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Naumatt – ein Ferientraum vor der Haustür Interview mit Dominique de Meuron-Hopf und Pierre de Meuron

In den 1930er-Jahren errichtete Armin Meili ein Ferienhaus in Meggen, am Ufer des Vierwaldstättersees. Die Hälfte des Anwesens trat er seinem Freund Max Hopf ab und baute diesem ebenfalls ein Ferienhaus. Heute wird es von dessen Enkelin genutzt – von Dominique de Meuron-Hopf und ihrem Ehemann Pierre de Meuron. Ein persönliches wie fachliches Gespräch über einen ganz besonderen Ort, das im Rahmen des Moduls Kommunikation und Kultur im Frühlingssemester 2018 mit Studierenden stattgefunden hat, die das Ferienhaus mit der Videokamera dokumentiert haben.

Frau de MeuronHopf, welchen Bezug haben Sie zu diesem Haus?

Dominique de Meuron-Hopf (DDM): Wir, meine ganze Familie, sind immer hierher in die Ferien gekommen, seit ich auf der Welt bin. Naumatt ist für mich Freiheit und Paradies.

Können Sie uns einige Kindheitserinnerungen schildern?

DDM: Gerne. Wir durften immer Freunde mitbringen. Dieses Haus war immer voller Kinder. Ich erinnere mich noch gut an unser kleines Boot. Damit sind wir Kinder oft zum Party-Dampfschiff «Minerva» gepaddelt, das vor Meggen ankerte, hochgeklettert und haben dort gespielt. Manchmal sind wir auch frühmorgens aufgestanden, noch bevor die Fischer kamen, und haben Fische aus deren Netzen gestohlen. Die haben wir dann stolz unserer Mutter gebracht und behauptet, dass wir sie gefischt hätten …

Wie kam Ihre Familie bzw. Armin Meili überhaupt an ein solch eindrucksvolles Baugrundstück?

DDM (lacht): Das ist geradezu legendär: Armin Meilis schwangere Frau hat hier gebadet und sich gesonnt. Das hat den Bauern hässig gemacht. Er hat ihr das verboten – ausser sie würde das Grundstück kaufen. Das hat Armin Meili dann kurzerhand getan. Es war ein riesiges Grundstück. Die Meilis und meine Grosseltern haben immer im Vitznauerhof Ferien gemacht und waren befreundet. Armin Meili hat meinen Grossvater gefragt, ob er ihm die Hälfte dieses Grundstücks abkaufen würde. Das hat er getan und Armin Meili hat meinem Grossvater dann dieses Haus gebaut und für sich selbst ein Boots- und Badehaus nebenan.

Wie nutzen Sie das Haus heute?

DDM: Wir kommen praktisch jede Ferien hierher. Mein Mann reist ja sehr viel. Da sind wir froh, wenn wir mal nicht ins Flugzeug steigen müssen, um Ferien zu machen.

Können Sie uns die verschiedenen Aussenräume und ihre Nutzung beschreiben?

DDM: Wir hatten früher einen sehr grossen Garten, auch noch den oberen Waldteil. Den haben wir aber verkauft. Den unteren Teil nutzen wir ganz unterschiedlich: Hinten bin ich eher am späten Nachmittag, weil es dann noch Sonne hat und vorne ist unser Bootsplatz. Aber eigentlich sind wir gar nicht so viel im Garten, sondern mehr auf der Terrasse. Da sind wir auch geschützter vor den Blicken aus den Booten. Ich weiss eigentlich nicht warum, aber irgendwie ist es uns angenehmer auf der Terrasse.

Wie würden Sie die Atmosphäre der Innenräume beschreiben?

DDM: Wahnsinnig – wie soll man dem sagen? – «embrassant», geschützt. Ich fühle mich sehr wohl hier.

Gibt es spezielle Eigenschaften des Hauses, ein Lieblingszimmer, einen Ort oder ein Detail, das Sie besonders mögen?

DDM: Wahrscheinlich das erste Schlafzimmer links, das war immer mein Schlafzimmer, seit ich auf der Welt bin. Es ist auch das kleinste Zimmer.

Sie haben das Haus sehr sanft und detailverliebt instandgehalten. Nach welchen Kriterien sind Sie dabei vorgegangen?

DDM: Möglichst viel so beizubehalten, wie es war. Das war uns sehr wichtig. Wir haben auch die Möbel behalten – eigentlich alles übernommen, wie es war oder eben wiederhergestellt. In den 1970er-Jahren ist das Haus ja umgebaut worden. Mit Farben, ein roter Boden, eine rote Küche, Badezimmer. Das haben wir rückgängig gemacht. Das war nicht nur unpraktisch, sondern auch noch hässlich.

Wie sehen Sie die Zukunft dieses Hauses?

DDM: Ich hoffe, dass meine Kinder es behalten werden. Es ist einfach ein Stück unserer Familie.

Herr de Meuron, können Sie sich an Ihren ersten Besuch in der Naumatt erinnern?

Pierre de Meuron (PDM): Ja natürlich, das war 1981. Vor allem das Ankommen war eine grosse Überraschung. Man verlässt die Hauptstrasse, man fährt Kurve um Kurve den Hang hinab – «Ringgeli, Ränggeli». Es hatte damals noch viel weniger Neubauten, dafür mehr Bauernhäuser. Dann lässt man das Auto stehen, läuft einige Schritte

und steigt dann diese Treppe hinunter. Dann erst entdeckt man diesen unglaublichen Ort. So eine Situation ist sicher einmalig. Das macht auch den Charme und die Kraft dieses Ortes aus. Man hat eine Sicht nach vorne, 180 Grad auf den See und dann diese unglaubliche Bergwelt. Da kann man den Rest getrost hinter sich lassen. Das ist dann nicht nur physisch-geografisch, sondern auch mental. Dies das erste Mal zu entdecken war ein wirklich unglaubliches Erlebnis.

Wie waren Ihre ersten Eindrücke im Haus?

PDM: Wir waren zu viert hier. Dominique und ich, ganz frisch verliebt, und Jacques Herzog und seine Freundin, auch ganz frisch verliebt. Da waren wir nun. Es war neblig. Man hat nicht viel gesehen und so hat man sich vor allem im Haus aufgehalten. Auffallend ist natürlich, dass alles aus Holz ist. Es herrscht eine äusserst umarmende, warme Atmosphäre. Es gibt ein gutes Wort auf englisch: «cozyness». Das drückt dies unglaublich stark aus.

Wie nutzen Sie das Haus heute?

PDM: Wie man es eben so nutzt. Ich bin da auch nicht anders als andere. Es ist ein Haus zum Wohnen. Man kann hier aber auch gut arbeiten. Und Gäste empfangen oder Freunde einladen. Die ganze Familie kann hier sein. Es ist sehr gut aufgeteilt. Es hat einen zentralen Raum. Hier trifft man sich, hier isst man, hier schaut man fern. Das Cheminée ist da, man spielt Karten usw. Gleich nebenan ist die Küche. Das ist sehr praktisch. Und dann diese paar Stufen, die den vorderen, gemeinschaftlichen Teil, vom privateren, intimeren Schlafbereich abtrennen. Das funktioniert auch sehr gut, wenn viele Leute da sind. Manche mögen es etwas lärmiger, andere etwas ruhiger und andere schlafen gerne länger … All dies funktioniert hier auf kleinstem Raum extrem gut.

Ihre Frau hat schon Ihr ehemaliges Kinderzimmer beschrieben. Gibt es spezielle Eigenschaften des Hauses, ein Lieblingszimmer, einen Ort oder ein Detail, das Sie besonders schätzen?

PDM: Dieses Haus hat eine unglaubliche Nachhaltigkeit, im besten Sinn. Es ist aus Holz gebaut, was ja schon einmal eine sehr nachhaltige Bauweise ist. Aber es ist auch nachhaltig im Sinne der Nutzung. Wir nutzen es wie eh und je. Dominique hat vorher von den störenden Eingriffen aus den 1970er-Jahren erzählt. Die haben gegen dieses Haus gewirkt. Die damaligen Eigentümer und diejenigen, die es umgebaut haben, haben das Haus nicht geschätzt wie es ist. Darum «gegen» das Haus. Sie

243 wollten etwas viel Moderneres, etwas Modernistisches und nichts Traditionelles. Es ist interessant, wie sich die Generationen dem Gebauten gegenüber unterschiedlich verhalten. Wir haben die Eingriffe als störend empfunden und sie wieder rückgängig gemacht. So ist es uns viel wohler. Diese Einheit in Holz: die Holzkonstruktion, die originalen Möbel, der originale Klinkerboden. Auch die Fenster sind noch original. Dieses Fenster hier ist zum Beispiel etwas undicht, aber wir würden es nie ersetzen wollen. Wir haben uns das überlegt, aber diese Qualität, die Einfachverglasung und die feine Sprossung, gibt es einfach nicht mehr. Und es sind all diese Details, die ein Ganzes schaffen. Ich kann nicht sagen, es ist ein Detail, welches mir besonders am Herzen liegt, sondern es ist als Ganzes ein sehr überzeugender Ort.

Wie würden Sie die Architektur von Armin Meili einordnen?

PDM: Ich denke, er ist ein typischer Vertreter seiner Zeit, sagen wir: Moderne, verbunden mit Traditionalismus und Regionalismus. Beispielsweise diese Schindeln. Die sind natürlich ein fantastisches Zeitzeugnis, zum Glück gibt es sie noch. Ich verstehe Meilis Schaffen als sehr paternalistisch. Er wusste genau, was richtig und was weniger gut ist. Und so hat er auch seine Architektur gemacht. Sie drückt aus, wie er gedacht hat. Er ist ja auch der Direktor der Landi 1939 gewesen. Das war drei, vier Jahre später, da stand schon die Bedrohung durch Deutschland und durch Italien im Raum. Meili hat Widerstand geleistet und dieser Widerstand hat sich sicher auch in seiner Architektur ausgedrückt.

Welche Elemente prägen dieses Haus?

PDM: Das Aussergewöhnlichste ist sicherlich seine Lage. Das ist das Erste. Das haben wir immer als Architekten. Architektur wird bestimmt durch eine Aufgabe, durch eine Funktion, durch eine Nutzung – aber eben auch durch die Lage. Die Lage am See ist einmalig. Damals existierte noch kein Zonenplan. Heute wäre es nicht mehr möglich direkt am See zu bauen. Und dann schaut dieses Haus genau in Richtung Süd-Ost, in die Achse der sogenannten Ewigkeit. Es gibt die Bürgenstock-Nas und die Gersauer Nas. Die überlappen sich aber nicht, sondern geben den Blick frei in die Beckenrieder Bucht. Dies kennzeichnet diesen Ort und gibt ihm etwas Magisches. Und selbstverständlich sind dann noch die Rigi, der Pilatus und unzählige weitere Voralpen- und

Alpengipfel von hier aus zu sehen. Es ist eine unglaubliche Landschaft, die sich hier rundherum befindet. Und dann liegt das Haus auf dem See. Die Garage, also das Bootshaus, ist im Haus drin. Oft sind die Bootshäuser ja separat situiert und das Wohnhaus liegt weiter oben oder weiter hinten. Hier ist beides vereint. Das ist sehr selten. Und dann ist es noch ausserordentlich gut gebaut, gut konstruiert. Die damaligen Architekten und Bauzeichner wussten, wie man einen Holzbau detailliert. Und es besteht alles noch. Das ist eigentlich unglaublich, da das Haus ja sehr exponiert ist und nicht ständig bewohnt wird. Hier knallt es manchmal grausam mit dem Wind und den Wellen. Wir haben wenig Reparaturen, das muss man wirklich sagen. Für seine gut 80 Jahre ist es in einem tipptoppen Zustand.

Das Haus ist im kommunalen Inventar der schützenswerten Gebäude eingetragen. Wie schätzen Sie seinen architektonischen Wert ein?

PDM: Das ist durchaus gerechtfertigt. Wir sind damit absolut einverstanden. Man sieht auch, und das hat nichts mit Nostalgie zu tun, sondern mit einer präzisen Wahrnehmung, mit einer präzisen Beschreibung, was diese Architektur darstellt, verglichen mit anderen Architekturen, die um diesen See herum stehen, wo ich meine, man müsste gelegentlich auch mal eingreifen. Das ist einfach dieser Landschaft nicht würdig. Das grosse Kapital der Schweiz ist die Landschaft. Das ist unsere einzige natürliche Ressource. Wir haben kein Gold, kein Gas, kein Öl, nichts davon. Nur die Landschaft. Das haben die Engländer schon im 19. Jahrhundert festgestellt. Das ist wichtig für euch junge Architekten. Die Landschaft muss sich wehren dürfen gegen den endlosen «sprawl», der im Mittelland stattfindet und sich mehr und mehr auch in der Innerschweiz ausbreitet. Und ihr jungen Architekten müsst diese Verantwortung wahrnehmen und auch mal sagen, nein, das geht so nicht, es ist genug. Also meine These ist: Baue auf dem Gebauten und lass das Unbebaute sein. Ich sage nicht, dass ich recht habe. Aber man muss einfach auf solche Dinge hinweisen, sich austauschen. Architektur ist ja keine mathematische Gleichung, wir können uns Lösungen nur annähern. Und das kann man nur im Team machen. Das kann selten einer allein.

Zurück zum Haus … Das Material Holz dominiert innen wie aussen. Was sind die Qualitäten dieser Holzarchitektur?

245 PDM: Holz ist warm. Es hat fast immer einen positiven Einfluss auf den Menschen. Ich kenne eigentlich kein Holzhaus, welches dies nicht ausdrückt. Aber man muss aufpassen. Häufig wird Holz viel zu stark behandelt. Man hat Angst, dass Holz schlecht alt wird. Man will, dass es so bleibt wie am ersten Tag. Das stimmt aber nicht. Holz kann altern, weil es ein natürliches Material ist. Holz bietet aber auch in der Vorfabrikation viele Vorteile. Man kann ein Holzhaus in drei bis vier Tagen aufrichten. Und Holz isoliert gut. Die Kältebrückenthematik ist kein grosses Thema. Wir haben dieses Haus hier allerdings vor ein paar Jahren isoliert. Es ist ja nur ein einfacher Ständerbau, ein Sommerhaus. Wir haben die äussere Schindelverkleidung belassen, die ganze innere Verkleidung weggenommen, isoliert und die Paneele dann wieder montiert.

Gibt es Aspekte am Haus, die Sie weniger schätzen?

PDM: Nein. Dieses Haus hat einfach sehr viele Qualitäten, das Positive überwiegt. Das ist doch, was wichtig ist. Wüsstest Du da etwas, Dominique? Ich wüsste nichts. Die paar Dinge, die wir gemacht haben, die Isolierung, das Bad, die Sauna, die waren ja nicht unbedingt notwendig. Das sind alles Dinge, die man haben kann. Aber sie müssen nicht sein.

Frau de MeuronHopf, Sie kannten Armin Meili. Wie haben Sie ihn wahrgenommen?

DDM: Ich war damals ja noch ein Kind. Aber die Meilis machten auch immer hier Ferien mit all ihren Enkeln. Armin Meili hat für uns ganz oft Kasperlitheater gespielt. Wir sind regelmässig um vier Uhr, wenn die Sonne hier weg war, zu den Meilis rüber und dann gab es eine Aufführung. Das sind aber so vage Erinnerungen …

Das Haus wurde ja nur zwei Jahren nach seiner Entstehung um fast das Doppelte vergrössert. Warum?

DDM: Das wissen wir nicht ganz genau. Wahrscheinlich hat mein Grossvater es als Refugium für sich geplant, aber dann kamen die Kinder einfach auch immer gerne hierher. Es war wohl einfach zu klein für eine vierköpfige Familie.

Sie haben vorhin ein Hochwasser erwähnt?

DDM: Oh, wir haben hier schon viele Unwetter erlebt. Auch «Lothar». Das war eindrücklich. Aber wir waren geschützt, weil der Wind über uns drüber ging. Hochwasser haben wir zweimal miterlebt, das eine 1998/99 und das

andere 2005. Ich sass hier und habe gesehen, wie das Wasser steigt und steigt. Man kann einfach nichts machen. Aber dieses Haus ist so gut konzipiert, dass dieser Raum hier überhaupt nicht nass geworden ist. Der Keller war unter Wasser, aber sonst nichts.

Sind sie auch im Winter da?

DDM: Ja, Weihnachten sind wir auch da. PDM: Dann steht hier der Weihnachtsbaum, drei Meter hoch.

Können Sie noch etwas erzählen über die Sanierung im Jahr 2000?

DDM: Wir haben zwei Sanierungen gemacht. Die erste war der Rückbau des Badezimmers und der Küche. Und im 2000 haben wir unten die Halle verglast. Jetzt sind da eine Sauna und ein geschützter Liegebereich. Wenn die Kinder da sind, sind sie oben und wir sind im unteren Teil.

Wie sehen Sie Ihr Haus im Vergleich zu den MeiliBauten nebenan?

PDM: Das Haus nebenan ist ein bisschen fortschrittlicher. Man merkt, dass es Meili für sich selbst geplant hat, dieses hier war eine Auftragsarbeit. Da drüben gibt es schon ein paar sehr interessante Elemente. Etwa diese riesige Halle mit ihrer Schiebefront. Und hinten dran die Schlafzimmer, wie ein Eisenbahnwagen. Das sind Elemente, die damals in der Architekturwelt zirkuliert sind. Meili hat gewisse Typologien der Moderne übernommen und sie in eine etwas traditionelle Architektursprache übersetzt. So verstehe ich das.

Baut ein Architekt nicht allgemein ganz anders, wenn er für sich selber baut?

PDM: Das kommt ganz drauf an. Wenn er einen Bauherrn hat, der ihn herausfordert … Wenn ein Bauherr nicht von einem gegebenen Produkt ausgeht und sagt, so will ich es. Das würde mich zum Beispiel überhaupt nicht interessieren. Der Bauherr muss den Entwicklungsprozess mitmachen wollen. Es ist eigentlich ein Psychospiel. Was bin ich? Was will ich? Wenn die Bauherrschaft ein Paar ist, dann wird es noch komplizierter. Wenn der Architekt immer nur das macht, was man ihm sagt, fühlt er sich sicher freier, wenn er etwas für sich selbst baut. Aber eigentlich ist das nur ein Klischee.

Bei Armin Meili sieht man auch eine sehr starke Entwicklung im Verlaufe seiner Karriere.

PDM: Ja, die Architekten aus dieser Generation waren alle etwas in den 1910er-/1920er-Jahren behaftet. Heinrich Tessenow war das grosse Vorbild. Und dann kam die Moderne. Aber Tessenow hat den

247 Schritt in die Moderne auch nicht ganz geschafft. In Zürich gab es damals Häfeli/Moser/Steiger. Oder Otto Rudolf Salvisberg, das ist auch so einer. Alles gute, solide Schweizer Architekten der 1930er-, 1940er- und 1950er-Jahre. Meili hat ja auch das Redaktionshaus der Basler Zeitung gemacht. Mit Kacheln. Das war ein gutes Gebäude. Aber immer noch zu wenig mutig. Es wurde leider abgebrochen. Das, was jetzt da steht, ist schlechter, viel schlechter. Das spricht für Meili, für seine Architektur. Beim KKL würde ich differenzieren. Meilis Luzerner Kunst- und Kongresshaus war sicher gut. Aber das KKL ist stark. Da hat Jean Nouvel etwas vom Besten gemacht. Dass es das überhaupt in der Schweiz gibt! In Zürich gibt es kein so gutes Haus. Du brauchst Menschen, die bereit sind, auf so etwas einzugehen: Psychologie ist absolut der Kern jeder Architektur.

Wo sehen Sie die Architektur in 50 Jahren?

PDM: Ich weiss nicht, ich bin doch kein Prophet. Nein, es wird immer noch gebaut werden.

Geht es noch mehr in Richtung Dekonstruktivismus?

PDM: Ich glaube nicht, ich glaube nicht an diese «Ismen». Es könnte ja auch das Gegenteil der Fall sein. Du kannst mich gerade so gut fragen, wie ist die Welt in 50 Jahren? Gibt es noch eine Demokratie? Das ist gar nicht sicher. Viele glauben, das sei es nun, die Demokratie werde sich durchsetzen. Aber ich finde, vieles, was auf der Welt passiert, belehrt uns einer anderen Möglichkeit. Es ist alles ein Hin und Her. Dann stellt sich die Frage, was die Digitalisierung mit dem Bauen macht? Ist dann plötzlich alles möglich? Kann dann jeder alles? Macht dir dann der Computer ein Rendering und anschliessend gleich ein Haus? Wird dann mit Robotern gebaut? Das ist nicht so meine Art. Es wird immer noch Architekten geben, wie es auch Ärzte geben wird. Das sind gute Berufe. Die braucht es.

Besten Dank für dieses Gespräch.

Interview Dario Müller, Silvan Schaller, Eric Wolfensberger, Gregor Zemp

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