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blick
Franz X. Gernstl
„Reisende soll man nicht aufhalten“ – oder doch? 1907 schrieb Johannes Richard zur Megede in seinem Roman „Modeste“: „Reisende soll man nicht aufhalten“. Wenn auch der Roman verblichen ist, das Sprichwort wurde längst zum Sprachgebrauch. Aber der Stadtschreiber widersetzte sich jener These und hielt Bayerns wohl bekanntesten VW-Bus-Pilger, BR-Ikone, Filmemacher und Grimme-Preisträger Franz Xaver Gernstl - mal für ein Stündchen von seinen Reisen ab, um ihn am Wiener Platz auf ein Interview zu treffen.
Franz, Du kommst gerade von einer ausgedeh nten Schweiz-Reise- für die BR-Serie „Gernstl unterwegs“zurück. Ein traumhaftes Foto - auf stolzen 3089 Meter Höhe - zeigt Dich bei einer Tasse Kaffee, im Schatten des Matte rhorns. Wie war Dein höchster Kaffeegenuss? Dürfte der höchste Kaffeegenuss meines Leben s gewesen sein. Erst wollten wir ja einen Helikopterflug buche n, sind dann allerdings an eine Hirtin geraten, die früher eine weltläufi ge Kitesurferin war, in Ägypten und Kalifornien gewohnt hat, bis sie mit 150 Walliser Schwarznasenschafen in ihrer alten Heimat ihr Glück gefunden hat. Und weil es da oben bei der feschen Hirtin und ihren Schafen so schön war, mit Blick aufs Matterhorn, war das die Schlussminute für unseren Film; da brauchte es keinen Touriflug mehr. Gestartet sind wir ja für unsere dreiteilige Reihe „Gernstl Unter wegs“(wird zu Weihnachten im BR ausgestrahlt) in Friedrichshafen - mit einem Zeppelin. Beendet haben wir unsere Reise durch die Schw eiz - unterm Matterhorn - unter 150 Schwarznasenschafen. Obwo hl ich kein richtiger Bergfex bin, war es schon sehr beeindruckend. Wie kam überhaupt ein berufsmäßig Reise nder im ersten Lockdown zurecht? Du hast Dich ja, wie ich hörte , als Brotbäcker perfektioniert. Backst Du nun lieber Brot oder packst Du doch lieber Deine Reisekoffer?
Dein Sohn (Jonas Gernstl, Filmemacher Guerilla Köche/665 Freunde) hat Dich ja im ersten Lockdown gut vertreten. Du gehörtest zur Risikogruppe und Dein Sohn ist für Dich durch Bayern gereist. Hat er super gemacht, finde ich, bzw. die Zuschauer fanden es auch sehr gut. Ist der Vater stolz auf seinen, im wahrsten Sinne des Wortes, Nach folger? „Gernstl unterwegs in der Krise“ war eine Idee vom BR-Fernsehdirektor. Mir kam es aber nicht direkt vorbil dlich vor…. als 69Jähriger im Lockdown herumzuziehen, und dachte mir: Lass doch deinen Sohn rumfahren – bleib´ dahoam hockn, telefonier` und diskutier täglich mit ihm, wie es am schla uesten zu drehen ist….so haben wir´s dann umgesetzt – hat ja ganz gut funktioniert; Jonas hatte auch Spaß dran. Übrigens schneidet er inzwischen meine ganzen Filme, wenn er Zeit hat. Obwohl er mit Film anfangs ja gar nichts zu tun haben wollte - was ich gut verstehen kann. Wenn du in der Schule dauernd hörst: Bist du der kleine Gernstl? Aber ab und zu ist er mit uns mitgefahre n, dann hat er Blut geleckt. Mittlerweile macht er ja längst selbs t sehr erfolgreiche Filme. Ich habe meine beiden Söhne nie zum Film gedrängt; es hat sich ergeben. Mein jüngster Sohn ist jetzt Geschäftsführer bei uns; ich habe nur noch einen Beratervertrag. Früher habe ich bis zu sieben Filme im Jahr gedreht, da komm st schon ziemlich am Zahnfleisch daher, verlierst das ganze Priva tleben….des braucht´s heute nimmer.
Eine schöne Frage. Ich glaub´, da kann ich kaum mit einer passenden Antwort kontern….beides, würde ich sagen. Aber wenn ich von beiden was aufgeben müsste, dann doch die Bäck erei. John Lennon z.B. hat mal gesagt, er hätte außer Musik zwei richti ge Dinge gemacht – „aufs Baby aufgepasst, und er hat gelernt Brot zu backen“.
Zurück nach Schwabing, Deinem langjährig en Zuhause. Wir haben uns ja seinerzeit ab und an im Nach tleben getroffen. Durch Covid-19 ist das Nightlife, jedenfalls wie wir es kannten, ziemlich tot. Vermisst Du das Schwabing er Nachtleben, oder ist es passé?
Es ist schon eine elementare Sache „das Brotb acken“ – aus Wasser, Mehl und Salz …Grundnahrungsmittel herzu stellen. Zwar wird immer so ein Mysterium um den Sauerteig gema cht, aber so schwierig ist´s auch wieder nicht.
Vielleicht wird man alt, aber dieses sinnlose Herumsaufen, das belanglose Gequassel brauche ich nimmer. Ich habe eine große Wohnung und eine schöne, große Küche; schät ze es mittlerweile
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