Leseprobe Therapeutische Umschau

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Übersichtsarbeit

Allergien gegen Nicht-BetalaktamAntibiotika: eine Herausforderung in der Praxis Kathrin Scherer Hofmeier Abteilung Allergologie, Klinik für Dermatologie, Universitätsspital Basel

Zusammenfassung: Die heterogene Gruppe der Nicht-Betalaktam-Antibiotika kann teilweise sehr schwere immunologisch vermittelte Hypersensitivitätsreaktionen auslösen. Die Risiken dafür sind unter den verschiedenen Vertretern sehr unterschiedlich verteilt und es ist teilweise eine genetische Prädisposition zur Entwicklung von Stevens-Johnson-Syndrom / Toxisch epidermale Nekrolyse bzw. Drug rash with eosinophilia and systemic symptoms (DRESS-Syndrom) festzustellen. Einzelne Patientengruppen sind besonders häufig betroffen, u. a. Patienten mit HIV oder cystischer Fibrose. In dieser Übersicht werden die einzelnen Medikamentengruppen und entsprechende Risikosituationen, sowie die zur Verfügung stehenden diagnostischen Mittel besprochen. Allergies to non-betalactam antibiotics: a challenge in practice Abstract: The heterogeneous group of non-betalactam antibiotics can in part trigger very severe immunologically mediated hypersensitivity reactions. The risks are very differently distributed among the different representatives and a genetic predisposition to the development of Stevens-Johnson syndrome / toxic epidermal necrolysis or Drug rash with eosinophilia and systemic symptoms (DRESS syndrome) can be observed. Individual patient groups are particularly frequently affected, including patients with HIV or cystic fibrosis. In this overview, the individual drug groups and corresponding risk situations as well as the available diagnostic means are discussed.

Die überwiegende Mehrheit der immunologisch vermittelten Arzneimittelunverträglichkeiten folgen einem Typ I-­ Mechanismus (IgE-vermittelt nach Coombs und Gell) oder einem Typ IV-Mechanismus (zellulär-vermittelt nach Coombs und Gell). Typ I-Reaktionen zeichnen sich typischerweise durch Symptome wie Juckreiz, Urtikaria, Angioödeme, Atembeschwerden, Rhinitis, Konjunktivitis, Asthma bronchiale, gastrointestinale Symptome und Kreislaufschock aus, treten beim sensibilisierten Patienten in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Medikamentenverabreichung auf von wenigen Minuten bis Stunden und werden daher auch Reaktionen vom Soforttyp genannt. Zellulär vermittelte Reaktionen (Typ IV) manifestieren als verschiedene Formen nicht-flüchtiger Exantheme, teils be­ gleitet von Blutzelldyskrasien und Organaffektionen (v. a. Hepatitis, Nephritis), treten mit einer Latenz von mindestens einigen Stunden bis zu ca. 2 Tagen in Erscheinung und werden daher verzögerte Reaktionen genannt. Die sehr heterogene Gruppe der Nicht-Betalaktam-­ Antibiotika wird insgesamt und im Einzelnen deutlich ­seltener als Auslöser von immunologisch vermittelten Hypersensitivitätsreaktionen genannt als die grosse Gruppe der Betalaktame. Die auslösenden Mechanismen, ebenso wie die allergenen Determinanten und potentielle Kreuz© 2019 Hogrefe

reaktivitäten sind im Allgemeinen weniger gut untersucht und verstanden [1]. Die mit Abstand wichtigsten diagnostischen Werk­ zeuge sind die Anamnese, die präzise Dokumentation der zeitlichen Abläufe von Exposition (Erstexposition oder

Im Artikel verwendete Abkürzungen AGEP akute generalisierte exanthematische Pustulose AIDS aquired immunodeficiency syndrome EMB Ethambutol DILI Drug induced liver injury DRESS Drug rash with eosinophila and systemic symptoms FDE fixed drug eruption HIV Human immunodeficiency virus INH Isoniazid LTT Lymphozytentransformationstest MRGPRX2 Mas-related G-protein coupled receptor member X2 MRSA Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus OR odds ratio PZA Pyrazinamid RFP Rifampicin RMS Red man syndrome SCAR severe cutaneous adverse reaction SJS Stevens-Johnson Syndrom SMX Sulfamethoxazol TEN Toxisch epidermale Necrolyse TMP Trimethoprim

Therapeutische Umschau (2019), 76(1), 13–21 https://doi.org/10.1024/0040-5930/a001059


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