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Aus Soja wird Tempeh
Tempeh schmeckt leicht nussig und hat einen pilzigkäsigen Abgang. Die fermentierten Sojabohnen und Lupinen sind im Endprodukt noch gut erkennbar.
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Ruth Marending
BILDER
Roy Matter
Sojamilch, Tofu, Sojajoghurt oder Sojasauce: Die Vielseitigkeit der Bohne verspricht Abwechslung in der Produktepalette. Durch Fermentation wird diese noch vergrössert, wie etwa mit dem indonesischen Tempeh. Zwei Kochlernende aus Olten haben mit ihrem Chef daraus ein Rezept kreiert.
Tempeh? Von diesem Lebensmittel hat Linus Bloch noch nie gehört. Es ist der erste Tag seiner Ausbildungszeit zum Koch. Seine Lehre absolviert er in der Küche der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in Olten. Für diesen Beruf hat er sich entschieden, weil er schon immer gerne daheim gekocht und Neues ausprobiert hat. Und nun startet seine Ausbildung mit einer besonderen Aufgabe: dem Kreieren eines neuen Rezepts für das Hotellerie Gastronomie Magazin mit dem ihm unbekannten Produkt Tempeh.
Unterstützung erhält er dabei von Laura Bruder, die im dritten Lehrjahr ist, sowie von seinem Vorgesetzten, Küchenchef Thomas Nussbaumer. Als dieser angefragt wurde, bei dieser Aufgabe mitzumachen, dachte er spontan daran, seine Lernenden mit ins Boot zu holen. «Es ist Teil meiner Strategie, nach dem Mittagsservice mit ihnen Neues anzugehen. Da passt das Erstellen eines Rezepts sehr gut dazu», sagt Nussbaumer, der Präsident des Schweizer Kochverbandes ist.
Schnell steht für die drei fest: Es gibt einen Strudel mit Füllung aus Sojatempeh und mediterranem Gemüse. Dazu wird ein Frischkäsedip mit Oregano serviert (siehe Rezept). Thomas Nussbaumer lässt es sich nicht nehmen, seine beiden Lernenden bei der Arbeit zu unterstützen. «Wir haben den Teig gemeinsam hergestellt und durch drei geteilt. Jeder hat seinen eigenen Strudel produziert.»
Tempeh ist für Thomas Nussbaumer kein fremdes Produkt. Er ist vor einem Jahr dank Stefanie Luttringer auf die indonesische Spezialität gestossen. Luttringer absolvierte an der FHNW einen Teil
Stefanie Luttringer und Christoph Mullis haben sich auf die Tempeh-Produktion spezialisiert.
ihres Studiums der Sozialen Arbeit und verpflegte sich im öffentlichen Restaurant Von Roll des Ausbildungszentrums, wo Thomas Nussbaumer in der Küche das Zepter führt. Luttringer hat Tempeh auf ihrer dreijährigen Weltreise mit ihrem Partner Christoph Mullis in Indonesien kennengelernt. «Ich ernähre mich schon lange vegan-vegetarisch und mein Partner isst nur selten Fleisch», erzählt Luttringer. «Wir haben deshalb auf unserer Reise →
Bohnen gründlich waschen und in kaltem Wasser einweichen. Gut dreissig Minuten in heissem Wasser kochen und absieben.
Danach im Kombisteamer oder Backofen gut trocknen lassen.
Mit den Sporen des Rhizopus-Pilzes die Sojabohnen beimpfen. Die so behandelten Bohnen werden danach in luftdurchlässige Behälter zum Fermentieren gegeben. immer wieder nach alternativen Proteinquellen Ausschau gehalten und dabei Tempeh kennen- und lieben gelernt, das dort oft zu Reisnudeln gegessen wird.»
Tempeh hat einen hohen Gehalt an Eiweiss und Ballaststoffen und eignet sich hervorragend als vegane, laktosefreie Proteinquelle. «Wer sich einmal auf dieses Produkt einlässt, kann leicht süchtig werden», sagen die beiden. So kam es, dass sie auf ihrer Weiterreise Tempeh so vermissten, dass sie begannen, in ihrem Reisebus selber Tempeh zu produzieren.
So lässt sich Tempeh herstellen
Das klingt nach einer einfachen Herstellung. Ist es auch, sofern man es in kleinen Mengen produziert. Bohnen gut spülen, in Wasser einweichen, mit Pilzsporen versetzen, temperieren, konsumieren. Durch die Fermentation erhält Tempeh einen nussigen Geschmack. Angebraten passt es zu fast allem: zu Salaten, als Sandwichbelag oder auch zu deftigeren Gerichten.
In der Schweiz gibt es nur wenige Produzenten, die Tempeh herstellen oder vertreiben. Neben dem jungen Unternehmen Tempeh Bagus von Stefanie Luttringer und Christoph Mullis produziert auch die Futur Naturprodukte GmbH in Frutigen/ BE die indonesische Spezialität sowie die Soyana aus Schlieren/ZH. Letzteres Unternehmen ist bereits seit mehr als dreissig Jahren im Geschäft. Die Produkte von Soyana werden zu 100 Prozent aus zertifizierten Bio-Zutaten hergestellt. Die Sojabohnen kommen aus Norditalien.
Auch in der Romandie ist das Tempeh-Fieber ausgebrochen. Caroline und Fred Chautems aus Champvent/VD entschlossen sich 2015 zu dessen Herstellung: «Wir konnten kein zufriedenstellendes Tempeh auf dem Schweizer Markt finden, das frisch und nicht pasteurisiert war, deshalb haben wir unser eigenes kreiert.» Für ihre drei verschiedenen Tempehs mischen sie Soja mit Hirse, grüne Linsen mit Hirse sowie Kichererbsen mit Sonnenblumenkernen. Ihre Produkte sind ebenfalls Bio-Suisse-zertifiziert.
Restaurants springen auf den Zug auf
Ihr Engagement hat aber neben den eigenen persönlichen Bedürfnissen einen weiteren Grund: «Wir glauben, dass Tempeh, wenn es richtig zubereitet wird, vielen von uns unserer Umwelt zuliebe beim Übergang zu einer veganen Ernährung helfen kann», schreiben die beiden auf ihrer Website. Zudem lag ihnen daran, das vegane Gastronomieangebot in Lausanne zu fördern. Dass ihnen dies gelungen ist, zeigt ihr Kundenkreis in der Westschweiz, zu dem fast ein Dutzend Restaurants gehören.
STRUDEL MIT TEMPEH-GEMÜSEFÜLLUNG
Zutaten für 3 Stück Strudel à 50 cm
Strudelteig 1 kg Strudelteig nach Pauli-Rezeptbuch
Füllung 1 kg Soja-Tempeh, in 1 cm dicke Würfel geschnitten 100 g Rapsöl 100 g Zwiebeln, geschnitten 10 g Knoblauch, fein gehackt 300 g Zucchetti, geschnitten in 1-cm-Würfel 300 g Auberginen in 1-cm-Würfel 450 g Tomaten in 1-cm-Würfel 18 g Salz Pfeffer schwarz aus der Mühle 10 g Oregano fein gehackt 10 g Thymian, fein gehackt
Tempeh mit der Hälfte Öl kurz sautieren und würzen. Zwiebeln und Knoblauch mit dem restlichen Öl dünsten. Nacheinander Zucchetti und Auberginen zugeben und kurz dünsten, Tomaten zugeben, würzen und fertig dünsten. Kräuter beigeben, abschmecken und abkühlen lassen.
Den Strudelteig dreiteilen und die Füllung auftragen. Den Teig einrollen und mit dem Teigende nach unten auf ein Backblech legen. Seiten einschlagen. Mit flüssiger Butter bepinseln und im Kombisteamer bei 240 °C und null Prozent Dampf backen. Nach sieben Minuten erneut mit Butter bepinseln, den Ofen auf 220 °C stellen und weitere acht Minuten fertig backen.
Anrichten: Heiss oder lauwarm servieren und mit Gemüse und Quarkdip ergänzen. Linus Bloch und Laura Bruder, Kochlernende an der FHNW, beim Herstellen des Strudelteiges.
Auch Tempeh Bagus in Liestal zählt mittlerweile gut ein halbes Dutzend Restaurants zu ihren Kunden. Dass die beiden Weltenbummler zumindest vorübergehend sesshaft geworden sind, hat einen besonderen Grund. «Als wir heimkamen, wollten wir möglichst bald wieder aufbrechen», erzählen Luttringer und Mullis. Doch zu Hause setzten sie ihre Tempeh-Produktion erst für den Eigenbedarf fort, konnten aber im Nu eine kleine Fangemeinde aufbauen: «Wir waren vom grossen Interesse überrascht», so die beiden.
So starteten sie im Erdgeschoss ihres Wohnhauses eine grössere Produktion. Heute stellen sie pro Woche rund 50 Kilogramm Tempeh aus Sojabohnen, Süsslupinen oder Kichererbsen her, natur oder auf Apfelholz geräuchert. Die Zutaten kommen aus biologischer Schweizer Produktion. «Es macht Spass, mit unseren Erzeugnissen immer mehr Anhänger zu finden», so die beiden Jungunternehmer.
Offensichtlich haben sie in Olten weitere Fans gewonnen. Als Linus Bloch seine Füllung versucht, ist er vom Geschmack des Tempeh überrascht: «Es schmeckt wunderbar.» Und Thomas Nussbaumer ergänzt: «Der nussige Geschmack passt gut zu vielen Rezepten. In meiner Küche werde ich Tempeh noch oft einsetzen.» •
Gut zu wissen:
Das Endprodukt Tempeh reift wegen des darin verwendeten Pilzes nach. Bei Raumtemperatur wird dieser Prozess beschleunigt. Man hält Tempeh am besten kühl, damit dieser Reifeprozess nicht beschleunigt wird. Das Produkt hält so länger. Falls Tempeh dennoch zu lange an der Wärme ist und sich durch das Pilzwachstum grau verfärbt, ist dies nicht gefährlich. Frischer Tempeh kann beim Anbraten schnell antrocknen. Deshalb braucht es zum Braten viel Öl. Für Grillgut ist es ratsam, dieses gut zu marinieren und mindestens eine halbe Stunde, besser bis zu zwei Stunden einwirken zu lassen.
KONTAKT
Tempeh Bagus Gasstrasse 4410 Liestal/BL Tel. 077 814 77 86 tempeh-bagus.ch
Die Urdinkel-Teigwaren von Ernst sind bei nationalen und den meisten Grossverteilern und Abholmärkten erhältlich.