hat eine Rezession ausgelöst, die Wirtschaft hat gestöhnt und geächzt.
Als wir ein Haus gekauft haben, habe ich die Erdgasheizung entfernen lassen. Ich will kein Erdgas von Putin – wegen des Klimawandels, wegen des Kriegs in der Ukraine, es reicht! Alternativ gibt es Wärmepumpen und Holzfeuerungen. Ich habe mich für eine Erdsonden-Wärmepumpe entschieden. Die ist sehr effizient, braucht weder Öl noch Gas, nur etwas Strom. Und diesen Strom, das war mir sehr wichtig, wollte ich selber produzieren. Also habe ich auf dem Dach 70 m2 Photovoltaik installiert, zudem 10 m2 Solarthermie für Warmwasser. Die Photovoltaik produziert übers Jahr 8000 kWh Strom. Das ist mehr, als ich brau-
«Beim Erdöl haben wir in den letzten 20 Jahren eine massive Fluktuation. Niemand weiss, wo der Preis in einem Jahr sein wird.»
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Die amerikanische Investmentbank Lehman Brothers ging Pleite ... ... es gab die Immobilien-Krise und im Zuge dessen ist der Erdölpreis auf 40 Dollar abgesackt. Danach stieg der Erdölpreis wieder. Letztes Jahr hat er sich dann wieder halbiert, von 100 auf 50 Dollar. In dieser volatilen Bewegung sind wir noch mittendrin. Niemand weiss, wo der Preis in einem Jahr sein wird.
che für das Haus mit allem Drum und Dran.
Was sind die Hintergründe? Die Saudis fördern sehr, sehr viel Erdöl. Sie führen einen gnadenlosen Konkurrenzkampf. Durch die Schieferölproduktion in den USA wurden sie etwas bedrängt. Aber diese hat höhere Kosten. Die Saudis schwemmen nun den Markt. So fällt der Erdölpreis, und das macht den kostenintensiven Teil der amerikanischen Produktion unrentabel. Es ist eine typische Discounter-Strategie. Wer tiefere Kosten hat, überschwemmt den Markt und wartet, bis die Konkurrenz platt ist.
Aber die Anschaffungskosten sind sehr hoch. Da legen Sie den Finger auf den wunden Punkt. Noch ist es teuer, diesen Schritt zu machen. Dafür sind die Betriebskosten sehr günstig. Und es ist komfortabel. Ich tanke mein Elektroauto in der Garage mit selber produziertem Sonnenstrom – das ist verblüffend! Das Paket Wärmepumpe, Photovoltaik und Elektroauto wird bald unter 100 000 Franken kosten. Weil immer mehr Menschen in diese Richtung gehen, wird es günstiger.
Sie vollziehen die Energiewende Schritt für Schritt selbst. Was konkret haben Sie getan?
Apropos Geld – die Schweiz gibt jeden Monat eine Milliarde Franken für Erdölprodukte aus.
In der Tat, wir lassen jeden Monat eine Milliarde Franken aus unserer Volkswirtschaft abfliessen. Das ist ein völliger Irrsinn. Wir könnten damit unsere Elektrizitätswerke dafür entlöhnen, dass sie gute Wasserkraft produzieren. Mit diesem Strom könnten wir unsere Wärmepumpen und unsere Elektroautos antreiben. Heute, in Zeiten dieses Bewusstseinswandels, den Sie angesprochen haben, merken viele Menschen, dass die Dinge im Umbruch sind. Und sie fragen sich: Was können wir tun? Für mich ist es klar: 100 Prozent erneuerbare Energien anstreben, friedliche Konfliktlösung, Respekt für die UNO-Charta. Und es braucht auch eine Medienrevolution. Denn die ganzen Kriegslügen werden über die Medien in die gute Stube transportiert. ■
Zu viel Strom! Was machen Sie damit? Ich habe mir letztes Jahr ein Elektroauto zugelegt. Ich teste jetzt, ob es geht ohne Öl und Gas und Strom aus Atomkraftwerken. Die Zwischenbilanz zeigt: Es geht. Es geht wirklich.
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Infos Interview: Andreas Krebs, AZ Medien, erstmals erschienen in «Energie 2050», als Beilage zur Schweiz am Sonntag 1.5.2016. Video zum Interview: www.elektrotechnik.ch www.hk-gt.ch (Suchen: Ganser)
Hintergrund
Die Energiewende unter dem Blickwinkel des Klimaabkommens von Paris
Mit erneuerbarem Diesel in das postfossile Zeitalter ? Die Klimakonferenz von Paris im letzten Dezember ist mit dem Abschluss eines epochalen Vertragswerks zu Ende gegangen. Die Ziele, welche dieses Vertragswerk anvisiert, sind hoch. Bis Mitte dieses Jahrhunderts muss die Energieversorgung vollständig frei von fossilen Brenn- und Treibstoffen, also Öl, Erdgas und Kohle, sein. Diese Anforderung ist enorm. Rund 80 Prozent der weltweiten Energieversorgung basieren heute auf diesen Kraftstoffen. Gleichzeitig zeichnen sich neue Lösungen ab. «Power-to-X», die Herstellung von Kraftstoffen aus erneuerbaren Energien, kann helfen, die Herausforderung zu meistern. Voraussetzung ist: Das Angebot an erneuerbaren Energien muss weiter zunehmen.
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ie Herausforderung ist gross, doch ein Blick in die Vergangenheit macht zuversichtlich. In den 1960er-Jahren habe der Chef von IBM den Bedarf für Computer auf etwa acht Einheiten eingeschätzt – für die ganze Welt. Heute
findet man, versteckt in verschiedenen Geräten, in jedem modernen Haushalt mindestens acht Computer. Eine ähnliche Entwicklung konnten wir auch bei den Photovoltaikanlagen beobachten. In nur 25 Jahren fiel der Preis der PV-Panels
um einen Faktor 10. Die Kostendegressionspotenziale sind damit längst nicht ausgeschöpft. Das war Anfang der 1990er-Jahre nicht zu erwarten. Diese beiden Beispiele zeigen, wie enorm das Potenzial der Innovation ist, wenn alle Rahmen-
Power-to-Liquids: Demonstrationsanlage von Sunfire in Dresden, April 2015. (Foto: Sunfire GmbH / Cleantech Media)
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Hintergrund
bedingungen stimmen. Sie zeigen aber auch, wie schwierig es ist, Innovationspotenziale richtig vorauszusagen. In der 2012 veröffentlichten Cleantech-Energiestrategie (www. swisscleantech.ch/Cleantech_Energiestrategie) hat swisscleantech nachgewiesen, dass bereits heute die Technologien vorhanden sind, um bis 2050 eine 1-Tonne-CO2-Gesellschaft [1] zu realisieren. Notwendig sind eine konsequente Umsetzung der Effizienzpotenziale und ein Ausbau der erneuerbaren Energien. Wasserkraft-, Solarund Windstrom sind die wichtigsten Pfeiler der Energieerzeugung. Dämmung, effiziente Haustechnik und die Elektrifizierung von Heizung und Verkehr führen zum benötigten, effizienten Umgang mit Energie.
Umbau des Erdöl-Systems Die Klimakonferenz von Paris belegt: Dieses Ziel einer 1-t-CO2-Gesellschaft ist nicht ambitioniert genug. Ein vollständiger Ausstieg aus den fossilen Kraftstoffen ist notwendig. Damit ergeben sich neue Fragen, die geklärt werden müssen. Bisher ist es beispielsweise nicht gelungen nachzuweisen, wie der Güterverkehr oder der Flugverkehr ohne Treibstoffe auskommen kann. Ausserdem darf man nicht vergessen: Energieerzeugung, Verteilung und Nutzung bilden ein komplexes System. Dieses System, das heute von Erdöl dominiert wird, innerhalb von knapp 40 Jahren umzubauen, ist eine gewaltige Aufgabe. Wer auf fossile Kraftstoffe verzichten will, muss Alternativen aufzeigen. Diese müssen einige Bedingungen erfüllen. So muss etwa deren Angebot gross genug sein und weitreichende Sicherheitsbedürfnisse müssen befriedigt werden [2]. Die erneuerbaren Energien können diese Erwartungen erfüllen, haben jedoch unbestritten einen Nachteil: Sie sind abhängig von Jahreszeit und meteorologischen Bedingungen. Ein weiterer Ausbau der erneuerbaren Energien wird ein zeitliches Ungleichgewicht zwischen Angebot und
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Abb. 1: Der erneuerbare Kraftstoffkreislauf: CO2 wird aus der Luft gefiltert. Mit der Hilfe von erneuerbarem Strom wird ein CO2-haltiger Kraftstoff gewonnen. Dieser kann z. B. als Treibstoff für ein Fahrzeug verwendet werden. Dabei entsteht wiederum CO2. Dieses gelangt zurück in die Atmosphäre.
Abb. 2: Das doppelte Businessmodel von reversiblen, dezentralen Power-to-X-Anlagen: Sobald das erneuerbare Stromangebot auf dem Markt über die aktuelle Nachfrage steigt, wird mit der Produktion von Kraftstoff begonnen. Gleichzeitig werden auch die Batterien geladen. In der Zeit, in der zu wenig erneuerbare Energie vorhanden ist, wird die Batterie entladen. Die Power-to-X-Anlage übernimmt die Funktion einer Absicherung und kann bei Bedarf Strom liefern, hier z. B. in den Morgenstunden.
Nachfrage erzeugen. Speichertechnologien werden daher in naher Zukunft eine immer grössere Bedeutung erhalten, denn sie erlauben es, Angebot und Nachfrage auszugleichen.
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Top-Thema: Speichertechnologien
Die heute gängigen Speichertechnologien wie Pumpspeicherwerke oder Batterien werden auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Ihre geringe Energiespeicherdichte
Hintergrund
setzt aber Grenzen. Hier haben die CO2-basierten Kraftstoffe wie Benzin oder Diesel einen enormen Vorsprung, den Batterien kaum aufholen können. Allerdings: Ein Ausstieg aus fossilen Kraftstoffen muss nicht zwingend bedeuten, dass man auf CO2-basierte Kraftstoffe verzichten muss. Eine klimagerechte Weltwirtschaft ist nicht gleichbedeutend mit einem Zeitalter «Beyond Petroleum». Man muss nur den CO2-Kreislauf schliessen und aus dem CO2 in der Atmosphäre wieder neuen Kraftstoff herstellen (Bild 1). Anstelle von fossilem Kraftstoff tritt erneuerbarer Kraftstoff.
Erneuerbarer Diesel Wie das technisch gehen könnte, zeigen zwei Pilotprojekte schweizerischer und deutscher Ingenieurskunst exemplarisch. Während das Schweizer ETH Start-up Climeworks in der Lage ist, CO2 aus der Luft herauszufiltern, entwickelt die Firma Sunfire in Deutschland eine
Innovation machts möglich: Solardiesel im Kanister.
reversible Brennstoffzelle. Speist man diese mit erneuerbarem Strom, produziert sie aus CO2 und Wasser einen Solardiesel. Kehrt man den Prozess um, kann wiederum Strom gewonnen werden. Die Kopplung dieser beiden Anlagen verspricht den Ausstieg aus den fossilen Kraftstoffen.
Eine solche Anlage, die sowohl aus Strom einen Kraftstoff herstellen kann, wie auch aus dem Kraftstoff wieder Strom, verfügt über ein interessantes duales Businessmodel. Sie kann einerseits den Kraftstoff verkaufen, andererseits ihre Produktionsbereitschaft am Regelenergiemarkt als Reservekraftwerk anbieten (Bild 2). Reservekraftwerke laufen sehr selten und haben die Funktion, die Stromversorgung abzusichern. Gemäss Überschlagsberechnungen könnte ein solches, kombiniertes System von Strom- und Dieselerzeugung eine konstante Stromversorgung mit Vollkosten für Strom um 10 Rp./kWh und eine Versorgung mit Diesel zu einem Preis von etwa 1.50 Fr./Liter sicherstellen. Dieses Energieversorgungssystem ist zwar etwas teurer als das heutige System, es ist jedoch CO2-frei und erfüllt damit die Bedingungen des Pariser Klimaabkommens. Berücksichtigt man die vorhandenen Energieeffizienzpotenziale, wäre dieses System kaum teurer als unser traditionelles System, es ist jedoch klimagerecht und damit zukunftsfähig.
Reversible Brennstoffzellen
Ökoinnovationen wie z. B. synthetischer Treibstoff sind Chancen für den Wirtschaftsstandort Schweiz. Das überzeugt auch Bundesrat Schneider-Ammann anlässlich einer Demonstration vor dem Bundeshaus. Links alt Nationalrat Thomas Böhni, rechts Carl Berninghausen, CEO der Sunfire GmbH. (Fotos: © business campaigning GmbH)
Interessant an dieser Überlegung ist die Tatsache, dass Brennstoffzellen modular aufgebaut sind. Somit kann eine solche Brennstoffzelle auch innerhalb der Haustechnik eine Rolle spielen. Wiederum ergibt sich ein Doppelnutzen: Produ-
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Hintergrund
swisscleantech Der Wirtschaftsverband swisscleantech setzt sich für liberale Rahmenbedingungen ein, welche nachhaltiges Wirtschaften attraktiv machen. Er engagiert sich für eine nachhaltige Klima- und Energiepolitik. swisscleantech operiert branchenübergreifend, denn Nachhaltigkeit ist ein Querschnittsthema, das jede Firma betrifft. www.swisscleantech.ch
zieren im Sommer die dezentralen PV-Anlagen zu viel Strom, wird dieser zu Solardiesel veredelt. Im Winter, wenn die Wahrscheinlichkeit von Knappheitssituationen grösser ist, könnte Strom eingespeist werden. In beiden Fällen verhält sich die Anlage netzdienlich, stabilisiert die Stromversorgung und reduziert den Bedarf für den Netzausbau. Ausserdem kann – bei dezentraler Aufstellung – die Abwärme im Gebäude zur Warmwasserproduktion eingesetzt werden. Dank der Modularität wäre es möglich, auf grosse Stückzahlen in der Produktion zu setzen. Dies eröffnet ein weites Spektrum an möglichen Kostensenkungen. Die Automobilindustrie machte dies genauso vor wie die PV-Industrie.
Power-to-X Die oben erwähnten Projekte werden zusammen mit ähnlich gelagerten Forschungsanstrengungen unter dem Begriff «Power-to-X» zusammengefasst. Das X steht dabei für den erzeugten Kraftstoff. Dieser kann Gas, Öl oder auch Methanol sein. Power-to-X hat das Potenzial, die Lücke zu schliessen und einen nahtlosen Übergang vom fossilen ins postfossile Zeitalter zu ermöglichen. Voraussetzungen dazu sind gute Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung der darin involvierten Technologien und ein forcierter Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion. Denn heute herrscht erst während wenigen Stunden ein erneuerbarer Überschuss, der verwendet werden kann.
Verrückte Strompreis-Situation Wie die aktuelle Diskussion um die Strompreise zeigt, ist der weitere Ausbau der erneuerbaren Strom-
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produktion trotz sinkender Produktionskosten kein Selbstläufer. Aktuell ist PV-Produktion in Deutschland heute bereits zum Preis von etwa 8 Rp./kWh möglich und Windturbinen produzieren in Dänemark zu 5 Rp./kWh. Dieser Preis ist tiefer als etwa die betriebswirtschaftlichen Vollkosten der Stromproduktion in Kohlekraftwerken, welche bei ca. 10 Rp./kWh liegen. Trotzdem kann keines dieser Kraftwerke – weder PV, Wind noch Kohle – auf dem Strommarkt einen kostendeckenden Preis erzielen. Denn die Grosshandelspreise liegen heute unter 3 Rp./kWh. Dies bringt auch die Schweizer Wasserkraft in Bedrängnis, welche betriebswirtschaftliche Vollkosten von rund 4 bis 5 Rp./kWh aufweist. Die Funktion der Grosshandelsmärkte erklärt, warum dies so ist. Vereinfacht gilt: Der Strompreis wird durch die Betriebskosten der Anlagen festgelegt, die zeitgenau den Markt bestimmen. Betriebskosten sind zum Beispiel Brennstoffkosten. Die Investitionskosten werden jedoch nicht berücksichtigt. In Stunden, in denen Anlagen mit tiefen Betriebskosten den Markt dominieren, ist auch der Strompreis tief. Die Betriebskosten sind bei Wasser-, Wind- und Solarkraftwerken besonders tief. Sind diese Kraftwerke einmal gebaut, produzieren sie fast ohne Kosten. Ein Strommarkt mit ausschliesslich solchen Kraftwerken würde daher sehr tiefe Strompreise aufweisen. Damit verhalten sich diese Kraftwerke wie eine Strasse. Bis zur Sanierung verursacht der Betrieb der Strasse nur geringe Betriebskosten und auch kaum Einnahmen. Das Geld für Bau wie Sanierung muss der Besitzer der Strasse anderwei-
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tig beschaffen, zum Beispiel über Benzinabgaben. Ein solcher Mechanismus für die Refinanzierung fehlt bei Kraftwerken. Diese absurde Situation wird sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Zwar benötigen wir neue, andere Kraftwerke. Deren Bau rentiert jedoch für Investoren nur, wenn parallel dazu eine Finanzierung der Investition sichergestellt wird. Im Moment ist dies über die kostendeckende Einspeisevergütung KEV der Fall. Beschliesst die Politik, die KEV auslaufen zu lassen, muss sie dafür sorgen, dass trotzdem Investitionsanreize bestehen bleiben.
Fazit Zusammenfassend kann man also festhalten, dass die Technologien, welche es braucht, um die Klimaund Energiewende zu schaffen, vorhanden sind oder kurz vor der Marktreife stehen. Wir dürfen optimistisch sein, dass es gelingt, dank Innovation auch die letzten verbleibenden Fragen zu klären. Entscheidend ist, dass die Politik Rahmenbedingungen schafft, die diesen Technologien zum Durchbruch verhelfen. ■ [1] In der 1-t-CO2-Gesellschaft liegt der durchschnittliche Pro-Kopf-Ausstoss von CO2 bei einer Tonne. Gemäss früheren Prognosen der Klimawissenschaft würde dies ausreichen, den Klimawandel zu begrenzen. [2] swisscleantech hat eine umfassende Liste von Bedingungen erstellt, die neue Technologien erfüllen müssen: www.swisscleantech.ch/Technologiekriterien
Infos Autor: Christian Zeyer, Co-CEO von swisscleantech www.swisscleantech.ch www.climeworks.com www.sunfire.de
Ausbildung | Weiterbildung
Schweizer Erfolgsgeschichte: Vom Lehrling zum Master of Science in Engineering (MSE)
Studiengänge im Bereich Energie + Gebäudetechnik An der Swissbau wurden bei der Veranstaltung «Bachelor und Master-Absolventen im Baugewerbe – Stellen richtig besetzen» die Anforderungen der Bauindustrie an ihre Bauingenieure und Gebäudetechniker angesprochen. An der Hochschule Luzern Technik & Architektur (HSLU T & A) in Horw können interessierte Bachelorabsolventen den Masterstudiengang MSE besuchen. Dieser Studiengang ist modular aufgebaut. Jeder Studierende hat seinen persönlichen Advisor, mit welchem das individuelle Studienprogramm zusammengestellt wird.
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er Master of Science in Engineering (MSE) wird an den sieben Fachhochschulen der Schweiz angeboten und richtet sich an Studierende mit einem sehr guten Bachelor-Abschluss. Die fachliche Vertiefung wird an der jeweiligen Hochschule absolviert. Deutschsprachige Theorie- und Kontext-
module werden zentral in Zürich angeboten. Das Studium kann auch auf Englisch oder Französisch absolviert werden. An der Hochschule Luzern kann ein Studienschwerpunkt aus vier Fachgebieten gewählt werden. Für Bachelorabsolventen der Gebäude- und Bautechnik bietet sich die Fach-
An der Hochschule Luzern wird Interdisziplinarität gelebt: Die Studierenden der Architektur, Innenarchitektur, Bautechnik und Gebäudetechnik teilen sich nicht nur die Räumlichkeiten, es finden auch gemeinsame, fächerübergreifende Lehrveranstaltungen statt.
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richtung «Civil Engineering and Building Technologies» an. Der Bachelorabschluss an einer Fachhochschule stellt eine berufsbefähigende Ausbildung mit all ihren Qualitäten dar. Ein konsekutiver (weiterführender) Masterstudiengang kann direkt im Anschluss an einen Bachelorabschluss absolviert werden. Der konsekutive Master grenzt sich dadurch von einem weiterbildenden Master ab, für den kein Bachelorabschluss, dafür aber eine mehrjährige Berufserfahrung Voraussetzung ist. Für die Unternehmen und unsere Volkswirtschaft ist die weiterführende Ausbildung zum Master in sinnvollem Ausmass erstrebenswert, da für Verantwortungs- und Führungspersonen eine weitere Auswahl vorliegt. Aus Sicht der Hochschulen sei es – laut Jörg Worlitschek, Leiter des MSE an der Hochschule Luzern – erstrebenswert, dass ein Anteil von 20 % der FH Bachelorabsolventen einen konsekutiven Masterabschluss erreicht. Im Jahr 2015 lag der Anteil der MSE-Studierenden an der Hochschule Luzern T&A bei ca. 6 %. Firmen müssen entscheiden, welche Positionen idealerweise mit Master- und welche mit BachelorAbsolventen besetzt werden. In der Veranstaltung referierten Vertreter der Wirtschaft sowie Absolventen über Anforderungsprofile, Kompetenzen und Erfahrungen.
Ausbildung | Weiterbildung
Andreas Stump, Master-Absolvent und Geschäftsleiter der Firma holzprojekt, Urs Rieder, Leiter Bachelor & Master und Vizedirektor an der HSLU und Jörg Worlitschek beantworteten einige Fragen im Interview. Wie werden die Studierenden darüber aufgeklärt, was sie bei welchem Studium erwartet? Andreas Stump: Eine der wichtigsten Quellen ist der persönliche Austausch mit Studierenden, die sich gerade im betreffenden Studiengang befinden. Dadurch erhalten zukünftige Studierende einen «unverblümten» Einblick in den realen Studienalltag. Jörg Worlitschek: Es finden regelmässig Infoveranstaltungen (siehe Kasten) zum MSE statt, bei welchen auch die Kompetenzzentren und Absolventen sowie Studierende vertreten sind. Wie könnte eine bessere Aufklärung über Marktbedürfnisse und Marktchancen seitens der Hochschule stattfinden? Ist das die Aufgabe der Hochschule?
Studiengänge an der HSLU, Bereich Energie- und Gebäudetechnik Bachelor-Studiengänge im Bereich Energie- und Gebäudetechnik und angrenzenden Fachgebieten: • Bautechnik • Gebäudetechnik (Heizung-Lüftung-Klima-Sanitär oder Gebäude-Elektroengineering) • Informatik • Elektrotechnik • Maschinenbau • Energy Systems Engineering (englischsprachiger Studiengang) www.hslu.ch › Technik & Architektur › Studium › Bachelor Der Master of Science in Engineering (MSE) baut auf einem Bachelorabschluss auf. Master-Fachrichtungen im Bereich Energie- und Gebäudetechnik: • Civil Engineering and Building Technology • Energy and Environment www.hslu.ch › Technik & Architektur › Studium › Master › Engineering › MSE-Fachgebiet Civil Engineering and Building Technologies
Infoveranstaltungen an der HSLU Bachelor-Studium Gebäudetechnik: Freitag, 18. November 2016 Montag, 5. Dezember 2016 MSE-Studium: Donnerstag, 13. Oktober 2016, 16.45 Uhr Interessenten können sich vorgängig auch direkt an den Studiengangleiter oder an die zuständigen Advisoren wenden.
Andreas Stump: Das Abklären von Marktbedürfnissen ist unbedingt eine Aufgabe von Hochschulen. Hochschulen sollen ihre Studierenden nicht am Markt vorbei ausbilden. Jörg Worlitschek: Durch den engen Kontakt der betreuenden Dozierenden (Advisoren) im Studiengang mit der Wirtschaft besteht ein enger Kontakt. Zusätzlich ist angedacht, für das Fachgebiet «Civil Engineering and Building Technologies» eine Begleitgruppe mit Vertretern der Wirtschaft ins Leben zu rufen. Eine Kontaktaufnahme interessierter Firmen dazu freut uns jederzeit.
Die praktische Anwendung des Lehrstoffs wird durch die Arbeit an den Versuchsständen im Gebäudetechnik-Labor ermöglicht.
Wie wichtig ist der Kontakt zwischen Markt und Hochschule? Urs Rieder: Für Fachhochschulen ist das absolut zentral. Der Praxisbezug der Ausbildung ist sowohl im Bachelor wie auch im Master sehr wichtig. Das zeigt sich z. B. daran, dass im Bachelor alle Industrie- und Bachelorarbeiten aus der Industrie oder der Forschung kommen und in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Partnern erarbeitet werden, beim Master sind die Vertiefungsprojekte immer aus der Forschung und diese sind immer in Kooperation mit Industriepartnern. Jörg Worlitschek: Der Praxisbezug ist im MSE zentral und zählt zu den grossen Stärken gegenüber universitären Masterprogrammen. Die Studierenden werden von Anfang an in Projektarbeiten aus der Praxis einbezogen. Diese Projektarbeiten
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Ausbildung | Weiterbildung
dienen oft auch als Türöffner für den Eintritt in die Arbeitswelt.
Prof. Dr. Jörg Worlitschek ist Studiengangleiter Master of Science in Engineering (MSE) und Dozent für Maschinentechnik. Er leitet die Forschungsgruppe «Thermische Energiespeicher». (joerg.worlitschek@hslu.ch)
Prof. Urs Rieder, Leiter Bachelor & Master und Vizedirektor HSLU. Ehem. Studiengangleiter Bachelor Gebäudetechnik. (urs.rieder@hslu.ch)
Adrian Altenburger, Leiter Abteilung Gebäudetechnik und Studiengangleiter Bachelor Gebäudetechnik. (adrian.altenburger@hslu.ch)
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Was ist der konkrete Mehrwert für ein Unternehmen, den ein Masterabsolvent gegenüber einem Bachelorabsolvent mitbringt? Andreas Stump: Der FH Master ist eine riesige Chance für Berufsleute, sich zusätzliches Wissen anzueignen. Im Studiengang MSE können Vorlesungen und die Vertiefungsrichtung von den Studierenden sehr gut gesteuert werden. Es liegt also an den Studierenden, sich im Studiengang Spezialwissen anzueignen. Mit einer gezielt ausgewählten Vertiefung und dem entsprechenden Spezialwissen kann ein echter Mehrwert generiert werden. Wenn jedoch «planlos» studiert wird, hält sich der Mehrwert eher in Grenzen. Wie wichtig wird der Praxisbezug von Masterarbeiten eingeschätzt? Jörg Worlitschek: Der Praxisbezug macht diesen Masterstudiengang aus. Somit ist eine praxisbezogene Masterarbeit eine logische Schlussfolgerung dieser «Philosophie» und ist dementsprechend wichtig. Eine Masterarbeit geht in einigen Belangen wissenschaftlich tiefer als in vielen Fällen das reale Berufsleben. Es ermöglicht damit später die Selbstverständlichkeit, schnell tief zu gehen und dies routiniert zu verschriftlichen. Was spricht beim MSE-Projekt für oder gegen die Zusammenarbeit mit möglichen zukünftigen Arbeitgebern? Andreas Stump: Dagegen spricht nichts, solange sowohl die Hochschule als auch die Betriebe die Anliegen und Stärken des Gegenübers respektieren. Studierende können ohne Verpflichtungen Betriebe und deren Leitungsteam kennenlernen, ohne eine Verpflichtung einzugehen. Dasselbe gilt auch für die Betriebe, welche immer auf der Suche nach qualifiziertem Personal sind. Es ist eine gute Möglichkeit für Studierende, sich im Arbeitsmarkt aufzudrängen. Für die Betriebe sind solche Zusammenarbeiten auch
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Andreas Stump, Dipl. Holzbauingenieur MSc FH, Absolvent Master of Science in Civil Engineering. (andreas.stump@holzprojekt.ch)
Infos zu Andreas Stump, holzprojekt gmbh Andreas Stump, MSc., absolvierte nach der obligatorischen Schulzeit eine Berufslehre als Zimmermann. Nach sechs Jahren Berufserfahrung als Zimmermann entschied er sich für ein Bachelorstudium zum Holzbauingenieur in Biel und sammelte weitere vier Jahre Berufserfahrung in einem Ingenieurbüro, bevor er das Masterstudium an der Hochschule Luzern T & A mit der Vertiefung Holz- und Verbundbau absolvierte. Nach dem Masterstudium stieg er in die junge Firma holzprojekt gmbh ein, welche er mit drei Kollegen gemeinsam führt. Die holzprojekt gmbh bearbeitet anspruchsvolle Holzbau-Projekte von der Entwicklung und Planung bis zur Realisierung. www.holzprojekt.ch
immer eine Chance, das Wissen im eigenen Betrieb zu erweitern und über den eigenen Tellerrand zu schauen. Jörg Worlitschek: Dagegen spricht nichts, da es für beide Parteien eine Win-Win-Situation darstellen kann. Auf der einen Seite können Studierende mögliche zukünftige Arbeitgeber kennenlernen, andererseits erfahren Arbeitgeber aus
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erster Hand Eigenschaften bringen.
welche (Arbeits-) Studierende mit-
Wird das Masterstudium im nahtlosen Anschluss an das Bachelorstudium empfohlen oder wäre es besser, vor dem Masterstudium einige Jahre Berufserfahrung zu sammeln? Die beiden anwesenden Firmenvertreter Daniel Stadler (Aicher,
DeMartin, Zweng AG) und Daniel Meyer (Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG) sprachen als Empfehlung einen Unterbruch zwischen Bachelor- und Masterstudium aus. Andreas Stump: Als ehemaliger Masterstudent finde ich es sehr empfehlenswert zwischen Bachelor- und Masterstudium ein paar Jahre zu arbeiten. Auf diesem Wege konnte ich herausfinden, wo ich Im iHomeLab der Hochschule Luzern, dem Forschungszentrum für Gebäudeintelligenz, werden Forschungsresultate präsentiert und auf verständliche Weise erklärt. Das iHomeLab ist offen für Interessierte und kann besichtigt werden (Anmeldung erforderlich: www.iHomeLab.ch › Das iHomeLab besuchen).
Im Jahr 2015 gab es 114 MSE-Studierende an der Hochschule Luzern Technik & Architektur. Dies entspricht einem Anteil von ca. 6 % der 1962 Studierenden in den Bachelorstudiengängen. Seit 2010 hat sich die Anzahl der MSE-Studierenden mehr als verdoppelt.
Wissenslücken habe und welches Wissen auf dem Markt gefragt ist. Jörg Worlitschek: Beides ist möglich und es gibt allgemein gesprochen nicht die bessere oder schlechtere Wahl. Diese Entscheidung wird von jedem Studierenden individuell getroffen. Ein Teil der Studierenden empfindet direkt nach dem Bachelor das Bedürfnis, sich noch mehr zu spezialisieren. Ein anderer Teil arbeitet zuerst und merkt später, dass er oder sie sich beruflich und persönlich durch ein Masterstudium noch mehr entfalten kann. Wie kann ich konkret vom Masterstudium profitieren? Andreas Stump: Ich habe sehr gezielt studiert. Darum konnte ich fachlich sehr viel profitieren. Aber auch die Auffrischung und Vertiefung der naturwissenschaftlichen Grundlagen hat mich weiter gebracht. Zudem konnte ich mein persönliches Netzwerk erweitern.
Das MSE-Studium kann vollzeit (90 ECTS, 3 Semester) oder berufsbegleitend absolviert werden. Der Studienplan besteht zu 2/3 aus fachlichen Vertiefungsprojekten. Jeder Studierende stellt gemeinsam mit seinem Advisor ergänzend dazu ein individuelles Studienprogramm aus Theorie- und Kontextmodulen zusammen.
Was war die grösste Entbehrung während der Studienzeit? Andreas Stump: Die finanziellen Entbehrungen sind nicht zu unterschätzen. Wenn man das Studium im Vollzeitmodell absolviert, kann man während anderthalb
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2016
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Ausbildung | Weiterbildung
Jahren nicht oder nur sehr wenig arbeiten. Ansonsten war es eine sehr gute Zeit. Legen Arbeitgeber grossen Wert auf den akademischen Grad eines Mitarbeiters? Andreas Stump: Wenn die bewerbende Person durch das Masterstudium Spezialwissen mitbringt, welches für unseren Betrieb interessant oder von Nutzen ist, wären das sehr spannende Bewerbungen. Um eine Stelle als Ingenieurin/Ingenieur zu besetzen, betrachte ich den Masterabschluss aber nicht als Voraussetzung. Jörg Worlitschek: In meiner früheren Position innerhalb der international tätigen Schweizer Firma Mettler Toledo habe ich im Einstellungsprozess Absolventen
von Fachhochschulen wegen ihres Unternehmertums und ihrer Praxisnähe sehr geschätzt. Für verantwortungsvolle Aufgaben in einem internationalen Unternehmen ist der Master-Abschluss ein Muss. Wird ein akademischer Abschluss auch finanziell vergütet? Andreas Stump: Es kommt auf die Branche an. In Berufen der öffentlichen Hand wird der Masterabschluss finanziell honoriert. In der Privatwirtschaft kann der Masterabschluss das Einstiegsgehalt positiv beeinflussen. Nach ein paar Jahren ist es aber entscheidender, wie sich die Person bewährt und verkauft. Ich bin überzeugt, dass ein guter Masterabschluss die Chancen im Berufsleben auch in der Privat-
wirtschaft erhöht, denn Wissen ist eine wertvolle Ressource. Jörg Worlitschek: Dies gilt typischerweise und vor allem mit weiterführender Karriere. Man sollte sich allerdings nicht aufgrund des finanziellen Anreizes entscheiden. ■
Infos Autorin: Daniela Hochradl Links zum Thema: www.msengineering.ch www.hslu.ch/mse www.studienwahlcheck.studiumschweiz.ch www.swissbau.ch › Rückblick › Blog › Eventreports
Ausbildung | Weiterbildung
FHNW Olten: CAS Energie in der Gebäudetechnik
Gebäudetechnik mit Potenzial Der Gebäudetechnik kommt eine enorme Bedeutung für die Qualität des Gebäudeparks Schweiz zu. Dies belegt die BFE-Studie «Potenzialabschätzung zur Gebäudetechnik» vom Januar 2016.
E
in sehr gutes Kosten-NutzenVerhältnis und ein rascher Innovationsrhythmus sind Merkmale der Gebäudetechnik. Dadurch lassen sich wirtschaftliche Massnahmen in Übereinstimmung mit den langfristigen Zielen zum nachhaltigen Bauen realisieren. Was fehlt, sind Fachleute, die diese Technik in Erneuerungs- und Neubauprojekten umsetzen. Für die Fachhochschule Nordwestschweiz ist dieser Trend mit ein Grund für das Angebot «CAS Energie in der Gebäudetechnik». Ziel der Weiterbildung sind integrale gebäudetechnische Lösungen – durch objektorientierte Kombination von Effizienzsteigerung und erneuerbaren Energien ist dies möglich. Denn die Einbindung von Technologien ins Gesamtsystem «Haus» ist ein prioritäres Thema des Zertifikatskurses. Damit bildet das CAS die Denk- und Arbeitsweise eines Planungsteams ab. Die Vernetzung von Energiequellen und Energienutzern innerhalb von Gebäuden und Arealen bildet die Grundlage für zukunftsfähige Lösungen. Dazu zählen Plusenergiebauten und 2000-Watt-Areale ebenso wie gesetzeskonforme Neubauten und Erneuerungen. Denn die Mustervorschriften der Kantone (MuKEn 2014) zielen auf fossilfreie Wärmeerzeugungen – sowohl im Heizkesselersatz als auch für neue Häuser. Die MuKEn schreiben für Neubauten sogar eine «Photovoltaik-Pflicht» vor, von der sich Hauseigentümerschaften mittels finanzieller Entgelte befreien können. In Verbindung mit den
stark modifizierten Normen und Richtlinien der Fachverbände SIA und SWKI schaffen die gesetzlichen Vorschriften eine völlig neue Ausgangslage – vor allem für die Gebäudetechnik. Das Studium beginnt mit einer Einstiegswoche im September 2016, ergänzt um jeweils einen Tag in den zwölf Folgewochen (bis Dezember). Besonders geeignet ist die Weiterbildung für Architektinnen und Gebäudetechniker mit Hochschulabschluss. Für Interessierte mit anderer Ausbildung sind Ausnahmen möglich. Unterstützt werden die Studierenden durch die bewährte E-Learning-Plattform. Studienort ist der FHNW-Campus Olten (Nähe Bahnhof). Das CAS «Energie in der Gebäudetechnik» startet im September 2016.
Gute Architektur braucht gute Gebäudetechnik: zentrale Halle des neuen Hochschulgebäudes in Muttenz. (Foto: FHNW)
Der FHNW-Zertifikatslehrgang «CAS Energie in der Gebäudetechnik» ist möglich als solitäre Weiterbildung oder als Modul für die Masterstudiengänge «MAS FHNW Nachhaltiges Bauten» und «MAS FHNW Energie am Bau» sowie für den Diplomstudiengang «DAS FHNW Energieexperte/-in Bau». ■
Weitere Infos FHNW Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik Tel. 061 467 45 45 www.fhnw.ch/wbbau
Umwälzpumpen bringen Medien zum «Kunden»: Komplexe Haustechnikanlagen bedingen hohe Fachkompetenz. (Foto: Grundfos)
Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2016
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Extra 7/2016 Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik
Impressum
Inserenten in dieser Ausgabe
Impressum NeoVac ATA AG
73
ABB Technikerschule
174
OMD Hamburg GmbH
43
AEH Oekotherm AG
102
Omni Ray AG
54
Air-On AG
112
Osram AG
77
Parkem AG
84
ABB Schweiz AG
46
ait Schweiz AG
19, 62
AKAD Business AG
174
Peugeot (Suisse) SA
61
Aladin AG
129
PostFinance AG
53
Alsoft Informatik AG
73
ARNOLD Engineering und Beratung
131
AZ Fachverlage AG
US 3
Beckhoff Automation AG
45
BELIMO Automation AG
100
BKS Kabel-Service AG
31
Prolux Solutions AG
7
Puag AG
124
R. Nussbaum AG
137
Rapp Enserv AG
92
Reichle & De-Massari AG
42
BMS-Energietechnik AG
105
René Koch AG
31
Breitenmoser + Keller AG
69
Restclean AG
135
14
S + G Mobile Heizzentrale AG
Brelag Systems GmbH
110
Saia-Burgess Controls AG
Camille Bauer Metrawatt AG
151
Satelco AG
CeCoNet AG CFW EMV-Consulting AG Coolworld Rentals AG Danfoss AG
62
23
Schmid AG, energy solutions
91
35, 45
Domotec AG
63 28, 44
Sauter Building Control Schweiz AG
49
Demelectric AG
95
16 115
92
Siemens Schweiz AG
55
SM Handels AG
112
SOLTOP Schuppisser AG Somfy AG
94 47, 129
97
Spälti Elektro AG
155
Stiebel Eltron AG
93
Elko-Systeme AG
43
Systec Therm AG
89
EMU Electronic AG
42
Theben HTS AG
Energie 360° AG
72
Ticom GmbH
Elcotherm AG Elektro-Material AG
4
172
tiventa AG
113
101
Trox Hesco (Schweiz) AG
116
Trygonal Schweiz AG
117
Esylux Swiss AG
9
eta Group GmbH
95
Urfer Müpro
67
EVVA Sicherheitstechnologie GmbH
44
Verband der Schweizerischen
59
17
Viessmann (Schweiz) AG
13
W. Wahli AG
18
121
Fronius Schweiz AG
80
Geberit Vertriebs AG
US 2
WAGO CONTACT SA
130
Walter Meier (Klima Schweiz) AG
47
Georg Fischer (Schweiz) AG
114
Wärmebau Vertriebs AG
99
Grundfos GmbH
147
Weishaupt AG
96
HEFTI. HESS. MARTIGNONI. Holding AG
43
Höhere Fachschule für Technik Mittelland
172
HS Technics AG
28
Innoxel System AG
37
Klima Kälte Kopp AG
54
M. Scherrer AG
136
Meimo AG
127 63, 129
Mobil in Time AG
103
Naef GROUP
137
176
Leitung Werbemarkt | Jürg Rykart Anzeigen andre.fluri@azmedien.ch Tel. 058 200 56 27 rolf.niederberger@azmedien.ch Tel. 058 200 56 18 Layout / Produktion / Administration Pia Zimmermann, Stefanie Lipp, Renate Gadola, Corinne Dätwyler
Wieland Electric AG
41
Wilo Schweiz AG
98
Zumtobel Licht AG
US 4, 131
Stellenmarkt
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COPYRIGHT Mit der Annahme von Manuskripten durch die Redaktion und der Autor-Honorierung durch den Verlag erwirbt der Verlag das Copyright und insbesondere alle Rechte zur Übersetzung und Veröffentlichung der entsprechenden Beiträge in anderen verlagseigenen Zeitschriften sowie zur Herausgabe von Sonderdrucken. Für unverlangt eingesandte Text- und Bildunterlagen übernimmt die Redaktion keine Gewähr. Produkte und Highlights sind kostenpflichtig. Nachdruck, auch auszugsweise, nicht gestattet.
Ein Produkt der Verleger: Peter Wanner CEO: Axel Wüstmann www.azmedien.ch
111
LEDVANCE AG M. Züblin AG
Redaktion hansjoerg.wigger@azmedien.ch juerg.altwegg@azmedien.ch manuel.fischer@azmedien.ch peter.warthmann@azmedien.ch r_kleger@bluewin.ch
85
Erdöl-Vereinigung
FLIR Systems GmbH Germany
Geschäftsführer | Roland Kühne Leiterin Zeitschriften | Ratna Irzan
126
E-Profi Education
Flextron AG
Herausgeberin AZ Fachverlage AG | Neumattstrasse 1 5001 Aarau | Tel. 058 200 56 50
127
Relmatic AG
BV-Control AG
«Extra» ist die Gemeinschaftsausgabe von Elektrotechnik ET und HK-Gebäudetechnik ISSN 1015-3926 (ET) | ISSN 1016-5878 (HK-GT) 13. Jg. 2016 | Druckauflage: 16 000 Exemplare
Beilagen Hochschule Luzern, Technik & Architektur Spälti AG
Extra 7/2016 Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik
Namhafte Beteiligungen nach Art. 322 Abs. 2 StGB AZ Anzeiger AG, AZ Verlagsservice AG, AZ Fachverlage AG, Atmosphären Verlag GmbH, AZ Management Services AG, AZ Regionalfernsehen AG, AZ TV Productions AG, AZ Zeitungen AG, FixxPunkt AG, Belcom AG, Media Factory AG, Mittelland Zeitungsdruck AG, Vogt-Schild Druck AG, VS Vertriebs AG, Weiss Medien AG, Dietschi AG, TrisCom-Media AG, Radio 32 AG, AZ Vertriebs AG, Zofinger Tagblatt AG
Intelligente Gebäude
4
Extra 7/2016 Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik