HetG-Magazin 3/2011

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hotellerie gastronomie maga zin 20 11

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hotellerieet g a stronomie m ag a zin

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design

1973 erstmals im deutschen Rechtschreibe-Duden erwähnt, ist der Begriff Design heute Allgemeingut und wird schon fast inflationär gebraucht. Dennoch haben wir uns diesem thema gewidmet. Denn es gibt viele interessante geschichten aus dem Food- wie auch aus dem non-Food-Bereich zu erzählen, die damit in verbindung gebracht werden können. lassen sie sich ob der Fülle an spannendem und Wissenswertem überraschen.

Titelbild: Stu mm

ere r/ Ha blesre

ite r/ Kö b/ Löcki

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editorial

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maga zin Produkte im Schaufenster

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food design Mehr als nur das schöne Anrichten von Tellern

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pro und contra Über den Sinn oder Unsinn von kalter Kochkunst

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shanghai Roger Marti – sein Leben in Fernost

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v e r pac ku n g s d e s ig n Wenn das Design stimmt, schmeckt auch der Kaffee

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c av e Ein Glas Wein bitte! Von schlechter und guter Bedienung

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ta B l e t o p Markus Hans im Gespräch

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pat i s s e r i e Zu Besuch beim Konditor­Weltmeister

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s ta r g a s t Sieben Fragen an den neuen CEO der Oettinger Davidoff Group

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weindesign Kein Etikettenschwindel

48 bis 96 Das Beiheft zum Thema Non­Food­Design

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koc h ku n s t Die Gilde­Equipe steht in den Startblöcken

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rezepte Von Franz Faeh, dem Starkoch vom Murtensee


www.pistor.ch

frischindieküche Ein grosses Wort, ein sicherer Pistor-Wert. Küchenchefs in Hotels, Restauration und in der Gemeinschaftsverpflegung schätzen, dass wir ihnen die Markenprodukte aus unserem Vollsortiment direkt in ihren Betrieb liefern. Bei Pistor können Sie sich darauf verlassen, dass Sie die beste Qualität zum besten Preis erhalten. Pistor beliefert die Gastronomie und Hotellerie in der ganzen Schweiz mit höchster Zuverlässigkeit. Auch dies, ein sicherer Pistor-Wert.

Der Gastro-Marken-Lieferant | unabhängig seit 1916.

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Jörg Ruppelt

Work i n prog re ss drei Monate ist es her, seit wir ihnen die erste ausgabe unseres neuen Magazins präsentieren durften. das feedback darauf war äusserst positiv, was uns sehr gefreut hat. Vereinzelt meldeten sich auch kritische stimmen. diesen haben wir gut zugehört. denn wir verstehen das re-design unserer Zeitschrift als Prozess, in dessen Verlauf wir das grundkonzept stetig verfeinern und optimieren. schwerpunktthema dieser nummer ist nun design. in allen Variationen: food design spielt zum Beispiel eine grosse rolle. Wir gehen dem Begriff auf den grund, erzählen geschichten aus Zeiten der industrialisierung des essens und erklären, warum Pizzen rund und fischstäbchen eckig sind. natürlich spielt auch die koch- und Patisseriekunst eine wichtige rolle. einer, der etwas davon versteht, ist Bernd siefert, konditor-Weltmeister und mehrere Jahre Patisserie-coach der deutschen kochnationalmannschaft. er zeigt in diesem heft seine schönsten schaustücke. die Branche diskutiert seit Jahren über sinn oder unsinn von kalten kochkunstausstellungen, in denen food-design der besonderen art gezeigt wird. Mit rolf Mürner und urs Messerli haben wir zwei altmeister gefunden, die zum thema verbal die klingen kreuzen. im Magazin spezial (auf den seiten 49 bis 96) widmen wir uns dem design im nonfood-Bereich. Wir stellen hotel-labels vor, die ihr Marketing auf dem Prädikat design aufgebaut haben. und wir konzentrieren uns auf den Bereich küchentechnik. so präsentieren wir unter anderem eine Weltneuheit – den ersten Buffettisch mit induktion, entwickelt nicht etwa von einem etablierten unternehmen, sondern von einem studenten der Betriebswirtschaft. in einem interview gibt küchenprofi Juerg Wietlisbach tipps zum neu- und umbau von grossküchen, zum Beispiel weshalb man unbedingt auf chromnickelstahl setzen sollte und warum epoxy-Böden zurzeit so gefragt sind. Wer weiss, vielleicht interessiert sie ja eher ein anderes thema? Wein, kaffee, glace, rezepte, table top, Bäder, textilien … auch dann haben wir für sie das richtige. Blättern sie im heft und picken sie sich die storys heraus, die sie interessieren und inspirieren. –3–


KULT-KÜBEL NEU AUFGELEGT die J. ochsner ag aus dem zür­ cherischen urdorf legt ihren le­ gendären «ochsner­Kübel» neu auf. die re­edition des «Patent ochsners», der es mit der gleich­ namigen Berner Band sogar bis in den schweizerischen Pop­ Himmel schaffte, ist rundum mo­ dernisiert und mit einigen neuar­ tigen Features versehen worden. augenfällig neu ist insbeson­ dere, dass der edelstahl­Kübel heute mit polierter ober­ fläche angeboten wird. schade eigentlich. denn wenn es ein Produkt gibt, das man mit Fug und recht als gelun­ genen schweizer designklassiker bezeichnen kann, dann ist es schon dieser alte, matte, gedrungene und komplett schmucklose abfallkübel, der bis in die 1980er Jahre hinein in jedem schweizer Haushalt anzutreffen war (und auch in keinem schulhaus – dort allerdings im grossformat – feh­ len durfte). genial in seiner schlichtheit war allein schon der medaillenartige deckel mit dem typischen schweizer Kreuz und der eigentümlichen Beschriftung, die aufgrund ihrer Prägung und dem dadurch entstehenden schatten­ wurf selbst im schummerlicht unter dem «schüttstein» gut erkennbar war. dieses markante Wiedererkennungsmerk­ mal hat man beim re­design praktisch tel quel übernom­ men. die Proportionen hingegen wurden verschlankt, so­ dass der neue, veredelte Kübel nun auch in Bezug auf sein Volumen zu mehr als einem blossen müllschlucker taugt: er kann genauso gut als stauraummöbel (zum Beispiel für

Holz im Cheminéebereich), Blu­ menvase, Wäscheeimer im Bad­ bereich oder sogar als Beistell­ tischchen und Hocker verwendet werden. Zudem wurden ein paar Zusatzelemente entwickelt wie beispielsweise ein assortiertes «schüfeli und Wüscherli». diese einheit besteht aus einem Kehr­ blech (übrigens mit dem gröss­ ten aufnahmevolumen auf dem markt) sowie einem Handfeger mit hochwertigem ross­ haarbesatz und kann auf dem deckel arretiert werden. ein gummirand als Kratzschutz am Behälterboden und eine deckeldichtung wurden ergänzt, sodass man ihn sich auch problemlos als schmuckes und praktisches accessoire im restaurant oder Hotelzimmer vorstellen kann. die Wer­ bebroschüre zum neuen Patent ochsner gestaltete übri­ gens der Zürcher Künstler alexis saile. er nahm den Kü­ bel dafür mit auf eine «Tour de suisse» und inszenierte ihn auf einer alp, in privatem Wohnraum, in einer Bankfiliale und selbst an einem open­air­Konzert. Kurzum: ein altes stück schweiz, neu aufgelegt. und recht gelungen. dumm ist einzig, dass die heutigen «güselwagen»nicht mehr über diese spezielle Hebevorrichtung verfügen, mit denen die müllmänner früher die am strassenrand aufgereihten ochsner­Kübel leeren konnten. aber das wäre im Zeitalter der sackgebühr wohl eindeutig zu viel verlangt.

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www.patent-ochsner.com


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Die Weinkarte auf dem iPad

Speisekarten der uSa Bevor restaurants im späten 19. Jahrhundert zur alltäglichkeit wurden, waren gedruckte speisekarten seltene güter, reserviert für ganz besondere gelegenheiten. als immer mehr restaurants eröffneten, wurde aus der speisekarte mehr als nur eine kulinarische auflis­ tung. das design der speisekarte wurde zum wesentlichen Bestandteil des restaurant­ besuches: die Karten waren gleichermassen Vermarktungsinstrument und beliebtes sou­ venir. das neu im Taschen Verlag erschienene Buch «menu design in america, 1850–1985» zeigt fast 800 Beispiele dieser grafikkunst und ist damit nicht nur eine aussergewöhnliche sammlung an Papiergrafiken, sondern auch eine geschichte der restaurants und des es­ sengehens in amerika. die gezeigten speisekarten bieten einen genussvollen Überblick über mehr als hundert Jahre Kulinarik in amerika. Zudem wird die geschichte des speise­ karten­designs aus verschiedenen Blickwinkeln erläuert. Historische Fotos von verschie­ denen bekannten und unbekannten restaurants runden den Band ab, der jedem gefallen wird, der gern essen geht und mehr über die geschichte der gastronomie erfahren will. au­ toren des Buches sind einerseits steven Heller, Co­Vorsitzender der school of Visual arts in new York, Kolumnist bei der new York Times und autor von 120 Büchern über design, illustration und satirische Kunst. ausserdem hat John mariani, restaurant­ und reisekriti­ ker beim esquire magazine, Wein­Kolumnist für Bloomberg international news und autor unter anderem der encyclopedia of american Food and drink, america eats out, am span­ nenden Werk mitgearbeitet. Herausgegeben wird das Buch vom Kulturanthropologen und grafikdesign­experten Jim Heimann, seines Zeichens executive editor beim Taschen Ver­ lag in los angeles und autor zahlreicher Bücher über architektur, Popkultur und die ge­ schichte der amerikanischen Westküste sowie über los angeles und Hollywood. seine ein­ zigartige Privatsammlung von Kuriositäten war schon in museen der ganzen Welt und in vielen seiner Bücher zu bewundern. Menu Design in America, 1850–1985 Steven Heller, John Mariani, Jim Heimann Hardcover, 25 x 31,7 cm, 392 Seiten ISBN 978-3-8365-2662-3 www.taschen.com

die Zeit der dicken, unübersicht­ lichen Weinbibeln ist gezählt. die Weinkarte der Zukunft ist kleiner als ein a4­Blatt und weit mehr als eine simple Weinliste. das Tablett, auf dem das angebot aus Keller und Bar präsentiert wird, ist ein iPad mit in­ novativer software. smartCellar, die digitale Weinkarte des us­unterneh­ mens incentient, ist nun auch für gastronomen in der schweiz erhält­ lich. diese neue Weinkarte entpuppt sich als Weinlexikon und macht es leicht, den Überblick über das an­ gebot zu bekommen. informationen werden vom gast nach Bedarf abge­ rufen. so wird ein Weinkenner nicht mit längst Bekanntem überhäuft. der neuling hingegen kann sich in aller ruhe einzelheiten zu jedem Wein anschauen. mit wenigen Fingertipps holt sich der gast informationen über Herkunft und geschmackliche eigen­ schaften, bevor er seine Wahl dem sommelier mitteilt. mit smartCellar ist die Weinliste immer auf dem neu­ esten stand, weil aktualisierungen zwischen Warenbestand und liste in echtzeit erfolgen. dahinter steht ein intelligentes system, das mit jedem Warenwirtschaftssystem kompatibel ist. und mehr noch: eine datenbe­ richtfunktion erlaubt auch ein detail­ liertes Feedback, für welche Weine sich die gäste interessiert haben und welche bestellt wurden. eine novität auch in der lagerhaltung. Welche Weine in die Karte aufgenommen und wie viele informationen über sie preis­ gegeben werden, entscheidet jeder gastronom für sich, denn smartCel­ lar ist frei skalierbar. auch wird die optik der Weinkarte auf den hausei­ genen markenauftritt zugeschnitten. www.newworksgroup.com

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Profi-reiben der besonderen art Frisch geriebener Käse schmeckt inten­ siv. lange im Voraus geraffelt verliert er dagegen an geschmack. das gilt auch für gewürze. mit microplane­reiben lassen sich lebensmittel ohne viel Kraftauf­ wand rasiermesserscharf schneiden. die microplane­reiben sind ursprünglich für die Holzbearbeitung entwickelt worden. noch heute sehen die gewürz­ und Zes­ tenreiben aus wie Hobel aus der schreine­ rei. die feinen Klingen werden nicht ge­ stanzt, sondern durch Fotoäztechnik aus hochwertigem edelstahl geäzt. dadurch erhalten sie ihre lang anhaltende schärfe. microplane gourmet­reiben und ­raspel sind eine elegante Weiterentwicklung. es gibt sie in verschiedenen grössen und mit unterschiedlichen Kalibern. www.welt -der-messer.ch

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klassiker aus der Dose

Let’s shake shakeria ist ein klassisches «all­ager pro­ duct». mit den sieben geschmacksrich­ tungen macchiato und Cappuccino (aus frisch gebrühtem espresso), erdbeere (aus frischen erdbeeren), swiss Choco­ late und Bourbon Vanille, Banane und Coco Pina findet jeder seine bevorzugte geschmacksrichtung. mit der neuarti­ gen Verpackung in Form eines Barshakers setzt shakeria für die automatenverpfle­ gung ungewöhnliche akzente und signa­ lisiert modernen lifestyle. durch kurzes shaken entsteht ein besonders cremiger milchschaum. ermöglicht wird das auf­ schäumen um bis zu 40 Prozent durch die besondere Form mit der geriffelten innen­ fläche. ein in die Verpackung integrier­ ter Teleskop­Trinkhalm ermöglicht den stilvollen und hygienischen genuss. da der deckel über eine Verschlusslösung für den Trinkhalm verfügt, kann das getränk jederzeit wieder luftdicht verschlossen werden. Vor jedem schluck kann shake­ ria erneut aufgeschäumt werden. damit bleibt das getränk bis zum letzten Trop­ fen ein erfrischend cremiges geschmacks­ erlebnis. www.shakeria.ch

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der weltweit beliebteste und am meisten bestellte drink ist neu in der praktischen 250 milliliter­dose erhältlich. statt Ba­ cardi superior rum, Coca­Cola und eis separat zu kaufen, bietet das mixgetränk eine einfache alternative. die geschichte des longdrink­Klassikers schlechthin reicht bis zum unabhängig­ keitskrieg von Kuba gegen spanien zu­ rück. Fausto rodriguez war der persönli­ che Bote von general Wood, dem neuen militärgouverneur Kubas. an einem abend im august 1900 traf sich Fausto in einer Bar an der neptuno street in Havanna mit seinem Freund mr. russell von den u.s. streitkräften. dieser nippte gerade in gesellschaft einiger soldaten an seinem üblichen Bacardi rum mit Coke, angereichert mit dem saft einer halben limette. Coca­Cola durch amerikani­ sche Truppen 1898 in Kuba eingeführt, war sowohl für Kubaner wie für amerika­ ner zu einer beliebten Bereicherung der getränkekarte geworden. die soldaten um mr. russell wollten beim eintreffen Faustos den gleichen drink ordern wie ihr Vorgesetzter. als russell ihnen mitteilte, der drink habe noch keinen namen, sagte einer der soldaten: «lasst uns ihm einen namen geben.» ein anderer meinte: «Wie wärs mit <Cuba libre>, freies Kuba?» alle stimmten begeistert zu und der name blieb haften. www.bacardi.ch


SILVER CIGAR LOUNGE das amerika der 1930er Jahre ist im aufbruch. Wally Byam, eigentlich ein Flugzeugnarr, erfindet eine Karosserie, die er sich beim Chefpiloten einer klei­ nen luftpostlinie abguckt. der Wohn­ wagenrumpf aus aluminium soll ge­ nauso leicht und aerodynamisch sein und dahinrauschen wie der Wind. ge­ dacht, getan: der airstream wird zur massenbewegung. Kein modell ist so aussergewöhnlich, so stylisch und zu­ gleich zeitlos wie der aus den usa stammende airstream. seit mehr als 75 Jahren in Handarbeit gefertigt, sind die ufoartigen mobilheime längst zum Prototypen der Bran­ che geworden. der Charme des airstream ist die Welt, von der man träumt: eine kuschelige Höhle, üppig, weich, be­ haglich – aber auch in perfekter Qualität, verschwenderi­ scher grösse und profaner mobilität. diesem Charme ist auch Kurt Blum erlegen. Begonnen hat die geschichte bei seinem letzten urlaub in den usa im Jahre 2009. auf ei­ nem Campingplatz in oregon haben er und seine Frau ein ehepaar aus Kanada getroffen, das unterwegs war mit ei­ nem airstream­Wohnwagen. das war die erste, absolut eindrückliche Begegnung mit diesem gefährt. der Wohn­

wagen war bereits 28 Jahre alt und sah aus wie neu. auch die innenausstattung war noch bestens in schuss. so entstand die idee: eine Zigarren­lounge in einem original airstream muss es sein! also hatte Kurt Blum nach einem geeigneten Partner gesucht und diesen dann in der Firma airstream4u in Hamburg gefun­ den. Für den Bau seiner lounge stand bereits ein 40 Jahre alter Wohnwagen aus den usa auf dem Firmengelände in Hamburg. die 9,50 meter lange silberne Kultzigarre mit den innenmassen von 8,30 metern länge und knapp 2,30 metern Breite erschien ideal als Cigarren­lounge. im laufe des novembers 2010 wurden erste skizzen und Vor­ schläge besprochen, und schon im dezember 2010 war der startschuss zur realisierung der Cigar lounge. 2011 wurde das Fahrzeug vollständig entkernt, generalüberholt und auf einem neuen verzinkten rahmen aufgebaut, in rund 350 stunden auf Hochglanz poliert und nach Vorgabe des «silver­Cigar­lounge»­machers Blum auf höchstem Qua­ litätsniveau ausgebaut. resultat: ein stimmiges Kultge­ fährt für so manche events!

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www.silver-cigar-lounge.ch


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d e s i g n Food Design ist kein moderner trend und mehr als das Präsentieren von schön angerichteten tellern. Text: Ruth Marending Fotos: Stummerer/ Hablesreiter/ Köb/ Löckinger

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in Japan sind Kirsch­ blüten ein symbol für schönheit und Vergänglichkeit. um ihre Farbe und ihren geruch zu konservieren, werden sie eingesal­ zen und das rest­ liche Jahr über als Tee getrunken.

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enn der Begriff Food Design ins Spiel kommt, neigt der Gastronom dazu, an seinen schön präsentierten Tel­ ler zu denken und an die Speisen, die er liebevoll drapiert hat, und vielleicht auch, wenn er gerade ein Kochbuch schreibt, an die Fotografie, die davon gemacht wird. Das ist eine Form von Food Design. Doch die «Erfindung» des Begriffs geht viel weiter zurück: genau genommen in die Frühzeit der Menschengeschichte. Die Nahrungsaufnahme ist ein menschliches Be­ dürfnis und mehr als eine reine Kalorienzufuhr. Seit jeher versuchte der Mensch, seine Umwelt zu formen, auch das Essen. Wie das bereits in frühester Zeit der Fall war, beschreiben Sonja Stummerer und Martin Hablesreiter in ihrem Buch «Food Design – von der Funktion zum Genuss»: «Die Entdeckung des Feu­ ers hat Aussehen und Geschmack von Speisen na­ turgemäss stark verändert, ebenso wie später die Erfindung des Sauerteigs. Zu den ältesten bekann­ ten Beispielen essbarer Produktgestaltung zählen symbolische Opfergaben aus Brotteig in der Antike. Manche der damals entstandenen Motive existieren bis heute, wie etwa der Zopf oder das Kipferl (Gipfe­ li).» Weil man bei Gebrauchsgegenständen von De­ sign spricht, ein Begriff übrigens, der erstmals bei der Gründung des Londoner «British Council of Indus­ trial Design» im Jahre 1944 auftauchte, entstand da­ raus Food Design: Essen gestalten. Was unter Food Design alles zu verstehen ist, ist in Bezug auf die Gas­

tronomie rasch erzählt: Der Gestaltung und Präsen­ tation der Speisen sind keine Grenzen gesetzt, im besten Fall sollten sie einfach noch essbar bleiben. Ebenso bei der Fotografie gibt es nicht viel zu erklä­ ren. Ausser dass hier, damit die Speisen im Lampen­ licht noch frisch aussehen, tief in die Trickkiste ge­ griffen werden muss: nicht fertig gekochte Gerichte, Stabilisatoren für die Bierschaumkrone, Klarlack für einen schimmernden Glanz der Speisen. Die Kö­ che unter den geneigten Lesern kennen dieses Vorge­ hen durch die Präsentationen an Kochausstellungen, nur dass hier meistens nicht ganz so viel Chemie zum Einsatz kommt. Ganz anders die Molekularküche, die ohne chemische Vorgänge nicht auskommt. Food Design hat aber auch für eine andere Bran­ che eine grosse Bedeutung: die Industrie. Davon ist jeder betroffen, sei es als Koch oder als Kunde. Die Industrie entscheidet, wie sich ein Lebensmittel prä­ sentiert, ob die Pizza rund bleibt oder die Pommes frites zu Kugeln werden. Hier werden Suppen, Sau­ cen, Gewürze, Joghurts, Teigwaren und weiteres mehr kreiert und dem Handel als Halbfertig­ und Fertigprodukte angeboten, die dann wiederum in der heimischen Küche oder eben in der Gastronomie landen. Bei der Gestaltung und Kreation wird nichts dem Zufall überlassen. Die Industrie sorgt dafür, dass die Kartoffelchips nicht nur gut schmecken, son­ dern auch knusprig bleiben. Dass das Tomatenketch­ up nicht nur nach einer Tomatengewürzmischung

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die sachertorte wurde 1832 in Wien offiziell erfunden. ihre weltweite Berühmtheit verdankt sie weniger dem geschmack als ihrer Transporttauglichkeit dank der schützen­ den schokoglasur.

riecht, sondern auch tomatenrot daherkommt und vor allem auch so bleibt. Dass sich das Erdbeerjo­ ghurt dank der Zufuhr von Randen auch wirklich erdbeerenfarben präsentiert, der Kristallzucker schön pulvrig und das Salz körnig bleibt, die Wurst, das Bier, der Käse und andere Grundnahrungsmit­ tel möglichst lange haltbar sind. Und auch wie al­ les schmeckt. Die Flavoristen, deren Berufsbezeich­ nung sich an das lateinische Wort flavor (Geschmack) anlehnt, arbeiten mit bis zu 5000 einzelnen Aroma­ stoffen, die teils natürlich, teils naturidentisch oder synthetisch sind. Schon sind wir beim Kern des Food Designs an­ gekommen: den Zusatzstoffen, ohne die all dies gar nicht denkbar wäre. Deren Entwicklung begann mit der Industria­ lisierung Mitte des 19. Jahrhunderts. Immer mehr Menschen wandten sich vom Bauerntum ab und suchten Arbeit in den aus dem Boden schiessen­ den Manufakturen. Weil der karge Fabriklohn des Mannes für den Unterhalt der Familie nicht reichte, mussten auch die Frauen zum Lohnerwerb beitra­ gen. Nur: Wer bereitete zu Hause die zeitintensiven Mahlzeiten zu? Wie drastisch der damalige gesell­ schaftliche Umbruch war, beschreibt Udo Pollmer, Lebensmittelchemiker und Leiter des Europäischen Instituts für Lebensmittel­ und Ernährungswissen­ schaften, in seinem Buch «Food Design – Panschen erlaubt»: «Früher kümmerten sich rund 80 Pro­ zent der Bevölkerung im weitesten Sinne ums Es­

sen, heute sind es in Industrieländern gerade einmal fünf Prozent. Mit der wachsenden Zahl berufstätiger Frauen und dem Wunsch nach einem breiten Ange­ bot von Mahlzeiten, die wenig Zeit und Aufwand bei der Zubereitung erfordern und gleichzeitig bezahl­ bar sind, wurde die Herstellung und Zubereitung von Speisen vom Haushalt in die Industrie verlegt und automatisiert.» Einer der ersten, der den Frauen auf dem Weg vom Herd in die Fabrik unter die Arme griff, war ein Schweizer: Julius Maggi, dessen Maggi­Würze nach dem Vorbild von «Liebigs Fleischextrakt» kre­ iert wurde. Die genaue Geschichte dieses dem Mag­ gi zugrunde liegende Produkt kennt Udo Pollmer: «Der Chemiker Justus von Liebig erfand zwar weiter

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ob salami, reis, salzgebäck oder Käse: der geruch ist zentral fürs geschmackerlebnis.


lebensmittel, die in Kontrast­ farben zu ihren natürlichen Zutaten eingefärbt sind, wirken irritierend.

die Würze, aber auch er hatte ein Vorbild: die damals bereits existierenden Suppengrundlagen auf der Ba­ sis von Knochenleim, die als Soldatenverpflegung dienten. Industriell umgesetzt wurde Liebigs Er­ findung von 1847 erst im Jahr 1864 in Uruguay, wo sich der Hamburger Ingenieur Giebert den Über­ fluss an frischem Rindfleisch zunutze machte, denn von den Schlachttieren wurde gewöhnlich nur die Haut zur Herstellung von Leder verwendet. Und da es noch keine Kühlschiffe gab, musste das ‹Abfall­ produkt› Fleisch vor Ort verarbeitet werden: Aus 30 Kilogramm Rindfleisch wurde mittels Dampf und unter Druck ein Kilogramm zähflüssiger, dunkel­ brauner, haltbarer und aromatischer Paste – Liebigs Fleischextrakt – für die hungrigen Mäuler der Alten Welt. Doch um das Proletariat in Europa zu ernähren, brauchte man billigeren Ersatz. Der Schweizer Ju­ lius Maggi, der wie auch sein Konkurrent Carl Hein­ rich Knorr, grosstechnisch die Erbswurst herstell­ te, ein Gemisch aus Erbsenmehl, Speck, Gemüsen und Salz, abgefüllt in einen befeuchteten Naturdarm, schaffte wohl als Erster das Kunststück. Er zauberte 1886 durch Hydrolyse von eiweissreichem Bohnen­ mehl ein preiswertes, völlig fleischfreies ‹Fleisch­ aroma›. Die bequeme Flüssigwürze, die später in der viereckigen Maggiflasche in keinem Haushalt mehr fehlen durfte.» Julius Maggi blieb nicht der einzi­ ge Erfinder, also Food Designer, seiner Zeit, die den heimischen Speisezettel bereicherten, mit Elemen­

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tarem, aber auch auch mit süssen Köstlichkeiten: Henri Nestlé erfand 1865 das Milchpulver, Hermann Bahlsen 1893 die Leibniz Butterkekse, John Stith Pemperton 1886 Coca­Cola, Theodor Tobler 1908 die Toblerone und Hans Riegel 1922 die Gummibärchen. Produktkreationen, die nicht nur wegweisend waren, sondern vor allem auch langlebig die Essgewohnhei­ ten beinflussten. Weltweit vermögen aber auch neuzeitlichere Gastronomiekonzepte mit Food Design zu punkten. Paradebeispiel hierfür ist McDonald’s. Die Gestal­ tung der Produkte ist in allen Kontinenten standar­ disiert, die Zubereitungsart immer dieselbe, alle Ge­ richte schmecken immer gleich. Die Fischstäbchen und Pommes frites müssen hierfür immer die gleiche Grösse haben, die verwendeten Grills weltweit iden­ tisch sein, die eigens kreierten Saucen­Dispenser die immer gleiche Menge Mayonnaise, Ketchup und an­ dere Saucen ausspucken, so dass sich der Kunde da­ rauf verlassen kann, in Tokio genau den gleichen Big Mac geniessen zu können wie in Chicago, Bern oder Mexico City. Ganz im Sinne von Food Design, das die Steige­ rung des sinnlichen Genusses zur Hauptaufgabe hat und alle fünf Sinne ansprechen will: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten. Und zwar so, dass sich möglichst eine Grosszahl der Bevölkerung angespro­ chen fühlt. Egal mit welchen Methoden, Konzepten und weiteren Überraschungen aus der Küchentrick­ kiste. ×


lebensmittel als Kultobjekte: stonehenge aus marsriegeln. erfolgreiche nahrungsmittel schmecken nicht nur, weil sie gut sind, sondern auch, weil sie geschichte erzählen. gute esswaren regen unsere Fantasie an und vermitteln gefühle.

Zum Weiterlesen

FOOD DESIGN XL Warum sind Pizzas rund und Fischstäbchen rechteckig? Das Buch zeigt auf, wie Form, Farbe, Geruch, Konsistenz, Verzehrgeräusche, Herstellungstechnik und Design die Lebensmittel beeinflussen.

FOOD-DESIGN – PANSCHEN ERLAUBT Zusatzstoffe sind in aller Munde. Die Industrie kommt ohne die heimlichen Helfer kaum noch aus. Die Autoren Pollmer und Niehaus erzählen die Geschichte der Nahrungszusätze auf spannende und informative Weise.

Sonja Stummerer, Martin Hablesreiter Springer-Verlag Wien/New York ISBN 978-3-211-99230-2

Udo Pollmer und Monika Niehaus Hirzel-Verlag Stuttgart ISBN 978-3-7776-1802-9

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wie zeitgemäss sind kalte

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rolf mürner (40), inhaber von «swiss Pastry design» in rüeggisberg, langjähri­ ges mitglied der schwei­ zer Kochnationalmann­ schaft, mit der er 2007 in Chicago Weltmeister wurde. sein Buch «mürner one» wurde im rahmen der diesjährigen gourmand World Cookbook awards zum besten dessertbuch der Welt gekürt.

«ich bin ein absoluter Befürworter kalter kochkunstshows. ich bin glücklich und dankbar, dass ich an so vielen Wettbewerben teilnehmen durfte. es ist doch spannend, über eine relativ lange Zeit (rund 600 stunden) sich auf so eine kochkunstshow vorzubereiten. speziell die letzten 24 stunden vor dem showdown sind sehr eindrücklich. da zeigt sich, wie sich die Zusammenarbeit und auch der Zusammenhalt als team entwickelt haben, wenn man die salzigen und süssen kunstwerke fertigstellt und anschliessend präsentiert. Man lernt dabei nicht nur beruflich sehr viel, sondern auch an seine grenzen zu gehen. für die Zuschauer ist eine solche show ein absolutes highlight, die unterschiede zwischen den teams von top bis flop im direkten Vergleich zu beobachten. für viele Berufsleute ist es eine Weiterbildung, für die top-teams die Möglichkeit, trends zu setzen. und schwächere teams können sich neue ideen holen. Persönlich hat es mich auf der ganzen linie weitergebracht. abgesehen von dem negativen aspekt, dass am abend nach der kochkunstshow die lebensmittel natürlich alle weggeschmissen werden müssen, finde ich es sympathisch, dass die Jury verlangt, dass zumindest bei den Patisserieprogrammen die Pralinen, friandises, dessertteller und torten so hergestellt werden müssen, dass man die kreationen essen kann. für die Bewertung werden sie teilweise auch degustiert.» – 14 –


kochkunstausstellungen? Ihre Meinung ist gefragt !

se rin, se hr Se hr geeh rte Le e stehen wi r, se geeh rte r Le in n oder «S a em Sie zu m Th ku ns tch Ko r U nsin n ka lte s Ih re un e Si n le shows?» M ai de m Stichwort M einu ng unte r an: «Pro&Contra»

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contra urs messerli (45), inhaber der «mille sens group» in Kirchberg, ehemaliges mitglied der Kochkunstequipe gilde etablierter Köche, die zwischen 1997 und 2000 die schweizer Koch­ nationalmannschaft stellte. im september erscheint sein neustes Kochbuch unter dem Titel «la Haute Cuisine Bernoise».

«kalte kochkunstausstellungen sind nicht mehr zeitgemäss. und ich frage mich: Waren sie es überhaupt einmal? unter ökologischen und ökonomischen aspekten spricht eigentlich alles dagegen. eine grosse Menge an lebensmitteln wird für einen einzigen ausstellungssteller verwendet, nur ein kleiner teil wird gebraucht, der rest wandert in den Müll. edelstücke werden en masse gegart, geschnitten und gepresst und nur ganz wenige davon finden sich auf dem teller wieder – das ist doch absurd und fördert nicht gerade das Bewusstsein der köche, mit rohprodukten sorgfältig umzugehen. ich habe an vielen kalten Wettbewerben mitgemacht und sehe in diesen shows nur einen positiven Punkt: als junger koch lernt man, exakt zu arbeiten. effizienz hingegen, geschmackliche sicherheit und geschickllichkeit, das, was täglich am herd gefordert ist, wird überhaupt nicht geschult. als unternehmer und koch steht für mich im Mittelpunkt, dem gast ein einmaliges sinneserlebnis zu bieten. an kalten kochkunstshows spielt dieser Punkt, ausser beim visuellen aspekt, überhaupt keine rolle, im gegenteil. da werden wilde kreationen gezeigt, die überhaupt nicht anmachen. ich habe immer wieder Zuschauer gehört, die gesagt haben: «Was wird mit all den sachen gemacht, fortgeschmissen?» Man sollte mehr auf warme shows setzen, bei denen aus einem vorgegebenen Warenkorb vor Publikum gekocht werden muss. hier zeigt sich, wer wirklich was kann!» – 15 –


das Hyatt shanghai beherbergt das mit 152 metern Hรถhe und 27 metern durchmesser grรถsste atrium der Welt.


RogeR MaRti: «shanghai ist deR Wahnsinn!» Roger marti erzählt über seinen Alltag als executive sous-chef im noblen grand Hyatt in shanghai. Aufgeschrieben von Jörg Ruppelt Fotos: Grand Hyatt, Shanghai

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Blick vom Jin mao Tower auf die pulsierende chinesische stadt shanghai.


«Mein Handy ist mein Wecker. Und der piepst jeden Morgen um 6 Uhr. Eine Stun­ de später fahre ich mit dem Shuttle­Bus zum Hotel, das nur 15 Minuten von mei­ nem Appartement entfernt liegt. Seit Sep­ tember 2009 arbeite ich als Executive Sous­chef im Fünfsterne­Hotel Grand Hyatt in Shanghai. Ein Superjob in ei­ ner aufregenden Stadt. Im Grand Hyatt Shanghai arbeiten 260 Küchenmitarbei­ ter, verteilt auf neun Ethnic­Restaurants, drei Bars und einem grossen Convention Center, das Platz für 1.200 Gäste bietet. In Spitzenzeiten servieren wir bis zu 3.500 Mahlzeiten täglich. Wahnsinn! Shanghai hat 30 Millionen Einwoh­ ner. Die Stadt wächst und wächst. Wol­ kenkratzer schiessen wie Pilze aus dem Boden. Alles wird viel moderner und trendiger. Noch vor zehn Jahren war der Jin Mao Tower, in dem das Grand Hyatt Hotel untergebracht ist, das einzi­ ge Hochhaus im Stadtteil Pudong. Heu­ te gibt es Hunderte davon rundherum. Die Konkurrenz schläft nicht. An jeder Ecke findest du ein Fünfsterne­Hotel und überall laden chinesische und Ethno­Re­ staurants zum Essen ein. Ganz in der Nähe vom Jin Mao Tower wird zurzeit das höchste Gebäude Chinas erstellt, der 628 Meter hohe Shanghai Tower. Wenn ich morgens im Hotel ankom­ me, starte ich mit Routinekontrollen, vom 87. Stock bis runter in den 54. Stock. Ich unterstütze das Küchenadmini­ strationsteam. Helfe, Qualitäten zu über­ prüfen und zu verbessern. Zu meinem Aufgabengebiet gehört es auch, neue Foodprodukte zu finden, Märkte zu ana­ lysieren, Promotionen durchzuführen. Unter anderen habe ich auch die Verant­ wortung für alle so genannten westlichen Speisen im Hotel. Ich schreibe zudem Bankett­ und Menükarten und überwa­ che die Kosten. Bei hoher Auslastung – wir haben 555 Zimmer – kann schon das Früh­ stück ganz schön hektisch werden. Um 8.45 Uhr fangen die grossen Meetings an. Erst das Executive Commitee Meeting, dann das Bankett­Meeting mit Mitarbei­ tern von Küche, Service und Verkauf. Da­ bei werden die nächsten drei Tage im De­ tail durchgesprochen. Ab 10 Uhr folgen Besprechungen mit verschiedenen Kü­ chenteams, um den Mittagsservice vor­ zubereiten. Dabei teste ich auch das Mit­ tagessen. Am frühen Nachmittag treffen wir uns dann noch einmal, also Küchen­ chefs und die Verantwortlichen für das Küchenpersonal. Das sind 20 bis 25 Mit­ arbeiter. Damit jeder alles versteht, gibt es chinesische und englische Überset­ zungen. Nach dem Küchen­ folgt das Ban­

Die Karriere des Roger Marti Der heute 36-jährige eidg. dipl. Küchenchef startete seine Kochlaufbahn 1991 mit der Lehre im Hotel-Restaurant Central in Laufen BL. Anschliessend wechselte er als Commis de cuisine ins Hotel Alpina nach Grindelwald. Dem Hotel blieb er neun Jahre treu. Er stieg zum Sous-chef und 1999 sogar zum Küchenchef des Hauses auf. 2003 holte ihn Manfred Roth ins Victoria-Jungfrau nach Interlaken, wo er zunächst als Küchenchef des Restaurants La Terrasse und später als Chef der Bankettküche arbeitete. Zwischendurch kochte er für mehrere Monate unter Executive Chef Wolfgang Ranner im Hotel Conrad Centennial in Singapur. 2006 zog es Roger Marti endgültig ins Ausland. Als «Guest Chef» wirkte er 2006 im Hotel Conrad und im Dorchester in London sowie als Sous-chef im Mount Juliet Conrad in Kilkenny (Irland). Zurück im Conrad in London nahm er die Stelle des Executive Sous-chefs an, die er bis Mitte 2007 innehatte. Ab August 2007 bis August 2009 kochte er als Executive Sous-chef im Sentosa Resort in Singapur. Seit September 2009 ist er Executive Sous-chef, ab Ende September 2011 übernimmt er den Posten des Executive Chef im Grand Hyatt on the Bund in Shanghai.

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kettmeeting. Dort wird auch besprochen, welche VIP­Gäste im Haus anwesend sind und welche Wünsche sie haben. Um 17 Uhr gibt es für besondere Gäste einen Cocktailempfang im Grand Club. Ab 18 Uhr kümmere ich mich schliesslich um die A­la­carte­Restaurants oder den Ban­ kettbereich, je nachdem, wo man mich braucht. Ich kommuniziere immer auf Englisch. Falls einer meiner Mitarbeiter mich nicht versteht, ist immer eine Se­ kretärin zur Hand, die ins Chinesische übersetzt. Da ich immer unterwegs bin, schreibe ich meine E­Mails mit meinem Blackberry. Mein Arbeitstag endet meist so zwi­ schen 21 und 22 Uhr. Dann mache ich mich zu Fuss auf den Heimweg. Das sind ja nur gut 30 Minuten. Ich könnte auch ein Taxi nehmen. Die sind günstig. Wie auch übrigens die U­Bahn. 70 Rappen zahlst du für eine Fahrt von drei Kilome­ tern. Ich fühle mich wohl in Shanghai. Be­ vor ich hierherkam, war ich zwei Jahre Executive Sous­chef im Sentosa Resort & Spa in Singapur. 2009 wollte ich wech­ seln, ich bekam auch einige Angebote von Fünf­Sterne­Hotels aus dem asiatischen Raum, aber leider nie von jenen Hotels, die ich im Auge hatte. Die guten Jobs wa­ ren in der Zeit der Finanzkrise rar. Gute Kollegen vermittelten mir zwar Vorstel­ lungsgespräche, aber ich hatte nie Glück. Meist wurden die Stellen intern vergeben. Schliesslich offerierte mir Hyatt Interna­ tional die Stelle des Executive Sous­chefs im Grand Hyatt Shanghai. Ein Job zum richtigen Zeitpunkt, den man nicht ableh­ nen kann. Shanghai ist der Wahnsinn! Du fin­ dest hier alle Trends, ob du die molekula­ re, klassische oder ethnische Küche liebst. Du kannst für 70 Rappen, aber auch für 3.000 Franken essen. Allgemein gilt: Lo­ kale, chinesische Produkte sind günstig, Importware ist teuer. Wenn ich abends durch die Strassen gehe, sehe ich Köche an kleinen Food­Ständen, wie sie Gemüse auf dem Teer­ oder Zementboden schnei­ den. Das wäre bei uns in der Schweiz un­ denkbar. Manchmal vermisse ich hier Fondue oder Raclette. Mir fehlt auch die gesunde Schweizer Alpenluft. So eine fri­ sche Brise gibt’s nicht in Shanghai. Sonst habe ich kein Heimweh. Ich lebe nun schon seit sechs Jahren im Ausland und geniesse die Zeit. Meine Frau ist Thailän­ derin. Wenn wir Ferien haben, bleiben wir in Asien. Wir wollen möglichst viel Neues entdecken. Ich kann mir vorstellen, mich einmal in Thailand niederzulassen. Alles, was ich an Ideen in den Hotels gesammelt habe, würde ich dann gerne in ein eigenes Unternehmen stecken.» ×


wenn das Verpackungsdesign stimmt, schmeckt auch der kaffee!

in italien gibt es über 1500 kaffeeröstereien und vermutlich genauso viele unterschiedlich gestaltete kreative verpackungen. Doch was macht eine schöne kaffeeverpackung aus? Wir haben experten dazu befragt und präsentieren einige der verrücktesten kaffeeverpackungen, die auf dem markt sind!

Hochstrasser Franco Kaffee. eine kräftige espresso­ mischung. schwarz wie die nacht, heiss wie das Feuer und süss wie die liebe. lucaffè mister exclusive Kaffee. diese sorte hat einen süssen geschmack und ein unverwechsel­ bares, schokoladen­ artiges aroma.

Pausa miscela Kaffee. ein Kaffee für die liebhaber des wahren espresso, zusammenge­ stellt aus vier bis fünf der besten sorten der Welt.

der Jamaica Blue mountain Kaffee. einer der teuersten Kaffees der Welt. Hier als Kaffee­Pad verpackt.

gm superior Bohnen Kaffee. dieser Kaffee wird nach traditioneller art mit eichenholz geröstet.

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«Die Qualität des Kaffees ist wichtig, aber fast noch entscheidender ist das Design der Verpackung. Denn aufgrund des Aussehens entscheidet der Kunde, ob er den Kaffee kauft oder nicht. Besonders bemerkenswert dabei ist, dass Kaffee, der vom Verpackungsdesign her den Leuten gefällt, dann fast immer auch geschmacklich überzeugt», erklärt Bruno Trepp. Er, der in St. Gallen gemeinsam mit Robert Altherr die Firma Kaffeewelt, bekannt als «Dä Kafimaa» führt, muss es wissen. Denn im Ladenlokal von «Dä Kafimaa» werden über 60 verschiedene Sorten Kaffee verkauft. Hier gibt es einfach alles, was das Herz eines Kaffeeliebhabers höher schlagen lässt. Von der 3­kg­Ver­ packung der Firma San Salvador bis zum traditionell hergestellten

Ferrari­Kaffee, der auf einer Röstmaschine aus dem Jahre 1895 produziert wird. Die Auswahl ist riesig. Wer genügend Kleingeld hat, der kann sich auch diverse exklusive Kaffees kaufen. Zum Beispiel eine 1,5­kg­Jamaica­Blue­ Mountain­Kaffeedose – der Preis ist mit 380 Franken allerdings entsprechend hoch. Doch welche Faktoren beeinflussen die Kaufent­ scheidung des Kunden? Dazu Bruno Trepp: «Grundsätzlich ist das Design viel wichtiger, als man allgemein glaubt. Denn der Kunde kann den Kaffee ja nicht riechen oder ihn probieren, bevor er ihn kauft. So ist das Einzige, woran er sich orientieren kann, die Verpackung. Nur wenn jemand ganz genau weiss, welche Kaffee­ marke er will, rückt das Design beim Kauf in den Hintergrund.» Natürlich bietet Trepp auch seine Kaffees zum

Tazza d’oro superior Kaffee. Jahrzehnte­ lange italienische röst­ und Kaffee­Kultur garantiert ein exzellentes erlebnis.

Degustieren an, aber bei über 60 Sorten ist dies schlicht unmöglich. Trends macht Trepp bei den Kaffeeverpa­ ckungen übrigens wenige aus. «In den meisten Fällen werden bestehende Kaffeeverpackun­ gen verschlimmert. So versuchen sich Firmen immer wieder in sogenannten Relaunches. Meist gelingen diese aber nicht. Eines der Probleme dabei ist, dass die Kunden glauben, dass der Inhalt einer neu gestalteten Verpackung nicht mehr derselbe sei wie zuvor. Und deshalb sucht der Kunde dann meist gleich nach einem neuen Kaffee, dessen Verpackung ihm gefällt. Statt neue Kunden zu gewinnen, ist das Risiko, durch ein neues Design

bestehende Kunden zu verlieren, eher grösser.» Die wirklichen Trends sind im Moment gemäss Trepp eher jene Verpackungen, die seit Jahren nicht verändert wurden. Wie zum Beispiel jene des Kaffees Passalacqua. Diese sieht seit der Gründung im Jahr 1948 immer noch genau gleich aus. Die italieni­ sche Kaffeerösterei startete vor 63 Jahren mit einem 5­kg­Röster, heute haben sie eine 5.000 Quadratmeter grosse Fabrikhalle in Neapel und können in der Stunde rund 3.500 kg Kaffee produ­ zieren. Seit der Gründung des Unternehmens lächelt auf der Verpackung ein In­ dianer auf gelbem Hinter­ weiter grund. So stellt sich

Bueno Fuerte Kaffee, die eigenmarke von «dä Kafimaa». dies ist eine dunkle röstung für kräftigen espresso. rechts der Blaser Kaffee lilla e rose. er ist blumig und fruchtig.

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riesig ist diese drei­Kilogramm­ Verpackung des san salvador extra bar. er stammt von einer kleinen Familienrösterei in Tirano, italien.

Ferrari milano Kaffee. der röstprozess dauert bei dieser sorte erheblich länger, weil über dem Kohlefeuer geröstet wird.

moka efti sublime Kaffee. die mischung sublime zeichnet sich durch einen vollen, abgerundeten geschmack und eine würzige note aus.

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die Frage: Lieben die Konsumenten generell traditionelle Verpackungen mehr als moderne? Bruno Trepp: «So würde ich dies nicht umschreiben, aber Kaffee stammt aus der Kolonialzeit und deshalb gibt es sehr viele Verpackungsde­ signs, die Elemente diese Epoche enthalten. So hat die Kaffeesorte ‹New York› eine schwarze Haushälterin auf der Verpackung abgebildet, oder bei ‹Lucaffè› ist ein afroamerikanischer Jazzsän­ ger zu sehen. Beim Kunden wirkt dies überhaupt nicht negativ, ganz im Gegenteil, viele Konsumenten fühlen sich davon angesprochen und kaufen diese Produkte genau wegen dieses Designs.» Sind neu kreierte Kaffeever­ packungen also wirklich Mangelware? «Es gibt immer wieder Neuheiten. Denn der Weg, den ein Kaffeeproduzent mit seinem Kaffee geht, ähnelt sich in den meisten Fällen. Er startet mit einem silbrigen Beutel, den er mit einer

Tazza d’oro superior gemahlen und der Vergnano arabica gemahlen. Beide sorten sind aus 100 Prozent arabica­ Bohnen.

Etikette versieht. Läuft das Geschäft, so wird er später die Verpackung bedrucken lassen. Da wir alleine in Italien über 1500 Röstereien haben, jede mit ihrem eigenen Kaffeede­ sign, gibt es für mich keine wirklichen Überraschungen mehr. Selbst wenn etwas neu ist, hat man dies mit ziemli­ cher Sicherheit schon mal in einer ähnliche Form gesehen», erklärt Trepp die Situation rund um designte Kaffeever­ packungen. Etwas vom Wenigen, das für Trepp neu ist, ist die transparente Verpa­ ckung von Freshcoffee. Hier sieht man die Bohnen durch die Verpackung. Bruno Trepp: «Bei einer solchen Verpackung muss die Qualität einfach stimmen, denn hier sieht man das Bohnenbild. Nichts kann versteckt werden. Dies ist eine sehr ehrliche Art, den Kaffee zu verkaufen. Es ist eine Art von Verpackung, die ich sehr spannend finde. In der Schweiz habe ich so was noch nie gesehen.» Für Trepp ist auch klar, dass bei normalen Kaffeeverpackungen, bei denen die Bohnen nicht zu sehen sind, die Katze im Sack gekauft wird. Und dass der eine oder andere Kaffeeröster ganz froh ist, dass er seine Bohnen in der Verpackung verstecken kann. Denn nicht überall ist das Bohnenbild so, dass man es vor dem Kauf schon präsentieren möchte. Doch welche Punkte sind neben dem Design der Kaffeeverpackung sonst noch wichtig? Klar ist für den «Kafimaa», dass es die Möglichkeit geben muss, eine Verpackung gut zu präsentie­ ren. Deshalb ist es wichtig, dass eine Kaffeeverpackung gestellt werden kann. Dazu braucht es einen stabilen

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Boden. Ebenfalls ein Thema ist die Wiederverschliessbar­ keit. Meist ist dies aber sowieso nicht mehr in der selben Qualität möglich wie beim erstmaligen Verschlies­ sen. Eine der besten Möglich­ keiten, eine angefangene Verpackung perfekt zu verschliessen, ist, den Inhalt mit der Verpackung in ein Gefäss zu geben, das man vakuumieren kann. Dafür gibt es spezielle Systeme, bei denen, so ähnlich, wie man dies von Weinflaschen her kennt, von Hand mit einer Mini­Pumpe die Luft aus dem Gefäss gepumpt werden kann. Damit ist die Qualität gesichert. Zudem sind Verpackungsgrössen von 500 Gramm für den Privat­ gebrauch sehr zu empfehlen. In der Gastronomie werden meist Ein­Kilogramm­ Verpackungen angeboten. Manchmal gibt es auch Solche mit Mengen bis zu drei Kilogramm. Vom Design her sind diese Gastroverpackun­ gen aber immer gleich aufgebaut wie die für private Konsumenten. Auch der Inhalt ist derselbe. Einige Hersteller haben allerdings für die Gastronomie spezielle Aluminiumdosen konzipiert. Am bekanntesten dafür ist die Kaffeemarke Amici. Diese Aludosen können einfach auf die Kaffeemühle aufgesetzt werden. Ein Trend punkto Design fällt Bruno Trepp dann doch noch ein. In der Gastro­ nomie werden die Kaffeever­ packungen immer kleiner. Früher gab es Hersteller, die weiter Gastroverpackungen Freshcoffee sidamo Corona. der Klassiker aus der urheimat des Kaffees. er stammt aus dem höchstgelegenen anbaugebiet der Welt.


Quarta argento Kaffee. ein echter italienischer espresso aus lecce mit dicker öliger Crema und dem gewissen etwas.

Tazza d’oro Caffè Bar. der einzig­ artige abgang ist eine sünde wert. er besteht aus edelsten arabica­ Bohnen mit einem anteil robusta.

new York espresso Kaffee. der Test­ sieger im Feinschmecker gourmet magazin.

Passalacqua Harem gemahlen. Hergestellt aus acht verschiedenen arabica­sorten, wie zum Beispiel Jamaica Blue mountain, guatemala Volcan azul, exotic Hawaii Kona und dem Captain Cook extra Fancy.

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Inhalt produzierten. Davon kommt man immer mehr weg. Denn das Qualitätsbewuss­ sein ist gestiegen. So sagen sich viele Wirte oder Hoteli­ ers: «Lieber jeden Tag eine frische Ein­Kilogramm­ Verpackung in die Mühle oder die Kaffeemaschine füllen, als mit einer zu grossen Verpa­ ckung einen Qualitäts­ und Aromaverlust hinnehmen müssen.» «Im Moment sind vor allem 500­Gramm­ und Ein­ Kilogramm­Verpackungen gefragt. 250­Gramm­Einhei­ ten sind weniger begehrt, da diese preislich noch teurer sind und der Konsument noch nicht so weit ist, dass er kleine Verpackungen mit einer höheren Qulität gleichsetzt.» Und welche Designs gefallen dem «Kafimaa» besonders? «Den lachenden Indianer von der Firma Passalacqua finde ich wirklich toll. Die Botschaft ist für mich: ‹Oh, war dieser Kaffee fein.› Aber auch der San Salvador mit dem Schiff gefällt mir gut und dann noch die Verpackung Tazza D’Oro mit

amici Café Crème. der geschmack ist vielfältig und reicht von Haselnüssen­ tönen über Fruchtaromen bis hin zu angeneh­ men Holznoten.

der schlanken Sphinx, die am Kaffee riecht.» Und wie könnte die Kaffeeverpackung der Zukunft aussehen? Dazu haben wir den Barista­Schweizermeis­ ter 2008, Thomas Liebe, der Industriedesigner und Spezialist für Verpackungs­ entwicklung ist, befragt. Er sagt: «Das Design muss nicht nur cool aussehen, es muss auch funktionell sein. So darf die Tüte nicht zu gross sein. Denn etwas vom Wichtigsten beim Kaffee ist die Frische des Produktes. Das Design der Verpackung hat nur die Aufgabe, das Produkt zu unterstützen, in diesem Fall die Frische, und nicht nur den Verkauf des Kaffees anzukur­ beln.» Die perfekte Kaffeever­ packung der Zukunft hat für Liebe deshalb mit Frische und Nachhaltigkeit zu tun: «Wir können nicht immer mehr fortwerfen. Wer frischen Kaffee hat, den er sofort verbraucht,

braucht keine aufwändige Verpackung. Früher holte man die Milch beim Milch­ mann, genauso könnte man es mit dem Kaffee machen. Eine Dose reicht. Besonders perfekt wäre die Dose, wenn sie wiederverschliessbar und vakuumierbar wäre. Dann könnte man den Kaffee direkt beim Kaffeeröster abholen. So eine Art Offenausschank von Kaffee. Jeder hat seine eigene Dose und die füllt er immer wieder auf.» ×

diemme Blue smart Kaffee. diemme oro ist eine italie­ nische mischung, bei der man immer wieder neue nuancen entdecken kann.

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Jamaica Blue mountain Kaffee, in der exklusiven 1,5­ kg­dose. dieser Kaffeegenuss hat allerdings seinen Preis. rund 380 Franken kostet die dose.


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ein glas Wein bitte Die Frage nach dem Weinangebot wird regelmässig mit der gegenfrage: «Weiss oder Rot?» beantwortet. Wer sich alle Optionen offen lassen will, dem wird eine litanei von namen wie Pinot grigio, Fendant oder Blauburgunder, chianti und Rosso irgendetwas heruntergeleiert. spätestens bei der Frage nach der marke oder dem Produzenten wird leicht verlegen die Weinkarte geholt.

Fendant CHF 3,80/1 dl der interessierte gast hat Pech, wenn in der rubrik Weisswein im offenausschank nur féchy und fendant steht. dann nämlich hat er die Wahl zwischen zwei Weinen aus der rebsorte chasselas. schade. denn weinmässig leben wir in einem schlaraffenland. nur in wenigen ländern ist die Weinvielfalt grösser als in der schweiz. «Fendant roux» und «Fendant giclet» sind zwei Rebsorten, die ihren Ursprung am Genfersee haben. Von dort aus gelangten sie nach Chasselas im Burgund, wo sie als «Lausannois» bezeichent wurden. Im Sortengarten des Königs von Frankreich wurde sie wiede­ rum nach ihrer Herkunft «Chasselas» genannt. Die Walliser waren es schliesslich, die Fendant als Bezeichnung für einen Wein als Appellation schützen liessenl

Fendant de Sion «Molignon» 2010, Valais aOC, Dubuis & rudaz CHF 6,50/1 dl fachhändler und Zulieferer der gastronomie bieten gewächse aus allen weinproduzierenden ländern an. Zudem haben wir eine spannende und vielfältige innlandproduktion. das interesse der gäste am Wein ist gross, und sie wollen die herkunft und den namen des Produzenten wissen. dazu haben sie ein gutes recht. Nicht weniger als 17 Gesetzestexte befassen sich damit, wie eine korrekte und vollständige Deklaration von Lebensmitteln zu erfol­ gen hat. Dazu gehört auch der Wein. Die Etikette ist Visitenkarte und Beipackzettel zugleich. Für Auskünfte über Zusammenset­ zung und Keltertechniken fragen Sie den Fachhändler oder Sommelier Ihres Vertrauens. Weingenuss ist ein Erlebnis. Dieses be­ ginnt bei der Präsentation. Möglichkeiten, die Arbeit des Produzenten ins rechte Licht zu rücken, gibt es viele...

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SWeeT DreamS

made of Suchard Carrés Criolloro Tobam e r a V e l m a C r e m a Ca r a m e l S u C h a m i l k C l a r i S S a b i a n Ca

Zur Person Gabriel Tinguely kennt die internationale Weinszene und trinkt gerne auch Schweizer Weinspezialitäten. Gabriel Tinguely ist gelernter Koch, hat die Schweizerische Hotelfachschule Luzern SHL absolviert und schreibt seit 2007 regelmässig über Wein, Spirituosen und Bier. Er ist Initiant von weinlandschweiz.ch der Datenbank zum Schweizer Wein.

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Wein im besten licht Weinkarte – die Bibel der Weinliebhaber Im «Landhaus Liebefeld» bei Bern ist die Weinkarte ein dicker Brocken. Über 400 Gewächse sind darin gelistet. Wer darauf schwört, kann in dieser Bibel schmökern. Man kann sich aber auch vom Chef de Service kompetent beraten lassen. Und der hat immer noch einen Tipp, der nicht auf der Kar­ te steht.

Entdecken Sie unter www.billetdoux.ch die Gastrezepte von 4 Maîtres Chocolatiers, die für Premium-Kreationen auf SuchardCouverture schwören.

Weinschränke – das Angebot lässt staunen Im Restaurant Alexander im Hotel Seeburg in Luzern gibt es auch eine Weinkarte. Die zu lesen ist längst nicht so spannend wie das Bestaunen der Auslage in den klimatisierten Weinschränken. Eine ganze Wand füllt die Auswahl der besten Weine der Welt.

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Weinkeller – in sieben Räumen verlaufen Mit «Sieben kleine Schwesterlein» besingt Sly in der gleichnamigen Oper sieben Flaschen Madeira. Die «Fahrnsburg» in Ormalingen bietet nicht sie­ ben Flaschen Wein an, sondern gleich sieben Weinkeller voller Sauternes, Bordeaux und Wein aus Europa oder der Neuen Welt sowie Alltagsweine, Raritäten und Trouvaillen. Eine geschriebene Weinakrte gibt es nicht.

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Wine Tower – ein Blickfang mit Engel In der Halle des Hotel Radisson Blu am Flughafen Zürich steht ein Turm aus Glas. Beleuchtet mit wechselnden Farben bietet er Platz für 4000 Flaschen Wein. Bestellt ein Gaste Wein, wird ein Weinengel losgeschickt, der mit ak­ robatischer Show die gewünschte Flasche aus dem Regal holt.



Masse oder Manufaktur –WeM gehört die Zukunft? markus Hans gehört mit seinen Unternehmen victor meyer Hotelbedarf, Berndorf und Béard zu den ganz grossen im schweizer tabletop-geschäft. er weiss, wie man im Restaurant möglichst diskret den tellerboden nach der Porzellanmarke absuchen kann, ob man sich als Restaurateur den megatrends anschliessen sollte und woher derzeit die klügsten Designerköpfe kommen.

spiegelverkehrt nicht lesen kann, dann wende ich schon mal eine Untertasse oder einen Teller. hetgm: Und dann schaut der Service böse ... Markus Hans: Böse nicht, eher werde ich gefragt, ob etwas nicht in Ordnung sei. In diesem Fall oute ich mich dann als Tabletop­Unternehmer.

Text: Jörg Ruppelt Fotos: Gina Folly

hetgm: Herr Hans, als Gast eines Restaurants interessiert Sie sicher zuerst, welches Porzellan und welche Besteckmarke das Haus führt? Markus Hans: Sicher (lacht). Das ist eine Berufs­ krankheit. Die Floristin schaut zuerst auf den Blumenschmuck, der Elektroinstallateur auf die Lichtschalter und ich auf das Tabletop.

hetgm: Die Gastrowelt redet immerfort von Trends, welche sehen sie konkret im Tabletop­Sektor? Markus Hans: Es gibt viele Trends. Megatrends, kurzfris­ tige Trends, es gibt sogar kontradiktorische Trends. Ein Beispiel für einen Megatrend ist der Offenausschank von Wein und Wasser. Ein kurzfristiger Trend, der nicht lange anhalten dürfte, ist der Service von Vorspeisen und teilweise ganzen Menükompositionen in zahllosen Varianten von Appetizer­Schälchen und Schüsselchen, die auf Trays gereicht werden. Ein Beispiel eines kontradik­ torischen Trends ist Frühstück à la carte versus Frühstücksbuffet.

hetgm: Verraten Sie uns einen Trick, wie man am Tisch möglichst unauffällig die Porzellanmarke in Erfahrung bringen kann. Markus Hans: Nun, das meiste erkenne ich auf den ersten Blick. Und wenn nicht, gibt es Tricks. Das Glas schiebt man auf dem Tisch ein wenig herum, dann erkennt man schnell die Marke. Beim Porzellan halte ich aus Diskretionsgründen ein Tafelmesser als Spiegel unter den Teller. Wenn ich das Logo

hetgm: Werden allgemein Trends Ihrer Meinung nach überschätzt? Markus Hans: Nein. Megatrends sollte man keinesfalls unterschätzen. Es gibt nur wenige Gastronomen, die ein jahrzehntelanges stringentes Konzept einer Fonduebeiz durchziehen können. Falls man nicht zu diesen Ausnahmeerscheinungen gehört, lohnt es sich durchaus, auf ein zeitgenössi­ weiter sches Konzept zu setzen.

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Wie in allen übersättigten Märkten gilt auch in der Gastronomie der Grundsatz: «be different or die!» die innovative Porzellan­manufaktur Hering Berlin steht für erlesene eleganz und eine klare, moder­ ne Formensprache.

hetgm: Ist es nicht so, dass man regelrecht dazu verdammt wird, einen Trend mitzumachen? Markus Hans: Sehr gute Frage. Verdammt ist vielleicht ein zu hartes Wort. Wie in allen übersättigten Märkten gilt auch in der Gastronomie der Grund­ satz: «be different or die!». Als achte Weinlounge in einem Quartier, wo schon sieben vorhanden sind, hat man keine wirklich gute Erfolgschance. Aber aufgepasst: Im krampfhaf­ ten Bemühen, sich zu unter­ scheiden und Regeln zu brechen, können schon Stilbrüche vorkommen, die auf den Gast gekünstelt wirken. Ein Konzept, das von A bis Z auf Einmaligkeit ausgelegt ist, kann dann schon mal sehr disfunktional in den Abläufen ausarten. Der Gast hat eine gewisse Erwartung. Einfach alle Regeln zu brechen geht nicht. hetgm: Lassen Sie uns über Entwicklungen im Tabletop­ Bereich reden. Welche Einflüsse spielten gestern eine Rolle, welche heute? Markus Hans: Die Entwicklung bei den Raum­ und Personalkosten hat dazu geführt, dass der Platten­ service passé ist. Man hat beispielsweise gar keinen Platz mehr für Beistelltische. Die Reduzierung der Promillegrenze hat zu einem regelrechten Boom des Offenausschanks geführt. Und was ich zuletzt festgestellt habe: Der Butterstreicher ist wieder in. Vermutlich hat das was mit unserem Schweizer Buttermädchen zu tun. Butter ist wieder gefragt. Ein zweites Vorspeisenmesser auf dem 16­cm­Brotteller ist einfach zu gross. Deshalb erleben wir ein Revival des handlichen, guten alten Butterstreichers.

all die neuen Formen auf? Markus Hans: Ich muss vorausschicken, dass die Branche gar nicht so viele Designer beschäftigt, wie man allgemein annimmt. Bei Porzellan und Besteck sind die Werkzeuge so billig, dass ein geniales Design von der Marken­Konkurrenz sofort kopiert oder zumindest nachempfunden würde. Beim Glas ist es umgekehrt. Dort sind die Werkzeuge beziehungs­ weise die Minimumquantitäten, mit denen ein Werkzeug amortisiert werden müsste, so kostspielig, dass die Glasmarken nur sehr selten mit Design experimentieren. Aber natürlich gibt es zeitgenössi­ sches Designer­Tabletop, das sich an der Formen­ sprache moderner Innenarchitektur orientiert.

hetgm: Sie kennen viele wichtige Tabletop­Herstel­ ler. Wie und wo schnappen deren Designer eigentlich

hetgm: Also ist irgendwann ein Teller nicht mehr rund?

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Vier aktuelle Trends X

ARCHAIC NATURE Organische Materialien wie Stein, X Wasser, Leder, Holz, authentisches und gutes Handwerk X Naturformen X Authentizität X Kupfer, Messing, Stein, Beton

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ECOPOP Revival der 60er und 70er Jahre X Hightech/virtuelle Welten X Bunt, rund und smart X Weisse Räume X Umweltbewusstsein X Klinische Reinheit

HYSTERIC WONDERLAND X Surrealismus trifft auf Glanz und Glamour X Welt des Traumhaften X Gold, Silber, Rosé, Cremeweiss X Tapeten, Stuck, Polster X Geweihe, Felle, Federn X Swarovski-Kristalle, Porzellan, Murano-Glas X Interieur-Design wird zum Connaisseur-Code HYBRID LIVING Digitale Skulpturen X Zell-, Waben- und Netzstrukturen X Revolutionäre Strukturen X Meta-Materialien aus Raumfahrt und Autoindustrie X Chamäelon-Effekte X

Quelle: Peter Wippermann, Trendbüro 2010

Markus Hans: Ein Teller muss nicht rund sein. Die runden Teller sind jedoch die am effizientesten herzustellenden, die funktionellsten, die bruchun­ empfindlichsten. Und sie werden noch in tausend Jahren schön sein. Der Kreis gilt als perfekte geometrische Form schlechthin. h gm: Wie lange dauert eigentlich die Umsetzung einer neuen Porzellanlinie? Markus Hans: Von der ersten Idee bis zur Lieferfä­ higkeit einer Gesamteinrichtung in der Gastronomie zirka ein Jahr. et

hetgm: Wer redet mit, wer bestimmt? Und wer muss eventuell Kompromisse machen? Markus Hans: Die Ideen kommen von der Ent­ wicklungsabteilung der Marken. Entweder hat man

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etwas irgendwo auf der Welt gesehen oder man optimiert etwas. Oder es ist eine genuine Idee, was auch immer. Die Idee wird von den Verkaufsverant­ wortlichen der Porzellanmarke beurteilt. Oft kommt es dabei vor, dass die Verkäufer, die zum Beispiel für die angelsächsi­ schen Länder zuständig sind, begeistert sind, während diejenigen, die für die Mittel­ meerländer zuständig sind, die Idee als unverkäuflich bezeich­ nen. Wenn die Verkäufer die Idee als verkäuflich absegnen, kommen die Produktionstech­ niker zum Zuge. Nicht selten wird das Design noch abge­ schwächt. Es gibt produktions­ technische Sachzwänge, so ist zum Beispiel auf Funktionalität, Stapelbarkeit und Bruchfestig­ keit zu achten. Leider muss ich sagen: Nur ganz selten geniesst man als Händler, auch wenn man in der vierten Generation tätig ist, das Privileg, nach der Meinung gefragt zu werden; zu einem Zeitpunkt, an dem man noch etwas ändern könnte. Zu gross ist die Angst der Marken, dass die Idee gestohlen werden könnte. Oder dass Ände­ rungswünsche kommen, die in der Vorphase schon einmal verworfen worden sind. hetgm: Darf wenigstens der Anwender, nehmen wir als Beispiel der Restaurateur, beim neuen Design mitreden? Markus Hans: Nein. hetgm: Grossproduktion oder Manufaktur, wem gehört im Tabletop­Business die Zukunft? Markus Hans: Beiden. Durch die Skaleneffekte der Massenproduktion gibt es heute sehr schöne Menüteller, die halb so viel kosten wie ein Kilo Käse. Bei sorgfältiger Behandlung können sie rund weiter


Markus Hans (55) Der Geniesser und TabletopHändler aus Leidenschaft führt die Markus Hans Gruppe in Sempach. Er stammt aus einer Porzellanhandelsfamilie. Urgossvater Josef Hans stieg 1913 in das Business ein. Sohn Albert baute ab 1928 die Firma zu einem Grosshandelsbetrieb aus. 1941 gründet das Unternehmen eine eigene Keramikfabrik. 1972 wird diese durch Werner Hans wieder stillgelegt. Der neue Inhaber setzt verstärkt auf Fernostimporte von Porzellan und Besteck. 1985 übernimmt er die Firma Victor Meyer Hotelbedarf und fasst als Lieferant in der Gastronomie Fuss. 1995 wird das Unternehmensruder an Sohn Markus Hans abgegeben. Er übernimmt 2005 die Firma Berndorf Luzern, 2007 die Firmen Béard Montreux und Hupfer Schweiz und führt diese zu einer neuen Unternehmensgruppe in Sempach zusammen.

tausendmal in der Gastronomie eingesetzt werden. Und Manufakturporzellan ist etwas für allerhöchste Ansprüche. Etwa für die schätzungsweise 50 bis 80 Gastgeber in der Schweiz, die keinerlei Kompromisse bei der Qualität eingehen. hetgm: Gibt es in Ihrer Branche viele Kopierer? Markus Hans: Glas ist aufgrund der hohen Werkzeug­ kosten schwer zu kopieren. Porzellan und Besteck hingegen ist einfach kopierbar. Demzu­ folge wird es von vielen gemacht. Die Frage ist aber, ob es den Gastgeber glücklich macht, wenn er seinen Gästen die Kopie anstelle des Originals zumutet. Im Gegensatz zu Generika sind beim Besteck und beim Porzellan die Kopien in 99 Prozent der Fälle qualitativ schlechter als das Original. Das rührt daher, dass bei diesen Produkten eigentlich keine Entwicklungskosten eingerech­ net werden können, sondern nur die Werkzeuge, die der Kopierer auch bezahlen muss. Es ist wie bei den Autos. Die Zeiten sind vorbei, als man 15 bis 20 Prozent mehr bezahlte, nur um mit einem Merce­ desstern auf der Kühlerhaube herumzufahren. Der Mercedes ist zwar immer noch relativ teuer, aber er ist auch relativ besser als andere Marken. hetgm: Was war Ihrer Meinung nach der letzte Megawurf im Porzellandesign? Markus Hans: «Wave» von Villeroy & Boch. Das ist aber auch schon zehn Jahre her. Leider ist im Moment nichts dergleichen in der Pipeline, welches Anstalten macht, den Markt so zu bewegen wie seinerzeit «Wave». Bei Glas und Besteck haben wir letzthin je ein Modell lanciert, von dem wir uns sehr viel versprechen. Dies sind «Sensus» und «Toccata».

hetgm: Ist die sogenannte Organic­Formensprache im Porzellanbusiness immer noch in? Markus Hans: Nein, diese Formensprache ist eher auf dem absteigenden Ast. hetgm: Und wie steht es mit «Schalen über Schalen» der Asia­Foodwelle? Markus Hans: Nicht mehr gefragt. hetgm: Schiefer? Markus Hans: Gehört zu den kurzfristigen Trends. Schiefer finde ich in Berghütten oder im Grotto cool. In der Stadt ist es disfunktional. Es ist nicht spülmaschinenfest und hygienisch nicht einwandfrei. hetgm: Was passiert im Bereich Glasteller?

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Im Gegensatz zu Generika sind beim Porzellan die Kopien in 99 Prozent der Fälle qualitativ schlechter als das Original.

meisten Fünf­Sterne­Häuser Silberbesteck verwenden. Bei den reinen Gourmetrestaurants siehts etwas schlechter aus, dort gibt es noch einige, die auf Silberbesteck wechseln sollten.

«Faux Bois» heisst das neuste Tischset­ design der new Yorkerin sandy Chilewich: exklusives Holzimitat für den urbanen style.

Markus Hans: Dieser Trend hat auch seinen Zenit überschritten. Wobei man sagen muss, dass gerippeltes Fusing­Glas in den letzten zehn Jahren sehr beliebt war. Endlich gab es Glasgeschirr, auf dem man keine Fingerabdrücke sah. Glas hat aber sehr schlechte Wärmespeicherfähigkeiten und eignet sich nur für kalte Speisen. Das Management von Kaltspeise­ und Heissspeisegeschirr parallel ist recht aufwändig. hetgm: Zum Thema Silberbesteck. Gibt es in dieser Hinsicht eine Renaissance? Markus Hans: Nun, das sehe ich im Moment nicht. Aber, es gibt nichts, was ich leidenschaftlicher verkaufe als Silberbesteck. Es ist unbestritten eine Frage des Stils. Und eine der Wirtschaftlichkeit. In der Schweiz ist es Gott sei Dank noch so, dass die

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lande ist Zürich.

hetgm: Gibt es eigentlich so etwas wie eine Tabletop­Hauptstadt? Markus Hans: Sehr schwierige Frage. Ich kenne nicht die ganze Welt. Meines Erachtens gibt es «believe it or not» in den USA gleich drei Hotspots bezüglich Gastronomietrends, nämlich New York, Chicago und Las Vegas. Auch in Dubai, Hongkong und neuerdings in Beirut gibt es eine sehr schöne Dichte an «westlicher Spitzengastrono­ mie» mit erstklassigem Tabletop. Das Mass aller Dinge in Europa sind London und Kopenhagen. In Paris und in Moskau gibt es zwar auch eine lebendige Gastroszene, aber das Tabletop ist dort nicht wirklich innovativ. Der Hotspot hierzu­

hetgm: Und woher kommen Ihrer Meinung nach die kreativsten Designerköpfe? Markus Hans: Aus Skandinavien und Italien. Für mich eine absolute Ausnahmeerscheinung in der Design­Formensprache ist Stefanie Hering. Die kommt allerdings aus Berlin. hetgm: Sie sind seit vielen Jahren im Business. Gibt es überhaupt noch etwas, was Sie vom Hocker haut? Markus Hans: Eigentlich nicht. Aber ich begeistere mich noch täglich für Tabletop. Herzklopfen bekomme ich, wenn ich zu Freunden komme und dort Tabletop sehe, und zwar in kompromisslos erstklassiger Qualität. Da habe ich Riesenfreude.

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Zuckerschaustück Hochzeitsschwäne

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Bernd siefert aus dem deutschen michelstadt gehört zu den stars der internationalen Patisserie-szene. nachdem er 1997 Weltmeister der konditoren wurde, vermarktet er seinen titel so brillant wie kaum ein anderer. Der Odenwälder schreibt Bücher, produziert Desserts für Promianlässe und leitet weltweit seminare. t e x t : Jörg Ruppelt Fotos: Matthaes Verlag, Stuttgart

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D

ie Heimat des Weltmeisters ist Michelstadt im Odenwald. Ein hübscher, waldreicher Flecken zwischen Darmstadt und Hei­ delberg, eingeklemmt im Dreieck der Bundesländer Hessen, Baden­Württemberg und Bayern. Michelstadt selbst zählt zu den ältesten Siedlungen des Odenwaldes und wurde erstmals 741 n.Chr. durch den fränkischen Hausmeier Karlmann, den Onkel Karls des Grossen, erwähnt. Jahrhundertelang schlum­ merte das kleine Ackerbürgerstädchen mit seinen Händlern und Handwerkern vor sich hin. Erst der Bau der Odenwaldbahn zwischen 1870 und 1881 brachte für Michelstadt einen star­ ken wirtschaftlichen und touristischen Aufschwung. Aus der Tuchweber­ und Färberzunft entwickelte sich eine Tuchfab­ rik, aus Eisenhütten entstanden Maschinenfabriken. Touris­ tisch erlebte das Städtchen mit seinen bis heute gut erhaltenen Fachwerkhäusern in den 1950er und 1960er Jahren seine erste Blütezeit. Heute ist die 15 000 Einwohner zählende Odenwaldstadt Ziel zahlreicher Wanderer und Velotouristen, die vornehmlich in den Sommer­ und Herbstmonaten Michelstadt besuchen und irgendwann beim Schlendern durch die beschauliche Innen­ stadt auf Bernd Sieferts Café stossen. Dass es sich dabei nicht um irgendein, sondern um das Café eines Weltmeisters handelt, bleibt den Besuchern nicht verborgen. Schwungvoll steht es auf Schiefertafeln auf der Terrasse und über dem Eingang des ehr­ würdigen, gut 250 Jahre alten Fachwerkhauses. «Michelstadt ist am Arsch der Welt, aber für mich ist es der schönste Arsch», lacht Bernd Siefert. Mit derart ungeschmink­ ten, ja geradezu erfrischenden Worten begrüsst der Weltmeister den Besucher aus Zürich, der gut fünfeinhalb Stunden ermüden­ de Zugfahrt hinter sich hat. Sieferts Händedruck ist kräftig, sei­ ne Erscheinung geradezu kolossal. An die zwei Meter misst der Hüne, leger gekleidet in Jeans und schwarzem Harley­T­Shirt. Auf die Frage, ob man damit auf eines seiner Hobbys schliessen dürfe, antwortet er: «Ja sicher, aber dieses Jahr habe ich es mit meiner Harley nur bis zum TÜV und zurück geschafft.» Wir sitzen in Sieferts Café. Gemütlich ists. Tiefe Decke, Bal­ ken, liebevoll dekorierte Fenster, braune Holztische und Stüh­ le und mit bordeauxrotem Stoff überzogene Bänke dominieren den Gastraum. Trophäen an den Wänden künden von Bernd Sieferts Erfolgen vergangener Jahre. Im hinteren Teil, auf dem Weg zur Küche, fallen weitere zahllose Auszeichnungen und Be­ richte in den Blick des Betrachters. «Mein Urkundenfriedhof», sagt Bernd Siefert. Der Mann gehört zweifellos zur ersten Patis­ sier­Garde Deutschlands. Und zeigt es auch. Dass er einmal Dessertbücher schreiben und sogar Welt­ meister der Konditoren werden würde, hätte man im Hause Sie­ fert nie geglaubt. Die Sieferts, deren Vorfahren während des Dreissigjährigen Krieges aus dem Tessin in den Odenwald aus­ wanderten, betreiben schon seit 1793 im Hause an der Michel­ städter Braunstrasse eine Gastwirtschaft. Als Bernds Vater Wilhelm, ein gelernter Konditor, das Haus 1967 erbte, gestalte­ te er die Gastwirtschaft in eine Konditorei um. Und natürlich sollte Sohnemann Bernd mit der Tradition einmal fortfahren. Doch der dachte als junger Bursche nicht im Traum daran, Ku­ chen zu backen. Pilot, Künstler, Kernphysiker ... alles, nur nicht Konditor wollte er werden. Doch irgendwann habe es zur Freu­ de der Eltern bei ihm Klick gemacht. «Dann setzt du halt auf Torten und Kuchen und machst Mutter eine Freude, wenn du in der Stadt bleibst!» Bernd geht bei seinem Vater in die Lehre und entdeckt die Faszination des Konditorenhandwerks. Einmal entdeckt er an einer Ausstellung die Kunst des Zuckerziehens. Eine Fertigkeit, von der er begeistert ist und von der er behauptet, sie sei es, weiter

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Konditor­Weltmeister Bernd siefert: «Food­design ja, aber immer gilt auch das gebot der geschmacklichkeit.»


Pandan­Kokos­ganache

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die ihn eigentlich zum Beruf des Konditors gebracht habe. «Kuchenbacken ist nicht geil, aber Zuckerziehen!» Noch während der Lehrzeit besucht er Zuckerkurse beim legendären Willy Pfund am Paradeplatz in Zürich. Und er meldet sich zu seinem ersten Wettbewerb an. An der Intergastra 1986 in Stuttgart holt er auf Anhieb eine Goldmedaille. Seine Lehre schliesst er wenig später als Jahrgangsbester ab. Ausstellungen und Wettbewerbe lassen ihn nicht mehr los. Alleine oder zusammen mit Vater Wilhelm und später mit Schwester Astrid misst er sich an Wettkämpfen mit anderen Konditoren. Nach dem obligatorischen Dienst bei der Bundes­ wehr zieht es ihn ins Ausland. Er volontiert im «Sprüngli» in Zü­ rich, bei «Harold’s» in London und er schaut den Grossen der in­ ternationalen Konditorenzunft wie Fauchon, Crillion, Mulot und Dammans über die Schulter. Gerade mal 23­jährig erhält er 1990 den Meisterbrief der Konditoreninnung, in Deutsch­ land eine Organisationsform des Handwerks. Wenig später legt er die Prüfung zum Betriebswirt des Handwerks ab. Zu diesem Zeitpunkt steht für ihn fest, dass er einmal in die Fussstapfen seines Vaters treten und das Café in Michelstadt übernehmen würde. Ab 1993 beginnt Bernd Sieferts Wettbewerbszeit, wenn auch noch nicht mit den ganz grossen Erfolgen. Mit dem Team der deutschen Patisserienationalmannschaft nimmt er am Coupe du Monde de la Patisserie teil und wird Elfter. 1994 wird er Vierter am Wettbewerb Konditor des Jahres. Im sel­ ben Jahr gewinnen er und Schwester Astrid die Internationa­ le Konditoren­Fachschau in Stuttgart. Von 1994 bis 1999 ge­ winnt er sechsmal in Folge die deutsche Vorausscheidung zur Patisserie­Weltmeisterschaft. Zusammen mit Manfred Bacher nimmt er 1995 an der Welt­ meisterschaft der Konditoren in Mailand teil. Beide bereiten sich akribisch auf den Wettbewerb vor und wollen den Titel nach Deutschland holen. Beide gewinnen zwar den Weltinnovations­ preis, aber am Ende bleibt nur Platz fünf. Zwei Jahre später tre­ ten die beiden wieder an der WM an, diesmal in Stuttgart. Und diesmal klappt es mit dem Sieg: Bacher/Siefert sind Weltmeister der Konditoren. Ein Titel, mit dem Bernd Siefert heute noch in Verbindung gebracht wird und mit dem er erfolgreich wie kein Zweiter wirbt. Ein Jahr später, 1998, zieht er sich als Aktiver aus dem Wettbewerbsgeschehen zurück. Fortan gibt er sein weiter

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marzipan: Brautpaar auf sofa

Zuckerschaustück infopoint orange


Bernd Siefert: «Ich versuche in meinen Kreationen oft Klassiker zu verändern, ohne mich zu weit von den klassischen Formen wegzubewegen. Hier lasse ich die Eisbombe einfach unter einer abnehmbaren Zuckerkuppel verschwinden. Dieser Effekt erinnert mich an weit von der Erde entfernte Planeten im Weltraum.»

SpaceballS eisBomBe

4 eisbomben Ø 18 cm erdbeersorbet (Kern) 76 g Trockenglukose 8 g neutraler Stabilisator 161 g Zucker 247 g Mineralwasser 30 g Invertzucker 1000 g Erdbeerpüree 5 g Fruchtsäure (1:1) Trockene Zutaten mischen, dann Mineralwasser und Invertzucker zugeben und kurz aufkochen. Püree und Fruchtsäure untermischen und auf 30° Brix einstellen. Das beste Resultat bekommt man nach mindestens 4 Stunden Reifezeit. Danach nochmals mixen und in der Eismaschine gefrieren, schliesslich in Silikonhalbkugeln füllen. Baiser (Boden für Sorbet und Parfait) 150 g Eiweiss 400 g Zucker 1 g Salz 100 g Puderzucker

Das Eiweiss mit etwas Zucker und Salz zu einem steifen Schnee schlagen. Dann den restlichen Zucker nach und nach einlaufen lassen, Puderzucker unterheben und mit Hilfe eines Spritzbeutels mit einer 6er-Lochtülle eine Scheibe auf eine Backmatte garnieren. Ihr Durchmesser sollte etwas kleiner sein als die Form. Restliche Masse aufdressieren und als Boden für das Parfait verwenden. Bei 120 °C für etwa 4 Stunden «trocknen». Parfait d’amour (Mantel) 60 g Eigelb 150 g Vollei 262 g Zucker 1 g Tonkabohnen, frisch gerieben 10 g Ingwer, frisch gerieben 150 g Baiser, gehackt 300 g Erdbeerpüree 150 g Himbeeren 600 g Sahne

Eigelb mit Vollei, Zucker, Tonkabohne und Ingwer im Wasserbad auf 85 °C pasteurisieren, anschliessend im Eiswasserbad kalt schlagen. Baiser, Erdbeerpüree und grob zerkleinerte Himbeeren mit der Sahne unter die Eiermasse heben. In eine grosse Silikonformein füllen,mit dem ausgeformten Erdbeersorbet füllen und mit einer Baiserscheibe abdeckeln. Gut durchfrieren und ausformen. erdbeerglasur (Überzug) 12 g Pektin 450 g Zucker 300 g Erdbeersaft 200 g Trockenglukose Pektin mit 50 g Zucker mischen, mit Erdbeersaft aufkochen und 400 g Zucker zugeben. Erneut aufkochen, Trockenglukose zugeben und wieder aufkochen. Absetzen lassen und abschäumen. Die Überzugstemperatur sollte 25 °C betragen.

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Zuckerdekoration 300 g Isomalt metallhalbkugeln Eine gefrorene Metallhalbkugel dünn mit Trennspray einfetten, überschüssiges Fett mit einem Tuch abnehmen. Isomalt in Wasser auflösen, abkühlen lassen und mit einem Spatel netzartig auf die Halbkugel aufbringen. Nach dem Erkalten überhängende Enden mit einer Schere abtrennen und das fertige Isomaltnetz vorsichtig von der Halbkugel ablösen. Gefrorene Metallhalbkugel dünn mit Trennspray einfetten, überschüssiges Fett mit einem Tuch abnehmen. Quelle: Matthaes Verlag, Stuttgart


Wissen und seine Erfahrungen als Trainer weiter. Zwischen 1998 und 2006 betreut er junge Talente, vier von ihnen holen sich den Titel «Konditor des Jahres». 2007 wird er Trainer der Patissiers der deutschen Kochnationalmannschaft. 2010 gibt er das Amt auf.Auch wenn er sich aus dem Wettbewerbsgeschehen zurückgezogen hat, ist der Weltmeister von 1997 in Deutsch­ land und im Ausland noch immer in aller Munde. Seine Dessert­ bücher, etwa Sweet Gold 1 und Sweet Gold 2, sind mittlerweile Fooddesign­Klassiker und werden von der Fachbranche hoch gelobt, weil sie in verständlicher Sprache Schritt für Schritt die Zubereitung von Torten, Desserts, Zuckerschaustücken, Prali­ nen und Glace beschreiben. Zudem gibt Bernd Siefert Anekdo­ ten zum Besten, die jeden Konditor und Patissier zum Schmun­ zeln bringen. Bernd Siefert gilt als «Hansdampf in allen Gassen». Er leitet Seminare zuhause in Michelstadt, bei Felchlin in Schwyz, Ri­ chemont in Luzern, hält Vorträge in Argentinien, Japan, Öster­ reich und Spanien. Zusammen mit seinem Team, zu dem unter anderem seine Schwester Astrid und seine Frau Isabel, beide auch ehemalige deutsche Konditorenmeister, gehören, produ­ ziert er Confiserie­Artikel, Marmeladen und Tiefkühldesserts, die national wie international gefragt sind. Er berät Lebens­ mittelunternehmen wie Schöller, Pregel und Katjes bei der Ent­ wicklung neuer Produkte. Und er ist an der japanischen Shop­ in­Shop­Kette «Meister Juchheim» beteiligt. Nächstes Projekt ist ein Dessertbuch für Einsteiger, ein Werk, das die Liebe zum Handwerk vermitteln soll. Siefert sagt von sich, dass er zwar Sty­ lisches in seinen Büchern zeige, aber alles Nachvollziehbar sei. «Das Gebot der Leckerheit ist für mich wichtig.» Bernd Siefert ist ein Meister der Vermarktung, der die Me­ dienarbeit aus dem Effeff beherrscht. Unlängst produzierte er aus Buttercreme, Biskuit, Schokolade und Himbeerkonfitü­ re den mit 2,20 Metern Höhe grössten Granatsplitter der Welt. «Nicht unbedingt die hohe Konditorenkunst, aber es bringt Po­ pularität», sagt Bernd Siefert. Das Geschick, sich bestens darzu­ stellen, habe er von Maitre Fauchon in Frankreich gelernt. «Du kannst noch so gut produzieren, aber wenn du keine Marke bist, wirst du nicht wahrgenommen.» Bis an sein Lebensende werde er auf seinem Weltmeistertitel herumreiten. Während er das seinem Besucher aus der Schweiz ins Notizbuch diktiert, kommt eine ältere Dame ins Ladenlo­ kal, das Bernd Sieferts Café angeschlossen ist. Sie habe im Rund­ funk von Weltmeister Bernd Siefert gehört, und weil sie in Mi­ chelstadt im Urlaub sei, müsse sie natürlich unbedingt in dessen reizendes Café, erzählt sie einer Verkäuferin. Bernd Siefert lauscht der Unterredung zwischen den beiden und schmunzelt. «Sehen Sie», sagt er seinem Schweizer Gast, «ich werde sogar auf meinem Grabstein eingravieren lassen: Hier ruht der Weltmeister.» ×

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Zuckerschaustück Kolibri

Transparent movement ... glühweingelee, schokoladen­lebkuchen­ mousse, glühweinschaum und Waldbeersorbet


Bernd Siefert: «Natürlich ist diese Eisbombe meine Sicht der Dinge und nicht wirklich traditionell japanisch. Aber für mich gibt es nichts Schöneres als einen japanischen Garten. Ich hoffe, ich werde diesem gerecht.»

JapaneSe garden

4 eisbomben Ø 18 cm grünteemandelboden (Daquoise) 225 g Eiweiss 5 g Trockeneiweiss 75 g Zucker 190 g Mandelgriess 185 g Zucker, extrafein 25 g Mehl 5 g MatchaGrünteepulver Eiweiss, Trockeneiweiss und 150 g Zucker zu einem festen Schnee schlagen, dann die restlichen Zutaten mischen und unter den Schnee heben. Die Masse mit einem Spritzbeutel und einer 8er-Lochtülle im Durchmesser der Eisbombe auf eine Backmatte aufdressieren, bei 200 °C anbacken und bei 170 °C etwa 30 Minuten ausbacken. Kirsch­Tränke für den Boden 125 g Zucker 125 g Wasser 25 g Kirschwasser, 40% Zucker mit Wasser aufkochen,

sobald die Mischung erkaltet ist, Kirschwasser unterrühren und den Boden damit tränken. grüntee­Kirschblüteneis (warme Herstellung) (Mantel) 385 g Zucker 55 g Trockenglukose 82 g Milchpulver 14 g MatchaGrünteepulver 193 g Eigelb 1761 g Vollmilch 110 g Butter 7 Tropfen Kirschblütenessenz (je nach Qualität variieren) Die trockenen Zutaten mischen, dann mit Eigelb und Milch aufmixen, bei 85 °C pasteurisieren, auf 65 °C herunterkühlen. Die Butter untermixen und, sobald erkaltet, Essenz zugeben, reifen lassen, abfrieren. Die vorgefrorene Eisform damit auschemisieren.

Kirsch­Bananen­sorbet (kalte Herstellung) (Kern) 70 g Trockenglukose 189 g Zucker 386 g Sauerkirschpüree 281 g Bananenpüree 4 g Fruchtsäure 14 g Invertzucker 456 g Wasser Trockenglukose und Zucker mischen. Fruchtpürees und die restlichen Zutaten untermixen und mit dem Refraktometer auf 32 °C einstellen. Abfrieren, die Eisbombe damit füllen, dann Boden auflegen und durchfrieren. Anschliessend ausformen, mit weisser Sprühkuvertüre und Grünteesprühkuvertüre absprühen. Mit Hilfe einer Garniertüte GrünteeGlasur aufdekorieren. dekoration weisse Sprühkuvertüre Grüntee-Sprühkuvertüre Grüntee-Glasur (weisse Glasur und Matcha-Grünteepulver)

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frische Kirschen Blattsilber kandierte Kirschblüten Zuckerdekoration Quelle: Matthaes Verlag, Stuttgart


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Z i g a r r e n kö n i g

hans-kristian hoejsgaard neuer ceO der Oettinger Davidoff group Interview: Marc Benedetti

hetgm: Hans­Kristian Hoejsgaard, woran erfreut sich Ihr Blick, wenn Sie von der Arbeit aufschauen? Hoejsgaard: In meinem Büro hängt ein schönes Bild von unseren Tabakfeldern in der Dominikanischen Republik, die ich im April besucht habe, Freude habe ich natürlich auch an meinem prall gefüllten Humidor. hetgm: Was ist Ihr liebstes Berufswerkzeug? (lacht und zeigt auf sein iPhone). Hoejsgaard: Das ist sehr wichtig und macht das Leben einfacher. h gm: Welcher Moment in ihrer Arbeit bereitet Ihnen die tiefste Befriedigung? Hoejsgaard: Die Zeit von acht bis neun Uhr jeden Morgen. Sie ist wenn immer möglich sitzungsfrei, man hat ein wenig Ruhe und das Telefon läutet nicht. Befriedigung bereitet mir auch, wenn ich unsere Davidoff Flagship Stores besuche und mit den Verkäuferinnen und Verkäufern spreche, die direkten Kundenkontakt haben. Von ihnen lerne ich sehr viel. et

hetgm: Wann gehts denn morgens los beim CEO? Hoejsgaard: Zwischen 7 und 7.30 Uhr beginnt mein Arbeitstag. Dann habe ich wie gesagt ein bis zwei Stunden Zeit für meine persönliche Arbeit. Den Rest des Tages verbringe ich in Sitzungen. h gm: Gibt es ein Gewürz oder eine Geschmacksrichtung, die Sie nicht ausste­ hen können? Hoejsgaard: Ich hasse Durian (Anm. d. Red.: stachelige Frucht des Durian- oder Zibetbaums, häufig als Stink- oder Käsefrucht et

bezeichnet). Der Geschmack ist sehr gut, aber der Geruch ... In vielen Hotels in Asien steht deshalb ein Schild, dass man Durian nicht im Zimmer aufbewahren darf. hetgm: Hören Sie bei der Arbeit Musik? Ja, ich höre auf meinem kleinen Nano ab und zu klassische Musik und Classical Jazz. hetgm: Gibt es Ihrer Meinung nach Musikrichtungen, die sich nicht mit der Arbeit vertragen? Hoejsgaard: Rap oder Heavy Metal könnte ich nicht hören. hetgm: Die Frage, ob Sie ein Geniesser sind, erübrigt sich wohl. Hoejsgaard: Ja. Ich liebe aber nicht nur Zigarren, sondern auch ein gutes Essen und einen guten Wein. Ich sammle schon lange Bordeaux­Weine, insbesondere Pauillac, und habe an die 600 Flaschen. hetgm: Welche extravagante Zutat kann Ihnen gestohlen bleiben? Hoejsgaard: Hai­Flossen. Man serviert sie in der chinesischen Küche als Luxusprodukt. hetgm: Was ist für Sie die edelste Delika­ tesse der Welt? Hoejsgaard: Ein Glas Pauillac! hetgm: Was würden Sie niemals essen? Hoejsgaard: Pferdefleisch. hetgm: Und was wäre Ihre Henkersmahl­ zeit (wobei wir natürlich hoffen, dass das nie der Fall sein wird)? Hoejsgaard: Meiner Kommunikations­ chefin gefällt die Antwort nicht. Aber es ist ein marinierter Hering, dazu ein Aqvavit und ein Bier.

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Zur Person ist n Hoejsgaard Hans­Kristia 0 12 in r de der neue CEO n Oettinger Ländern tätige mit Sitz in Davidoff Group o hfolger von Ret Basel. Der Nac am mt offiziell Cina hat sein A d en. Hoejsgaar et tr ge 1. Juni an er üb nem stammt aus ei im Taba kge­ n ne io at er en G ten dänischen er nk schäft vera er rnehmen, wo Familienunte ie D . nn ga be seine Karriere e hat Hans­ letzten 25 Ja hr gaard leitende Kristian Hoejs Firmen des Stellungen in ereichs inne rb Konsumgüte 15 Ja hre im gehabt, davon . Er lebte mit Luxusbereich in verschiede­ e seiner Famili en Ländern, in nen europäisch n USA , wo er A sien und in de s­ d Verwaltung zuletzt CEO un i­ an ik s amer ratsmitglied de ternehmens un en hr U schen t war. Kochen is Timex Group n ue ne bby des das Lieblingsho n­ he oc W fs. A m Davidoff­Che er mit seiner t te ir w be de en nde. Er kocht eu Fr Frau gerne e in einem gerne Gericht rovenzalischen mediterran­p iatische Küche as Stil, liebt die rne Neues aus. und probiert ge


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2. 1. 3.

michael Broger w端rde die Farben seiner etiketten gerne den geschmacks足 nuancen eines jeden Jahrgangs anpassen. F端r einen Kleinbetrieb rechnet sich das aber nicht.


Kleine Etikettenkunde Die Farbwelten und das Gestaltungsraster versinnbildlichen die Aromastruktur der einzelnen Weinsorten. Die aufgezeigten Kombinationen sind sorten- und terroirspezifisch. Sie sind jedoch nur eine Momentaufnahme und zeigen, wie komplex und vielschichtig sich die Entwicklung eines Weines gestaltet.

1.

Primäraromen (Fruchtaromen): Diese Aromen stammen direkt aus dem Traubengut. Gleich nach der Abfüllung dominieren diese Aromen den Geschmack des Jungweines. Mit zunehmendem Alter weichen sie den Reifearomen oder werden durch diese ergänzt.

2.

Sekundäraromen (Weinbereitung): Die Verwendung von Stahltanks, Grossfässern oder Barriques kann den Geschmack eines Weines stark beeinflussen. Die Aromen der Weinbereitung können im trinkfertigen Wein ergänzenden bis dominanten Charakter annehmen.

3.

Tertiäraromen (Flaschenreifung): Mit zunehmender Lagerungsdauer entwickeln sich in der Flasche neue Aromenstrukturen und diese bereichern den Geschmack des reifen Weines.

Wie viel Design steckt im Wein? diese frage polarisiert. denn wer Wein mit design verbindet, denkt in erster linie an die gestaltung der etiketten oder die form der flaschen, nicht aber an den inhalt, den Wein. Text: Gabriel Tinguely

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wischen weissem und rotem Wein gibt es einen grossen Fächer an Farbnuancen. Genau so bunt sind die Philosophien der Produzenten. Traditi­ onalisten ergänzen sich mit Modernis­ ten, Selbstkelterer mit Genossenschaf­ ten und Handwerker mit Grosskellereien. Die Übergänge sind fliessend. Auf der ei­ nen Seite stehen Winzer und Selbstkel­ terer – nennen wir sie Traditionalisten. Zu diesen zählt Christian Vessaz von Cru de l’Hôpital in Môtiers am Murten­ see. Als junger Winzer konnte er die Do­ mäne der Bürgergemeinde Murten über­ nehmen. Als Erstes modernisierte er die Rebberge, stellte auf biologische Spritz­ mittel um und reduzierte die Erträge. Christian Vessaz sieht sich als Vermitt­ ler zwischen Terroir, Reben und Kon­ sumenten. Seine Weine sprechen für sich. Elegante, aber schlichte Etiket­ ten unterstreichen die gerade Linie der Cru­de­l’Hôpital­Weine.

be steht für einen Duft oder einen Ge­ schmack, den der Thurgauer Winzer in seinen Weinen findet. Für dieses Eti­ kettenkonzept hat er den Reddot Design Award erhalten. (Siehe kleine Etiketten­ kunde auf der folgenden Seite.) Auf die Frage, wie viel Design in seinem Wein stecke, antwortet Michael Broger: «Bei den Etiketten ist vieles möglich. Doch beim Wein gibt es für mich keine Toleranz.» Er bewirtschaftet 2,5 Hektar Reben. Micha­ el Broger verzichtet seit Jahren auf Herbi­ zide. Fungizide hat er auf ein Minimum reduziert. Einige Parzellen werden sogar nach biologisch­dynamischen Grundsät­ zen bewirtschaftet. Die Erträge sind ent­ sprechend klein, die Trauben dafür kon­ zentriert. Im Keller gären die Rotweine mit safteigenen Hefen und reifen in Holz­ fässern. Darin durchlaufen sie im Rhyth­ mus der Jahreszeiten den biologischen Säureabbau und die Ruhephase bis zur Flaschenreife. «Das Design – wenn man Traditionelle Werte finden Liebhaber da überhaupt von Design sprechen kann – bestimmt allein das Wetter», ergänzt Mi­ Auf den Etiketten von Michael Broger chael Broger. Je nach Jahrgang variieren wechseln sich Streifen und Flächen in Erntemengen, Alkohol­ und Säuregehal­ unterschiedlichen Farben ab. Jede Far­ te der Weine. Bei sogenannten Tra­ weiter

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ditionalisten richten sich Weinge­ niesser nach den Ergebnissen der Natur. Sie schätzen die knackige Frische eines Müller­Thurgaus, die lebendige Säure eines Rosés sowie die Ecken und Kanten des Blaubur­ gunders. Auch ein grosser Teil der schreibenden Zunft sieht sich als Verfechter eben dieser traditionel­ len Werte.

Geplanter Wein für alle Lebenslagen

Ein Geschmack setzt sich durch 1975 begann der Amerikaner Ro­ bert M. Parker, ein Doktor in Juris­ prudenz, einen Weinführer zu ver­ fassen. Unabhängig und ohne die Notwendigkeit, Wein verkaufen zu müssen, wollte er die Interessen der Verbraucher vertreten. Sein News­ letter «The Wine Advocate» wurde in all den Jahren zu einer der meist­ beachteten Weinpublikationen der Welt. Robert M. Parker erhielt welt­ weite Aufmerksamkeit, als er den Bordeaux­Jahrgang 1982 als super­ bes Jahr ausrief. Im Gegensatz zu ihm waren viele andere Kritiker der Ansicht, das Jahr sei zu säurearm ausgefallen und überreif. Ungeach­ tet der Debatte darüber, ob das Jahr 1982 ein alterungsbeständiges Jahr sei, hat der Weinmarkt reagiert und die Preise für den 1982er über jene folgen­ der Jahrgänge angehoben. Die Meinung von Robert M. Parker hat den grössten Einfluss auf das Verhalten der Weinkäufer. Und das nicht nur in den USA, sondern auch in Frankreich, Eng­ land, Deutschland, der Schweiz, Japan, Taiwan, Singapur, Russland, Mexiko, Bra­ silien und der Volksrepublik China. In all diesen Ländern setzen zahlreiche Händ­ ler bei der Weinvermarktung auf Parker­ punkte. Wenn Parker und sein Degusta­ tionsteam einen Wein mit 90 und mehr Punkten bewerten, steigt der Verkaufs­ preis. Diese Wertung veranlasst häu­ fig Käufer, solch einen Wein zu bestellen, ohne ihn verkostet zu haben. Auch die berühmten «Grand Crus» aus dem Bordelais setzen bei der Vermark­ tung auf Parker­Bewertungen. Um ihre Weine besser zu verkaufen, modifizieren viele Weingüter die Herstellungsverfah­ ren in Weinberg und Keller so, dass Weine in dem Stil entstehen, den Parker bevor­ zugt und hoch bepunktet. Zur Optimie­ rung der Weinherstellung im «Parker­ stil» wird oft der mit Robert M. Parker befreundete französische Önologe Mi­ chel Rolland als Berater engagiert. Mi­ chel Rolland ist ein Spezialist für voll­ mundige, fruchttiefe Weine mit viel Barriqueeinsatz.

mathias Bechtel besitzt keine eigenen reben, deshalb setzt er alles auf die Weinbereitung. Wie seine etikette zeigt, arbeitet er mit einem minimum an eingriffen. «die schönsten Weine entstehen aus gesundem Traubengut fast von alleine», ist mathias Bechtel überzeugt. er keltert Chardon­ nay, sauvignon Blanc, merlot und ein Blauburgunder Vintage sowie ein erdbeerwein.

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Eben diese vollmundigen, frucht­ tiefen und oft auch alkoholreichen Weine verkaufen sich so gut wie nie zuvor. «Eine Mehrheit der Konsumenten versteht Wein als Getränk, das einen gewissen Lebensstil verkörpert», sagt Yvo Magnusson, Leiter Verkauf und Marketing bei Globalwine. «Der Tropfen soll gut sein, ohne Jahrgangsschwankungen immer gleich schmecken und beim Trinken viel Spass machen. Wenn das Budget dabei nicht zu stark belastet wird, hat das Getränk gewonnen.» Solche Weine sind vor al­ lem das Geschäft von Grosskellerei­ en und Getränkekonzernen – nennen wir sie Planer. Die Planer sehen sich als Akteure einer lebendigen Indust­ rie. Ein Beispiel: Seit Jahren verlangt der Markt nach Prosecco. Also wird drucktankweise Schaumwein produ­ ziert. Ein Glück für die Planer: Pro­ secco ist auch der Name der Rebsorte und diese ist zum Synonym für billi­ gen italienischen Schaumwein gewor­ den. Prosecco­Trauben können über­ all angebaut werden. Der Konkurrenzkampf ist ruinös. Erst kürzlich publizierte die interna­ tionale Organisation für Rebe und Wein (OIV) provisorische Zahlen. Gemäss de­ nen sind im Jahr 2010 etwa 20 Millionen Hektoliter Wein mehr produziert als kon­ sumiert worden. Das Paradoxe an der Si­ tuation und eine Bemerkung am Rande: Während die Europäische Union Prä­ mien für das Roden von Reben bezahlt, pflanzen Winzer in China und in Asien tüchtig neue Rebberge an. Der Schweizer Traditionalist Mathi­ as Bechtel, der selber keine Reben besitzt, bezahlt seinen Traubenproduzenten bis zu sechs Franken pro Kilo. Die glei­ che Menge gibt es in den grossen Produk­ tionszentren Südfrankreichs, Italiens und Spaniens bereits für 20 Cents. In der Schweiz kann ein Selbstkelterer von fünf Hektar leben. In Südfrankreich braucht er mindestens 50 Hektar maschinell be­ arbeitbare Rebfläche. Dass da die Qualität der Trauben nicht immer über alle Zwei­ fel erhaben ist, liegt auf der Hand. Zwar kann aus zweitklassigem Traubengut kein erstklassiger Wein entstehen. Doch es gibt Hilfsmittel, mit denen im Keller nachgeholfen und Fehler korrigiert wer­ den können. Was alles möglich ist, zeigt der Blick in den Kodex der guten önolo­ gischen Praxis. Das technische Referenz­ dokument fasst die Regeln aller erlaubten Behandlungen für Trauben, Most, Wein


die Berufsverbände an die Ethik der Önologen.

und Schaumwein zusammen. Ein Bei­ spiel für eine solche Behandlung ist die Mostkonzentration. Wenn zu viele Trau­ ben am Stock belassen wurden, kann dem Most mit technischen Hilfsmitteln Was­ ser entzogen werden. Es ist auch zuge­ lassen, den Alkoholgehalt mit Zucker um maximal 2,5 Prozent anzuheben. Tole­ riert sind auch die chemische Entsäuerung oder Aufsäue­ rung, die Zugabe von Gerbstof­ fen und Enzymen mit unter­ schiedlichen Funktionen. Ein heiss diskutiertes Thema ist der Einsatz von Eichenschnip­ A nmelM it über 4.00 0 seln, die wie Teebeutel in Tanks esamt du ngen aus insg gehängt werden, anstatt den hlt de r 40 Lä ndern zä Wein im Barrique auszubauen. npreis» «Reddot Desig Eine neue Technik zur Herstel­ de n zu t ei ltw we lung immer gleich schmecken­ ig nes D en st grös der Weine ist die Weinfraktionie­ n. be er ew ttb we rung. Dabei wird Wein in seine Bestandteile zerlegt und später auf eine andere Art wieder zusammenge­ setzt. Dieses Verfahren muss auf der Eti­ kette nicht ausgewiesen werden. Wäh­ rend in Ausbildungszentren für Önologen die technischen Möglichkeiten der Zu­ satzstoffe gelehrt werden, appellieren

Alles am Wein ist Design So wie nicht alle Traditionalisten gute Weine keltern, produzieren industrielle Kellereien nicht grundsätzlich schlech­ te Weine. «Einige Grosse bringen es fertig, Jahr für Jahr auf einer grossen Skala tol­ le Produkte für ein breites Publikum her­ zustellen», sagt Yvo Magnusson. «Auch wenn ich mich eher als Traditionalist sehe, habe ich dafür grossen Respekt.» Die Antworten auf eine Umfrage bei Weinproduzenten, Fachhändlern und re­ gionalen Branchenverbänden lässt die ge­ wagte These zu, dass alles am Wein De­ sign ist. Design bedeutet Formgebung und beginnt mit der Auswahl der Rebsor­ ten, den Erziehungsmethoden (Schnitt) sowie der Erntemenge und dem Lesezeit­ punkt. Dazu kommen technische Mög­ lichkeiten, unterschiedliche Maischen­ standzeiten und Ausbauarten. Schlicht alles, was der Mensch beeinflussen kann. «Beim Schweizer Wein sehe ich Design vor allem bei Assemblagen», sagt Gilles Besse, Winzer in Vétroz VS. Aber das ist ein an­ deres Kapitel. ×

Reddot Designpreis

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stehend von links: stefan staub, monika Wicki, adrian Frieden, manuela stämpfli und michel erpen. Knieend von links: dominique Charle und Corinne roth. nicht auf dem Bild Teamcaptain michel läser.

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die gilde in den startlöchern Peu à peu meldet sich die gilde etablierter gastronomen in der kochkunstwelt zurück. nach gold in luxemburg startet das junge team um stefan staub und michel läser ins Ausscheidungsrennen um die künftige kochnationalmannschaft der schweiz. Text: Jörg Ruppelt, Fotos: René Frauenfelder, Gilde-Team

Zweifellos gehört die Mannschaft der Gilde

etablierter Gastronomen zu den Überraschungen in der Schweizer Regionalequipen­Szene. Am Culina­ ry World Cup vergangenes Jahr holte sich das Team nicht nur die Goldmedaille, sondern belegte hinter der Aargauer Kochgilde Platz 2 im Gesamtranking. National wie auch international mausern sich die Gilde­Köche wieder zu einem ganz grossen Team im Kochkunstgeschäft. «Die jahrelange Durststrecke ist vorbei», freut sich der Kandersteger Hotelier und Gil­ de­Präsident René F. Maeder. Der Erfolg kommt nicht von ungefähr und ist – geht man der Sache auf den Grund – Michael «Räm­ si» Ramseier zu verdanken. Der ehemalige Koch­ künstler stellte 2007 ein junges, hungriges Team zusammen und setzte dabei auf Talente wie Stefan Staub, Roman Meier, Adrian Frieden, Michel Erpen und Michel Läser. Alle drei gehören heute noch der Mannschaft an und prägen deren Charakter. Unterstützung erfuhr die junge Equipe in den ver­ gangenen vier Jahren nicht nur von «Rämsi» Ram­ seier, sondern auch von den ehemaligen National­ mannschaftsköchen Stephan Marolf und Daniel Lehmann, die den Jungen mit Rat und Tat zur Seite standen. Mittlerweile haben sich die Alt­Internatio­ nalen als Coaches zurückgezogen. Aktuell ist Ewald Michlig, Vater von Nationalmannschaftsteamchef Kilian Michlig, Ansprechpartner für Fragen in Sa­ chen Finanzen und Logistik. Gegenüber Luxemburg hat sich das Gesicht der Gilde­Mannschaft leicht verändert. Roman Meier, Edi Lüthi und Gregor Maier haben sich zurückgezo­ gen und neuen Talenten Platz gemacht, die zum Teil noch nie ausgestellt haben und die von den verblie­ benen alten Hasen im Team akribisch auf den ers­ ten Wettbewerb im Herbst an der IGEHO geschult werden. Wie setzt sich die Mannschaft zusammen? Was bedeutet jedem Mitglied die Kochkunst und welche Chancen rechnet man sich aus, einmal die Nati zu stellen? Auf all diese und mehr Fragen lassen wir das Team antworten:

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stefan staub (29) Vizedirektor im Hotel Freienhof in Thun: Schon während meiner Kochkarriere nahm ich erfolgreich an Berufswettbe­ werben teil, sei es der Sieg am Lehrlingswettbewerb Traitafina 1999, seien es die vier Finalteilnahmen am Swiss Culinary Cup, davon zwei zweite Plätze, oder der Sieg am Jeunes­Commis­ Rôtisseur­Wettbewerb Schweiz und der zweite Platz am Jeunes­Commis­Rôtis­ seurs­Mondiale in Kanada 2004. Mein Herz schlägt nach wie vor für das Kochen. Da ich im Arbeitsalltag nicht mehr direkt am Herd stehe, gibt mir die Kochkunst eine Möglich­ keit der kreativen Entfaltung. Zudem bietet sie eine Plattform für Austausch, Ideen, Kontakte knüpfen und Botschaft für den Kochberuf. Das Ausprobieren und Tüfteln von neuen Kreationen macht mir nach wie vor grossen Spass. Zudem durften wir im letzten Team einen tollen Zusammenhalt erleben. Als Teamchef stehe ich nun vor der Herausforderung, unseren neuen Teammitgliedern genau diese Freude, dieses «Feu sacré» zu vermitteln. Ich muss ehrlich sagen, Kochkunst ist nicht immer mit dem Beruf und der Familie vereinbar. Letztes Jahr haben wir rund 25 bis 30 Tage in die Kochkunst investiert. Diese Tage fehlen natürlich schlussendlich für Familie, Freunde und Erholung. Viele Mitglieder sind zudem in anspruchsvol­ len Kaderpositionen, wo es natürlich auch schwierig ist, frei zu nehmen, wenn im Betrieb beispielsweise ein VIP­Anlass stattfindet. Ich hatte das Glück, dass ich immer auf grosse Unterstüt­ zung meiner Eltern, Werner und Madeleine Staub vom Hotel­Restaurant Rohrimoos­ bad in Heimenschwand, zählen durfte, sowie auf das Verständnis meiner Frau Annette, selber auch in der Gastronomie tätig und

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Siegerin des Hug­Wettbe­ werbs Tartelettes Phantasia 2010. Nicht zuletzt demjeni­ gen meiner jeweiligen Arbeitgeber, wo ich meine Freiwünsche für die Koch­ kunst anbringen kann und auf Unterstützung zählen darf. Schlussendlich sehe ich die Kochkunst als mein Hobby, bei dem ich mit Herz und Seele dabei bin. Unser grosses Ziel ist eine Top­Leistung an der Olympi­ ade der Köche in Erfurt 2012. Wenn das Gilde­Team mit guten Leistungen sich im Gespräch für die Kochnati halten kann, umso besser. Vorerst nehmen wir alles step by step. Next step IGEHO. Dann sehen wir weiter.


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Michel läser (33)

Michel erpen (35)

corinne roth (2o)

adrian frieden (27)

Küchenchef und stv. Geschäftsführer Restaurant Buurehuus in Thun Die Kochkunst ist eine Plattform, wo ich mit viel Kreativität, grosser Freude, Leidenschaft, Fantasie und Disziplin meinen Beruf als Hobby ausleben kann. Es ist aber auch eine Art Danke­ schön an all meine Mentoren und Lehrmeister, welche mich in meiner Karriere begleitet, geformt und geschult haben. Die Kochkunst ist zugleich ein interessantes Marketing­ Instrument, um die Berufe Koch und Gastronom noch direkter an die Leute zu bringen. Es ist aber auch sehr schwierig, immer alles unter einen Hut zu bringen. Es gab oft Zeiten, in denen wieder einmal alles drunter und drüber ging und wo ich dachte: «Warum tue ich mir das an?» Aber genau in solchen Momenten wusste der frühere Coach Michael Ramseier genau, wie er mich anpacken musste. Ich habe aber auch eine Superfrau an meiner Seite, die sehr viel Verständnis für mein Hobby hat. Dies alles wäre aber nicht möglich ohne Support und finanzielle Unterstützung. Die Gilde etablierter Schwei­ zer Gastronomen stärkt uns den Rücken und steht wie auch unsere Sponsoren hundert Prozent hinter uns. Daniel Schuler von Hunkelre Gastro stellt uns immer die neusten Tellerkreationen zur Verfügung. Mein Ziel ist, unserem neu geformten Team den «Spirit» zu vermitteln, unsere Sponsoren nicht zu enttäu­ schen und ein gutes Resultat an der Olympiade 2012 zu erzielen.

Chef-Patissier im Riffelalp Resort in Zermatt Kochkunst bedeutet für mich, gemeinsam mit dem Team Erfolg zu haben und neue Leute kennenzulernen, die sich auch damit beschäftigen. Von der Kochkunst profitiere ich auch für den Berufsalltag, denn ich bin immer auf dem neusten Stand und kann vieles auf die Arbeit umsetzen. Zum Team hat mich übrigens Roman Maier geholt. Natürlich sind die Probeläufe und die Wettbewerbe zeitaufwändig, aber da ich in einem Saisonbetrieb arbeite, habe ich in der Zwischensai­ son mehr Zeit für die Vorbereitungen. Was die Kochnationalmannschaft betrifft: Ich bin realistisch. Zuerst müssen wir mit den neuen Mannschaftsmitglie­ dern ein fundiertes Team bilden, dann das Beste aus allen Wettbewerben rausho­ len. Zum Schluss werden wir sehen, ob es für uns reicht.

Köchin im Restaurant Panorama in Steffisburg Durch meinen Start im Burehuus und die Vorberei­ tung auf die Koch­Weltmeis­ terschaft meines Chefs Michel Läser wurde mir die hohe Kunst des Kochens schmack­ haft gemacht. Meine kreative Ader und das Flair zum Kochberuf entdeckte Michel von Anfang an sehr schnell, und als ich noch angefragt wurde, als Neumitglied mitzumachen, war ich einfach nur noch happy. Die Koch­ kunst bedeutet für mich, den Kochberuf mit allen Vielfäl­ tigkeiten und Kreativitäten als Hobby auszuleben und mich dabei mit viel Leiden­ schaft und Liebe zum Detail auszudrücken ... einfach super! Aber natürlich: In jedem Hobby steckt viel Zeit und Arbeit. Meistens übe ich in den Zimmerstunden oder am Abend nach dem Arbeiten. Dabei sollte der Betrieb nicht darunter leiden müssen, sondern davon profitieren können. Die Familie kommt klar ein wenig zu kurz, aber wenn man ein Ziel hat, kann man es gut vereinbaren. Man geniesst einfach dann die freien Tage viel intensiver. Unser Ziel als neues aufge­ stelltes Team ist es, uns in der Kochkunst zu beweisen und dabei auch viele Erfolge miteinander zu feiern. Die Kochnati ist sicherlich ein Ziel. Chancen sind da, wobei es auch tolle Mitstreiter hat.

Küchenchef im Grand Café-Restaurant Schuh in Interlaken Für mich bedeutet Kochkunst Herausforderung, Kreativität, Teamgeist und natürlich Kontakte pflegen und neue knüpfen. Ich bin seit der ersten Ausstellung des neuen Teams an der ZAGG 2008 voll dabei. Kochkunst ist immer eine Gratwanderung, wie man alles unter einen Hut kriegt. Zwischenzeitlich hat man mit den Ausstellungen und der Arbeit so viel zu tun, dass wenig Zeit für die Freundin bleibt. Dies und meine neue Herausforderung im Berufsle­ ben führen dazu, dass ich mich mit der Frage «Wie lang noch?» beschäftige. Ob wir die künftige Kochnati stellen? Die Chance ist aus meiner Sicht eher klein.

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«aufgegabelte» warme Fingerfood­ kreation, gezeigt am Culinary World Cup in luxemburg: lolli von Kartoffeln und Hülsenfrüchten.


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Monika wicki (2o)

Manuela stäMpfli (2o)

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stephan hohl (42)

Köchin im Kongresshotel Seedamm Plaza in Pfäffikon SZ Ich suchte irgendwann eine neue Herausforderung und fand, dass die Kochkunst doch eine interessante und abwechslungsreiche nebenbe­ rufliche Erfahrung ist. Zum Gilde­Team bin ich letzten Winter gestossen, als ich in Zermatt gearbeitet habe und mich mein Chef­Patissier gefragt hatte, ob ich Interesse hätte, bei der Gilde mitzuma­ chen. Ich sagte zu und bis jetzt konnte ich alles gut miteinan­ der vereinen. Ich denke, die Gilde hat gute Chancen, einmal die Nationalmann­ schaft zu stellen. Wir sind jetzt ziemlich viele junge und motivierte Kochkünstler.

Koch-Lernende im Krankenheim Spiez Durch meinen Vater Jakob Stämpfli vom Restaurant Sternen in Murzelen bin ich zur Mannschaft gestossen. Er erfuhr von Michael Ramseier, dass das Team der Gilde an der IGEHO 2009 ausstellen wird. Da ich bis dahin nicht sehr viel von Kochkunst wusste und ich sehr gerne neue Sachen kennenlerne, half ich dem Team einen Tag lang beim Gelieren. An diesem Tag packte mich das Kochkunst­ fieber. Seit Januar 2010 bin ich nun als Helferin – oder anders gesagt als Geleefee – im Team tätig. Obwohl die Kochkunst sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, bedeutet sie sehr viel für mich. Man kann seiner Kreativität freien Lauf lassen und lernt sehr viel dazu, sei es über die Produkte oder, seine persönlichen Grenzen auszuloten. Da die Kochkunst ein sehr aufwändiges Hobby ist, kann man sie nicht immer mit allem vereinbaren. Aber durch eine gute Organisation, Verständnis der Familie und durch die Unterstützung des Betriebes kriegt man alles unter einen Hut. Ob wir die nächste Nati stellen? Seine Chancen einzuschätzen ist immer sehr schwierig, aber wir sind immer für Überra­ schungen gut.

Commis de cuisine im Hotel Waldhaus in Sils-Maria Ein guter Freund fragte mich, ob ich nicht an seiner Stelle dem Team beitreten möchte, da er eine neue Stelle als Küchenchef angenommen hatte. Ich sagte zu, fragte die Gilde­Mannschaft, ob ich mitmachen dürfe und bekam ein Okay. Kochkunst bedeutet für mich, frei etwas zu gestalten und meiner Fantasie freien Lauf zu lassen, ob’s jedem gefällt, sei dahinge­ stellt. Familie und Betrieb unterstützen mich. Für mich als Neuling ist es schwierig, einzuschätzen, ob wir die nächste Nati stellen. Ich glaube schon, dass wir Chancen haben. Und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Hohl-Holzbau in Attiswil Ich führe einen Zimmerei­ Schreiner­ und Dachdecker­ Betrieb und unterstütze in meiner Freizeit die Gilde­ Mannschaft. Ich kümmere mich um die Konstruktion und das Verladen des Ausstellungstischs, Spezial­ platten und Formen. Ich war schon mit dem Gilde­Team anno 1994 in Luxemburg dabei. Damals noch unter anderen mit Kurt Kühni und Urs Messerli. Über Daniel Lehmann und Michael Ramseier bin ich wieder zum aktuellen Gilde­Team gestossen. Ich bin mit der Mannschaft gerne zusammen, aber meinen Job gegen die Kochkunst tauschen möchte ich nicht (lacht).

rosa gebratenes Kalbsfilet mit rotweinjus, geschmortes Kalbsgekröse und knsuprige Frühlingsrolle.

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Der Starkoch am murtenSee nach vielen Jahren im Ausland und in den besten Häusern von gstaad und st. moritz ist küchenchef Franz Faeh im Relais & château Hotel le vieux manoir heimisch geworden. vom murtensee bringt ihn keiner so schnell mehr weg.

Text: Jörg Ruppelt Fotos: René Frauenfelder

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Weit schweift der Blick über den murtensee. Zum anwesen des Vieux manoir gehört ein Floss für ruhesuchende und für jene gäste, die ganz ungestört im klaren Wasser baden möchten.

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as man nicht alles aus Liebe tut! Die traumhaften Sonnenuntergänge an den Gestaden des Murtensees verzaubern zu Beginn des 20. Jahrhunderts den fran­ zösischen General Mallet. Aus Liebe zu seiner Frau lässt er hier anno 1907 in ei­ nem Park eine Sommerresidenz bauen, in der das unbeschwerte, luxuriöse Le­ ben zelebriert wird. Der Sinn für ausser­ gewöhnliche Gastlichkeit lebt im herr­ schaftlichen Landhaus, das schon seit Langem ein Hotel ist und den Namen Le Vieux Manoir trägt, bis heute weiter. Be­ dienstete im ursprünglichen Sinne lesen den Gästen jeden Wunsch von den Lippen ab, umsorgen und verwöhnen sie. Zum Beispiel mit einem privaten Surf­ oder Tennislehrer.

Das Hotel Le Vieux Manoir im pittores­ ken mittelalterlichen Städtchen Murten ist 1969 als erstes Mitglied der Schweiz der exklusiven Relais & Châteaux­Grup­ pe beigetreten. Das Haus inmitten ei­ nes gepflegten Parks mit hundertjähri­ gen Bäumen, einer Bootsanlegestelle und privatem Strand ist ein Bijou: Die 34 indi­ viduell eingerichteten Zimmer und Sui­ ten tragen die Handschrift der bekann­ ten Zürcher Innenarchitektin Jasmin Grego. Haute Couture par excellence. Die mit feinsten Stoffen ausgestatteten Wohnräume tragen klingende Namen wie Floral, Pink, Koi, Strandhaus, Flie­ gender Teppich oder Cœur à cœur. Von jedem Zimmer sieht man auf den See. Wer direkt im Schilf nächtigen möch­ te, dem wird seit gut einem Jahr das ex­ klusive Baumhaus auf Stelzen emp­ fohlen. Der sogenannte Glasdiamant bietet einen 360­Grad­Rundumblick. Das raumhohe Glas wurde speziell gol­ den verspiegelt, damit absolute Privat­ sphäre gewährleistet ist. Die Nacht im 27 Quadratmeter grossen Baumhaus ist al­ lerdings ein teurer Spass und kostet 950 Franken in der Nebensaison, stolze 1600 Franken in der Hochsaison. Das Le Vieux Manoir ist heute im Be­ sitz von Judith und Martin Müller­ Opprecht. Beide schätzen sich glücklich, dass nach zehn turbulenten Jahren und vielen Direktions­ und Küchenchefwech­

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seln endlich Ruhe in das noble Haus ein­ gekehrt ist. Seit 2009 wirkt Daniel J. Zieg­ ler, «Hotelier des Jahres» 2003 und 2010, als Direktor des Le Vieux Manoir. Der feinsinnige, stets elegant gekleidete Ho­ telier führte einst das unbekannte Luxus­ haus Eden Roc an die Spitze der Schwei­ zer Ferienhotels. Seinen ausgeprägten Sinn für Details pflegt er nun in Murten, so schreibt er etwa jede Willkommens­ karte für den Gast von Hand. An Daniel J. Zieglers Seite steht Franz Faeh. Mitglied der Geschäftsleitung und Culinary Director der beiden Restau­ rants Juma (ausgezeichnet mit 14 Gault­ Millau­Punkten) und Pinte. Franz Faeh, geboren und aufgewachsen in Gstaad, ist ein Weltenbummler, gern gesehener Gastkoch an Gourmetfestivals und Mit­ glied des erlesenen Kreises der Schweizer Kikkoman­Botschafter. Dass er dereinst den Posten des Küchenchefs im Le Vieux Manoir übernehmen würde, hätte er noch vor Jahren – das gibt er unumwunden zu – nie gedacht. «Zu viele Wechsel. Kommt für mich gar nicht in Frage.» Der Hart­ näckigkeit von Starköchin Irma Dütsch ist es zu verdanken, dass Franz Faeh sich 2008 dennoch für das Vieux Manoir ent­ schied – und es bis heute nicht eine Se­ kunde bereut hat. «Irma», erinnert sich Franz Faeh, «rief mich im Januar 2008 an und sagte: ‹Du, im Vieux Manoir wird ein neuer Küchenchef gesucht.› Vergiss es,


die 36 Themenzimmer des Hotels sind kleine Kunstwerke. sie wurden von den renommierten innenarchitektinnen Jasmin grego und stephanie Kühne in szene gesetzt.

antike lüster, edle stoffe, viele Kerzen: das restaurant Juma im vorgelagerten Wintergarten besticht durch seine exquisite ambiance und einen vorzüglichen ausblick auf Park und see.

war meine Antwort damals. Einen Monat später versuchte sie es bei mir wieder. Sie sagte nur: ‹Morgen um 17 Uhr in Murten. Komm einfach vorbei.›» Franz Faeh liess sich überreden, ging vorbei, schaute sich das Haus an und entdeckte dessen Poten­ zial. Nach Gesprächen mit Besitzerfami­ lie Müller­Opprecht stand für ihn fest: «Ich mach’ es!» Im ersten Jahr noch – wie er selbst sagt – «Mädchen für alles», kümmert er sich nach dem Eintritt von Direktor Daniel J. Ziegler um die kulinarischen Ausrich­ tung des Hauses. Im Restaurant Juma pflegt er unter anderem die eklektische Küche mit Gerichten, die sowohl aus asi­ atischen als auch aus regionalen Kompo­ nenten zusammengestellt sind. Etwa Sa­ shimi von der Königsmakrele und Tom Kha Gai mit Schweizer Freiland­Poulet, zwei Beispiele aus der asiatischen Menü­ karte. Selbst bezeichnet er seine Küche als neuzeitlich, moderne Spielereien, was das Anrichten anbelangt, seien nicht sein

Schweiz prägt er mit seinem Stil die Kü­ chen erstklassiger Häuser wie Badrutt’s Palace in St. Moritz und Grand Hotel Park in Gstaad. 50 ist Franz Faeh heute. An einen Wechsel ins Ausland denkt er genauso we­ nig wie an eine neue Herausforderung in einem anderen Schweizer Hotel. Mit dem Le Vieux Manoir hat er so etwas wie eine Heimat gefunden, der er lange treu blei­ Ding. Wenige, dafür klare Komponen­ ben will. Er, der im Hotel freie Hand hat ten gehören für ihn auf den Teller. Ge­ und das uneingeschränkte Vertrauen der schmack, Geschmack, Geschmack. Nur Besitzerfamilie geniesst, kann sich kei­ nen schöneren Ort als das Vieux Manoir das zähle. Franz Faeh ist Schüler der alten Koch­ vorstellen. www.vieuxmanoir.ch schule. Will heissen: einer, der noch das harte Regime eines Lehrmeisters ken­ nenlernte. Ende der 1970er Jahre war das im Gstaader Palace. Heinrich Joli­ don nahm den jungen Gstaader unter sei­ ne Fittiche. Weil der junge Faeh sich als «Chrampfer» entpuppte, durfte er als ein­ ziger Lernender nachts mit dem Küchen­ chef Foie gras produzieren. Eine Ehre damals. Nach der Lehre kocht er in Häu­ sern in Gstaad und in Zermatt. Als Pri­ ze pte H erbs tliche Re vatkoch einer reichen saudischen Fami­ anoir M x eu aus de m Vi lie zieht es ihn für kurze Zeit nach Jeddah. n de f au e finde n Si Später holt ihn Micheal von Siebenthal, n. ite Se n folgende heute General Manager im Grand Hyatt in Dubai, nach Hongkong. Mit 29 Jahren ist er Küchenchef im noblen «Regent» in Bangkok, fünf Jahre später zieht es ihn ins «Regent» nach Jakarta. Zurück in der

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vor speise Cremesuppe vom Muskatkürbis mit gebratener Wachtelbrust

Zutaten für 10 Personen 4 1 kg 0,3 kg 3 0,1 l 2l 1,5 dl

Wachtelbrüste Muskatkürbis Zwiebel, fein gewürfelt Knoblauch Portwein weiss Geflügelfond Rahm Salz, Pfeffer Sternanis Kumin Zucker Vanille Zimtstange

Zubereitung: Den gleichmässig geschnittenen Kürbis zusammen mit den geschälten, ebenfalls geschnittenen Zwiebeln in Butter andünsten. Mit kaltem Fond und Portwein auffüllen und während rund 30 Minuten leicht köcheln lassen. Sobald das Gemüse gar ist, die Suppe durch die Passiermaschine passieren, durch ein Sieb passieren, abschmecken, mit Rahm verfeinern. Die gebratene Wachtelbrust anrichten, die heisse Suppe aufgiessen.

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haupt gang Schweizer Rehrücken unter einer Kräuterkruste an Selleriepüree und Wurzelgemüse

Zutaten für 4 Personen Kräuterkruste 2 Scheiben Toastbrot 1 Bund Thymian 1 Bund Petersilie 60 g Pistazien 120 g Butter 100 g Parmesan 1 EL Senf 1 Eigelb Butter schaumig schlagen und alle Zutaten beifügen (ausser dem Brot) und kalt stellen. rehrücken 500 g 1 kg 0,2 kg 20 g 0,1 kg 1l 1l

Reh-Entrecôte Knollensellerie geputzt, in Würfeln Zwiebeln Knoblauch Butter Rahm Geflügelfond Salz, Pfeffer Reh-Entrecôte anbraten, mit der Kruste gratinieren und mit dem Selleriepüree und dem Wurzelgemüse anrichten.

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dessert Bayrische Creme mit Marroni auf NussFeuillantine, Preiselbeersorbet und Orangengelee-Würfeln

Bavaroise aux marrons 5 dl Milch 75 g Zucker 120 g Eigelb Alles zusammen zur Rose abziehen bei maximal 82 Grad Celsius. 4 Blatt Gelatine Aufweichen lassen, vermischen und kalt stellen. 750 g Marronipüree 750 g geschlagene Sahne Vorsichtig mit der oberen Masse vermischen und kalt stellen. Crème prise à l’orange 5 dl Orangensaft 4 g Agar Agar Für zwei Minuten kochen und kalt stellen. 250 g Mascarpone 250 g Schlagrahm mit 10% Zucker Vorsichtig mit der oberen Masse vermischen, in die Form giessen und kalt stellen. Feuillantine aux noix 500 g Couverture 70% 200 g Butter 200 g Waffeln 150 g Walnüsse Couverture schmelzen, dann die restlichen Zutaten dazugeben und gut vermischen. Die Masse zwischen zwei Backpapieren ausrollen, kalt werden lassen und ausstechen. sorbet aux airelles 1 kg Airelles 1 l Wasser 300 g Zucker 50 g Glucose Alle Zutaten fünf Minuten aufkochen, mixen, durch das Chinoise passieren und anschliessend in die Eismaschine geben.

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Al le Re ch te vo rbe ha lte n. Je de Ve rw en du ng de

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redaktion Jörg Ruppelt (Leitung) Christian Greder (stv.) Blaise Guignard Marc Benedetti Patrick Claudet Riccarda Frei Mario Gsell Ernst Knuchel Ruth Marending Rosaria Pasquariello Laurent Schlittler Gabriel Tinguely

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gestaltung Martin Reznicek (Art Direction)

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mitarbeit Fotografie Pierre-Michel Delessert Gina Folly René Frauenfelder Cindy Jaunin Barbara Kern Christoph Läser Tobias Sutter Stefan Schlumpf

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Der aus dem Englischen entlehnte Begriff steht für bequemes Essen und ist seit Jah­ ren in aller Munde. In der Gastronomie verbindet man mit Convenience Food in erster Linie Halb­ und Fertigfabrikate, die das Leben der Köche erleichtern sollen. Seit Jahren unternimmt die Industrie gro­ sse Anstrengungen, ihre Convenience­ Produkte von unerwünschten Zusatzstof­ fen zu befreien und möglichst naturnah anzubieten. Wie «grün» und nachhaltig sind die Produkte wirklich? Wir präsentie­ ren die neusten Forschungsergebnisse, lassen Befürworter und Gegner von Con­ venience Food zu Wort kommen und prä­ sentieren Convenience der Zukunft.

illustrationen Grafilu

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druckvorstufe Hansruedi Läng Ursula Erni-Leupi Peter Bösch Tiziana Fischer

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erscheint am 16. november 2010

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Verkauf Jörg Greder (Leitung) Gabriel Tinguely Josef Wolf

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Verlagsleitung Philipp Bitzer Michael Gollong (stv. Verlagsleitung / Creative Direction)

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Verlag Hotellerie et Gastronomie Verlag Adligenswilerstrasse 27 6006 Luzern Tel. 041 418 24 40 Fax 041 418 24 71 info@hotellerie-et-gastronomie.ch www.hotellerie-et-gastronomie.ch

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Herausgeberin Hotel & Gastro Union Adligenswilerstrasse 22 6002 Luzern Tel. 041 418 22 22 (Geschäftsstelle Luzern) Tel. 021 616 27 07 (Geschäftsstelle Lausanne) info@hotelgastrounion.ch www.hotelgastrounion.ch

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Korrektorat Heiner Fierz Antja Giovannini Ringier Print Adligenswil AG lithographie Christian Albrecht, Serum Network, München druck AVD Goldach

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